Urteil des OLG Frankfurt vom 13.03.2009

OLG Frankfurt: widerklage, allgemeine geschäftsbedingungen, besteller, vergütung, erstellung, verfügung, architekt, minderung, mitverschulden, prüfungspflicht

Gericht:
OLG Frankfurt 10.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 U 133/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 254 BGB, § 3 VOB B, § 13
VOB B
(Haftung des bauaufsichtsführenden Architekten bei
Übersehen von Planungsfehlern: Zurechenbarkeit der
Verschuldens des Planers)
Leitsatz
Der Besteller muss sich bei einer Inanspruchnahme des bauaufsichtsführenden
Architekten wegen eines übersehenen Planungsmangels das Verschulden des von ihm
eingesetzten Planers zurechnen lassen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main –
26. Zivilkammer - vom 18.12.2007 abgeändert.
Die Klägerin wird auf die Widerklage der Beklagten zu 1) verurteilt, an diese
34.676,46 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 12.9.2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage der Beklagten zu 1)
abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten zu 1)
werden zurückgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszugs werden wie folgt verteilt: Von den
Gerichtskosten haben die Klägerin 2/5 und die Beklagte zu 1) 3/5 zu tragen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat die Beklagte zu 1) 3/5 zu
tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) sowie der Streithelfer zu
1) und 2) fallen der Klägerin zu 2/5, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu
2) fallen der Klägerin voll zur Last.
Die Kosten des zweiten Rechtszugs werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten haben die Klägerin 2/9, die Beklagte zu 1) 4/9 und die
Beklagte zu 2) 1/3 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin fallen zu
4/9 der Beklagten zu 1) und zu 1/3 der Beklagten zu 2) zur Last. Die
außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) fallen der Klägerin zu 1/3 zur Last.
Von den außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu 1) – 4) hat die Klägerin
jeweils 2/9 zu tragen.
Im Übrigen hat jeder Beteiligte die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten
selbst zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung jeweils
abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils für den
jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vollstreckbaren Betrags, wenn nicht dieser vor
der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags
leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.100,46 €
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Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.100,46 €
festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, Generalunternehmerin, hat die Beklagte zu 1) als Vertragspartnerin
und die Beklagte zu 2) als deren persönlich haftende Gesellschafterin auf restliche
Vergütung in Höhe von 7.939,54 € nebst Zinsen aus einem Nachtrag zu einem
Bauvorhaben der Beklagten (Neubau des Zentrums für …) in Anspruch
genommen. „Die Beklagte“ hat Widerklage auf Ersatz der von ihr bereits
geleisteten Vergütung in Höhe von 100.100,46 € nebst Zinsen erhoben. Die
Klägerin war neben der Errichtung auch mit Planungsleistungen bezüglich des
Neubaus beauftragt. So oblagen ihr nach § 1 des Generalunternehmervertrags
„die Erstellung der gesamten Ausführungsplanung des Gebäudes … auf der
Grundlage der bereits erarbeiteten Entwurfspläne und der vorliegenden Leitdetails,
die Gegenstand der Ausschreibungsunterlagen sind“. In § 4 Abs. 2 des GU-
Vertrags ist das Folgende geregelt: „Der Unternehmer hat die ihm für die
Ausführung der Arbeiten übergebenen Pläne, Zeichnungen und sonstigen
Unterlagen ... auf ihre technische Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen und
bei der Überprüfung evtl. feststellbare Unstimmigkeiten dem Auftraggeber
schriftlich anzuzeigen. Mängel der Vorentwürfe, Entwurfspläne und sonstigen
Planunterlagen, die diesem Vertrage zugrunde liegen, sind vom Unternehmer zu
vertreten, sofern diese Fehler nicht schriftlich angezeigt wurden. Durch nicht
angezeigte fehlerhafte Planunterlagen verursachte Kostenerhöhungen,
Zeitverluste oder sonstige Nachteile gehen ausschließlich zulasten des
Unternehmers. ... Der Unternehmer erstellt auf der Grundlage der
Ausschreibungsunterlagen, die verbindlicher Bestandteil dieses Vertrages sind, die
ausführungsreife Planung...“. Mit den Planungsleistungen der Leistungsbilder 2 bis
4 i.S.v. § 15 HOAI waren die in der Berufungsinstanz beigetretenen Streithelfer zu
3) und 4) der Beklagten beauftragt. Ihnen oblag daneben auch die
Ausführungsplanung (Leistungsphase 5) teilweise, nämlich die Erstellung der
Leitdetails und die Erarbeitung aller wesentlicher architektonischen Details.
Daneben waren auch die Streithelfer zu 1) und 2) in die planerische Abwicklung
des Bauvorhabens eingebunden, wobei der genaue Umfang ihrer Beauftragung
streitig ist.
Das zunächst von den Streithelfern zu 3) und 4) für das Bauvorhaben
vorgesehene Treppengeländer aus Glas musste aus Kostengründen umgeplant
werden. Die daraufhin von ihnen vorgelegte Entwurfsplanung enthielt die Vorgabe
„Holzplatte Eiche geschliffen“. In der Ausführungsplanung der Streithelfer zu 3)
und 4) war als Material „Holzwerkstoffplatte mit Eiche furniert“ angegeben. Die
Klägerin wählte daraufhin ein dieser Vorgabe entsprechendes Geländer aus
Holzspanplatten aus. Das eingebaute Treppengeländer wurde wegen Verstoßes
gegen Bestimmungen des Brandschutzes bauaufsichtlich beanstandet, woraufhin
die Beklagte zu 1) das Geländer durch die Klägerin durch ein zulässiges Geländer
austauschen ließ.
Die zunächst in Höhe von 158.144,48 € (netto) gestellte Schlussrechnung kürzte
die Beklagte zu 1) auf einen Betrag von 115.058,65 € (netto)/133.468,03 €
(brutto). Hierauf zahlte sie einen Betrag von 100.100,46 (brutto), nachdem ein
Vergleich im Raum stand, demzufolge die Parteien und die beiden
Architekturbüros (Streithelfer zu 1 bis 4) jeweils ¼ der Mängelbeseitigungskosten
übernehmen sollten.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das erstinstanzliche
Urteil Bezug genommen.
Die auf Vergütung ihrer Architektenleistungen i.H.v. 57.405 € gerichtete Klage der
Streithelfer zu 3) und 4) gegen die Beklagten ist durch Urteil des Senats vom
11.3.2008 (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 10 U 118/07; LG Frankfurt am
Main, 2-23 O 249/04) zwischenzeitlich rechtskräftig abgewiesen worden. Die
Beklagte zu 1) hatte mit einem Schadensersatzanspruch aufgerechnet, der ihr
wegen der i.H.v. 100.100,46 € an die hiesige Klägerin erfolgten Vergütung des
Nachtrags für den Austausch des Geländers zustehe. Diesen Anspruch hat der
Senat wegen des Planungsverschuldens der Streithelfer zu 3) und 4) jedenfalls in
Höhe der Klageforderung für berechtigt angesehen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage teilweise
stattgegeben. Die Klägerin hafte zwar wegen eines Werkmangels nach den
Vorschriften der VOB/B auf Schadensersatz. Die Beklagte müsse sich jedoch das
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Vorschriften der VOB/B auf Schadensersatz. Die Beklagte müsse sich jedoch das
Mitverschulden ihrer Architekten, der Streithelfer 3) und 4), als Erfüllungsgehilfen
zurechnen lassen. Dieses hat das Landgericht mit 60 % bewertet, so dass die
Beklagte lediglich Ersatz von 40 % des ihr entstandenen Schadens verlangen
könne. Auf der Grundlage einer unstreitigen Schadenshöhe von „109.460,- €“ (S.
11 d. Urteils) hafte die Klägerin somit auf Schadensersatz i.H.v. 43.616 €. Sie sei
daher auf die Widerklage hin zur Zahlung von 44.036 € an die Beklagte zu
verurteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des
erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Gegen das Urteil haben sowohl die Klägerin sowie beide Beklagte Berufung
eingelegt. Die Klägerin wendet sich nur gegen die Verurteilung auf die Widerklage
hin. Sie ist der Auffassung, die Beklagte müsse im Hinblick auf die überwiegende
Planungsverantwortlichkeit ihrer Erfüllungsgehilfen den Schaden ganz oder
jedenfalls zum größten Teil tragen. Zudem habe die Beklagte der Klägerin einen
Teil des Schadens (1/4) erlassen. Die Schadenshöhe betrage nicht 109.040,- €,
sondern entsprechend der ursprünglichen Schlussrechnung 133.468,- €/115.058,-
€ netto. Außerdem berücksichtige das Urteil nicht, dass die Klägerin nicht die
vollen 109.040,- € erhalten habe, sondern nur 100.100,46 €.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.12.2007 aufzuheben
und die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Darüber hinaus beantragt die Beklagte zu 1),
die Klägerin unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom
18.12.2007 die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, weitere 56.064,46 €
nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 12.9.2007 zu zahlen.
Die Streithelfer der Beklagten schließen sich dem Antrag der Beklagten zu 1) an.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1) wendet sich gegen die Teilabweisung ihrer Widerklage. Sie
meint, die Parteien hätten die alleinige Planungsverantwortung der Klägerin in § 4
des Generalunternehmervertrags vertraglich festgelegt. Auch wenn das nicht der
Fall wäre, seien die Streithelfer keine Erfüllungsgehilfen der Beklagten im
Verhältnis zur Klägerin, so dass sich die Beklagte deren Mitverschulden nicht
zurechnen lassen müssten.
Die Beklagte zu 2) hat aufgrund eines nach der mündlichen Verhandlung erfolgten
Hinweises des Senats ihre Berufung mit Schriftsatz vom 7.2.2009 (Bl. 704 d.A.)
zurückgenommen. Sie meint, auch die Widerklage sei nur für die Beklagte zu 1)
eingelegt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz
wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Nachdem die Beklagte zu 2) ihre Berufung zurückgenommen hat, ist in der
Sache nur noch über die Berufungen der Klägerin und der Beklagten zu 1) zu
entscheiden. Die Berufungen sind zulässig. Zwar hat die Beklagte zu 1) ihre
Berufung erst am 26.3.08 begründet (Bl. 444 d.A.), obwohl ihr das Urteil am
16.1.2008 zugestellt worden ist und sie keinen ersten Verlängerungsantrag
gestellt hat. Indes hat der die Sache zunächst bearbeitende Senat die
Begründungsfrist auf den nur von der Klägerin gestellten Antrag auch für die
Beklagte bis zum 27.3.08 verlängert (Bl. 441 d.A.). Darauf kann die Beklagte
vertrauen (s. BGH, 22.10.97, VIII RB 32/97: Verlängerung auch ohne Antrag
wirksam).
In der Sache hat die Berufung der Klägerin teilweise Erfolg, während die Berufung
der Beklagten zu 1) unbegründet ist. Zu Recht hat das Landgericht einen
Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 1) wegen eines von der Klägerin zu
vertretenden Werkmangels nach § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B bejaht. In der Verfehlung
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vertretenden Werkmangels nach § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B bejaht. In der Verfehlung
der Anforderungen der §§ 34 Abs. 3, 29 Abs. 1 HBO i.d.F. v. 17.12.1998 liegt ein
Mangel des Werks. Nach § 34 Abs. 3 a.F. HBO sind Verkleidungen und Einbauten
aus brennbaren Baustoffen in Treppenräumen unzulässig. Bei der verwendeten
Holzwerkstoffplatte handelte es sich um einen brennbaren Baustoff. Diesen
Mangel hat die Klägerin auch zu vertreten. Zwar traf sie keine eigene Pflicht zur
Ausführungsplanung hinsichtlich des Baustoffs des Treppengeländers, da sie nach
§ 1 des Generalunternehmervertrags nur zur Erstellung der Ausführungsplanung
„auf der Grundlage der bereits erarbeiteten Entwurfspläne und der vorliegenden
Leitdetails“ verpflichtet war. Die Leitdetails wiederum waren hinsichtlich des
Treppengeländers von den Streithelfern zu 3) und 4) festgelegt. Die Klägerin war
aber nach § 3 Nr. 3 VOB/B und nach § 4 des Vertrags zur Prüfung der Planung der
Vorplanerin verpflichtet. Auch nach § 4 Nr. 3 VOB/B hat die Unternehmerin
Bedenken gegen gelieferte Stoffe oder Bauteile mitzuteilen, woraus eine
Prüfungspflicht hinsichtlich der Geeignetheit der zu verwendenden Stoff folgt.
Diese Pflichten zur Überprüfung der ihr zur Verfügung gestellten Vorplanung hat
die Klägerin versäumt. Eine Prüfungspflicht der Klägerin ist auch nicht etwa deshalb
zu verneinen, weil sie sich auf etwa überlegene Fachkenntnisse der Vorplaner, der
Streithelfer zu 3) und 4), verlassen durfte. Denn sie hat sich in § 4 des zwischen
den Parteien geschlossenen Vertrags gerade zur Überprüfung von deren Planung
verpflichtet. Aus demselben Grund entfällt ein zu vertretender Werkmangel nicht
deshalb, weil das Geländer aufgrund der Bemusterung vom 11.12.02, an der auch
fachkundige Vertreter der Beklagten teilgenommen haben, freigegeben wurde.
Dadurch wurden die eigenen Pflichten der Klägerin nicht berührt. Die Klägerin hätte
die Fehlerhaftigkeit der Planung auch erkennen können. Zu Recht verweist das
Landgericht darauf, dass es sich bei der Brennbarkeit von Holzwerkstoffplatten um
einen augenfälligen Fehler handelt. Das ist auch nicht im Hinblick darauf anders zu
beurteilen, als es Holzwerkstoffplatten gibt, die nicht brennbar sind. Denn der
Sachverständige SV1, auf dessen im Parallelverfahren eingeholtes Gutachten sich
die Klägerin selbst bezieht, hat dargelegt, dass derartige nicht brennbare
Holzwerkstoffplatten äußerst unüblich sind. Daher handelt es sich bei der
Verwendung von Holzwerkstoffplatten um einen Fehler, dessen Feststellung keiner
besonderen, über allgemeines Bauunternehmerwissen hinausgehenden
Fachkenntnisse bedarf. Hier hat die Klägerin zudem neben den Prüfungspflichten
auch eigene Planungspflichten i.S.d. HOAI übernommen, so dass sie insoweit die
Anforderungen eines Architekten erfüllen musste. Von einem Architekten indes ist
sowohl die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften der HBO über die im Einzelfall
zulässigen Baustoffklassen zu erwarten als auch die Kenntnis darüber, welcher
Baustoffklasse das zu verwendende Material angehört.
Damit ist die Klägerin der Beklagten zu 1) grundsätzlich zu Schadensersatz
verpflichtet. Sie muss sich allerdings das Mitverschulden der Streithelfer zu 3) und
4) nach §§ 254 Abs. 1, Abs. 2 S. 2, 278 BGB zurechnen lassen. Soweit die Beklagte
zu 1) die Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte, die die Zurechnung
mitwirkenden Verschuldens des bauplanenden Architekten im Verhältnis des
Bauherrn zum bauleitenden Architekten abgelehnt haben, auf die hier zu
beurteilende Konstellation im Wege eines Erst-recht-Schlusses übertragen will,
dringt sie damit nicht durch. Nach dieser Rechtsprechung scheitert die
Erfüllungsgehilfeneigenschaft des planenden Architekten daran, dass keine
Verpflichtung des Bauherrn bestehe, dem bauleitenden Architekten mangelfreie
Pläne zur Verfügung zu stellen, um Baumängel zu verhindern (z.B. OLG Köln, Urteil
vom 12.9.1996, 18 U 171/95; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.1997, 22 U 68/97,
jeweils zitiert nach juris). Der Bundesgerichtshof hat jedoch zwischenzeitlich
gegenteilig entschieden: Der Besteller muss sich bei einer Inanspruchnahme des
bauaufsichtsführenden Architekten wegen eines übersehenen Planungsmangels
das Verschulden des von ihm eingesetzten Planers zurechnen lassen (BGH, Urteil
vom 27.11.2008, VII ZR 206/07, zitiert nach ibr-online). Diese Entscheidung war
dem Senat im Zeitpunkt der Abfassung des am Schluss der Sitzung vom
27.1.2009 verkündeten Beschlusses nicht bekannt. Der BGH betont in seiner
Entscheidung zu Recht, dass es im Rahmen von § 254 BGB nicht um die
Verletzung von Leistungspflichten des Bestellers gehe, sondern um die Verletzung
von Obliegenheiten, die der Besteller im eigenen Interesse wahrzunehmen habe.
Der BGH führt aus: Auch wenn der bauaufsichtsführende Architekt keinen
durchsetzbaren Anspruch gegen den Besteller habe, ihm einwandfreie Pläne zur
Verfügung zu stellen, so treffe den Besteller regelmäßig doch eine entsprechende
Obliegenheit, da der bauaufsichtsführende Architekt seine Aufgabe nur auf der
Grundlage mangelfreier Pläne sinnvoll wahrnehmen könne. Daran ändere sich
nichts dadurch, dass der bauaufsichtsführende Architekt verpflichtet sei, die ihm
überlassenen Pläne auf Fehler und Widersprüche zu überprüfen. Das Interesse des
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überlassenen Pläne auf Fehler und Widersprüche zu überprüfen. Das Interesse des
Bestellers, durch Übergabe einwandfreier Pläne die Tätigkeit des
bauaufsichtsführenden Architekten möglichst zu erleichtern und auch auf diese
Weise auf die Errichtung eines mangelfreien Bauwerks hinzuwirken, werde dadurch
nicht geringer. In der Überlassung fehlerhafter Pläne liege daher ein Verschulden
gegen sich selbst.
Diese Überlegungen greifen auch im hier zu beurteilenden Fall ein. Entgegen der
Meinung der Beklagten zu 1) liegt hinsichtlich der Annahme eines Mitverschuldens
kein entscheidender Unterschied in dem Umstand, dass die Klägerin nach dem
Generalunternehmervertrag eigene Planungsaufgaben hatte und nicht nur mit der
Bauüberwachung betraut war. Denn die Klägerin hatte die Ausführungsplanung
nicht im vollen Umfang, sondern ausdrücklich auf der Grundlage der Leitdetails zu
erbringen, deren Erstellung zum Umfang des von den Streithelfern zu 3) und zu 4)
geschuldeten Teils der Ausführungsplanung gehörte. Die Beklagte zu 1) hatte
damit der Klägerin diese Grundlage zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin konnte
indes nur sinnvoll weiter planen, wenn die Grundlage fehlerfrei war. Die Übergabe
einer einwandfreien Grundlage lag daher im eigenen Interesse der Beklagten zu 1).
An diesem Interesse ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin zur
Überprüfung der Vorplanung verpflichtet war (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2008,
unter III 2 c bb [3]). Die Überlassung einer fehlerhaften Leitdetailplanung stellt
daher ebenso wie im Verhältnis zum bauüberwachenden Architekten ein
Verschulden gegen sich selbst dar.
Diese Konstellation ist auch eine andere als die vom Bundesgerichtshof im Urteil
vom 18.5.2000 (VII ZR 436/98, zit. nach juris) entschiedene, auf die sich die
Beklagte zu 1) bezieht. Dort war die Ausführungsplanung nacheinander an zwei
verschiedene Architekten in vollem Umfang vergeben, ohne dass vertraglich eine
Abhängigkeit der zweiten Planung von der ersten festgelegt war. Zu Recht hat der
BGH daher entschieden, dass ein Mangel in der Planung des ersten Architekten
den zweiten Architekten nicht entlaste, da dieser die Ausführungsplanung als
eigene Leistung geschuldet habe. Hier schuldete die Klägerin indes nicht die
Erstellung der Leitdetails; diese wurden ihr vielmehr von der Beklagten zu 1) zur
Verfügung gestellt.
Die Beklagte kann sich dem Mitverschuldenseinwand auch nicht unter Berufung
auf § 4 des Generalunternehmervertrags entziehen, wonach die Klägerin die
alleinige Verantwortung für Fehler auch der vorausgehenden Planung trifft. Denn
diese Regelung verstößt gegen §§ 309 Nr. 7, 307 Abs. 1 BGB (vgl. OLG Karlsruhe,
Urteil vom 22.7.1982, 9 U 27/81, zit. nach juris). Bei der Klausel handelt es sich um
Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB. Die Klägerin hat
konkret unter Vorlage mehrerer Verträge vorgetragen, dass die Klausel durch den
Prozessbevollmächtigten der Beklagten entwickelt und mehrfach verwandt wurde
(Schriftsatz vom 22.8.2008). Das hat die Beklagte zu 1) nicht substantiiert
bestritten. Für die Annahme Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist ausreichend,
dass eine Partei die von einem Dritten für eine mehrfache Verwendung
formulierten Bedingungen benutzt (Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 305, Rnr.
9). Das ist hier der Fall. Nach der Klausel würde den Unternehmer die alleinige
Haftung auch dann treffen, wenn der Besteller oder seine Erfüllungsgehilfen
vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben. Daher ist ein Verstoß gegen §
309 Nr. 7 BGB zu bejahen (s. OLG Karlsruhe, a.a.O. zum AGBG).
Die Bewertung des Mitverschuldensanteils der Beklagten zu 1) mit 60 % durch das
Landgericht begegnet keinen Bedenken. Die Streithelfer zu 3) und 4) haben mit
ihrer Fehlplanung die entscheidende Ursache für den Baumangel gesetzt; die
Verletzung der Überprüfungspflicht durch die Klägerin hat demgegenüber
geringeres Gewicht. Eine noch deutlichere Abstufung kommt indes im Hinblick auf
die Offenkundigkeit des Fehlers für beide Beteiligte und die ausdrücklich im Vertrag
verankerte Prüfungspflicht der Klägerin nicht in Betracht. Der Mithaftungsanteil der
Beklagten zu 1) ist auch nicht im Hinblick auf den Umstand zu erhöhen, dass die
von der Beklagten zu 1) eingesetzten Streithelfer zu 1) und 2) den
Planungsmangel ebenfalls nicht bemerkt haben. Dabei kann der zwischen den
Parteien streitige Umstand dahinstehen, ob die Streithelfer zu 1) und 2) auch die
Bauüberwachung schuldeten. Denn der bauüberwachende Architekt ist weder im
Verhältnis zum bauplanenden Architekten noch im Verhältnis zum Unternehmer
Erfüllungsgehilfe des Bauherrn (s. BGH, a.a.O., III 2 b). Nichts anderes gilt, wenn
die Streithelfer zu 1) und 2) lediglich mit den Leistungsphasen 6 und 7 betraut
gewesen sein sollten.
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Der der Beklagten zu 1) anzulastende Mitverantwortungsanteil ist auch nicht
aufgrund eigenen Mitverschuldens weiter zu erhöhen. Solches meint die Klägerin
im Hinblick auf den Umstand, dass bei der Bemusterung vom 11.12.2002 ein
fachkundiger Vertreter der Beklagten zugegen gewesen sei, nämlich der
endvertretende Geschäftsführer der Beklagten zu 1), B, Fachhochschul-Professor
für Brandschutz. Im Zeitpunkt der Bemusterung waren die planerischen
Festlegungen indes bereits getroffen. Es bestand daher für die Beklagte zu 1)
keinerlei Veranlassung, auf Fragen der Zulässigkeit von Baustoffen überhaupt zu
achten. Zudem lassen Fachkenntnisse über die Brennbarkeit bestimmter
Baustoffe nicht zwingend auch auf entsprechende Kenntnisse in
bauordnungsrechtlicher Hinsicht schließen. Die Umplanung von Glasgeländern in
„konventionelle“ Geländer ist der Beklagten zu 1) bereits deshalb nicht als
Mitverschulden anzulasten, da diese in dem Zeitpunkt, als die Klägerin von der
Beklagten zu 1) beauftragt wurde, bereits lange erfolgt war.
Die Gesamtschadenshöhe beträgt 109.040,- €. Das ist der Betrag, der nach dem
im Parallelverfahren eingeholten Sachverständigengutachten zur
Mängelbeseitigung erforderlich ist. Diesen Betrag hat die Klägerin ihrer
Klageforderung auf restliche Vergütung zugrunde gelegt. Nach dem
erstinstanzlichen Urteil ist diese Schadenshöhe auch zwischen den Parteien
unstreitig gewesen (s. S. 11 d. Urteils). Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrem
Antrag auf Tatbestandsberichtigung nicht gewandt. Daher ist sie mit ihrem neuen
Vorbringen, die tatsächliche Schadenshöhe entspreche dem von den Parteien
„konsentierten“ Betrag von 133.468 € brutto, nach §§ 529, 531 Abs. 2 ZPO
ausgeschlossen. Im Übrigen liegt in der Mitteilung des Ergebnisses der
Schlussrechnungsprüfung durch den Besteller in der Regel kein Anerkenntnis, so
dass er die Richtigkeit der Rechnung weiterhin bestreiten kann. Erwiesen ist die
Höhe der von der Beklagten zu 1) geschuldeten angemessenen Vergütung für den
Nachtrag lediglich im Umfang von 109.040,- €. Dem widerspricht auch nicht die
Erwägung des Senats im Parallelverfahren, dass die Beklagte zu 1) die (Teil-
)Zahlung auf die Rechnung der Klägerin im Verhältnis zu den Streithelfern zu 3)
und 4) grundsätzlich für erforderlich halten durfte, ohne gegen die ihr obliegende
Schadensminderungspflicht zu verstoßen. In dem hier im Rahmen der Widerklage
ausgetragenen Schadensersatzprozess zwischen den Parteien des Bauvertrags
hingegen kann sich die Beklagte durchaus darauf berufen, dass die
Vergütungsforderung der Klägerin zu hoch und der Gesamtschaden daher
niedriger ist.
Die Beklagte zu 1) hat der Klägerin auch nicht einen Teil der Forderung erlassen.
Nach dem übereinstimmenden Parteivortrag ist es zu dem angestrebten Vergleich
unter Beteiligung aller Streithelfer nicht gekommen. Für einen Willen der Beklagten
zu 1), unabhängig vom Zustandekommen des Vergleichs der Klägerin von
vornherein einen Teil ihrer Schuld zu erlassen, gibt es keine Anhaltspunkte.
Ausgehend von einer Gesamtschadenshöhe von 109.040,- € und einer
Haftungsverteilung von 40 % zu 60 % zu Lasten der Beklagten zu 1) entfällt damit
auf diese ein Anteil von 65.424,- €, den sie selbst tragen muss. Dieser Betrag ist
von der bereits an die Klägerin geleistete Summe von 100.100,46 € zu
subtrahieren. Als Differenz ergibt sich ein Betrag von 34.676,46 €, den die Klägerin
an die Beklagte zu 1) zurückzahlen muss. Dass das Landgericht zu hiervon
verschiedenen Zahlen gelangt ist, beruht im Wesentlichen darauf, dass die
Subtraktion von dem Gesamtschadensbetrag erfolgt ist.
Die an die Beklagte zu 1) zu zahlende Summe reduziert sich dabei nicht nochmals
wegen des Betrags von 57.405,- €, in dessen Höhe sie im Parallelprozess den
Streithelfern gegenüber die Aufrechnung erklärt hat. Denn dieser Betrag ist bereits
in dem Anteil von 60 % enthalten, den sich die Beklagte zu 1) nach §§ 254 Abs. 2
S. 2, 278 BGB aufgrund des ihr zuzurechnenden Mitverschuldens anrechnen
lassen muss.
Der Anspruch der Beklagten zu 1) ist entgegen der Meinung der Klägerin nicht
deshalb noch weiter zu kürzen, weil es sich bei den Mehrkosten für ein nicht
brennbares Geländer um Sowiesokosten handele. Bereits der Ansatz der Klägerin
ist unzutreffend, da die Mehrkosten von 70.000 DM nur das ursprünglich geplante
Glasgeländer betrafen. Sollte die Klägerin hingegen meinen, das konkret
eingebaute nicht brennbare Geländer habe derartige Mehrkosten verursacht, fehlt
es trotz des entsprechenden Bestreitens der Beklagten zu 1) an einem
hinreichend substantiierten Vortrag der Klägerin und auch an einem Beweisantritt.
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hinreichend substantiierten Vortrag der Klägerin und auch an einem Beweisantritt.
Umgekehrt kann die Beklagte zu 1) keine weiteren Ansprüche gegen die Klägerin
auf ihr Hilfsvorbringen stützen, aufgrund dessen sie nach der Erklärung ihres
Prozessbevollmächtigten Minderung hinsichtlich der Wertdifferenz zwischen dem
geplanten Holzwerkstoffgeländer und dem ausgeführten Fermacellgeländer
geltend macht. Bei einer auf Minderung gestützten Rückforderung handelt es sich
im Vergleich zum Schadensersatzbegehren um einen anderen Streitgegenstand,
damit um eine eventuelle Klagehäufung, die in der Berufungsinstanz nur unter den
Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig ist. Aufgrund der rügelosen Einlassung
der Klägerin ist deren Einwilligung zwar zu bejahen; entgegen der Auffassung der
Beklagten zu 1) handelt es sich bei der Behauptung zu der Wertdifferenz aber um
neues Tatsachenvorbringen. Dieses ist auch nicht dadurch bereits Gegenstand
erster Instanz gewesen, dass sich Ausführungen zu den Kosten eines
Fermacellgeländers in dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des
Sachverständigen SV1 vom 8.3.2006 finden. Für die Berufung ist dieser Streitstoff
daher nicht „ohnehin“ nach § 529 ZPO zugrunde zu legen (§ 533 Nr. 2 ZPO).
Ein derartiger Antrag, mit dem Minderung geltend gemacht werden soll, wäre im
Übrigen auch unbegründet. Zum einen kann Minderung nicht neben
Schadensersatz statt der Leistung geltend gemacht werden. Zum anderen
handelt es sich bei der Verwendung von Fermacell nicht um einen Werkmangel
i.S.v. § 633 Abs. 2 BGB. Die Parteien haben sich vielmehr auf dieses Material
geeinigt, so dass Fermacell nachträglich zur Sollbeschaffenheit bestimmt wurde.
Möglicherweise hätte die Beklagte zu 1) einen Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B auf
nachträgliche Vereinbarung einer angemessenen Vergütung gehabt. Einen
solchen Anspruch hat sie jedoch nicht geltend gemacht.
Die Entscheidung über die Zinspflicht folgt aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97, 100 Abs. 1, 2, 101, 516 Abs. 1 ZPO.
Der Senat ist dabei davon ausgegangen, dass nur die Beklagte zu 1), nicht aber
die Beklagte zu 2) Widerklage gegen die Klägerin erhoben hat. So ist der
Widerklageantrag ausweislich des Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils darauf
gerichtet, die Klägerin zu verurteilen, an „die Beklagte“ 100.100,46 € zu zahlen
(s.a. Widerklageschriftsatz vom 22.3.2007). Da die Beklagte zu 2) als persönlich
haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1) offenkundig keine eigenen
Ansprüche gegen die Klägerin hat, konnte mit dem Singular „die Beklagte“ nur die
Beklagte zu 1) gemeint sein. Diese Auslegung wird durch das erstinstanzliche
Urteil nicht in Frage gestellt, da dieses insgesamt – auch im Tenor – nur von einer
einzigen Beklagten ausgeht. Ungeachtet dessen ist die Beklagte zu 2) bis zur
Rücknahme ihrer Berufung am Berufungsverfahren beteiligt gewesen. Denn
ausweislich der Berufungsschrift vom 8.2.2008 hat ausdrücklich auch die Beklagte
zu 2) (eine mangels Beschwer unzulässige) Berufung gegen das Urteil des
Landgerichts eingelegt, was indes an der oben erörterten Auslegung nichts ändert.
Die Beteiligung der Beklagten zu 2) in der Berufungsinstanz ist jedoch auf den von
ihr verfolgten Antrag (Verurteilung zur Zahlung von 56.064,46 €) beschränkt
gewesen; an der Berufung der Klägerin war sie als Konsequenz der nur von der
Beklagten zu 1) erhobenen Widerklage nicht beteiligt.Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.Die Revision gegen
das Urteil ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert
(§§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.