Urteil des OLG Frankfurt vom 13.04.2004

OLG Frankfurt: entlassung, vergütung, nachlass, verwaltungsrecht, eigentum, verwertung, anteil, unterliegen, beendigung, amtszeit

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 55/03, 20 W
62/03
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2227 BGB, § 30 Abs 2 KostO,
§ 31 KostO, § 109 Abs 1 S 2
KostO, § 113 KostO
(Beschwerdewertfestsetzung in einer Nachlasssache:
Beschwerde des Testamentsvollstreckers gegen seine
Entlassung)
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 4) wird als unzulässig verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden
nicht erstattet.
Gründe
Das Amtsgericht hat auf Antrag der Beteiligten zu 1) bis 3) -laut
gemeinschaftlichem Erbschein vom 11.10.2002 Erben der Erblasserin zu je 1/3
Anteil- mit Beschluss vom 22.07.2002 (Bl. 613-623 d. A.) den Beteiligten zu 4) aus
seinem Amt als Testamentsvollstrecker entlassen, wogegen dieser Beschwerde
eingelegt hat.
In einer mündlichen Verhandlung vom 25.09.2002 vor dem Landgericht (Bl. 719,
720 d. A.) einigten sich die Beteiligten dahin, dass der Beteiligte zu 4) dem Verkauf
der Eigentumswohnungen in O 1 durch die gesetzlichen Erben zustimmt. Der
Beteiligte zu 4) erklärte weiter, das Aktienpaket der X sei verkauft. Auf dieser
Grundlage erklärten alle Beteiligten, dass die Testamentsvollstreckung beendet
und das Entlassungsverfahren erledigt sei. Außergerichtliche Kosten sollten nicht
erstattet werden.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 4) hat die Festsetzung des
Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren auf 1.500.000,00 € beantragt, da
zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses noch die Verwertung der
Eigentumswohnungen in O 1 ausgestanden habe, die ca. 2.500.000,00 € wert
seien. Dem ist das Landgericht zunächst gefolgt und hat den Wert des
Beschwerdeverfahrens mit Beschluss vom 28.10.2002 (Bl. 760-762 d. A.) auf
1.500.000,00 € festgesetzt.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3), die die Auffassung vertreten
haben, allenfalls die in Höhe von 173.000,00 € geltend gemachte
Testamentsvollstreckervergütung bilde den Wert des Beschwerdeverfahrens, hat
das Landgericht im Wege der Teilabhilfe mit Beschluss vom 09.12.2002 (Bl. 778-
780 d. A.) den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 300.000,00 €
abgeändert. Dabei hat es das Interesse der Erben an der Beendigung der
Testamentsvollstreckung mit 10 % der Erbansprüche bewertet.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 4), mit der die Auffassung
vertreten wird, im Hinblick auf den ganz erheblichen Nachlasswert von
3.400.000,00 € sei jedenfalls die nach § 30 Abs. 2 KostO höchstzulässige Summe
von 500.000,00 € festzusetzen.
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Dem ist der Beteiligte zu 1) entgegengetreten mit dem Vortrag, die
Eigentumswohnungen in O 1 gehörten nicht zum Nachlass, da sie im Eigentum
monegassischer Gesellschaften stünden, an denen die Erblasserin lediglich
mehrheitlich beteiligt gewesen sei. Nach monegassischem Recht habe der
Testamentsvollstrecker kein Verwaltungsrecht an den Gesellschaftsanteilen. Zwar
würde nach deutschem Recht ein Auseinandersetzungsguthaben der
Testamentsvollstreckung unterliegen, ein solches sei aber nicht entstanden. Auch
die Feststellung der Gewinnanteile nach monegassischer Rechnungslegung sei
nicht während der Dauer der Amtszeit des Testamentsvollstreckers erfolgt. Daher
scheide dieser vom Testamentsvollstrecker mit 2.500.000,00 € angegebene
Vermögensanteil aus der Bewertung aus.
Die Beteiligte zu 3) hat die Auffassung vertreten, das Interesse der Erben an der
Entlassung des Testamentsvollstreckers richte sich nach der noch nach Abschluss
der Grundtätigkeit für die weitere Tätigkeit anfallende Vergütung, die von der
Beteiligte zu 4) in seiner Rechnung vom 31.12.2002 mit 81.000,00 € zuzüglich
Mehrwertsteuer bezifferte.
Demgegenüber trägt der Beteiligte zu 4) vor, die Wohnungen in O 1 seien von
Personengesellschaften gehalten worden, deren Gesellschaftsanteile ganz
überwiegend der Erblasserin gehört hätten und die alleinige Geschäftsführerin
gewesen sei. Als Rechtsnachfolger der geschäftsführenden Gesellschafterin habe
der Beteiligte zu 4) als Testamentsvollstrecker verfügen können. Die mit
Hausverwalter und Notar bereits getroffenen Vorbereitungen für den Verkauf seien
durch das Amtsenthebungsverfahren unterbrochen worden. Aus der vor dem
Landgericht vergleichsweise erklärten Zustimmung zu dem Verkauf der
Wohnungen durch die Erben ergebe sich bereits, dass auch diese von der
Verfügungsberechtigung des Testamentsvollstreckers ausgegangen seien.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) ist gemäß §§ 31 Abs. 3 Satz 1, 14
Abs. 4 KostO statthaft und auch sonst zulässig. Dabei geht der Senat
entsprechend der Regel, dass ein Rechtsmittel im Zweifel so auszulegen ist, dass
es zulässig ist, davon aus, dass entgegen der Formulierung nicht der
Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2) in eigenem Namen, sondern für
seine Mandantin Beschwerde eingelegt hat, da nur diese ein
Rechtsschutzbedürfnis für eine Herabsetzung des Geschäftswertes hat.
Die Beschwerde ist aber nicht begründet, den die Geschäftswertfestsetzung des
Landgerichts ist jedenfalls nach der Teilabhilfe nicht zu beanstanden.
Gemäß § 131 Abs. 2 KostO richtet sich der Geschäftswert des
Beschwerdeverfahrens nach § 30 KostO. In vermögensrechtlichen
Angelegenheiten, zu denen Nachlasssachen gehören, ist der Wert des
Beschwerdegegenstandes regelmäßig nach freiem Ermessen zu bestimmen, wenn
hinreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung vorhanden sind. Maßgebend ist,
wenn - wie hier - besondere Umstände nicht vorliegen, die Bedeutung des
Rechtsmittels für den Rechtsmittelführer, insbesondere das damit verfolgte
wirtschaftliche Interesse (BayObLG JurBüro 1994, 169). Die in der Kostenordnung
enthaltenen besonderen Vorschriften für die Festsetzung des Geschäftswertes im
ersten Rechtszug können als Anhaltspunkte herangezogen werden. Nach § 109
Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 KostO bestimmt sich der Wert für die Erteilung eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses nach § 30 Abs. 2 KostO. Der Regelwert von
3.000,00 € ist je nach den zu verwaltenden Werten, dem Umfang und der
Schwierigkeit der Tätigkeit und ihrer Bedeutung für den Nachlass zu korrigieren,
wobei 10 % des Bruttonachlasses als Ausgangswert dienen können (vgl.
Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann: KostO, 15. Aufl., § 109, Rdnr. 16-22). Nach
der Rechtsprechung des Senats ist auch bei einer Beschwerde des
Testamentsvollstreckers gegen seine Entlassung von einem Geschäftswert in
Höhe von 2 bis 10 % des Nachlasswertes auszugehen (Beschlüsse vom
27.06.2000 -20 W 105/2000- und vom 18.03.2004 -20 W 424/03-).
Diese Grundsätze hat offensichtlich auch das Landgericht bei seiner
Teilabhilfeentscheidung zu Grunde gelegt. Dabei ist es nicht zu beanstanden, dass
nicht die Vergütung des Testamentsvollstreckers als Maßstab herangezogen
wurde. Auch wenn der Testamentsvollstrecker gegen seine Entlassung
Beschwerde einlegt, beschränkt sich das damit verfolgte wirtschaftliche Interesse
schon grundsätzlich nicht auf seine Vergütung, sondern er verfolgt in der
Hauptsache das Ziel, weiter sein Amt ausüben zu können. Dies hat sich auch hier
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Hauptsache das Ziel, weiter sein Amt ausüben zu können. Dies hat sich auch hier
gezeigt, wo in dem landgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht die
Testamentsvollstreckervergütung eine Rolle gespielt hat, sondern im Zentrum der
Beschwerde der Streit um die Verfügungsbefugnis über die Eigentumswohnungen
in O 1 stand, wie die vergleichsweise Einigung vom 25.09.2002 belegt. Deshalb
durfte das Landgericht jedenfalls im Rahmen der Schätzung nach § 30 Abs. 2
KostO den Wert dieser Immobilien, der laut Nachlassverzeichnis vom 21.05.2002
(Bl. 410 ff. d. A.) über 2.300.000,00 € beträgt, berücksichtigen.
Die an sich gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 KostO statthafte
Beschwerde des Beteiligten zu 4) ist unzulässig, da es ihm an der erforderlichen
Beschwer fehlt, denn er verfolgt mit seiner Beschwerde eine Erhöhung des Wertes.
Durch eine zu niedrige Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren vor
dem Landgericht in dem Amtsenthebungsverfahren wird der Beteiligte zu 4) als
Beschwerdeführer dieses Verfahrens nicht in seinen Rechten beeinträchtigt,
insbesondere richten sich die Anwaltskosten, die der Beteiligte zu 4) seinem
Verfahrensbevollmächtigten zu zahlen hat, ebenfalls nach dem niedrigeren Wert.
Wie mit Schriftsatz vom 24.02.2003 (Bl. 793 d. A.) klargestellt wurde, ist die
Beschwerde vom 10.01.2003 gegen den Teilabhilfebeschluss vom 09.12.2002 im
Namen des ehemaligen Testamentsvollstreckers und nicht seines
Verfahrensbevollmächtigten eingelegt worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 31 Abs. 4 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.