Urteil des OLG Düsseldorf vom 05.02.2009

OLG Düsseldorf: geschäftsführung ohne auftrag, vermieter, mietsache, mangel, mahnung, verzug, erhaltung, wiederherstellung, handelsbrauch, reparatur

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-10 U 128/08
Datum:
05.02.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-10 U 128/08
Leitsätze:
BGB §§ 536a, 539 Abs. 1
1. Beseitigt der Mieter eigenmächtig einen während der Mietzeit
aufgetretenen Mangel des gemieteten LKW, ohne dass die
Voraussetzungen des § 536 a Abs. 2 Nr. 1 BGB) bzw. des § 536 a Abs.
2 Nr. 2 BGB vorliegen, steht ihm gegen den Vermieter ein Anspruch auf
Ersatz seiner Reparaturaufwendungen weder aus § 539 Abs. 1 BGB
noch aus §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB bzw. §3 684 Satz 1, 812 ff. BGB
zu (Anschluss an BGH, Urt. v. 16.1.2008, VIII ZR 222/06).
2. Der besondere Zeitdruck im Speditionsgewerbe rechtfertigt ohne
anderslautende Vereinbarung keine abweichende Beurteilung.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. Mai 2008 verkündete
Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld – Einzelrichter – wird
zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die zulässige Berufung, mit der die Beklagte sich lediglich gegen ihre Verurteilung bis
zur Höhe eines Betrages von 7.423,83 € wendet, hat in der Sache keinen Erfolg. Das
angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3
Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu
legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende
Entscheidung. Das Landgericht hat die Beklagte mit einer in jeder Hinsicht
überzeugenden Begründung zur Zahlung von insgesamt 8.236,00 € verurteilt. Der Senat
folgt den Gründen des angefochtenen Urteils nach Maßgabe der folgenden durch das
Berufungsvorbringen veranlassten Ausführungen:
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1.
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Die Berufung macht ohne Erfolg geltend, das Urteil sei unter Missachtung des in § 139
ZPO normierten Verbots der Überraschungsentscheidung ergangen. Ist eine
Hinweispflicht unbeachtet geblieben, hat die darauf gerichtete Rüge auszuführen, wie
die Partei auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte, insbesondere, was sie im
Einzelnen vorgetragen hätte und wie sie weiter vorgegangen wäre (BGH, Urt. v.
16.10.2008, III ZR 253/07). Bereits hieran fehlt es.
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2.
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Die Auffassung des Landgerichts, dass der Beklagten wegen sämtlicher von ihr
durchgeführter Reparaturen an dem gemieteten LKW keine aufrechenbaren
Ersatzansprüche aus § 536 a BGB, insbesondere auch nicht aus § 536 a Abs. 2 BGB
zustehen, fußt auf der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 16.1.2008, DWW 2008, 174 =
GE 2008, 325 = NJW 2008, 1116 = NZM 2008, 279). Danach kann der Mieter die
Aufwendungen zur Mangelbeseitigung weder nach § 539 Abs. 1 BGB noch als
Schadensersatz gemäß § 536 a Abs. 1 BGB vom Vermieter ersetzt verlangen, wenn er
eigenmächtig einen Mangel der Mietsache beseitigt, ohne dass der Vermieter mit der
Mangelbeseitigung in Verzug ist (§ 536 a Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder die umgehende
Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der
Mietsache notwendig ist (§ 536 a Abs. 2 Nr. 2 BGB). Das Landgericht hat ohne
Rechtsfehler angenommen, dass diese Voraussetzungen nach dem Vorbringen der
Beklagten nicht erfüllt sind. Rechtserhebliches hierzu ist der Berufung nicht zu
entnehmen. Die Beklagte hat keinen Anspruch aus § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB. Unstreitig
hat die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der streitgegenständlichen Arbeiten nicht in
Verzug gesetzt hat (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine Mahnung war entgegen der
Auffassung der Beklagten auch nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB entbehrlich. Nach
dieser Vorschrift bedarf es zur Herbeiführung des Verzugs keiner Mahnung, wenn dies
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt
ist. Einen solchen Fall hat das Landgericht mit zutreffender Begründung, die der Senat
sich zu eigen macht, verneint. Nach dem Normzweck der Bestimmung soll dem
Vermieter der Vorrang bei der Beseitigung eines Mangels zukommen. Das dient zum
einen deswegen auch seinem Schutz, weil er dadurch die Minderung der Miete (§ 536
BGB) oder Schadensersatzansprüche des Mieters (§ 536a Abs. 1 BGB) abwenden
kann. Die dem Vermieter grundsätzlich einzuräumende Möglichkeit, den Mangel selbst
zu beseitigen, soll es ihm zudem ermöglichen, die Mietsache darauf zu überprüfen, ob
der behauptete Mangel besteht, auf welcher Ursache er beruht sowie ob und auf welche
Weise er beseitigt werden kann, und hierzu gegebenenfalls Beweise zu sichern. Der
Verlust dieser Möglichkeit einer Untersuchung und Beweissicherung durch
eigenmächtige Mängelbeseitigung des Mieters lässt sich nicht damit rechtfertigen, dass
die Mängel hier teilweise im Ausland aufgetreten sind und es aufgrund des enormen
Zeitdrucks im Speditionsgewerbe für die Beklagte unabwendbar gewesen sei, bei
Beschädigungen schnellstmöglich die Funktionstüchtigkeit des Fahrzeugs
wiederherzustellen. Der von der Beklagten angesprochene Zeitdruck betrifft das eigene
Geschäftsrisiko der Beklagten und befreite diese nicht davon, die Klägerin zumindest
telefonisch von den aufgetretenen Mängeln in Kenntnis zu setzen und ihr die
Möglichkeit zu geben, über das Ob und Wie einer Reparatur des gemieteten LKW zu
entscheiden. Gegenteiliges ist den mietvertraglichen Vereinbarungen nicht zu
entnehmen. Diese sehen eine Beteiligung der Klägerin an dem Geschäftsrisiko der
Beklagten nicht vor. Die Beklagte behauptet im Übrigen selbst nicht, dass im
Speditionsgewerbe ein Handelsbrauch bestehe, an dem gemieteten Fahrzeug
auftretende Beschädigungen im In- und Ausland ohne vorherige Benachrichtigung des
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Vermieters durchzuführen.
Mit Recht hat das Landgericht auch die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 536a
Abs. 2 Nr. 2 BGB verneint. Die umgehende Beseitigung der von der Beklagten
behaupteten Mängel war zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der
Mietsache nicht notwendig. Die Vorschrift erfasst Notmaßnahmen des Mieters, die
keinen Aufschub dulden und auch ohne vorherige Mahnung einen
Aufwendungsersatzanspruch auslösen sollen (BGH, a.a.O.). Entsprechende Umstände
hat die Beklagte weder erst- noch zweitinstanzlich dargelegt.
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Liegen die Voraussetzungen des § 536 a BGB aber nicht vor, kann die Beklagte Ersatz
ihrer Aufwendungen für die Beseitigung der behaupteten Mängel auch nicht nach § 539
Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Voraussetzungen einer berechtigten (§ 683 Satz 1,
§§ 677, 670 BGB) oder unberechtigten (§ 684 Satz 1, §§ 812 ff. BGB) Geschäftsführung
ohne Auftrag verlangen (BGH, a.a.O.).
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Soweit das Landgericht die Behauptung der Beklagten in dem nachgelassenen
Schriftsatz vom 21.04.2008, sie habe an die Klägerin am 4.12.2007 einen Betrag von
516,70 € gezahlt, nicht berücksichtigt hat, hat die Berufung hierzu nichts vorgebracht, so
dass es dabei sein Bewenden hat.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen
nicht vor.
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Streitwert: 7.423,83 €
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