Urteil des OLG Düsseldorf vom 10.04.2003
OLG Düsseldorf: firma, treu und glauben, bürgschaftserklärung, begriff, vertragsstrafe, hauptvertrag, subunternehmervertrag, verzug, vergütung, korrespondenz
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-5 U 141/02
Datum:
10.04.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-5 U 141/02
Tenor:
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird das an-
gefochtene Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, 11.099,37 EUR nebst 8 % Zinsen seit dem
17.12.1999 zu Gunsten der Klägerin an die R... e.G., K... , E..., vertre-ten
durch den Vorstandsvorsitzenden S... zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz werden der Beklagten zu 54%
und der Klägerin zu 46% und die Kosten des Berufungsverfahrens der
Beklagten zu 67% und der Klägerin zu 33% auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaftserklärung in Anspruch, die die
Beklagte der Firma H... & A... GmbH B... (im Folgenden Firma H...) mit Schreiben vom
03.03.1999 zugesandt hat. Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Beklagte
hatte mit Vertrag vom 28.07.1998 die Firma H... mit der schlüsselfertigen Errichtung des
Bauvorhabens W... K... beauftragt. Die Firma H... hatte mit der Klägerin
Vertragsverhandlungen aufgenommen, nachdem die Beklagte zunächst selbst wegen
der erforderlichen Fensterbauarbeiten mit der Klägerin in Kontakt getreten war. Mit
Subunternehmervertrag vom 20.05.1999 erteilte die Firma H... der Klägerin den Auftrag
zur Erbringung der Leistungen "Tischlerarbeiten Fenster, Außentüren,
Wohnungseingangstüren" zum Festpreis von 98.045,00 DM netto auf der Grundlage der
VOB/B. Die Firma H... übergab der Klägerin die Bürgschaftserklärung der Beklagten
vom 03.03.1999; diese wurde gemäß § 16 Ziff. 6 des Vertrages als Anlage zum Vertrag
vom 20.05.1999 genommen. Die Klägerin hat die Aufträge der Firma H... im
wesentlichen durchgeführt. Bezüglich des Einbaus der Fensterelemente sind die
Leistungen von der Firma H... förmlich abgenommen worden. Unter dem 13.09.1999
erteilte die Klägerin der Firma H... eine Abschlagsrechnung für die von dieser zusätzlich
in Auftrag gegebenen Innentüren in Höhe von 29.792,68 DM. Da die Firma H... den
Betrag trotz Mahnung und Kündigungsandrohung nicht bezahlte, kündigte die Klägerin
1
das Vertragsverhältnis zur Firma H... am 25.11.1999. Mit Schlussrechnung vom
01.12.1999 berechnete die Klägerin der Firma H... einen Betrag von 156.882.44 DM
brutto unter Einschluss des vereinbarten Werklohns von 98.045,00 DM und der
Vergütung für eine Vielzahl von Zusatzaufträgen, insbes. für weitere Innentüren, und
abzüglich nicht erbrachter Leistungen sowie abzüglich eines Betrages für mangelhaft
erbrachte Leistungen sowie eines Betrages von 473,58 DM für Bauwesenversicherung.
Hierauf hatte die Firma H... durch Zahlungen und berechtigte Skontoabzüge insgesamt
81.200,00 DM erbracht. Gegen die Firma H... ist das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Die Klägerin hat aus der Bürgschaftserklärung vom 03.03.1999 Zahlung von zunächst
40.000,-- DM wegen der angeblich noch offen stehenden Werklohnforderung von
73.633,74 DM begehrt.
Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlich streitigen Prozessführungsbefugnis der
Klägerin, des klägerischen Vorbringens zur Bürgschaftserklärung sowie im Hinblick auf
den Umfang der noch offenen Hauptforderung wird auf die Feststellungen des
angefochtenen Urteils (Bl. 4 - 6 UA) verwiesen. Die Beklagte hat die Klageabweisung
beantragt. Bezüglich des erstinstanzlichen Beklagtenvorbringen wird ebenfalls auf die
Urteilsfeststellungen (Bl. 6 - 7) Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe nicht mit der
erforderlichen Sicherheit nachzuweisen vermocht, dass die durch die Bürgschaft
gesicherte Hauptforderung höher gewesen wäre als der Werklohn für die reinen
Fensterbauarbeiten gemäß Werkvertrag vom 20.05.1999, und dass eine solche
Werklohnforderung noch offen stehe. Aus dem Betreff der Bürgschaftserklärung ergebe
sich, dass die Bürgschaft sich lediglich auf die "Fensterbauarbeiten" für das
Bauvorhaben W... habe beziehen sollen, somit die im Bauvertrag vom 20.05.1999 weiter
in Auftrag gegebenen Arbeiten betreffend die Außentüren und die
Wohnungseingangstüren nicht von der Bürgschaft erfasst seien. Die Klägerin habe nicht
dargetan, dass diese Bürgschaftsverpflichtung nicht durch die unstreitige Zahlung der
81.200,00 DM der Firma H... auf die Fensterbauarbeiten erloschen sei. Den reinen
Werklohnanspruch aus diesem Vertrag für die Fensterbauarbeiten habe die Klägerin
nicht dargetan. Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr erstinstanzliches Klageziel
insoweit weiter, als sie nunmehr einen Zahlungsanspruch in Höhe von 16.564,06 EUR
(= 32.396,48 DM) geltend macht. Sie stützt ihre Forderung nunmehr auf die aus dem
Hauptvertrag noch offene Werklohnforderung, die durch die Bürgschaft gesichert sei.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die Beklagte habe sich für den gesamten
Zahlungsanspruch aus dem Hauptvertrag bis zu einem Höchstbetrag von 40.000,-- DM
verbürgt. Aus dem Hauptvertrag gegen die H... stünde der Klägerin noch eine Forderung
in Höhe von 16.564,06 EUR (= 32.396,48 DM) zu. Zur Berechnung dieses Betrages
durch die Klägerin wird auf S. 5 und 6 der Berufungsbegründung verwiesen.
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Die Klägerin beantragt,
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unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,
EUR 16.564,06 nebst 8 % Zinsen seit dem 17.12.1999 zu Gunsten der Klägerin an
die R... e.G. K..., E..., vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden S... zu zahlen.
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Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr
erstinstanzliches Vorbringen und trägt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der
Klägerin ergänzend vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird
auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
5
B.
6
Die nach §§ 517, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten
zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin kann in der aus dem Tenor
ersichtlichen Höhe Zahlung aus der Bürgschaft gemäß § 765 Abs. 1 BGB verlangen.
7
I.
8
Der Bürgschaftsanspruch der Klägerin gemäß § 765 Abs. 1 BGB ist entgegen der
landgerichtlichen Wertung nicht beschränkt auf die Hauptforderung der Klägerin gegen
die Firma H... aus dem Subunternehmervertrag vom 22.05.1999, soweit sich diese auf
die - reinen - Fensterbauarbeiten bezieht, sondern umfasst sämtliche Ansprüche aus
dem o.a. Vertrag bis zum Höchstbetrag von 40.000,-- DM. Dies ergibt die erforderliche
Auslegung der Bürgschaftserklärung (§§ 133, 157 BGB). 1. Die Notwendigkeit der
Auslegung folgt bereits daraus, dass der Begriff Fensterbauarbeiten, wie er in der
Bürgschaftserklärung vom 03.03.1999 verwandt wird, und die weitere dortige
Bezugnahme auf den Nachunternehmerauftrag der Bürgschaftsnehmerin, also der
Klägerin, mit der H..., nicht kongruent sind, da die Klägerin durch den besagten Auftrag
vom 22.05.1999 mit weiteren Arbeiten, nämlich Außentüren und
Wohnungseingangstüren, beauftragt worden ist. 2. Die Auslegung einer
Bürgschaftserklärung hat sich danach auszurichten, was als Wille für denjenigen
erkennbar geworden ist, für den die Erklärung bestimmt war (BGH BauR 1993, 474,
(475); BGHZ 36, 30, 33; 47, 75, 78; 103, 275, 280). Da die Bürgschaftserklärung an den
Gläubiger gerichtet ist, kommt es darauf an, wie dieser sie nach Treu und Glauben und
nach der Verkehrsanschauung verstehen musste (BGH, Urt. vom 23. 1. 1986 - IX ZR
46/85, NJW 1986, 1681, 1683; vom 14. 5. 1987 - IX ZR 88/86, BGHR BGB § 765 Abs. 1
[Hauptschuld 1]; vom 12. 3. 1992 - IX ZR 141/91, NJW 1992, 1446, 1447 = WuB I F 1 a
Bürgschaft 11.92 m. Anm. Bydlinski = EWiR 1992, 865 m. Anm. Tiedtke.). Dabei ist ein
objektiver Maßstab anzulegen: Der Bürge muss die Bürgschaftserklärung so gegen sich
gelten lassen, wie sie bei Berücksichtigung der für den Gläubiger erkennbaren
Umstände objektiv aufzufassen ist (BGH BauR 1993, 474, (475); Urt. vom 23. 3. 1983 -
VIII ZR 335/81, NJW 1983, 1903, 1904; vom 12. 3. 1992, a. a. O.). Ist die
Bürgschaftserklärung in einer Urkunde verkörpert - was hier der Fall ist, obwohl es
wegen § 350 HGB nicht von Gesetzes wegen geboten war -, ist für die Auslegung in
erster Linie der Inhalt der Bürgschaftsurkunde maßgeblich (BGHZ 76, 187, 189; BGH,
Urteil vom 12. 3. 1992 a. a. O.). Außerhalb des Erklärungsakts liegende
Begleitumstände können aber in die Auslegung miteinbezogen werden, soweit sie für
den Erklärungsempfänger - hier also den Gläubiger - einen Schluss auf den Sinngehalt
der Erklärung zulassen (BGH, BauR 1993, 474, (475); Urteil vom 26. 10. 1983 - IVa ZR
80/82, NJW 1984, 721 f; vom 23. 2. 1987 - II ZR 183/86, BGHR BGB § 133 [Wille 1]; vom
12. 3. 1992 a. a. O.). 3. Das Landgericht hat sich in seiner Auslegung im wesentlichen
auf den Wortlaut der Bürgschaftserklärung gestützt und sich auf die dort im Betreff zu
findende ausdrückliche Erwähnung der "Fensterbauarbeiten", auf die im eigentlichen
Text der Bürgschaftsverpflichtungserklärung noch einmal Bezug genommen wird,
konzentriert. Hiermit hat das Landgericht nicht in genügenden Maße die oben
dargestellten Auslegungsmaßstäbe des Bundesgerichtshofes, denen sich der Senat
anschließt, beachtet; vor diesem Hintergrund hat es auch die Aussage des Zeugen J...
auf unzutreffender Grundlage gewürdigt, so dass der Senat nicht an die
Beweiswürdigung des Landgerichts gebunden ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz ZPO).
a) Der Zeuge J..., der frühere für das in Rede stehende Bauvorhaben zuständige
Mitarbeiter der Firma H..., hat in seiner Vernehmung durch das Landgericht ausweislich
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des Inhalts des Sitzungsprotokolls vom 07.05. 2002 bekundet, dass "sich die
Bürgschaftserklärung in dieser Anlage auf den Auftragsinhalt entsprechend dem
Angebot der Firma D... (Klägerin) an die Firma G... (Beklagte), welches wir übernommen
haben, bezieht". Weiter hat er bekundet, dass sich die übernommene Bürgschaft auf die
Leistungen Tischlerarbeiten, Fenster, Außentüren und Wohnungseingangstüren
beziehen sollte, über die am 20.05.1999 der Subunternehmervertrag mit der Klägerin
geschlossen worden sei. Auf den Vorhalt der Schreiben der Beklagten an die H... vom
03.03.1999, sowie vom 06.11.1998 und schließlich vom 02.03.1999 stellte der Zeuge
noch einmal klar, dass mit Fensterbauarbeiten nicht nur die Arbeiten an den Fenstern
gemeint gewesen seien, sondern auch die Arbeiten an den Wohnungseingangstüren
und der Haustür. Außerdem äußerte der Zeuge noch, dass zum Zeitpunkt des
Abschlusses des Vertrages vom 20.05.1999 mit der Klägerin klar gewesen sei, dass
sich die Bürgschaft, die die Klägerin verlangt gehabt habe, auf den Auftrag für die
Fenster, Außentüren und Wohnungseingangstüren beziehen sollte. Ob und welche
zusätzlichen Aufträge noch an die Klägerin erteilt werden sollten, sei noch offen
gewesen, weil noch andere Auftragnehmer in Frage gekommen seien. Schließlich
bekundete der Zeuge noch, in der Zeit bis zum Abschluss des Vertrags vom 20.05.1999
sei definitiv klar gewesen, dass die Klägerin die Fenster, Haustüren und
Wohnungseingangstüren zum vereinbarten Preis herstellen und einbauen solle. Das
Landgericht hat trotz dieser Bekundungen des Zeugen J... nicht die Überzeugung
gewinnen können, dass die Bürgschaftserklärung sich auf sämtliche
Werklohnansprüche aus dem Hauptvertrag erstrecken sollte. Zwar ist der Senat nach
den auf den vorliegenden Rechtsstreit anzuwendenden Neuregelungen des
Berufungsrechts durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.07.2001 (BGBl. I 1887
ZPO-RG) (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO) bei seiner Entscheidung grundsätzlich an diese -
negative - Tatsachenfeststellung des Eingangsgerichts gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 1.
Halbsatz ZPO). Diese Bindung des Berufungsgerichts fällt nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 2.
Halbsatz ZPO lediglich dann fort, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der
Richtigkeit oder Vollständigkeit der für die zweitinstanzliche Entscheidung erheblichen
und vom Eingangsgericht angenommenen Tatsachen begründen (vgl. Münchener
Kommentar/ Rimmelspacher, ZPO-Reform, 2002, Rz. 10 zu § 529). Derartige konkrete
Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit des von dem Landgericht gefundenen
Beweisergebnisses sind für den Senat jedoch deutlich erkennbar. Die Begründung des
Landgerichts, warum es der Aussage des Zeugen J... keine hinreichende
Überzeugungskraft beimessen konnte, vermag ihrerseits nicht zu überzeugen. Nach
Auffassung des Landgerichts spreche gegen die Richtigkeit der in Rede stehenden
Bekundungen, dass der Zeuge diese trotz des Schreibens vom 02.03.1999 gemacht
habe. Das Landgericht verkennt in diesem Zusammenhang, dass der Zeuge unmittelbar
klargestellt hat, dass unter dem Begriff Fensterbauarbeiten, wie er auch in dem
fraglichen Schreiben verwandt wurde, von den beteiligten Parteien eben sämtliche
Arbeiten unter Einschluss der Außentüren und Wohnungseingangstüren gemeint waren,
die in dem Angebot, das die Klägerin ursprünglich an die Beklagte gerichtet hatte,
enthalten waren. b) Die Bekundungen des Zeugen J... stehen im Einklang mit dem
Ergebnis einer Auslegung der fraglichen Bürgschaftserklärung nach den oben
beschriebenen Auslegungsgrundsätzen. Von ausschlaggebender Bedeutung ist
hiernach, wie die Klägerin die Bürgschaftserklärung nach Treu und Glauben unter
Berücksichtigung der Begleitumstände, die zur Abgabe der Bürgschaft geführt haben,
verstehen musste. An Hand der vorliegenden und von den Parteien zu den Akten
gereichten Korrespondenz kann festgestellt werden, dass die Parteien, und hierbei auf
jeden Fall die Klägerin dann, wenn sie den Begriff "Fensterbauarbeiten" verwandten,
hiermit nicht Fensterbauarbeiten im engeren Sinne sondern auch Tischlerarbeiten für
die Wohnungseingangstüren und für die Haustüren meinten. In dem Angebot der
Klägerin an die Firma G... vom 14.08.1998, das Bestandteil des Vertrages zwischen der
Klägerin und der Firma H... vom 22.05.1999 wurde (vgl. dort § 2 (1) 1.1) wird unter
"Produkt" von "Fenstern, Außentüren, Wohnungseingangstüren" gesprochen.
Entsprechend wird in dem Schreiben der Firma H... vom 20.11.1998 unter dem Betreff " -
Fensterbauarbeiten" vom Leistungsumfang auf der Basis des Angebotes vom
14.08.1998 gesprochen, sowie bei der näheren Konkretisierung auch die
Wohnungseingangs- und Treppenhauseingangstüren behandelt. Ebenfalls unter dem
gleichen Betreff werden in dem Schreiben der Firma H... vom 03.12.1998 ausdrücklich
die Wohnungseingangstüren erwähnt. Auch in dem Schreiben der Firma H... an die
Beklagte vom 06.11.1998 wird unter dem Betreff -"Fensterbauarbeiten" das Angebot
vom 14.08.1998 erwähnt. Demnach kann festgehalten werden, dass die Firma H...
regelmäßig in der Korrespondenz mit der Klägerin den Begriff Fensterbauarbeiten als
Oberbegriff für sämtliche in dem Angebot vom 14.08.1998 angeführten Arbeiten für
"Fenster, Außentüren und Wohnungseingangstüren" verwandte. Wenn in der
Bürgschaftserklärung gerade dieser Begriff wieder auftaucht, durfte die Klägerin darauf
vertrauen und dies so verstehen, dass sämtliche in dem Vertrag vom 22.05.1999, der ja
im wesentlichen auf dem Angebot vom 14.08.1998 basiert, enthaltenen Arbeiten durch
die Bürgschaft gesichert werden, der Bürgschaftswille der Beklagten sich also hierauf
erstrecken sollte. Dafür, dass die Beklagte ebenfalls dieses Verständnis vom Begriff
Fensterarbeiten hatte, spricht der Inhalt ihres Schreibens vom 03.12.1999, wo es heißt
"auf ihre Leistung der Fensterbauarbeiten, d.h. auf ihren Hauptvertrag mit der H... GmbH
bezieht." Ein weiteres gewichtiges Indiz dafür, dass dieses Verständnis von dem Begriff
Fensterbauarbeiten bei der Beklagten vorherrschte, kann in dem Abnahmeprotokoll vom
06.10.1999 der Abnahme im Verhältnis der H... GmbH und der Beklagten gesehen
werden. Dort werden jeweils unter dem Oberbegriff Fensterbauarbeiten auch
Mängelrügen bzw. nicht erledigte Arbeiten bezüglich der Türen aufgezählt. Im übrigen
würde eine andere Auslegung vor dem Hintergrund, dass der Hauptvertrag zwischen
der Firma H... und der Klägerin keine Differenzierung hinsichtlich der Vergütung der
reinen Fensterarbeiten und der Arbeiten bezüglich Wohnungseingangstüren und
Außentüren vorsieht, also ein einheitlicher Preis für sämtliche Arbeiten vereinbart ist,
keinen Sinn machen, da der Umfang der Bürgschaftsverpflichtung nicht bestimmt
werden könnte. Nach alledem bestehen letztlich keine Zweifel daran, dass die Klägerin
die Bürgschaftserklärung vom 03.03.1999 in dem von ihr dargelegten Sinne verstehen
durfte, und ist auch davon auszugehen, dass auch die Beklagte kein anderes
Verständnis vom Umfang ihrer Bürgschaftsverpflichtung hatte.
II.
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Hieraus folgt, dass der Bürgschaftsanspruch der Klägerin sich auf deren gesamten
Restwerklohnforderung gegen die Firma H... aus dem Vertrag vom 22.05.1999 erstreckt.
Soweit die Klägerin erstinstanzlich auch die Forderungen aus den Zusatzaufträgen
einbezogen hatte, hat sie dies in der Berufung fallen gelassen. Zum Umfang des durch
die Bürgschaft gesicherten Vergütungsanspruchs der Klägerin (Hauptforderung) gilt
Folgendes: 1. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin noch einmal ihre Forderung
aufgeschlüsselt. Dieser Darstellung hat die Beklagte - hilfsweise - eine eigene
Berechnung entgegengehalten. Von letztgenannter Berechnung ist (ohne
Berücksichtigung der geltend gemachten Vertragsstrafe und
Mängelgewährleistungsansprüchen hierzu unter 2.) auszugehen. Eine gleichlautende
Berechnung hatte die Beklagte bereits erstinstanzlich in der Klageerwiderung
aufgestellt. Die Klägerin hat in ihrer Replik hierzu (Schriftsatz vom 02.04.2001 GA 110)
11
die Richtigkeit dieses Rechenwerks der Beklagten bis zur Zwischensumme von
102.908,48 DM zugestanden. Hieran ist die Klägerin gebunden (§ 290 ZPO). Demnach
belief sich der Vergütungsanspruch der Klägerin vorbehaltlich der Akontozahlungen der
Firma H... GmbH auf 102.908,48 DM. Nach Abzug der in der Schlussrechnung der
Klägerin vom 01.12.1999 angeführten Abschlagszahlungen (einschließlich Skonto) in
Höhe von 81.200,00 DM verbleibt ein Restwerklohnanspruch von 21.708,48 DM =
11.099,37 EUR. 2. Hiervon sind keine weiteren Abzüge mehr vorzunehmen. Die
Beklagte kann dem Bürgschaftsanspruch weder die von ihr geltend gemachte
Vertragsstrafe in Höhe von 9.667,24 DM noch Mängelschadensersatzansprüche in
Höhe von 43.770,238 DM entgegenhalten. a) Das Vorbringen der Beklagten bezüglich
einer Vertragsstrafe ist unschlüssig. Sie bezieht sich insoweit auf § 6 des
Nachunternehmervertrages vom 22.05.1999, wonach der AG (Firma H...) berechtigt ist,
für jeden Fall der schuldhaften Überschreitung der Vertragstermine als Vertragsstrafe
0,5% der Brutto-Auftragssumme je Kalendertag geltend zu machen, ohne Nachweis von
Schäden oder Nachteilen. Nach (2) des § 6
ist die Vertragsstrafe auf maximal 10 % der Gesamtauftragssumme einschließlich
Mehrwertsteuer beschränkt. Das diesbezügliche Tatsachenvorbringen der Beklagten ist
bereits nicht geeignet, einen auf diese vertragliche Regelung gestützten
Vertragsstrafenanspruch zu begründen. Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang
richtiger weise darauf hin, dass der von der Beklagten angeführte Fertigstellungstermin
vom 18.05.1999 (vgl. § 5 (1) des Vertrages vom 22.05.1999) nicht Grundlage für einen
Verzug der Klägerin sein kann, da der Vertrag erst nach diesem Termin abgeschlossen
worden ist. Unabhängig hiervon ist die Vertragsstrafenklausel nach der einschlägigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unwirksam und kann deshalb nicht
Grundlage des Vertragsstrafenanspruchs sein. In seiner Entscheidung vom 17.01.2002
(BauR 2002, 790ff) hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass eine in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen zu einem Bauvertrag enthaltene Vereinbarung, wonach der
Auftragnehmer, wenn er in Verzug gerät, für jeden Arbeitstag der Verspätung eine
Vertragsstrafe von 0,5 % der Auftragssumme zu zahlen hat, ungeachtet einer
Obergrenze von 10% einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB) darstellt und damit unwirksam ist (vgl. auch BGH, BauR 2000, 1049; BauR 2002,
1086f). b) Der von der Beklagten vorgenommene Abzug wegen mängelbedingter
Schadensersatzansprüche oder Mangelbeseitigungskosten ist ebenfalls nicht
gerechtfertigt
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Die Beklagte führte erstinstanzlich eine Vielzahl von Mängeln an den von der Klägerin
erbrachten Arbeiten an und hat bezüglich der jeweiligen Mängel im einzelnen
Mängelbeseitigungskosten dargelegt und beziffert. Ungeachtet einer Einordnung dieser
geltend gemachten Ansprüche als Kostenerstattungsanspruch der Ersatzvornahme
nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B oder als Schadensersatzanspruch nach § 13 Nr. 7
VOB/B, mangelt es jedenfalls an einer schlüssigen Darlegung der tatbestandlichen
Voraussetzungen dieser Ansprüche. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Firma
H... als Auftraggeberin der Klägerin diese zur Mängelbeseitigung innerhalb einer
angemessenen Frist aufgefordert hat (§ 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B). Soweit die Beklagte
erstinstanzlich vorgetragen hat, die Klägerin habe die Arbeiten komplett eingestellt und
auch sämtliche Nachbesserungsleistungen verweigert, ist dieses Vorbringen angesichts
des klägerischen Bestreitens jeglicher Mängelanzeigen nicht hinreichend substantiiert
und damit prozessual unbeachtlich.
13
III.
14
Der geltende gemachte Zinsanspruch von 8% Zinsen seit dem 17.12.1999 steht der
Klägerin gemäß §§ 284 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB als Verzugszinsen zu. Spätestens mit
Ablauf der in dem anwaltlichen Mahnschreiben vom 09.12.1999 gesetzten Frist zum
16.12.1999 befand sich die Beklagte in Verzug. Soweit die Beklagte in der
Berufungserwiderung erstmalig die Höhe des Verzugsschadens bestreitet, handelt es
sich um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO. Gründe für eine
Zulassung dieses neuen Verteidigungsmittels sind nicht dargetan (§ 520 Abs. 3 Nr. 4
ZPO). Im übrigen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.03.2003 durch Vorlage einer
entsprechenden Bankbescheinigung ihren diesbezüglichen Vortrag belegt. Die
Beklagte hat auch in der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2003 nicht die
Unrichtigkeit dieser Bescheinigung behauptet.
15
C.
16
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
17
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf der Anwendung §§
708 Nr. 10, 713 ZPO.
18
Anlass, aus den Gründen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen,
besteht nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die
Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
19
Streitwert für das Berufungsverfahren: 16.564.06 EUR
20
J...
G...
B...
21