Urteil des OLG Düsseldorf vom 19.12.2003
OLG Düsseldorf: treu und glauben, mangel, schallschutz, allgemeine geschäftsbedingungen, nachbesserung, rückabwicklung, dachgeschoss, haus, ausführung, minderung
Oberlandesgericht Düsseldorf, 22 U 69/03
Datum:
19.12.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 U 69/03
Tenor:
Die Berufungen der Beklagten und ihres Streithelfers gegen das am 10.
April 2003 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts
Mönchengladbach werden zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Kläger wird die weitergehende Klage dem Grunde
nach für gerechtfertigt erklärt.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
1
A.
2
Mit notariellem Vertrag vom 26.02.1998 erwarben die Kläger von der Beklagten die im
Tenor der landgerichtlichen Entscheidung näher bezeichneten Grundstücke (Haus- und
Garagengrundstück), die bis zum 30.12.1998 von der Beklagten mit einer
Doppelhaushälfte und einer Garage nach näherer Vereinbarung gemäß einer im
notariellen Kaufvertrag in Bezug genommenen Beschreibung bebaut werden sollten.
Die Kläger zahlten den Kaufpreis von 413.000,00 DM sowie weitere 12.710,00 DM für
Sonderwünsche und zogen nach der Übergabe des Hauses am 10.11.1998 ein.
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Bereits während der Bauausführung hatten die Kläger den Bau wiederholt besichtigt
und mit Schreiben vom 17.08. und 23.10.1998 Mängel gerügt. Anlässlich der
Vorabnahmebesichtigung am 27.10.1998 rügten die Kläger erneut Mängel, ebenso sind
im Protokoll der Abnahme beim Übergabetermin am 10.11.1998 Mängelrügen enthalten,
darunter die Rüge, dass im Bereich des Studios im Dachgeschoss der Schallschutz
zum Nachbarhaus nicht ausreiche (Bl. 68 GA). Die Parteien einigten sich sodann auf die
Einholung eines Schiedsgutachtens über verschiedene Mängelrügen, das am
30.06.1999 von den Sachverständigen S. und D. vorgelegt wurde. Diese stellten u.a.
fest, dass im Dachgeschoss nur ein Schalldämmwert von 32 dB erreicht wurde,
während mindestens 57 dB vorgeschrieben sind.
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Anschließend führte die Beklagte Mängelbeseitigungsarbeiten durch. In einer
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Besprechung am 20.01.2000 kündigte die Beklagte diverse weitere
Mängelbeseitigungsarbeiten an, darunter hinsichtlich der Frage des Schallschutzes im
Dachgeschoss die Errichtung eines Gerüsts, die Öffnung der Dachfläche an der
Haustrennwand, die Trennung der Firstpfette und der Dachlatten sowie Maurerarbeiten
an der Haustrennwand. Durch diese anschließend durchgeführten Arbeiten verbesserte
sich der Schallschutz auf 51 dB. Unter dem 25.07.2000 rügten die Kläger die
unzureichende Erledigung von Mängelbeseitigungsarbeiten, darunter den noch nicht
ausreichenden Schallschutz und setzten eine letzte Frist bis zum 25.08.2000. Am
11.12.2000 unterbreitete die Beklagte einen Sanierungsvorschlag unter Beifügung von
Stellungnahmen der Sachverständigen M. und J. (Bl. 183 ff. GA). Darin heißt es, dass
mit den Sachverständigen eine Lösung erarbeitet worden sei, die eine 2-lagige
Verkleidung der Wandfläche zum Nachbarhaus nach einer Systemlösung der Fa. K.
vorsehe. "Um einen Versatz in der Unterseite zu vermeiden", solle die gesamte Fläche
des Spitzbodens und des Treppenhauses sowie die Firstpfette verkleidet werden.
Mit Schreiben vom 12.12. und 15.12.2000 (Bl. 178, 181 GA) setzten die Kläger der
Beklagten eine letzte Frist bis zum 22. bzw. 21.12.2000 zur Erledigung der
Mängelbeseitigungsarbeiten und erklärten, nach Fristablauf die Leistung durch die
Beklagte abzulehnen. Mit Schreiben vom 22.12.2000 (Bl. 199 GA) erklärten die Kläger,
dass die Ausführungen der Beklagten im Schreiben vom 11.12.2000 nichts an der
fehlenden Erledigung der Mängelbeseitigung ändern würden und forderten
Schadensersatz in Form der Rückabwicklung des Vertrages.
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Die Kläger haben behauptet, die von der Beklagten im Schreiben vom 11.12.2000
vorgeschlagenen Maßnahmen seien zur Beseitigung der Schallschutzmängel
unzureichend. Daneben liege noch eine Vielzahl von weiteren Mängeln vor. Sie haben
deshalb Schadensersatz in Form der Rückzahlung des Kaufpreises verlangt nebst
zahlreichen weiteren Schadenspositionen, im Wesentlichen Aufwendungen für das
Hausgrundstück und Erwerbs- und Finanzierungskosten, wegen deren Einzelheiten auf
die Aufstellung S. 8-10 der Klageschrift = Bl. 8-10 GA Bezug genommen wird. Sie haben
sich auf ihre Forderung einen Betrag von 27.300,00 DM als ersparte Mietaufwendungen
anrechnen lassen
7
und haben beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 510.199,84 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 %
über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank gemäß § 1 DÜG seit dem
23.12.2000 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung und Rückauflassung
des Hausgrundstücks M.-E.-Str. in G., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts
von G. sowie Grundstück Flur 4, Flurstück 850, groß 48 qm,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern auch über den Antrag
zu Ziffer 1 hinaus sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dadurch entstanden ist und
noch entstehen wird, dass die Leistungen der Beklagten an dem Bauwerk M.-E.-
Str. in G. mangelhaft sind und infolge dessen im Rahmen eines
Schadensersatzanspruchs das Erwerbsgeschäft zurückabgewickelt werden muss;
insbesondere festzustellen, dass die Beklagte auch verpflichtet ist, den Klägern
eine noch nicht berechnete Vorfälligkeitsentschädigung, die bei vorzeitiger
Auflösung der Finanzierungsdarlehen von der jeweiligen Bank berechnet werden
9
wird, zu ersetzen.
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat behauptet, die von ihr mit Schreiben vom 11.12.2000 vorgeschlagenen
Maßnahmen seien zur Erreichung des Mindestschallschutzes von 57 dB ausreichend,
auch wenn der Erfolg solcher Maßnahmen nicht genau voraussagbar sei. Die weiteren
gerügten Mängel seien großenteils beseitigt, geringfügig oder nicht von ihr zu
verantworten.
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Die von den Klägern geltend gemachten weiteren Schadenspositionen gemäß Ziffer III 2
der Klageschrift (Bl. 8 GA) seien ihr nicht bekannt, sie bestreite die Zahlung jeweils mit
Nichtwissen. Gleiches gelte für die angeblich gezahlten Schuldzinsen. Die Kläger
müssten sich mindestens 1.600,00 DM monatlich als ersparte Mietaufwendungen
anrechnen lassen.
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Der Streithelfer der Beklagten hat ebenfalls beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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und hat behauptet, das eingebaute Fertigdach-System sei erprobt und könne nicht die
Ursache für die Schallschutzmängel sein. Die Ursache sei vielmehr in
Ausführungsfehlern zu sehen, da Planung und Ausschreibung fachgerecht erfolgt seien.
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Das Landgericht hat Beweis erhoben zur Frage, ob die von der Beklagten mit Schreiben
vom 11.12.2000 vorgeschlagenen Maßnahmen zur Beseitigung der
Schallschutzmängel geeignet seien, durch Einholung eines Gutachtens des
Sachverständigen Dr.-Ing. B. Dieser hat neben dem Gutachten eine ergänzende
Stellungnahme vorgelegt und sein Gutachten in der Sitzung vom 09.01.2003 mündlich
erläutert.
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Mit Urteil vom 10.04.2003, auf dessen Feststellungen im übrigen Bezug genommen
wird, hat das Landgericht der Klage überwiegend stattgegeben und die Beklagte unter
Klageabweisung im übrigen zur Zahlung von 239.025,22 EUR (= 467.492,69 DM) nebst
Zinsen Zug um Zug gegen Rückübereignung und Rückübertragung der Grundstücke
verurteilt und daneben die Verpflichtung der Beklagten zu weiterem Schadensersatz wie
beantragt festgestellt. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
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Den Klägern stehe die verlangte Rückabwicklung des Vertrags nebst Ersatz weiterer
Aufwendungen als Schadensersatz zu. Der Anspruch sei nach den vertraglichen
Vereinbarungen nicht ausgeschlossen, weil die dort vereinbarte Beschränkung der
Gewährleistung auf Nachbesserung oder Minderung eine Rückabwicklung in Form des
Schadensersatzes nicht ausschließe.
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Das Haus weise jedenfalls hinsichtlich des Schallschutzes unstreitig auch nach der
erfolgten Nachbesserung einen Mangel auf. Eine Fristsetzung mit
Ablehnungsandrohung sowie die anschließende Ablehnung liege vor; die zuletzt
gesetzte Frist sei zwar kurz, aber nicht unangemessen kurz bemessen gewesen. Die
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Ablehnung weiterer Mangelbeseitigungen sei nicht treuwidrig, weil die von der
Beklagten angebotene Maßnahme zur Erreichung eines ausreichenden Schallschutzes
ungeeignet gewesen sei. Das stehe nach dem Ergebnis der durchgeführten
Beweisaufnahme fest. Nach den Feststellungen des Sachverständigen liege das
Hauptproblem der Schallübertragung im Bereich der Firstpfette, so dass die von der
Beklagten vorgesehene Verkleidung zur Problembehebung ungeeignet gewesen sei.
Entgegen der Ausfassung der Beklagten habe diese in dem Schreiben vom 11.12.2000
nicht (auch) eine Verkleidung der Firstpfette angeboten. Bei diesem Angebot habe es
sich um eine lediglich optisch, nicht akustisch wirksame Maßnahme gehandelt.
Der Höhe nach umfasse der Anspruch der Kläger zunächst die Rückzahlung des
Kaufpreises einschließlich des Preises der Sonderwünsche, nicht jedoch die
angeblichen Aufwendungen der Kläger für die Ausstattung des Hauses. Trotz des
Bestreitens der Beklagten hätten die Kläger die Zahlungsnachweise nicht, wie
angekündigt, vorgelegt und seien damit beweisfällig geblieben. Ein Hinweis sei
insoweit nicht erforderlich gewesen.
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Der durch Kontoauszüge belegte Zinsschaden von 60.072,70 DM in den Jahren 1998
bis 2000 stehe den Klägern zu, nicht dagegen das nicht belegte Agio für das Jahr 2000.
Hiervon müssten sich die Kläger 41.600,00 DM ersparte Mietaufwendungen für den
gleichen Zeitraum (26 Monate) abziehen lassen, weil nach dem unbestritten
gebliebenen Vorbringen der Beklagten hierfür monatlich 1.600,00 DM anzusetzen
seien.
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Weiter stehe den Klägern der Ersatz von Umzugskosten, Kaufnebenkosten und nicht
anrechnungsfähigen Rechtsanwaltskosten jeweils in geltend gemachter Höhe zu.
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Gegen dieses Urteil wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen.
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Die Beklagte und ihr Streithelfer verfolgen ihr Begehren auf Klageabweisung weiter. Die
Beklagte macht geltend: Das Landgericht habe verkannt, dass die Fristsetzungen der
Kläger im Dezember 2000 zu kurz und deshalb die Ablehnung von
Mängelbeseitigungsarbeiten unwirksam waren. Nach dem erstinstanzlich insoweit
unstreitigen Sachverhalt hätten sich die Kläger ein Mitspracherecht ausbedungen und
jede Art von Mängelbeseitigung abgelehnt, die sie nicht zuvor akzeptiert hätten. Die
Kläger hätten aber auf ihren Vorschlag vom 11.12.2000, der zudem alternativ eine
Minderung statt einer Mangelbeseitigung vorgeschlagen habe, keine Zustimmung
erklärt, weshalb sie mit Mangelbeseitigungsarbeiten innerhalb der zu kurz gesetzten
Frist nicht einmal habe beginnen können.
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Die Beweisaufnahme habe auch nicht ergeben, dass die angebotenen Maßnahmen
ungeeignet gewesen wären. Die Verkleidung der Firstpfette sei von ihr eindeutig
vorgeschlagen worden. Bei unvoreingenommener Betrachtung sei dies so zu verstehen
gewesen, dass der Hohlraum hinter der Verkleidung mit schalldämmendem Material
ausgefüllt werden sollte, auch wenn sich das nicht eindeutig aus dem Angebot ergebe.
Diese Ausführung wäre aber nach den Feststellungen des Sachverständigen geeignet
gewesen, den erforderlichen Schallschutz herzustellen.
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Der Streithelfer der Beklagten trägt vor: Die von der Beklagten vorgesehene Maßnahme
sei genau das gewesen, was der Sachverständige als notwendig erachtet habe.
Deshalb hätten die Kläger die vorgeschlagene Maßnahme nicht ablehnen dürfen.
27
Außerdem sei das Rückabwicklungsverlangen der Kläger treuwidrig, weil die Beklagte
jederzeit nachbesserungswillig gewesen sei und die erste Nachbesserung zu einem
Schalldämmwert knapp unterhalb des vertraglich vereinbarten Werts geführt habe. Die
jetzt vorliegende Gebrauchsbeeinträchtigung sei geringfügig, ebenso die Kosten der
weiteren Nachbesserung im Verhältnis zum Kaufpreis. Nach den Messungen des
gerichtlichen Sachverständigen liege der Dämmwert jetzt bei 54 dB, während 57 dB
gefordert werden könnten. Die von der Beklagten vorgesehenen Maßnahmen würden -
auch bei nur einseitiger Durchführung nur im Hause der Kläger - zu einem Dämmwert
weit über dem Mindesterfordernis führen. Das Landgericht habe bei seiner
anderslautenden Feststellung nur auf das erste Gutachten des Sachverständigen
abgestellt und verkannt, dass dieser seine ursprünglichen Ausführungen nicht nur
relativiert, sondern vollständig zugunsten der Beklagten korrigiert habe.
28
Die Beklagte und ihr Streithelfer beantragen,
29
unter (teilweiser) Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
30
Die Kläger beantragen,
31
die Berufungen der Beklagten und ihres Streithelfers zurückzuweisen.
32
Sie machen geltend, der Beklagten sei es in mehr als zwei Jahren nicht gelungen, die
Schalldämmung auf das erforderliche Maß zu bringen, obwohl bereits am 30.06.1999
das Schiedsgutachten vorgelegen habe, in dem Arbeiten vorgeschlagen worden seien.
Mit Schreiben des Sachverständigen vom 31.05.2000 sei der Beklagten bekannt
gewesen, dass ihre Versuche zur Herstellung eines ausreichenden Schallschutzes
bislang nicht ausreichend gewesen seien. Auf die Fristsetzung vom 25.07. auf den
25.08.2000 habe die Beklagte nichts unternommen, ebenso sei die auf den 30.11.2000
gesetzte und schließlich die letzte Frist auf den 22.12.2000 ergebnislos verstrichen.
Deshalb stehe dem Rückabwicklungsbegehren Treu und Glauben nicht entgegen.
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Konkrete Vorschläge, wie vorgegangen werden solle, habe die Beklagte nicht gemacht,
ebenso wenig terminlich fixierte Vorschläge.
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Der Streithelfer der Beklagten bagatellisiere den vorhandenen Mangel, der erheblich
sei. Der Sachverständige habe auch festgestellt, dass die von der Beklagten
vorgeschlagenen Maßnahmen nicht den geforderten Schalldämmwert von 57 dB
gebracht hätten. Keineswegs habe der Sachverständige sich korrigiert.
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Der Mangel des Schallschutzes zusammen mit den anderen Mängeln, die die Beklagte
ebenfalls nicht beseitigt habe, ließen ein Festhalten der Kläger am Vertrag als
unzumutbar erscheinen.
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Mit ihrer Berufung erstreben die Kläger ein höhere Verurteilung der Beklagten und
machen geltend: Rechtsfehlerhaft habe es das Landgericht übersehen, dass ein Teil der
vorgelegten Belege zu den Aufwendungen für die Ausstattung des Hauses
Barzahlungsnachweise enthalten habe. Im übrigen hätte es eines Hinweises des
Landgerichts bedurft, dass die angekündigten Belege nicht vorgelegt wurden. Hätte das
Landgericht diesen Hinweis erteilt, so hätten die Kläger zum Beleg Kontoauszüge
überreicht und ergänzend Beweis durch Zeugnis der Zahlungsempfänger angeboten.
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Teilweise habe der Bauleiter der Beklagten auch gesehen, dass die Leistungen
erbracht worden waren, weshalb das pauschale Bestreiten der Beklagten unbeachtlich
gewesen sei. Insgesamt seien Forderungen über 26.583,96 DM zu Unrecht nicht mit
ausgeurteilt worden. Auch das Agio für das Jahr 2000 habe das Landgericht zu Unrecht
nicht zugesprochen. Der Beleg sei bereits erstinstanzlich vorgelegt und zudem
Zeugenbeweis angeboten gewesen.
Schließlich habe das Landgericht die ersparten Mietaufwendungen unrichtig nach dem
Beklagtenvorbringen berücksichtigt und dabei das Klägervorbringen übergangen. Das
Landgericht hätte insoweit Beweis erheben müssen oder einen Hinweis erteilen
müssen. Nunmehr beziffern die Kläger die ersparten Aufwendungen auf monatlich
1.460,00 DM und machen geltend, hierbei müsse berücksichtigt werden, dass der
Garten nur wenig größer als 100 qm sei und für die Garage ein Mietzins von 60,00 DM
zu veranschlagen sei.
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Die Kläger beantragen,
39
das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 10.04.2003 im
Zahlungsausspruch (Ziff. 1 des Tenors) abzuändern und die Beklagte zu
verurteilen, an sie 254.757,23 EUR (= 498.261,82 DM) nebst Zinsen in Höhe von 5
% über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank gemäß § 1 DÜG seit
dem 23.12.2000 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung und
Rückauflassung des Hausgrundstücks M.-E.-Str. in G., eingetragen im Grundbuch
des Amtsgerichts G., Flur 4, Flurstück 1123, groß 186 qm, sowie Grundstück Flur 4,
Flurstück 850, groß 48 qm,
40
Die Beklagte und ihr Streithelfer beantragen,
41
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
42
Die Beklagte hat auf die Berufung der Kläger nicht erwidert. Der Streithelfer der
Beklagten macht geltend: Eines Hinweises des Landgerichts zu den nicht vorgelegten
Zahlungsbelegen habe es nicht bedurft, da die Kläger selbst ausdrücklich erkannt
hätten, dass die Belege vorzulegen waren. Im übrigen habe die Beklagte jede einzelne
Schadensposition dem Grunde und der Höhe nach erstinstanzlich bestritten. Deshalb
sei das neue Vorbringen der Kläger in zweiter Instanz nicht zuzulassen.
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Hinsichtlich der Frage der ersparten Mietaufwendungen seien die Darlegungen
ebenfalls verspätet; allerdings sei nunmehr unstreitig von der Wohnfläche von 122,17
qm auszugehen. Deshalb sei das landgerichtliche Urteil in diesem Punkt nicht zu
beanstanden.
44
B.
45
Der Rechtsstreit ist teilweise, nämlich hinsichtlich der Berufungen der Beklagten und
ihres Streithelfers, zur Entscheidung reif. Hinsichtlich der Berufung der Kläger bedarf es
noch weiterer Hinweise und einer Sachaufklärung, wie es sich aus dem zugleich mit
diesem Urteil verkündeten Hinweis- und Beweisbeschluss ergibt. Deshalb macht der
Senat von der Möglichkeit einer Teilentscheidung nach § 301 ZPO Gebrauch.
46
C.
47
Die Berufungen der Beklagten und ihres Streithelfers bleiben ohne Erfolg. Die Berufung
der Kläger hat dem Grunde nach Erfolg, ist aber der Höhe nach noch nicht
entscheidungsreif.
48
1.
49
Die zulässigen Berufungen der Beklagten und ihres Streithelfers sind unbegründet. Zu
Recht und jedenfalls weitgehend mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die
Voraussetzungen des den Klägern zustehenden "großen" Schadensersatzanspruchs
gem. § 635 BGB a.F. bejaht.
50
a)
51
Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag über den Grundstückskauf mit noch
zu errichtender Bebauung ist im Hinblick auf die Bebauung nach Werkvertragsrecht zu
beurteilen (std. Rspr. seit BGHZ 63, 96).
52
b)
53
Nach den Feststellungen des Landgerichts, an die der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO gebunden ist, steht unstreitig zwischen den Parteien fest, dass das errichtete Haus
zum Zeitpunkt der Übergabe und auch jetzt noch einen Mangel des Schallschutzes
aufweist, weil der Schalldämmwert im Dachgeschoss jetzt nach den Feststellungen des
Sachverständigen Dr.-Ing. B. 54 dB beträgt, mindestens aber 57 dB, evtl. auch ca. 63 dB
zu fordern sind, was an dieser Stelle offen bleiben kann, ebenso wie die Frage, ob noch
weitere Mängel des Bauwerks vorlagen bzw. vorliegen (vgl. Auflistung der Mängelrügen
im Schreiben der Kläger vom 12.12.2000 (Bl. 178 GA).
54
c)
55
Ob die von den Klägern mit dem Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 11.12.2000
nach § 634 Abs. 1 BGB a.F. gesetzte Frist zur Beseitigung u.a. des
Schallschutzmangels auf den 22.12.2000 wegen ihrer Kürze unwirksam gewesen ist,
wie die Beklagte und ihr Streithelfer rügen, bedarf keiner Entscheidung, denn eine
Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung war nach § 634 Abs. 2 Alt. 3 BGB a.F
entbehrlich.
56
Nach dieser Vorschrift bedarf es einer Fristbestimmung nicht, wenn die sofortige
Geltendmachung des Anspruchs auf Minderung oder Wandelung oder wie hier auf
Schadensersatz gem. § 635 BGB a.F. durch ein besonderes Interesse des Bestellers
gerechtfertigt wird. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein solches besonderes
Interesse in der Unzumutbarkeit der Nachbesserung liegen kann, insbesondere bei
wiederholter Nachbesserung desselben Mangels (BGH NJW-RR 1998, 1268) oder
wenn das Vertrauen auf ordnungsgemäße Durchführung der Mangelbeseitigung
erschüttert ist (BGHZ 46, 242). So liegt der Fall hier.
57
Nach der Übergabe des Hauses am 10.11.1998 hatten die Kläger der Beklagten bereits
mehr als zwei Jahre lang Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben, bevor sie mit
Schreiben vom 22.12.2000 weitere Mängelbeseitigungsarbeiten der Beklagten
ablehnten. Zwischen der Übergabe des Hauses und den ersten (erfolglosen) Versuchen
58
der Beklagten, den geschuldeten Zustand herzustellen, waren nahezu eineinhalb Jahre
verstrichen, denn die Beklagte ging das Problem des mangelnden Schallschutzes erst
im Frühjahr 2000 an, nachdem bereits am 30.06.1999 das Schiedsgutachten
vorgelegen hatte, ausweislich dessen massive Schallschutzmängel vorlagen. Bereits
der Ablauf eines derart langen Zeitraums legt nahe, ein besonderes Interesse der Kläger
daran zu bejahen, keine (weitere) Frist mehr setzen zu müssen, weil sie das Vertrauen
in die ordnungsgemäße Beseitigung des Mangels verloren hatten. Das gilt auch dann,
wenn - wie die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht hat - die Kläger
auf Vorschläge der Beklagten zum weiteren Vorgehen, insbesondere auf einen im
Oktober 2000 erfolgten Minderungsvorschlag, teilweise erst nach einem Monat
geantwortet haben sollen.
Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Kläger hätten sich ein "Mitspracherecht
ausbedungen", stand dies der Verpflichtung und Berechtigung der Beklagten zur
Mangelbeseitigung nicht entgegen. Der Beklagten stand das Recht zu, den Mangel auf
dem ihr richtig erscheinenden Weg zu beseitigen, ohne dass es hierzu der Zustimmung
der Kläger bedurfte. Diese Arbeiten waren die Kläger zu dulden verpflichtet. Richtig ist
zwar, dass die Beklagte zur Mangelbeseitigung auf die Mitwirkung der Beklagten
angewiesen war, die diese nach § 642 BGB a.F. schuldeten, denn sie allein konnten
den Handwerkern Zugang zum Haus ermöglichen oder verwehren. Diese
Mitwirkungspflicht der Kläger hat sich aber nicht realisiert, weil die Beklagte nicht um
Einlass zum Zweck der Mangelbeseitigung nachsuchte.
59
Die Beklagte hatte auch wiederholt erfolglos versucht, den Mangel zu beheben. Nach
den vorerwähnten Arbeiten der Beklagten im Frühjahr 2000, die nach den
Feststellungen des von der Beklagten beauftragten Sachverständigen J. zu einem
Schalldämmwert von 51 dB geführt hatten, hat die Beklagte ausweislich der nicht
angegriffenen Ausführungen von Dr.-Ing. B. weitere Mängelbeseitigungsversuche
unternommen, die zu einer Verbesserung des Schalldämmwerts auf 54 dB geführt
haben, aber immer noch nicht den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeigeführt haben,
selbst wenn man es mit der Beklagten lediglich als vertraglich vereinbart ansehen
würde, dass die Schalldämmung lediglich 57 dB entsprechend den
Mindestanforderungen der DIN 4109 betragen musste. Angesichts der mit solchen
Arbeiten erfahrungsgemäß verbundenen Beeinträchtigungen wie Terminabstimmungen,
Handwerkern im Haus und Bauverschmutzungen legt auch dies nahe, dass den
Klägern weitere Mängelbeseitigungsversuche nicht zuzumuten waren.
60
Außerdem bestanden zumindest nachvollziehbare Zweifel der Kläger, ob die Beklagte
dem Problem auf den Grund gegangen wäre und die tatsächliche Ursache des Mangels
des Schallschutzes festgestellt hätte. Zwei Mangelbeseitigungsversuche der Beklagten
hatten nicht den geschuldeten Erfolg gebracht. Diese Zweifel stellten sich durch das
gerichtliche Gutachten des Sachverständigen als berechtigt heraus, denn dort ist
festgestellt worden, dass die Ursache der Schallschutzprobleme allein im Bereich der
Firstpfette zu suchen war, während die Beklagte die Ursache in dem verwendeten
"Systemdach" suchte und eine vollständige Verkleidung der gesamten Dachfläche
einschließlich des Giebels der Haustrennwand von innen vornehmen wollte, um sicher
zu gehen, dass hierbei alle denkbaren Schallübertragungswege gedämmt würden.
Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass sie die angebotenen
Arbeiten so durchgeführt hätte, wie sie ihr Angebot verstanden wissen will (also
einschließlich der Einbringung von Schalldämm-Material hinter der Verkleidung der
Firstpfette), so hätte diese Mangelbeseitigung zu einer unnötig umfangreichen
61
Baumaßnahme geführt und zu bleibenden nachteiligen Folgen für die Kläger (elastisch
gelagerte doppelte GK-Platten im ganzen Dachgeschoss mit dem hierfür erforderlichen
Raumbedarf und wohl höheren Unterhaltungsaufwendungen). Auch dieser Umstand
lässt erkennen, dass das Vertrauen der Kläger in die ordnungsgemäße
Mangelbeseitigung durch die Beklagte nachvollziehbar erschüttert war.
Schließlich fällt auch ins Gewicht, dass die Beklagte in ihrem gesamten Schriftverkehr
einschließlich ihrer prozessualen Schriftsätze sich lediglich verpflichtet gesehen hat, die
Mindestanforderungen nach der DIN 4109 einzuhalten und einen Schalldämmwert von
57 dB herzustellen, der einen Mindestwert darstellt und nach den nachvollziehbaren
und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr.-Ing. B. bei mangelfreier
Ausführung einer (geschuldeten) doppelten Haustrennwand weit übertroffen werden
müsste. Demgegenüber ist daran festzuhalten, dass der Erwerber grundsätzlich einen
Anspruch auf mangelfreie Bauausführung und den dadurch erzielbaren Schallschutz hat
(BGH, BauR 1998, 872 (873); Senat, BauR 1993, 622).
62
Zu Unrecht meint die Beklagte, dass im vorliegenden Fall nur die Einhaltung der
Mindestanforderungen der DIN 4109 vereinbart worden sei. Es ist zwar zutreffend, dass
in der Baubeschreibung die Einhaltung der Mindestanforderungen im Hinblick auf den
Schallschutz nach DIN 4109 vereinbart wurde (Bl. 44 GA). Gleichwohl enthält die
Baubeschreibung aber auch das Versprechen einer doppelschaligen Haustrennwand
(Bl. 41 GA). Darin liegt ein Widerspruch oder zumindest eine Unklarheit der
vertraglichen Vereinbarungen, denn eine doppelschalige Haustrennwand hat zumindest
auch den Sinn einer Erhöhung des erzielbaren Schallschutzes. Da es sich bei der
Baubeschreibung im Zweifel um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (BGH NJW
1992, 2162; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 1 AGBG, Rn. 8 a.E.), geht diese
Unklarheit gemäß § 5 AGBG zu Lasten der Beklagten als der Verwenderin dieser
Bedingungen. Mithin ist es vertragliche Pflicht der Beklagten gewesen, denjenigen
Schallschutz herzustellen, der sich bei einer mangelfreien Ausführung einer
doppelschaligen Haustrennwand ergibt. Das ist aber nach den nicht angegriffenen
Feststellungen von Dr.-Ing. B. ein Schalldämmmaß von 62 - 63 dB.
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Das Verhalten der Beklagten, diese Verpflichtung in Abrede zu stellen, unterstreicht die
Unzumutbarkeit weiterer Mängelbeseitigungsversuche.
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Bei der gebotenen Gesamtabwägung ist auch zu beachten, dass der ursprüngliche
Mangel, der in einem Schalldämmwert von nur 32 dB bestand, eine gravierende
Abweichung vom vertraglich geschuldeten dargestellt hat und die Beklagte den Klägern
ihr Werk trotz dieses erheblichen Mangels als mangelfrei zur Abnahme übergeben hat.
Zudem waren noch zahlreiche weitere Mängel gerügt worden, die die Beklagten
teilweise behoben hat, wodurch von den Klägern ebenfalls Belastungen durch
Mängelbeseitigungsarbeiten hingenommen werden mussten.
65
Diesen für eine Unzumutbarkeit weiterer Mängelbeseitigungsversuche sprechenden
Umständen stehen keine ebenso gewichtigen Gesichtspunkte entgegen, aus denen
weitere Mängelbeseitigungsversuche der Beklagten zumutbar erschienen und die die
Kläger deshalb hinzunehmen gehabt hätten. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass
die Zumutbarkeitsschwelle um so höher anzusetzen ist, je komplizierter und technisch
aufwendiger der Leistungsgegenstand ist (OLG Düsseldorf (6. Zivilsenat), CR 1992, 724
für die Entwicklung einer Software für ein Tankstellen-Abrechnungssystem). Ein solcher
Fall liegt jedoch hier nicht vor. Die Beklagte befasst sich gewerbsmäßig mit der
66
Veräußerung von neu errichteten Häusern, die Errichtung von doppelschaligen
Haustrennwänden zwischen Doppelhaushälften stellt keine übermäßig komplizierten
oder technisch aufwändigen Anforderungen. Auch wenn der Beklagten zuzubilligen ist,
dass die Ursachenfeststellung und Behebung eines durch eine fehlerhafte
Bauausführung verursachten Schallschutzmangels im Einzelfall schwierig sein kann, so
liegt ein solcher Fall nicht vor. Vielmehr standen die gravierenden Ausführungsmängel
und damit die Ursache der Mängel mit dem Schiedsgutachten vom 30.06.1999 fest. Es
ist nicht erkennbar, dass der Beklagten die Behebung der Mängel innerhalb der
folgenden 18 Monate nicht möglich oder nicht zuzumuten gewesen wäre.
d)
67
Die weiteren Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs nach § 635 BGB a.F.
sind zu bejahen. Das Werk der Beklagten ist mit Übergabe des Hauses am 10.11.1998
abgenommen worden. Der Schallschutzmangel ist auch von der Beklagten zu vertreten
(Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 1676 m.w.N.).
68
e)
69
Der von den Klägern geltend gemachte sog. "große" Schadensersatzanspruch, der in
der Zurückweisung des Werks als Ganzem liegt und deshalb in seinen Auswirkungen
der Rückabwicklung des Vertrags nach Wandlung ähnelt, ist auch weder durch
vertragliche Vereinbarung noch wegen Treuwidrigkeit dieses Begehrens
ausgeschlossen.
70
Im Kaufvertrag haben die Parteien einen Ausschluss der Wandlung vereinbart (Bl. 23
GA), was aber weder wirksam ist (BGH BauR 2002, 310) noch im Falle der Wirksamkeit
den hier geltend gemachten - ebenfalls auf Rückabwicklung hinauslaufenden - "großen"
Schadensersatzanspruch ausschließen würde (OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1031,
1032). Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug
genommen werden. Das wird von den Berufungen der Beklagten und ihres Streithelfers
auch nicht angegriffen.
71
Das Rückabwicklungsverlangen ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die
Kläger mit diesem Begehren treuwidrig verhalten würden. Die für die Wandelung
geltende Regelung des § 634 Abs. 3 BGB a.F., wonach diese bei unerheblichen
Mängeln ausgeschlossen ist, gilt nicht für den "großen" Schadensersatzanspruch
(Palandt/Sprau, a.a.O., § 635 Rn. 5). Allerdings ist anerkannt (BGHZ 27, 215), dass
dieser Gesichtspunkt im Rahmen einer Überprüfung nach § 242 BGB zum Tragen
kommen und deshalb das Verlangen nach "großem" Schadensersatz im Einzelfall
treuwidrig sein kann.
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In Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 634 Abs. 3 BGB a.F. kann eine
Treuwidrigkeit des Verlangens nach "großem" Schadensersatz damit insbesondere
dann in Betracht kommen, wenn der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit des Werks
nur derart unerheblich mindert, dass es mit den Geboten von Treu und Glauben nicht
vereinbar erscheint, das Werk als ganzes zurückzuweisen. Das ist aber im vorliegenden
Fall zu verneinen. Insbesondere vermag der Senat den Darlegungen des Streithelfers
nicht zu folgen, wonach lediglich eine "geringfügige" Differenz von nur 3 dB am
erforderlichen Schallschutz fehlen würden und dies durch die von der Beklagten
angebotene Mängelbeseitigung ausgeglichen und überschritten worden wäre. Das
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ergibt sich schon daraus, dass nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen
von Dr.-Ing. B. bei mangelfreier Ausführung der Haustrennwand ein Schallschutzmaß
von 62 - 63 dB hätte erreicht werden müssen, mithin der geschuldete Schallschutz (s.o.)
um 8 - 9 dB unterschritten ist. Zudem handelt es sich bei einem Unterschied von 3 dB,
mehr noch bei 8 dB, nicht um einen geringfügigen Mangel. Hierzu kann auf die
anschaulichen Darlegungen der praktischen Auswirkungen solcher Zahlenwerte durch
den Sachverständigen Bezug genommen werden. Dieser empfindliche
Schallschutzmangel stellt keine unerhebliche Wert- oder
Gebrauchstauglichkeitsminderung dar. Die Kläger nutzten das Dachstudio als
Kinderzimmer, wo jedenfalls keine unterdurchschnittlichen Schallschutzbedürfnisse
anzunehmen sind. Es liegt deshalb schon eine spürbare Einschränkung der Nutzbarkeit
des Dachgeschosses vor, die beim Verkauf des Hauses auch ein willkommenes
Preisminderungsargument für einen Kaufinteressenten darstellen würde.
Eine Treuwidrigkeit des Verlangens nach "großem" Schadensersatz lässt sich
schließlich auch nicht daraus herleiten, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom
11.12.2000 vorgeschlagenen Maßnahmen zur Erreichung des geschuldeten
Schallschutzes geführt hätten. Weder für die Frage der Zumutbarkeit weiterer
Mängelbeseitigungsversuche noch für die Frage der Treuwidrigkeit der Ablehnung
solcher Versuche kann es darauf ankommen, ob sich die beabsichtigte Maßnahme im
Nachhinein als erfolgreich oder als Fehlschlag herausstellt. Vielmehr kann es allein
darauf ankommen, wie ein besonnener und verständiger Erwerber in der Situation der
Kläger auf der Grundlage der damals zur Verfügung stehenden Informationen zu
handeln verpflichtet oder berechtigt war. Nach den vorstehenden Erwägungen war es
aus Sicht der Kläger keineswegs gesichert, dass die angebotenen Maßnahmen
tatsächlich zum Erfolg führen würde. Nach den vorgelegten Äußerungen der
Sonderfachleute bestanden lediglich gute Aussichten, die aber letztlich nur
Vermutungen darstellten, weil der zur Mangelbeseitigung vorgesehene Weg
(Anbringung von Schalldämmmaterial hinter elastisch gelagerten Gipskartonplatten)
nicht der vom Schiedsgutachter S. vorgeschlagene Weg war (Lagerung der Firstpfette
auf den beiden Schalen der Haustrennwand mittels eines Pfettenschuhs). In diesem
Licht war es nicht treuwidrig, dieses späte und mit Risiken behaftete Angebot der
Beklagten abzulehnen.
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Die übrigen von der Beklagten und insbesondere von ihrem Streithelfer aufgeführten
Gesichtspunkte tragen eine Treuwidrigkeit des Rückabwicklungsverlangens ebenfalls
nicht. Soweit insbesondere vorgetragen wird, die Kosten der Nachbesserung (ca.
12.000,00 DM, Bl. 185 GA) seien gering im Verhältnis zum Kaufpreis (413.000,00 DM),
mag dies zutreffen. Das war aber zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts der
Kläger so noch nicht abzusehen, vielmehr war zu befürchten, dass die Durchführung der
vorgeschlagenen Maßnahmen allein noch keinen Erfolg bringen würde und weitere
Kosten entstehen würden.
75
Eine Treuwidrigkeit des Schadensersatzverlangens lässt sich auch nicht damit
begründen, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 11.12.2000 alternativ zur von ihr
vorgeschlagenen Mängelbeseitigung auch eine Minderung angeboten hatte und die
Kläger gehalten gewesen wären, sich zunächst zum Minderungsvorschlag zu äußern.
Ein Minderungsvorschlag der Beklagten war bereits zuvor im Oktober 2000 abgelehnt
worden. Die (hier tatsächlich erfolgte, wenn auch entbehrliche) Fristsetzung mit
Ablehnungsandrohung soll dem Unternehmer letztmalig die Gelegenheit geben, den
Mangel zu beseitigen, um damit die Entstehung des Minderungs- wie des
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Schadensersatzanspruchs nach Wahl des Auftraggebers zu verhindern. In diesem
Lichte stellt sich das erneute Minderungsangebot der Beklagten als konkludente
Erklärung dar, von der letzten Möglichkeit zur Mangelbeseitigung keinen Gebrauch
machen zu wollen. Tatsächlich hat die Beklagte auch keinen Versuch unternommen, vor
Ablauf der gesetzten Frist wenigstens mit den vorgeschlagenen Arbeiten zu beginnen.
Im Ergebnis bleiben daher die Berufungsangriffe gegen das dem Grunde nach
berechtigte Rückabwicklungsverlangen ohne Erfolg.
77
e)
78
Der Höhe nach haben die Beklagte und ihr Streithelfer das angefochtene Urteil nicht
angegriffen. Im Umfang der Verurteilung sind Fehler auch nicht erkennbar.
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Entsprechendes gilt für die Feststellung der Schadensersatzpflicht hinsichtlich weiterer
Schäden in Ziff. 2 des Tenors der angefochtenen Entscheidung.
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Mithin muss den Berufungen der Beklagten und ihres Streithelfers der Erfolg versagt
bleiben.
81
2.
82
Die Berufung der Kläger hat dem Grunde nach Erfolg. Soweit das Landgericht den
Klägern Schadensersatz hinsichtlich einiger Schadenspositionen versagt hat, kann
diese Entscheidung nicht in vollem Umfang aufrechterhalten werden.
83
a)
84
Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der in der Klageschrift auf Seite 8
zusammengefassten und durch die Anlagen 33 - 48 zur Klageschrift näher dargelegten
Schadenspositionen zu Unrecht mit der Begründung abgewiesen, die Kläger hätten für
die Bezahlung dieser für das Hausgrundstück getätigten Aufwendungen keine Belege
vorgelegt. Dem Grunde nach handelt es sich bei allen geltend gemachten
Aufwendungen um solche, die nützliche Verwendungen für das Hausgrundstück
darstellen und deshalb aus Sicht der Kläger wegen der Rückabwicklung des Vertrages
fehlgeschlagen sind und als fehlgeschlagene Aufwendungen zu ersetzen sind
(Palandt/Heinrichs, vor § 249 Rn. 32).
85
b)
86
Zu Recht rügen die Kläger, dass das Landgericht gem. § 139 ZPO auf die fehlenden
Zahlungsbelege hätte hinweisen müssen, bevor es die Klage teilweise abwies. Zwar
dürfte grundsätzlich zutreffen, dass die Kläger ausweislich ihres Schriftsatzes vom
25.06.2001 (dort S. 9, Bl. 268 GA) die Notwendigkeit der Vorlage der Kontoauszüge
selbst erkannt hatten und es deshalb (zunächst) keines Hinweises bedurfte. Dem steht
aber zum einen entgegen, dass die Kläger dort unmittelbar vor der Ankündigung, die
Zahlungsbelege herauszusuchen, zum Ausdruck gebracht hatten, nach ihrer Auffassung
würden "die Rechnungsbeträge" bereits unter Beweis stehen, es sei also bereits
Beweis angeboten, was aber offensichtlich falsch ist und deshalb einen Irrtum offenbart.
Ein versehentliches Unterbleiben eines erkennbar gewollten Beweisangebots ist aber
ein anerkannter Fall einer Hinweispflicht des Gerichts (BGH NJW 1998, 155 (156);
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Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 139 Rn. 16). Zum anderen war das Augenmerk der
Parteien und des Gerichts unmittelbar nach der Ankündigung der Vorlage der Belege
auf den Haftungsgrund gelenkt worden, indem in der folgenden mündlichen
Verhandlung wesentlich über den Haftungsgrund gesprochen wurde (Bl. 290 GA) und
danach "zunächst" die Beweisaufnahme zu dieser Frage angeordnet wurde, was
suggeriert, es werde danach möglicherweise weiterer Beweis erhoben werden müssen,
Bl. 314 GA). Nach eineinhalbjähriger Beweisaufnahme zur Frage des Haftungsgrunds
bestand deshalb Anlass nachzufragen, ob entgegen der Ankündigung nun doch nicht
die Belege vorgelegt werden sollten.
Für die zweite Instanz hat der unterbliebene Hinweis zur Folge, dass das neue
Vorbringen der Kläger zugelassen werden muss, weil anzunehmen ist, dass dieses
Vorbringen auf den entsprechenden Hinweis bereits in erster Instanz erfolgt wäre. Der
Sachvortrag der Kläger zu den Aufwendungen ist deshalb zuzulassen und (nach wie
vor) schlüssig, insbesondere ist (im reduzierten Umfang der Berufung) auch schlüssig
die Bezahlung der Rechnungen dargelegt und unter Beweis gestellt, soweit man dies
als erforderlich für den Schadensersatzanspruch ansieht.
88
c)
89
Die Beklagte hat in erster Instanz das Vorbringen der Kläger zur Zahlung der geltend
gemachten Beträge in Abrede gestellt (Bl. 247 GA) und an anderer Stelle ("wird hiermit
nochmals jede einzelne Schadensposition bestritten", Bl. 284 GA) erneut zu erkennen
gegeben, die Darlegungen der Kläger nicht ohne Überprüfung hinnehmen zu wollen.
Dieses Bestreiten war aber lediglich pauschal gehalten und deshalb angesichts der
vorgelegten differenzierten Belege nicht nachvollziehbar, denn es ist nicht ersichtlich,
was genau in Zweifel gezogen werden sollte. Die vorhergehende Rüge, dass ein Ersatz
für eine Tomatenpflanze nicht geschuldet werde, weil es sich um eine einjährige
Pflanze handele, lässt jedenfalls keine Rückschlüsse auf ein tatsächliches Bestreiten
zu.
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In zweiter Instanz ist die Beklagte dem vertieften Vorbringen der Kläger zu den
einzelnen Schadenpositionen nicht entgegengetreten, weshalb ihr Vorbringen nach wie
vor nicht erkennen lässt, welche von den Klägern behaupteten Tatsachen in Abrede
gestellt werden sollen. Einer Erhebung der angebotenen Beweise bedarf es deshalb
nicht.
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Soweit der Streithelfer der Beklagten in zweiter Instanz vertiefte Einwendungen erhoben
hatte, sind diese auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung vom
07.11.2003 im Wesentlichen ausdrücklich auf das Vorbringen der Hauptpartei
beschränkt worden.
92
d)
93
Hinsichtlich einzelner mit der Berufung noch verfolgter Schadenspositionen (Anlagen
39, 40, 47 und 48 zur Klageschrift, die sich über die Kosten der Duschtürmontage, für
Teppichboden, Fliesenmaterial und für die Gartenbepflanzung verhalten), rügen die
Kläger zu Recht, dass das Landgericht die vorgelegten Belege nicht als
Barzahlungsbelege erkannt hat. Zumindest insoweit ist ein Erfolg der Berufung der
Kläger absehbar. Das rechtfertigt es, die Berufung der Kläger dem Grunde nach für
gerechtfertigt zu erklären.
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Hinsichtlich anderer Positionen steht ein Erfolg der Berufung der Kläger noch nicht fest,
weshalb die Höhe des den Klägern zustehenden Anspruchs noch nicht abschließend
beurteilt werden kann. Insoweit kann auf den Hinweis- und Beweisbeschluss vom
heutigen Tage Bezug genommen werden.
95
D.
96
Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung kann diese erst in
der Schlussentscheidung erfolgen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit
ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO. Schuldnerschutzanordnungen i.S.v. § 711 ZPO sind
entbehrlich, weil das Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
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Die Voraussetzungen, unter denen nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen ist,
liegen nicht vor.
98
Streitwert: 264.757,23 EUR (254.757,23 EUR Zahlungsantrag,
10.000,00 EUR Feststellungsantrag)
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a. M.
100
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