Urteil des OLG Düsseldorf vom 03.03.2004
OLG Düsseldorf (absender, ausland, zahlung, auskunft, versandhandel, zustandekommen des vertrages, zustellung, eugh, zpo, empfänger)
Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-U (Kart) 32/99
Datum:
03.03.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Kartellsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
VI-U (Kart) 32/99
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels das am 4. November 1999 verkündete
Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 sowie die Beklagten zu 3 und zu 8 bis
10 werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wie viele
an deut-sche Empfänger adressierte Sendungen welchen Formats,
welchen Gewichts und Inhalts sie im Jahre 1997 bei der
niederländischen Post eingeliefert ha-ben oder haben einliefern lassen.
Die Klagen gegen die Beklagten zu 2, zu 4 und zu 11 werden
abgewiesen.
Die Berufungen der Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 werden
zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Berufungsrechtszuges werden zu einem Drittel
der Klägerin und zu zwei Dritteln den Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7
sowie den Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 auferlegt. Die im
Berufungsrechtszug entstan-denen außergerichtlichen Kosten der
Klägerin haben zu zwei Dritteln die Be-klagten zu 1 und zu 5 bis 7 sowie
die Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 zu tra-gen. Die den Beklagten zu 2,
zu 4 und zu 11 im Berufungsrechtszug entstan-denen außergerichtlichen
Kosten hat die Klägerin zu tragen. Im Übrigen ha-ben die Parteien ihre
außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 sowie die Beklagten zu 3 und zu 8 bis
10 können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von jeweils
10.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in
derselben Höhe Sicherheit leistet.
Die Klägerin kann eine Vollsteckung der Beklagten zu 2, zu 4 und zu 11
durch Sicherheitsleistung von jeweils 4.500 Euro abwenden, wenn die
Beklagten nicht vor der Vollstreckung in jeweils derselben Höhe
Sicherheit leisten.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der D. B. P.. Sie erbringt flächendeckend
Postdienstleistungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
2
Die Beklagten - mit Ausnahme der Beklagten zu 2, 4 und 11, bei denen es sich um die
persönlich haftenden Gesellschafterinnen der Beklagten zu 1, 3 und 10 handelt, sind im
Rahmen der A.-Unternehmensgruppe (damals E.-Gruppe) im Bereich des
Versandhandels tätig. Einige von ihnen betätigen sich nach dem Vorbringen der
Beklagten als Einkaufsgesellschaften für Unternehmen der A.- (E.-) Gruppe.
3
Um - wie die Beklagten ausgeführt haben - einem durch konkurrierende Anbieter stärker
gewordenen Wettbewerbsdruck standzuhalten und die eigenen Kostenstrukturen zu
verbessern, gingen die Beklagten, und zwar nach dem Vortrag der Klägerin sämtliche
Beklagten und nach dem Vortrag der Beklagten jedenfalls die Beklagten zu 1 und zu 5
bis 7 dazu über, den Inhalt geschäftlicher Post - unter anderem Rechnungen,
Mahnungen und Kontoauszüge -, die an in Deutschland wohnhafte Empfänger zu
richten war, im Wege eines elektronischen Datentransfers an ein nicht näher bekanntes,
im Ausland ansässiges Unternehmen zu übermitteln. Der Inhalt solcher Schriftstücke
wurde zuvor im Inland aufgesetzt. Er wurde von dem ausländischen
Vertragsunternehmen der genannten Beklagten erfasst, ausgedruckt, kuvertiert und bei
der niederländischen Post eingeliefert, die diese Sendungen zur Zustellung an die
deutschen Empfänger der Klägerin übergab. Die Schriftstücke wurden nach dem
Vortrag der Beklagten von dem ausländischen Vertragsunternehmen zuvor auf
Richtigkeit überprüft; mehrseitige Schreiben wurden manuell zusammengefasst. Die
Schreiben trugen den Aufdruck "printed in B." (siehe die Beispiele in Anl. K 2 bis K 7).
4
Die Klägerin hat 625.218 im Jahr 1997 aus den N. eingegangene, von Unternehmen der
damaligen E.-Gruppe an Empfänger in Deutschland gerichtete und von ihr, der Klägerin,
an deutsche Empfänger zugestellte Postsendungen zum Anlass genommen, die
Beklagten im Wege einer Stufenklage zunächst auf Auskunftserteilung und danach -
unter Anrechnung der von der niederländischen Post an sie gezahlten Endvergütungen
- auf Zahlung der inländischen Beförderungsentgelte, die sich aus der erteilten Auskunft
ergeben, in Anspruch zu nehmen.
5
Die Klägerin hat die dargestellte Art und Weise der Versendung als ein (non physical)
Remailing bewertet, welches die Beklagten - mit Blick auf einen ihr, der Klägerin,
zustehenden Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren nach Art. 25 § 3 Satz 1, 2. Alt.
des Weltpostvertrages (WPV) 1989 - zur Erteilung von Auskunft über die genaue Anzahl
und Art von Postsendungen verpflichte, da sämtliche Beklagten sich jenes Verfahrens
bedienten. Letzteres sei schon aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen, zumal es
sich bei den Beklagten um eng miteinander verbundene Konzernunternehmen handele.
6
Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagten zu 1 bis 11 zu verurteilen,
8
1. ihr, der Klägerin, Auskunft darüber zu erteilen, wie viele an deutsche Empfänger
adressierte Sendungen welchen Formats, welchen Gewichts und Inhalts diese
(d.h. die jeweiligen Beklagten) 1997 im Ausland eingeliefert haben oder haben
einliefern lassen;
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2. den sich anhand der Auskunft nach Ziffer 1. ergebenden Betrag nebst 5,5 %
Zinsen seit Rechtshängigkeit an sie, die Klägerin, zu zahlen.
10
Die Beklagten haben beantragt,
11
die Klage abzuweisen.
12
Die Beklagten haben in Abrede gestellt, dass andere als die Beklagten zu 1 und zu 5
bis 7 an dem dargestellten Verfahren der Postversendung teilnähmen. Sie haben
angenommen, dies sei mit der nötigen Substantiierung von der Klägerin auch weder
dargelegt noch nachgewiesen worden. Unabhängig hiervon stünden der Klägerin die
geltend gemachten Ansprüche aus Rechtsgründen nicht zu. Die Klägerin gehe von
einer unzutreffenden Anspruchsgrundlage aus. Inzwischen sei nämlich der
Weltpostvertrag vom 14.9.1994 in Kraft getreten und auf die streitgegenständlichen
Vorgänge anzuwenden. Die Bestimmung in Art. 25 § 3 des Weltpostvertrages (WPV)
1989 und das zum WPV ergangene deutsche Zustimmungsgesetz stünden außerdem
im Widerspruch zu den die Dienstleistungsfreiheit und das Kartellrecht betreffenden
Normen des EG-Vertrages. Es handele sich bei dem beschriebenen Verfahren der
Postversendung auch um kein unzulässiges Remailing. Insbesondere seien nicht sie,
die Beklagten, als Absender der jeweiligen Sendungen anzusehen. Die Beklagten
haben des Weiteren die Einrede der Verjährung erhoben.
13
Das Landgericht hat gemäß § 242 BGB in Verbindung mit Art. 25 § 3 Satz 1, 2. Alt des
Weltpostvertrages 1989 nur die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 durch ein Teilurteil zur
Erteilung der begehrten Auskunft verurteilt. Hinsichtlich der übrigen Beklagten hat es die
Klagen abgewiesen, da die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen, Belege vorgelegt
oder sonstige Indizien dafür beigebracht habe, dass diese an dem Remailing-Verfahren
teilnähmen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird verwiesen.
14
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagten, soweit diese
vom Landgericht verurteilt worden sind, Berufung eingelegt, mit der sie ihre jeweiligen
Prozessziele weiter verfolgen.
15
Die Klägerin will auch die Beklagten, gegen die die Klage abgewiesen worden ist, zur
Erteilung von Auskunft (und anschließender Zahlung) verurteilt sehen. Sie macht
geltend, jene Beklagten (und zwar die nach ihrer Behauptung im Versandhandel
16
operativ tätigen Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 sowie die lediglich als persönlich
haftende Gesellschafterinnen handelnden Beklagten zu 2, 4 und 11) betätigten sich in
gleicher Weise wie die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 bei dem Remailing-Verfahren. Die
Klägerin führt hierfür Beweisanzeichen an. Gegen die Berufungen der Beklagten zu 1
und zu 5 bis 7 verteidigt sie das Urteil des Landgerichts.
Die Klägerin beantragt
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mit ihrem Rechtsmittel,
18
1. die Beklagten zu 2, zu 4 und zu 11 sowie die Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 unter
teilweiser Abänderung des am 4.11.1999 verkündeten Teilurteils der 4. Kammer
für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf zu verurteilen,
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ihr, der Klägerin, Auskunft darüber zu erteilen, wie viele an deutsche Empfänger
adressierte Sendungen welchen Formats, welchen Gewichts und welchen
Inhalts diese Beklagten im Jahr 1997 im Ausland eingeliefert haben oder haben
einliefern lassen,
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2. die Beklagten zu 2 bis 4 und zu 8 bis 11 zu verurteilen, den sich anhand der
Auskunft nach Ziff. 1 ergebenden Betrag nebst 5,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit
der Klage an sie, die Klägerin, zu zahlen und
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23
die Berufung der Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 zurückzuweisen.
24
Die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 beantragen,
25
unter teilweiser Abänderung des genannten Urteils die Klage abzuweisen.
26
Die übrigen Beklagten beantragen,
27
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
28
Die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 halten sich vom Landgericht für zu Unrecht verurteilt.
Sie vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen, wonach nicht der WPV 1989, sondern der
WPV vom 14.9.1994 auf das Streitverhältnis anzuwenden sei, beide Verträge (jeweils
durch die Bestimmungen ihrer Art. 25) das nicht physikalische Remailing nicht
umfassten und der WPV 1994 der Klägerin keinen (für den Auskunftsanspruch
vorauszusetzenden) unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den inländischen
Absender gewähre. Darüber hinaus ergänzen die Beklagten ihren bisherigen Vortrag
29
mit Blick auf eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der deutschen Zustimmungsgesetze zu
den Weltpostverträgen. Ihrer Ansicht zufolge werden durch die Verurteilung überdies
ihre Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie das Gewaltenteilungsprinzip und das
Rechtsstaatsprinzip in der Ausprägung des Gebots der Bestimmtheit gesetzlicher
Normen verletzt (Art. 20 Abs. 2 und 3 GG). Die Beklagten halten auch die
Tatbestandsmerkmale eines Zahlungsanspruchs nach den jeweiligen Art. 25 §§ 3 der
Weltpostverträge für nicht gegeben. Sie machen die Unzulässigkeit der
Rechtsausübung der Klägerin geltend und regen - unter anderem zur Klärung der von
ihnen verneinten Frage, ob sie als Absender der fraglichen Sendungen anzusehen sind
- eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Vorabentscheidung des EuGH über die vom
Landgericht Mainz gemäß Art. 177 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 EGV (jetzt Art. 234 Abs. 1
Buchst. a, Abs. 2 EG) unterbreiteten Fragen (vgl. WRP 1999, 444), hilfsweise eine
Vorlage zur Vorabentscheidung des EuGH durch den Senat an. Im Übrigen nehmen die
Beklagten auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug.
Die Beklagten zu 2 bis 4 und zu 8 bis 11 stellen eine Teilnahme an dem von der
Klägerin behaupteten Remailing in Abrede. Sie meinen, die Klägerin habe den ihr
insoweit obliegenden Nachweis nicht geführt. Da ihr ein Zahlungsanspruch nicht
zuzuerkennen sei, müsse ihr auch die begehrte Auskunftserteilung vorenthalten bleiben.
30
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und auf
die mit diesen vorgelegten Anlagen, insbesondere auf die vorbezeichneten
Aktenbestandteile, sowie auf die Protokolle der Senatssitzungen vom 18.10.2000 (GA
317 ff.) und vom 21.1.2004 (GA 437 f.) Bezug genommen.
31
Der Senat hat durch den Einzelrichter Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin L.
und durch Parteivernehmung des Geschäftsführers J.-V. E. der Beklagten zu 2 und zu 4
sowie des Geschäftsführers C. der Beklagten zu 4 und zu 11. Auf den Beweisbeschluss
vom 29.11.2000 (GA 333 f.) und auf die Vernehmungsniederschriften vom 31.1.2001
wird verwiesen (GA 346 ff.).
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
33
Die Berufung der Klägerin hat hinsichtlich der Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 Erfolg.
Diese Beklagten haften der Klägerin auf die begehrte Auskunftserteilung, da nach den
Umständen festzustellen ist, dass sie an dem dargestellten Remailing-Verfahren im Jahr
1997 teilgenommen haben. Hinsichtlich der Beklagten zu 2, zu 4 und zu 11 hat die
Berufung der Klägerin keinen Erfolg. In Bezug auf diese Beklagten, bei denen es sich
um die Komplementärgesellschaften der Beklagten zu 1, zu 3 und zu 10 handelt, ist
nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme eine Teilnahme
am Remailing nicht erwiesen. Die prozessualen Nachteile hieraus hat die Klägerin zu
tragen. Die Berufungen der Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 sind unbegründet. Ihren
rechtlichen Einwendungen gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung durch das
Landgericht ist nicht beizupflichten. Soweit die Beklagten zur Auskunftserteilung zu
verurteilen sind, ist der Antrag der Klägerin (wie viele Sendungen ... die Beklagten "im
Ausland" eingeliefert haben oder haben einliefern lassen) im Urteilsausspruch dahin
klargestellt worden, dass es um ein Einliefern oder Einliefernlassen von Sendungen
"bei der niederländischen Post" geht. Gegenstand des Rechtsstreits sind ausschließlich
solche Postsendungen, die in den N. aufgegeben worden sind.
34
A) Zur Haftung der Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 auf Erteilung der begehrten Auskünfte:
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I. Der aus § 242 BGB abzuleitende Auskunftsanspruch setzt voraus, dass der
Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über den Umfang seines Rechts im
Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung eines Leistungs-,
namentlich eines Zahlungsanspruchs, notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare
Weise selbst beschaffen kann, der Verpflichtete sie jedoch unschwer erteilen kann und
zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten eine besondere rechtliche
Beziehung besteht. Aus dieser rechtlichen Beziehung muss sich im Allgemeinen der
Leistungsanspruch als dem Grunde nach feststehend ergeben, wobei nur der
Anspruchsinhalt offen und einer näheren Bestimmung durch die begehrte Auskunft
zugänglich sein darf (vgl. BGH NJW-RR 1987, 1296 m.w.N.).
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Die dargestellten Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs sind in Bezug auf die
Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 zu bejahen. Diese Beklagten haben den von der Klägerin
behaupteten äußeren Hergang der Einlieferung von Postsendungen beim
niederländischen Postunternehmen nicht in Abrede gestellt. Sie sind der Klägerin auf
Grund des feststehenden Sachverhalts gemäß Art. 25 § 3 Satz 1, 2. Alt. des
Weltpostvertrages (WPV) 1989 wegen der in Rede stehenden Postsendungen zur
Zahlung der Inlandsentgelte abzüglich der Endvergütungen, welche die Klägerin vom
niederländischen Postunternehmen erhalten hat, verpflichtet. Die Voraussetzungen
dieser Anspruchsnorm sind gegeben. Der Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die
genannten Beklagten steht damit dem Grunde nach fest.
37
II. Die Zahlungsforderung, deren Vorbereitung der Anspruch auf Auskunftserteilung
dient, ist rechtlich an den Bestimmungen des WPV 1989 zu messen. Dies ist durch das
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.10.2002 (Az. III ZR 248/00) geklärt (WRP 2002,
1442, 1443 - Remailing). Der im Streitfall zur Entscheidung stehende Sachverhalt - im
Jahr 1997 eingelieferte Postsendungen betreffend - unterfällt nicht dem innerstaatlich
erst am 9.12.1998 in Kraft getretenen WPV vom 14.9.1994. Völkerrechtliche Verträge,
die Gegenstände der Bundesgesetzgebung betreffen (hier der WPV 1994), treten nach
dem insoweit maßgebenden deutschen Staatsrecht (vgl. Art. 25 §§ 4 und 5 der Satzung
des Weltpostvereins, BGBl. 1998 II S. 2085, 2092) erst nach Erlass des (für die spätere
Ratifizierung des Vertrages zwingend vorauszusetzenden) Zustimmungsgesetzes im
Sinne von Art. 59 Abs. 2 GG (hier: Gesetz vom 26.8.1998 zu den Verträgen des
Weltpostvereins vom 14.9.1994 [BGBl. II S. 2082], in Kraft getreten am 27.8.1998) und
nach der völkerrechtlich bindenden Ratifikation (durch Austausch oder Hinterlegung der
Ratifizierungsurkunden, den WPV 1994 betreffend gemäß der Bekanntmachung des
Auswärtigen Amtes vom 13.1.1999 [BGBl. II S. 82 f.] am 9.12.1998) in Kraft, auch wenn
der Vertrag selbst ein früheres Datum für das Inkrafttreten nennt (vgl. hier Art. 60 WPV
1994: 1.1.1996; vgl. Art. 24 Abs. 3 des Wiener Übereinkommens vom 23.51969 über das
Recht der Verträge - WVK; Zustimmungsgesetz vom 3.8.1985, BGBl. II S. 926, 927).
Eine rückwirkende Bindung an völkerrechtliche Verträge ist gemäß Art. 28 WVK nur
anzunehmen, sofern Anhaltspunkte für einen dahingehenden Willen der
vertragsschließenden Parteien vorliegen. Anhaltspunkte dafür treten jedoch weder im
Wortlaut des WPV 1994 noch im deutschen Zustimmungsgesetz hervor (vgl. BGH
a.a.O., S. 1443).
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Die Beklagten interpretieren den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
22.3.1983 (BVerfGE 63, 343 = NJW 1983, 2757) unzutreffend, soweit sie - abgeleitet
aus den Gründen dieses Beschlusses - eine Rückwirkung des WPV 1994 auf den
vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt annehmen wollen. Die Beklagten greifen
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hierzu den jener Entscheidung entnommenen Satz auf (vgl. GA 236, NJW 1983, 2758):
Da dieser Zeitpunkt der innerstaatlichen Verkündung des völkerrechtlichen
Zustandekommens später liegt als der Zeitpunkt des völkerrechtlichen
Zustandekommens und nicht selten später als der Zeitpunkt des (zumeist im
Vertragstext selbst bestimmten) völkerrechtlichen "Inkrafttretens", tritt hier regelmäßig
eine rückwirkende Anwendungsfähigkeit des Vertrages ein.
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Mit diesen Worten hat das Bundesverfassungsgericht eine rückwirkende
Anwendungsfähigkeit des völkerrechtlichen Vertrages lediglich im Zeitraum zwischen
seinem völkerrechtlichen Zustandekommen und der innerstaatlichen Verkündung des
völkerrechtlichen Zustandekommens, nicht hingegen eine Rückwirkung auf einen
(früheren) Zeitpunkt des im Vertrag selbst genannten "Inkrafttretens", beschrieben. Denn
innerstaatlich anwendungsfähig wird ein völkerrechtlicher Vertrag nach deutschem
Staatsrecht grundsätzlich überhaupt erst dann, wenn er auf der völkerrechtlichen Ebene
zustande gekommen ist (und zwar durch Austausch oder Hinterlegung der
Ratifizierungsurkunden; vgl. BVerfG a.a.O., S. 2758). Der WPV vom 14.9.1994 ist auf
der völkerrechtlichen Ebene durch Hinterlegung der Ratifikationsurkunde am 9.12.1998
zustande gekommen. Das Zustandekommen ist jedoch erst durch Bekanntmachung des
Auswärtigen Amtes vom 13.1.1999 innerstaatlich verlautbart worden. Demnach bezieht
sich die rückwirkende Anwendungsfähigkeit des Vertrages (oder seine Rückwirkung auf
der innerstaatlichen Ebene), von der die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
handelt, auf den Zeitraum zwischen dem völkerrechtlichen Zustandekommen des
Vertrages und der innerstaatlichen Verlautbarung des (völkerrechtlichen)
Zustandekommens. Auf den WPV 1994 bezogen bedeutet dies, dass jener Vertrag im
Inland vom 13.1.1999 an (Zeitpunkt der innerstaatlichen Verlautbarung des
völkerrechtlichen Zustandekommens) durch die damit befassten Stellen und die
Gerichte anzuwenden ist, und zwar rückwirkend seit dem 9.12.1998 (Zeitpunkt des
völkerrechtlichen Zustandekommens durch - so hier - Hinterlegung der
Ratifizierungsurkunden). Für eine weitergehende Rückwirkung liegen - wie oben
festgestellt worden ist - keine Anhaltspunkte vor.
41
III. Art. 25 § 3 Satz 1, 2. Alt. WPV 1989 gewährt dem nationalen Postunternehmen gegen
den jeweiligen inländischen Absender - im Sinne eines Wahlrechts zwischen den drei
Befugnissen: Rücksenden der Sendungen an den Einlieferungsort (Satz 1, 1. Alt.),
Belegung mit den Inlandsgebühren (Satz 1, 2. Alt.) und Verfügung über die Sendungen
nach den Inlandsvorschriften im Fall einer Zahlungsverweigerung (Satz 2) - einen
unmittelbaren Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren (so BGH WRP 2002, 1442,
1443 f. - Remailing; OLG Frankfurt WuW/E DE-R 811, 813 f. - Citicorp Kartenservice).
Dieses Verständnis entspricht dem für die Auslegung maßgebenden
französischsprachigen Wortlaut der Urfassung des WPV 1989 ("le droit de frapper"). Die
Klägerin ist hiernach auch nicht gehindert, die Zahlung erst nach Zustellung der
fraglichen Sendungen zu verlangen (was von den tatsächlichen Abläufen her nahe
liegt). Die Tatsache der Zustellung ist namentlich nicht geeignet, beim Absender ein
schutzwürdiges Vertrauen darauf zu erwecken, das Postunternehmen werde einen
Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren nicht geltend machen (vgl. BGH a.a.O., S.
1444; OLG Frankfurt a.a.O., S. 813 f. m.w.N.). Wegen der Einzelheiten der Begründung
wird zur Vermeidung einer Wiederholung auf die Entscheidungsgründe des Urteils des
Bundesgerichtshofs verwiesen.
42
IV. Der in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1989 normierte Zahlungsanspruch hat zur
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Voraussetzung, dass inländische Post im Ausland eingeliefert worden ist (vgl. Art. 25 §
1 Satz 1 WPV 1989). Im Streitfall geht es allerdings nicht in dem Sinn um Inlandspost,
als die fraglichen Sendungen - im Sinne von Art. 25 § 2, 1. Alt. WPV 1989 - im Inland, in
welchem die Beklagten ansässig sind, vorbereitet und anschließend ins Ausland
verbracht worden sind, um bei dem niederländischen Postunternehmen eingeliefert zu
werden. Die Sendungen sind aber, und zwar gemäß der zweiten Alternative des Art. 25
§ 2 WPV 1989, in einem fremden Land "versandfertig gemacht" worden. Auch
hinsichtlich dieses Tatbestandselements hat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
vom 10.10.2002 (WRP 2002, 1442, 1444 f. - Remailing) die Rechtslage geklärt. Denn
die am authentischen (in französischer Sprache abgefassten) Vertragstext, d.h. hier an
dem Wort "confectionnés", zu orientierende Auslegung ergibt, dass als ein
"Versandfertigmachen" jedes "Herstellen" oder "Anfertigen" zu verstehen ist. Dieses
Verständnis wird durch den Werdegang der deutschen Übersetzung des Begriffs
"confectionnés" bestätigt (vgl. Dazu BGH a.a.O., S. 1445), die insgesamt belegt, dass
eine im Ausland eingelieferte Postsendung, die im Inland zur Zustellung gebracht
werden soll, im Inland zuvor in keiner Weise physisch existent geworden sein muss.
Damit werden von Art. 25 § 2, 2. Alt., § 1 Satz 1 WPV 1989 auch solche Sendungen
erfasst, die vollständig im Ausland hergestellt worden sind (sog. "non-physical"
Remailing; vgl. BGH a.a.O. S. 1444).
V. Die in Rede stehenden Sendungen sind im Sinne von Art. 25 § 1 Satz 1 WPV 1989
im Ausland, nämlich bei dem niederländischen Postunternehmen, zur Versendung
eingeliefert worden. Insoweit steht außer Streit, dass die Beförderungsentgelte dort
niedriger waren als im Inland. Einer Absicht der Beklagten, die Gebührendifferenz
auszunutzen, bedurfte es nicht (vgl. Art. 25 § 1 Satz 2 WPV 1989).
44
VI. Die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 sind im Inland ansässige "Absender" der
fraglichen Sendungen im Sinne von Art. 25 § 1 Satz 1 WPV 1989. Nach dem in der
Rechtsprechung vorherrschenden und auch vom Senat für richtig gehaltenen
materiellen Absenderbegriff ist als Absender anzusehen, wer nach dem
Gesamteindruck der Sendung aus der Sicht eines verständigen Empfängers als
derjenige zu erkennen ist, der sich mit einem unmittelbaren eigenen
Mitteilungsinteresse an den Adressaten wendet (vgl. BGH WRP 2002, 1442, 1447 -
Remailing, m.w.N.). Die von der Klägerin vorgelegten Sendungen (Anl. K 2 bis K 7)
lassen die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 zweifelsfrei als Absender erscheinen. Denn es
sind im Rahmen der Abwicklung von Vertragsbeziehungen der Beklagten zu ihren in
Deutschland wohnhaften Kunden Rechnungen, Mahnungen und Kontoauszüge unter
der Firma und mit der Anschrift, Telefonnummer und Telefaxnummer der jeweiligen
Beklagten versandt worden. Diese weisen die Beklagten als diejenigen aus, die den
Empfängern der Sendungen etwas mitzuteilen hatten. Andere Absender sind als solche
in keiner Weise hervorgetreten. Die Vermerke "printed in B." stellen keine Hinweise auf
einen von den Beklagten verschiedenen Absender dar. Sie bringen nur zum Ausdruck,
dass die inkuvertierten Mitteilungen - und zwar im Sinne eines Teilakts der körperlichen
Herstellung - in B. gedruckt, also angefertigt worden sind.
45
Es ist überdies nicht fraglich, dass der Inhalt der hier in Rede stehenden Sendungen
den Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 auch zuzurechnen ist (vgl. zu diesem
tatbestandlichen Element von Art. 25 WPV 1989: BGH WRP 2002, 1442, 1447 -
Remailing m.w.N.). Dieses Merkmal des Absenderbegriffs liegt schon dann vor, wenn
der wesentliche Inhalt der Sendungen vom Absender festgelegt worden ist. Hieran
besteht im Streitfall kein Zweifel, da die Beklagten den gesamten Inhalt der Mitteilungen,
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bevor diese ins Ausland transferiert worden sind, konzipiert und aufgesetzt haben.
VII. Art. 25 WPV 1989, die vorstehend dargestellte Auslegung dieser Bestimmung und
das innerstaatliche Zustimmungsgesetz zum WPV 1989 verstoßen entgegen der
Meinung der Beklagten weder gegen Normen des EG-Vertrages noch gegen solche des
Grundgesetzes. Einen Verstoß gegen (höherrangiges) Gemeinschaftsrecht hat der
Bundesgerichtshof im Urteil vom 10.10.2002 verneint (WRP 2002, 1442, 1447 -
Remailing).
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a) Der Europäische Gerichtshof hat sich auf Vorlagebeschlüsse des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main im Wege einer Vorabentscheidung nach Art. 177 EGV (heute Art. 234
EG) im Urteil vom 10.2.2000 mit der Frage einer Übereinstimmung von Art. 25 WPV
1989 mit Bestimmungen des EG-Vertrages befasst (Rs. C-147/97 und C-148/97 = Slg.
2000, I-857 = WRP 2000, 378). Dazu hat er im Ergebnis festgestellt (Tz. 61):
48
Sofern zwischen den Postdiensten der betreffenden Mitgliedsstaaten keine Übereinkunft
besteht, durch die die Endvergütungen für eingehende grenzüberschreitende
Postsendungen entsprechend den tatsächlichen Kosten ihrer Bearbeitung und
Zustellung festgelegt sind, verstößt es nicht gegen Art. 90 EGV (heute Art. 86 EG -
Öffentliche und monopolartige Unternehmen) in Verbindung mit den Art. 86 EGV (heute
Art. 82 EG) und 59 EGV (heute Art. 49 EG - Freier Dienstleistungsverkehr), wenn eine
Einrichtung wie die D. P. in den in Art. 25 § 1 Satz 2 und § 2 WPV 1989 genannten
Fällen vom Recht des § 3 dieser Vorschrift Gebrauch macht, Sendungen, die bei
Postdiensten eines anderen als desjenigen Mitgliedsstaats, dem diese Einrichtung
angehört, in großer Zahl eingeliefert werden, mit ihren Inlandsgebühren zu belegen. Die
Ausübung dieses Rechts verstößt aber gegen Art. 90 Abs. 1 EGV in Verbindung mit Art.
86 EGV, soweit eine solche Einrichtung dabei die in ihrem Mitgliedsstaat geltenden
Inlandsgebühren in voller Höhe verlangen kann, ohne die Endvergütungen in Abzug zu
bringen, die von den anderen Postdiensten für diese Sendungen entrichtet werden.
49
Aus den Gründen des Urteils des EuGH folgt, dass die den inländischen Postdiensten
durch Art. 25 § 3 WPV 1989 gewährte Befugnis, die im Ausland eingelieferten, aber für
inländische Empfänger bestimmten Postsendungen mit den vollen Inlandsgebühren zu
belegen, zwar den Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit berührt, dass dies jedoch
hinzunehmen ist, solange es keine Übereinkunft zwischen den Postdiensten der
betroffenen Mitgliedsstaaten gibt, in der Endvergütungen entsprechend den
tatsächlichen Kosten der Bearbeitung und Zustellung eingehender
grenzüberschreitender Postsendungen festgesetzt sind und sofern der inländische
Postdienst bei der Erhebung der Inlandsgebühren in Rechnung stellt, dass und
inwieweit ein Teil der ihm entstehenden Beförderungs- und Zustellkosten durch die vom
ausländischen Postdienst an ihn entrichteten Endvergütungen ausgeglichen wird (vgl.
Tz. 54 bis 56). Unter der Voraussetzung, dass der inländische Postdienst die Zahlung
von Endvergütungen berücksichtigt, hat der EuGH auch eine Verletzung des
kartellrechtlichen Missbrauchsverbots des Art. 86 EGV (heute Art. 82 EG) verneint (Tz.
58). Diese Vorgaben des Urteils des EuGH sind im Streitfall erfüllt.
50
Im hier in Rede stehenden Anspruchszeitraum des Jahres 1997 bestand zwischen den
Postdiensten der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union keine Vereinbarung, der
zufolge die Endvergütungen die dem inländischen Postdienst durch die Bearbeitung
und Zustellung grenzüberschreitender Sendungen entstehenden Kosten deckten. Das
geht unmittelbar aus der Entscheidung des EuGH vom 10.2.2000 hervor. Die
51
Entscheidung befasst sich mit der die Endvergütungen betreffenden "Reims-I-
Vereinbarung" vom 13.12.1995 (Tz. 9) und stellt fest, dass hierdurch eine Deckung der
durch die Bearbeitung und Zustellung von Auslandspostsendungen entstehenden
Kosten nicht gewährleistet sei (Tz. 54). Ob in der "Reims-II-Vereinbarung" vom 9.7.1997
kostendeckende Endvergütungen festgesetzt worden sind, kann für die Entscheidung
des vorliegenden Rechtsstreits dahingestellt bleiben. Denn nach dem unbestrittenen
Vortrag der Klägerin haben die N. jene Vereinbarung im Anspruchszeitraum jedenfalls
nicht ratifiziert (GA 292). Darüber hinaus hat die Klägerin im Prozess die vom
niederländischen Postdienst entrichteten Endvergütungen beziffert und verbindlich
erklärt, diese von den den Beklagten aufgrund der erteilten Auskunft in Rechnung zu
stellenden Inlandsentgelten in Abzug bringen zu wollen.
Unabhängig hiervon sind gezahlte Endvergütungen von dem in Art. 25 § 3 Satz 1 WPV
1989 normierten Anspruch auf Zahlung der Inlandsentgelte nach nationalem Recht
zwingend abzusetzen. Seiner Rechtsnatur nach handelt es sich hierbei um keinen
vertraglichen, sondern um einen gesetzlichen Anspruch (vgl. BGH a.a.O., S. 1447). Die
inländischen Postdienste sollen hierdurch vor Gebührenverlusten geschützt werden, die
ihnen durch ein tatsächliches Ausnutzen des Gebührengefälles für Postbeförderungen
zwischen den dem WPV angeschlossenen Mitgliedsstaaten entstehen können (vgl.
auch BGH a.a.O., S. 1444). Art. 25 § 3 Satz 1 WPV 1989 gleicht zu diesem Zweck -
einem Schadensersatzanspruch rechtsähnlich - den bei der Bearbeitung und Zustellung
grenzüberschreitender Postsendungen entstehenden Aufwand des inländischen
Postdienstes (und den drohenden Gebührenausfall) durch Gewährung eines Anspruchs
auf Zahlung der Inlandsentgelte aus. Auf Schadensersatzansprüche (und auf den im
Streitfall in Rede stehenden rechtsähnlichen Anspruch nach Art. 25 § 3 WPV 1989) sind
gemäß dem nationalen Recht die Grundsätze der Vorteilsausgleichung anzuwenden. Im
Rahmen des stattfindenden Vorteilsausgleichs sind die von ausländischen
Postdiensten gezahlten Endvergütungen auf die beanspruchten Inlandsentgelte
notwendig anzurechnen. Die Endvergütungen werden zum Zweck einer (wenigstens
teilweisen) Abgeltung des dem inländischen Postdienst bei der Zustellung von
Auslandssendungen entstehenden Aufwands gezahlt. Damit entspricht ihre
Anrechenbarkeit zugleich dem in § 267 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommenden
Rechtsgedanken, wonach - sofern der Schuldner, wie hier, nicht in Person zu leisten hat
- auch ein Dritter die geschuldete Leistung bewirken kann. Ein Rechtssatz des von den
Beklagten behaupteten Inhalts, dass der inländische Postdienst (ohne einen Abzug von
Endvergütungen) Zahlung der vollen Inlandsgebühren verlangen kann, ist daher nicht
existent.
52
Innerhalb des aufgezeigten rechtlichen Rahmens hat der Absender es zu dulden, dass
er - neben dem Inlandsentgelt - auch das im Einlieferungsstaat anfallende
Beförderungsentgelt zu entrichten hat. Es wirkt sich zu seinen Lasten aus, sich bewusst
entschieden zu haben, die betreffenden Sendungen bei einem ausländischen
Postdienst abzuliefern und für die Übersendung bis zur deutschen
Einlieferungspoststelle dessen Dienste zu nutzen. Das ausländische Postunternehmen
erbringt regelmäßig auch die ihm im Ausland angetragenen Beförderungsdienste und
liefert die bei ihm eingelieferten Sendungen bei der Eingangspoststelle des
inländischen Postunternehmens ab. Das rechtfertigt die Zahlung des Auslandsportos.
Deswegen kann der Absender auch nicht verlangen so gestellt zu werden, als habe er
sogleich Inlandsbriefe versandt. Einer derartigen Handhabung fehlt es an einem inneren
Grund. Denn der Absender hat sich an dem von ihm gewählten Versandweg festhalten
zu lassen - einschließlich der aus dem WPV für diesen Fall folgenden Sanktion,
53
zusätzlich (aber unter Anrechnung der Endvergütungen) das inländische
Beförderungsentgelt entrichten zu müssen. Diese Folge fällt in die Risikosphäre des
Absenders. Vollständig entfallen könnte das Auslandsporto überdies schon deshalb
nicht, da der Postdienst des Einlieferungsstaates von jenem Porto die an den
inländischen Postdienst abzuführende Endvergütung bestreiten muss.
Dem Urteil des EuGH vom 10.2.2000 (a.a.O., siehe namentlich Tz. 49, 50, 52) ist im
Übrigen nicht zu entnehmen, dass die Berechnung eines in den Inlandsgebühren
enthaltenen Gewinnanteils durch den inländischen Postdienst mit einem Verdikt belegt
werden soll. Eine dahingehende Einschränkung ergibt sich überdies weder aus dem
Wortlaut von Art. 25 § 3 WPV 1989, noch ist sie im Zweck dieser Bestimmung angelegt,
wonach die nationalen Postdienste vor Gebührenverlusten geschützt sein sollen (vgl.
auch BGH WRP 2002, 1442, 1444 - Remailing). Unabhängig hiervon ist gegen eine
Gewinnerzielung namentlich deswegen nichts einzuwenden, weil das inländische
Postunternehmen in Gestalt der Bearbeitung und Zustellung grenzüberschreitender
Postsendungen tatsächliche Leistungen erbringt, die ihm nach der Auffassung des
Verkehrs einschließlich eines Gewinnanteils vergütet werden sollen.
54
Bei dieser Rechtslage kann ebenso wenig ein Verstoß des inländischen
Zustimmungsgesetzes zum WPV 1989 gegen Bestimmungen des EG-Vertrages erkannt
werden. Die von den Beklagten reklamierte Dienstleistungsfreiheit für die europaweit
tätigen Unternehmen der E.- oder A.-Gruppe ist - von der oben dargestellten, jedoch
hinzunehmenden Einschränkung abgesehen (vgl. S. 15 f.) - durch die vorstehende
rechtliche Beurteilung nicht tangiert. Die Beklagten sind durch Art. 25 § 3 WPV 1989 in
Verbindung mit dem deutschen Zustimmungsgesetz nicht gehindert, betriebliche
Aktivitäten wie den Postversand aus Rationalisierungsgründen in einen anderen
Mitgliedsstaat der europäischen Gemeinschaft zu verlegen und dort zu zentralisieren.
Dies kann sich lediglich auf die Höhe der bei grenzüberschreitenden Postsendungen
anfallenden Beförderungsentgelte auswirken. Dem entsprechend wird die
Vorgehensweise der Beklagten auch nicht aus dem Grund von Art. 25 § 3 WPV 1989
erfasst, weil diese ihren Postversand im Ausland zusammengefasst haben, sondern sie
unterfällt dieser Vorschrift ausschließlich deswegen, weil die Beklagten meinten, trotz
eines solchen Vorgehens ohne nachteilige Kostenfolgen weiterhin als inländische
Absender von Postsendungen auftreten zu können. Das ihrem gegenteiligen
Standpunkt zugrunde liegende bloße fiskalische Interesse ist nicht schutzwürdig.
Unabhängig hiervon wären die Beklagten auch bei einer Zentralisierung ihres
Postversands im europäischen Ausland in der Lage, Mehrkosten bei
grenzüberschreitenden Postsendungen durch den eindeutigen Hinweis auf einen
ausländischen Absender zu vermeiden.
55
b) Der Vorlagebeschluss des Landgerichts Mainz an den EuGH (vgl. WRP 1999, 444)
gibt keine Veranlassung zu einer Aussetzung des vorliegenden Rechtsstreits bis zu
einer Vorabentscheidung des EuGH gemäß § 148 ZPO. Der EuGH hat hierüber im
Vorabentscheidungsverfahren nicht entschieden und wird hierüber auch nicht mehr
entscheiden, da die Prozessparteien sich - worüber kein Streit besteht - im
Ausgangsrechtsstreit vergleichsweise geeinigt haben. Ungeachtet dessen lassen die
vom Landgericht Mainz formulierten Vorlagefragen sowie der tatbestandliche Teil des
Vorlagebeschlusses ersehen, dass der dort anhängige Fall in tatsächlicher Hinsicht
deutlich über dasjenige hinausging, was im vorliegenden Streitfall rechtlich zu
beurteilen ist (vgl. LG Mainz a.a.O. S. 445, 446). Im Fall des Landgerichts Mainz ging es
um ein Remailing und die Absendereigenschaft bei Werbesendungen, welche eine
56
niederländische Muttergesellschaft, die zentral die Werbung betrieb, organisierte und
bezahlte, und zwar ohne dass diese Werbung feststellbar auf inhaltlichen Vorgaben des
inländischen Tochterunternehmens der Beklagten beruhte oder diese hierauf einen
feststellbaren Einfluss nehmen konnte, für inländische Empfänger im Ausland einliefern
ließ. Die durch jenen Sachverhalt aufgeworfene Frage der Absendereigenschaft stellt
sich im vorliegenden Fall nicht. Zu einer eigenen Vorlage des Senats an den EuGH zur
Erwirkung einer Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG besteht keine rechtliche
Veranlassung.
c) Die von den Beklagten behaupteten Verstöße gegen Normen des Grundgesetzes
liegen nicht vor. Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)
der Beklagten ist durch die Zahlungsverpflichtung gemäß Art. 25 § 3 WPV 1989 nicht
verletzt. Auch ein Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip und gegen das
Rechtsstaatsprinzip in der Ausformung des Gebots der Bestimmtheit gesetzlicher
Normen (Art. 20 Abs. 2, Abs. 3 GG) ist zu verneinen. Die Inlandsgebühren, deren
Entrichtung der inländische Postdienst nach Art. 25 § 3 WPV 1989 fordern darf, sind
ihrer Höhe nach durch die Regelungen des WPV, die Bestimmungen des EG-Vertrags
sowie durch nationale Rechtsgrundsätze hinreichend bestimmt. Auf die diesbezüglichen
vorstehenden Ausführungen unter a) wird verwiesen (oben S. 15 ff.).
57
VIII. Die Beklagten berufen sich ohne Erfolg auf eine Verjährung des
Zahlungsanspruchs. Der Anspruch auf Zahlung der Inlandsgebühren unterliegt nicht der
einjährigen Verjährungsfrist des § 24 Abs. 1 Nr. 1 PostG a.F.. Diese
Verjährungsvorschrift gilt nur den Ansprüchen auf Zahlung vertraglich geschuldeter
Leistungsentgelte im Sinne von § 9 PostG a.F.. Der Zahlungsanspruch gemäß Art. 25 §
3 Satz 1, 2. Alt. WPV 1989 ist hingegen kein vertraglicher, sondern ein gesetzlicher
Anspruch (vgl. BGH WRP 2002, 1442, 1447 - Remailing). Er verjährt von der Erlangung
der Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen durch den
Anspruchsberechtigten an entsprechend § 852 BGB a.F. frühestens in drei Jahren.
Diese Frist war bei der 1999 erfolgten Klageerhebung nicht verstrichen.
58
B) Zur Auskunftsverpflichtung der Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10:
59
Die Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 sind der Klägerin ebenfalls zur Auskunft verpflichtet.
Von ihnen liegen zwar keine Postsendungen vor, deren zurechenbar erstellter Inhalt auf
ihre Eigenschaft als Absender hinweist. Jedoch rechtfertigt die Beweiskraft der von der
Klägerin vorgetragenen und als solche unbestrittenen oder als unstreitig geltenden
Beweisanzeichen in Verbindung mit der Lebenserfahrung hinreichend die
Schlussfolgerung, dass auch diese Beklagten sich im Jahr 1997 als Absender des
behaupteten Remailing-Verfahrens bedient haben. Dafür sind die nachfolgend
dargestellten Umstände und Überlegungen entscheidend:
60
I. Die Beklagten, d.h. die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7, aber auch die Beklagten zu 3
und zu 8 bis 10 (mit Ausnahme der Beklagten zu 2, 4 und 11), sind oder waren
jedenfalls im Anspruchszeitraum des Jahres 1997 nach eigener erstinstanzlicher
Darstellung der Beklagten "im Bereich des Versandhandels tätig" (GA 85). Da dieses
Vorbringen der Beklagten auf die Darstellung der Klägerin entgegnete, die Beklagten
betrieben operativ Versandhandel (GA 4), und es nicht die Absicht erkennen ließ, eine
eigene Teilnahme am Versandhandel in Abrede zu stellen oder einzuschränken, hatte
die Behauptung der Klägerin, und zwar eine eigene operative Betätigung der Beklagten
zu 3 und zu 8 bis 10 im Versandhandel betreffend, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als
61
unbestritten zu gelten. Der Klägerin oblag deshalb in Bezug auf diese Beklagten nicht
der vom Landgericht (mit Blick auf einzelne Postsendungen) verlangte weitere
substantiierte und durch geeignete Belege erhärtete Vortrag, zumal sie, die Klägerin, -
so das Postgeheimnis gewahrt bleiben sollte - aus eigener Anschauung nicht dazu
imstande war, nach Zeit, Ort, Umständen und bestimmte Postsendungen betreffend zu
einzelnen Vorfällen vorzutragen.
Im Berufungsrechtszug haben die Beklagten ihren Vortrag dahin relativiert, sie seien
zwar "im weitesten Sinn" im Versandhandel tätig, jedoch übten "einige" oder "andere"
Beklagte (mit unterschiedlichen Aufgaben) die Funktion von "Einkaufsgesellschaften für
die E.-Gruppe" aus (vgl. Berufungsbegründung vom 14.4.2000, S. 48 = GA 262 sowie
den Schriftsatz vom 9.11.2000, S. 2 = GA 325). Bei ihnen falle nur "reguläre
Sekretariatspost" an, die nicht über externe Dienstleister abgewickelt werde. Durch
diesen in sachlicher und unternehmensbezogener Hinsicht nicht näher bestimmten
Vortrag haben die Beklagten ihr erstinstanzliches und nicht als Bestreiten zu wertendes
Vorbringen prozessual indes weder zurückgenommen noch wirksam eingeschränkt,
denn sie haben sich in keiner Weise dazu erklärt, wie der zweitinstanzliche Vortrag mit
ihrem früheren uneingeschränkten und nicht als Bestreiten aufzufassenden Vorbringen
zu vereinbaren ist. Sie haben im Gegenteil weiterhin von den "operativ tätigen"
Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 gesprochen (vgl. den Schriftsatz vom 9.11.2000, S. 5 =
GA 328). Es ist deswegen unklar, wie der Vortrag der Beklagten insgesamt zu verstehen
ist. Er kann dahin aufgefasst werden, einzelne Beklagte übten "nur" eine Funktion von
Einkaufgesellschaften aus. Jedoch ist gleichermaßen ein Verständnis dieses Vortrags
dahin möglich, einige der Beklagte seien "auch" als Einkaufsgesellschaften tätig. Die
behauptete Tatsache, die Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 betätigten sich operativ im
Versandhandel, ist deshalb prozessual nicht wirksam in Abrede gestellt worden. Die
Prozessvertreter der Beklagten sind im Rahmen der Erörterung der Sach- und
Rechtslage im Senatstermin am 18.10.2000 darauf hingewiesen worden, das bis dahin
Vorgebrachte sei - und zwar zusätzlich aus den nachfolgend dargestellten Erwägungen
- nicht als ein wirksames Bestreiten der Sachdarstellung der Klägerin zu werten. Soweit
die Zeugin L. bei ihrer Vernehmung bekundet hat, die Beklagte zu 10 "funktioniere wie
eine Art Holding" (GA 348), schließt dies nicht aus, dass diese Beklagte im Jahr 1997
auch im Versandhandel selbst tätig war. Ihre Aussage, die Beklagte zu 10 wickele ihre
Post ohne Inanspruchnahme eines elektronischen Datentransfers ab, hat die Zeugin L.
im Übrigen beispielsweise nur auf einen Schriftverkehr mit Mitarbeitern jener Beklagten
bezogen (GA 349).
62
Erstmals im Zusammenhang mit der wiederholten Erörterung im Senatstermin vom
21.1.2004, auf den das Urteil ergeht, haben die Prozessvertreter der Beklagten
vorgetragen, bei der Beklagten zu 10 handele sich um eine "reine" Einkaufsgesellschaft.
Dieses (im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 23.1.2004, GA 441 f.,
nochmals aufgegriffene) Vorbringen präzisiert den bisherigen Vortrag der Beklagten in
einer Weise, die ihrer bislang mehrdeutigen Sachdarstellung widerspricht. Diesen
Widerspruch haben die Beklagten nicht aufgelöst. Sie hatten hierüber aufzuklären, da
durch ihren früheren Vortrag der Eindruck entstanden war, dass auch die Beklagte zu 10
sich - jedenfalls im Anspruchszeitraum des Jahres 1997 - operativ im Versandhandel
betätigt hatte. Ungeachtet dessen ist jener Vortrag der Beklagten im Senatstermin
gemäß § 528 Abs. 2 a.F. ZPO nicht zuzulassen, da er bei angemessener Beachtung der
in § 282 Abs. 1 und 2 ZPO normierten Prozessförderungspflichten bereits im ersten
Rechtszug hätte vorgebracht werden müssen und eine Zulassung die Erledigung des
Rechtsstreits verzögerte. Der Klägerin, die diesen Vortrag der Beklagten zwar in Abrede
63
stellt, hierauf im Termin aber nicht näher hat erwidern können, müsste Gelegenheit
gegeben werden, sich hierzu zu erklären und zu diesem Zweck - auch was den
Zeitraum der behaupteten ausschließlichen Einkaufstätigkeit anbelangt -
gegebenenfalls Erkundigungen einzuholen. Dazu müsste die mündliche Verhandlung
wiedereröffnet werden (§ 156 ZPO). Außerdem kann das Vorbringen der Beklagten
gemäß den § 296 Abs. 2, § 523 (a.F.) ZPO zurückgewiesen werden, wenn es entgegen
den prozessualen Förderungspflichten, die auf § 282 Abs. 1 und 2 ZPO beruhen,
verspätet vorgetragen worden ist, seine Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits
verzögerte und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Der Senat macht auch
von dieser Zurückweisungsmöglichkeit Gebrauch. Denn der Beklagten zu 10 war schon
durch die Erörterung der Sach- und Rechtslage im Senatstermin vom 18.10.2000 eine
konkrete Veranlassung gegeben worden, hinsichtlich Art und Umfang ihrer
wirtschaftlichen Betätigung vorzutragen und über die entstandenen Widersprüche
aufzuklären. Das Unterlassen war grob nachlässig. Eine Zulassung des verspäteten
Vorbringens verzögerte die Erledigung des Rechtsstreits, weil der Klägerin die
Möglichkeit zu einer Entgegnung eingeräumt und dazu die mündliche Verhandlung
wiedereröffnet werden müsste. Wegen der Verspätung des Vortrags der Beklagten zu
10 ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht gerechtfertigt. Soweit die
Beklagten mit ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23.1.2004 (GA 441 f.)
darüber hinaus "einigen" der Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 die Eigenschaft
zugeschrieben haben, als "reine" Einkaufsgesellschafen für die E.- (A.-) Gruppe tätig zu
sein, ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung schon infolge des
Umstands, dass dadurch die bisherige Widersprüchlichkeit und Unklarheit ihres
Vorbringens nicht ausgeräumt ist, ebenso wenig veranlasst.
II. Da hiernach anzunehmen ist, dass sich die Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 - dies
jedenfalls 1997 - gleichermaßen im Versandhandel betätigt haben, spricht nach der
Lebenserfahrung Vieles dafür, dass sie auch am Remailing teilgenommen haben,
soweit Schriftverkehr jenen Versandhandel, also die Versendung von Kontoauszügen,
Rechnungen und Mahnungen, betraf. Die Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 gehörten ein
und derselben zentral gelenkten Unternehmensgruppe an. Sie hatten in technischer und
organisatorischer Hinsicht die Möglichkeit, den elektronischen Datentransfer wie die
Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7 zu nutzen.
64
III. Ein weiteres Beweisanzeichen dafür, dass die Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 das
Verfahren des Remailing im Anspruchszeitraum des Jahres 1997 tatsächlich auch
benutzt haben, ergibt sich aus den von den Beklagten selbst dargestellten
wirtschaftlichen Gründen, die nach ihrem eigenen Vortrag dazu geführt haben, den
Postversand ins Ausland zu verlagern (vgl. GA 85 f., 221 f., 247). Es sollten Kosten
gesenkt, die Anpassung an ein sich änderndes wettbewerbliches Umfeld gefördert und
Rationalisierungsmöglichkeiten genutzt werden. Diese betriebswirtschaftlichen
Erwägungen trafen genauso auf die Beklagten zu 3 und zu 8 bis 10 zu, sofern sie - was
in Ermangelung eines prozessual wirksamen und zulässigen Bestreitens festzustellen
ist - im operativen Geschäft des Versandhandels tätig waren.
65
C) Zur Auskunftsverpflichtung der Beklagten zu 2, zu 4 und zu 11:
66
Die als persönlich haftende Gesellschafter eingesetzten Beklagten zu 2, zu 4 und zu 11
haften der Klägerin nicht auf Erteilung der begehrten Auskunft. Auf sie bezogen sind
auch durch die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme keine genügenden
Anhaltspunkte für die behauptete Teilnahme am Remailing-Verfahren hervorgetreten.
67
Die Beweisaufnahme hat - obschon dieses keiner Feststellung bedarf - eher den
bestreitenden Sachvortrag der Beklagten bestätigt. Zweifel an der Richtigkeit des
Vortrag der Klägerin begründet vor allem die Tatsache, dass bei den genannten
Beklagten nach den übereinstimmenden und durch die objektive Sachlage bestärkten
Aussagen der Zeugin L. und ihrer Geschäftsführer wegen ihrer Funktion nicht das
jedenfalls tendenziell große Postaufkommen anfällt, welches für die im Versandhandel
tätigen Unternehmen typisch ist und ein Remailing beim Postversand wirtschaftlich
nahe legt. Der im Beweisaufnahmetermin von der Klägerin vorgelegte
Handelsregisterauszug betreffend die Beklagte zu 11, aus dem sich eine am 18.12.1996
beschlossene Erweiterung des Geschäftsgegenstandes auf den Versandhandel ergibt,
ist für die gegenteilige Annahme nicht zureichend aufschlussreich, da weder die
näheren Gründe hierfür in Erfahrung gebracht werden konnten, noch als feststehend
angesehen werden kann, dass und von welchem (innerhalb des Jahres 1997
liegenden) Zeitpunkt an die Beklagte zu 11 einem erweiterten Geschäftszweck
tatsächlich nachgegangen ist. Mit Blick auf letztgenanntes stellt der durch die
Handelsregistereintragung dokumentierte Gesellschafterbeschluss noch kein
zwingendes Beweisanzeichen dar.
Die Revision ist für die Beklagten nicht zuzulassen, da die Rechtssache (im Anschluss
an das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.10.2002, WRP 2002, 1442 - Remailing)
keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht
erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).
68
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
69
Streitwert für den Berufungsrechtszug:
70
für die Berufung der Klägerin (acht mal 10.000 DM) 80.000 DM,
für die Berufungen der Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7
71
72
zusammengenommen 2.895 DM,
73
82.895 DM
74
(42.383,54 Euro).
75
Wert der Beschwer für die Beklagten zu 1 und zu 5 bis 7, für die Beklagten zu 3 und zu 8
bis 10 sowie für die Klägerin:
76
jeweils weniger als 20.000 Euro
77
78
a. K.
79