Urteil des OLG Düsseldorf vom 01.10.2008

OLG Düsseldorf: festgesetzt, treu und glauben, behinderung im wettbewerb, allgemeine geschäftsbedingungen, dispositives recht, kaufpreis

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-U (Kart) 5/08
Datum:
01.10.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Kartellsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
VI-U (Kart) 5/08
Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des
weiterge-henden Rechtmittels das am 28. November 2007 verkündete
Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf
teilweise ab-geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.773,67 € nebst Zinsen in
Hö-he von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.
Dezember 2006 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 91 % und die
Beklagte zu 9 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger und die Beklagte können die Vollstreckung der jeweils
anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstrecken-den Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Vollstreckungsschuld-ner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 67.136,80 € festgesetzt;
die Beschwer der Beklagten beträgt bis 6.000 €, diejenige des Klägers
über-steigt 20.000 €.
Gründe
1
I.
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Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Firma M. M. GmbH (nachfolgend: M.). Sie ist
der deutsche Importeur für den Vertrieb von motorisierten Zweiradprodukten, die
weltweit von der Firma Y. M. Limited, J., hergestellt und vertrieben werden. In
Deutschland hat die Beklagte ein selektives Vertriebssystem errichtet, dem etwa 370
Händler angeschlossen sind.
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Der Kläger war seit dem 1. Mai 1993 für die Beklagte als Vertragshändler tätig. Mit
Wirkung zum 31. Mai 2008 ist das Vertragshändlerverhältnis beendet worden.
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Grundlage der geschäftlichen Zusammenarbeit des Klägers mit M. war zunächst ein
schriftlicher Formular-Händlervertrag (nachfolgend: HV 1991, Anlage K2). Darin heißt es
in § 6 unter der Überschrift "Preise, Rabatte und Boni":
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1. Grundlage
6
Die den jeweiligen Aufträgen des Vertraghändlers zugrunde liegenden Preise
ergeben sich aus den jeweiligen M.-Vertragshändlerpreislisten für Y.-
Vertragswaren, sowie gegebenenfalls aus Preislisten für sonstige Waren, die
sämtlich in ihrer jeweils neuesten Fassung Bestandteil dieses Vertrages sind. Die
für den Vertragshändler maßgeblichen Konditionen, insbesondere Zahlungsziele,
Rabatte und Boni, ergeben sich aus gesonderten Mitteilungen (Rundschreiben)
von M., die in ihrer jeweils neuesten Fassung Bestandteil dieses Vertrages sind.
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M. ist im Falle von Änderungen der Y.-Vertragswaren oder aus wettbewerblichen
Gründen berechtigt, Boni, Rabatte oder sonstige Konditionen zu ändern, wobei
dies dem Vertragshändler spätestens 6 Monate zum Jahresende, vor Inkrafttreten
schriftlich (auch durch Rundschreiben) angekündigt werden muss.
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Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten
auf die Basispreise der unverbindlichen Preisempfehlung für Motorräder und Motorroller
(mit Ausnahme der Wettbewerbsmodelle der YZ, TY und TZ- Serien) folgende
Händlerrabatte:
9
über 125 ccm 18 %
10
bis 125 ccm 18 %
11
bis 80 ccm 20 %
12
PW 50 und PW 80 20 %.
13
Darüber hinaus räumte sie ihren Vertragshändlern nach den Feststellungen des
Landgerichts ein Skonto von 3 % auf den Rechnungsbetrag bei Bezahlung innerhalb
von 30 Tagen nach Rechnungsdatum ein.
14
Erstmals zu Beginn des Jahre 1996 und sodann auch in den nachfolgenden Jahren
senkte die Rechtsvorgängerin der Beklagten durch Übermittlung ihrer
Verkaufsinformationen (Rundschreiben) an die Händler den Händlerrabatt durch
Erhöhung der Händlereinkaufspreise bei gleichbleibender unverbindlicher
Preisempfehlung. Nach den Feststellungen des Landgerichts verminderte sich dadurch
der Händlerrabatt von 18 % auf 17 % sowie für bestimmte Modelle (TT 600 und SZR
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660 ab 1999, FJR 1300 und FSZ 1000 ab 2001 sowie BT 11000 ab 2003) auf 15 %.
Darüber hinaus kürzte die Rechtsvorgängerin der Beklagten den vereinbarten
Skontosatz auf zunächst 2 % bei Zahlung innerhalb von 15 Tagen; in Verhandlungen
mit dem Händlerverband - zu dessen Vorstand auch der Kläger gehörte - wurde die
Zahlungsfrist schließlich auf 21 Tage verlängert. Ab dem Jahre 2001 wurde schließlich
für Fahrzeuge über 125 ccm kein Skonto mehr gewährt. Wegen der weiteren
Einzelheiten der Konditionenänderungen wird auf die Verkaufsinformationen Nr. 24/95
vom 30. Juni 1995, Nr. 22/99 vom 29. Juni 1999, Nr. 21/2000 vom 28. Juni 2000,
Nr. 21/2001 vom 28. Juni 2001 und Nr. 25/2002 vom 27. Juni 2002 (Anlagen K5 bis K9)
Bezug genommen.
Am 25. März 2003 schloss der Kläger mit der Beklagten einen neuen Händlervertrag
(nachfolgend: HV 2003, Anlage K 3), dem als Anlage IV die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen für Lieferungen und Leistungen der Firma Y. M. D., Stand:
22.01.2003, beigefügt waren. Darin heißt es unter Abschnitt III. 1. auszugsweise:
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"Maßgeblich für den Kaufpreis von motorisierten Zweirädern und Zubehör ist der
am Tag der Rechnungsstellung durch Y.-D. maßgebliche aus den jeweiligen
Preislisten von Y.-D. ersichtliche Händlerabgabepreis.
17
(....)
18
Y. D. ist berechtigt, die Listen mit den Händlerabgabepreisen für maßgebliche Y.-
Produkte jederzeit neu festzusetzen. Neufestsetzungen wird Y. D. dem Händler
unverzüglich bekannt geben."
19
Der Kläger hat die Beklagte für die Jahre 2003 und 2004 erstinstanzlich auf Zahlung von
insgesamt 67.975,22 €, nämlich Zahlung nicht gewährter Rabatte von insgesamt
30.294,80 € und Begleichung offener Skonti von 37.680,42 €, in Anspruch genommen.
Er hat die Ansicht vertreten, ihm sei in dieser Höhe ein erstattungsfähiger Schaden
entstanden, weil die Beklagte ihr für die in den Jahren 2003 und 2004 gekauften
Fahrzeuge gemäß der Anlage K 14 zu geringe Rabatte und gemäß Anlage K 19 zu
niedrige Skontobeträge gewährt habe. Seiner Ansicht nach sind die bis zum Abschluss
des HV 2003 vorgenommenen Rabatt- und Skontokürzungen nicht wirksam, weil die
Regelung in § 6 Ziff. 1 Satz 3 HV 1991 ein gegen § 307 BGB verstoßendes einseitiges
Leistungsänderungsrecht enthalte und daher unwirksam sei. Darüber hinaus gelte das
bei Abschluss des HV 1991 vereinbarte Preissystem auch nach Abschluss des HV
2003 fort. Die Regelung in III. Nr. 1 HV 2003 sei ebenfalls unwirksam, weil sie gegen §
20 Abs. 1 GWB verstoße. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte sei marktbeherrschend
und er werde durch das Preissystem der Beklagten unbillig behindert (§ 20 Abs. 1
GWB).
20
Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 67.975,22 € nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.12.2006 zu zahlen.
22
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
24
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass sie aufgrund der Regelungen im HV 1991
zur einseitigen Erhöhung der Händlerabgabepreise und Änderung der
Skontoregelungen berechtigt gewesen sei. Der Kläger habe den geänderten
Konditionen auch in keinem Fall widersprochen, weshalb es zu einer stillschweigenden
einverständlichen Änderung gekommen sei.
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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage in Höhe eines Betrages
von 67.136,80 € nebst Zinsen stattgegeben. Die eingeklagte Rabattforderung hat es in
voller Höhe zuerkannt, die Skontoforderung - ohne insoweit allerdings die betreffenden
Bestellungen zu bezeichnen - um 838,42 € gekürzt. Den Zahlungsanspruch des Klägers
für die bis zum Abschluss des HV 2003 bestellten Fahrzeuge (Positionen 1 bis 36 der
Anlage K 14) hat es nach den Grundsätzen einer ungerechtfertigten Bereicherung
(§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB) bejaht. In Höhe des ausgeurteilten Betrages sei die
Beklagte ungerechtfertigt bereichert, weil sie nicht berechtigt gewesen sei, die Rabatte
und Skonti einseitig zu ändern. Auf § 6 Nr. 1 HV 1991 könne sie sich nicht berufen, da
diese Klausel gegen § 307 BGB verstoße und daher unwirksam sei. Hinsichtlich der
Fahrzeuge, die nach Abschluss des HV 2003 gekauft worden seien, hat das
Landgericht den Anspruch des Klägers aus §§ 33 GWB, 20 Abs. 1 und 2 GWB bejaht.
Der Kläger habe aufgrund der reduzierten Margen Schwierigkeiten, sein
Handelsgewerbe weiterhin rentabel zu betreiben, so dass er sich in einer
wirtschaftlichen Notlage befunden habe.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Ihrer Meinung nach
verstößt § 6 Nr. 1 HV 1991 nicht gegen § 307 BGB. Die Klausel sei schon nicht
kontrollfähig. Im Übrigen enthalte sie keinen einseitigen Änderungsvorbehalt, sondern
ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht bzw. einen Preisvorbehalt. Bei Abschluss
des HV 1991 seien keine festen Rabatte und Skonti vereinbart worden. Eine etwaige
durch die Unwirksamkeit von § 6 Abs. Nr. 1 HV eintretende Vertragslücke sei im Wege
der ergänzenden Vertragsauslegung zu füllen. Danach hätten die Parteien eine solche
Regelung wie im HV 2003 getroffen. Darüber hinaus beruft sich die Beklagte auf die
Einrede der Verwirkung. Soweit das Landgericht die Klageforderung aus
kartellrechtlichen Bestimmungen hergeleitet habe, handele es sich um eine prozessual
unzulässige Überraschungsentscheidung. Der erstinstanzliche Vortrag des Klägers zu
den Voraussetzungen der §§ 33, 20 GWB sei so unzureichend gewesen, dass sie sich
auf ein einfaches Bestreiten habe beschränken können. Der Kläger habe nicht
substantiiert vorgetragen, dass seine Verdienstmöglichkeiten durch das Preissystem der
Beklagten ernstlich beeinträchtigt würden. Eine wirtschaftliche Notlage des Klägers
habe nicht bestanden. Vielmehr sei sie selbst gehalten gewesen, die Preise und
Zahlungskonditionen zu ändern, um im Wettbewerb mit den anderen Motorrad-
Herstellern bestehen zu können.
27
Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
29
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht ferner geltend, aus dem Rundschreiben
der Beklagten vom 27.06.2002 (Anl. K 9) und der ab dem 01.01.2003 gültigen Preisliste
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2003 folge, dass auch im HV 2003 ein fester Rabattsatz vereinbart worden sei. Auch die
Gewährung von Skonto sei vertraglich vereinbart worden. Überdies sei die Regelung in
III. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im HV 2003 gemäß § 307 BGB
unwirksam. Die hierdurch entstehende Vertragslücke sei unter Anwendung von § 315
BGB zu schließen, so dass die Händlereinkaufspreise einer Billigkeitskontrolle zu
unterziehen seien. Zu einem Anspruch aus §§ 33, 20 GWB habe er bereits in erster
Instanz ausreichend vorgetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts sowie auf die Schriftsätze der
Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
33
II.
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat zum überwiegenden Teil Erfolg.
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Der Kläger kann von der Beklagten lediglich Zahlung eines restlichen Händlerrabattes
in Höhe von 5547,75 € sowie ausstehendes Skonto in Höhe von 225,92 € verlangen;
die darüber hinausgehende Klageforderung ist unbegründet.
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A. In Höhe von 5.773,67 € hat das Landgericht zu Recht einen Anspruch des Klägers
gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB bejaht. In dieser Höhe ist die
Beklagte aus dem Kauf der in Anlage K14 unter den Positionen 1 bis 36 aufgeführten
Fahrzeuge rechtsgrundlos bereichert.
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1. Die Beklagte hat dem Kläger bei Kauf der vorgenannten Fahrzeuge - die vor
Abschluss des HV 2003 bestellt worden sind - einen geringeren als den im HV 1991
vertraglich vereinbarten Rabatt- und Skontosatz gewährt. In Höhe des Differenzbetrages
(5547,75 € Rabatt und 225,92 € Skonto) hat die Beklagte die Kaufpreiszahlungen des
Klägers daher ohne Rechtsgrund erlangt.
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a) Die Parteien haben gemäß § 6 Nr. 1 Satz 1 und 2 HV 1991 vereinbart, dass der
Kläger auf die Basispreise der unverbindlichen Preisempfehlung für Motorräder und
Motorroller (mit Ausnahme der Wettbewerbsmodelle der YZ, TY und TZ- Serien)
folgenden Händlerrabatte erhält:
39
über 125 ccm 18 %
40
bis 125 ccm 18 %
41
bis 80 ccm 20 %
42
PW 50 und PW 80 20 %.
43
Darüber hinaus haben sie einen Nachlass von 3 % auf den Rechnungsbetrag bei
Bezahlung innerhalb von 30 Tagen nach Rechnungsdatum vereinbart.
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§ 6 Nr. 1 Satz 1und 2 HV 1991 lautet:
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"Die den jeweiligen Aufträgen des Vertraghändlers zugrunde liegenden Preise
ergeben sich aus den jeweiligen M.-Vertragshändlerpreislisten für Y.-
46
Vertragswaren, sowie gegebenenfalls aus Preislisten für sonstige Waren, die
sämtlich in ihrer jeweils neuesten Fassung Bestandteil dieses Vertrages sind. Die
für den Vertragshändler maßgeblichen Konditionen, insbesondere Zahlungsziele,
Rabatte und Boni, ergeben sich aus gesonderten Mitteilungen (Rundschreiben)
von M., die in ihrer jeweils neuesten Fassung Bestandteil dieses Vertrages sind."
Hiermit hat sich die Beklagte vertraglich verpflichtet, dem Kläger die bei Abschluss des
Vertrages geltenden Konditionen für Vertragshändler und damit die zu diesem Zeitpunkt
maßgeblichen Zahlungsziele und Rabatte zu gewähren. Die Rabatte und Zahlungsziele
sind durch die in Bezug genommene aktuelle Mitteilung (Rundschreiben) von M.
verbindlich festgelegt worden. Sie sind ausdrücklich zum "Bestandteil des Vertrages"
gemacht worden. Der von der Vertragsklausel angesprochene durchschnittliche
Vertragshändler musste die Bestimmung daher so verstehen, dass damit die
Zahlungsziele, Rabatte und Boni verbindlich festgelegt worden sind (vgl. BGH, NJW
2000, 515 ff. – Kawasaki, dort Rn. 63). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall
grundlegend von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des OLG München (WuW/E
DE-R 1260 f.) zu Grunde lag. Dort war eine in der Differenz zwischen der
Unverbindlichen Preisempfehlung (UPE) und dem Händlereinkaufspreis liegende feste
Handelsspanne bzw. ein fester Händlerrabatt gerade nicht vertraglich vereinbart
worden. Vielmehr war im Händler(rahmen)vertrag bestimmt, dass der Händler die
Vertragsware zu den jeweils von dem Hersteller gemäß § 315 BGB einseitig
festgelegten Abgabepreisen zu erwerben hatte. Mit ihrem erstmaligen Bestreiten dieses
Vortrages in zweiter Instanz ist die Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
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Der Kläger hat auch schlüssig zur Höhe der bei Vertragsbeginn am 1. Mai 1993 gültigen
Rabatt- und Skontoregelung - wie sie vorstehend dargestellt wurde - vorgetragen. Zwar
hat er kein entsprechendes Rundschreiben von M. vorgelegt, das im Mai 1993 Gültigkeit
hatte. Hierauf kommt es aber nicht an. Die Höhe der bei Abschluss des HV 1991
gültigen Rabattsätze ergibt sich nämlich schlussfolgernd aus den Verkaufsinformationen
der Beklagten zum 1. Oktober 1993 (Anlage K 22) und ab Mai 1994 (Anlage K 24) sowie
der Verkaufsinformation der Beklagten Nr. 24/95 vom 30. Juni 1995 (Anl. K 5). Nach
dem unstreitigen Vorbringen der Parteien hat die Beklagte erstmals mit Wirkung ab dem
1. Januar 1996 die vereinbarten Händlerrabatte für Motorräder über 125 ccm um 1 %
von 18 % auf 17 % gekürzt, während für die übrigen Motorräder und Motorroller der
Rabatt unverändert blieb. Unstreitig hat die Beklagte zudem seit Vertragsbeginn im Mai
1993 ein Skonto von 3 % auf den Rechnungsbetrag bei Bezahlung innerhalb von 30
Tagen gewährt und erstmals im Jahre 1999 eine diesbezügliche Änderung der
Zahlungskonditionen vorgenommen.
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b) Die Beklagte war nicht berechtigt, die mit Abschluss des HV 1991 vereinbarten
Rabattsätze und die Skontoregelung zu ihren Gunsten einseitig abzuändern. Sie kann
sich nicht auf § 6 Nr. 1 Satz 3 HV 1991 berufen. Zwar ist M. danach "im Falle von
Änderungen der Y.-Vertragswaren oder aus wettbewerbsbedingten Gründen berechtigt,
Boni, Rabatte oder sonstige Konditionen zu ändern, wobei dies dem Vertragshändler
spätestens 6 Monate zum Jahresende vor Inkrafttreten schriftlich (oder durch
Rundschreiben) angekündigt werden muss". Diese Regelung verstößt aber gegen §
307 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB und ist daher unwirksam.
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aa) Die in § 6 Nr. 1 Satz 3 HV 1991 enthaltene Regelung ist nicht gemäß § 307 Abs. 3
BGB von einer Inhaltskontrolle ausgenommen. Nach dieser Vorschrift ist eine
Allgemeine Geschäftsbedingung dann nicht kontrollfähig, wenn sie nur deklaratorischen
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Inhalt hat oder es sich um eine Preisvereinbarung handelt. Beides ist vorliegend nicht
der Fall.
(1) § 6 Nr. 1 Satz 3 HV 1991 hat nicht nur einen deklaratorischen Inhalt, denn die
Klausel stimmt mit normativen Regelungen nicht überein.
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Wie ausgeführt, haben die Parteien bei Abschluss des HV 1991 die zu diesem Zeitpunkt
gültigen Händlerrabatte und Zahlungskonditionen verbindlich vereinbart. Diese sollten
aber nicht für die Dauer des gesamten Händlervertrages gelten. Vielmehr sieht § 6 Nr. 1
Satz 3 HV 1991 unter bestimmten Voraussetzungen ein einseitiges
Leistungsänderungsrecht für M. bzw. die Beklagte als deren Rechtsnachfolgerin vor. Ein
solches Recht widerspricht dem Grundsatz, dass Leistung und Gegenleistung bei
Abschluss eines Vertrages festzulegen sind. Eine Klausel, die dem Verwender ein
einseitiges Leistungsänderungsrecht einräumt, unterfällt daher der Inhaltskontrolle der
§§ 307 ff. BGB (vgl. BGH, BGHZ 124, 351 ff. - Daihatsu).
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(2) Die Klausel ist ebenso wenig als Preisvereinbarung einer Inhaltskontrolle entzogen,
da sie sich nur mittelbar auf die Händlereinkaufspreise auswirkt.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bleiben bloße
Leistungsbeschreibungen ebenso wie Vereinbarungen über das von dem anderen Teil
zu erbringende Entgelt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfrei. Dies soll in erster
Linie bewirken, dass Abreden der Parteien über den unmittelbaren Gegenstand der
Hauptleistung, insbesondere über die Höhe des von einer Seite zu zahlenden Preises,
der gerichtlichen Nachprüfung entzogen werden; ihre Festlegung ist grundsätzlich
Sache der Vertragsparteien. Kontrollfähig sind allerdings vorformulierte
Vereinbarungen, die mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben. Solche
Nebenabreden regeln nicht das Ob und den Umfang von Entgelten, sondern haben die
Art und Weise der Erbringung und etwaige Modifikationen als ergänzende Regelung
"neben" einer bereits existierenden Preishauptabrede zum Inhalt (BGH, NJW-RR 2005,
1479, 1480 Rn. 16 m.w.N.).
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Eine solche kontrollfähige Preisnebenabrede liegt hier vor. Wie ausgeführt, haben die
Parteien in § 6 Nr. 1 Satz 1 und 2 HV 1991 die aktuelle Preisliste und die Mitteilung über
die maßgeblichen Händlerkonditionen zum Gegenstand des Vertrages gemacht und
damit die Preise für die Vertragsware sowie den Händlerrabatt und die übrigen
Konditionen verbindlich vereinbart. § 6 Nr. 1 Satz 3 HV enthält hierzu lediglich eine
Nebenabrede, weil der Beklagten das Recht eingeräumt wird, die vereinbarten Boni,
Rabatte oder sonstige Konditionen einseitig zu ändern.
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bb) Die somit nach § 307 Abs. 1 BGB eröffnete Inhaltskontrolle führt zu dem Ergebnis,
dass die Vertragshändler der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin durch § 6 Nr. 1
Satz 3 HV 1991 entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen
benachteiligt werden.
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Formularmäßige einseitige Leistungsänderungsrechte des Verwenders sind
grundsätzlich nur dann wirksam, wenn die Klausel schwerwiegende Änderungsgründe
nennt und in ihren Voraussetzungen und Folgen erkennbar die Interessen des
Vertragspartners angemessen berücksichtigt (BGH, BGHZ 124, 351 ff. – Daihatsu, dort
Rn. 55 m.w.N.; BGH, NJW 2000, 515 f. – Kawasaki, dort Rn. 69). Diesen Erfordernissen
wird die in Rede stehende Klausel nicht gerecht. Sie ermöglicht es der Beklagten, die
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Handelsspanne ihrer Vertragspartner und auch die übrigen Zahlungskonditionen
nahezu beliebig zu deren Lasten zu verändern, ohne an einschränkende, für den
Vertragshändler vorhersehbare und kalkulierbare sowie einer gerichtlichen Kontrolle
zugängliche Änderungsgründe gebunden zu sein oder einen angemessenen Ausgleich
gewähren zu müssen. Dies benachteiligt den Vertragspartner der Beklagten
unangemessen, weil es dessen wesentlichstes, aus dem Vertrag folgendes Recht -
nämlich seine Verdienstmöglichkeiten - so einschränkt, dass die Erreichung des von
ihm erstrebten Vertragszwecks gefährdet werden kann. Zutreffend führt das Landgericht
in der angefochtenen Entscheidung aus, dass die gewählte Formulierung "aus
wettbewerbsbedingten Gründen" zu unbestimmt und die Voraussetzungen des
Leistungsänderungsrechts für den Vertragshändler nicht abschätzbar ist. Unter den
genannten Begriff lassen sich vielfältige Interessen der Beklagten fassen, die nicht
notwendigerweise schwerwiegende Gründe sein müssen, die allein ein einseitiges
Änderungsrecht rechtfertigen können.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung
des Bundesgerichtshofs, in der ein solcher einseitiger Änderungsvorbehalt im
kaufmännischen Verkehr für zulässig erachtet worden ist (vgl. BGH, BGHZ 93, 252).
Nach dem genannten Urteil waren eine Reihe von Umständen der konkreten
Vertragsgestaltung für die Aufrechterhaltung der dort zu beurteilenden
Preisänderungsklausel ausschlaggebend, die sich von dem vorliegenden
Vertragsverhältnis unterscheiden. So waren für die Entscheidung unter anderem
folgende drei Umstände von Bedeutung: (1) Die besonderen Schwierigkeiten einer
Konkretisierung der Preiserhöhungsfaktoren auf dem Mineralölmarkt in einem auf viele
Jahre geschlossenen Vertrag (vgl. BGH, a.a.O. Seite 262 f.); (2) die für den Kunden des
Klauselverwenders bestehende Möglichkeit, die ihm auferlegten Preise an den
Endverbraucher weiterzugeben, wobei auch zu berücksichtigen war, dass die in Streit
stehenden Schmiermittelpreise bei den als Vertragspartnern auftretenden
Werkstattbetrieben keinen entscheidenden Wettbewerbsgesichtspunkt darstellten und
von den Kunden oft ohne nähere Prüfung hingenommen zu werden pflegten (BGH,
a.a.O. Seite 261) sowie (3) die Tatsache, dass der Klauselverwender erhebliche
Vorleistungen in Form von Darlehen und Geräteausrüstung erbracht hatte. Sämtliche
der drei genannten für die Billigung der Änderungsklausel wesentlichen Umstände
liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass vergleichbare
Schwierigkeiten bei der Konkretisierung von Gründen für eine Änderung des
Händlerrabattes bestehen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet, ohne hierfür eine
plausible Begründung anzugeben. Überdies war der HV 1991 nicht auf viele Jahre
geschlossen und damit kein vergleichbarer langfristiger Bezugsvertrag. Nach § 12 Nr. 2
HV 1991 war für jeden Vertragspartner ein Recht zur ordentlichen Kündigung des
Vertrages mit einer Frist von 12 Monaten vereinbart. Anders als bei den
Schmiermittelpreisen spielt beim Verkauf von Motorrädern der Preis eine
mitentscheidende Rolle. Eine Reduzierung des Händlerrabattes kann der
Vertragshändler daher nicht ohne gewichtige Wettbewerbsnachteile durch Erhöhung
des von der Beklagten unverbindlich empfohlenen Endverkaufspreises ausgleichen.
Dass die Beklagte erhebliche Vorleistungen etwa in Form von Darlehen erbracht hat, ist
von der Beklagten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Soweit die
Beklagte dem erstmals mit Schriftsatz vom 26. August 2008 entgegen hält, dass auch im
vorliegenden Fall eine Konkretisierung der Preiserhöhungsfaktoren nicht möglich sei,
und dazu näher ausführt, hat dieser Einwand schon aus prozessualen Gründen außer
Betracht zu bleiben (§§ 530, 520 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, 296 Abs. 1 ZPO). Er ist überdies
auch in der Sache unbegründet, weil sich die vorliegende Fallkonstellation in einem
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wesentlichen Punkt - nämlich jedenfalls in Bezug auf die Vorleistungen in Form von
Darlehen und Geräteausrüstung - von der zitierten BGH-Entscheidung unterscheidet.
cc) Die Unwirksamkeit von § 6 Nr. 1 Satz 3 HV 1991 hat zur Folge, dass die Klausel
ersatzlos wegfällt und der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt.
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(1) Die Folge einer unwirksamen Klausel ist nach § 306 Abs. 1 BGB die Wirksamkeit
des Vertrages im Übrigen; an die Stelle des weggefallenen Vertragsteils tritt nach § 306
Abs. 2 BGB dispositives Recht. Ist eine entsprechende gesetzliche Regelung - so wie
hier - nicht vorgesehen, entfällt die Klausel ersatzlos (vgl. nur: Heinrichs in Palandt,
BGB, 67. Aufl., § 306 Rn. 6).
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(2) Für eine ergänzende Vertragsauslegung ist entgegen dem Vortrag der Beklagten in
zweiter Instanz kein Raum.
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Fehlen für eine Vertragsergänzung geeignete Vorschriften und ist die ersatzlose
Streichung der Klausel keine interessengerechte Lösung, ist die Lücke durch
ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. An die Stelle der Klausel tritt die
Regelung, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen
gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingung
bewusst gewesen wäre (BGH, NJW 2006, 996; BGH, NJW 1990, 116). Hierbei ist
zunächst an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und
Wertungen sind Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Dabei ist auf den Zeitpunkt des
Vertragsschlusses abzustellen und nicht auf den der Feststellung der Vertragslücke
(Heinrichs in Palandt, a.a.O., § 157 Rn. 7). Kommen jedoch unterschiedliche
Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht, ohne dass erkennbar ist, welche die Parteien
gewählt hätten, sind die Gerichte zu einer ergänzenden Vertragsauslegung weder in der
Lage noch befugt (BGH NJW 2006, 996 f. m.w.Nachw. Rn. 37). Danach scheidet auch
im Streitfall eine ergänzende Vertragsauslegung aus.
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Zwar ergibt sich aus dem Regelungsplan der Parteien, dass durch den Wegfall des
Änderungsvorbehalts in § 6 Nr. 1 Satz 3 HV 1991 eine vervollständigungsbedürftige
Lücke entstanden ist. In dem unwirksamen Änderungsvorbehalt kommt zum Ausdruck,
dass sich die Parteien bewusst waren und in ihren Willen aufgenommen hatten, dass
die zunächst vereinbarten Händlerkonditionen (Rabatte, Zahlungsziele, Boni etc.) nicht
während der gesamten Vertragsdauer gelten, sondern sich bei Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen (Änderungen der Vertragsware oder aus wettbewerbsbedingten
Gründen) auch ändern können sollten. Jedoch lässt sich wegen der Unbestimmtheit der
gewählten Formulierung ("wettbewerbsbedingten Gründe") nicht feststellen, von
welchen konkreten (schwerwiegenden) Gründe sie eine Änderungsbefugnis der
Beklagten abhängig gemacht und wie sie die Klausel konkret ausgestaltet hätten, wenn
sie die Unwirksamkeit von § 6 Nr. 1 Satz 3 HV 1991 gekannt hätten. Soweit die
Beklagte geltend macht, sie hätten in diesem Fall keine festen Rabatte, Boni, Skonti
etc., sondern einen Preisvorbehalt vereinbart, kommt es hierauf nicht an, da die Parteien
in § 6 Nr. 1 Satz 2 HV 1991 zunächst wirksam die bei Abschluss des Vertrages gültigen
Konditionen vereinbart haben und es nunmehr alleine um die Frage geht, wie die
Parteien das einseitige Leistungsänderungsrecht der Beklagten ausgestaltet hätten.
Hierfür fehlen aber - wie bereits ausgeführt - ausreichende Anhaltspunkte, so dass für
eine ergänzende Vertragsauslegung kein Raum ist.
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dd) Der Kläger hat sich mit den von der Beklagten ab 1996 bis zur einverständlichen
64
Aufhebung des HV 1991 im Jahr 2003 einseitig vorgenommenen Rabattkürzungen und
Veränderungen der Skontoregelung nicht dadurch konkludent einverstanden erklärt,
dass er die jeweiligen Änderungen - so jedenfalls der Vortrag der Beklagten -
widerspruchslos hingenommen und sämtliche Rechnungen ohne Vorbehalt gezahlt hat.
Das Verhalten des Klägers kann aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven
Erklärungsempfängers nur dann als Zustimmung zu den geänderten Konditionen
gewertet werden, wenn er gewusst hat, dass die Beklagte nach den vertraglichen
Regelungen zur einseitigen Änderung der Konditionen nicht befugt und daher sein
Einverständnis erforderlich ist oder wenn die Beklagte zumindest von einer
dahingehenden Vorstellung des Klägers ausgehen durfte. Hierfür fehlen jegliche
Anhaltspunkte.
2. Der somit dem Grunde nach aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB folgende Anspruch
des Klägers ist nur in Höhe eines Betrages von 5.773,67 € gerechtfertigt.
65
Die Beklagte ist in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlich für die Fahrzeuge Nr. 1
bis 36 der Anlage K 14 gezahlten Kaufpreise und denjenigen Preisen rechtgrundlos
bereichert, die sich aufgrund der bei Abschluss des HV 1991 geltenden Rabatt- und
Skontovereinbarung ergeben hätten.
66
a) Hinsichtlich des Händlerrabattes ergibt sich ein - rechnerisch unstreitiger -
Forderungsbetrag des Klägers in Höhe von 5547,75 €. Der Betrag errechnet sich aus
der Summe der in der Anlage K 14 in Spalte J zu den Positionen 1 bis 36
ausgewiesenen Differenz zwischen den im Mai 1993 vereinbarten Rabattsätzen und
den von der Beklagten tatsächlich gewährten Rabattzahlungen. Dass sich - wie die
Beklagte geltend macht - nur noch wenige Modelle des Jahres 1995 im Programm des
Jahres 2003 befunden haben, ist rechtlich ohne Bedeutung. Denn unter der Geltung des
HV 1991 orientierte sich im Mai 1993 die unterschiedliche Höhe des Händlerrabatts (mit
Ausnahme der Wettbewerbsmodelle der YZ, TY und TZ- Serien) nicht an den einzelnen
Fahrzeugmodelle, sondern am Hubraum der Fahrzeuge. Dementsprechend war für
sämtliche Motorräder ein einheitlicher Rabattsatz von 18 % sowie für Motorroller (mit
Ausnahme des Modells XC 125 Beluga) und Minis ein einheitlicher Rabattsatz von 20
% Rabatt vorgesehen. Deshalb war auch in sämtlichen Prozessen, die von der
Beklagten in dieser Angelegenheit vor dem Senat geführt hat, zu Recht außer Streit,
dass die turnusmäßigen Modellwechsel als solche keinen Einfluss auf die Höhe des
Händlerrabattes gehabt haben.
67
b) Die Skontoforderung des Klägers ist für die bis zum Abschluss des HV 2003
bestellten Fahrzeuge (Nr. 1 bis 36 der Anlage K 14) in Höhe eines Betrages von 225,92
€ gerechtfertigt.
68
aa) Die Beklagte schuldet dem Kläger in allen Fällen, in denen dieser den
Rechnungsbetrag innerhalb von 21 Tagen ab Rechnungsdatum beglichen hat, ein
Skonto von 3 %. Maßgeblich für die Fristwahrung ist dabei nicht - wie die Berufung
meint - der Zeitpunkt des Zahlungseingangs bei der Beklagten. Mangels einer
abweichenden Vereinbarung der Parteien genügt es vielmehr, dass der Kläger den
jeweiligen Zahlungsbetrag innerhalb der 21-Tages-Frist bei seiner Bank zur Zahlung
angewiesen hat (vgl. BGH, NJW 1998, 1302 m.w.N.). Andererseits kann sich der Kläger
nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Vertragskonditionen der Beklagten bei
Abschluss des HV 1991 im Mai 1993 noch eine Skontofrist von 30 Tagen vorsahen.
Diese Skontovereinbarung ist nämlich individualvertraglich - und damit rechtswirksam -
69
abgeändert worden, indem sich der Y.-Händlerverband in Verhandlungen mit der
Beklagten namens und in Vollmacht der ihm angeschlossenen Vertragshändler - und
mithin auch des Klägers - Ende 1998 auf eine 21-tägige Zahlungsfrist verständigt hat.
bb) Im Ergebnis beläuft sich die Skontoforderung des Klägers für die unter Nr. 1 bis 36
der Anlage K 14 aufgelisteten Fahrzeugkäufe auf insgesamt 225,92 €. Dieser Betrag
ergibt sich aus der - auf Veranlassung des Senats erstellten - Aufstellung gemäß Anlage
K 19 b (GA 568), welche die zum Skontoabzug berechtigenden Käufe sowie die
vorenthaltenen Skontobeträge ausweist. Die sachliche und rechnerische Richtigkeit der
Aufstellung steht als solche zwischen den Parteien außer Streit.
70
c) Die Beklagte ist auch hinsichtlich der in den Rechnungen ausgewiesenen (höheren)
Umsatzsteuerbeträge ungerechtfertigt bereichert. Zwar hat sie die Umsatzsteuer
zwischenzeitlich an den Staat abgeführt. Jedoch kann sie sich nicht mit Erfolg auf § 818
Abs. 3 BGB berufen. Ihr steht anstelle des ohne Rechtsgrund vereinnahmten und an den
Staat abgeführten Mehrwertsteuerbetrages gemäß § 37 Abs. 2 AO i.V.m. §§ 14 c Abs. 1
Satz 1 und 2, 17 Abs. 1 UStG ein Erstattungsanspruch gegen den Staat zu, dessen Wert
sie an den Kläger herauszugeben hat. Die Anrechnung eines etwaigen Vorteils, den der
Kläger seinerseits durch eine höheren Vorsteuerabzug erlangt haben könnte, bleibt in
diesem Zusammenhang außer Betracht.
71
4. Der Anspruch des Klägers ist nicht verwirkt (§ 242 BGB).
72
Es kann dahin stehen, ob das für den Verwirkungstatbestand erforderliche Zeitmoment
dadurch erfüllt ist, dass der Kläger bis 2006 zugewartet hat, um die Unwirksamkeit der in
den Jahren 1996, 1999, 2001 und 2002 vorgenommenen Rabatt- und Skontokürzungen
und die Rückzahlung der zuviel gezahlten Kaufpreise geltend zu machen. Jedenfalls ist
das sog. Umstandsmoment nicht erfüllt. Voraussetzung hierfür ist, dass sich der
Verpflichtete auf Grund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dass
dieser sein Recht nicht mehr geltend machen wird, und die verspätete Geltendmachung
des Rechts wegen des geschaffenen Vertrauenstatbestands als eine mit Treu und
Glauben unvereinbare Härte erscheint (Heinrichs in Palandt, a.a.O., § 242 Rn. 95).
73
Die Beklagte hat zu den Voraussetzungen des Vertrauenstatbestandes nicht
ausreichend vorgetragen. Sie stützt sich allein auf die vorbehaltslosen
Kaufpreiszahlungen des Klägers und die widerspruchslose Hinnahme der
Konditionenänderungen. Damit steht aber noch nicht fest, dass und wie sie sich darauf
eingerichtet hat, dass der Kläger seine Ansprüche nicht mehr geltend machen wird. Im
Übrigen kann ein Vertrauenstatbestand nicht entstehen, wenn der Schuldner davon
ausgeht, dass der Berechtigte von dem ihm zustehenden Anspruch nichts weiß (vgl.
BGH, NJW 2000, 140).
74
B. Hinsichtlich des Kaufs der weiteren Fahrzeuge, die in Anlage K 14 mit einem
Rechnungsdatum nach dem 25. März 2003 angegeben und folglich unter der Geltung
des HV 2003 geschlossen worden sind, steht dem Kläger gegen die Beklagte ein
Zahlungsanspruch nicht zu.
75
1. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ist nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB
begründet.
76
Die Beklagte hat von dem Kläger für den Kauf der genannten Fahrzeuge keinen Betrag
77
zu viel und damit ohne Rechtsgrund erlangt. Die Beklagte hat unstreitig für sämtliche
Fahrzeuge diejenigen Zahlungskonditionen angewendet, die sie ihren Vertragshändlern
zuvor bekannt gegeben hatte und wie sie in den Anlagen zum HV 2003 "Boni, Skonti
und Netto-Zahlungskonditionen" sowie "Preisliste 2003" (Anlage K 3) und der ab 1.
Oktober 2003 gültigen "Preisliste 2003/2004" (Anlage K 13) ausgewiesen sind.
Der Kläger, der für das Nichtbestehen eines Rechtsgrundes der erbrachten Leistung
darlegungs- und beweisbelastet ist, hat nicht darzulegen vermocht, dass er die
eingeklagte Zuvielzahlung erbracht hat. Die Beklagte war weder verpflichtet, dem
Kläger auf die Basispreise der unverbindlichen Preisempfehlung bestimmte - nach
Auffassung des Klägers die im Jahr 1991 vereinbarten - Rabatte zu gewähren, noch
waren die Händlereinkaufspreise unbillig und daher gemäß § 315 Abs. 3 BGB
unverbindlich. Schließlich war die Beklagte auch nicht verpflichtet, der Klägerin für
sämtliche Fahrzeuge einen Nachlass von 3 % Skonto einzuräumen.
78
a) Der Vortrag des Klägers, bei Abschluss des Händlervertrages vom 25. März 2003
(HV 2003) sei die Gewährung eines festen Händlerrabatts auf die unverbindliche
Preisempfehlung vereinbart worden, ist nicht schlüssig und daher unerheblich. Sein
Vorbringen steht in unlösbarem Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des HV 2003,
der die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hat (vgl. nur BGH, NJW
2002, 3164 m.w.N.). Dort findet sich - anders als im HV 1991 - keine Vereinbarung über
die Fixierung einer Handelsspanne der Händler. Lediglich in Abschnitt III. Nr. 1
(Preis/Zahlung) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Lieferungen und
Leistungen der Firma Y. M. D., Stand 22.01.2003, findet sich die Regelung, dass für den
Kaufpreis von motorisierten Zweirädern und Zubehör der am Tag der
Rechnungsstellung durch Y. D. maßgebliche, aus den jeweiligen Preislisten von Y.-D.
ersichtliche Händlerabgabepreis maßgeblich ist. Von einer bestimmten Händlerspanne
oder einem Händlerrabatt ist nicht die Rede. Aus 8.11.1 des HV 2003 folgt zudem, dass
der Vertrag fortan die allein maßgebliche Grundlage für die seit 1989 bestehende
Geschäftsbeziehung ist und er alle vorherigen Vereinbarungen, gleich ob diese
schriftlich, mündlich oder in sonstiger Form getroffen worden sind, ersetzt. Hinzu kommt,
dass die Beklagte im Vorfeld des Vertragsschlusses ausdrücklich von ihrem auf
Händlerrabatten basierenden Preissystem abgekehrt ist. Zwar hat sie noch in ihrem
Rundschreiben vom 27. Juni 2002 (Anlage K 9) und in ihrer bis zum Abschluss des HV
2003 gültigen Händlereinkaufspreisliste 2003, Stand 30.01.2003 (Anlage K 13)
Angaben zur Höhe der Händlerrabatte gemacht. Dem Begleitschreiben zum neuen
Händlervertrag vom 21. Februar 2003 ist jedoch zu entnehmen, dass das bisherige
durch Händlerrabatte geprägte Preissystem dahingehend geändert werden soll, dass
keine Rabatte mehr auf die unverbindliche Preisempfehlung gewährt werden, sondern
unabhängig von der unverbindlichen Preisempfehlung kalkulierte Händlerabgabepreise
festgelegt und den Händlern mitgeteilt werden (Anlage 9). Dementsprechend weisen die
Anlage zum HV 2003 "Preisliste 2003" und die ab Oktober 2003 gültige "Preisliste
2003/2004" keine Rabattsätze mehr aus.
79
b) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, dass einige der in Anlage K 14 ab Nr. 37
aufgelisteten Fahrzeuge seien noch vor Abschluss des HV 2003 im Rahmen einer
Vororder - und so offenbar seine Schlussfolgerung - zu den zu diesem Zeitpunkt
geltenden Konditionen bestellt worden. Rechtlich wäre die Argumentation nur dann
stichhaltig, wenn es sich bei der Vororder um verbindliche Bestellungen gehandelt
hätte. Das ist indes nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht der Fall. Er räumt
im Gegenteil selbst ein, dass die Vororder nach den Vereinbarungen im HV 2003 nicht
80
die Qualität einer festen Bestellung hat. Dass - wie der Kläger weiter behauptet - die
Beklagte die Vororder gleichwohl vertragswidrig wie eine rechtsverbindliche Bestellung
gehandhabt und sie "mit Zähnen und Klauen" verteidigt habe, macht diese nicht zu
einer rechtsverbindlichen Bestellung, auf die der HV 2001 Anwendung finden kann. Ob
dem Kläger aus dem vorgetragenen Verhalten der Beklagten Ersatzansprüche
zustehen, ist vorliegend nicht zu prüfen und kann deshalb auf sich beruhen.
c) Auch eine ergänzende Vertragsauslegung des HV 2003 gemäß §§ 133, 157 BGB
führt nicht zu dem Ergebnis, dass die Vertragsparteien anstelle der nach § 307 Abs. 1
BGB unwirksamen Regelung in III. Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für
Lieferungen und Leistungen der Firma Y. M. D., Stand 22.01.2003, an dem bisherigen
Preissystem festgehalten und damit feste Rabattsätze vereinbart haben.
81
aa) Allerdings verstößt das in Abschnitt III. Nr. 1 der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen enthaltene Preisbestimmungsrecht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB und ist daher unwirksam.
82
(1) Die genannte Klausel, wonach für den Kaufpreis von motorisierten Zweirädern und
Zubehör der am Tag der Rechnungsstellung durch Y. D. maßgebliche aus den
jeweiligen Preislisten von Y.-D. ersichtliche Händlerabgabepreis geschuldet wird,
unterliegt der Inhaltskontrolle. Es handelt sich nicht um eine von der Inhaltskontrolle
gemäß § 307 Abs. 3 BGB ausgenommene Preisvereinbarung. Die Klausel gewährt der
Beklagten vielmehr ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, denn sie ist danach
berechtigt, den Kaufpreis einseitig am Tag der Rechnungsstellung festzusetzen. Die
Einräumung und nähere Ausgestaltung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts
ist - auch wenn sie den Preis betrifft - gemäß §§ 307 ff. BGB überprüfbar, weil durch eine
solche Regelung davon abgewichen wird, dass grundsätzlich (§ 305 BGB) Leistung und
Gegenleistung im Vertrag festzulegen sind (BGH, NJW-RR 2005, 1496 ff. – Honda, dort
Rn. 36).
83
(2) Das in III.1. geregelte Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten benachteiligt die
Vertragshändler in unangemessener Weise.
84
Eine unangemessene Benachteiligung ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel
anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
85
Nach dem gesetzlichen Leitbild der §§ 145 ff. BGB sind die jeweiligen
Händlereinkaufspreise bei Abschluss der einzelnen Kaufverträge endgültig zu
bestimmen. Nach II 1. Satz 3 HV 2003 kommen diese Verträge dadurch zustande, dass
die Beklagte einer Bestellung des Händlers innerhalb von 2 Wochen ab Zugang der
Bestellung nicht widerspricht. Mit diesen Verträgen ist nach der gesetzlichen Regelung
der Vertragspreis für beide Parteien grundsätzlich bindend. Da nach III. 1. der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch der am Tag der Rechnungsstellung gültige
Händlerabgabepreis maßgeblich sein soll, verschafft die genannte Regelung der
Beklagten die Möglichkeit, den Händlereinkaufspreis erst nach Abschluss des
Kaufvertrages einseitig festzulegen.
86
Ein solches einseitiges Leistungsbestimmungsrecht darf sich der Verwender durch
Allgemeine Geschäftsbedingungen grundsätzlich nur dann vorbehalten, wenn dafür ein
berechtigtes Interesse besteht. Eine Befugnis zur einseitigen Festlegung kann ebenso
87
wie eine solche zur einseitigen Änderung wesentlicher Vertragsbestimmungen nur dann
formularmäßig begründet werden, wenn schwerwiegende Gründe dies rechtfertigen.
Erforderlich ist weiterhin, dass die Voraussetzungen und der Umfang des
Leistungsbestimmungsrechts tatbestandlich hinreichend konkretisiert sind (BGH, NJW-
RR 2005,1496 ff. – Honda, dort Rn. 39). In jedem Fall müssen die berechtigten Belange
des anderen Teils ausreichend gewahrt sein.
Diesen Anforderungen wird die in Rede stehend Klausel nicht gerecht. Gründe für eine
einseitige Änderung des Händlereinkaufspreises nach der Bestellung durch den
Händler werden in der Klausel nicht genannt. Sie gibt der Beklagten die Möglichkeit, die
Handelsspanne des Händlers einseitig zu verringern, ohne dafür an einschränkende
Voraussetzungen gebunden zu sein. Dadurch werden die vertraglichen Interessen des
Händlers erheblich beeinträchtigt. Er muss sich jedenfalls auf den bei Abschluss des
Vertrages geltenden Händlereinkaufspreis verlassen und damit kalkulieren können
(BGH, NJW-RR 2005, 1496 ff. – Honda, dort Rn. 40). Die berechtigten Belangen des
Händlers werden auch nicht in ausreichendem Maße dadurch gewahrt, dass sich die
Beklagte nach III. 4. HV 2003 unter bestimmten eingeschränkten Voraussetzungen an
den bei Abschluss des Kaufvertrages geltenden Händlereinkaufspreis gebunden fühlt
(vgl. BGH, NJW-RR 2005, 1496 ff. – Honda, dort Rn. 41).
88
bb) Die durch den Wegfall des Preisbestimmungsrechts entstandene Lücke des im
übrigen wirksam gebliebenen HV 2003 ist nicht im Wege ergänzender
Vertragsauslegung dahin zu schließen, dass die Vertragsparteien das bisherige auf
Händlerrabatten basierende Preissystem vereinbart hätten. Insofern kann dahin stehen,
ob überhaupt die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung erfüllt sind,
also dispositives Gesetzesrecht zur Füllung der Lücke nicht zur Verfügung steht und die
ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen
Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende
Lösung bietet. Denn es kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die
Parteien, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Preisbestimmungsklausel bewusst
gewesen wäre, an dem alten Preissystem festgehalten hätten. Bei der ergänzenden
Vertragsauslegung kann der tatsächliche Wille der Parteien, soweit er feststellbar ist,
nicht außer Betracht bleiben. Eine inhaltliche Abänderung des Vertrages darf im Wege
der ergänzenden Vertragsauslegung nicht erfolgen. Dementsprechend kann das, was
dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien widerspricht, auch nicht als Inhalt ihres
hypothetischen Willens gelten (vgl. BGH, NJW 1984, 1180, 1181). So liegt der Fall hier.
Der Beklagten ging es bei Abschluss des HV 2003 darum, das bisherige Preissystem
abzuschaffen und durch ein Händlerabgabepreissystem zu ersetzen. Es sollten keine
Rabatte mehr auf die unverbindliche Preisempfehlung gewährt werden, sondern
unabhängig von der unverbindlichen Preisempfehlung kalkulierte Händlerabgabepreise
festgelegt werden. Es würde daher dem tatsächlichen Willen der Beklagten
widersprechen, die entstandene Lücke im HV 2003 durch die Vereinbarung des alten
Preissystems zu schließen.
89
c) Ohne Erfolg macht der Kläger ferner geltend, dass die von der Beklagten berechneten
Händlereinkaufspreise nicht der Billigkeit entsprechen und daher gemäß § 315 Abs. 3
BGB nicht verbindlich sind.
90
Es bestehen bereits Zweifel, ob die entstandene Vertragslücke im Wege ergänzender
Vertragsauslegung dahin gehend geschlossen werden kann, dass die Vertragsparteien
ein der Inhaltskontrolle des § 307 BGB standhaltendes Leistungsbestimmungsrecht
91
vereinbart hätten. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheidet nach gefestigter
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, wenn zur Ausfüllung einer vertraglichen
Regelungslücke verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht kommen und keine
Anhaltspunkte dafür bestehen, welche Regelung die Parteien getroffen hätten (BGH,
NJW 2006, 996 f.; NJW 2000, 1110, 1114 jeweils m.w.N.). Im Entscheidungsfall hätten
die Vertragsparteien die Möglichkeit gehabt, entweder die Händlerabgabepreise gemäß
der bei Vertragsabschluss gültigen Preisliste in Kombination mit einem
Preisänderungsvorbehalt zu vereinbaren oder aber ein Preisbestimmungsrecht der
Beklagten vorzusehen, das allerdings nur dann den Anforderungen des § 307 Abs. 1
BGB genügt hätte, wenn seine Voraussetzungen und sein Umfang tatbestandlich
hinreichend konkret bestimmt sind. Für welche Variante sich die Parteien in welcher
konkreten Ausgestaltung bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen
entschieden hätten, ist nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht nachvollziehbar
dargetan. Aber selbst wenn die Lücke dahingehend zu schließen wäre, dass die
Vertragsparteien ein den Anforderungen des § 307 Abs. 1 BGB standhaltendes
Preisbestimmungsrecht der Beklagten vereinbart hätten, so kann nicht festgestellt
werden, dass die von der Beklagten in der "Preisliste 2003" und der "Preisliste
2003/2004" aufgeführten Händlereinkaufspreise nicht der Billigkeit entsprechen. Dem
Vorbringen des Klägers, der für die Unbilligkeit der Leistungsbestimmung darlegungs-
und beweispflichtig ist (vgl. BGH, BGHZ 154, 5, 8 f.), kann nicht entnommen werden,
dass die von der Beklagten für die jeweiligen Fahrzeuge verlangten und von ihm (dem
Kläger) vorbehaltlos gezahlten Kaufpreise unangemessen sind. Was billigem Ermessen
entspricht, ist unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und des in
vergleichbaren Fällen Üblichen im Zeitpunkt der Ausübung des Bestimmungsrechts
festzustellen. Das Ziel ist hierbei nicht die Ermittlung eines "gerechten Preises";
vielmehr geht es darum, ob die getroffene Bestimmung sich in den Grenzen hält, die
durch die Vorschrift des § 315 Abs. 3 BGB gezogen werden. Nach dem Vortrag des
Klägers sind die von der Beklagten festgesetzten Preise unbillig, weil die Differenz
zwischen dem Händlereinkaufspreis und der unverbindlichen Preisempfehlung je nach
Modell um 1 oder 3 % geringer ist als in den Vorjahren und damit die Handelsspanne für
diese Modelle nicht mehr bei 18 %, sondern bei 15 % bzw. 17 % liegt. Die Angaben des
Klägers zu den vorgenannten Handelsspannen besagen für sich gesehen aber nicht,
dass die von der Beklagten bestimmten Händlereinkaufspreise nicht der Billigkeit
entsprechen. Hiervon könnte allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die zur
Überprüfung stehenden Händlereinkaufspreise dazu führen, dass dem Kläger keine
branchenübliche Handelsmarge mehr verbleibt. Dies kann vorliegend aber nicht
festgestellt werden. So hat die Beklagte im Berufungsverfahren substantiiert zu den
Handelsmargen (Abstand zwischen Händlereinkaufspreis und unverbindlicher
Preisempfehlung) bei den Fabrikaten B., H., K. und S. vorgetragen. Hieraus ergibt sich,
dass Händlermargen zwischen 15 % und 18 % für bestimmte Modelle durchaus üblich
sind. Da der Kläger die von ihm behauptete Unbilligkeit zu beweisen hat, oblag es ihm,
diesen Vortrag der Beklagten substantiiert und unter Beweisantritt entgegenzutreten.
Diesen Anforderungen genügt das klägerische Vorbringen nicht, denn der Kläger hat
den Vortrag der Beklagten lediglich pauschal bestritten. Soweit der Kläger in diesem
Zusammenhang ein S. Händlerpreisliste für 2008 zu den Akten gereicht hat, ist diese
Liste für die Frage, ob Handelsmargen in Höhe von 15 % - 17 % im Jahr 2003
branchenüblich waren, ohne Aussagekraft.
Darüber hinaus macht die Beklagte zu Recht geltend, dass die Händlermarge nicht nur
aus der Differenz zwischen dem Händlereinkaufspreis und der unverbindlichen
Preisempfehlung besteht, sondern in diesem Zusammenhang insbesondere auch Boni,
92
Beihilfen und Werbekostenzuschüsse zu berücksichtigen sind.
d) Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, dem Kläger auf sämtliche Fahrzeuge einen
Nachlass von 3 % auf den Kaufpreis einzuräumen. Eine solche Vereinbarung findet sich
im HV 2003 nicht. Vielmehr heißt es in Abschnitt III.3. HV 2003 ausdrücklich, dass
etwaige zusätzlich gewährte Skonti freiwillige Leistungen sind, auf die kein
Rechtsanspruch besteht. Für das Jahr 2003 hat die Beklagte lediglich für Fahrzeuge bis
125 ccm einen Nachlass von 2 % bei Zahlung innerhalb von 21 Tagen eingeräumt, wie
sich aus der Anlage 8 "Boni, Skonti und Netto Zahlungskonditionen, Gültig ab 1. Januar
2003" ergibt.
93
2. Ein Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte folgt auch nicht aus § 280
Abs. 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB. Zwar hat die Beklagte schuldhaft eine vorvertragliche
Verpflichtung verletzt, indem sie eine gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoßende
Allgemeine Geschäftsbedingung in den am 25. März 2003 geschlossenen
Händlervertrag (HV 2003) einbezogen hat. Jedoch ist dem Kläger hierdurch kein
Schaden entstanden.
94
Der Geschädigte kann gemäß § 249 Abs. 1 BGB verlangen so gestellt zu werden, wie er
ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils gestanden hätte (Grüneberg in
Palandt, a.a.O., § 311 Rn. 54). Der Kläger hätte ohne das in Abschnitt III. 1. geregelte
Leistungsbestimmungsrecht jedoch weder geringere Preise für die Fahrzeuge zahlen
müssen, noch wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, ihm einen Nachlass von 3 % auf
den Rechnungsbetrag bei Zahlung innerhalb von 30 Tagen zu gewähren.
95
a) Für den Fall, dass die gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstoßende Klausel ersatzlos
entfällt und der HV 2003 danach keine Preisvereinbarung und kein
Leistungsbestimmungsrecht enthält, handelt es sich bei der nach Abschluss des HV
2003 mitgeteilten "Preisliste 2003" und "Preisliste 2003/2004" um eine invitatio ad
offerendum, also eine Aufforderung der Beklagten an den Kläger, auf der Grundlage
dieser Preisliste ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages abzugeben. Der Kläger
hat für die nach dem 25. März 2003 bestellten Fahrzeuge durch seine Bestellung gemäß
§ 145 BGB jeweils ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages zu den aus der
jeweils gültigen Preisliste ersichtlichen Händlereinkaufspreisen abgegeben, das die
Beklagte entweder gemäß Abschnitt II. 1. Satz 3 HV 2003 durch widerspruchloses
Verstreichenlassen der Frist von 2 Wochen nach Zugang der Bestellung oder - wie aus
den klägerseits vorgelegten Rechnungen ersichtlich - ausdrücklich durch eine
Auftragsbestätigung angenommen hat. Es waren somit die bei Abschluss der
Kaufverträge gültigen Preise vereinbart. Dass die Beklagte für diese Fahrzeuge höhere
als die bei Abschluss der Kaufverträge gültigen Preise berechnet hat, behauptet der
Kläger nicht.
96
b) Nichts anderes ergibt sich, wenn die Vertragslücke durch die Vereinbarung eines
wirksamen Leistungsbestimmungsrechts der Beklagten ausgefüllt werden sollte. Die
Beklagte hätte dann ihr Leistungsbestimmungsrecht durch die "Preisliste 2003" und die
"Preisliste 2003/2004" ausgeübt, denen sie die Händlereinkaufspreise entnommen hat.
Diese Preise waren verbindlich, weil - wie bereits oben ausgeführt - für die
Unangemessenheit der verlangten Preise keine hinreichenden Anhaltspunkte bestehen.
97
3. Das Zahlungsbegehren des Klägers ist schließlich nicht aus § 33 Abs. 3 und 1 GWB
i.V.m. § 20 Abs. 1 und 2 GWB gerechtfertigt.
98
Insoweit kann dahin stehen, ob die Beklagte allein oder verbunden mit anderen
Motorradherstellern/Importeuren zu einem Oligopol (§ 19 Abs. 3 GWB)
marktbeherrschend oder gemäß § 20 Abs. 2 GWB relativ marktstark und damit
Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB ist. Der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1
GWB ist gegenüber solchen Unternehmen nämlich nur dann eröffnet, wenn sie ein
anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen
üblicherweise zugänglich ist, entweder unmittelbar oder mittelbar unbillig behindern
oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund
unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln.
99
a) Eine unterschiedliche Behandlung der Vertragshändler durch die Beklagte behauptet
der Kläger nicht. Hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich, weil die vom Kläger
beanstandeten Händlereinkaufspreise und Zahlungskonditionen gegenüber allen
Vertragshändler der Beklagten gleichermaßen Gültigkeit hatten und praktiziert worden
sind.
100
b) Der Kläger wird durch die beanstandete Preisgestaltung der Beklagten, d.h. durch die
Höhe der jeweiligen Handelsspanne zwischen dem Händlereinkaufspreis und der
unverbindlichen Preisempfehlung und die Einräumung von lediglich 2 % Skonto bei
Fahrzeugen unter 125 ccm bei Zahlung innerhalb von 21 Tagen, nicht unbillig in seinen
Betätigungsmöglichkeiten im Wettbewerb behindert.
101
aa) Über die Unbilligkeit einer Behinderung entscheidet nach ständiger Rechtsprechung
eine umfassende Abwägung der beteiligten Interessen unter Berücksichtigung der auf
die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB. Abwägungsfähig sind
dabei die Interessen der Beteiligten, und zwar auf der einen Seite die
Handlungsfreiheitsinteressen des Normadressaten und andererseits das Interesse des
behinderten Unternehmens an einer freien wettbewerblichen Betätigung. Während auf
Seiten des behindernden Normadressaten grundsätzlich nur solche Interessen aus der
Abwägung ausgeschlossen werden können, die auf einen gesetzeswidrigen Zweck
gerichtet sind oder gegen rechtliche Wertungen des GWB oder andere
Rechtsvorschriften verstoßen, ist auf Seiten des behinderten Unternehmens der Kreis
der abwägungsfähigen Interessen enger zu ziehen, da § 20 GWB nur das Interesse
betroffener Unternehmen schützt, in ihren wettbewerblichen Betätigungsmöglichkeiten
nicht durch machtbedingtes Verhalten des Normadressaten beeinträchtigt zu werden.
102
Bei der Bewertung nichtdiskriminierenden Preisverhaltens als unbillige
Wettbewerbsbehinderung ist besondere Zurückhaltung geboten. Die
Preisbildungsfreiheit hat für das bei der Interessenabwägung besonders zu
berücksichtigenden Freiheitsschutzziel des GWB eine überragende Bedeutung. Das
Unbilligkeitsurteil ist deshalb in aller Regel auf Fälle zu beschränken, in denen ein
solches Verhalten bereits wegen Verstoßes gegen andere gesetzlich Vorschriften,
insbesondere gegen § 20 Abs. 4 GWB und § 1 UWG, rechtswidrig ist und schon
deshalb auch im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 GWB nicht als
sachlich gerechtfertigt oder billig anerkannt werden kann (so Markert in
Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht EG/Teil 1, 4. Aufl., § 20 Rn. 193). Maßnahmen
der Preisgestaltung sind daher i.S. von § 20 GWB unbillig, wenn sie von
Normadressaten in der Absicht der Verdrängung eingesetzt werden oder wenn – ohne
Vorliegen einer Verdrängungsabsicht - aus der Behinderung im Wettbewerb die
konkrete und ernste Gefahr einer nachhaltigen Beeinträchtigung struktureller
103
Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb erwächst mithin eine konkrete
ernsthafte Gefahr für den Bestand des Wettbewerbs besteht (vgl. BGH, WuW/E BGH
2977, 2981- Hitlisten-Platten – zu § 26 Abs. 4 GWB a.F.; Senat, WuW/E DE-R 2235,
2241 f. – Baumarkt; OLG Düsseldorf, WuW/E OLG 4511, 4516 – Endspurt 87; Schultz in
Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, q0.
Aufl., § 20 Rn. 145; Markert in Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 20 Rn. 195).
bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
104
Zwar behauptet der Kläger, dass die beanstandete Preisgestaltung der Beklagten zum
Ziel gehabt habe, ihn unter Missachtung kaufmännischer Grundsätze vom Markt zu
verdrängen, und ferner, dass das 3 %ige Skonto die einzige Chance gewesen sei,
überhaupt ein kleines positives Betriebsergebnis zu erzielen. Diese pauschale
Behauptung entbehrt aber der erforderlichen Substanz und ist daher prozessual
unerheblich. Dem Vortrag des Klägers ist nicht nachvollziehbar zu entnehmen, dass die
aufgrund der Preis- und Vertragsgestaltung des HV 2003 zu erzielende Händlermarge
nicht auskömmlich und hierdurch seine wirtschaftliche Existenz gefährdet war.
Ausschlaggebend für die Händlermarge ist nicht nur die Differenz zwischen dem
Händlereinkaufspreis und der unverbindlichen Preisempfehlung, sondern auch die
vereinbarten Boni und Skonti sowie die von der Beklagten gewährten Zusatzleistungen
wie Beihilfen und Werbekostenzuschüsse. Wie sich danach die Einnahmen- und
Gewinnsituation des Klägers darstellt, hat er nicht dargetan. Im Gegenteil spricht die
Tatsache, dass er seinen Geschäftsbetrieb bis zur Beendigung des Vertrages Ende Mai
2008 fortgeführt hat, dafür, dass die Preisgestaltung der Beklagten die wirtschaftliche
Existenz des Klägers nicht gefährdet hat.
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Schließlich ist auch die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe mit der
beanstandeten Preisgestaltung einseitig zu Lasten der Händler ihren Gewinn
maximieren wollen, nicht haltbar. Wie sich aus dem vorgelegten Schriftwechsel
zwischen der Interessengemeinschaft Y. Z. e.V. und der Beklagten aus Juli 2002 (Anl. K
52 und K 53) ergibt, waren massive Verkaufsrückgänge Anlass für das mit HV 2003
vereinbarte Preissystem und die konkrete Preisgestaltung. Es ging der Beklagte also
nicht darum, ihre Gewinne zu Lasten der Händler einseitig zu steigern, sondern auf die
Verschlechterung ihrer Wettbewerbsposition zu reagieren.
106
III.
107
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
108
IV.
109
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen
nicht vor.
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Kühnen Dr. Maimann Ausetz
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