Urteil des OLG Düsseldorf vom 20.10.2004

OLG Düsseldorf: kamin, kaufvertrag, fassade, handel, käufer, verzug, begriff, hauptsache, kaufpreis, ausführung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 U 5/04
Datum:
20.10.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-3 U 5/04
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des
Landge-richts Duisburg vom 30. März 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
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I.
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Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 27.05.2000 erwarb der Beklagte bei der Klägerin
einen Kamin als Bausatz zum Selbsteinbau zum Preis von 10.000 DM. Unter den
Rubriken "Modell" und "Verkleidungsart": Kachel, Sandstein, Marmor, ist der
Kaminbausatz wie folgt beschrieben:
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Marmorfassade 2/8 in Crema Capri
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Bei Anlieferung des Bausatzes im Oktober 2000 übergab der Beklagte der Klägerin
einen Scheck über 10.000 DM. Diesen Scheck ließ er wenige Tage später sperren, weil
der Kaminbausatz nach seiner Auffassung verschiedene Mängel aufwies. In einem
Schreiben an die Klägerin vom 31.10.2000 wies er insbesondere darauf hin, bei dem
Kamin handele es sich nicht um einen "Marmorkamin", sondern um einen aus
Kunststein hergestellten Kamin, der allenfalls wie Marmor aussehen solle.
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In Wege des Mahnverfahrens machte die Klägerin Ende Oktober 2000 den gesamten
Kaufpreis einschließlich der durch die Nichteinlösung des Schecks entstandenen
Kosten in Höhe von 18,60 DM gegen den Beklagten geltend. Dieser zahlte ohne
Anerkennung einer Rechtspflicht einen Teilbetrag von 2.500,00 DM an die Klägerin,
wobei offen blieb, ob die Zahlung vor oder nach Zustellung des Mahnbescheides am
28.10.2000 erfolgte. Auf ein Schreiben des Beklagten vom 24.11.2000 mit der Anfrage,
wie sie gedenke, seiner Mängelrüge hinsichtlich des "Marmorkamins" abzuhelfen,
reagierte die Klägerin nicht.
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Die Klägerin hat vorgetragen, der gelieferte Kamin sei aus echtem "Naturstein", bei dem
gelieferten Material handele es sich um Marmor. Die übrigen vom Beklagten
behaupteten Mängel lägen nicht vor, insoweit komme auch ein Zurückbehaltungsrecht
nicht in Betracht, da sie einen Austausch der Steine angeboten habe und der Beklagte
hierauf nicht eingegangen sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. festzustellen, dass der Rechtsstreit sich in Höhe einen Betrages von 2.500,00 DM
in der Hauptsache erledigt hat, hilfsweise festzustellen, dass sich der Beklagte bei
Zahlung dieses Betrages in Verzug befand und daher auch insoweit die Kosten
des Rechtsstreits zu tragen hat,
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.518,60 DM zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %
über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 2.10.2000 zu
zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat die von ihm vorprozessual gerügten Beanstandungen aufrecht erhalten.
Insbesondere hat er weiter behauptet, bei der Fassade des Kamins handele es sich
nicht um "Marmor". Dies habe die Klägerin gewusst. Bei einem Austausch des
gelieferten Kamins gegen einen Marmorkamin würden ihm erhebliche Kosten
entstehen, die er im Wege des Schadenersatzes von der Klägerin verlangen könnte.
Zumindest stehe ihm aber die Rückgängigmachung des Kaufvertrages Zug um Zug
gegen Erstattung der von ihm bereits gezahlten 2.500,00 DM zu. Diesen Anspruch
mache er für den Fall geltend, dass ein Schadenersatzanspruch verneint werden sollte.
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Das Landgericht hat nach Einholung zweier Sachverständigengutachten zur Frage, ob
es sich bei dem Kaminbausatz um einen "Marmorkamin" handelt, die Klage
abgewiesen.
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Gegen das landgerichtliche Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie ist
der Auffassung, sie habe dem Beklagten genau das geliefert, was er auch bestellt habe,
eine Zusicherung, dass es sich bei der gewählten Gesteinsart um Marmor im engerem
Sinne handele, habe es nicht gegeben. Der Beklagte habe sich in der
Verkaufsausstellung in D. für eine bestimmte Gesteinsart, nämlich Crema Capri anhand
von Ausstellungsmodellen, Gesteinsproben oder Lichtbildern entschieden. Deshalb sei
im Vertrag auch die Gesteinsart "Crema Capri" eingetragen. Bei Crema Capri handele
es ich um die Handelsbezeichnung für einen hell/beigefarbenen Kalkstein, der im
Handel regelmäßig als Marmor bezeichnet werde. Die sonstigen vom Beklagten
behaupteten Mängel lägen sämtlich nicht vor.
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Die Klägerin beantragt,
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1. das landgerichtliche Urteil zu ändern, und den Beklagten zu verurteilen, an sie
3.844,20 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 2.10.2000 zu zahlen,
2. festzustellen, dass der Rechtsstreit sich in Höhe des gezahlten Betrages von
2.500,00 DM in der Hauptsache erledigt hat, hilfsweise festzustellen, dass sich der
Beklagte bei Zahlung dieses Betrages in Verzug befand und daher auch insoweit
die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er nimmt Bezug auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils und trägt vor, die Klägerin
habe ihm den angebotenen Stein ausdrücklich als Marmor bezeichnet bzw.
beschrieben. Er sei daher davon ausgegangen, dass es ich bei diesem Material um
einen echten Marmor handele. Er fühle sich von der Klägerin bewusst getäuscht, da
dieser als Fachunternehmen der Unterschied zwischen einem "einfachen Kalkstein"
und einem Marmor im engerem Sinne bekannt sei. Sie habe jedoch bewusst für diesen
Kalkstein, der kein Marmor sei, die Bezeichnung Marmor verwandt, weil sie davon
ausgegangen sei, dass bei Verwendung der Bezeichnung Marmor für diesen Stein der
Kunde eher bereit ist, einen höheren Kaufpreis zu akzeptieren. Hilfsweise erklärt der
Beklagte die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123
BGB.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten
gereichten Schriftsätze und Urkunden Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg, denn das Landgericht hat mit
zutreffender Begründung die auf Zahlung des Restkaufpreises gerichtete Klage mit
Rücksicht auf die vom Beklagten erhobene Wandlungseinrede abgewiesen.
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Der von der Klägerin an den Beklagten gelieferte Kaminbausatz ist mangelhaft im Sinne
des § 459 BGB (a.F.). Gegenstand des Kaufvertrages ist ein Kamin mit einer
"Marmorfassade".
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Einen solchen Kamin hat die Klägerin nicht geliefert. Nach den Feststellungen des
Sachverständigen S. besteht der gelieferte Kamin aus einem polierfähigem Kalkstein.
Dass dieser Stein, der unter dem Namen "Crema Capri" verkauft wird, ebenso wie
andere Kalksteine im Handel meist als Marmor bezeichnet wird, berechtigt nicht zu der
Annahme, dass damit der von der Klägerin gelieferte Kamin dem Vertragsinhalt
tatsächlich auch entsprach. Es mag sein, dass sich "im Handel" d. h. in den
Beziehungen zwischen Lieferant aus dem Steinbruch, Großhandel und Einzelhandel
keine Irritationen aus der Verwendung des Begriffs Marmor auch für Kalksteine ergeben,
für den normalen Abnehmer, d. h. den Endverbraucher, der mit dem Begriff Marmor,
Granit, Porphyr usw. ganz bestimmte Vorstellungen dahin verbindet, dass es sich um
Natursteine handelt, die dem verwendeten Namen auch gerecht werden, stellt es
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zumindest eine Irreführung dar, wenn beim Verkauf - wie hier - von "Marmor" die Rede
ist, es sich aber in Wirklichkeit um einen - polierten - Kalkstein handelt. Bei der
Beschreibung einer Kaufsache ist vorrangig vom "Empfängerhorizont" auszugehen und
das Vertrauen des Käufers in die Sachkunde des Verkäufers zu berücksichtigen. Weicht
daher die Kaufbeschreibung eines Natursteins von der geologischen Bezeichnung ab,
so obliegt es dem Verkäufer, den Käufer auf den Unterschied hinzuweisen, wenn das
äußere Erscheinungsbild des Kaufgegenstandes - hier die Fassade des Kamins - nicht
ohne weiteres erkennen lässt, dass es sich nicht um den der geologischen Bezeichnung
entsprechenden Stein handelt.
Dem steht nicht entgegen, dass - wie der Sachverständige für das Ofen- und
Luftheizungsbauer-Handwerk W. erklärt hat - das "Material" der von der Klägerin
gelieferten Kaminfassade "im Volksmund" mit dem Oberbegriff Marmor bezeichnet wird.
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Die im Volksmund verwendete Bezeichnung für den Gegenstand eines Kaufvertrages
kann nicht dazu führen, dass die vom Verkäufer benutze "falsche" Bezeichnungsweise
dem Käufer nicht das der "korrekten" Bezeichnung entsprechende, sondern nur ein
anderes, möglicherweise geringerwertiges und nicht von ihm gewünschtes "Material"
verschafft.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich eine andere Beurteilung auch nicht
daraus, dass im Kaufvertrag unter der Rubrik Verkleidungsart aufgeführt war: Kacheln,
Sandstein, Marmor, genaue Beschreibung und darunter die Gesteinsart "Crema Capri"
eingetragen war .Die bloße Bezeichnung "Crema Capri" gab dem Beklagten keine
Veranlassung, Schlüsse in der Richtung zu ziehen, dass es sich bei der Kaminfassade
nicht um Marmor handelte, denn als erstes war in den Kaufvertrag eingetragen:
"Marmorfassade 2/8". Im Gegenteil war es für den Beklagten mit Rücksicht darauf, dass
mit diesem Begriff "Marmorfassade 2/8" auch auf den Prospekten der Klägerin
geworben wird, wo es ebenfalls unter der Abbildung eines Kamins heißt:
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Klassikserie Marmorfassade 2/8
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mit dem darunter stehenden Zusatz:
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Die Abbildung zeigt eine mögliche Ausführung der Marmorfassade.
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Marmorart: blanko-kristall-poliert oder negro-granit-poliert.
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naheliegend, dass die ihm gelieferte Fassade des Kamins aus "echtem" Marmor
bestand.
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Danach kann aber kein unbefangener Käufer davon ausgehen, dass es sich bei einer
so angepriesenen und bezeichneten "Marmorfassade" eben nicht um Marmor, sondern
um eine nur im Handeln als Marmor bezeichnete Kalksteinart handelt. Gerade weil im
Kaufvertrag unter der Rubrik Verkleidungsart viele verschiedene Möglichkeiten
aufgezeigt waren wie Kacheln, Sandstein oder Marmor durfte ein Käufer von einem
redlichen Verkäufer erwarten, dass angesichts der Angabe "genaue Beschreibung" auf
die Fassade aus "poliertem Kalkstein" hingewiesen worden wäre. Dies gilt hier um so
mehr, als nach dem Vorbringen der Klägerin der Beklagte den Stein "entsprechend der
Abbildung" in dem zu den Akten gereichten Prospekt der Klägerin (vgl. Bl. 90 GA)
ausgesucht und bestellt hat.
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Die Beschaffeinheit des gelieferten Kamins weicht danach - auch wenn es sich nicht
wie der Beklagte zunächst behauptet hat, um einen "Kunststein" handelt - von der im
Vertrag vereinbarten und geschuldeten ab, sodass jedenfalls ein Mangel im Sinne des §
459 BGB gegeben ist.
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Ob darüber hinaus sonstige vom Beklagten behauptete, von der Klägerin aber
bestrittene Mängel hinsichtlich der einzelnen Bauteile des Kamins vorliegen, kann
dahinstehen.
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Die dem Kaufvertrag zwischen den Parteien zugrunde liegenden Allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Klägerin stehen der vom Beklagten geltend gemachten
Wandlung nicht entgegen. Das Landgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen,
dass der Beklagte mit Rücksicht darauf, dass beide Parteien offensichtlich eine
Nachbesserung nicht wollen, die Klägerin sie auch niemals angeboten sondern
vielmehr eine "mangelhafte" Lieferung in Abrede gestellt hat, nicht auf dass in den
Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorrangige Nachbesserungsrecht der Klägerin
verwiesen werden kann.
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Die Berufung der Klägerin konnte danach keinen Erfolg haben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr.
10, 713 ZPO.
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Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die Voraussetzungen
des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind.
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