Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.11.2009
OLG Düsseldorf (wettbewerb, sinn und zweck der norm, teil, verhältnis zu, markt, gas, unternehmen, netz, vorbehalt des gesetzes, beschwerde)
Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-3 Kart 73/08 (V)
Datum:
25.11.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VI-3 Kart 73/08 (V)
Tenor:
Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der
Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur vom 28.10.2008
- BK 4-07-108 - wird zurückgewiesen.
Die Betroffene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich
der notwendigen Auslagen der gegnerischen Bundesnetzagentur zu
tragen. Die Beigeladenen tragen ihre Auslagen selbst.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf €
festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
A
2
Die Beschwerdeführerin ist Betreiberin eines überregionalen Gasfernleitungsnetzes (L-
Gas) im Sinne der §§ 2 S.1 Nr. 3, 3 Abs. 2 GasNEV. Das über km lange
Gasfernleitungsnetz im Raum schließt sich an das vorgelagerte Rohrleitungsnetz
gemäß § 3 Nr. 39 EnWG der . . . an und wird im Wesentlichen mit Gasmengen aus
deutscher Produktion aufgespeist.
3
Mit Schreiben vom 23.12.205 und mit Schreiben vom 21.09.2007 zeigte die
Beschwerdeführerin der Bundesnetzagentur an, dass sie ihre Netzentgelte gemäß § 3
Abs. 2 GasNEV i.V.m. § 19 GasNEV, also auf der Grundlage eines
Vergleichsverfahrens gemäß § 26 GasNEV, bilde. Nach Durchführung zweier
Anhörungstermine am 18.06.2007 und 14.03.2008 hat die Beschlusskammer 4 der
Bundesnetzagentur durch Beschluss vom 20.10.2008 festgestellt, dass das
überregionale Fernleitungsnetz der Betroffenen nicht zu einem überwiegenden Teil
wirksamem bestehenden oder potenziellen Leitungswettbewerb ausgesetzt sei und sie
4
verpflichtet, innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung einen Antrag gemäß §
23 a EnWG bei ihr zu stellen. Zur Begründung hat die Beschlusskammer ausgeführt,
dass die Betroffene zwar die Mindestvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 GasNEV
erfülle, damit jedoch aber noch nicht erwiesen sei, dass "wirksamer
Leitungswettbewerb" im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 GasNEV bestehe. Beim Vorliegen
dieser Kriterien bedürfe es vielmehr einer zusätzlichen Prüfung, die über die
Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 GasNEV hinausgehe. Den dort genannten
Kriterien komme lediglich eine Vereinfachungsfunktion zu, denn es handele sich um
Mindestvoraussetzungen, nicht aber um zureichende Voraussetzungen für wirksamen
Leitungswettbewerb. Schon der Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2 GasNEV "zumindest"
spreche für das Verständnis, was durch die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt
werde. In der Entwurfsfassung der GasNEV seien die Kriterien noch als
Vermutungstatbestand formuliert gewesen. Aus der Umformulierung folge, dass ihm
keine Vermutungswirkung mehr zukommen solle. Aus diesen Gründen komme den
Kriterien auch keine Indizwirkung für wirksam bestehenden oder potenziellen
Leitungswettbewerb zu. Selbst bei Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen
könne nicht das Fehlen von Marktzutrittsschranken vermutet werden. Der Nachweis,
dass das Fernleitungsnetz wirksamen Leitungswettbewerb ausgesetzt sei, sei der
Betroffenen nicht gelungen. Maßgeblich sei, ob wettbewerblich nicht hinreichend
kontrollierte Verhaltensspielräume bestünden. Eine Ausnahme vom Grundsatz der
kostenorientierten Entgeltgenehmigung sei nur statthaft, wenn die Bildung überhöhter
Entgelte mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könne. § 3 Abs. 2 Satz 1
GasNEV sei als Ausnahmevorschrift für einen Markt konzipiert, der regelmäßig
wettbewerblich nicht hinreichend kontrolliert sei. Derselbe Maßstab gelte auch bei § 19
Abs. 2 GWB und Art. 82 EG, die im Rahmen der Auslegung des § 3 Abs. 2 GasNEV zu
berücksichtigen seien. Entsprechend der Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 TKG läge bei
überregionalen Gasfernleitungsnetzbetreibern jedenfalls dann kein wirksamer
Wettbewerb vor, wenn ein Unternehmen auf den betroffenen Markt über beträchtliche
Marktmacht verfüge. Diese Frage sei auf der Grundlage der Marktabgrenzung zwischen
herkunfts- und zielseitig übereinstimmenden Einspeise- und Ausspeisekapazitäten zu
entscheiden. Nach dem Gasnetzzugangsmodell seien Ein- und Ausspeisung getrennte
Dienstleistungen, die zwar gemeinsam nachgefragt werden können, aber dennoch
getrennt angeboten werden müssten. Unter Zugrundelegung dieser Marktabgrenzung
sei die Betroffene auf allen relevanten Märkten die alleinige Anbieterin von
Transportdienstleistungen und daher keinem tatsächlichen Wettbewerb ausgesetzt. Der
Marktanteil betrage auf allen Märkten stets . . . , der Herfindahl-Hirschman-Index liege
stets bei . . . und der Residual Supplier Index bei . . . . Auf wettbewerblich nicht
hinreichend kontrollierte Verhaltensspielräume weise auch die Analyse der
wettbewerblichen Gesamtsituation hin, bei der die Beschlusskammer die praktischen
Wettbewerbserfahrungen Dritter, die vertikale Integration der Vertriebs- und
Netzaktivitäten, die Kapazitätsauslastung in den Netzen und das wettbewerbliche
Verhalten der Betroffenen untersucht habe. Schließlich weise auch das
Preissetzungsverhalten der Betroffenen auf mangelndes wettbewerbliches Verhalten
hin.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin
mit den Anträgen:
5
6
1. a) Die Entscheidung der Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur vom
20.10.2008 zu dem Aktenzeichen BK4-07-108 aufzuheben,
7
b) hilfsweise die Bundesnetzagentur zu verpflichten, unter Aufhebung der
Entscheidung vom 20.10.2008 zu dem Aktenzeichen BK4-07-108 durch Beschluss
festzustellen, dass das überregionale Gasfernleitungsnetz der Betroffenen zu
einem überwiegenden Teil wirksamem bestehenden oder potenziellen
Leitungswettbewerb ausgesetzt ist.
8
2. Die Bundesnetzagentur wird verpflichtet, die im Rahmen des Netzentgeltantrags
vom 19.12.2009 von der Beschwerdeführerin übermittelten Unterlagen
(Erhebungsbogen/Dokumentation gemäß § 28 GasNEV inkl. aller Anlagen) an die
Beschwerdeführerin herauszugeben bzw. – soweit elektronisch übermittelt – zu
löschen. Die Bundesnetzagentur erbringt den Nachweis über die Löschung aller
mit dem Entgeltantrag in Zusammenhang stehenden Daten durch die Bestätigung
eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für elektronische
Datenverarbeitung.
9
10
Die Beschwerdeführerin trägt zur Begründung ihrer Beschwerde vor:
11
Die Entscheidung der Bundesnetzagentur leide unter gravierenden tatsächlichen und
rechtlichen Mängeln. Den Besonderheiten auf dem Gasfernleitungssektor werde nicht
Rechnung getragen.
12
Mit den inländischen Produktionsleitungen sei über die jeweiligen Einspeisepunkte
regelmäßig nur ein überregionaler Gasfernleitungsnetzbetreiber verbunden. Gegenüber
der Importsituation bestünden Besonderheiten, beispielsweise müsse das Gas aus
räumlich weit auseinander liegenden und zum Teil sehr kleinen Gasfeldern
"gesammelt" und erst qualitativ zur Vermarktungsreife aufbereitet werden. Am Ende
dieses Prozesses schließe sich das überregionale Gasfernleitungsnetz der
Beschwerdeführerin an. Dabei sei die Gasverfügbarkeit quantitativ begrenzt und die
Leitungen durch die naturgegebene Lage und Kapazität der Gasfelder restringiert. Die
überwiegende Enge des transportierten Erdgases werde in Gebieten ausgespeist, die
auch über überregionale Gasfernleitungsnetze Dritter erreicht würden oder unter
kaufmännisch sinnvollen Bedingungen erreicht werden könnten. Schließlich
überlappten sich im Netzgebiet der Beschwerdeführerin ( ) mehrere Marktgebiete. Die
Beschwerdeführerin habe zuletzt in 2007 ihre Ausspeiseentgelte gesenkt.
13
Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur sei Leitungswettbewerb bereits dann
zu bejahen, wenn zumindest die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 S. 2 GasNEV erfüllt
seien. Jedenfalls habe die Erfüllung der Mindestvoraussetzungen Indizwirkung für das
Vorliegen von Leitungswettbewerb. Die Methoden der kostenorientierten Entgeltbildung
und der Entgeltbildung im Vergleichsverfahren stünden gleichberechtigt nebeneinander.
14
Damit verbiete sich eine zu enge Auslegung des § 3 Abs. 2 GasNEV, weil die
überregionalen Gasfernleitungsnetzbetreiber nicht von der Regulierung ausgenommen,
sondern lediglich einer anderen Regulierungsform unterworfen seien. Mit ihrer
Forderung, die Beschwerdeführerin habe ein tragfähiges und prüfbares Konzept zur
Feststellung von wirksamem Leitungswettbewerb vorzulegen, missachte die
Bundesnetzagentur den Bestimmtheitsgrundsatz und verstoße gegen den Vorbehalt des
Gesetzes. Die Bundesnetzagentur billige sich selbst ein Prüfungsermessen zu, das die
Norm nicht eröffne.
Selbst wenn über den Wortlaut des § 3 Abs. 2 GasNEV hinaus weitere Anforderungen
an die Annahme eines Leitungswettbewerbs zu stellen wären, hätte die
Bundesnetzagentur zu widerlegen, dass im Einzelfall trotz des Vorliegens der
Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 GasNEV gerade kein Leitungswettbewerb bestehe.
Die Bundesnetzagentur grenze bei der Prüfung, ob nicht hinreichend kontrollierte
Preissetzungsspielräume vorlägen, zunächst die relevanten Märkte ab, um dann die
Wettbewerbsbedingungen zu analysieren. Eine solche kartellrechtsähnliche Prüfung sei
unzulässig, da sie sich zum Einen in § 3 Abs. 2 GasNEV nicht wiederfinde und zum
Anderen die strukturellen Gegebenheiten des Gasfernleitungsmarktes ignoriere. Die
vorgenommene Marktabgrenzung sei bereits im Ausgangspunkt abwegig. Maßgeblich
sei das Bedarfsmarktkonzept. Die Bundesnetzagentur unterscheide zwischen fünf
verschiedenen Ein- und Ausspeisepunkten und atomisiere so den relevanten Markt. Die
Unterscheidung zwischen der Ein- und Ausspeiseseite sei systemwidrig. Von
ökonomischem Belang seien allein die Wahl- und Wettbewerbsoptionen im Gasmarkt in
seiner Gesamtheit. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Abs. 2 S. 2 GasNEV sei
allein die Ausspeiseseite maßgeblich. Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift sei die
Einspeiseseite nicht zu berücksichtigen. Mit den inländischen Produktionsleitungen sei
regelmäßig nur ein überregionaler Gasfernleitungsnetzbetreiber verbunden. Die
Beschwerdeführerin, die ihr Gas fast ausschließlich aus inländischen Quellen beziehe,
könne so praktisch nie die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 GasNEV erfüllen. An den
entsprechenden Übergabepunkten könne denklogisch kein Wettbewerb bestehen.
15
Schließlich sei zu beachten, dass das Gas innerhalb eines Marktgebietes am virtuellen
Handelspunkt und nicht etwa am Einspeisepunkt gehandelt werde. Für den
Transportkunden sei die Differenzierung zwischen den Transportdienstleistungen vom
Einspeisepunkt zum virtuellen Handelspunkt und von dort zum Ausspeisepunkt
bedeutungslos. Unrichtig sei auch die isolierte Betrachtung der Marktgebiete. Zwar sei
jeder Ausspeisepunkt einem Marktgebiet zuzuordnen. Sofern das Netz in mehreren
Marktgebieten läge, könne die Zuordnung geändert werden. Deshalb sei nicht von
einem Netz in überlappenden Marktgebieten auszugehen, sondern von dem gesamten
Gebiet, von dem aus die Ausspeisepunkte – ungeachtet ihrer Marktgebietszugehörigkeit
– über überregionale Gasfernleitungsnetze Dritter erreicht würden oder erreicht werden
könnten.
16
Gerade in A und in B überlappten sich mehrere Marktgebiete. Potenzieller Wettbewerb
beinhalte ausschließlich die Möglichkeit künftigen Wettbewerbs durch Marktzutritt eines
dritten Unternehmens und sei bereits zu berücksichtigen, wenn der potenzielle
Leitungswettbewerb das aktuelle Verhalten der Marktteilnehmer zu beeinflussen
geeignet sei.
17
. . .
18
Die Nachfrage nach Transportdienstleistungen der Beschwerdeführerin besitze
Marktmacht und sei konzentriert. Mit potentiellen Konkurrenten sei deshalb relativ
einfach über den Markteintritt zu verhandeln.
19
- Der potentielle Konkurrent müsse nicht den gesamten Markt beliefern. Dies reduziere
die Eintritts- und Investitionskosten und steigere den Wettbewerbsdruck.
20
- Potentielle Konkurrenten seien insbesondere diejenigen, die sich bereits in anderen
Märkten in Deutschland befänden; deren Markteintritt scheitere nicht an fehlendem
know-how.
21
- Markteintrittsinvestitionen amortisierten sich innerhalb von 2-3 Jahren.
22
In relativ kleinen Versorgungsgebieten mit parallelen Netzen könnten diese durch
Stichleitungen leicht vernetzt werden. Selbst wenn die unterschiedlichen Gasqualitäten
H- und L-Gas getrennten sachlichen und räumlichen Märkten zuzuordnen seien,
bestehe ein potenzielles Wettbewerbsverhältnis.
23
Die Forderung der Bundesnetzagentur, dass innerhalb eines Marktgebietes
konkurrierende Betreiber nur dann wirksamem und funktionsfähigem Wettbewerb
ausgesetzt seien, wenn die Nachfragekapazitäten an den Ausspeisepunkten
ausgetauscht werden könnten, übersehe, dass Leerkapazitäten dem Effizienzkriterium
widersprächen. Die Kapazität sei mittelfristig über Stich- und Verbindungsleitungen und
den Einsatz von Verdichtern steigerbar. Deshalb sei nicht die technische Kapazität
entscheidend, sondern die Angebotsflexibilität.
24
Die Bundesnetzagentur habe eine unzutreffende Analyse der Wettbewerbsverhältnisse
anhand von Kennziffern und der "wettbewerblichen Gesamtsituation" vorgenommen.
Die Marktbefragung habe bereits keine größere Aussagekraft und betreffe lediglich
allgemeine, nicht aber auf die Situation der Beschwerdeführerin bezogene Aspekte.
25
Die Bundesnetzagentur bittet um Zurückweisung der Beschwerde.
26
Sie verteidigt die verfahrensgegenständliche Entscheidung unter Wiederholung und
Vertiefung der dafür maßgeblichen Gründe. Sie meint, die Beschlusskammer habe die
Kriterien des § 3 Abs. 2 Satz 2 GasNEV zu Recht lediglich als Mindestvoraussetzungen
für bestehenden oder potenziellen Leitungswettwerb eingeordnet und das
Tatbestandsmerkmal in seinem gemeinschaftrechtlichen, kartellrechtlichen und
regulierungsrechtlichen Kontext rechtsfehlerfrei ausgelegt. Sie habe ferner eine
zutreffende Marktabgrenzung vorgenommen und im Rahmen einer rechtmäßigen
Wettbewerbsanalyse im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass es vorliegend an einem
wirksamen bestehenden und potenziellen Leitungswettbewerb – auch zu einem
überwiegenden Teil – fehle.
27
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen
Verwaltungsvorgang der Bundesnetzagentur und das Protokoll der Senatssitzung vom
23. September 2009 mit den in dieser erteilten rechtlichen Hinweisen Bezug
genommen.
28
B
29
Die zulässige Beschwerde der Betroffenen hat aus den mit den Beteiligten in der
Senatssitzung erörterten Gründen in der Sache keinen Erfolg.
30
I.
31
1. Die Beschwerde der Betroffenen ist mit dem Antrag zu 1) nicht als Anfechtungs-,
sondern nur als Verpflichtungsbeschwerde zulässig.
32
Das EnWG sieht gesetzlich die Anfechtungsbeschwerde (§ 75 Abs. 1) und die
Verpflichtungsbeschwerde (§ 75 Abs. 3) sowie die
Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 Satz 2) vor. Die
Verpflichtungsbeschwerde des § 75 Abs. 3 EnWG ist auf Erlass einer Entscheidung
gerichtet und setzt daher allerdings voraus, dass ein entsprechender Antrag erfolglos
gestellt wurde, er also abgelehnt oder nicht beschieden worden ist. Die
Anfechtungsbeschwerde ist dagegen dann einschlägig, wenn der Betroffene lediglich
die Aufhebung der ihn belastenden Entscheidung erreichen will. Darüber hinaus ist eine
allgemeine Feststellungsklage dann in Betracht zu ziehen, wenn im Einzelfall ein dem
Art. 19 Abs. 4 GG genügender Rechtsschutz nur im Wege eines gerichtlichen
Feststellungsurteils in Betracht zu erreichen wäre, weil keine der anderen
Beschwerdearten greift.
33
Hier wird der Betroffenen effektiver Rechtsschutz nur mit der Verpflichtungsbeschwerde
gewährt. Nachdem u.a. das Bundeskartellamt und die Regulierungsbehörde die
ursprünglich normativ vorgesehene Ausnahmeregelung im Gesetzgebungsverfahren
stark kritisiert hatten (BT-Ausschussdrs. 15(9)1605, S. 63; 15(9)1607, S. 67), hat der
Verordnungsgeber die vorgeschlagene Einzelfallprüfung aufgegriffen und das
Verwaltungsverfahren in § 3 Abs. 3 GasNEV wie folgt ausgestaltet: der Betreiber eines
überregionalen Fernleitungsnetzes, der sein Entgelt nach Abs. 2 bilden will, hat dies der
Regulierungsbehörde unverzüglich schriftlich anzuzeigen und das Vorliegen der
Voraussetzungen nachzuweisen (Satz 1). Darauf hat die Behörde zu prüfen, ob die
Voraussetzungen nach Abs. 2 Satz 1 und 2 vorliegen (Satz 3). Dieses Verfahren wird
mit einer Entscheidung der Regulierungsbehörde abgeschlossen, auch wenn es nicht
als Genehmigungsverfahren ausgestaltet ist. Entweder wird sie feststellen, dass der
Netzbetreiber die Voraussetzungen nachgewiesen hat oder sie wird, wenn dies nicht
der Fall ist, entsprechend Satz 4 von ihren Befugnissen nach § 65 EnWG Gebrauch
machen und dem betroffenen Netzbetreiber aufgeben, einen
Entgeltgenehmigungsantrag nach § 23 a EnWG zu stellen.
34
Vor dem Hintergrund dieser speziellen Verfahrensgestaltung bietet die bloße
Aufhebung des negativen Bescheids, die Ziel einer Anfechtungsbeschwerde ist, der
betroffenen Netzbetreiberin keinen effektiven Rechtsschutz, weil ihre Anzeige eine
positive Entscheidung zum Ziel hat. Der Umstand, dass § 3 Abs. 3 Satz 5 GasNEV den
Netzbetreiber berechtigt, bis zu einer Entscheidung nach Satz 4 seine Entgelte in jedem
Fall nach Abs. 2 Satz 1 GasNEV zu bilden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Durch
eine isolierte Anfechtung würde das Prüfungsverfahren nach § 3 Abs. 3 GasNEV nur in
den status quo ante zurückversetzt. Dies hätte zwar zur Folge, dass die - vorläufige -
Befugnis des § 3 Abs. 3 Satz 5 GasNEV wieder aufleben würde. Sie würde jedoch bei
einer negativen Entscheidung der Bundesnetzagentur innerhalb des in § 3 Abs. 2 Satz 2
GasNEV vorgesehenen Zwei-Jahreszeitraums wieder entfallen, so dass sich auch unter
dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit spiegelbildlich das berechtigte Interesse des
35
Netzbetreibers an einer das Verfahren abschließenden positiven Feststellung ergibt. Für
das Begehren einer positiven Feststellung aber kann – wie im
Verwaltungsgerichtsprozess – nur die Verpflichtungs- und nicht eine isolierte
Anfechtungsbeschwerde zur Verfügung stehen (vgl. nur: Pietzcker in Schoch/Schmidt-
Aßmann/Pietzner, VwGO, 17. Erglieferg., 2008, Rn 113 ff. zu § 42 Abs. 1; von Albedyll
in: Bader, VwGO, 3. A., 2005, Rn 33 zu § 42).
Der Umstand, dass § 75 Abs. 3 EnWG von einer zuvor beantragten Entscheidung
spricht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Schon vor dem Hintergrund, dass das
Prüfungsverfahren der Regulierungsbehörde nur durch eine Anzeige des Netzbetreibers
nach § 3 Abs. 3 Satz 1 GasNEV ausgelöst werden kann, ist in der Anzeige bei einer die
Interessenlage umfassend würdigenden Betrachtung zugleich ein Antrag auf Erlass
einer den Anzeigenden begünstigenden positiven Entscheidung zu sehen. Ihr kommt
daher keine andere Funktion als die des förmlichen Antrags zu. Aus Sinn und Zweck
des Erfordernisses einer erfolglosen Antragstellung bei der Behörde ergibt sich nichts
anderes. Rechtsschutz im Wege der Verpflichtungsklage oder –beschwerde soll erst
dann und damit nur gewährt werden, wenn zuvor erfolglos ein Verwaltungsverfahren
durchlaufen worden ist. Mit diesem Erfordernis soll der in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs.
3 GG verankerte Grundsatz der Gewaltenteilung verwirklicht werden, nach dem es
zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie
gerichtet werden (BVerwG NVwZ 2008, 575, 577; von Albedyll in: Bader, VwGO, 3. A.,
2005, Rn 52 zu § 42; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. A., Rn 37 zu § 42; für § 63 GWB: K.
Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 4. A. 2007, Rn 30 zu § 63; ders.
Kartellverfahrensrecht, S. 495). Unabhängig davon ist für die Abgrenzung der
Anfechtungs- von der Verpflichtungsklage richtigerweise nicht auf die
Antragsbedürftigkeit, sondern darauf abzustellen, ob der Kläger lediglich einen
Verwaltungsakt beseitigt sehen oder einen ihn begünstigenden Verwaltungsakt
erlangen will, da andernfalls die Verpflichtungsbeschwerde nur in förmlichen
Antragsverfahren zulässig wäre (Pietzcker, a.a.O., Rn 114 zu § 42 Abs. 1 VwGO; zu §
63 GWB: K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 4. A. 2007, Rn 30 zu
§ 63).
36
Die Betroffene ist auch beschwerdebefugt i.S.d. § 75 Abs. 3 Satz 1 EnWG. Erforderlich,
aber auch ausreichend ist es, wenn der Beschwerdeführer geltend machen kann, durch
die Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. nur Preedy in
Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, Rn 10 zu § 75; zu § 63 GWB: K. Schmidt in
Immenga/Mestmäcker, Rn 31 zu § 63). Der Netzbetreiber, der das Prüfungsverfahren
durch seine Anzeige nach § 3 Abs. 2 GasNEV auslöst, hat einen Anspruch auf eine
verfahrensabschließende Entscheidung, mit der die Behörde das Ergebnis ihrer Prüfung
verbindlich feststellt. Ihm steht ein Anspruch auf eine positive Feststellung zu, wenn er
die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 GasNEV erfüllt, sein überregionales
Fernleitungsnetz also zum überwiegenden Teil wirksamem bestehenden oder
potentiellen Leitungswettbewerb ausgesetzt ist. Damit steht für ihn fest, dass er seine
Entgelte bis zur Fälligkeit der Folgeanzeige nach Maßgabe des § 19 GasNEV bilden
kann. Durch eine negative Entscheidung wird er dementsprechend in seinen rechtlich
geschützten Interessen verletzt.
37
2. Der Antrag zu 2) ist auf Folgenbeseitigung gerichtet und grundsätzlich zulässig, wenn
die Beschwerdeführerin durch einen rechtswidrigen Beschluss über dessen Aussage
hinaus beschwert wird.
38
II.
39
In der Sache hat die Beschwerde der Betroffenen aus den mit den Beteiligten in der
Senatssitzung erörterten Gründen keinen Erfolg. Zu Recht hat die Beschlusskammer 4
mit dem angegriffenen Beschluss festgestellt, die Betroffene habe den ihr obliegenden
Nachweis nicht erbracht, dass ihr überregionales Fernleitungsnetz zu einem
überwiegenden Teil wirksamem bestehenden oder potenziellen Leitungswettbewerb
ausgesetzt ist und sie daher als verpflichtet angesehen, einen Antrag auf Genehmigung
ihrer Entgelte für den Gasnetzzugang gem. § 23 a EnWG zu stellen. Von daher kommt
es auf die von den beteiligten Verbänden aufgeworfene Frage, ob die
Ausnahmeregelung mit höherrangigem Recht – der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005
(FerngasVO) sowie der Richtlinie 2003/55/EG – vereinbar ist, nicht entscheidend an.
40
Da der angefochtene Beschluss rechtmäßig ist, ist auch der Folgenbeseitigungsantrag
unbegründet.
41
1. Ohne Erfolg wendet die Betroffene ein, sie habe den Nachweis, dass ihr
überregionales Fernleitungsnetz zu einem überwiegenden Teil wirksamem
bestehenden oder potenziellen Leitungswettbewerb ausgesetzt sei, erbracht, da sie –
unstreitig - die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 GasNEV erfülle. Die Erfüllung der dort
genannten Kriterien indiziert nicht wirksamen bestehenden oder potenziellen
Leitungswettbewerb, denn sie stellen nach ganz h.M. nur Mindestanforderungen für sein
Vorliegen dar (vgl. nur: Büdenbender/Rosin, Energierechtsreform 2005, S. 245 ff.;
Olbricht, Netzzugang in der deutschen Gaswirtschaft, 2008, 323 f.; Däuper/Scharrer,
ZNER 2007, 18, 19 f.; Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, Rn. 29 zu § 24; Schultz in:
Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 10. A.,
Rdnr. 94 zu Sonderbereich Energiewirtschaft als Anhang zum 5. Abschnitt).
42
Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck sowie Systematik der Norm lassen
entgegen der Auffassung der Betroffenen kein anderes Verständnis zu.
43
1.1. Gem. § 3 Abs. 2 S. 1 GasNEV können Betreiber von überregionalen
Gasfernleitungsnetzen die Entgelte für die Nutzung der Fernleitungsnetze abweichend
von den §§ 4 bis 18 GasNEV nach Maßgabe des § 19 GasNEV bilden, wenn das
Fernleitungsnetz zu einem überwiegenden Teil wirksamem bestehenden oder
potenziellen Leitungswettbewerb ausgesetzt ist. Nach § 3 Abs. 2 S. 2 GasNEV ist
Voraussetzung für sein Vorliegen "zumindest, dass
44
die überwiegende Zahl der Ausspeisepunkte des Netzes in Gebieten liegt, die auch
über überregionale Gasfernleitungsnetze Dritter erreicht werden oder unter
kaufmännisch sinnvollen Bedingungen erreicht werden können, oder
45
dass die überwiegende Menge des transportierten Erdgases in Gebieten ausgespeist
wird, die auch über überregionale Gasfernleitungsnetze Dritter erreicht werden oder
unter kaufmännisch sinnvollen Bedingungen erreicht werden können".
46
Schon der Wortlaut der Norm mit der Formulierung "zumindest" spricht daher dafür, dass
das Vorliegen eines wirksamen Leitungswettbewerbs die in Satz 2 geforderten Kriterien
als Mindestvoraussetzungen erfordert. Ihm lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass
die aufgeführten Kriterien – wie die Betroffene geltend machen will - schon hin- oder
ausreichend sein sollen, um von einer kostenorientierten Entgeltbildung abzusehen.
47
Ebenso wenig ist angesichts des Wortlauts der Norm davon auszugehen, dass beim
Vorliegen dieser Kriterien von einem (starken) Indiz oder einer Vermutung für
Leitungswettbewerb auszugehen wäre. Eine solche Indiz- oder Vermutungswirkung
findet im Wortlaut der Vorschrift keinen Niederschlag, von ihr hat der Verordnungsgeber
vielmehr – wie nachstehend noch ausgeführt wird - ausdrücklich abgesehen.
1.2. Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht ebenfalls für das Verständnis der
Beschlusskammer, dass es sich bei den normierten Kriterien nur um
Mindestvoraussetzungen handelt.
48
In dem ersten Entwurf der GasNEV – vom 30.11.2004 – hatte der Verordnungsgeber –
angelehnt an die VV Gas II - für "Betreiber von Fernleitungsnetzen, aus denen
ausschließlich oder überwiegend in Gasverteilnetze eingespeist wird," die
Entgeltbildung nach dem Vergleichsverfahren und damit normativ ihre völlige
Freistellung der von der kostenorientierten Entgeltbildung vorgesehen. Begründet hatte
er dies lediglich damit, dass diese Leitungssysteme regelmäßig durch wesentlichen
Leitungswettbewerb gekennzeichnet seien. Dies ist ganz überwiegend auf Kritik
gestoßen, die Mehrzahl der öffentlich angehörten Sachverständigen – die Beigeladene
zu 1), das Bundeskartellamt, die Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post
RegPT, der Verband Deutscher Gas- und Stromhändler e.V., Prof. Dr. Büdenbender,
Rechtsanwalt Christian von Hammerstein, - haben die Vermutung des
Leitungswettbewerbs als nicht der Marktrealität entsprechend und als im Widerspruch
zu den Feststellungen der EU-Kommission, des Bundeskartellamts und der
Monopolkommission stehend kritisiert. Von daher haben sie gefordert, für alle Netze von
der grundsätzlichen Annahme auszugehen, dass kein Wettbewerb existiere. Sollte
dennoch Wettbewerb auftreten, so sollten die beteiligten Netzbetreiber – im Wege der
Beweislastumkehr – die notwendigen Nachweise für die konkret betroffenen
Einzelleitungen vorlegen (s. BT-Ausschussdrs. 15(9)1604, S. 32; 15(9)1597, S. 62 f.;
15(9),1607, S. 67 f.; 15(9)1598, S. 71; 15(9)1511, S. 181; 15(9)1605, S. 75 ff.; Protokoll
der öffentlichen Anhörung 15/81, S. 1387).
49
Der daraufhin vorgelegte Entwurf des § 3 Abs. 2 S.2 GasNEV sah sodann ausdrücklich
eine Vermutungswirkung für bestehenden oder potenziellen Leitungswettbewerb
überregionaler Fernleitungsnetzbetreiber beim Vorliegen der Anknüpfungskriterien vor,
denn es hieß dort: "Wirksamer bestehender oder potentieller Wettbewerb wird
insbesondere vermutet, wenn (…)" (§ 3 Abs. 2 S. 2 GasNEV-Entwurf, BR-Drs. 247/05, S.
4). Zur Begründung war ausgeführt, dass Transportwettbewerb im Sinne von strukturell
bestehenden Transportalternativen auf der überregionalen Ferngasstufe beispielsweise
durch "pipe-to-pipe" und "pipe-in-pipe"-Wettbewerb indiziert werde. Mit den
Vermutungstatbeständen wollte man vorab "in diesem nicht abschließenden Katalog"
konkretisieren, "woran sich wirksamer aktueller oder potentieller Wettbewerb
festmachen" lasse. Schon an diese Vermutungstatbestände sollte die
Regulierungsbehörde nicht ausschließlich gebunden sein, sie sollte sie lediglich
berücksichtigen (BR-Drs. 247/05, S. 24 f.). Auch hiergegen sind wiederum zahlreiche
Kritikpunkte vorgebracht worden. So ist insbesondere kritisiert worden, dass auch das
Abstellen auf eine technisch und wirtschaftlich überwiegende Erreichbarkeit in
Kombination mit einer weit reichenden Vermutungsregel nicht von der
Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei, des weiteren ist angezweifelt worden, ob die
gewählten Kriterien hinreichend seien (BR-Drs. 248/1/05 (neu), S. 4; s.a.:
Büdenbender/Rosin, a.a.O., S. 245 f.; Däuper/Scharrer, ZNER 2007, 18, 19). Vor diesem
Hintergrund hat der Verordnungsgeber im Verlaufe des auch insoweit angestrengten
50
Vermittlungsverfahrens von der Vermutungsregel Abstand genommen und die
Möglichkeit der Preisbildung auf der Grundlage des Vergleichsmarktmodells daran
geknüpft, dass der Ferngasnetzbetreiber den jedenfalls zu fordernden Nachweis
wirksamen (tatsächlich oder potenziell) bestehenden Leitungswettbewerbs erbringt.
1.3. Sinn und Zweck der Norm und ihre Systematik lassen ebenfalls kein anderes
Verständnis zu.
51
Der Gesetzgeber hat in § 24 S. 2 Nr. 5 EnWG die vielfach kritisierte Möglichkeit einer
Ausnahme vom Grundsatz der kostenorientierten Entgeltregulierung bei bestehendem
oder potenziellem Leitungswettbewerb mit der Folge vorgesehen, dass die
Entgeltbildung auf der Grundlage eines marktorientierten Verfahrens erfolgt. Diese
Befugnis steht im Einklang mit Erwägungsgrund 7 EU FerngasVO (Verordnung (EG) Nr.
1775/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.09.2005 über die
Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen), der die
Berücksichtigung von Tarifvergleichen als relevante Methode dann vorsieht, wenn
tatsächlich Leitungswettbewerb zwischen verschiedenen Fernleitungen vorliegt.
Entscheidende Voraussetzung für das Abweichen von der grundsätzlich vorgesehenen
kostenorientierten Entgeltbildung ist damit das Vorliegen von (bestehendem oder
potentiellem) Leitungswettbewerb. Nur in diesem Ausnahmefall dürfen die Betreiber von
überregionalen Gasfernleitungsnetzen ihre Netzentgelte ohne eine Kostenkontrolle,
also ohne die ex ante-Genehmigung der kostenorientierten Entgeltbildung bestimmen.
Statt ihrer muss sichergestellt sein, dass die Bildung der Netzentgelte einer
wettbewerblichen Kontrolle unterworfen ist.
52
Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber nur beim Zugang zu
überregionalen Ferngasleitungen durch § 3 Abs. 2 GasNEV Gebrauch gemacht, da aus
seiner Sicht allenfalls die Marktstrukturen dieser Ebene angesichts des teilweise
parallelen Leitungsbaus daran zweifeln lassen könnten, ob auch hier das im Bereich der
Netzwirtschaften grundsätzlich bestehende natürliche Monopol vorliegt.
53
Dass der erforderliche wirksame (potentielle oder tatsächliche) Leitungswettbewerb
besteht, lässt sich aufgrund des positiven Nachweises der in Ziffer 1 und 2 des § 3 Abs.
2 Satz 2 genannten Kriterien nach alledem gerade nicht feststellen. Wenn die
überwiegende Zahl von Ausspeisepunkten in Gebieten liegt, die auch über
überregionale Gasfernleitungsnetze Dritter erreicht werden oder unter kaufmännisch
sinnvollen Bedingungen erreicht werden können, oder die überwiegende Menge des
transportierten Gases in solche Gebiete ausgespeist wird, sagt dies allein noch nichts
über einen tatsächlich auch bestehenden wirksamen Leitungswettbewerb aus.
Leitungswettbewerb besteht dann, wenn Kunden, die nach der Dienstleistung
"Gastransport" in Form von Ein- oder Ausspeisekapazitäten nachfragen, tatsächlich auf
andere Anbieter ausweichen können, also Alternativen fremder Anbieter zur Verfügung
stehen. Wirksam ist er nur dann, wenn er die beteiligten Marktteilnehmer auch dergestalt
diszipliniert, dass sie ihre Spielräume nicht ungerechtfertigt ausnutzen können. Mit den
Kriterien des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GasNEV wollte der Verordnungsgeber daher nur
eine Vorprüfung vorschalten, ob überhaupt die technischen Voraussetzungen für eine
Transportalternative vorliegen. Neben der Transportmöglichkeit des einen
Fernleitungsnetzbetreibers müssen auch die technischen Voraussetzungen für
mindestens noch eine weitere Transportmöglichkeit eines anderen
Fernleitungsnetzbetreibers gegeben sein. Kann der Netzbetreiber dies schon nicht
nachweisen, ist der Nachweis wirksamen Wettbewerbs von vorneherein gescheitert.
54
Andernfalls kommt es weiter auf die Wettbewerbssituation des konkreten Netzbetreibers
an, denn das bloße Vorhandensein von mehreren Transportalternativen in technischer
Hinsicht sagt nichts darüber aus, dass sie auch tatsächlich genutzt werden oder
potentiell genutzt werden können, ob sie dem gleichen relevanten Markt angehören
oder unterschiedlichen Marktgebieten zuzuordnen sind, oder ob es
Marktzutrittsschranken gibt.
2. Dass das überregionale Gasfernleitungsnetz der Betroffenen zu einem
überwiegenden Teil wirksamem bestehendem oder potenziellem Leitungswettbewerb
ausgesetzt ist, hat sie weder im Verwaltungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren
nachgewiesen.
55
2.1. Das Vorliegen eines wirksamen bestehenden oder potenziellen Wettbewerbs hat
der Netzbetreiber nachzuweisen.
56
Zwar ist im Verwaltungsverfahren die Behörde grundsätzlich verpflichtet, den
Sachverhalt in eigener Verantwortung aufzuklären (§ 24 VwVfG). Gem. § 26 Abs. 2
VwVfG besteht daneben eine Mitwirkungslast der Beteiligten, die zu der Ermittlung des
Sachverhalts insbesondere durch Angabe der ihnen bekannten Tatsachen und
Beweismittel beitragen sollen. Diese begrenzt die Amtsaufklärungspflicht der
Verwaltungsbehörde bezüglich solcher Tatsachen, die der Beteiligte ihr zu unterbreiten
hat (BGH, Beschluss vom 3. März 2009, EnVR 79/07, S. 9 BA). Darüber hinaus können
den Beteiligten gem. § 26 Abs. 2 Satz 3 VwVfG weitergehende Mitwirkungspflichten
treffen, wenn und soweit sie in Spezialgesetzen vorgesehen sind. Nach § 3 Abs. 3 Satz
1 GasNEV trifft den überregionalen Fernleitungsnetzbetreiber, der seine Entgelte nach
Abs. 2 bildet, die Pflicht, dies unverzüglich der Regulierungsbehörde anzuzeigen und
das Vorliegen der in Abs. 2 genannten Voraussetzungen nachzuweisen. Damit obliegt
ihm nicht nur die Darlegung der in § 3 Abs. 2 S. 2 GasNEV genannten
Mindestvoraussetzungen, sondern auch der Nachweis, dass sein Fernleitungsnetz zu
einem überwiegenden Teil wirksamem bestehenden oder potenziellen Wettbewerb
i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 GasNEV ausgesetzt ist (vgl. auch Missling in: Danner/Theobald,
Energierecht, 60. Ergänzungslieferung 2008, Einführung, Rdnr. 23 ff.;
Büdenbender/Rosin, Energierechtsreform 2005, S. 246; Olbricht, Netzzugang in der
deutschen Gaswirtschaft, 2008, 323 ff ). Diese Nachweispflicht ist – wie oben ausgeführt
– auf Drängen verschiedener Sachverständiger im Gesetzgebungsverfahren durch den
Verordnungsgeber noch eingeführt worden.
57
2.2. Wirksamen bestehenden Leitungswettbewerb hat die Beschlusskammer zu Recht
für das Netz der Betroffenen nicht feststellen können.
58
2.2.1. Die Kritik der Betroffenen, die Beschlusskammer habe mit der Prüfung des
Vorliegens wirksamen bestehenden Leitungswettbewerbs zusätzliche, im
Verordnungstext nicht vorgesehene Prüfkriterien aufgestellt und damit ihre
Kompetenzen überschritten, ist unbegründet. Die Beschlusskammer hat in einem ersten
Schritt festgestellt, dass die Betroffene die Mindestvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz
2 GasNEV erfüllt und im Anschluss daran untersucht, ob das Netz wirksamem
potenziellen oder bestehenden Leitungswettbewerb ausgesetzt ist. Dabei hat sie den
unbestimmten Rechtsbegriff des Leitungswettbewerbs zutreffend ausgelegt.
59
Wirksamer bestehender Leitungswettbewerb liegt nur dann vor, wenn die Preise für die
Nutzung des überregionalen Fernleitungsnetzes durch tatsächlich bestehenden
60
Wettbewerb kontrolliert werden. Von daher ist es nicht zu beanstanden, dass die
Beschlusskammer an das Merkmal des Leitungswettbewerbs den Maßstab angelegt
hat, ob wettbewerblich nicht hinreichend kontrollierte Verhaltensspielräume bestehen.
Nur wenn solche Preissetzungsspielräume nicht bestehen, soll der überregionale
Fernleitungsnetzbetreiber nach dem Willen des Verordnungsgebers von der
kostenorientierten Entgeltbildung freigestellt werden und statt dessen einer milderen
Form der Entgeltbildung in einem marktorientierten Verfahren, dem Vergleichsverfahren
unterliegen.
Dieses Verständnis des Begriffs des Leitungswettbewerbs steht – worauf die
Bundesnetzagentur zu Recht hinweist – schon im Einklang mit dem des Wettbewerbs in
anderen Rechtsgebieten, insbesondere im nationalen und gemeinschaftlichen
Telekommunikations- und Kartellrecht. Darüber hinaus wird nur mit diesem Verständnis
sichergestellt, dass die marktorientierte Entgeltbildung als Ausnahme von der
kostenorientierten Entgeltbildung nur dann Anwendung findet, wenn auch mit ihr die
Regulierungsziele gem. § 1 EnWG erreicht werden können. Fehlt nämlich eine
wirksame Preiskontrolle durch den Wettbewerb, ist von einem generell überhöhten
Preisniveau im Markt auszugehen. Dann aber würde mit der marktorientierten
Entgeltregulierung nicht erreicht, dass die Entgelte Ist-Kosten, die denen eines
effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen, widerspiegeln
oder sich ihnen annähern (kritisch daher: Olbricht, Netzzugang in der deutschen
Gaswirtschaft, 2008, 326 f.).
61
2.2.2. Fehl geht auch die Rüge, die Beschlusskammer habe den relevanten Markt
fehlerhaft abgegrenzt, indem sie zwischen ein- und ausspeiseseitigen
Transportdienstleistungen differenziere. Vor dem Hintergrund des § 20 Abs. 1 b EnWG
kann Wettbewerb nicht mehr zwischen Leitungen, sondern nur zwischen Ein- und
Ausspeisepunkten herrschen, die ein bestimmtes Gebiet erschließen. Von daher ist es
im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Beschlusskammer über die von als ihr
erforderlich angesehene Marktabgrenzung nur die Anbieter solcher Kapazitäten als
potentielle Wettbewerber in den Blick genommen hat.
62
2.2.2.1. Bei den in § 3 Abs. 2 S. 2 GasNEV normierten Voraussetzungen handelt es sich
lediglich um Mindestvoraussetzungen, so dass die dort vorgegebenen Kriterien schon
nicht abschließend sind. Schon von daher kommt dem Umstand, dass § 3 Abs. 2 Satz 2
Nr. 1 und 2 EnWG auf die Ausspeiseseite abstellt, keine entscheidende Bedeutung zu.
Vielmehr ist vor dem Hintergrund des Gasnetzzugangsmodells des § 20 Abs. 1 b Satz 2
und 3 EnWG bei der Prüfung nach § 3 Abs. 3 S. 3 GasNEV, die im Übrigen ausdrücklich
auf die Voraussetzungen nach "Absatz 2 Satz 1 und 2" abstellt, zwischen ein- und
ausspeiseseitigen Transportdienstleistungen zu differenzieren.
63
§ 20 Abs. 1 b Satz 1 EnWG legt fest, dass der Gasnetzzugang auf der Buchung der
Einspeise- und Ausspeisekapazitäten aufbaut (so gen. Entry-Exit-Modell). Sie sollen
den Netzzugang ohne Festlegung eines transaktionsabhängigen Transportpfads
ermöglichen und unabhängig voneinander nutz- und handelbar sein. Weil Ein- und
Ausspeisekapazitäten unabhängig voneinander nutzbar sind, können Kapazitäten in
unterschiedlicher Höhe und zeitlich voneinander abweichend gebucht werden (§ 4 Abs.
3 GasNZV). Des Weiteren ist die Nutzung der Kapazitätsrechte nicht vom Besitz oder
Erwerb korrespondierender Rechte abhängig, so dass auch das Einspeiseentgelt nicht
davon abhängen darf, welcher Ausspeisepunkt genutzt wird. In Abkehr von dem unter
der Geltung der VV Gas II praktizierten entfernungsabhängigen Kontraktpfadmodell
64
sieht § 20 Abs. 1 b EnWG in Satz 2 und 3 daher den Abschluss von Ein- und
Ausspeiseverträgen zwischen Netzbetreiber und Transportkunden vor. Kernelement des
Entry-Exit-Modells ist damit die Abkopplung des vertraglichen Zugangsanspruchs von
dem tatsächlichen physischen Gasfluss. Grundsätzlich ermöglichen jeweils ein Ein- und
Ausspeisevertrag den Zugang zu den Gasversorgungsnetzen in ihrer Gesamtheit. Der
Transportkunde muss allerdings nicht zwangsläufig zwei Netzzugangsverträge
abschließen. Er kann auch lediglich Einspeisekapazitäten oder Ausspeisekapazitäten
buchen und sich so auf ein Kerngeschäft, wie etwa den Import von Gas oder den
Vertrieb an den Letztverbraucher konzentrieren. Beide Verträge beziehen sich auf den
so genannten virtuellen Handelspunkt eines Marktgebiets: der Einspeisevertrag
ermöglicht den Zugang zu diesem, der Ausspeisevertrag regelt den Transport vom
virtuellen Handelspunkt des Marktgebiets zu dem Punkt, an dem das Gas aus dem Netz
entnommen wird. Von daher sind die Nachfrager von Einspeise- und
Ausspeiseprodukten überregionaler Fernleitungsnetzbetreiber in der Regel nicht
identisch.
§ 20 Abs. 1 b EnWG ist im Verhältnis zu § 3 Abs. 2 GasNEV nicht nur das höherrangige
Recht, sondern in der Gesetzgebungshistorie auch die jüngere Vorschrift. Seine
Einführung wurde erst im März 2005 durch Änderungsanträge der damaligen
Regierungsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Wirtschaft und
Arbeit ausgelöst (Ausschuss-Drs. 15(9)1811 vom 15.03.2005, S. 12; s.a.
Neveling/Gewehr in: Danner/Theobald, EnWG, Abschnitt I B1, Rdnr. 17 zu § 20 Abs. 1
b). Der Entwurf der GasNZV (BR-Drs. 246/05) sah hingegen nur ein nominelles Entry-
Exit-Modell vor, das Ein- und Ausspeiseverträge mit jedem Netzbetreiber erforderte, Die
Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 GasNEV stellt mit dem "Leitungswettbewerb"
allerdings auf den konkreten, vom Transportkunden zu buchenden Transportpfad und
damit auf insoweit gegebene Transportalternativen ab. Ganz offensichtlich reichte nach
der grundlegenden Umgestaltung des § 20 Abs. 1 b EnWG im Vermittlungsverfahren die
Zeit nicht aus, um alle Vorschriften der GasNZV bzw. der GasNEV anzupassen (s.a.
Arndt in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, Rdnr. 126 ff. zu § 20; de Wyl/Müller-
Kirchenbauer/Thole in: Schneider/Theobald, EnWR, 2008, § 15 Rdnr. 279 ff.). Im
Übrigen hat gerade der Umstand, dass andere für die Annahme von
Leitungswettbewerb notwendige Bedingungen wie die Parallelität von
Einspeisepunkten, Gasqualität, freie Kapazitäten und wettbewerbliches Verhalten bei
den Entwürfen zu § 3 Abs. 2 GasNEV völlig außer Betracht geblieben waren, zur
Anrufung des Vermittlungsausschusses geführt (BR-Drs. 248/1/05 (neu), S. 4).
65
Das als Anlage BF 2 von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten von C verkennt,
dass Einspeisung und Ausspeisung nicht substituierbar sind, da der Transportkunde -
wie oben ausgeführt - nicht zwangsläufig zwei Netzzugangsverträge abschließen muss.
Deshalb ist es auch unerheblich, ob die Einspeisemengen mit den Ausspeisemengen
übereinstimmen. Der Handel am virtuellen Punkt hängt nicht mehr notwendig mit den
Kapazitätsbuchungen zusammen, auch wenn der Transportkunde in der Regel die
erforderlichen Kapazitäten buchen wird, um seine Versorgungszusage einhalten zu
können.
66
2.2.2.2. Aus dem Gasnetzzugangsmodell des § 20 Abs. 1 b EnWG folgt nicht, dass die
Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 GasNEV leer laufen muss. Allerdings gibt es den
"Punkt–zu-Punkt-Wettbewerb", an den der Verordnungsgeber mit dem
"Leitungswettbewerb" angeknüpft hat, nicht mehr, denn durch die
Transportpfadunabhängigkeit der Buchung wird der Ausspeisepunkt nicht mehr einem
67
konkreten Einspeisepunkt zugeordnet. "Leitungswettbewerb" kann jedoch vor dem
Hintergrund des Gasnetzzugangsmodells des § 20 Abs. 1 b EnWG dahin ausgelegt
werden, dass ein solcher Wettbewerb zwischen Ein- und Ausspeisepunkten stattfindet,
die ein bestimmtes Gebiet erschließen. Diese – enge - Auslegung wird dem
Ausnahmecharakter des § 3 Abs. 2 GasNEV und der Intention des Verordnungsgebers,
nur bestehende Transportalternativen zu einer transportpfadabhängigen Buchung bei
der Prüfung eines "Leitungswettbewerbs" in den Blick zu nehmen, gerecht. Als
konkurrierend können daher nur Anbieter angesehen werden, die an demselben Ein-
oder Ausspeisepunkt gleiche Kapazitäten anbieten (können). Ob die weitere
Marktabgrenzung der Beschlusskammer – wie die überregionalen
Fernleitungsnetzbetreiber vor dem Senat rügen – im Einzelnen zu eng ist und daher zu
einer Atomisierung der Märkte führt, bedarf daher aus Sicht des Senats keiner
Erörterung, zumal sich – wie nachstehend ausgeführt ist - unabhängig davon wirksamer
Leitungswettbewerb für das Netz der Betroffenen nicht feststellen lässt.
Die Beschwerdeführerin wendet ein, mit den inländischen Produktionsleitungen sei
regelmäßig nur ein überregionaler Gasfernleitungsnetzbetreiber verbunden; die
Beschwerdeführerin, die ihr Gas fast ausschließlich aus inländischen Quellen beziehe,
könne so praktisch nie die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 GasNEV erfüllen; an den
entsprechenden Übergabepunkten könne denklogisch kein Wettbewerb bestehen.
Gerade darin liegt der Ausschluss des Wettbewerbs. Wenn die inländische
Produktionsstätte von keinem anderen Gastransporteur erreicht wird, dann kann an
diesen Übergabepunkten kein Wettbewerb vorliegen. Bezogen auf die Gesamtmenge
des eingespeisten und des ausgespeisten Gases ist es bereits wegen der davon
betroffenen Einspeisemenge ausgeschlossen, dass das Fernleitungsnetz der
Beschwerdeführerin zu einem überwiegenden Teil wirksamem bestehenden oder
potenziellen Leitungswettbewerb ausgesetzt ist.
68
2.2.2.3. Unerheblich ist, dass sich im Netzgebiet der Beschwerdeführerin mehrere
Marktgebiete überlappen. Dass es – etwa bei teilweise überlagernden Netzen, aber
auch innerhalb eines Marktgebiets – theoretisch alternative Transportmöglichkeiten
geben mag, kann aus weiteren Gründen keine Berücksichtigung finden.
69
Streng genommen handelt es sich insoweit um andere regulierungsbedingte Folgen
und damit nicht um Leitungswettbewerb in dem vom Gesetz- und Verordnungsgeber
gewollten Sinne. Durch die Einführung des neuen Gasnetzzugangsmodells zum ist der
Gasnetzzugang zumindest innerhalb eines Marktgebiets auf der Basis von nur noch
zwei Verträgen möglich. Die ursprünglich in der Kooperationsvereinbarung I vom
angegebene Zahl von Marktgebieten zu Beginn des Gaswirtschaftsjahres wurde bis
zum Beginn des darauffolgenden Gaswirtschaftsjahres sukzessive auf , zum auf und
zum auf (je L- und H-Gas-Gebiete) reduziert. Dies hat zur Folge, dass sich der
überregionale Fernleitungsnetzbetreiber innerhalb eines Marktgebiets faktisch nicht
mehr einem Wettbewerb stellt, indem er lediglich in ein nachgelagertes Netz ausspeist.
Das Zweivertragssystem bringt es mit sich, dass der das Ausspeiseentgelt zahlende
Transportkunde keinen Einfluss auf die Wahl des Anbieters der vorgelagerten
Netzebenen hat, weil die jeweiligen Kapazitäten nicht von ihm, sondern von dem
jeweiligen nachgelagerten Netzbetreiber gebucht werden, der das Entgelt nur als
durchlaufenden Posten weiterreicht. Das mit dem Zweivertragsmodell verbundene
System der Kosten-/Entgeltwälzung hat zur Folge, dass im Ausspeiseentgelt, das der
Transportkunde an den Ausspeisenetzbetreiber entrichtet, die Entgelte für alle
vorgelagerten Netzebenen enthalten sind.
70
Bei marktgebietsüberschreitenden Transporten oder überlappenden Marktgebieten mag
es – theoretisch – Transportalternativen geben. Faktisch handelt es sich – jedenfalls
derzeit - nicht um echte Alternativen. Da der Transportkunde regelmäßig langfristige
Bezugsbindungen eingegangen ist, sind die Kapazitäten an den Ein- und
Ausspeisepunkten eines Marktgebiets in der Regel damit korrespondierend langfristig
ausgebucht. Daher bestehen an den meisten internationalen Grenzkuppelstellen, aber
auch an den Ein- und Ausspeisepunkten zwischen den Marktgebieten signifikante
Kapazitätsengpässe. Weil aufgrund dieser vertraglichen und physischen Engpässe
keine freien Kapazitäten buchbar sind, spielen alternative Transportangebote nach den
Feststellungen der Beschlusskammer und der Monopolkommission in ihrem 54.
Sondergutachten vom 4. August 2009 (S. 139 ff., Tz. 362 ff.) de facto derzeit keine Rolle.
71
Damit befasst sich das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten der
Professoren C nicht. Die Autoren des Gutachtens "gehen von wirksamem Wettbewerb
aus, sobald absolut mehr multiple als singuläre Verknüpfungspunkte vorliegen" (S. 31
des Gutachtens). Aus dem Vorhandensein multipler Punkte allein kann aber nach den
vorstehenden Feststellungen nicht auf wirksamen Wettbewerb geschlossen werden.
72
2.2.3. Das Vorliegen wirksamen Leitungswettbewerbs in diesem Sinne lässt sich nur mit
Hilfe geeigneter Indikatoren feststellen. Neben den vom Verordnungsgeber
vorgegebenen Mindestkriterien muss der überwiegende Teil des Fernleitungsnetzes
wirksamem Leitungswettbewerb ausgesetzt sein. Seine disziplinierende Wirkung muss
sich im Marktverhalten widerspiegeln. Wird durch eine echte "Transportalternative" im
obigen Sinne erhöhter Wettbewerbsdruck ausgeübt, kommt dies in der Regel in
Wechselraten
Preissetzungsverhalten
entscheidende Bedeutung kommt der
Kapazitätssituation
Kapazitäten in nicht unerheblichem Umfang angeboten werden können, kann der
Wechselwillige frei zwischen den Alternativen wählen und sieht der Netzbetreiber seine
Preise einem echten Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Knappe Kapazitäten an den Ein-
und Ausspeisepunkten sprechen hingegen gegen Leitungswettbewerb. Davon zu
unterscheiden und für die Wettbewerbsbetrachtung unerheblich ist der von der
Betroffenen aufgezeigte Aspekt, dass Leerkapazitäten dem Effizienzkriterium
widersprechen könnten. All die genannten Kriterien, die der Netzbetreiber unschwer für
sein Netz darlegen und nachweisen kann, sind einer Gesamtwürdigung zu unterziehen.
73
2.2.4. Indizien, die darauf hinweisen, dass das Fernleitungsnetz der Betroffenen
überwiegend wirksamem bestehenden Leitungswettbewerb ausgesetzt ist, lassen sich
nicht feststellen. Der Senat geht vielmehr schon angesichts der von der Betroffenen
konzedierten sehr hohen Kapazitätsauslastung davon aus, dass es in dem
überwiegenden Teil ihres Netzes keinen wirksamen bestehenden Leitungswettbewerb
gibt. Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall, denn nach dem am 4. August 2009
gem. § 62 Abs. 1 EnWG vorgelegten 54. Sondergutachten der Monopolkommission
"Strom und Gas 2009: Energiemärkte im Spannungsfeld von Politik und Wettbewerb"
stellt die Kapazitätssituation an den internationalen Grenzkuppelstellen wie auch im
Inland nach wie vor das signifikante Wettbewerbshindernis dar (S. 14, 120 ff., 125 ff.,
139 ff.).
74
2.2.4.1. Aus dem Umstand, dass es Wechselfälle gab, kann die Beschwerdeführerin
nichts herleiten.
75
. . .
76
Im Übrigen führt die Betroffene nicht einen einzigen konkreten Fall auf, in dem einer
ihrer Kunden eine solche Wechselmöglichkeit oder den ihm angebotenen günstigeren
Preis eines potentiellen Wettbewerbers als Verhandlungspotential eingeführt hätte. Die
Marktbefragung hat ergeben, dass nicht ein Unternehmen im Abfragezeitraum für die
Belieferung ihrer Kunden zu der Betroffenen hin oder von der Betroffenen weg
gewechselt hat; nicht ein Unternehmen hat angegeben, dass die Betroffene für den
Abfragezeitraum aktiv ein Netznutzungsangebot gemacht hätte (S. 54 des Beschlusses).
77
2.2.4.2. Die Kapazitätsauslastung bei der Betroffenen spricht auch nicht für bestehenden
Wettbewerb. Die Bundesnetzagentur weist zu Recht darauf hin, dass wirksamer
Leitungswettbewerb voraussetzt, dass am Markt freie Kapazitäten weiterer Netzbetreiber
vorhanden sein müssen, die alternative Angebote zu den Transportdienstleistungen der
Beschwerdeführerin ermöglichen. Das Gasfernleitungsnetz der Betroffenen war nach
einer Auswertung zum zu einem hohen Prozentsatz ausgebucht.
78
. . .
79
Wie die Vertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung erklärt haben,
sind diese freien Kapazitäten seit dem ohne Erfolg auf der Internetseite der
Beschwerdeführerin angeboten worden. Das spricht insbesondere im Zusammenhang
mit dem Ergebnis der Marktbefragung gegen bestehenden Wettbewerb. Nicht eines der
an der Befragung teilnehmenden Unternehmen hat im Abfragezeitraum für die
Belieferung ihrer Kunden zu der Betroffenen hin oder von der Betroffenen weg
gewechselt. Nicht ein Unternehmen hat angegeben, dass die Betroffene für den
Abfragezeitraum aktiv ein Netznutzungsangebot gemacht hätte (S. 54 des Beschlusses).
80
2.2.4.3. Aus dem Preissetzungsverhalten der Betroffenen lässt sich ebenfalls nicht der
Schluss ziehen, dass der überwiegende Teil ihres Netzes wirksamem Wettbewerb
ausgesetzt ist. Die Beschwerdeführerin trägt hierzu vor, dass sie aufgrund bestehenden
Leitungswettbewerbs zuletzt in ihre Ausspeiseentgelte gesenkt habe. Gegen die
Behauptung der Beschwerdeführerin, ihr Preissetzungsverhalten sei auf
Wettbewerbsdruck zurückzuführen, spricht indessen, . . . . Hier bestätigt sich die
Annahme der Beschlusskammer, dass auch die vertikale Integration der Vertriebs- und
Handelstätigkeiten einerseits und der Netztätigkeiten andererseits wirksamem
bestehenden Leitungswettbewerb regelmäßig entgegenstehen, weil es für den
verbundenen Vertrieb aus Konzernperspektive ökonomisch sinnvoll ist, Kapazitäten
vorzugsweise bei der Konzerntochter zu buchen, damit die Netzentgelte nicht einem
konkurrierenden Konzern zugute kommen. Ihre Höhe spielt in der Gesamtbilanz zudem
keine Rolle (S. 54 des Beschlusses).
81
In diesem Zusammenhang ist auch wieder auf die eigene Darstellung der
Beschwerdeführerin hinzuweisen, mit den inländischen Produktionsleitungen sei
regelmäßig nur ein überregionaler Gasfernleitungsnetzbetreiber verbunden; die
Beschwerdeführerin, die ihr Gas fast ausschließlich aus inländischen Quellen beziehe,
könne so praktisch nie die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 GasNEV erfüllen; an den
entsprechenden Übergabepunkten könne denklogisch kein Wettbewerb bestehen. Wie
bereits ausgeführt, spricht dies für einen Ausschluss des Wettbewerbs. Wenn die
inländische Produktionsstätte von keinem anderen Gastransporteur erreicht wird, dann
82
spricht dies gegen eine Bildung der Netzentgelte unter Wettbewerbsdruck.
2.2.4.4. Soweit sich die Betroffene im Verwaltungsverfahren darauf berufen hat, dass sie
mit anderen Gastransportunternehmen gemeinsam Leitungen betreibe (Bl. 163 VV), so
kann sie aus diesem pipe-in-pipe-Konzept nichts für sich herleiten. Daraus kann
zwischen ihr und den weiteren Nutzungsberechtigten ein Wettbewerbsverhältnis nicht
hergeleitet werden
, schon gar nicht die "intensivste Form des
Leitungswettbewerbs", wie die Beschwerdeführerin angib
Nutzungsberechtigten finanzieren und betreiben die Leitung gemeinsam, so dass sie
grundsätzlich Kenntnis von den Investitions- und Betriebskosten des anderen haben
und damit einschätzen können, welche Erlöse er erzielen muss, um am Markt bestehen
zu können. Nur die Vermarktung der Kapazitäten erfolgt getrennt. Dabei ist nicht zu
erwarten, dass die im pipe-in-pipe-Wettbewerb stehenden Unternehmen in
gegenseitigen Wettbewerb zu Lasten ihrer gemeinsamen Investition treten werden. Der
wesentliche Teil der Netzentgelte – der der Betriebskosten – kann daher nicht unter der
disziplinierenden Kontrolle von Mitbewerbern entstehen (s.a. Olbricht, Netzzugang in
der deutschen Gaswirtschaft, 2008, 325; Däuper/Scharrer, ZNER 2007, 18, 20; so auch
schon: Bundeskartellamt Ausschussdrs. 15(9)1597, S. 63; RA Christian von
Hammerstein Ausschussdrs. 15(9)1599, S. 77; Prof. Büdenbender Ausschussdrs.
15(9)1511, S. 192).
83
Weitere Indiztatsachen, die einen anderen Schluss zulassen, hat die Betroffene weder
im Verwaltungs- noch im Beschwerdeverfahren vorgetragen, so dass der ihr obliegende
Nachweis schon deshalb nicht geführt ist.
84
3. Damit kommt es darauf nicht weiter entscheidend an, dass auch die weiteren von der
Beschlusskammer 4 getroffenen Feststellungen nicht für den grundsätzlich von der
Betroffenen zu führenden Nachweis sprechen, dass ihr Netz überwiegend wirksamem
tatsächlichen oder potenziellen Leitungswettbewerb ausgesetzt ist. Als sachgerechte
Prüfungskriterien hat die Beschlusskammer in Übereinstimmung mit dem ersten
Sondergutachten der Monopolkommission nach § 62 EnWG vom 6.11.2007 (BT-Drs.
16/7087, S. 139) auch die Marktanteile der Netzbetreiber und die Erfahrungen der
Marktteilnehmer angesehen. Ohne Erfolg rügt die Betroffene, die Bundesnetzagentur
habe eine unzutreffende Analyse der Wettbewerbsverhältnisse anhand von Kennziffern
und der "wettbewerblichen Gesamtsituation" vorgenommen; die Marktbefragung habe
bereits keine größere Aussagekraft und betreffe lediglich allgemeine, nicht aber auf die
Situation der Beschwerdeführerin bezogene Aspekte.
85
Unabhängig davon, ob die Erfahrungen unmittelbar im Geschäftsverkehr mit der
Betroffenen oder mit anderen Gasfernleitungsnetzbetreibern gemacht worden sind,
liefern sie jedenfalls wichtige Informationen dazu, ob nach Einschätzung des Markts zu
einem überwiegenden Teil wirksamer bestehender oder potentieller
Leitungswettbewerb vorliegt. Die Marktbefragung hatte auch für die Beschwerdeführerin
konkrete Ergebnisse. Gegen die Annahme bestehenden Wettbewerbs spricht, dass als
zentrales Hindernis bei der Kapazitätsbuchung bei der Betroffenen von den
Unternehmen die mangelnde Verfügbarkeit von festen Kapazitäten angeführt wird, so
dass die Kapazitätsanfragen nur zum Teil erfolgreich waren (S. 54 des Beschlusses).
Deshalb und auch im Verhältnis zu den innerhalb des Konzerns gebuchten Mengen
lassen die von und Unternehmen in den Gaswirtschaftsjahren 2006/2007 und
2007/2008 vorgenommenen Buchungen nicht den Schluss auf bestehenden
Wettbewerb zu.
86
Der weit überwiegenden Anzahl der befragten Unternehmen war das Vorhandensein
von potenziellen Transportmöglichkeiten über alternative Fernleitungsnetzbetreiber
bzw. Marktgebiete einschließlich der Beschwerdeführerin nicht einmal bekannt. Hieraus
folgt, dass alternative Transportangebote im Markt praktisch keine Rolle spielen. Diese
Feststellungen stimmen im Übrigen mit denen der Monopolkommission überein,
wonach die Ursache hierfür vertragliche und physische Netzengpässe sind (Gutachten
vom 4.08.2009, S. 139 ff.; Tz. 362 ff.).
87
Von daher bedarf es auch keiner weiteren Erörterung, ob es im Weiteren auf die von der
Beschlusskammer vorgenommene Marktabgrenzung, die die Betroffene als zu eng
angreift, ankommt.
88
Dies sieht der Senat allerdings nicht. Die Marktabgrenzung bildet im Kartellrecht die
Grundlage für die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung in einem
grundsätzlich wettbewerblichen Markt. Mit ihr wird der Markt bestimmt, auf dem
Unternehmen miteinander im Wettbewerb stehen, um auf dieser Grundlage die
Wettbewerbskräfte zu ermitteln, denen sich die Unternehmen zu stellen haben. Hier ist
der Ausgangspunkt indessen ein anderer. Gesetz- und Verordnungsgeber sehen die
leitungsgebundenen Versorgungsnetze grundsätzlich als natürliches Monopol, bei dem
der Wettbewerb ausgeschaltet ist und folglich auch keine wettbewerbliche Kontrolle des
unternehmerischen Handelns stattfindet. Nur wenn ausnahmsweise hier
Leitungswettbewerb stattfindet, kann eine mildere Form der Entgeltregulierung
eingreifen. Dies aber ist nicht zwingend mit dem Fehlen einer marktbeherrschenden
Stellung verbunden.
89
4. Dass der überwiegende Teil ihres Netzes potentiellem Leitungswettbewerb
ausgesetzt ist, kann die Betroffene ebenso wenig aufzeigen. Potentieller – zukünftiger –
Wettbewerb ist dann zu berücksichtigen, wenn Unternehmen, die derzeit noch nicht auf
dem Markt als Anbieter auftreten, gleichwohl schon einen wettbewerbsrelevanten Faktor
darstellen, von ihnen also eine disziplinierende Wirkung ausgeht. Dies hängt wesentlich
davon ab, wie wahrscheinlich ihr Marktzutritt und in welcher Zeit damit zu rechnen ist.
Der Zutritt neuer Marktteilnehmer muss jederzeit, d.h. ohne nennenswerte Verzögerung
und mit aller Wahrscheinlichkeit, also nach regelmäßigem Verlauf des konkreten
Marktgeschehens möglich sein, da nur dann die Disziplinierungswirkung dem
bestehenden Wettbewerb vergleichbar ist. Entscheidende Bedeutung kommt damit den
Marktzutrittsschranken zu (KG WuW/E OLG 1752,1756 "GKN/Sachs"). Der
Bundesgerichtshof
klargestellt, dass es nicht nur auf eine objektive Betrachtungsweise, auf objektive
Fähigkeiten ankommt, sondern auch die Bereitschaft zum Markteintritt zu prüfen ist
(BGH WuW/E BGH 2050 "Bauvorhaben Schramberg" = GRUR 1984, 379 = BB 1984,
364 m. Anm. Hootz BB 1984, 557) . Letztere wird allerdings objektiv danach bestimmt,
ob – wie es auch in § 3 Abs. 2 Nr. 2 GasNEV zum Ausdruck kommt - die Teilnahme am
Markt wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig ist (vgl. nur: Zimmer in
Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. A., 2008, Rn. 116 ff. zu § 1).
90
Auch ein solcher potentieller Wettbewerb müsste den überwiegenden Teil des
Fernleitungsnetzes betreffen. Die Betroffene rügt ohne Erfolg, bei der Prüfung
potentiellen Wettbewerbs sei zu berücksichtigen, dass in relativ kleinen
Versorgungsgebieten mit parallelen Netzen diese leicht durch Stichleitungen vernetzt
werden könnten.
91
Dass von einem Stichleitungsbau tatsächlich ein konkretes Drohpotential für das Netz
der Beschwerdeführerin ausgeht, lässt sich schon nicht feststellen. Mit dem
Stichleitungsbau wird nur die technische Erreichbarkeit geschaffen. Ausgangspunkt für
den Bedarf an Stichleitungskapazität ist indessen die Gasnachfrage im nachgelagerten
Netz. Diese wird durch den bisherigen Anbieter gedeckt, so dass sich die Investition des
potentiellen Konkurrenten nur rentiert,
vermarkten kann und die Erträge die Kosten decken. Entscheidet er sich für eine
geringe Kapazität, steigt die erwartete Auslastung, da die Überkapazität kleiner ausfällt.
Die Investitionskosten indessen fallen größer aus, so dass die Netzentgelte höher als
beim bisherigen Anbieter liegen werden. Entscheidet er sich hingegen für eine hohe
Kapazität, sinkt die erwartete Auslastung, da die Überkapazität größer ausfällt. Die
Investitionskosten fallen zwar niedriger aus, sie müssen aber auch mit einer geringeren
Auslastung erwirtschaftet werden. In beiden Fällen kann der bisherige Anbieter, der die
Investitionskosten regelmäßig schon getätigt und vielfach auch schon amortisiert hat,
erfolgreich damit drohen, seine Entgelte zu senken.
92
Für das Netz der Betroffenen kann nichts anderes gelten.
93
. . .
94
Im Übrigen führt die Betroffene nicht einen einzigen konkreten Fall auf, in dem einer
ihrer Kunden eine solche Wechselmöglichkeit oder den ihm angebotenen günstigeren
Preis eines potentiellen Wettbewerbers als Verhandlungspotential eingeführt hätte. Der
Vortrag der Betroffenen in der mündlichen Verhandlung, voraussichtlich würden Kunden
zu ihr wechseln, dies hänge von dem Ergebnis der Verhandlungen und davon ab, unter
welche regulierungsform die Betroffenen falle, lässt keinen Schluss auf Wettbewerb zu.
Weder wird überprüfbar dargestellt, wodurch die verhandelten Entgelte unter
Wettbewerbsdruck stehen sollen noch über welche Mengen verhandelt wird. Das gilt
auch für den von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung dargestellten
möglichen Wechsel eines Nachfragers, der durch Preissenkungen erfolgreich verhindert
worden sein soll. Überprüfbare Tatsachen, insbesondere über einen ernsthaften
Wechselwillen des Nachfragers, enthält dieser Vortrag nicht. Auch ist nicht feststellbar,
welche Mengen zu welchem Preis ab wann durch einen Wettbewerber hätten geliefert
werden können. An diesen Feststellungen sind die auf das Gutachten C gestützten
Aussagen der Beschwerdeführerin,
95
- für sie seien die Marktaustrittsbarrieren hoch,
96
- andererseits seien die Markteintrittsbarrieren für potentielle Wettbewerber nicht
prohibitiv,
97
- mit potentiellen Konkurrenten sei relativ einfach über den Markteintritt zu
verhandeln,
98
- Markteintrittsinvestitionen amortisierten sich innerhalb von 2-3 Jahren,
99
zu messen mit dem Ergebnis, dass diese Aussagen theoretischer Natur sind und das
Vorliegen von Wettbewerb im konkreten Fall nicht begründen können.
100
5. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz
101
vom 13.11.2009 rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.
III.
102
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG. Die Betroffene hat als im
Beschwerdeverfahren unterlegene Partei die Gerichtskosten zu tragen und der
gegnerischen Bundesnetzagentur die entstandenen notwendigen Auslagen zu
erstatten.
103
2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50
Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO. Das mit der Beschwerde verbundene Interesse der
Betroffenen schätzt der Senat auf €. Ausgehend von dem Jahresumsatz des Jahres , der
Ausgangsbasis für die Entgeltbestimmung nach § 23 a EnWG ist, schätzt der Senat den
Umsatzrücklauf auf ca. % und legt den sich so ergebenden Wert von € für den Zeitraum
von Jahren bis zur Fälligkeit der Folgeanzeige nach § 3 Abs. 3 Satz 2 GasNEV, §§ 3
Abs. 1, 34 Abs. 1 b ARegV zugrunde.
104
C
105
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese
Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche
Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.
106
Rechtsmittelbelehrung:
107
Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf
einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von
einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474
Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser
Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem
Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof)
einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit
der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des
Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde
muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre
Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, sowie die Tatsachen und Beweismittel
angeben, auf die sich die Rechtsbeschwerde stützt. Rechtsbeschwerdeschrift und -
begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein
Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der
Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
108