Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.03.2010

OLG Düsseldorf (zeichen, stand der technik, bundesrepublik deutschland, anlage, höhe, zone, anzeige, rechnungslegung, grobe fahrlässigkeit, in den verkehr bringen)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 U 61/08
Datum:
25.03.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 U 61/08
Tenor:
I.
Auf die beiderseitigen Berufungen wird das am 27. Mai 2008 verkündete
Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise
abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin
27.529,21 Euro nebst Zinsen aus 17.701,24 Euro in Höhe von 5% für die
Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 26. Juli 2006 und in Höhe von 5
Prozent-punkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2006 und
weitere Zinsen aus 9.827,97 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 19. April 2007 zu zahlen.
2.
Die Beklagten werden darüber hinaus verurteilt,
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie – die
Be-klagten – im deutschen territorialen Geltungsbereich des
europäischen Pa-tents 0 456 xxx
elektronische Anzeigevorrichtungen der Bauart, welche umfasst min-
destens ein elektro-optisches Anzeigemittel, Elementarmotive, die den
elektro-optischen Anzeigemitteln zugeordnet sind, wobei die Elemen-
tarmotive zum
größeren Teil ausgehend von einer Serie von alpha-numerischen
stilisierten und ausgewählten Zeichen ausgebildet sind in Form einer
zusammengesetzten Mosaikstruktur, deren Raster von den genannten
Motiven gebildet wird, welche heterogene und komplementäre Konturen
aufweisen, konkordant angeordnet sind, um sich in einer Art und Weise
ähnlich einem Puzzle ineinander zu fügen, wobei die Elementarmotive
Zeilen und Spalten bilden, die charakteristische Schreibzonen für die
Anzeige von Buchstaben oder Ziffern begrenzen,
bei denen die Elementarmotive in den Schreibzonen in getrennten
Gruppen ausgebildet sind, in welchen diese Motive untereinander an der
Grenze der Berührung angeordnet sind und getrennt werden von einem
Abstand, der vorgesehen ist zum Sicherstellen der elektrischen Isolation
dieser Motive voneinander, wobei jede Gruppe von Motiven von der
benachbarten Gruppe oder den benachbarten Gruppen von optisch
passiven Abstandsbändern getrennt sind, die eine Breite aufweisen,
welche deutlich größer ist als der Abstand, wobei höchstens vier
Abstandsbänder in ihrem Durchsetzungspunkt aufeinandertreffen und
einen Winkel α einschließen, der größer als 60° ist, sowie
dadurch gekennzeichnet, dass das Mosaik mindestens ein Basisraster
auf-weist, das eine erste charakteristische Zone für die Anzeige von
Zeichen in einer ersten Größe aufweist, und das in einem Zusatzraster
teilweise dupli-ziert ist, um ein resultierendes Raster zu bilden, das in
der Lage ist, die Zei-chen in einer zweiten Größe in einer weiteren
charakteristischen Zone anzuzeigen,
hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den
ge-nannten Zwecken eingeführt oder besessen haben, und zwar für den
Zeit-raum vom 3. August 1996 bis 19. Juli 2000 unter Angabe
a)
der Herstellungsmengen und –zeiten sowie der Mengen der erhaltenen
oder bestellten Erzeugnisse unter Einschluss der Namen und
Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten
und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der
Namen und Anschriften der Abnehmer,
c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten
und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der
Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der
nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der
Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur
Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer
mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn
ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage
mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in
der Aufstellung enthalten ist.
3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, der Klägerin nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
unge-rechtfertigten Bereicherung dasjenige herauszugeben, was sie
durch die in Ziffer 2 bezeichneten und zwischen dem 3. August 1996
und dem 19. Juli 2000 begangenen Handlungen auf Kosten der
ehemaligen Inhaberin des vorbezeichneten Patentes, der A in
Marin/Schweiz, erlangt haben.
4.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.
III.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten 1/6 und die
Klägerin 5/6 zu tragen.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch
Sicherheitsleistungen in Höhe von 50.000,-- Euro abzuwenden, falls
nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der
Beklagten wegen deren Kosten ebenfalls durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages
abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe
leisten.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen.
VI.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 237.412,10 Euro
festge-setzt; hiervon entfallen auf den bezifferten Antrag 187.412,10
Euro (Verletzergewinn in Höhe von 176.500,-- Euro und Abmahnkosten
in Höhe von 10.912,10 Euro – die weiteren Rechtsanwaltskosten in
Höhe von 2.280,70 Euro sind Nebenforderungen im Sinne des § 43 Abs.
1 GKG) und 50.000,-- Euro auf die Anträge auf Rechnungslegung und
Schadenersatz betreffend die Zeit vom 3. August 1996 bis zum 19. Juli
2000.
I.
1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten und in französischer Verfahrenssprache veröffentlichten
europäischen Patentes 0 456 xxx(Klagepatent, Anlage K 19; deutsche Übersetzung
Anlagen K 18 und B 1) betreffend eine elektronische Wiedergabevorrichtung; aus
diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Rechnungslegung, Schadenersatz und
Erstattung von Anwaltskosten in Anspruch. Sie hat das Klagepatent durch Vertrag vom
20. Juli 2000 (Anlage K 17) von der ursprünglich als Inhaberin eingetragenen A in
Marin/Schweiz erworben, wobei nach ihrem Vorbringen mit diesem Vertrag auch in der
Vergangenheit entstandene Schadenersatzansprüche mit abgetreten worden sind. Auf
Antrag vom 11. September 2000 ist das Schutzrecht auf die Klägerin umgeschrieben
worden.
2
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist am 26. November 1990 unter
Inanspruchnahme zweier Schweizer Prioritäten vom 27. November 1989 und vom 12.
November 1990 und einer französischen Priorität vom 18. Dezember 1989 eingereicht
und am 21. November 1991 im Patentblatt veröffentlicht, der Hinweis auf die
Patenterteilung am 3. Juli 1996 bekannt gemacht worden. Die Einspruchsabteilung des
Europäischen Patentamtes hat das Klagepatent beschränkt aufrecht erhalten; die
geänderte Patentschrift (Anl. K 19; deutsche Übersetzung Anl. B 1) ist am 7. Februar
2001 veröffentlicht worden. In der aufrecht erhaltenen Fassung lautet Anspruch 1 des
Klagepatentes wie folgt:
3
Dispositif électronique d’affichage, du type comprenant:
4
- au moins un moyen électro-optique d’affichage (1),
5
- des motifs élémentaires (m1 à mn) associés audit moyen électro-optique
6
d’affichage (1), ces motifs élémentaires (m1 à mn) étant pour la majeure
7
partie conformés, à partir d’une série de caractères alphanumériques
8
stylisés et choisis, sous la forme d’une structure composite en mosaique
9
dont la trame est formée par lesdits motifs qui présentent des contours
10
hétérogènes et complémentaires, disposés en concordance pour
11
s’imbriquer les uns dans les autres, de façon similaire à un puzzle,
12
ces motifs élémentaires formant des lignes (L1 à L6) et des colonnes
13
(C1 à C5) délimitant des zones d’écriture caractéristiques (A, B)
14
pour l’affichage de lettres ou de chiffres,
caractérisé en
15
motifs élémentaires (m1 à mn) sont agencés dans lesdites zones
16
d’écriture (A, B) en groupes distincts (G1 à Gn) dans lesquels ces motifs
17
(m1 à mn) sont disposés entre eux à la limite de l’accolement et sont
18
séparés par une distance d’écartement (Y), prévue pour assurer
19
l’isolation électrique de ces motifs l’un par rapport à l’autre, chaque
20
groupe de motifs (G1 à Gn) étant séparé du ou des groupes voisins
21
par des bandes de séparation (b1 - bn) optiquement passives présentant
22
une largeur (X) nettement supérieure à la distance d’écartement (Y),
23
et en ce que ladite mosaique comporte au moins une trame de base (T1),
24
qui couvre une première zone caractéristique (B) pour l’affichage de
25
caractères dans une première taille et qui est partiellement dupliquée
26
en une trame additionnelle (T2) pour former une trame résultante (T3)
27
apte à afficher lesdits caractères dans une seconde taille dans une zone
28
caractéristique différente (A).
29
30
Die vom Deutschen Patent- und Markenamt veröffentliche deutsche Übersetzung der
geänderten Fassung (Anl. K 13) lautet folgendermaßen:
31
Elektronische Anzeigevorrichtung der Bauart, welche umfasst:
32
- mindestens ein elektro-optisches Anzeigemittel (1),
33
- Elementarmotive (m1 bis mn), die den elektro-optischen Anzeigemitteln
34
(1) zugeordnet sind, wobei die Elementarmotive (m1 bis mn) zum
35
größeren Teil ausgehend von einer Serie von alpha-numerischen
36
stilsierten und ausgewählten Zeichen ausgebildet sind in Form einer
37
zusammengesetzten Mosaikstruktur, deren Raster von den genannten
38
Motiven gebildet wird, welche heterogene und komplementäre Konturen
39
aufweisen, konkordant angeordnet sind, um sich in einer Art und Weise
40
ähnlich einem Puzzle ineinander zu fügen, wobei die Elementarmotive
41
Zeilen (L1 bis L6) und Spalten (C1 bis C5) bilden, die charakteristische
42
Schreibzonen (A, B) für die Anzeige von Buchstaben oder Ziffern
43
begrenzen,
44
dadurch gekennzeichnet
45
46
die Elementarmotive (m1 bis mn) in den Schreibzonen (A, B) in
47
getrennten Gruppen (G1 bi Gn) ausgebildet sind, in welchen diese Motive
48
(m1 bis mn) zueinander an der Grenze der Berührung angeordnet sind
49
und getrennt werden von einem Abstand (Y), der vorgesehen ist zum
50
Sicherstellen der elektrischen Isolation dieser Motive voneinander, wobei
51
jede Gruppe von Motiven (G1 bis Gn) von der benachbarten Gruppe oder
52
den benachbarten Gruppen von optisch passiven Abstandsbändern (b1
53
bis bn) getrennt sind, die eine Breite (X) aufweisen, welche deutlich
54
größer ist als der Abstand (Y), sowie dadurch, dass das Mosaik
55
mindestens ein Basisraster (T1) aufweist, das eine erste charakteristische
56
Zone (B) für die Anzeige von Zeichen in einer ersten Größe aufweist, und
57
einem Zusatzraster (T2) teilweise dupliziert ist, um ein resultierendes
58
Raster (T3) zu bilden, das in der Lage ist, die Zeichen in einer zweiten
59
Größe in einer weiteren charakteristischen Zone (A) anzuzeigen.
60
Auf die Nichtigkeitsklage der Beklagten hat das Bundespatentgericht den deutschen
Teil des Klagepatentes durch Urteil vom 9. Januar 2003 (Anl. BK 13) nochmals
beschränkt und nur noch in dem von der Klägerin verteidigten Umfang aufrechterhalten;
in dieser hier geltend gemachten Fassung lautet das Kennzeichen des
Klagepatentanspruches 1 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland bei
unverändertem Oberbegriff wie folgt (neu hinzugekommene Merkmale sind kursiv
gedruckt):
61
...,
dadurch gekennzeichnet
62
die Elementarmotive (m1 bis mn) in den Schreibzonen (A, B) in getrennten
Gruppen (G1 bis Gn) ausgebildet sind, in welchen diese Motive (m1 bis mn)
zueinander an der Grenze der Berührung angeordnet sind und getrennt werden
von einem Abstand (Y), der vorgesehen ist zum Sicherstellen der elektrischen
Isolation dieser Motive voneinander, wobei jede Gruppe von Motiven (G1 bis Gn)
von der benachbarten Gruppe oder den benachbarten Gruppen von optisch
passiven Abstandsbändern (b1 bis bn) getrennt sind, die eine Breite (X)
aufweisen, welche deutlich größer ist als der Abstand (Y), wobei höchstens vier
Abstandsbänder (b1 bis bn) in ihrem Durchsetzungspunkt (I) aufeinandertreffen
und einen Winkel a einschließen, der größer als 60° ist, sowie dadurch, dass das
Mosaik mindestens ein Basisraster (T1) aufweist, das eine erste charakteristische
Zone (B) für die Anzeige von Zeichen in einer ersten Größe aufweist, und das in
einem Zusatzraster (T2) teilweise dupliziert ist, um ein resultierendes Raster (T3)
zu bilden, das in der Lage ist, die Zeichen in einer zweiten Größe in einer
weiteren charakteristischen Zone (A) anzuzeigen.
63
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 3 und 6 der Klagepatentschrift zeigen zwei
Ausführungsformen des Mosaiks, mit denen die erfindungsgemäße Anzeigevorrichtung
ausgerüstet werden soll; die ebenfalls nachfolgend abgebildeten Figuren 4 A bis K
zeigen Großbuchstaben, Kleinbuchstaben und Ziffern, die mit einer Vorrichtung gemäß
Figur 3 angezeigt werden können, während die Figuren 11 bis 38 alphanumerische
Zeichen wiedergeben, die insbesondere mit einem Mosaik gemäß Figur 6 anzeigbar
sind, und zwar die Figuren 11 bis 14 und 19 bis 22 Großbuchstaben unterschiedlicher
Größe und die Figuren 15 bis 18, 23 bis 26, 31 bis 34 und 35 bis 38 Ziffern
unterschiedlicher Größe.
64
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer in der hier in Rede stehenden Zeit die
Beklagten zu 2. und 3. waren, stellte her und vertrieb u.a. unter der Typenbezeichnung B
7069 elektronische Anzeigevorrichtungen, deren Mosaikstruktur aus der im
Anlagenkonvolut BK 12 für diese Ausführungsform zur Akte gereichten und
nachstehend wiedergegebenen Abbildung ersichtlich ist.
65
Durch rechtskräftiges Urteil vom 4. Dezember 2003 (Anlage K 1) hat der Senat die
Beklagten im Hinblick auf diese Ausführungsform unter anderem zur Unterlassung und
zur Rechnungslegung verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadenersatz für seit dem
20. Juli 2000 begangene Benutzungshandlungen dem Grunde nach festgestellt. In
einem anschließenden Zwangsvollstreckungsverfahren zur Erzwingung der Auskunft
stellte sich heraus, dass die Entscheidungsformel über die Ausführungsform B 7069
hinaus auch Anzeigevorrichtungen mit den Typenbezeichnungen B 4099 und B 5110
erfasst, deren Mosaikstruktur nachstehend ebenfalls wiedergegeben ist.
66
B 4099 B 5110
67
Darüber hinaus stellte die Beklagte zu 1. her und vertrieb in der Bundesrepublik
Deutschland elektronische Anzeigevorrichtungen mit den Typenbezeichnungen B 0169,
1079, 5039 und 8089. Die Mosaikstruktur dieser Muster ist nachstehend ebenfalls
wiedergegeben, und zwar an erster Stelle das übereinstimmende Raster der Typen B
5039 und 8089, an zweiter Stelle dasjenige der Ausführungsform B 1079 und an dritter
Stelle dasjenige des Typs B 0169.
68
B 5039 – 8089 B 1079 B 0169
69
Produktion und Vertrieb der Vorrichtung B 8089 wurden bereits im Jahr 1999, der
übrigen Ausführungsformen im Jahre 2003 unmittelbar nach Verkündung des
Senatsurteils vom 4. Dezember 2003 eingestellt.
70
Mit Anwaltsschreiben vom 12. Juli 2006 (Anlage K 11) forderte die Klägerin die
Beklagten unter Fristsetzung bis zum 26. Juli 2006 für den Vertrieb der
Ausführungsformen B 5110, 7069, 4099, 5039, 0169 und 1079 zur Zahlung eines
Schadenersatzbetrages von insgesamt 350.000,-- Euro auf. Mit weiterem
Anwaltsschreiben vom 1. August 2006 (Anlage K 3) verlangte die Klägerin hinsichtlich
der Produkte B 0169, 5039, 1079 und 8089 die Abgabe eines vertragsstrafegesicherten
Unterlassungsversprechens sowie Auskunft und Rechnungslegung.
71
Die Beklagten erklärten sich im Hinblick auf die genannten vier Ausführungsformen mit
Anwaltsschreiben vom 15. August 2006 (Anlage K 4) zu einer Schadenersatzzahlung in
Höhe von 20.000,-- Euro zur Abgeltung aller Ansprüche bereit und gaben eine
strafgesicherte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab.
72
Eine auf 250.000,-- Euro reduzierte Schadenersatzforderung der Klägerin wiesen die
Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 25. Oktober 2006 (Anlage K 7) zurück, hoben aber
hervor, noch immer an einer vergleichsweisen Regelung interessiert zu sein. Mit
Schreiben vom 16. November 2006 wurde die im Schreiben gemäß Anlage K 7
angekündigte Auskunft und Rechnungslegung hinsichtlich der Produkte B 0169, 1079,
5039 und 8089 erteilt. Nachdem die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 23.November
2006 weitere Belege gefordert hatte, sagten die Beklagten zunächst deren Vorlage auch
ohne ausgeurteilte Verpflichtung zu, erklärten dann aber mit Schreiben vom 9. Januar
2007, von der Vorlage Abstand nehmen und ein gerichtliches Verfahren abwarten zu
wollen.
73
Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin hinsichtlich aller 7 Ausführungsformen
für seit dem 20. Juli 2000 begangene Handlungen bezifferten Schadenersatz in Gestalt
der Herausgabe des Verletzergewinns, hilfsweise nach der Berechnungsmethode der
Lizenzanalogie. Außerdem erhebt sie Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und
Feststellung der Schadenersatzpflicht für den Zeitraum vom 3. August 1996 bis zum 19.
Juli 2000.
74
Weiterhin macht die Klägerin für die Inanspruchnahme rechts- und patentanwaltlicher
Hilfe für die Abmahnung vom 1. August 2006 Kosten in Höhe von 10.912,10 Euro
geltend, wobei sie auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 500.000,-- Euro
eine 1,8 Gebühr (5.392,80 Euro zuzüglich Auslagenpauschale von 20,-- Euro) jeweils
75
für Rechts- und Patentanwalt und weitere Auslagen von 87,50 Euro angesetzt hat.
Darüber hinaus beansprucht sie in Höhe weiterer 2.280,70 Euro Rechtsanwaltskosten,
die ihr durch die Geltendmachung eines Schadenersatzbetrages von 176.500,-- Euro
entstanden seien, und zwar jeweils eine 1,3 Geschäftsgebühr für Rechts- und
Patentanwalt und unter Anrechnung einer 0,65 Verfahrensgebühr zuzüglich
Auslagenpauschale von 20,-- Euro.
Die Klägerin meint, auch die Ausführungsformen B 0169, 1079, 8089 und 5039
verwirklichten die im Klagepatent unter Schutz gestellte technische Lehre
wortsinngemäß. Sie haben vor dem Landgericht vorgetragen, nach der geschützten
Lehre des Anspruches 1 sei es nicht erforderlich, den selben Buchstaben als Minuskel
(Kleinbuchstaben) oder Majuskel (Großbuchstaben) jeweils in zwei unterschiedlichen
Größen darstellen zu können, sondern es genüge die Fähigkeit, Buchstaben als
Minuskel und Majuskel anzeigen zu können. Die genannten Vorrichtungen seien
überdies dazu in der Lage, denselben Buchstaben in zwei verschiedenen
Abmessungen darzustellen.
76
Als Verletzergewinn hätten die Beklagten 50 % ihres mit den angegriffenen
Gegenständen erzielten Gesamtgewinnes herauszugeben. Die patentgemäße
Erfindung habe die Erkennbarkeit der Zeichen stark verbessert und in ihrem
Anwendungsbereich andere Ausgestaltungen vom Markt verdrängt; mit ihr sei ein
Qualitätssprung verbunden gewesen. Kosten für Glas und Leiterplatten seien nur
insoweit abzuziehen, als das Material tatsächlich in die angegriffenen Gegenstände
verbaut und verkauft worden, nicht aber, soweit es an den Hersteller zurückgegangen,
zum Ausschuss gelangt oder verschrottet worden sei.
77
Die Beklagten, die Klageabweisung beantragt haben, meinen, die nicht vom
Urteilsausspruch des Senats erfassten Ausführungsformen B 0169, 1079, 5039, 8089
verletzten das Klagepatent nicht. Während die erfindungsgemäße Anzeigevorrichtung
den selben Buchstaben in verschiedenen Größen bzw. geometrischen Abmessungen
optisch zufriedenstellend wiedergeben könne, ließen sich mit den angegriffenen
Gegenständen nicht alle Zeichen des Alphabets in einer ersten charakteristischen Zone
in einer ersten Größe und in einer weiteren charakteristischen Zone in einer weiteren
Größe optisch befriedigend anzeigen.
78
Der herauszugebende Gewinnanteil sei allenfalls mit 10 % zu bewerten, weil das
Klagepatent nur eine Detailverbesserung in der Darstellung stilisierter Zeichen durch
Mosaikstruktur gebracht habe und die erfindungsgemäßen Anzeigetafeln – unstreitig –
seit dem Jahr 2000 durch hochauflösende Matrix-Anzeigen vom Markt verdrängt worden
seien; neben diesen hätten sie nur aufgrund günstiger Preise anfangs noch bestehen
können. Proportionalschriften seien zunehmend gefragter, und nicht zuletzt seien die
Anzeigevorrichtungen der Beklagten zu einem geringeren Preis verkauft worden als
diejenigen der Klägerin.
79
Von der verbleibenden herauszugebenden Gewinnsumme seien weitere Kosten
abzuziehen, insbesondere auch solche für Ausschuss und Arbeitslöhne. Außerdem
seien Rechtsverteidigungskosten für die Beantwortung des Abmahnschreibens in
Ansatz zu bringen; sie alle könnten dem jeweiligen angegriffenen Produkt unmittelbar
zugerechnet werden.
80
Im übrigen seien Schadenersatzansprüche hinsichtlich der Ausführungsformen B 0169,
81
1079, 5039 und 8089 verjährt.
Abmahnkosten seien mangels Patentverletzung nicht entstanden, und auch Ansprüche
wegen der Ausführungsform B 8089 seien im Zeitpunkt der Abmahnung bereits verjährt
gewesen. Auch sei der zugrundegelegte Gegenstandswert überhöht, weil sich die
Restlaufzeit des Klageschutzrechtes gegenüber dem Beginn des ursprünglichen
Verletzungsverfahrens verringert habe und die Produktion der angegriffenen
Gegenstände im Jahr 2003 eingestellt worden sei. Anspruch auf Erstattung der Kosten
für die Zahlungsaufforderung habe die Klägerin nicht, weil sie – die Beklagten – sich
nicht in Verzug befunden hätten. Für den auf den Zeitraum bis zum 19. Juli 2000
bezogenen Schadenersatzanspruch fehle der Klägerin die Aktivlegitimation, außerdem
seien auch diese Ansprüche verjährt.
82
Mit Urteil vom 27. Mai 2008 hat das Landgericht unter Abweisung der weitergehenden
Klage die Beklagten verurteilt,
83
als Gesamtschuldner an die Klägerin 114.208,62 Euro nebst Zinsen aus
105.262,82 Euro in Höhe von 5 Prozent vom 1. Januar 2004 bis zum 26. Juli 2006
und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2006
und weiteren Zinsen aus 8.945,80 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 19. April 2007 zu zahlen.
84
Zum Schadenersatz verpflichtende Handlungen sieht das Landgericht in Herstellung
und Vertrieb der vom Senatsurteil erfassten Anzeigevorrichtungen B 7069, 4099 und
5110 und der weiteren Ausführungsformen B 5093 und 1079; Ansprüche für die
Ausführungsform B 8089 bestehen nach seiner Auffassung nicht, weil die Klägerin
bezifferten Schadenersatz für den Zeitraum seit dem 20. Juli 2000 geltend mache,
Herstellung und Vertrieb der Ausführungsform B 8089 aber unstreitig im Jahre 1999
eingestellt worden seien; die Ausführungsform B 0169 verletze das Klagepatent nicht.
Die Wiedergabe von Zeichen in verschiedenen Größen beziehe das Klagepatent auf
die Anzeige identischer Zeichen in unterschiedlichen Abmessungen und nicht auf die
Unterscheidung zwischen Majuskeln und Minuskeln. Alle Zeichen einer Familie
müssten in mindestens zwei verschiedenen Größen abgebildet werden können, damit
die Anzeigevorrichtung alle Worte darstellen könne. Diese Anzeigemöglichkeit sei bei
der Ausführungsform 5039 ausweislich der Anlagen K 13 und B 6 gegeben. Majuskeln
seien im Basisraster bestehend aus den Zeilen L 3 bis L 8 in einer ersten kleineren
Größe und im resultierenden Raster L 1 bis L 8 größer darstellbar. Für die Buchstaben X
und Y ergebe sich das aus Anlage B 6, für den Buchstaben V aus Anlage K 13.
Ausweislich der Anlagen K 13 und B 6 gelte das auch für die Ausführungsform B 1079
und die Ausführungsform 8089 mit derselben Rasterstruktur wie B 5039.
85
Auf eine optisch befriedigende Darstellung komme es nicht an, sofern die Bedeutung
der Zeichen aus sich heraus verständlich sei.
86
Verjährt seien nur bis Ende 2002 entstandene Schadenersatzansprüche. Die am
31.Dezember 2003 um 24.00 Uhr begonnene Frist sei vom 21. August 2006 bis zum
9.Januar 2007 durch Verhandlungen zwischen den Parteien über den
Schadenersatzanspruch gehemmt gewesen; vor ihrem Ende am 18. Mai 2007 habe
durch Klageerhebung am 19. April 2007 eine erneute Hemmung eingesetzt.
87
Zur Berechnung der geschuldeten Summe sei von dem Gesamtumsatz mit den
88
angegriffenen Gegenständen von 527.559,23 Euro auszugehen, von dem Kosten in
Höhe von 317.033,59 Euro abzuziehen seien, die sich wie folgt verteilten:
166.286,71 Euro für den Erwerb von LCD-Glas, das in veräußerten
Anzeigevorrichtungen verbaut worden oder zum Ausschuss gelangt sei, nicht
dagegen die Kosten für nach dem Senatsurteil verschrottetes Material oder für
ohne Gegenleistung des Lieferanten zurückgegebenes Material mit
Qualitätsmängeln,
7.232,88 Euro Transportkosten LCD-Glas, soweit auch die Stückzahlen LCD-Glas
abzugsfähig seien;
40.658,62 Euro Kosten für verbaute Leiterplatten;
729,10 Euro für Chip-Kondensatoren;
97.524,72 Euro für Chips;
187,20 Euro für Buffer;
4.423,36 Euro für den Einbau von Buchsenleisten.
89
90
Kosten für Lohn und Rechtsverteidigung hat das Landgericht nicht berücksichtigt.
91
Eine Anteil von 50% des sich hiernach ergebenden Gesamtbetrages (527.559,23 Euro
abzgl. 317.033,59 Euro) von 210.525,64 Euro verdankten die Beklagten der Benutzung
des Klageschutzrechtes.
92
Hinzu kämen auf den Verletzergewinn zu entrichtende Zinsen in Höhe von 5% als fiktive
Verwendungszinsen für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis zum 26. Juli 2006 und ab dem
27. Juli 2006 als Verzugsschaden. Weiterhin habe die Klägerin Anspruch auf Zahlung
von 6.665,10 Euro für die Abmahnung in Höhe einer jeweils 1,8 Geschäftsgebühr für
Rechtsanwalt und Patentanwalt nach einem Streitwert von 200.000,-- Euro zuzüglich
Auslagen und auf Zahlung weiterer 2.280,70 Euro für die Zahlungsaufforderung vom 12.
Juli 2006 als weiteren Schadenersatz für die Verletzung des Klagepatents;
Verzugszinsen habe die Klägerin aus 8.945,80 Euro ab Rechtshängigkeit der Klage seit
dem 19. April 2007 zu zahlen.
93
Für die Zeit vom 3. August 1996 bis zum 19. Juli 2000 sei die Klage mangels
Aktivlegitimation der Klägerin unbegründet. Die Vereinbarungen mit der vormaligen
Patentinhaberin erfassten keine in der Vergangenheit entstandenen Ansprüche.
94
Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts
Bezug genommen.
95
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
96
Die Klägerin verfolgt ihr Klagebegehren weiter, soweit das Landgericht ihren Anträgen
nicht entsprochen hat und führt unter ergänzender Bezugnahme auf ihren
erstinstanzlichen Sachvortrag zur Begründung aus: Das Landgericht habe verkannt,
dass auch die Ausführungsform B 0169 das Klagepatent verletzt habe. Der Begriff
97
"Zeichen" im Klagepatentanspruch 1 beziehe sich auf den jeweiligen Buchstaben
unabhängig von dessen Groß- oder Kleinschreibung und auf Ziffern. Zeichen in erster
Größe seien Klein-, solche in zweiter Größe seien Großbuchstaben. Eine
Zeichenfamilie im Sinne des Klageschutzrechts werde jeweils von Minuskeln,
Majuskeln und/oder Ziffern gebildet. Die Ausführungsform B 0169 könne ausweislich
der Abbildungen im Anlagenkonvolut BK 12 sowohl Minuskeln, Majuskeln als auch
Ziffern in einer ersten Größe im Basisraster und in einer zweiten Größe in dem durch
das Zusatzraster erweiterten resultierenden Raster darstellen; ausweislich der übrigen
Anlagen der Anlagensammlung BK 12 gelte das auch für die anderen vom Urteil des
Senats nicht erfassten Ausführungsformen B 4099, 5039, 8089 und 1079.
Unzutreffend habe das Landgericht außerdem die bezifferten Schadenersatzansprüche
für die Zeit bis einschließlich 2002 für die Ausführungsformen B 5039 und 1079 für
verjährt gehalten. Erst seit der Rechnungslegung der Beklagten wisse sie – die Klägerin
– von weiteren Verletzungshandlungen; vorher habe sie nur das Werbematerial
gekannt. Im Falle einer Verjährung stehe ihr ein Restschadenersatzanspruch zu, den sie
vorsorglich geltend mache und dessen Berechnungsgrundlagen sie schon vor dem
Landgericht mit ihren Erläuterungen zur angemessenen Höhe der hilfsweise geltend
gemachten Lizenzgebühr dargelegt habe.
98
Zu Unrecht habe das Landgericht von den Umsatzerlösen der Beklagten die Kosten für
zum Ausschuss gelangtes LCD-Glas abgezogen. Die von den Beklagten geltend
gemachte Quote von 5% sei überzogen; die vom Landgericht angenommene Üblichkeit
habe keine Partei behauptet. Sie – die Klägerin – erreiche die branchenübliche
Ausschussquote von 2%.
99
Abgesehen davon stünden ihr auch für die Zeit vor dem 1. Januar 2004 Zinsen zu. Für
die betroffenen Ausführungsformen B 5039, 1079 und 0169 ergäben sich die
entsprechenden Zahlen aus der Übersicht gemäß Anlage BK 5 und den in der
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vorgelegten Übersichten mit nach Jahren
geordneten Umsätzen; der Verletzergewinn sei anteilig auf produzierte und vertriebene
Mengen aufzuteilen.
100
Beim Kostenerstattungsanspruch für die Abmahnung sei der vom Landgericht
zugrundegelegte Streitwert von 200.000,-- Euro zu niedrig. Da auch die
Ausführungsform B 0169 patentverletzend sei und die 1999 eingestellte
Ausführungsform B 8089 für die Zeit vor dem 20. Juli 2000 Ansprüche vermittelt habe,
müsse der Gegenstandswert mindestens 400.000,-- Euro betragen.
101
Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe sie auch aus der Zeit vor dem 20. Juli
2000 noch Schadenersatzansprüche. Von der ursprünglichen Abtretungsvereinbarung
seien diese Ansprüche erfasst; diesen Regelungsinhalt bestätige die weitere
Vereinbarung gemäß Anlage BK 6; vorsorglich sei die Abtretung dort noch einmal
vorgenommen worden. Verjährt seien diese Ansprüche nicht, da die bisherige
Schutzrechtsinhaberin die Verletzungshandlungen nicht gekannt habe; vorsorglich
werde auch hier ein Restschadenersatzanspruch geltend gemacht.
102
Die Klägerin
beantragt
103
104
1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen,
105
an die Klägerin als Gesamtschuldner 189.692,80 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe
von 5 % für den Zeitraum vom 7. Juni 2001 bis 26. Juli 2006 sowie in Höhe von 5
% über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juli 2006 zu zahlen;
106
2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu verurteilen, der
Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte im
deutschen territorialen Geltungsbereichs des europäischen Patents 0 456
xxxelektronische Anzeigevorrichtungen der in Ziffer I.2. des Urteilsausspruches
näher beschriebenen Bauart hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht oder
gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben, und
zwar für den Zeitraum vom 3. August 1996 bis 19. Juli 2000 unter Angabe der in
Abschnitt I.2 Buchstaben a) bis d) genannten Einzelheiten sowie der nach den
einzelnen Kostenfaktoren aufschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten
Gewinns, wobei den Beklagten der im Urteilsausspruch angegebene
Wirtschaftsprüfervorbehalt nachgelassen werden könne;
3. unter Abänderung des in Ziffer 1 genannten Urteils festzustellen, dass die
Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu
ersetzen, der ihr bzw. der damaligen Patentinhaberin durch die in Ziffer 2.
bezeichneten und zwischen dem 3.August 1996 und 19. Juli 2000 begangenen
Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
107
108
Die Beklagten
beantragen
109
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen sowie
110
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
111
Sie meinen, das Landgericht habe die Ausführungsformen B 1079, 5039 und 8089 zu
Unrecht für patentverletzend gehalten. Das Hauptanliegen des Klageschutzrechts sei
eine verbesserte Ästhetik der darstellbaren Zeichensätze, die mit den angegriffenen
Vorrichtungen nicht erreichbar sei. Bei der Darstellung einer der beiden großen
Varianten müsse häufig zusätzlich das Raster für die Unterlängen mit einbezogen
werden, so dass es an einer Darstellbarkeit nur in dem aus Basisraster und Zusatzraster
gebildeten resultierenden Raster fehle. Abgesehen davon habe die Klägerin nichts dazu
vorgetragen, ob die angegriffenen Gegenstände mindestens ein elektro-optisches
Anzeigemittel aufweisen, welchem Elementarmotive zugeordnet sind; auch dazu, ob die
im Klagepatent vorausgesetzten Größenverhältnisse zwischen den optisch passiven
Abstandsbändern und den Abständen der Elementarmotive innerhalb einer Gruppe
eingehalten würden, habe sie nichts dargetan.
112
Entgegen der Beurteilung durch das Landgericht seien auch Schadenersatzansprüche
aus Handlungen im Jahr 2003 verjährt. Das Landgericht habe nicht von einer Hemmung
der Verjährungsfrist aufgrund von Vergleichsverhandlungen ausgehen dürfen, auf die
die Klägerin sich nicht berufen und für die sie auch die entsprechenden Tatsachen nicht
vorgetragen habe. Die vom Landgericht herangezogenen Unterlagen hätten nur der
Substantiierung des Schadenersatzanspruches gedient.
113
Bei der Ermittlung der vom Verletzergewinn abzugsfähigen Kosten habe das
Landgericht die Darlegungs- und Beweislast zu Unrecht bei ihnen – den Beklagten –
gesehen. Wenn und soweit die Klägerin sich für die Berechnung des
Schadenersatzanspruches die Rechnungslegung der Beklagten nicht zu eigen mache
und auf andere Tatsachen berufe, sei sie für deren Vorliegen darlegungs- und
beweispflichtig. Mache sich die Klägerin die Rechnungslegung zu eigen, dürfe sie sich
nicht nach Belieben günstige Positionen heraussuchen und ungünstige aussortieren,
insbesondere nicht einzelne Abzugsposten wegen fehlender Richtigkeit oder
Vollständigkeit angreifen, wenn sie nicht versucht habe, diese Auskünfte in
Zwangsvollstreckungsverfahren ergänzen zu lassen; vielmehr müsse sie konkrete
Anhaltspunkte dafür benennen, dass die Angaben nicht zuträfen.
114
Bei den Glaskosten habe das Landgericht zu Unrecht diejenigen für kostenlose
Ersatzlieferungen bzw. kostenlos zurückgegebene Gläser und für nach Verkündung des
Senatsurteils verschrottetes Material ausgenommen. Infolgedessen seien auch die
Transportkosten für das LCD-Glas zu niedrig berechnet. Zu Unrecht habe das
Landgericht auch bei den Leiterplatten die Kosten für verschrottete Teile nicht
berücksichtigt und auch die geltend gemachten Lohnkosten und
Rechtsverteidigungskosten seien absetzbar.
115
Der vom Landgericht anerkannte Anteil des Verletzergewinns von 50% an der
Schutzrechtsverletzung sei zu hoch bemessen.
116
Bei den erstattet verlangten Abmahnkosten sei zu berücksichtigen, dass die
Abmahnung mangels Patentverletzung unberechtigt gewesen sei. Gehe man vom
Standpunkt des Landgerichts aus, sei sie zumindest teilweise unberechtigt gewesen,
nämlich für zwei von vier Ausführungsformen, so dass der zuerkannte Betrag von
6.665,10 Euro auf 3.332,55 Euro halbiert werden müsse. Bei der Zuerkennung der
Kosten für die Zahlungsaufforderung vom 12. Juli 2006 habe das Landgericht bei der
Streitwertbemessung nicht beachtet, dass die Klägerin einen Betrag von 350.000,-- Euro
gefordert habe, der auch den Streitwert bestimme. Von der sich danach ergebenden
Erstattungssumme hätte der Anteil berechnet werden müssen, der dem zugesprochenen
Betrag am ursprünglich geforderten Gesamtbetrag entsprochen habe. Auf die
zuerkannte 1,3 Geschäftsgebühr hätte das Landgericht die von der Klägerin selbst in
Abzug gebrachte 0,65 Verfahrensgebühr anrechnen müssen; indem es dies unterlassen
habe, habe es der Klägerin mehr als beantragt zugesprochen.
117
Ansprüche aus der Zeit bis zum 19. Juli 2000 seien bis zum 29. Januar 2008 verjährt;
die Rechtshängigkeit sei erst mit Zustellung der Klageerweiterung am 30. Januar 2008
eingetreten. Weiterhin bestreiten die Beklagten, dass die Unterzeichner der
Ergänzungsvereinbarung gemäß Anlage BK 16 entsprechende Vertretungsmacht
besessen hätten. Soweit danach ein Restschadenersatzanspruch in Betracht komme,
brauchten sie keine Auskünfte über die Gestehungskosten zu geben, die für die
Berechnung dieses Anspruchs nach der Lizenzanalogie keine Bedeutung hätten.
118
Die Klägerin
beantragt
119
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
120
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
121
II.
122
Die zulässigen Berufungen sind zum Teil begründet. Das Landgericht hat die geltend
gemachten Ansprüche jedoch zum Teil unzutreffend ermittelt. Zum einen hat entgegen
seiner Bewertung auch die Ausführungsform B 0169 das Klagepatent verletzt, darüber
hinaus ist der anerkannte Anteil der Schutzrechtsverletzung am Gesamtgewinn der
Beklagten mit 50% zu hoch gegriffen, und zum Teil sind noch weitere nicht
berücksichtigte Kosten vom Gesamtumsatz der Beklagten abzuziehen. Weiterhin sind
auch die geltend gemachten Kosten für die Abmahnung und die weiteren Anwaltskosten
unzutreffend berechnet worden. Der der Klägerin zustehende Zahlungsanspruch beläuft
sich auf insgesamt
27.529,21 Euro
123
A.
124
Entgegen der Auffassung des Landgerichts verletzt auch die Ausführungsform B 0169
das Klagepatent.
125
1. Das Klagepatent betrifft eine elektronische Anzeigevorrichtung zur Darstellung
insbesondere alphanumerischer Zeichen. Das aktive Anzeigemittel dieser Vorrichtung
bilden Elemente, beispielsweise von elektro-optischen Flüssigkristallzellen oder
Luminiszenzdioden (LED), deren optische Eigenschaften sich in Abhängigkeit von
einem elektrischen Erregungssignal, selektiv gesteuert durch einen elektronischen
Steuerschaltkreis, ändern (Klagepatentschrift Abs. [0001] bis [0003]; Anl. B 1, S. 1,
Zeilen 5 bis 24); die angesteuerten kontrastieren zu den nicht ausgewählten Elementen
(vgl. Klagepatentschrift Abs. [0030] bis [0032]; Anl. B 1, S. 9, Zeile 1 bis S. 10, Zeile 4).
126
Wie die Klagepatentschrift einleitend ausführt (Abs. [0004] bis [0006]; Anl. B 1, S. 1,
Zeile 26 bis S. 2, Zeile 6), ist aus der französischen Offenlegungsschrift 2 458 857 (Anl.
B 2) eine Anzeigevorrichtung bekannt, die eine Gruppe als gerade und balkenförmige
Segmente ausgebildeter Module umfasst, die benachbart und aufeinanderstoßend in
Zeilen und Spalten angeordnet sind; die Figuren 1a und b dieser Druckschrift sind
nachstehend wiedergegeben.
127
An dieser Vorrichtung wird beanstandet, sie könne Zeichen nur in der graphisch wenig
ansprechenden Form aneinander gefügter "Balken" bzw. Striche darstellen und nicht
wahlweise Groß- oder Kleinbuchstaben wiedergeben.
128
Mit dem vorrangigen Ziel, die Auflösung zu verbessern, offenbart die europäische
Offenlegungsschrift 0 146 285 (Anl. B 3), deren Figuren 1 A-C und 2 A-C nachstehend
wiedergegeben sind, eine Anzeigevorrichtung mit einer Vielzahl einzeln adressierbarer
rechteckiger, insbesondere quadratischer Elementarmotive, die in Form einer
Punktmatrix identisch und in homogener Weise in Zeilen und Spalten angeordnet sind.
Dadurch, dass die Elementarmotive mit Hilfe zweier Diagonaler nahezu identisch in vier
129
Teilbereiche aufgeteilt werden, ist die Matrize in ihrer Struktur im Wesentlichen in
mehrere sich wiederholende Gruppen gegliedert, die jeweils aus vier gleichschenkligen
Dreiecken bestehen (vgl. Klagepatentschrift Abs. [0007] und [0008]; Anl. B 1, S. 2,
Zeilen 8 bis 29). Daran wird als nachteilig angesehen, dass die Form der darstellbaren
Zeichen durch das Matrizenschema festgelegt wird und stilisierte - an bestimmte
Schriftarten angenäherte und zumindest mit teilweise gerundeten Konturen versehene –
Zeichen nicht dargestellt werden können (Abs. [0009] bis [0011]; Anl. B 1, S. 3, Zeilen 1
bis 28).
Aus der europäischen Patentanmeldung 0 180 685 (Anl. B 4) ist eine
Anzeigevorrichtung mit den den Oberbegriff des Klagepatentanspruches 1 bildenden
Merkmalsgruppen 1 bis 5 bekannt, deren primäres Ziel es ist, die Ästhetik der
dargestellten Ziffern und Buchstaben zu verbessern, und die sich überdies die Aufgabe
gestellt hat, mit einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Segmenten sowohl große als
auch kleine Buchstaben und einzelne Sonderzeichen für jedermann leicht lesbar
darzustellen und daher auch für Anzeigen in Bahnhöfen, Schaufenstern und auf
Flughäfen verwendet werden kann (vgl. Anl. B 4, S. 3, Zeilen 16 bis 19 in Verbindung
mit S. 2, Zeilen 9 bis 22). Zu diesem Zweck haben die Elementarmotive, wie die
nachfolgend abgebildeten Figuren 4 und 5 der bekannten Druckschrift zeigen,
heterogene (z.B. abgerundete, geradlinige oder gewinkelte) Konturen, sind mosaikartig
komplementär und konkordant zueinander ohne systematische Wiederholung
angeordnet (Klagepatentschrift Abs. [0012] bis [0014]; Anl. B 1, S. 3, Zeile 30 bis S. 4,
Zeile 23) und durch Abstandsbänder einzeln voneinander getrennt.
130
An dieser Vorrichtung wird bemängelt, der Wunsch nach immer besserer Stilisierung der
abzubildenden Zeichen vergrößere die Anzahl der benötigten Elementarmotive, was
aufgrund der erforderlichen großen Zahl an Steuerschaltkreisen nicht nur die
Anzeigevorrichtung verteuere, sondern in zweifacher Weise auch das Aussehen der
wiedergegebenen Zeichen beeinträchtige. Stießen mehrere durch Abstandsbänder
voneinander getrennte Elementarmotive spitzwinklig aufeinander, wirke das Zeichen an
dieser Stelle aus der Distanz betrachtet "angenagt", weil das menschliche Auge die
spitzen Ecken der Elementarmotive nicht mehr vollständig bzw. nur in abgerundeter
Form wahrnehme (vgl. Klagepatentschrift, Figuren 2 und 2 a sowie Abs. [0017], [0018],
[0034] bis [0040] und [0070] bis [0075]; Anl. B 1, S. 5, Zeilen 1 bis 10, S. 10, Zeile 11 bis
S. 11, Zeile 23 und S. 18, Zeile 20 bis S. 19, Zeile 28). Die in solchen
Überschneidungsbereichen von Abstandsbändern von Anzeigemitteln freie Fläche
erscheine dem Betrachter deshalb erheblich größer, als tatsächlich sie ist ("optische
Erosion"). Darüber hinaus zeigten sich aufgrund der zahlreichen für die Ansteuerung der
Elementarmotive erforderlichen elektrischen Zuleitungen innerhalb der breiten
Abstandsbänder "parasitäre Linien", die sich bislang nur durch eine sehr aufwändig
gestaltete Gegenelektrode unsichtbar machen ließen (vgl. Figuren 2a und 3b in
Verbindung mit Abs. [0020] bis [0023]; Anl. B 1, S. 5, Zeile 16 bis S. 6, Zeile 7).
131
Ein weiterer Nachteil besteht nach den Angaben der Klagepatentbeschreibung darin,
dass die Vorrichtung keine Kleinbuchstaben darstellen und vor allem Ziffern und
Buchstaben nur mit einer einzigen Abmessung wiedergeben kann. Soll die Größe der
darzustellenden Buchstaben und Ziffern verändert werden, muss die bereits installierte
Vorrichtung ausgewechselt werden (Klagepatentschrift Abs. [0024]; Anl. B1, S. 6, Zeilen
9 bis 19).
132
Als Aufgabe (technisches Problem) der Erfindung gibt die Klagepatentschrift vor diesem
133
Hintergrund an, die gattungsgemäße Anzeigevorrichtung so zu verbessern, dass sie
sehr viel mehr stilisierte Zeichen darstellen kann, frei von den beiden vorstehend
erörterten optischen Mängeln ist, mit einer minimalen Anzahl von Elementarmotiven
auskommt (Abs. [0020]; Anl. B 1 Zeilen 24 bis 32) und Buchstaben mit unterschiedlichen
Abmessungen zu geringstmöglichen Kosten darstellen kann (Abs.[0027]; Anl. B 1, S. 6,
Zeile 34 bis S. 7, Zeile 2; BPatG, Anl. BK 13, S. 10 Abs. 3).
Der Lösungsvorschlag besteht nach Anspruch 1 des Klagepatentes in der vom
Bundespatentgericht aufrecht erhaltenen Fassung in einer Anzeigevorrichtung mit
folgenden Merkmalen:
134
1. Elektronische Anzeigevorrichtung mit
135
a. mindestens einem elektro-optischen Anzeigemittel (1) und
b. Elementarmotiven (m1 bis mn).
136
Die Elementarmotive (m1 bis mn) sind
137
a. den elektro-optischen Anzeigemitteln (1) zugeordnet,
b. zum größeren Teil ausgehend von einer Serie alpha-numerischer stilisierter und
ausgebildeter Zeichen und
c. in Form einer zusammengesetzten Mosaikstruktur ausgebildet.
138
Die Elementarmotive (m1 bis mn) bilden das Raster der Mosaikstruktur.
Die Elementarmotive (m1 bis mn)
139
a. weisen heterogene und komplementäre Konturen auf
b. und sind konkordant angeordnet,
c. um sich ineinander zu fügen ähnlich einem Puzzle.
140
Die Elementarmotive (m1 bis mn) bilden
141
a. Zeilen (L1 bis L6)
b. und Spalten (C1 bis C5)
c. die charakteristische Schreibzonen (A, B) für die Anzeige von Buchstaben oder
Ziffern begrenzen.
142
Die Elementarmotive (m1 bis mn) sind in den Schreibzonen (A, B) in getrennten
Gruppen (G1 bis Gn) ausgebildet.
In den Gruppen (G1 bis Gn) sind die Elementarmotive (m1 bis mn)
143
a. zueinander an der Grenze der Berührung angeordnet
b. und werden von einem Abstand (Y) getrennt, der vorgesehen ist zum Sicherstellen
der elektrischen Isolation dieser Motive voneinander.
144
Jede Gruppe von Motiven (G1 bis Gn) ist von der benachbarten Gruppe oder den
benachbarten Gruppen von optisch passiven Abstandsbändern (b1 bis bn) getrennt.
Die Abstandsbänder (b bis b) weisen eine Breite (X) auf, welche deutlich größer ist
als der Abstand (Y), wobei
145
a. höchstens vier Abstandsbänder (b1 bis bn) in ihrem Durchsetzungspunkt (I)
aufeinandertreffen und
b. einen Winkel a einschließen, der größer als 60° ist.
146
Das Mosaik weist mindestens ein Basisraster (T1) auf, das eine erste
charakteristische Zone (B) für die Anzeige von Zeichen einer ersten Größe aufweist.
Das Basisraster (T1) ist in einem Zusatzraster (T2) teilweise dupliziert, um
ein resultierendes Raster (T1) zu bilden, das in der Lage ist, die Zeichen in einer
zweiten Größe in einer weiteren charakteristischen Zone (A) anzuzeigen.
147
148
Die Zusammenfassung benachbarter Elementarmotive in Gruppen und die
Beschränkung der optischen Trennfunktion auf die Abstandsbänder sollen das
Erscheinungsbild der abgebildeten Zeichen verbessern, indem die Zahl der sichtbaren
Abstandslinien verringert wird. Sichtbar sind nur noch die Abstandsbänder zwischen
den Gruppen, nicht dagegen die Trennungslinien zwischen den Elementarmotiven
innerhalb einer Gruppe, so dass die gesamte Gruppe wie eine durchgehende und
ununterbrochene Fläche erscheint (Klagepatentschrift Abs. [0051]; Anl. B 1, S. 14,
Zeilen 13 bis 27). Die optisch inaktiven Abstandsbänder zwischen den Gruppen
ermöglichen es, die elektrischen Zuleitungen der einzelnen Elementarmotive unsichtbar
unterzubringen und die unerwünschten "parasitären Linien" zu vermeiden. Die
Gegenelektrode kann entsprechend Figur 5 der Klagepatentschrift auf relativ einfache
Art und Weise so ausgebildet werden, dass sie die Bereiche hinter den
Abstandsbändern frei lässt (Klagepatentschrift vgl. Abs. [0062] und [0063]; Anl. B 1,
S.16, Zeile 23 bis S. 17, Zeile 10; BPatG, a.a.O., S. 13 Abs. 1). Da durch die
Begrenzung der Zahl der Abstandsbänder in den Durchsetzungspunkten nur noch vier
aufeinander treffen und einen Winkel von mehr als 60° einschließen, wird das oben
angesprochene Phänomen der optischen Erosion minimiert.
149
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es nur um die Auslegung der Merkmale 10 und 12.
Soweit die Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz auch die Verwirklichung der
Merkmale 1, 2, 7, 8 und 9 in Frage stellen wollen, können sie damit nach § 531 Abs.2
Nr. 3 ZPO nicht mehr gehört werden. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin deren
Verletzung hätte darlegen müssen; die Beklagten hatten aber schon in der
erstinstanzlichen Klageerwiderung (Seite 12, Bl. 48 d.A.) den Streit auf die Merkmale 10
und 12 der vorstehenden Gliederung konzentriert und damit für das angerufene Gericht
und die gegnerische Partei zu erkennen gegeben, dass sie von einem
wortsinngemäßen Vorliegen der übrigen Merkmale ausgehen. In diesem Sinne hatte
auch die Klägerin den Vortrag der Beklagten verstanden und sich in ihrer Replik vom
28.Januar 2008 (vgl. Bl. 81 d.A.) nur mit diesen Merkmalen befasst. Das zeigt, dass
beide Parteien vom Vorliegen der nicht ausdrücklich bestrittenen Merkmale des
Klagepatentanspruches 1 ausgingen, und auch das Landgericht hat deren
Verwirklichung zu Recht als unstreitig betrachtet (Urteilsumdruck Seite 29). Wenn die
Beklagten die Erfüllung der eingangs genannten Merkmale jetzt in Zweifel ziehen,
hätten sie darlegen müssen, warum ihnen das im Verfahren vor dem Landgericht noch
nicht möglich war. Auch im Berufungsverfahren enthalten die Ausführungen der
Beklagten im übrigen keinen konkreten Tatsachenvortrag dazu, an welchen Stellen sich
die angegriffenen Gegenstände insoweit von der Lehre des Klagepatentes
unterscheiden, sondern es wird nur eingewandt, auf den Bildern – das waren nur die vor
dem Hinweisbeschluss vorgelegten Materialien – seien die Abstandsverhältnisse nicht
klar zu erkennen. In ihrer letzten Stellungnahme vom 29. Januar 2010 (Seite 2 ff.; Bl. 421
ff. d.A.) zur Anlage B 13 kommen die Beklagten auf die jetzt erst in Zweifel gezogenen
Merkmale nicht mehr zurück und befassen sich nur noch mit der von Anfang an
streitigen Fähigkeit der angegriffenen Gegenstände zur Wiedergabe von Zeichen in
unterschiedlichen Größen.
150
In seinem bereits erwähnten Hinweisbeschluss vom 24. September 2009 hat der Senat
bereits ausgeführt, Patentanspruch 1 verlange nicht, dass sämtliche Ziffern (0 – 9) oder
sämtliche Buchstaben des Alphabets (a – z bzw. A – Z) in mindestens zwei
verschiedenen Größen anzeigbar sind, sondern es genüge nach dem
Anspruchswortlaut, mindestens zwei Ziffern oder Buchstaben in verschiedenen Größen
darstellen zu können. Mit der "ersten" bzw. "zweiten" Größe der Zeichen seien deren
geometrische Abmessungen gemeint, so dass dieselbe Ziffer, derselbe Klein- oder
derselbe Großbuchstabe in unterschiedlichen Abmessungen dargestellt werden können
müsse. Unteranspruch 19 stehe dem nicht entgegen und betreffe bei sinngemäßem
Verständnis der gesamten Patentschrift den Fall, dass sich eine "Zeichenfamilie" (eine
Familie umfasst sämtliche Ziffern, sämtliche Klein- oder sämtliche Großbuchstaben) in
zwei Abmessungen anzeigen lässt. Auch wenn der Patentanspruch keine besonderen
Vorgaben zur ästhetischen Qualität der Zeichendarstellung enthalte, sei jedoch mit dem
Landgericht zu fordern, dass die Zeichen für einen durchschnittlichen Betrachter in jeder
anzeigbaren Größe einwandfrei erkennbar seien.
151
Hieran hält der Senat nach erneuter Prüfung fest. Dass der angesprochene
Durchschnittsfachmann Anspruch 1 in diesem Sinne versteht, ergibt bereits die
maßgebliche französisch-sprachige Anspruchsfassung, die für Zeichen den Ausdruck
"caractère" und für das deutsche Wort Größe den Begriff "taille" gebraucht. Caractère
bezeichnet die Gestaltung bzw. Zeichnung einer Ziffer oder eines Buchstabens, der als
Minuskel regelmäßig ein anderes Schriftbild hat als in Majuskelschrift, so dass neben
den einzelnen Ziffern sowohl der Groß- als auch der Kleinbuchstabe jeweils einen
eigenen caractère darstellen. Mit "taille" sind die mathematisch-geometrischen
152
eigenen caractère darstellen. Mit "taille" sind die mathematisch-geometrischen
Abmessungen der "caractère" gemeint.
Die Klagepatentbeschreibung bestätigt dieses Verständnis. An der den nächst
kommenden Stand der Technik bildenden europäischen Patentanmeldung 0 180 685
bemängelt sie (Absätze [0012] bis [0024]; Anlage B1, Seiten 4 bis 6) nicht nur die bereits
erwähnten optischen Defekte, die unerwünschte Erhöhung des Aufwandes für die
Stromversorgung bei einer besseren Stilisierung durch mehr Pixel und die fehlende
Anzeigbarkeit von Minuskeln, sondern beanstandet ausdrücklich auch als "wesentlich",
dass die Abmessungen der anzuzeigenden Zeichen die Größe der bekannten
Vorrichtung bestimmen, so dass die Modifikation der Größe der anzuzeigenden Zeichen
einen Austausch der gesamten Vorrichtung gegen eine solche anderer Größe bedingt.
Die in der Klagepatentschrift objektiv zutreffend wiedergegebene Aufgabe besteht
demgemäß nicht nur darin, die Wiedergabe einer größeren Anzahl stilisierter Zeichen
frei von optischen Defekten mit gleichwohl verhältnismäßig wenigen Pixeln zu
ermöglichen, sondern umfasst insbesondere auch das Anliegen, dem Problem der
Abmessung der Buchstaben mit geringstmöglichen Kosten gerecht zu werden (vgl.
Klagepatentschrift, Absätze [0026] und [0027]; Anlage B1, Seite 6/7). Das hat auch das
fachkundige Bundespatentgericht (Anlage BK 13, Seite 10 letzter Absatz) eindeutig in
dem Sinne verstanden, dass erfindungsgemäß Buchstaben mit unterschiedlichen
Abmessungen – und nicht nur als Minuskel und Majuskel – sollen dargestellt werden
können. Soweit sich die Klagepatentschrift (vgl. Absätze [0043], [0048], [0050], [0082]
und [0087]; Anlage B 1, Seiten 12, 13, 14, 20f. und 22) mit der Darstellbarkeit der
Buchstaben als Majuskeln und Minuskeln befasst, handelt es sich vor diesem
Hintergrund um Besonderheiten der dort wiedergegebenen bevorzugten
Ausführungsbeispiele, auf die sich der technische Sinngehalt des Anspruches 1 jedoch
nicht bezieht. Die entscheidenden und allgemein das Wesen der Erfindung
umschreibenden Erläuterungen zu den Merkmalen 10 und 12 enthält die
Klagepatentbeschreibung in der Erörterung des Ausführungsbeispiels gemäß Figur 6
(Absätze [0096] bis [0098]; Anlage B 1, Seite 25), wo ausgeführt ist, das
erfindungsgemäße Mosaik umfasse eine erste Anzeigezone zur Bildung
alphanumerischer Zeichen mittlerer Größe, diene insbesondere (also nicht allein) der
Bildung eines ersten Satzes von Majuskelbuchstaben und Ziffern gemäß Figur 11 bis 18
und umfasse auch eine zweite Zone E zur Anzeige alphanumerischer Zeichen größerer
Abmessungen, nämlich
großer Majuskeln und Ziffern,
sichtbar seien. Auch am Schluss der Beschreibung wird hervorgehoben, das Mosaik
umfasse mindestens zwei charakteristische Zonen für die Bildung von Ziffern in
unterschiedlichen Größen und auch zur Anzeige unterschiedlicher Größen ein und
derselben Buchstaben einer Familie. Mit diesem Inhalt bezieht der Fachmann die
dortigen Erläuterungen nicht nur auf die in Unteranspruch 19 beschriebene
Ausführungsform, sondern erkennt sie als wesentlich für die gesamte Erfindung. Gerade
durch die Darstellbarkeit ein und desselben Buchstabens bzw. Zeichens in
unterschiedlichen Abmessungen kann man nach den weiteren Ausführungen der
Klagepatentbeschreibung (Absatz [0103]; Anlage B 1, Seite 27 oben) dem eingangs
erwähnten Problem der Beschränkung der Anzeigevorrichtung auf die Wiedergabe von
Zeichen in einer einzigen Größe abhelfen, weil man für eine Darstellung in veränderter
Größe nicht mehr die Vorrichtung austauschen muss, sondern auf der vorhandenen
Vorrichtung nur die Anzeige in einer abweichenden Größe einstellen kann. Gestalt und
Funktion des Zusatzrasters, das die aus dem Basisraster bestehende Zone B zur Zone
A erweitert, bestätigen die Richtigkeit der vorstehenden Auslegung. Das Zusatzraster
soll deshalb aus dem Basisraster dupliziert sein, damit sich für die Wiedergabe der
Zeichen in der ersten Größe in Zone B benötigte charakteristische Mosaikstrukturen
153
auch im erweiterten Bereich der Zone A wiederholen, um dort die Darstellung der
selben Zeichen in einer zweiten Größe zu ermöglichen.
Wenn die Klägerin demgegenüber ausführt (Seite 9 ihres Schriftsatzes vom 4.
Dezember 2009, Bl. 419 d.A.), Anspruch 19 beziehe sich nicht auf die Bildung einer
"gesamten Zeichenstruktur in dem Sinne, dass die Darstellbarkeit sämtlicher Zeichen
des Alphabets angesprochen" werde und auch nicht auf die Bildung einer
Zeichenfamilie, ist dies mit dem Wortlaut des Anspruchs 19 unvereinbar.
154
Entgegen der Auffassung der Klägerin erfasst Patentanspruch 1 auch bei dem
vorstehend dargelegten Verständnis das Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 4 a
bis k. Das hat das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt, so dass auf die dortigen
Darlegungen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann.
155
Ebenso erfolglos bleibt der im Verhandlungstermin vom 25. Februar 2010 vor dem
Senat vorgetragene Hinweis der Klägerin, dass das Raster des Ausführungsbeispiels
gemäß Figur 3 der Klagepatentschrift Minuskeln mit Ober- und/oder Unterlänge nicht in
einer zweiten Größe anzeigen könne, belege, dass die in Anspruch 1 umschriebene
Erfindung nur auf die Verwirklichung einer Groß- und Kleinschreibung und nicht auf die
Wiedergabe identischer Zeichen in verschiedenen Abmessungen abziele. Denn es
genügt zur Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre, Majuskeln
und/oder Ziffern in verschiedenen Abmessungen zu zeigen, und hierzu ist die von der
Klägerin in Bezug genommene Ausführung unstreitig in der Lage; ob das zusätzlich
auch bei der Anzeige von Minuskeln möglich ist, ist im Rahmen des Anspruches 1
unerheblich.
156
Eine besondere ästhetische Qualität oder eine besondere Qualität der Erkennbarkeit der
Zeichenwiedergabe wird in Anspruch 1 nicht gefordert. Die angestrebten
Verbesserungen bestehen in der Beseitigung unregelmäßiger Strukturen, parasitärer
Linien und der bereits erwähnten optischen Erosionen. Die angezeigten Zeichen
werden nur noch durch optisch passive Abstandsbänder unterbrochen, innerhalb der
Elementarmotivgruppen sind Trennlinien nicht mehr sichtbar. Dass die Elementarmotive
in ihren Konturen so gewählt werden, dass sich ein möglichst ansprechendes Bild bei
der Anzeige ergibt und die Zeichen besonders gut zu erkennen sind, mag in der Praxis
der Regelfall sein, wird in Anspruch 1 aber nicht verlangt.
157
Ebenso wenig kann sich die Klägerin mit Erfolg auf die Ausführungen des
Bundespatentgerichts (Anlage BK 13, Seite 12/13) berufen, die Vorteile der Erfindung
lägen u.a. in der Anzeigbarkeit einer Vielzahl alpha-numerischer Zeichen in Groß- und
Kleinschreibung. Da die Klägerin das Klageschutzrecht nur in eingeschränktem Umfang
mit den hier in Rede stehenden Merkmalen 10 bis 12 verteidigt hat, hat das
Bundespatentgericht das Klagepatent ohne weitere Sachprüfung beschränkt (vgl. BGH
GRUR 2006, 666 Rdnr. 20 – Stretchfolienhaube; GRUR 2007, 778, 780 Rdnr. –
Ziehmaschinenzugeinheit). Für diesen Teil der Entscheidung weisen die Gründe des
Nichtigkeitsurteils keine Begründung auf, die zur Auslegung der Patentansprüche
herangezogen werden könnte. Es ist zwar richtig, dass im Nichtigkeitsverfahren die
Merkmale 9a und 9b ohne weitere Sachprüfung in den Anspruch aufgenommen worden
sind, während die hier zur Diskussion stehenden Merkmale 10 und 12 schon in der im
Einspruchsverfahren geänderten Fassung enthalten waren. Soweit sich das
Bundespatentgericht mit ihnen befasst, wird nur erläutert, warum das Klagepatent
Bestand und die Nichtigkeitsklage keinen Erfolg hat, ohne dass die betreffenden
158
Ausführungen Teil der Beschreibung werden (BGH, a.a.O. – Ziehmaschinenzugeinheit).
Abgesehen davon vermögen die Darlegungen des Bundespatentgerichts den
Standpunkt der Klägerin auch nicht zu stützen. Angesichts der bereits erwähnten
Ausführungen auf Seite 10 der Entscheidungsgründe, die auch die Kritik am Stand der
Technik und seiner fehlenden Anzeigbarkeit in verschiedenen
Buchstabenabmessungen nicht unerwähnt lässt – auch in der Angabe der
Aufgabenstellung nicht – ist die Zusammenfassung der mit der Erfindung erzielbaren
Vorteile erkennbar nur ein grober und teilweise auch ungenauer Umriss.
2.
159
Von den vom Senat nicht ausgeurteilten Ausführungsformen fallen nicht nur die vom
Landgericht für patentverletzend gehaltenen Typen B 1079, 5039 und 8089, sondern
auch die für patentfrei gehaltene Ausführungsform B 0169 unter den Wortsinn des
Klagepatentanspruches 1. Maßgeblich für die Beurteilung ist das nachstehend
eingeblendete Material, das die Klägerin auf den Hinweisbeschluss des Senats als
Anlage BK 13 vorgelegt hat. Die Ausführungsform B 0169 kann danach Majuskeln und
Ziffern in den Schriftarten 1 und 2 (jeweils groß) in zwei unterschiedlichen
Abmessungen zentriert auf einer einheitlichen Grundzeile darstellen, und sie ist auch
bei Minuskeln dazu in der Lage, wie die Schriftarten 1 und 2 (jeweils klein) zeigen.
160
Das jetzt vorgelegte Material ergibt auch für alle anderen Ausführungsformen die
Verwirklichung der Merkmale 10 bis 12, und zwar nicht nur für einzelne Buchstaben
oder Ziffern, sondern für sämtliche Buchstaben des Alphabets und sämtliche Ziffern,
weil sie jedenfalls in der Lage sind, Majuskeln oder Ziffern in der Zone B einerseits und
der Zone A andererseits in unterschiedlichen Abmessungen darzustellen, wobei die
gleichzeitig anzuzeigenden Zeichen auch jeweils auf einer Grundzeile zentriert und für
den Leser auch in ihrem Sinngehalt einwandfrei zu erkennen sind. So kann ausweislich
dieser Anlagen die Ausführungsform B 1079 in den Zonen A und B Majuskeln in
unterschiedlichen Abmessungen darstellen (vgl. Anlage BK 13 Schriftarten 1 und 3,
jeweils groß). Die Ausführungsform B 4099 hat diese Möglichkeit jedenfalls in den
vorgelegten Schriftarten 1, 2 und 4 (jeweils groß); dasselbe gilt für Minuskeln in den
Schriftarten 1, 2 und 4 (jeweils klein). Bei der Ausführungsform B 5039/8089 genügt
jedenfalls die Wiedergabe von Ziffern und Majuskeln in den Schriftarten 1 und 3 (jeweils
groß) den vorstehenden Anforderungen, und für die Ausführungsform B 5110 gilt dies für
die Darstellbarkeit von Majuskeln und Ziffern in den Schriftarten 1 und 2 (jeweils groß).
161
Was die Klägerin dazu in ihrem Schriftsatz vom 29. Januar 2010 (Bl. 421 ff.) ausführt, hat
keine Substanz, weil keine konkreten Einwände erhoben werden. Dass einzelne
Schriftarten zur Wiedergabe von Majuskeln und Minuskeln in unterschiedlichen Größen
auch in die Unterlänge hineinreichen, ist unerheblich, weil der Senat seiner Beurteilung
die betreffenden Schriftarten nicht zugrunde gelegt hat.
162
B.
163
Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht Ansprüche aus
Verletzungshandlungen bis einschließlich 2002 für spätestens mit Ablauf des Jahres
2005 verjährt gehalten (vgl. Urteilsumdruck S. 33). Die Verjährung in der Zeit bis zum
31. Dezember 2001 richtet sich gemäß Artikel 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nach dem
damals geltenden Recht, also nach § 141 PatG a.F. Die Verjährungsfrist beträgt danach
3 Jahre von dem Zeitpunkt an, in dem der Berechtigte Kenntnis von der Verletzung und
164
der Person des Verpflichteten hatte, und ohne Rücksicht auf diese Kenntnis 30 Jahre.
Für die Verjährung seit dem 1. Januar 2002 gelten § 141 PatG n.F. und die §§ 195, 199
Abs. 3 BGB; die Verjährungsfrist beträgt jetzt grundsätzlich 3 Jahre ab Kenntnis oder
grob fahrlässiger Unkenntnis, unabhängig hiervon 10 Jahre. Anhaltspunkte dafür, dass
die Klägerin die hier in Rede stehenden patentverletzenden Vorrichtungen schon bei
der Klageerhebung im Vorprozess LG Düsseldorf 4a O 214/01 (= 2 U 114/02) kannte,
bestehen zwar nicht. Das schließt den Lauf der Verjährungsfrist jedoch noch nicht aus.
Seitdem grob fahrlässige Unkenntnis genügt, ist das bisherige Kriterium, dass die
Verjährungsfrist weiter läuft, wenn der Verletzte mit einigermaßen Aussicht auf Erfolg
den Anspruch hätte einklagen können, zu eng, sondern es sind die zur groben
Fahrlässigkeit im Sinne der §§ 199 und 277 BGB entwickelten Grundsätze
anzuwenden. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn naheliegende Überlegungen
nicht angestellt werden, die jedem hätten einleuchten müssen (vgl. Benkard, PatG und
GbMG, 10. Aufl., § 141 Nr. 5), wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch
begründenden Umstände förmlich aufdrängen mussten und er leicht zugängliche
Informationsquellen nicht nutzt. Bei Schadenersatzansprüchen ist grobe Fahrlässigkeit
zu bejahen, wenn der Gläubiger in Kenntnis eines drohenden oder eingetretenen
Schadens untätig bleibt, obwohl ihm die Beschaffung von Informationen über die zur
Anspruchsverfolgung relevanten Tatsachen unschwer möglich und zumutbar war
(Palandt/Ellenberger, BGB 69. Auflage, § 199, Rdn. 36, 37 m.w.N.).
So liegt der Fall auch hier. Die Klägerin ist dem Vortrag der Beklagten (Bl. 128 d.A.)
nicht entgegen getreten, dass die S. 7 des als Anlage B 10 vorgelegten Kataloges, der
auch im Vorverfahren als Beleg für die Patentverletzungen diente, auch die hier in Rede
stehenden Ausführungsformen B 0169, 5039, 7069, 1079 und 8089 betraf. Bezog sich
der Prospekt auf diese Ausführungsformen, hätte es sich der Klägerin aufdrängen
müssen, sich nicht darauf zu verlassen, sämtliche Ausführungsformen seien im
Vorprozess ebenso wie die ausdrücklich erwähnte Vorrichtung B 7069 mit angegriffen
und würden von einem obsiegenden Urteil mit erfasst, sondern zu prüfen, wie die
anderen Ausführungsformen beschaffen sind, ob sie auch unter die Lehre des
Klageschutzrechtes fallen und von der Beklagten zu 1. Vertrieben werden. Dies gilt
umso mehr, als der Prospekt nur die Rasterstruktur der Ausführungsform B 7069 zeigt,
gleichzeitig aber für die anderen Typen abweichende Abmessungen und
Zeichenmengen angibt. Beides bedeutete zwangsläufig, dass die nicht abgebildeten
Typen eine andere Rasterstruktur als die Vorrichtung B 7069 aufweisen mussten.
Tatsächlich weichen die Rasterstrukturen auch voneinander ab, wie schon der
Vergleich der im angefochtenen Urteil und im Anlagenkonvolut BK 13
wiedergegebenen Rasterabbildungen der hier in Rede stehenden Ausführungsformen
mit der im Prospekt abgebildeten Ausführungsform B 7069 zeigt. Wie die
Rasterstrukturen beschaffen waren und ob sie unter Anspruch 1 des Klagepatentes
fielen, hätte sich durch eine Beschaffung der Vorrichtungen klären lassen; dass diese
Beschaffung nicht möglich war, behauptet auch die Klägerin nicht. Dass auch die nicht
abgebildeten Raster möglicherweise das Klageschutzrecht verletzten, lag nahe, weil im
Prospekt auf eine gesonderte bildliche Wiedergabe verzichtet wurde und das als
Hinweis darauf verstanden werden musste, dass die betreffenden Muster trotz der sich
abzeichnenden Unterschiede im Grundsatz ähnlich aussahen wie das abgebildete
Raster der Ausführungsform B 7069. Das alles sind Gründe, aus denen es sich für die
Klägerin aufdrängen musste, sich über die Beschaffenheit der nicht abgebildeten
Anzeigevorrichtungen Gewissheit zu verschaffen und auch sie im Vorverfahren zum
Gegenstand des Klageangriffes zu machen.
165
Für die Zeit ab 2003 hat das Landgericht zu Recht (Urteilsumdruck S. 33/34) die
Verjährung für die Zeit vom 21. August 2006 bis zum 9. Januar 2007 als gehemmt
betrachtet und dies auch zutreffend begründet. Im Grundsatz wenden die Beklagten
zwar mit Recht ein, das Landgericht habe diese Vorschriften herangezogen ohne darauf
hinzuweisen, dass es die zur Berechnung des Verletztergewinns in anderem
Zusammenhang vorgelegten Unterlagen auch unter diesem Gesichtspunkt auswerten
wollte. Dieser Einwand führt jedoch, nachdem die Klägerin sich die diesbezüglichen
Ausführungen des Landgerichts in ihrer Berufung zu Eigen gemacht hat, nur dazu, dass
die Hemmung der Verjährung nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in der Berufungsinstanz zu
berücksichtigen ist. Dass die vorgelegten Unterlagen gemäß Anlagen K 3 ff., mit denen
die Klägerin ihre bezifferten Schadenersatzansprüche belegen wollte, auch unter dem
Gesichtspunkt der Verjährung Bedeutung erlangen würden, lag auf der Hand, weil die
genannten Schreiben nicht nur Angaben über die Rechnungslegung enthalten, sondern
auch die über den bezifferten Zahlungsanspruch geführten Vergleichsverhandlungen
dokumentieren. Jedenfalls in der hier gegebenen Prozesslage muss die Einrede der
Verjährung auch unter Heranziehung dieser Unterlagen beurteilt werden.
166
C.
167
1.
168
Der den Ausgangspunkt für die Berechnung des
Verletzergewinns
mit den Verletzungsgegenständen erhöht sich um die mit der ebenfalls
patentverletzenden Ausführungsform B 0169-1 und 0169-2 erzielten Erlöse von 997,--
und 3.290,10 Euro, die der vom Landgericht (Urteilsumdruck S. 37) ermittelten
Gesamtsumme von 527.559,23 Euro hinzugefügt werden müssen, so dass sich ein
Gesamtumsatz
Verletzergewinn die vom Senat verurteilten Ausführungsformen B 7069, 4099 und 5110
für die Jahre ab 2000, hinsichtlich der anderen Ausführungsformen B 1079, 0169 und
5039 nur die Umsätze aus dem Jahr 2003.
169
2.
170
Bei den abzugsfähigen Kosten müssen zusätzlich die als Ausschuss an den Lieferanten
ohne Gegenleistung zurückgegebenen Gläser berücksichtigt werden.
171
a)
172
Die Darlegungs- und Beweislast hat das Landgericht zutreffend beurteilt. Die Klägerin
hat die Voraussetzungen für den Schadenersatzanspruch darzulegen, auch die
Tatsachen zur Begründung der geltend gemachten Schadenshöhe einschließlich der
wertbildenden Faktoren; insbesondere muss sie, wenn sie in der Rechnungslegung
nicht mitgeteilte Umstände heran zieht, z.B. höhere Umsätze und Stückzahlen als dort
angegeben, im Streitfall deren Vorliegen dartun und beweisen (vgl. Senat InstGE 7, 194,
199 f. – Schwerlastregal II); die Beklagten tragen demgegenüber die Beweislast dafür,
dass bestimmte von ihnen geltend gemachte Kosten den Verletzungsgegenständen
unmittelbar zugeordnet werden können und damit vom erzielten Umsatzerlös
abzugsfähig sind. Anerkannt ist das für Kosten, die ausnahmsweise zurechenbar sein
sollen, obwohl sie typischer Weise als Gemeinkosten anfallen (vgl. Schulte/Kühnen,
PatG, 8. Aufl., § 139 Rdnr. 129 m.w.N.). Auch hier liegt der Fall nicht anders, weil die
Tatsachen, aus denen die Beklagten eine Abzugsfähigkeit herleiten, ihnen als
173
Tatsachen, aus denen die Beklagten eine Abzugsfähigkeit herleiten, ihnen als
rechtshindernde Einwendungen günstig sind. Hiervon wollte der Senat mit der
Entscheidung "Schwerlastregal II" nicht abweichen. Was die Klägerin im
Auskunftserzwingungsverfahren hätte klären oder präzisieren können, dort aber
hingenommen hat, kann im Höheprozess nicht mehr nur wegen mangelnder
Transparenz gerügt werden, vielmehr muss derjenige, der von anderen Zahlen als die
Rechnungslegung ausgeht, im Einzelnen konkret dartun und im Streitfall beweisen, von
welchen abweichenden Tatsachen ausgegangen werden muss.
b)
174
Zu den LCD-Glaskosten ist unstreitig, dass sie anrechenbar sind, sobald die Gläser in
veräußerten Vorrichtungen eingebaut worden sind. Zutreffend ist das Landgericht auch
davon ausgegangen, dass die Kosten für im Rahmen der regulären Fertigung zum
Ausschuss gelangte Gläser berücksichtigt werden müssen. Auch sie sind jeweils
konkreten Ausführungsformen zuzuordnen, da die Beklagten unbestritten vorgetragen
haben, für jede Ausführungsform sei ein spezielles LCD-Glas bezogen worden. Als
Kostenposition hat das Landgericht insofern zu Recht 166.286, 71 Euro anerkannt. Zum
Ausschuss gehören aber nicht nur Gläser, die bei der Herstellung konkreter
Gegenstände unbrauchbar geworden sind, sondern auch ohne Kostenerstattung oder
Ersatzlieferung zurückgeschickte Mängelexemplare. Entscheidend ist auch hier die
Zuordenbarkeit zu den konkreten Verletzungsgegenständen, die sich auch hier daraus
ergibt, dass für jede Ausführungsform ein spezielles Glas bezogen wurde. Ob die
kostenlose Rückgabe wirtschaftlich sinnvoll war oder nicht, ist unerheblich. Auch der
Umstand, dass bei der Berechnung des Schadenersatzes nach dem Verletzergewinn
die Fiktion zugrunde gelegt wird, die Klägerin hätte den von der Beklagten erzielten
Verletzergewinn ohne die schutzrechtsverletzenden Handlungen erzielt, zwingt zu
keiner anderen Betrachtung. Die Fiktion bezieht sich lediglich darauf, dass der von der
Beklagten erzielte Gewinn bei der verletzten Klägerin entstanden wäre, rechtfertigt aber
nicht, bei der Ermittlung der vom Gesamtumsatz abzuziehenden Kosten des Verletzers
die Kostenstruktur des Verletzten anzuwenden. Infolge dessen müssen hinzugerechnet
werden:
175
Typ 7069: 117 x Stückpreis 41,23 € = 4.823,91 €
176
Typ 4099: 158 x Stückpreis 35,09 € = 5.544,22 €
177
Typ 5110: 165 x Stückpreis 31,63 € = 5.128,95 €
178
Typ 0169: 104 x Stückpreis 22,45 € = 2.334,80 €
179
Typ 1079: 50 x Stückpreis 51,53 € = 2.576,50 €
180
Typ 5039: 32 x Stückpreis 30,70 € = 982,40 €
181
Gesamtsumme:
21.390,78 €
182
Der vorstehenden Berechnung wurden, weil die Beklagten die Gesamtzahl der
Retouren nicht nach Jahren (bzw. für Typ 4099 nicht nach einzelnen Lieferanten)
aufgeschlüsselt haben, der jeweils niedrigste im angefochtenen Urteil bzw. in der
Rechnungslegung gemäß Anlage K 12 angegebene Stückpreis zugrunde gelegt.
183
Hinzu kommen für den bei der Verarbeitung entstandenen Ausschuss der
Ausführungsform B 0169 weitere
4.106,50 Euro
21,50 Euro).
184
c)
185
Dementsprechend erhöht sich auch der abzugsfähige Betrag der Kosten für den LCD-
Glastransport um folgende Beträge (Ermittlung erfolgte nach dem vom Landgericht
angewendeten Schlüssel Stückzahl x Transportkosten je kg x Gewicht der Glasmenge
in Kilogramm):
186
Typ 5110: 165 x 3,25 x 0,7 = 375,38 €
187
Typ 7069: 117 x 3,25 x 0,55 = 209,14 €
188
Typ 4099: 158 x 3,25 x 0,55 = 282,43 €
189
Typ 5039: 32 x 3,25 x 0,45 = 56,16 €
190
Typ 1079: 50 x 3,25 x 0,52 = 84,50 €
191
Typ 0169: 1710 x 3,25 x 0,31 = 1.722,80 €
192
Summe: 2.730,14 €
193
zuzüglich vom Landgericht
194
zuerkannter Betrag: 7.232,88 €
195
Gesamtsumme:
9.963,62 €
196
d)
197
Auch für die Leiterplatten ist mit dem Landgericht (Umdruck S. 47 f.) ein weiterer Betrag
für den Ausschuss anzuerkennen, den die Klägerin zwar erst in der
Berufungserwiderung (Bl. 312 d.A.) teilweise näher spezifiziert hat, wobei die Zahlen
von der Klägerin ersichtlich nicht konkret bestritten werden. Hinzuzurechnen sind daher
folgende Beträge:
198
Typ 5110: 328 x Stückpreis 7,37 € = 2.417,36 €
199
Typ 4099: 121 x Stückpreis 5,71 € = 690,91 €
200
Typ 0169 (nur Zeitraum 2003 und nur verbautes Material):
201
200 x Stückpreis 5,68 € = 1.136,00 €
202
Summe: 4.244,27 €
203
zuzüglich vom Landgericht
204
anerkannter Abzugsbetrag: 40.658,62 €
205
Gesamtsumme:
44.902,89 €
206
Für die Ausführungsformen B 5039, 7069, 1079 und 0169 konnten keine
Ausschussmengen anerkannt werden, weil die Beklagten insoweit auch in der
Berufungsinstanz keine Angaben gemacht haben.
207
e) Weiterhin zu berücksichtigen sind die auch vom Landgericht in Abzug gebrachten
Kosten von 729,10 € für Chip-Kondensatoren, 97.524,72 € für Chips und 187,20 € für
Buffer, und weitere 4.423,36 € für Buchsenleisten (vgl. LG-Urteilsumdruck S. 48 bis 51).
208
f) Ebenso wie auch das Landgericht verfahren ist, können Kosten für nach dem Urteil
des Senats verschrottete Gegenstände nicht in Abzug gebracht werden. Die Beklagten
haben nichts anderes getan, als die angegriffenen Gegenstände zu vernichten. Wären
sie hierzu verurteilt worden, hätten sie die Kosten der Vernichtung übernehmen müssen
und hätten, da ihnen der weitere Vertrieb untersagt war, sie auch nicht in den Verkehr
bringen und daraus einen Gewinn erzielen dürfen. Gestattete man ihnen, die Kosten zur
Herstellung der vernichteten Gegenstände denjenigen für die zuvor verkauften
gleichartigen Erzeugnisse hinzuzurechnen, würden sie mittelbar dem Verletzten
angelastet, dessen für die Berechnung des Verletzergewinnes maßgebliche Summe
sich entsprechend verringert. Dass die Beklagten die Gegenstände, soweit der Senat
sie nicht dazu verurteilt hat, freiwillig vernichtet haben, kann an dieser Beurteilung nichts
ändern.
209
g) Nicht abgezogen werden dürfen ferner Lohnkosten, was auch das Landgericht
zutreffend so gesehen hat (Urteilsumdruck S. 51 ff.); die Beklagten haben insoweit auch
im Berufungsverfahren nicht konkret dargetan, dass es Mitarbeiter gegeben hat, die
gerade für den Bereich der angegriffenen Gegenstände eingestellt waren und außerhalb
der Produktionszeiten für diese Erzeugnisse nicht mit anderen Aufgaben beschäftigt
waren.
210
h) Zutreffend hat das Landgericht auch die Rechtsverteidigungskosten nicht anerkannt
(Umdruck S. 52); auch auf diese Begründung kann zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug genommen werden.
211
i)
212
In der Gesamtsumme belaufen sich die abzugsfähigen Kosten damit auf 349.514,88
Euro, was einem Gewinn der beklagten von 182.331,45 Euro (531.846,33 Euro abzgl.
349.514,88 Euro) entspricht.
213
3.
214
Als Anteil der Schutzrechtsverletzung am Verletzergewinn hat das Landgericht zu
Unrecht die von der Klägerin geforderte Quote von 50 % anerkannt. Unter den hier
gegebenen Umständen kann sich der Anteil der Schutzrechtsverletzung am
Gesamterlös nur auf 5% belaufen; das entspricht einem Betrag von
9116, 57 Euro
einen Anteil von 50 % rechtfertigende Bedeutung hatte die patentgemäße
Ausgestaltung für den Kaufentschluss der Abnehmer nicht. Das Klagepatent hat an zwei
Stellen gegenüber dem in der Klagepatentschrift erörterten Stand der Technik
215
Verbesserungen gebracht: Die eine bezieht sich auf das optische Erscheinungsbild,
indem nicht mehr sämtliche Trennlinien zwischen allen Elementarmotiven zu sehen
sind, sondern nur noch die optisch passiven Abstandsbänder, und auf die Beseitigung
optischer "Erosionen"; die weitere Verbesserung besteht in der Möglichkeit, das selbe
Zeichen in verschiedenen Abmessungen darstellen zu können. Jedenfalls die letztere
Verbesserung hat in der Praxis keinen besonderen Nutzen gehabt; es ist nicht
ersichtlich und wird auch von der Klägerin nicht dargetan, dass und warum es bei den
hier in Rede stehenden Einsatzgebieten wichtig ist, auf Bahnhöfen und Flughäfen
Liniennummer, Zug- oder Flugnummer, Zielangaben und Abfahrtszeiten oder an
Haltestellen und in Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs Linien und
Zielangaben in unterschiedlichen Schriftgrößen oder in Kapitälchen-Schrift anzuzeigen.
Die Klägerin selbst behauptet sogar, dass es in der Realität hierfür keinen relevanten
Anwendungsbereich bzw. Bedarf gibt (S. 3 ihres Schriftsatzes vom 4. September 2009,
Bl. 413 d.A. und S. 3 ihres Schriftsatzes vom 17. Februar 2010, Bl. 432 d.A.).
Es kommt hinzu, dass die von den Beklagten mitgelieferten Steuerungen diese
Möglichkeit nicht einmal vorsahen und dafür erst hätten umprogrammiert oder
ausgetauscht werden müssen. Dass die Kunden von sich aus das Bedürfnis hatten,
diesen Schritt zu gehen und die Änderung der Programmierung vom Kunden ohne
Probleme zu bewerkstelligen war, legt die Klägerin nicht näher dar. Die Beklagten
haben ihre Kunden nicht auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht; auch die zu den
Akten gereichten Werbematerialien erwähnen sie nicht. Die gegenteiligen
Ausführungen der Klägerin hierzu in ihrem Schriftsatz vom 4. Dezember 2009 sind
unergiebig, weil sie sich nur auf die nicht näher spezifizierte und nicht belegte
Behauptung beschränken, die Umstellung sei ohne Schwierigkeiten in kurzer Zeit
möglich. Die Dauer der Umstellung, die nach dem unwiderlegten Vorbringen der
Beklagten einen Zeitraum von etwa 4,5 Stunden pro Zeichen erfordert, spricht eindeutig
dagegen, dass ein Abnehmer der angegriffenen Gegenstände entsprechend verfahren
ist und sich dieser Mühe unterzogen hat. Auch die insoweit darlegungsbelastete
Klägerin hat keinen Benutzer der angegriffenen Anzeigevorrichtungen benannt, der die
Steuerung auf eine von Anspruch 1 erfasste Anzeigemöglichkeit umgestellt hat.
216
Die Beklagten haben zudem als Anlage B 8 Schreiben dreier ihrer sieben Kunden
(darunter auch ihres Hauptabnehmers SaF) vorgelegt, die bestätigen, sie hätten sich für
die angegriffene Ausführungsform nur wegen deren günstigeren Preises entschieden.
Dabei mag es sich möglicherweise um Gefälligkeitsschreiben handeln, das für sich
allein macht ihren Inhalt aber noch nicht unbeachtlich oder unverwertbar. Es wäre
vielmehr Sache der Klägerin gewesen, diese Bestätigungen inhaltlich konkret zu
widerlegen, indem etwa vorgetragen wird, die betreffenden Unternehmen hätten sich ihr
– der Klägerin – oder Dritten gegenüber dahin geäußert, es sei ihnen wesentlich auch
auf die klagepatentgemäßen Eigenschaften angekommen, oder andere namentlich zu
benennende Abnehmer hätten die angegriffenen Vorrichtungen oder auch das Produkt
der Klägerin gerade im Hinblick auf die durch das Klagepatent gebrachten
Verbesserungen bevorzugt. Die Klägerin hat jedoch keinen Einsatzbereich benannt, für
den die Darstellbarkeit des selben Zeichens in verschiedenen Größen wichtig ist.
217
Auch das bessere optische Erscheinungsbild der erfindungsgemäßen
Anzeigevorrichtung begründet keinen höheren Anteil der Schutzrechtsverletzung am
Gewinn der Beklagten. Die patentgeschützte Vorrichtung hat im Verletzungszeitraum
nach dem unwiderlegten Vortrag der Beklagten mit Matrixanzeigen konkurriert und
konnte sich als Mosaikschrift im Wesentlichen wegen des günstigeren Preises
218
behaupten. Das zeigt, dass Matrixanzeigen in ihrem optischen Erscheinungsbild im
Verkehr als den patentgeschützten Gegenständen zumindest ebenbürtig angesehen
wurden.
Hinzu kommt, dass eine Benutzung bloß der für die besseren optischen Eigenschaften
der Anzeige verantwortlichen Anspruchsmerkmale eine gemeinfreie Technik darstellen
würde und ohne gleichzeitige Benutzung der eine unterschiedlich große Anzeige
gleicher Buchstaben oder Zahlen ermöglichenden Merkmale keinerlei Ansprüche aus
dem Klagepatent hervorbringen könnte. Zwar ist eine die Anzeige unterschiedlicher
Buchstaben- oder Zahlengrößen umsetzenden Steuerung als solche nicht Teil des
Patentanspruches. Für die Kaufentscheidung eines potenziellen Abnehmers – ebenso
wie für die Willensentschließung eines etwaigen Lizenzinteressenten – macht es aber
keinen Unterschied, ob die offerierte Anzeigevorrichtung an sich in der Lage wäre,
unterschiedliche Buchstaben- oder Zahlengrößen darzustellen, dieser Nutzen aber
theoretisch bleibt, weil die vorhandene Steuerung es nicht erlaubt, die gegebene Option
auszuschöpfen, oder ob der beschriebene Nutzen sich (schon) deshalb nicht einstellen
kann, weil bereits die Anzeigevorrichtung die Möglichkeit zur Wiedergabe
unterschiedlicher Größen gleicher Buchstaben oder Zahlen nicht bereitstellt. Auch aus
Rechtsgründen kann den von der Klägerin in den Vordergrund gerückten optischen
Verbesserungen daher kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden.
219
D.
220
Die dargelegten Verhältnisse haben zur Folge, dass sich auch eine (von der Klägerin
hilfsweise geltend gemachte) Lizenzgebühr am unteren Rahme bewegen muss und
keine höherer Lizenzsatz als 2% in Betracht kommen kann. Ausgehend von einem
lizenzgebührenpflichtigen Umsatz von 531.846,33 Euro ergibt sich somit nach
Lizenzgrundsätzen ein – geringfügig höherer – Schadenersatzanspruch von
10.636,93
Euro
221
E.
222
Als Restschadenersatzanspruch für die verjährten Ansprüche aus den Jahren 2000,
2001 und 2002 stehen der Klägerin weitere
7.064,31 Euro
Berufungsinstanz noch geltend machen kann, obwohl sie in ihrem erstinstanzlichen
Vorbringen nicht explizit erwähnt werden und auch im Antrag nicht zum Ausdruck
gekommen sind. Der Restschadenersatzanspruch ist als Minus zu betrachten, das im
Antrag auf Feststellung der Schadenersatzpflicht mit enthalten ist. Die notwendigen
Berechnungsgrundlagen hat die Klägerin dadurch vorgetragen, dass sie sich in erster
Instanz hilfsweise auf die Lizenzanalogie berufen hat, nach der auch der
Restschadenersatzanspruch berechnet wird; dies reicht aus. Aus den dargestellten
Gründen kann jedoch auch hier nur ein Lizenzsatz von 2% auf den aus Anlage BK 5
ersichtlichen Umsatz der Ausführungsformen B 1079, 5039 und 0169 (353.215,55 Euro)
anerkannt werden. Dies entspricht der eingangs genannten Summe von 7064,31 Euro.
223
F.
224
Auch die auf die Schadensersatzsumme von den Beklagten zu leistenden Zinsen
bleiben unverändert. Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass
Verwendungszinsen jeweils ab Ende des Jahres jeweils nur für den Schadensanteil
225
verlangt werden können, der im jeweiligen Jahr entstanden ist. Dass der gesamte
Schaden nicht schon wie im Berufungsantrag angegeben am 7. Juni 2001 vorlag, ergibt
sich schon daraus, dass die angegriffenen Gegenstände abgesehen von der
Ausführungsform B 8089 auch in den Jahren 2002 und 2003 noch vertrieben worden
sind und die daraus entstehenden Schäden nicht vor den schadensbegründenden
Verletzungshandlungen existiert haben können. Die Klägerin hätte im einzelnen
angeben müssen, für welche Teilsummen sie in der Zeit vor 2004 Zinsen verlangt und
hätte diese für die Zinsberechnung zugrunde zu legenden Teilbeträge auch im
Einzelnen berechnen müssen. Aufgabe des Senates kann es nicht sein, diese
Berechnung nachzuholen, die auch Anlage BK 5 allenfalls ansatzweise ermöglicht. Die
Berechnung durch den Senat scheidet auch deshalb aus, weil sie für die Beklagten
überraschend wäre und ihnen die Möglichkeit vorenthielte, zu den errechneten Zahlen
Stellung zu nehmen, bevor sie einer Entscheidung zugrunde gelegt werden.
G.
226
Was die Abmahnkosten betrifft, sind die Ausführungen des Landgerichts (Umdruck S. 59
bis 61) grundsätzlich richtig, allerdings ist der zugrunde gelegte Streitwert zu niedrig.
Der Senat hält einen Streitwert von 400.000,-- Euro für die Abmahnung für angemessen,
weil sie vier neue Ausführungsformen zum Gegenstand hatte, deren Herstellung zwar
eingestellt war, was aber seinerzeit die Wiederholungsgefahr noch nicht beseitigt hatte.
Darüber hinaus hatte die Klägerin auch Schadenersatzansprüche erhoben. Darauf, ob
die Abmahnung begründet ist oder nicht, kommt es bei der Bestimmung des
Gegenstandswertes nicht an. Auch von dem sich auf der Grundlage des neuen
Gegenstandswertes ergebenden Erstattungsbetrag sind keine Abzüge vorzunehmen,
weil die Abmahnung seinerzeit hinsichtlich aller vier betroffenen Ausführungsformen
begründet war. Lässt man die übrigen Parameter aus dem angefochtenen Urteil
unverändert, ergibt sich ein Betrag von
9.638,70 Euro
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Im Zinsausspruch schließt sich der Senat den Ausführungen des Landgerichts
(Urteilsumdruck S. 62, 63) an und nimmt darauf zur Vermeidung von Wiederholungen
Bezug.
228
H.
229
Hinsichtlich der Anwaltskosten für die Zahlungsaufforderung vom 12. Juli 2006 ist von
einem Gegenstandswert von 350.000,-- Euro auszugehen, weil die Klägerin eben
diesen Betrag von den Beklagten gefordert hat. Dass der Anspruch nur teilweise
begründet ist, führt nicht zu einer Verminderung des Streitwertes, sondern zu einer
entsprechenden Quotierung des auf der Grundlage des vollen Streitwertes errechneten
Betrages. Die Klägerin kann demzufolge auch nur denjenigen Teil dieser Summe
erstattet verlangen, der dem ihr zustehenden Betrag an der ursprünglich geforderten
Klagesumme entspricht. Es gelten dieselben Grundsätze wie im Falle einer
gerichtlichen Kostenverteilung bei teilweisem Obsiegen. Von den ursprünglich
verlangten 350.000,-- Euro hat die Klägerin nur 16.170,91 Euro bekommen; das
entspricht etwa 4%, sodass sie von dem sich bei unveränderter Übernahme der vom
Landgericht zugrunde gelegten Parameter abzüglich der von der Klägerin selbst
subtrahierten 0.65 Verfahrensgebühr ergebenden Betrag von 4.731,70 Euro ein Anteil
von
189, 27 Euro
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Hinsichtlich des Zinsausspruches hält der Senat wiederum die Entscheidung des
Landgerichts (Umdruck S. 64, 65) für richtig; auch auf die dortigen Ausführungen wird
verwiesen, um Wiederholungen zu vermeiden.
231
J.
232
Ansprüche aus der Zeit vor dem 20. Juli 2000 stehen der Klägerin ebenfalls zu,
allerdings teilweise nur auf der Grundlage des Restschadenersatzanspruches.
233
1.
234
Die Aktivlegitimation der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Landgerichts
gegeben. Sie macht Ansprüche geltend aus einer Zeit, in der sie noch nicht als
Schutzrechtsinhaberin eingetragen war. Die dazu erforderliche Abtretung der
betreffenden Ansprüche auf Schadenersatz und Rechnungslegung durch die damals
eingetragene Inhaberin liegt vor.
235
Das Landgericht hat zwar darin recht, dass der gesetzliche Inhalt und Umfang des
Klagepatentes bzw. seines deutschen Anteils dem Recht der Bundesrepublik
Deutschland unterliegt, auch wenn die Parteien im Patentabtretungsvertrag aus dem
Jahr 2000 (Anlage K 17) als Vertragsstatut das Recht der Schweiz gewählt haben
(Umdruck S. 65, 66), und dass in der Vergangenheit aus Schutzrechtsverletzungen
entstandene Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadenersatz nicht automatisch
mit der Patentübertragung auf den neuen Erwerber übergehen, sondern separat
abgetreten werden müssen (vgl. BGH GRUR 1958, 288; Benkard a.a.O., § 139, Rdnr.18;
Schulte/Kühnen a.a.O., § 139, Rdnr. 17). Es hat jedoch nicht beachtet, dass diese
Abtretung hier erfolgt ist. In Ziff. 1.2 des Patentabtretungsvertrages aus dem Jahre 2000
heißt es, das Klageschutzrecht sei mit
allen
also einschließlich der Rechte aus dem Klagepatent und damit auch mit den schon
entstandenen Ansprüchen auf Schadenersatz und Rechnungslegung. Bestätigt wird das
dadurch, dass die Verfolgung der Rechte auf das und aus dem Patent mit dem
Inkrafttreten des Vertrages Sache der Klägerin sein sollte (vgl. Abs.3.3 und 7.2; die
bisherige Inhaberin sollte nur unterstützend tätig werden und nur bei Angriffen auf das
Schutzrecht ein Beteiligungsrecht haben. Die nachträglich geschlossene Vereinbarung
gemäß Anlage BK 6 braucht daher nicht herangezogen zu werden.
236
2.
237
Aus den vorstehenden zur Verjährung des Verletzergewinnanspruchs geltenden
Gründen sind auch die hier in Rede stehenden Ansprüche zum großen Teil verjährt;
einzige Ausnahme sind die Ansprüche aus den Ausführungsformen B 4099 und 5110,
die erst entwickelt worden sind, nachdem die Klägerin den Prospekt gemäß Anlage B
10 erhalten hatte. Soweit es um andere nur vom Restschadenersatzanspruch erfasste
Ausführungsformen geht, beschränkt sich der Auskunftsanspruch und erfasst nicht mehr
die Gestehungskosten und den erzielten Gewinn (Schulte/Kühnen, a.a.O., Rdnr. 141;
Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage Rdn. 777
und 1032, jeweils m.w.N.).
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III.
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Entsprechend den beiderseitigen Unterliegensanteilen sind die Kosten des
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Entsprechend den beiderseitigen Unterliegensanteilen sind die Kosten des
Rechtsstreits auf beide Parteien verteilt worden; die Anordnungen zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
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Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Als reine
Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch
erfordern die Weiterentwicklung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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