Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.01.2004

OLG Düsseldorf: 190.000 EUR 32.000 53,21 9 2002 1,707 Mio. EUR 140.000 EUR, 63.000 EUR 34.000 47,48 10 2003 1,704 Mio. EUR 250.000 EUR, zunächst etwas reduzierte, 42 & Co. KG, U. 43 E. S. T. GmbH

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
Aktenzeichen:
Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-Kart 48 + 50/01 OWi
08.01.2004
Oberlandesgericht Düsseldorf
Kartellsenat
Urteil
VI-Kart 48 + 50/01 OWi
1.
Gegen die Betroffenen B. und W. werden wegen vorsätzlicher
Zuwiderhandlungen gegen das Verbot des § 1 GWB n.F. und wegen
vorsätzlichen Sich-Hinwegsetzens über die Unwirksamkeit eines
Vertrages, der nach § 1 GWB a.F. unwirksam ist, Geldbußen festgesetzt,
hinsichtlich des Betroffenen B. in Höhe von 40.000,00 (in Worten:
vierzigtausend) EUR, gegen den Betroffenen W. in Höhe von 6.000,00 (in
Worten: sechstausend) EUR und 2.000,00 (in Worten: zweitausend)
EUR, zusammen also 8.000,00 (in Worten: achttausend) EUR.
Beide Betroffene dürfen die Geldbußen in monatlichen Raten, beginnend
mit dem 1. des auf die Rechtskraft dieses Urteils folgenden Monats,
zahlen, der Betroffene B. in Höhe von 1.000,00 EUR; der Betroffene W. in
Höhe von 500,00 EUR.
2.
Gegen die Nebenbetroffenen A. T. GmbH & Co. KG O. und E. S. T.
GmbH H. & Co. KG werden wegen Kartellordnungswidrigkeiten gemäß §
81 Abs. 1 Nr. 1 GWB n.F. in Verbindung mit § 1 GWB n.F. sowie gemäß §
38 Abs. 1 Nr. 1 GWB a.F. in Verbindung mit § 1 GWB a.F., begangen
durch ihre Geschäftsführer, bei der Fa. A. durch B., bei der Fa. S. durch
W. und andere, wodurch Pflichten, die die jeweilige Nebenbetroffene
trafen, verletzt worden sind, Geldbußen festgesetzt, gegen die Fa. A. in
Höhe von 300.000,00 (in Worten: dreihunderttausend) EUR und gegen
die Fa. S. in Höhe von 250.000,00 (in Worten zweihundertfünfzigtausend)
EUR und 50.000,00 (in Worten: fünfzigtausend) EUR, zusammen
300.000,00 (in Worten: dreihundertausend) EUR.
Die Fa. S. kann die Geldbuße in monatlichen Raten von 10.000,00 EUR,
beginnend mit dem 1. des auf die Rechtskraft dieses Urteils folgenden
Monat, zahlen.
3.
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Die Betroffenen und Nebenbetroffenen haben die Kosten des Verfahrens
und ihre notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewandte Vorschriften: §§ 38 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 und 1 GWB a.F., §§
81 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 1 GWB n.F, sowie § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG .
G r ü n d e
I.
Die im Jahr 1995 mit Sitz in H./S.-A. gegründete Nebenbetroffene zu 1) produziert und
vertreibt Transportbeton. Im Februar 1995 übernahm sie von der E. S. T. & Co. KG, U., die
unselbständige Betriebsstätte H.. Eine weitere Anlage befindet sich in D..
Kommanditist der Nebenbetroffenen zu 1) war zunächst nur die E. S. Transportbeton GmbH
& Co. KG mit Sitz in U. mit einer Einlage von 100.000,00 DM. Seit September 1997 ist
weiterer Kommanditist die Firma G. R., Baustoffe-Kohlen, U.. Beide Gesellschaften sind
derzeit zu jeweils zu 50 % mit einer Einlage von jeweils 125.000,00 EUR an der
Nebenbetroffenen zu 1) beteiligt. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlungen der
Firma B. B. Verwaltungsgesellschaft mbH mit Sitz in B. sowie der Nebenbetroffenen zu 1)
vom 06.08.2002 ist die B. B. Verwaltungsgesellschaft mbH durch Übertragung ihres
Vermögens als Ganzes auf die Nebenbetroffene zu 1) mit dieser verschmolzen. Die
Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 30.10.2002.
Die Nebenbetroffene zu 1) wird ausschließlich über ein cash-clearing-Konto bei ihrer
Gesellschafterin S. T. GmbH & Co. KG, U., finanziert, dessen Kreditlimit aufgrund einer in
1996 getroffenen Vereinbarung 250.000,00 EUR beträgt. Das zugesagte Kreditlimit ist um
rund 400.000,00 EUR überschritten. Die Nebenbetroffene zu 1), die derzeit noch vier
Mitarbeiter und zwei Auszubildende beschäftigt, hat ihre liquiden Mittel ausgeschöpft.
Die Geschäftslage der Nebenbetroffenen zu 1) hat sich vor allem wegen der sinkenden
Durchschnittspreise für Transportbeton seit 2001 wie folgt entwickelt:
a.
Umsatz bilanzieller Betriebs- Absatz EUR/cbm Verlust ergebnis in cbm
2001
2002
2003
(Hochrechnung
Oktober 2003)
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Der Betroffene zu 1) war von 1992 bis 1997 Geschäftsführer der in der B. B. GmbH & Co.
KG geschäftsführenden B. B. Verwaltungsgesellschaft mbH und vom 24.09.1997 bis zum
18.06.2002 Geschäftsführer der E. S. T. Verwaltungs GmbH Halberstadt.
Er ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Zu seinem Vermögen gehören außer
Aktien im Wert von etwa 40.000 EUR zwei Einfamilienhäuser. Das eine Haus bewohnt er
mit seiner Ehefrau, das andere ist vermietet. Den monatlichen Mieteinannahmen von
450,00 EUR stehen Kreditverpflichtungen in Höhe von 600,00 EUR pro Monat gegenüber.
Seit Januar 2002 ist der Betroffene zu 1) arbeitslos und erhält ein monatliches
Arbeitslosengeld in Höhe von etwa 1.700,00 EUR.
3.
Die Kommanditisten der im Jahr 1996 in das Handelsregister eingetragenen
Nebenbetroffenen zu 2) sind heute die I. GmbH, B., sowie die E. S. T. GmbH & Co. KG, U.,
mit Einlagen von jeweils 150.000 EUR.
Die Nebenbetroffene zu 2) beschäftigt derzeit acht oder neun Mitarbeiter und einen
Auszubildenden. Ihre wirtschaftliche Lage ist insgesamt positiv und stellt sich im einzelnen
wie folgt dar.
a.
Umsatz Eigenkapital Betriebs- Absatz EUR/cbm ergebnis in cbm
2001
2002
2003
(Hochrechnung
Oktober 2003)
4.
Der Betroffene zu 2), der vom 13.12.1995 bis zum 03.04.2000 Geschäftsführer der A. T.
Verwaltungsgesellschaft mbH war, ist verheiratet und hat einen 1 1/2 Jahre alten Sohn.
Sein derzeitiges Jahresgrundgehalt beträgt 80.000,00 EUR. Er ist Eigentümer eines
Einfamilienhaus, dessen Erwerb er durch Kredite finanziert hat. Die monatlichen Raten
betragen 1.100,00 EUR.
II.
1.
Die in den Gebieten H./Q./W. und A./S. tätigen Transportbetonhersteller einigten sich im
Raum H./Q./W. spätestens ab 1992 und im Raum A./S. spätestens ab 1995 darauf, den
Markt aufzuteilen und jedem Unternehmen eine bestimmte Lieferquote zuzuteilen. Sie
verpflichteten sich, die jeweilige Quote nicht zu überschreiten und etwaige Zuviel- oder
Unterlieferungen durch entsprechendes zukünftiges Verhalten auszugleichen. Die
Einhaltung der Quoten wurde dadurch kontrolliert, dass die Transportbetonhersteller ihre
Liefermengen meldeten und anhand dieser Zahlen im Vergleich zur Gesamtliefermenge in
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dem maßgeblichen Zeitraum festgestellt werden konnte, ob und in welchem Umfang die
vereinbarte Quote eingehalten oder unter- bzw. überschritten worden war.
Als die Nebenbetroffene zu 1) im Februar 1995 von der E. S. T. GmbH & Co. KG, U., die
Betriebsstätte in H. übernahm, übernahm sie auch deren - zunächst etwas reduzierte -
Quote. Der Betroffene zu 1) wurde von seinem Vorgänger über die bestehenden
Quotenabsprachen im Raum H./Q./W. informiert. Er sorgte in der Folgezeit bis zur
Beendigung des Kartells im März 1999 durch entsprechende Absatzsteuerung und
Absatzmeldungen dafür, dass die Nebenbetroffene zu 1) sich innerhalb der vereinbarten
Quote hielt, die 1995 bis 1997 jeweils 13,50 % und für den Zeitraum 1998 bis März 1999
18,05 % betrug.
Im einzelnen waren die Quoten wie folgt verteilt:
Raum H./Q./W.
Unternehmen 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1-3 1999
U. B. N. GmbH 32,20% 32,20% 32,20% 38,98% 38,98% 38,98% 38,52% 38,52%
& Co. KG
T. B. B. GmbH 17,75% 17,75% 17,75% 15,38% 15,38% 15,38% 15,79% 15,79%
K. R.
Unternehmen 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1-3 1999
F. B. GmbH H., H.- 17,75% 17,75% 17,75% 15,38% 15,38% 15,38% 15,79% 15,79%
E. S. T. GmbH 15,00% 15,00% 15,00% - - - - -
& Co. KG, U.
E. S. T. GmbH - - - 13,50% 13,50% 13,50% 18,05% 18,05%
H. & Co. KG,
B. B. GmbH & Co. KG 5,30% 5,30% 5,30% 4,77% 4,77% 4,77% - -
B.
B-T. T. H. 12,00% 12,00% 12,00% 12,00% 12,00% 12,00% 11,86% 11,86%
GmbH, W.
Summe
Die insgesamt in diesem Zeitraum produzierten Mengen an Transportbeton betrugen
1995: 221.926 cbm, 1996: 189.609 cbm, 1997: 193.188 cbm, 1998: 157.342 cbm und bis
März 1999: 24.834 cbm.
Ab September 1997 war die Nebenbetroffene zu 1) auch an dem im Raum A./S.
praktizierten Quotenkartell beteiligt. Der Betroffene zu 1) meldete auch dort die
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Produktionsmengen der Nebenbetroffenen zu 1) und sorgte dafür, dass sie sich innerhalb
der vereinbarten Quote von 15 % hielt. Im einzelnen waren folgende Quoten vereinbart:
Unternehmen 1995 1996 1997 1998 1-3/1999
U. B. N. GmbH 45,50% 45,50% 45,50% 45,50% 45,50%
& Co. KG
K. B. B. GmbH & Co. KG, 42,50% 42,50% 42,50% 42,50% 42,50%
B.
B. B. GmbH & Co. KG, 15,00% 15,00% - - -
B.
E. S. T. GmbH - - 15.00% 15,00% 15,00%
H. & Co. KG,
Summe
In dem Zeitraum, in dem die Nebenbetroffene zu 1) an dem Quotenkartell beteiligt war,
wurde 1997 insgesamt 43.127 cbm, 1998 44.718 cbm und bis März 1999 insgesamt 10.000
cbm Transportbeton produziert.
2.
Die Nebenbetroffene zu 2) beteiligte sich in der Zeit von 1997 bis März 1999 an einer
Quotenabsprache, die im Raum M. von den dort ansässigen Transportbetonherstellern
praktiziert wurde. Die beteiligten Unternehmen hatten sich für den räumlichen
Transportbeton-Markt auf bestimmte prozentuale Lieferanteile an der Gesamtabsatzmenge
verständigt und sich verpflichtet, diese Lieferanteile durch entsprechende Absatzsteuerung
einzuhalten. Zuviel- und Zuwenig-Lieferungen sollten ausgeglichen werden. Eine Kontrolle
erfolgte anhand der gemeldeten Liefermengen.
Folgende Quoten waren für die einzelnen Unternehmen vereinbart worden:
Unternehmen 1997 1998 1999
M. F. GmbH, B. 9,0% 3,7 % 8,35%
N. N. T. GmbH & Co. KG M. 7,4 % 10,3 % 8,35 %
P. B. GmbH, M. 5,4 % 6,6 % 4,10 %
D. T. M. GmbH, M. 10,1 % 16,6 % 9,70 %
U. B. N. GmbH & Co. KG, H. 11,9 % 9,0 % 9,20 %
B-T. T. H. GmbH, W. 7,3 % 10,7 % 8,35 %
T. T. M. GmbH & Co. KG, M. 4,3 % 5,9 % 4,10 %
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A. T. GmbH & Co. KG, O. 7,9 % 10,0 % 8,28 %
W. B. GmbH & Co. KG, M. 9,9 % 10,4 % 9,20 %
K. B. GmbH & Co. KG, B. 7,5 % 10,7 % 8,21 %
t.-b. GmbH & Co. KG, D.-S. 5,3 % 1,2 % 7,28 %
T.-B. N. GmbH, B. 3,4 % 1,2 % 4,03 %
Unternehmen 1997 1998 1999
T. GmbH Bausgesellschaft, M. 3,9 % 1,2 % 4,10 %
F. B. GmbH H., H. 6,7 % 2,5 % 6,75 %
Summe
Der Betroffene zu 2) nahm in seiner Funktion als Geschäftsführer der A. T.
Verwaltungsgesellschaft mbH, O., an Treffen teil, bei denen die jeweiligen Lieferanteile
anhand der gemeldeten Absatzzahlen vereinbart und kontrolliert wurden. Er selbst gab die
Absatzmengen für die Nebenbetroffenen zu 2) bekannt und sorgte dafür, dass sich die
Produktion innerhalb der vereinbarten Quote hielt.
Die Gesamtabsatzmenge an Transportbeton in der Zeit von 1997 bis März 1999 stellte sich
insgesamt wie folgt dar:
1997 1998 1-3/1999
544.000 cbm 404.600 cbm 88.100 cbm.
III.
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den geständigen Einlassungen der Betroffenen
zu 1) und 2) und der Aussage des Zeugen W. sowie den sich aus der Sitzungsniederschrift
ergebenden und in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden.
Die Betroffenen zu 1) hat den im Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes vom 8. März
2000 festgestellten Sachverhalt in vollem Umfang eingeräumt. Seine Einlassung ist
glaubhaft, denn sie stimmt überein mit denen bei F. B. H. und bei U. B. N. GmbH & Co. KG
H., sichergestellten tabellarischen Übersichten und Listen. Die sichergestellten Unterlagen
verhalten sich jeweils über unterschiedliche Zeitabschnitte (Monat, Quartal, Jahr) und
lassen erkennen, welche Lieferquote für die einzelnen am Kartell beteiligten
Transportbetonhersteller vorgesehen war und welche Gesamtliefermenge produziert
worden ist.
Auch der Betroffene zu 2) hat den im Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes vom 16.
Dezember 1999 festgestellten Sachverhalt eingeräumt. Zweifel an der Glaubhaftigkeit
seines Geständnisses bestehen nicht. Die Tatsache, dass ein Quotenkartell im Raum M. in
der Zeit von 1997 bis März 1999 unter Beteiligung der Nebenbetroffenen zu 2) in der
festgestellten Art und Weise praktiziert worden ist, wird bestätigt durch die bei der Firma U.
B. N. GmbH & Co. KG, H., sichergestellten Aufstellungen und tabellarischen Übersichten.
Diesen Unterlagen sind die beteiligten Firmen sowie die jeweilige Quote und
Produktionsmengen für den genannten Zeitraum zu entnehmen.
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Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Nebenbetroffenen zu 1) und
2) beruhen auf der glaubhaften Aussage des Zeugen W.. Der Zeuge war als
Abschlussprüfer für beide Unternehmen tätig und konnte aufgrund der ihm vorliegenden
Unterlagen zur wirtschaftlichen Gesamtsituation der Nebenbetroffenen für die Jahre 2001
bis 2003 detaillierte und in sich schlüssige Ausführungen machen.
IV.
1.
Der Betroffene zu 1) hat sich aufgrund des festgestellten Sachverhalts bis zum Inkrafttreten
des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung
vom 26. August 1998 einer Kartellordnungswidrigkeit nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1
GWB a.F. und danach einer solchen nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB n.F. schuldig
gemacht.
Der Betroffene zu 1) hat sich als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der
Nebenbetroffenen zu 1) über die Unwirksamkeit einer nach § 1 GWB a.F. rechtsungültigen
Quotenabsprache hinweggesetzt bzw. einer nach § 1 GWB n.F. verbotenen
Quotenabsprache zuwidergehandelt, indem er sich in der Zeit von September 1997 bis
März 1999 mit anderen Transportbetonherstellern in Raum H./Q./W. und im Raum A./S. auf
bestimmte Absatzquoten geeinigt und durch Absatzmeldungen und Steuerung des
Absatzverhaltens der Nebenbetroffenen zu 1) dafür gesorgt hat, dass die Nebenbetroffene
die vorgegebene Quote einhält. Die getroffene Quotenabsprache war
wettbewerbsbeschränkend und damit unwirksam im Sinne von § 1 GWB. Es handelte sich
um eine horizontale Vereinbarung zwischen den im Raum H./Q./W. und im Raum A./S. in
Wettbewerb zueinander stehenden Anbietern von Transportbeton. Die Aufteilung des
Gesamtabsatzvolumens führte zu einem Gleichlauf von Marktanteil und
Produktionskapazitäten und damit zur Beschränkung des Wettbewerbs.
Der Betroffene zu 1) handelte auch vorsätzlich. Er wusste, dass die Quotenabsprache
unwirksam war. Gleichwohl hat er sich an dem Quotenkartell beteiligt.
Auch handelte er rechtswidrig und schuldhaft.
2.
Die Nebenbetroffene zu 1) hat den Bußgeldtatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 OWiG
verwirklicht.
Der Betroffene zu 1) und sein Vorgänger haben als Geschäftsführer der
Komplementärgesellschaft der Nebenbetroffenen zu 1) an dem beschriebenen
Quotenkartell in der Zeit von Februar 1997 bis März 1999 teilgenommen und dadurch eine
Kartellordnungswidrigkeit begangen. Dies zieht nach den genannten Vorschriften auch die
Verhängung einer Geldbuße gegen die Nebenbetroffene zu 1) nach sich. Bei einer GmbH
& Co. KG ist der Geschäftsführer der GmbH das Organ, das für die GmbH & Co. KG handelt
(vgl. BGHZ 1986, 79).
Der Nebenbetroffenen zu 1) ist hingegen nicht gemäß § 30 OWiG eine von den
Verantwortlichen der B. B. GmbH & Co. KG, B., begangene Kartellordnungswidrigkeit
zuzurechnen. Zwar ist davon auszugehen, dass die B. B. GmbH & Co. KG, B., im Raum
H./Q./W. wenigstens in dem Zeitraum 1992 bis 1997 und im Raum A./S. von 1995 und 1996
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an dem Quotenkartell beteiligt war. Jedoch liegen die Voraussetzungen für eine
Zurechnung nach § 30 OWiG nicht vor.
Bei der Übernahme eines Unternehmens durch ein anderes im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge kommt es für die Anwendung des § 30 OWiG darauf an, dass bei
wirtschaftlicher Betrachtungsweise zwischen der früheren und der neuen
Vermögensbindung nahezu Identität besteht. Dies ist der Fall, wenn das Vermögen in einer
anderen Organisation weiterhin vom Vermögen des gemäß § 30 OWiG Verantwortlichen
getrennt ist, in gleicher oder ähnlicher Weise wie bisher eingesetzt wird und in der neuen
juristischen Person einen wesentlichen Teil des Gesamtvermögens ausmacht (BGH wistra
1986, 222).
Es kann bereits nicht festgestellt werden, dass die B. B. GmbH & Co. KG zum 31.07.1997 -
so die Angaben im Bußgeldbescheid - oder einem späteren Zeitpunkt von der
Nebenbetroffenen zu 1) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen worden ist.
Voraussetzung für eine wirksame Vermögensübertragung und damit für eine wirksame
Verschmelzung ist gemäß § 20 UmWG die Eintragung in das Handelsregister. Eine solche
Eintragung findet sich dort nicht. Vielmehr steht aufgrund der am 30.10.2002 erfolgten
Eintragung in das Handelsregister lediglich fest, dass die Komplementärgesellschaft der B.
B. GmbH & Co. KG, nämlich die B. B. Verwaltungsgesellschaft mbH ihr Vermögen als
Ganzes auf die Nebenbetroffene zu 1) übertragen hat und mit ihr gemäß § 2 Nr. 1 UmWG
verschmolzen ist. Hierdurch ist die Nebenbetroffene zu 1) Komplementärin der offenbar
noch zu diesem Zeitpunkt existierenden B. B. GmbH & Co. KG, B., geworden. Eine
Übernahme der B. B. GmbH & Co. KG durch die Nebenbetroffene zu 1) im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge ergibt sich hieraus nicht. Danach kommt es auf die nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für eine Zurechnung nach § 30 OWiG
erforderliche wirtschaftliche Identität nicht an. Eine solche hätte nach dem Ergebnis der
Hauptverhandlung aber auch nicht festgestellt werden können. Ob das Vermögen der B. B.
GmbH & Co. KG getrennt von dem Vermögen der Nebenbetroffenen zu 1) in gleicher
Weise wie bisher eingesetzt worden ist, unterliegt schon deshalb Zweifeln, weil beide
Betriebsstätten der B. B. GmbH & Co. KG nach der Aussage des Zeugen W. in 1998 und
2002 stillgelegt worden sind. Dessen ungeachtet sind keine Tatsachen dafür vorhanden,
die Aufschluss darüber hätten geben können, ob das Vermögen der B. B. GmbH & Co. KG
einen wesentlichen Teil des Vermögens der Nebenbetroffenen zu 1) ausgemacht hätte.
Welchen Wert das Vermögen der B. B. GmbH & Co. KG im Vergleich zum Vermögen der
Nebenbetroffenen zu 1) hat, ist ungeklärt geblieben.
3.
Der Betroffene zu 2) hat sich als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der
Nebenbetroffenen zu 2) vorsätzlich über die Unwirksamkeit einer nach § 1 GWB a.F.
rechtsungültigen Quotenabsprache hinweggesetzt bzw. einer nach § 1 GWB n.F.
verbotenen Quotenabsprache zuwidergehandelt, indem er sich in der Zeit von 1997 bis
März 1999 mit anderen Transportbetonherstellern in Raum M. bestimmte Absatzquoten
geeinigt und durch Absatzmeldungen und Steuerung des Absatzverhaltens der
Nebenbetroffenen zu 2) dafür gesorgt hat, dass die Nebenbetroffene zu 2) die vorgegebene
Quote einhält.
Hierbei handelte er auch rechtswidrig und schuldhaft.
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Die Nebenbetroffene zu 2) hat den Bußgeldtatbestand des § 30 Abs. 1 Nr. 1 u. 4 OWiG
verwirklicht. Der Betroffene zu 2) hat als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der
Nebenbetroffenen zu 2) an dem beschriebenen Quotenkartell teilgenommen und dadurch
eine Kartellordnungswidrigkeit begangen. Gleichzeitig hat er hierdurch Pflichten verletzt,
die die Nebenbetroffene zu 2) treffen, und nach den genannten Vorschriften die
Verhängung einer Geldbuße gegen die Nebenbetroffene zu 2) nach sich zieht.
V.
Bei der Ahndung der begangenen Ordnungswidrigkeiten hat sich der Senat von folgenden
Erwägungen leiten lassen:
1.
Hinsichtlich des Betroffenen zu 1) gilt:
Den Bußgeldrahmen für die gegen den Betroffenen zu 1) im Raum H./Q./W. und im Raum
A./S. jeweils begangenen Kartellordnungswidrigkeit zu verhängende Geldbuße hat der
Senat § 30 Abs. 2 S. 2, OWiG i.V.m. § 81 Abs. 2 S. 1 GWB entnommen. Bei der
Bemessung der Bußgeldhöhe hat der Senat berücksichtigt, dass sich das zur Beurteilung
stehende Verhalten des Betroffenen zu 1) über eine Zeitraum von 1 1/2 Jahren (September
1997 bis März 1999) erstreckte und er die Kartellordnungswidrigkeit vorsätzlich begangen
hat.
Zu seinen Gunsten war sein Geständnis ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass
er nicht zu den Initiatoren des Quotenkartells gehörte, sondern eine bereits bestehende
Absprache vorfand, als er seine Tätigkeit als Geschäftsführer der
Komplementärgesellschaft der Nebenbetroffenen zu 1) aufnahm und auf dem jeweiligen
Markt tätig wurde. Ferner fiel ins Gewicht, dass seit dem Erlass des Bußgeldbescheides am
8. März 2000 bis zur Hauptverhandlung mehr als drei Jahre vergangen sind und diese
Verzögerung nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammt.
Bei der Bemessung der jeweiligen Geldbuße für die einzelnen Kartellordnungswidrigkeiten
hat der Senat die finanziellen Verhältnisses des Betroffenen zu 1) und hierbei
insbesondere berücksichtigt, dass er seit Januar 2002 arbeitslos ist und aufgrund der
allgemeinen Arbeitsmarktlage und seines Lebensalters aller Voraussicht nach nur
schwerlich eine neue Anstellung finden wird.
Nach Abwägung aller für und gegen den Betroffenen zu 1) sprechenden Gesichtspunkte
hält der Senat für die im Raum H./Q./W. begangene Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von
6.000,00 EUR und für die im Raum A./S. begangene eine solche von 2.000,00 EUR für
erforderlich aber auch für ausreichend, um die begangene Kartellordnungswidrigkeit zu
ahnden.
2.
Hinsichtlich der Nebenbetroffenen zu 1) gilt:
Die Höhe des gegen die Nebenbetroffene zu 1) festzusetzenden Bußgeldes hat der Senat
gleichfalls dem Bußgeldrahmen des § 30 Abs. 2 S. 2, OWiG i.V.m. § 81 Abs. 2 S. 1 GWB
entnommen. Eine Erhöhung des Bußgeldrahmens bis zur dreifachen Höhe des durch die
Zuwiderhandlung erlangten Mehrerlöses kam nicht in Betracht, da für eine Schätzung des
durch die Kartellabsprache erzielten Mehrerlöses keine ausreichende Grundlage
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vorhanden ist.
Mehrerlös bedeutet Mehr-Umsatz und zwar in Form der Differenz zwischen den
tatsächlichen Einnahmen, die aufgrund des Kartellverstoßes erzielt worden sind, und den
Einnahmen, die ohne ihn erzielt worden wären (BGH WuW/E 2718, 2719). Zwar besteht
nach Überzeugung des Senats der Sinn und Zweck einer Quotenabsprache naturgemäß
darin, entweder die Preise anzuheben oder ein wettbewerbsbedingtes Absinken der Preise
zu verhindern. Jedoch vermag der Senat die Höhe des erzielten Mehrerlöses mangels
ausreichender Anknüpfungstatsachen nicht zu schätzen. So kann bereits der
Durchschnittspreis für Transportbeton vor Beginn des Kartells auf dem relevanten
räumlichen Markt in H./Q./W. und A./S. nicht festgestellt werden. Irgendwelche konkreten
Zahlen für diesen eingegrenzten Markt liegen nicht vor. Zur Verfügung stehen lediglich die
Zahlen des Statistischen Landesamtes S.-A. beginnend im Jahr 1991 sowie die des B.
Landesverbandes T./S.-A. ab 1994. Zwar lassen diese Zahlen einen markanten Preisverfall
für den Zeitraum nach Beendigung des Kartells erkennen. So fiel der Durchschnittspreis
nach den Angaben des Statistischen Landesamtes S.-A. von 120,27 DM im Jahr 1999 auf
107,10 DM im Jahr 2000 und nach den Angaben des B. Landesverbandes T. S.-A. von
121,89 DM (1999) auf 110,19 DM (2000), während der Durchschnittspreis in den Jahren
zuvor etwa gleichbleibend bei 120,00 DM lag. Gleichwohl kann darin kein sicheres Indiz für
die Bestimmung des Wettbewerbspreises gesehen werden. Es kann nicht mit der
erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, in welchem Umfang der Preisverfall auf die
Beendigung des Quotenkartells und in welchem Umfang möglicherweise auf
baukonjunkturbedingte Umstände zurückzuführen ist, so dass nach dem Grundsatz in
dubio pro reo zu Gunsten der Nebenbetroffenen zu 1) davon auszugehen ist, dass sie
durch das praktizierte Quotenkartell keinen feststellbaren Mehrerlös erzielt hat. Bereits im
Jahr 1998 setzte eine Verringerung der Nachfrage an Transportbeton ein. Während in den
Jahren 1994 - 1997 die Produktion in etwa gleichbleibend war - nach den Angaben des
Statistischen Landesamtes bei rund 2.200.000 cbm - sank die Produktion bis zum Jahr
2000 um mehr als ein 1/3 auf rund 1.400.000 cbm . Der Aussage des Zeugen W. ist ferner
zu entnehmen, dass sich der von der Nebenbetroffenen zu 1) erzielte Durchschnittspreis für
Transportbeton nach 2000 aufgrund der allgemeinen Marktlage weiter und zwar erheblich
nach unten entwickelt hat. So erzielte die Nebenbetroffene zu 1) im Jahr 2001 noch einen
Durchschnittpreis von 53,21 EUR, der dann im Jahr 2002 auf 47,48 EUR sank und für das
Jahr 2003 bei etwa 40,08 EUR liegen wird.
Innerhalb des Regelbußgeldrahmens hat der Senat außer der Dauer der
Kartellzugehörigkeit von mehr als vier Jahren im Raum H./Q./W. und 1 1/2 Jahren in A./S.
auch berücksichtigt, dass von der Kartellabsprache in H./Q./W. ein Produktionsvolumen
von mindestens 100.000 cbm und in A./S. von mindestens 10.000 cbm erfasst war.
Der Senat hält daher auch mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Situation der
Nebenbetroffenen zu 1) für die im Raum H./Q./W. begangene Kartellordnungswidrigkeit
eine Geldbuße in Höhe von 250.000,00 EUR und für die in A./S. begangene eine
Geldbuße in Höhe von 50.000,00 EUR für erforderlich und angemessen.
3.
Hinsichtlich des Betroffenen zu 2):
Bei der Bemessung des gegen den Betroffenen zu 2) festzusetzenden Bußgeldes hat der
Senat berücksichtigt, dass er über mehr als zwei Jahre (1997 bis März 1999) vorsätzlich
der im Raum M. praktizierten Quotenabsprache Geltung verschafft und durch sein
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Verhalten zum Funktionieren des Kartells beigetragen hat. Zu seinen Gunsten fiel
hingegen ins Gewicht, dass er das ihm vorgeworfene Verhalten in vollem Umfang
eingeräumt hat. Ferner war die von ihm nicht zu verantwortende Zeitdauer zwischen dem
Erlass des Bußgeldbescheides am 16. Dezember 1999 und der mündlichen Verhandlung
von mehr als vier Jahren zu berücksichtigen.
Bei Abwägung aller für und gegen den Betroffenen zu 2) sprechenden Umstände hält der
Senat zur Ahndung der begangenen Kartellordnungswidrigkeit eine Geldbuße von
40.000,00 EUR für erforderlich aber auch für ausreichend.
4.
Hinsichtlich der Nebenbetroffenen zu 2) gilt:
Auch die gegen die Nebenbetroffenen zu 2) zu bemessende Geldbuße war dem
Bußgeldrahmen des § 30 Abs. 2 S. 2 OWiG i.V.m. § 81 Abs. 2 S. 1 GBW zu entnehmen.
Einer Erhöhung des Bußgeldrahmens bis zur dreifachen Höhe des erzielten Mehrerlöses
stand entgegen, dass nicht festgestellt werden konnte, in welcher Höhe die
Nebenbetroffene zu 2) durch die Quotenabsprache im Raum M. einen Mehrerlös erzielt hat.
Auch insoweit lagen dem Senat keine Durchschnittpreise für Transportbeton in kartellfreier
Zeit für den konkreten räumlichen Markt in M. vor, die aussagekräftige Anhaltpunkte für die
Bestimmung des Wettbewerbspreises hätten liefern können. Soweit die Erhebungen des
Statistischen Landesamtes S.-A. und des B. Landesverbandes T./S.-A. eine auffallenden
Preisverfall im Jahr 2000 erkennen lassen, reicht dieser Umstand allein nicht aus, um den
Wettbewerbspreis schätzen zu können. Zur Vermeidung von Wiederholung kann insoweit
auf die Ausführungen unter V. 2. Bezug genommen werden. Aber selbst wenn der von dem
Statistischen Landesamt S.-A. mit 54,76 EUR (107,10 DM) und vom B. Landesverband
T./S.-A. mit 56,34 EUR (110,19 DM) ermittelte Durchschnittspreis für das Jahr 2000 als
freier Wettbewerbspreis angesehen werden sollte, könnte ein von der Nebenbetroffenen zu
2) erzielter Mehrerlös nicht festgestellt werden. Nach ihrer nicht zu widerlegenden
Einlassung hat sie in den Jahren 1997 bis 2000 einen Durchschnittspreis für
Transportbeton erzielt, der allenfalls im Jahr 1997 in einer zu vernachlässigenden Größe
über diesem Betrag liegt:
Innerhalb des Regelbußgeldrahmens hat der Senat schließlich die Kartellzugehörigkeit
über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren, das von der Kartellabsprache erfasste
Produktionsvolumen von 80.000 cbm und die positive wirtschaftliche Lage der
Nebenbetroffenen zu 2) berücksichtigt. Nach Abwägung sämtlicher Umstände ist eine
Geldbuße von 300.000,00 EUR angemessen aber auch ausreichend, um die begangene
Ordnungswidrigkeit zu ahnden.
VI.
Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG, § 465 Abs.
1 S. 1 StPO.
a. Dr. M.
VorsRichter am OLG Richter am OLG Richterin am OLG