Urteil des OLG Düsseldorf vom 15.02.2008

OLG Düsseldorf: firma, internet, beitrag, rom, werk, geeignete stelle, broschüre, zahl, berechtigung, anschlussberufung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-20 U 126/07
Datum:
15.02.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-20 U 126/07
Tenor:
Die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin
gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom
27. Juni 2007 wer-den zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist, soweit es sich nicht auf Feststellungen bezieht, vorläufig
voll-streckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch
Sicherheits-leistung in Höhe von 30.000 € abwenden, wenn nicht die
Klägerin vor der Voll-streckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
1
I. Die D.'er H. KGaA, Ressort Industrie-Klebstoffe, gab 1991 für Industriemanager eine
sogenannte Imagebroschüre mit dem Titel "C." heraus, die unter anderem auf zwei
Seiten einen Beitrag mit der Überschrift "Nur die Klebstoffe sind los. Weiter nichts."
brachte. Im Impressum des Heftes erschien bei den Stichworten
"Konzeption.Text.Regie" allein der Name der Klägerin, die bei der Firma H. bis 1990 die
Abteilung "Verbraucherinformation" geleitet hatte. Das Heft ist als Anlage zu den Akten
des vorliegenden Verfahrens gereicht worden. Der genannte Beitrag ist zudem im
angefochtenen Urteil bildlich wiedergegeben.
2
Der Beklagte unterhält in B. das F. Institut. Dieses Institut verwendete den Beitrag –
eigenen Angaben zufolge: von August 2002 bis Juli/August 2006 - mit der
Quellenangabe "H." im Rahmen eines "internetbasierten" Lernprogramms zur
Ausbildung von Klebefachkräften und Klebepraktikern (Anlage B 1) sowie auf einer
entsprechenden CD-ROM. Die Gebühren für einen Kurs zur Qualifizierung als
Klebepraktiker betragen 1.150 €, für einen Kurs zur Qualifizierung als Klebefachkraft
3.525 €, Entgelte, die der Beklagte als bloße "Aufwandsentschädigungen" für eine
nichtkommerzielle, gemeinnützige Tätigkeit seines Instituts ansieht. Der Text war im
Internet im Übrigen für jeden Besucher der Seite des Beklagten abrufbar. Die Zahl der
Teilnehmer am Kurs für Klebepraktiker hat der Beklagte für 2002, 2003, 2004, 2005 und
3
2006 mit 160, 142, 122, 167 und 80 mitgeteilt, die der Teilnehmer am Kurs für
Klebefachkräfte für 2003, 2004, 2005 und 2006 mit 30, 60, 60 und 30. Auf die Zahl der
Kursteilnehmer sei auch die Zahl der erstellten CD-ROM zu schätzen.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten, die Nutzung des Textes im Internet oder auf CD-
ROM im Rahmen der Vorbereitungskurse zu unterlassen. Des Weiteren verlangt die
Klägerin allein schon für die Internetnutzung 7.500 € an Schadensersatz nebst Zinsen
und 550,44 € an Abmahnkosten nebst Zinsen. Die Klägerin, die den einschlägigen
Vortrag des Beklagten noch nicht für eine ausreichende Auskunft hält, begehrt Auskunft
über den Beginn der Nutzung des Textes im Internet und auf CD-ROM, über die Zahl
der hergestellten oder verbreiteten CD-ROM sowie über alle weiteren Nutzungen des
Textes. Schließlich will sie die Verpflichtungen des Beklagten festgestellt sehen, ihr
zum einen auf einen Schadensersatzbetrag von 3.600 € (ein Teil der 7500 €) ab dem –
noch unbekannten - Beginn der unberechtigten Nutzung im Internet bis zum 7.
September 2006 im Wege des Schadensersatzes Fälligkeitszinsen zu zahlen und ihr
zum anderen für alle sonstigen Nutzungen des Textes überhaupt Schadensersatz zu
leisten.
4
Die Klägerin hat für sich schon in erster Instanz in Anspruch genommen, Autorin des
fraglichen Textes zu sein, und sich hierzu auf ihre Benennung im Impressum des Heftes
berufen. Die Texte der Broschüre seien tatsächlich alle von ihr geschaffen worden.
Ihrem vorliegend in Rede stehenden Beitrag komme angesichts seiner Gestaltungshöhe
Urheberrechtsschutz zu. Sie habe der Firma H. hinsichtlich des Textes, den sie nicht im
Rahmen ihrer arbeitsrechtlichen Verpflichtungen geschrieben habe - die Abfassung des
Beitrags habe nicht zu ihren beruflichen Aufgaben gehört -, nur einfache Nutzungsrechte
für die gedruckte Ausgabe der Imagebroschüre eingeräumt, jedenfalls aber nur für
Verwendungen zu eigenen Zwecken der Firma H. Aber auch bei Annahme einer
arbeitsvertraglichen Verpflichtung gelte die Zweckübertragungstheorie mit der Folge,
dass dem Arbeitgeber im Zweifel nur die Rechte eingeräumt seien, derer er zur
Erfüllung seiner betrieblichen Zwecke bedürfe. Schließlich seien die Nutzungen des
Beitrags im Internet und auf CD-ROM bei Schaffung und Erscheinen des Beitrags, erst
recht aber 1987 bei Abschluss ihres maßgeblichen Anstellungsvertrags noch
unbekannte Nutzungsarten gewesen.
5
Dem Beklagten falle Verschulden zur Last, so dass er auch Schadensersatz leisten
müsse. Der Ersatz werde nach der Lizenzanalogie verlangt. Erhöhend wirke sich der
Umstand aus, dass der Beklagte einen Hinweis auf sie als Urheberin unterlassen habe.
Im Hinblick auf die analog anzusetzenden Lizenzgebühren müsse ihr noch die
Nutzungsdauer angegeben werden, damit sie die Fälligkeitszinsen berechnen könne,
wie sie von vernünftigen Vertragspartnern vereinbart würden.
6
Die Klägerin hat, wozu sich der Beklagte mit Nichtwissen erklärt hat, vorgetragen, die
Rechte an dem Beitrag stünden ihr, der Klägerin, wieder zu, nachdem die Einräumung
ausschließlicher Nutzungsrechte an eine K. C. GmbH, Düsseldorf, am 15. August 2006
ausgelaufen sei. Die Gesellschaft habe ihr zudem alle in der Vergangenheit durch die
unberechtigte Nutzung seitens des Beklagten entstandenen Ansprüche abgetreten.
7
Der Beklagte hat sich auf eine – bestrittene - mündliche Gestattung der Verwertung des
Textes durch die Firma H. berufen. Er hat sich zur Urheberschaft der Klägerin mit
Nichtwissen erklärt, aber auch geltend gemacht, die Nutzung durch sein Institut wäre
durch eine Übertragung von Nutzungsrechten an die Firma H. gedeckt gewesen. Die
8
Erstellung des Textes habe zu den beruflichen Aufgaben der Klägerin bei der Firma H.
gehört. Zum betrieblichen Zweck des Textes habe auch die Verbreitung an Dritte zu
Werbe- und Informationszwecken gehört. Der betriebliche Zweck sei nicht auf eine
bestimmte Nutzungsart beschränkt gewesen. Jedenfalls sei die Textnutzung als
Wiedergabe eines Großzitats im Sinne des § 51 Nr. 1 UrhG zulässig gewesen, und zwar
im Rahmen der Vorbereitungskurse seines Instituts als selbständigem
wissenschaftlichem Werk. Die gemachte Quellenangabe habe ausgereicht. Schließlich
sei als Schadensersatz für die Nutzung des Textes nach der Lizenzanalogie allenfalls
ein Betrag von 900 € angemessen. Sein Institut zahle einem Pressebüro für vier- bis
fünfseitige Beiträge in dem vom ihm erstellten Jahrbuch regelmäßig nur 450 bis 900 €.
Ein Rückgriff auf den "Vergütungsentwurf d. d. J. u. J.-.U." (Anlage B 4) ergebe für die
Internet-Nutzung einen Betrag von 185,57 €.
Im Übrigen wird zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand auf das angefochtene
Urteil Bezug genommen, mit dem das Landgericht der Klage weithin stattgegeben, der
Klägerin für die Nutzung des Textes im Internet aber nur einen Schadensersatz von
3.600 € nebst Zinsen zugesprochen hat. Wegen der Urteilsformel wird ebenfalls auf das
angefochtene Urteil verwiesen.
9
Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Beklagte Berufung eingelegt, mit der er die
Abweisung der Klage in vollem Umfang erstrebt. Die Klägerin will mit einer
Anschlussberufung weiterhin die Verurteilung des Beklagten zu Schadensersatz wegen
der Nutzung des Textes im Internet in Höhe von insgesamt 7.500 € nebst Zinsen
erreichen.
10
Der Beklagte sieht in der Benennung der Klägerin im Impressum der Broschüre keine
Bezeichnung eines Urhebers "in der üblichen Weise" gerade in Bezug auf den
fraglichen Artikel. Er hält auch daran fest, dass die Firma H. als frühere Arbeitgeberin
Nutzungsrechte erworben habe, von denen er die eigene Berechtigung ableiten könne.
Es sei um eine möglichst weitgehende Verbraucherinformation und damit Werbung für
die Firma H. gegangen. Das der Firma H. eingeräumte Nutzungsrecht sei
ausschließlich, örtlich und zeitlich unbeschränkt sowie übertragbar und
unterlizenzierbar gewesen. Sein Institut habe den Text zudem nur als sogenanntes
Großzitat gebracht, was als zulässig anzusehen sei, weil er ein besseres Verständnis
der eigenen Ausführungen des Vorbereitungskurses bewirkt habe. Was die Höhe eines
etwaigen Schadensersatzes angehe, so dürfe nicht entscheidend auf eine besondere
Originalität des Textes abgestellt werden. Maßgeblich sei vielmehr, dass es sich um
einen Einzeltext in deutscher Sprache handele, der nur eine sehr begrenzte Zielgruppe
angesprochen habe. Die Auskunftsbegehren sieht der Beklagte durch die gemachten
Angaben als erledigt an.
11
Der Beklagte beantragt,
12
auf seine Berufung hin das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage
abzuweisen sowie die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
13
Die Klägerin beantragt,
14
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und auf ihre Anschlussberufung hin
den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 3.900 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. September 2006 zu verurteilen.
15
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie hält dafür, dass es im Streitfall keine
"übliche Vergütung" gebe, die für die Bemessung der Lizenzgebühr herangezogen
werden könnte. Sie meint weiterhin, dass verständige Parteien bei Abschluss einer
Vereinbarung über die Nutzung des Textes eine seiner hohen Qualität und der
erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der Textnutzung für das Institut Rechnung
tragende Vergütung abgesprochen hätten.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren
wird auf die von ihnen dort gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
17
II. Die zulässigen Rechtsmittel der Parteien sind unbegründet.
18
Der Beklagte ist nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu der Unterlassung verpflichtet, die das
Landgericht ihm im angefochtenen Urteil aufgegeben hat. Er hat das Urheberrecht der
Klägerin an dem Beitrag "Nur die Klebstoffe sind los. Weiter nichts." aus der
Imagebroschüre der Firma H. verletzt. Sein Institut hat den Beitrag in sein Lernprogramm
für Klebepraktiker und –fachkräfte aufgenommen und als Bestandteil des Programms im
Internet und auf einer CD-ROM im Sinne des § 15 UrhG vervielfältigt, verbreitet und
öffentlich wiedergegeben. Dass der Beitrag, wie die Klägerin geltend macht, überhaupt
ein geschütztes Werk im Sinne des § 2 UrhG ist, hat das Landgericht im angefochtenen
Urteil zutreffend festgestellt. Weiterer Ausführungen hierzu bedarf es nicht, weil der
Beklagte die Qualifikation nicht in Abrede stellt. Die Klägerin ist als Schöpferin des
Beitrags anzusehen. Sie kann sich für ihre Urheberschaft auf die Vermutung des § 10
Abs. 1 UrhG stützen. Mit der Angabe ihres Namens im Impressum des Heftes bei den
Stichworten "Konzeption.Text.Regie" ist sie nämlich "in der üblichen Weise" als
Urheberin auch des fraglichen Beitrags bezeichnet. Bei einem einzelnen Aufsatz mag
zwar als übliche Stelle für die Benennung des Urhebers die Titelunterzeile oder das
Ende der Abhandlung anzusehen sein (vgl. Loewenheim in Schricker, Urheberrecht, 3.
Auflage, § 10 Rn. 7). Anders verhält es sich aber, wenn in einer Broschüre die einzelnen
Beiträge nicht gesondert mit einer Urheberangabe versehen sind, wohl aber das
Impressum der Broschüre in Bezug auf den "Text" eine Namensangabe ohne
Beschränkung auf einzelne Beiträge enthält. Die Broschüre erscheint so hinsichtlich der
Abfassung ihrer Texte als Einheit. Die Beiträge werden auf diese Weise sämtlich dem
Träger des allein mitgeteilten Namens zugewiesen. Im Streitfall gibt es keine Gründe,
die es ausschließen würden, alle Beiträge der Broschüre einem einzigen Verfasser
zuzuweisen, und zwar gerade der Klägerin. Sie selbst nimmt im Rechtsstreit die
Schaffung sämtlicher Texte für sich in Anspruch, was nicht unplausibel ist, wenn es
ausweislich des Impressums auch eine "fachliche Beratung" gegeben hat. Ein
Impressum ist als solches fraglos eine geeignete Stelle zur Bezeichnung eines
Urhebers, wenn die Angabe dort nur nicht in sonstigem Text untergeht. Auch an dieser
Stelle lässt die Angabe nämlich den Anspruch des Benannten auf die Urheberschaft
ohne Weiteres erkennen und kann sie zu Widerspruch herausfordern (vgl. Riesenhuber,
GRUR 2003, 187). Inhaltlich ist die vorliegend in Streit stehenden Angabe mit der
Zuordnung eines Personennamens nebst Ortsangabe zu dem Begriff "Text" klar (vgl.
Loewenheim, a.a.O., Rn. 8).
19
Die Klägerin ist als Inhaberin der Verwertungsrechte hinsichtlich des in Rede stehenden
Textes anzusehen, soweit es um anderes geht als seine einmalige Nutzung in der
Imagebroschüre der Firma H. Dass sie das Recht zu letzterer Nutzung der Firma H.
eingeräumt hat, steht außer Streit. Eine weitergehende Rechtseinräumung stellt sie aber
20
in Abrede. Der Beklagte, der den Verlust von anfangs der Klägerin zustehenden
Rechten geltend macht und der seine eigene Berechtigung von der Firma H. herleitet,
hat die weitergehende Rechtsübertragung an diese Firma entgegen seiner Beweislast
(vgl. Rojahn in Schricker, Urherberrecht, 3. Auflage, § 43 Rn. 27; auch BGH GRUR
1978, 244 – Ratgeber für Tierheilkunde) nicht hinreichend vorgetragen und bewiesen.
Er stützt sich insofern nur auf den Umstand, dass die Klägerin in einem Arbeitsverhältnis
zu der Firma gestanden habe. Aufgrund des Vortrags des Beklagten ist aber nicht
hinreichend sicher festzustellen, dass die Klägerin gemäß § 43 UrhG den Artikel in
Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Arbeitsverhältnis geschrieben hat. Bereits in
zeitlicher Hinsicht bestehen Zweifel. Denn im Jahre 1991, als die Broschüre erscheinen
ist, bestand das Arbeitsverhältnis schon nicht mehr, und gab es nach den Angaben der
Klägerin bei der Firma H. bereits zur Zeit der Erstellung des Textes die Überlegungen
zum sogenannten Outsourcing von Aufgaben, die dann zum ihrem, der Klägerin,
Ausscheiden geführt haben sollen. Auch liegen in sachlicher Hinsicht die beruflichen
Aufgaben der Klägerin nach dem Arbeitsvertrag im Dunkeln. Die Klägerin bestreitet,
dass die Abfassung des Textes zu ihren Aufgaben nach dem Arbeitsvertrag gehört
habe. Aus ihrer Funktion als Leiterin der Abteilung "Verbraucherinformation" lässt sich
eine Verpflichtung zur Lieferung der Texte einer durch das Ressort Industrieklebstoffe
des Unternehmens herausgegebenen Imagebroschüre für Industriemanager nicht ohne
Weiteres herleiten. Um eine klassische Verbraucherinformation handelt es sich dabei
nicht. Die Erklärung des Beklagten mit Nichtwissen dazu, dass die Klägerin für die
Erstellung der Texte der Broschüre "weder funktionell noch sachlich" zuständig
gewesen sein will, hilft ihm allein nicht weiter. Aus der Abfassung des Textes für das
Heft als solcher kann eine dahingehende arbeitsvertragliche Verpflichtung noch nicht
erschlossen werden. Vielmehr kann hierüber durchaus auch eine gesonderte
Vereinbarung zustande gekommen sein, die nicht einmal ausdrücklich getroffen worden
sein muss. Seinem Inhalt nach lässt der Text, dem direkte Bezüge auf die Firma H. und
ihre Produkte fehlen, auch eine Nutzung durch andere als gerade die Arbeitgeberin zu.
Die näheren Umstände der Abfassung des Textes können, weil sie unbekannt sind, für
die Beantwortung der Frage nach einer Einbettung der Aufgabe in Pflichten aus dem
Arbeitsverhältnis nicht fruchtbar gemacht werden. Der Text des als Anlage K 12 von der
Klägerin vorgelegten Anstellungsvertrags vom 1. April 1987 ist über die Bezeichnung
ihrer Funktion als "Leiterin Verbraucherinformation" hinaus für die anstehende Frage
unergiebig. Die Einzelheiten der seinerzeitigen betrieblichen Funktion der Klägerin und
ihres Berufsbildes, auf die es bei einem Schweigen der Arbeitsvertrags zur Bestimmung
der Verpflichtungen ankommen kann (vgl. Rojahn, a.a.O. § 43 Rn. 22, 23), sind nicht
vorgetragen. Beweise für die einzelnen Aufgaben der Klägerin nach dem Vertrag –
gerade auch in seiner praktischen Umsetzung - sind nicht angetreten worden. Der
Beklagte hat sich das Wissen der Firma H., von der er seine Berechtigung herleitet,
offensichtlich nicht zunutze gemacht. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall
ersichtlich von anderen Fällen der Rechtsprechung, auf die sich der Beklagte stützen
will.
Sollte die Firma H. schon aufgrund des Arbeitsverhältnisses selbst zu einer Nutzung
des Textes über den Umfang hinaus berechtigt gewesen sein, den die Klägerin
einräumt, ist immer noch nicht festzustellen, dass sie berechtigt gewesen wäre,
Nutzungsrechte auf Dritte, hier nämlich den Beklagten, weiterzuübertragen. Den sich
hieraus ergebenden Nachteil hat wiederum der Beklagte zu tragen, der den Verlust von
anfangs der Klägerin zustehenden Rechten geltend macht und der seine eigene
Berechtigung von der Firma H. herleitet. Nach § 34 Abs. 1 UrhG kann ein Nutzungsrecht
nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden, was auch für Arbeitgeber gilt. Die
21
Zustimmung kann zwar arbeitsvertraglich geregelt werden und auch stillschweigend
erfolgen (vgl. Rojahn, a.a.O., Rn. 56, 57). Eine stillschweigende Erklärung ist - ohne
besondere für sie sprechende Umstände, die im Streitfall fehlen, - aber nur
anzunehmen, wenn die Weitergabe der Nutzungsrechte an Dritte noch vom
Betriebszweck selbst des Arbeitgebers erfasst wird, insbesondere wenn die
Verwendungsform für das Unternehmen typisch ist (Rojahn, a.a.O., Rn. 57 mit weiteren
Nachweisen). Wenn schon nicht verlässlich festzustellen ist, dass die Schaffung des
übernommenen Beitrags der Klägerin zu ihren Verpflichtungen aus dem
Arbeitsverhältnis gehörte, lässt sich erst nicht statuieren, dass sie stillschweigend mit
einer Weiterübertragung von Nutzungsrechten an den Beklagten, so wie sie geschehen
sein soll, einverstanden gewesen sei. Denn in dem neuen Zusammenhang, in den der
Beklagte den Beitrag gestellt hat, wirkt der unterhaltsame Text, der selbst mit keinem
Wort Produkte gerade der Firma H. anspricht oder sie als Herstellerin einschlägiger
Erzeugnisse vorstellt, nicht einmal mehr als eine Imagewerbung der Firma H.. In dem
neuen Zusammenhang unterstreicht der Artikel mit der Darstellung der Bedeutung von
Klebeverbindungen im heutigen Leben vielmehr nur die Wichtigkeit der Kurse des
Instituts des Beklagten zur Ausbildung – tüchtiger - Klebepraktiker und –fachkräfte. Der
kleine Hinweis am Ende des Textes auf H. als Quelle besagt nicht mehr, als dass die
Firma über einen solchen Text verfügt oder ihn auch schon einmal veröffentlicht hat.
Dass eine derartige Mitteilung noch irgendeine nennenswerte Werbewirkung für den
früheren Arbeitgeber der Klägerin entfalten würde, hat der Beklagte nicht zu
verdeutlichen vermocht. In dieser Hinsicht ist der Abstand der Textnutzung seitens des
Beklagten zu der als anspruchsvolle "Visitenkarte" der Firma H. wirkenden
Hochglanzbroschüre "C." denkbar groß.
Die Klägerin hat ihre Nutzungsrechte an dem Beitrag durch eine Übertragung an eine
Firma K.M. C. nicht endgültig eingebüßt. Sie hat vielmehr ein Schreiben dieser Firma
vom 16. August 2006 vorgelegt, nach dem ihr die Rechte wieder zustehen. Der Beklagte
hat sich hierzu in erster Instanz zwar insgesamt mit Nichtwissen erklärt, es dabei aber
an einer notwendigen Differenzierung fehlen lassen. Wenn der Gesamtkomplex der
Rechtseinräumung und ihrer Beendigung nicht festzustellen ist, hat die Klägerin die
Rechte nie verloren. Gründe, warum die Abtretung stattgefunden haben sollte, die
Rückabtretung aber nicht, sind nicht zu erkennen. Auf den Punkt ist der Beklagte zudem
im Berufungsverfahren trotz der ihm nachteiligen Annahmen des Landgerichts nicht
mehr zurückgekommen.
22
Die angegriffene Textnutzung war nicht als Zitat nach dem vom Beklagten
herangezogenen § 51 Nr. 1 UrhG zulässig. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt
hat, kann die Aufnahme des Beitrags der Klägerin in das vom Institut des Beklagten zur
Vorbereitung und Begleitung der Kurse für Klebepraktiker und –fachkräfte
herausgegebene Material nicht als Aufnahme "in ein selbständiges wissenschaftliches
Werk", und war "zur Erläuterung des Inhalts", nämlich des wissenschaftlichen Werks
verstanden werden. Es sei noch dahingestellt, ob die Vermittlung letztlich praktischer
Fertigkeiten, wie sie Ziel der Institutskurse zu sein scheinen, Raum für eine Wertung des
schriftlichen Kursmaterials als "selbständiges wissenschaftliches Werk" lassen. Denn
jedenfalls dient der übernommene Beitrag der Klägerin nicht im Sinne des Gesetzes
"zur Erläuterung des Inhalts" dieses Materials. Zur Veranschaulichung der Bedeutung
von Klebeverbindungen im heutigen Leben, deretwegen eine Ausbildung zum
Klebepraktiker und oder zur Klebefachkraft sinnvoll erscheinen soll, bedurfte es nicht
der Wiedergabe des ganzen Werkes der Klägerin. Vielmehr ist ihr Werk nur in dem
Sinne der Entscheidung "Liedtextwiedergabe I" des Bundesgerichtshofs (GRUR 1987,
23
34) dem Werk des Instituts des Beklagten aggregiert worden, um letzteres um einen
witzigen, unterhaltsamen Text über die Relevanz der Tätigkeit, auf die die Kurse
hinzielen, zu vervollständigen und dem Leser zum eigenen eher praktisch-nützlichen
Text eben auch noch das amüsante fremde Werk zu bieten. Es fehlt die notwendige
innere Verbindung, die herkömmlich unter das Stichwort gefasst wird, dass das fremde
Werk als "Beleg" dienen müsse (vgl. Schricker in Schricker, Urheberrecht, 3. Auflage, §
51 Rn. 16 mit Nachweisen der Rechtsprechung und Literatur).
Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG wegen
der Nutzung ihres Textes im Internet ist ebenfalls begründet, allerdings nur in Höhe des
vom Landgericht zuerkannten Betrags von 3.600 €. Es besteht kein Zweifel an einem
Verschulden des Beklagten hinsichtlich der ihm zur Last fallenden
Urheberrechtsverletzung. Er hat es fahrlässig unterlassen, sich Gewissheit über eine
Berechtigung zur Nutzung des Artikels der Klägerin zu verschaffen. Mit der von ihm
geltend gemachten, aber bestrittenen Gestattung der Firma H., deren genauer Inhalt und
Umstände im Übrigen ganz im Dunkeln liegen, kann sich der Beklagte nicht
entschuldigen, denn es ist nicht ersichtlich, dass er in hinreichender Weise versucht
hätte, sich über die Rechte der im Impressum hinsichtlich des Textes benannten
Klägerin Klarheit zu verschaffen, und dass er Auskünfte erhalten hätte, mit denen er sich
ohne einen Vorwurf der Fahrlässigkeit hätte zufrieden geben dürfen.
24
Die Klägerin bestimmt den ihr gebührenden Schadensersatz nach der im Urheberrecht,
wie auch sonst im gewerblichen Rechtsschutz, üblichen Methode der Lizenzanalogie.
Sie macht dazu geltend, verständige Parteien in ihrer, der Klägerin, und des Beklagten
Situation hätten verständigerweise für die Nutzung des Artikels im Internet insgesamt,
ohne Rücksicht auf den genauen Anfangs- und Endzeitpunkt der Nutzung, eine
Lizenzgebühr von 7.500 € vereinbart. Die Parteien haben wie schon vor dem
Landgericht, so auch in der Berufungsverhandlung erklärt, dass zur Lizenzhöhe kein
Sachverständigenbeweise erhoben werden, das Gericht vielmehr ohne einen solchen
nach seinem Ermessen entscheiden solle. Die Parteien haben dem Gericht nicht
überstimmend vorgetragen, dass ein bestimmtes Tarifsystem auf die Vergütung für ein
Werk wie das der Klägerin üblicherweise Anwendung finde. Der Senat vermag ein
solches System auch nicht aus eigener Sachkunde zu benennen. Er bedürfte zu seiner
Ermittlung vielmehr sachverständiger Hilfe. Eine Einordnung der Textnutzung im
Internet seitens des Instituts des Beklagten in das Schema des vorgelegten
"Vergütungsentwurfs der deutschen Journalistinnen und Journalisten-Union" erscheint,
seine generelle Anwendbarkeit unterstellt, kaum möglich, weil sie allein auf eine
Nutzung durch einen kleinen Interessentenkreis gerichtet war, von diesem Kreis aber
eine hohe Aufmerksamkeit zu erwarten war und der Text in dem größeren
Zusammenhang des Lernkurses wegen seiner witzigen unterhaltsamen Art zudem eine
besondere Wertschätzung der Leser erfahren mochte; er bildete geradezu den
glänzenden Schlusspunkt des gesamten Lernmaterials. Es bleibt nur die freie
Schätzung nach den Umständen des Einzelfalls. Geht man von dem Entgelt von 450 bis
900 € aus, die das Institut nach den Angaben des Beklagten für vier- bis fünfseitige
Beiträge in einem von ihm erstellten Jahrbuch zahlt und die er selbst für die hier
anstehende Berechnung gelten lässt, ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Text
der Klägerin kürzer sein wird als ein solcher Jahrbuchbeitrag, zum anderen aber auch,
dass die Nutzung während des Vielfachen eines einzigen Jahres stattgefunden hat.
Zudem ist der besonderen, auch anderenorts anerkannten Qualität des klägerischen
Textes Rechnung zu tragen und der bereits erwähnten erheblichen Bedeutung, die ihm
im Zusammenhang des Lernmaterials zukam. Wenn das Institut des Beklagten in dem
25
Text nicht etwas Besonderes gesehen hätte, hätte es sicher nicht auf einen elf Jahre
alten Beitrag aus einer fremden Imagebroschüre zurückgegriffen, sondern sich einen
eigenen Text schreiben lassen. Allerdings darf auch nicht außer Acht gelassen werden,
dass es nur um eine Zweitverwertung des Beitrags der Klägerin gegangen ist. Mit dem
Lernprogramm, zu dem der Text gehörte, hat die Klägerin sehr erhebliche Umsätze
gemacht, die allerdings nicht vorwiegend dem unterhaltsamen Text der Klägerin zu
verdanken sein werden. Schließlich muss mit der anzunehmenden Lizenzgebühr auch
ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass die Klägerin in der Nutzung ihres Textes
durch das Institut des Beklagten um ihr Recht auf Benennung als Urheberin nach § 13
UrhG gebracht worden ist. Die Verletzung dieses Rechts kann eine Verdopplung der
Lizenzgebühr rechtfertigen (Senat NJW-RR 1999, 194; GRUR-RR 2007, 393; Dietz in
Schricker, Urheberrecht, 3. Auflage, vor §§ 12 Rn. 12a, § 13 Rn. 19 mit weiteren
Nachweisen). Unter Abwägung der genannten Umstände schließt sich der erkennende
Senat der Schätzung des Landgerichts an. Für eine höhere Bewertung fehlt eine
tragfähige Grundlage. Der Betrag ist in der Weise zu verzinsen, wie es das Landgericht
ohne Widerspruch erkannt hat.
Der Anspruch auf Erstattung von 550,44 € Abmahnkosten nebst Zinsen steht als solcher
mit Recht außer Streit.
26
Die verlangten Auskünfte sind nach § 97 Abs. 1 UrhG zur Vorbereitung weiterer
bezifferter Schadensersatzansprüche ebenfalls geschuldet. Die Auskunftsbegehren
haben sich durch den diesbezüglichen Parteivortrag des Beklagten noch nicht erledigt.
In der Berufungsverhandlung hat sich der Beklagte nicht zu der eindeutigen Erklärung
verstanden, dass seine Angaben zugleich zum Zwecke der Auskunft gemacht seien und
dass es außer den mit ihren Zeiträumen mitgeteilten Nutzungen keine früheren und
auch keine anderen gegeben habe. Zudem ist nicht klar zu erkennen, dass der Beklagte
hinsichtlich der Zahl der hergestellten oder verbreiteten CD-ROM schon alle
Erkenntnisquellen ausgeschöpft und bei allen mit Angelegenheit befassten Personen
nachgefragt hätte.
27
Das Bestehen der beiden weiteren im Einzelnen nicht besonders bestrittenen
Schadensersatzansprüche ist auf den Antrag der Klägerin hin festzustellen. Zum einen
ist allgemein anerkannt, dass vernünftige Parteien eines Lizenzvertrags auch
Fälligkeitszinsen vereinbaren (OLG Düsseldorf GRUR 2003, 209; Wild in Schricker,
Urheberrecht, 3. Auflage, § 97 Rn. 63 mit weiteren Nachweisen). Zum anderen ist aber
schon jetzt anzumerken, dass bei der noch ausstehenden Schadensersatzbemessung
wegen der Textnutzung auf CD-ROM dem Umstand Rechnung zu tragen sein wird, dass
verständige Parteien für die vorliegend in Rede stehende Nutzung eines Textes im
Rahmen eines Lernkurses sowohl über das Internet als auch auf CD-ROM eine
einheitliche Lizenzgebühr hätten vereinbart haben dürfen.
28
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die
Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus § 708 Nr. 10, § 711
ZPO.
29
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
30
Streitwert für das Berufungsverfahren: bis zu 65.000 € (nach der landgerichtlichen
Wertfestsetzung, die ohne Widerspruch geblieben ist), wobei die Berufung mit bis zu
50.000 € zu bewerten ist und die Anschlussberufung mit bis zu 4.000 €.
31