Urteil des OLG Düsseldorf vom 10.06.2005

OLG Düsseldorf: pos, abschlagszahlung, aufrechnung, vollstreckung, verrechnung, gegenforderung, ersatzvornahme, offenkundig, reparatur, zusage

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-21 U 116/04
Datum:
10.06.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
21. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-21 U 116/04
Vorinstanz:
Landgericht Wuppertal, 1 O 178/03
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des
Landgerichts Wuppertal – Einzelrichter – vom 14.05.2004 unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie
folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 42.109,83 EUR nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
06.07.2002 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die im erstinstanzlichen Verfahren angefallenen Kosten werden dem
Kläger zu 39 % und der Beklagten zu 61 % auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte darf die Vollstreckung des
Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des
Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
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Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 01.07.2002 zum
Insolvenzverwalter über das Vermögen der S..... GmbH (im Folgenden:
Insolvenzschuldnerin) bestellt worden. Im vorliegenden Verfahren nimmt er die Beklagte
auf Bezahlung offen stehenden Restwerklohns für Arbeiten an den Außenanlagen des
Bauvorhabens W..... P1 – P23 in S..... nach Maßgabe des Angebots der
Insolvenzschuldnerin vom 17.10.2001 (Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 5ff. GA) in
Anspruch. Diese Restwerklohnforderung hat er erstinstanzlich auf der Grundlage einer
Schlussrechnung vom 06.06.2002 (Anlage K 2, Bl. 20ff. GA) unter Reduzierung der dort
in Ansatz gebrachten 3. und 4. a conto-Zahlungen auf 69.067,67 EUR beziffert. Das ist,
zzgl. Zinsen, die Klageforderung.
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Die Beklagte hat hiergegen geltend gemacht, über die vom Kläger in Ansatz gebrachten
Beträge hinaus die in der o. g. Schlussrechnung aufgeführten Zahlungen erbracht zu
haben. Darüber hinaus hat sie unter Hinweis auf eine angeblich mit dem damaligen
Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin am 14.01.2002 getroffene, auch Forderungen
der K..... GmbH gegen die Insolvenzschuldnerin umfassende Verrechnungsabrede die
Aufrechnung mit die Klageforderung übersteigenden Gegenansprüchen aus insgesamt
drei das in Rede stehende Bauvorhaben betreffenden Vertragsverhältnissen erklärt.
Wegen der Einzelheiten des wechselseitigen Tatsachenvorbringens hierzu wird auf die
nachfolgenden Ausführungen unter III., verwiesen.
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Das Landgericht hat unter Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Nachlässe,
Skonti und Sicherheitseinbehalte einen Restwerklohnanspruch von 52.593,24 EUR
ermittelt, die Gegenansprüche der Beklagten insgesamt für nicht gerechtfertigt erachtet
und den vorerwähnten Betrag nebst gesetzlichen Verzugszinsen zugesprochen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie unter Aufrechterhaltung
und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Abweisung der Klage
erstrebt. Der Kläger hält die Entscheidung des Landgerichts demgegenüber für richtig
und will die Berufung zurückgewiesen wissen.
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Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit den sich aus den folgenden
Ausführungen ergebenden Änderungen und Ergänzungen Bezug genommen - § 540
Abs. 1 ZPO.
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II.
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(Maßgeblich für die Entscheidung sind die Vorschriften des Schuldrechts in der bis zum
31.12.2001 geltenden Fassung.)
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur hinsichtlich eines Betrages
von 10.483,41 EUR nebst anteiligen Zinsen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
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1. Restwerklohn / Zahlungen Differenz: 10.483,41 EUR
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Das Landgericht hat unter Berücksichtung vereinbarter Nachlässe, Skonti und der
vertraglich vereinbarten Umlagen für Bauwesenversicherung und Wasser/Strom einen
im Berufungsverfahren nunmehr unstreitigen Restwerklohn von 96.383,66 EUR
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ermittelt. Davon ist – mit der Berufung ebenfalls nicht angegriffen – ein
Sicherheitseinbehalt von 4.855,60 EUR
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abzuziehen, so dass ./. 91.528,06 EUR
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verbleiben. Hiervon hat das Landgericht entsprechend dem Vorbringen des Klägers
Zahlungen der Beklagten in Höhe von insgesamt ./. 38.934,82 EUR
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in Abzug gebracht. So errechnet sich der ausgeurteilte Betrag von
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52.593,24 EUR.
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Das vom Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorbringen des Klägers
zur Höhe der geleisteten Abschlagszahlungen beruht offenkundig auf der Abrechnung
der Beklagten im Schreiben vom 31.10.2002 (Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl. 69 GA),
wo die Beklagte selbst Abschläge (nur) in entsprechender Höhe in Ansatz gebracht hat.
Im streitigen Verfahren hat sie indes Zahlungen von insgesamt 51.838,08 EUR geltend
gemacht; so hat auch die Insolvenzschuldnerin in der Schlussrechnung vom 06.06.2002
(Anlage K2, Bl. 20ff. GA, dort S. 4, Bl. 24 GA) abgerechnet. Streitig sind die 3. und die 4.
Abschlagszahlung.
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a) 3. Abschlagszahlung
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Das Landgericht hat einen Betrag von 5.624,21 EUR berücksichtigt (Schreiben vom
31.10.2002, Anlage K4, Bl. 69 GA). Die Beklagte will 11.000,00 EUR geleistet haben,
davon allerdings 2.354,61 EUR und 65,24 EUR durch Verrechnung mit anderweitigen
Gegenforderungen (S. 2 des Schriftsatzes vom 23.04.2004, Bl. 191 GA). Sie hat
spätestens im Berufungsverfahren unmissverständlich klargestellt, dass nur der
Differenzbetrag von 8.580,15 EUR
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tatsächlich gezahlt worden sein soll (S. 2 BB, Bl. 288 GA). Hierzu hat die Beklagte
jedenfalls im Berufungsverfahren schlüssig unter Vorlage entsprechender
Kontounterlagen vorgetragen, am 21.02.2002 eine entsprechende Überweisung über
ihre Hausbank veranlasst zu haben. Das wird belegt durch einen vom Landgericht mit
Recht vermissten und erst mit der Berufungsschrift vorgelegten Kontoauszug vom
22.02.2002, der eine Sammelüberweisung über 205.823,90 EUR mit Wertstellung am
25.02.2002 ausweist (Anlage Ki 3, Anlagenhefter zur BB). Welche Forderungen mit der
Überweisung bedient wurden, ist der beigefügten Aufschlüsselung der Anweisung
(Anlage Ki 4, Anlagenhefter BB) zu entnehmen. Danach sind unter Hinweis auf die
Verrechnung der o. g. Teilbeträge 8.580,15 EUR an die Insolvenzschuldnerin geflossen,
und zwar auf das von ihr auf ihrem Geschäftspapier angegebene Geschäftskonto. In
Erwägung all dessen war es nunmehr Sache des Klägers, Nachforschungen über den
Eingang der Zahlungen bei der Insolvenzschuldnerin anzustellen und konkret – gglfs.
durch Vorlage aussagekräftiger Kontounterlagen für den in Rede stehenden Zeitraum –
darzutun, die von der Beklagten behaupteten Beträge nicht erhalten zu haben. Solches
Vorbringen fehlt. Vielmehr räumt der Kläger ausdrücklich ein, keine konkreten
Erkenntnisse über die behaupteten Zahlungen zu haben und er beruft sich stattdessen
ausschließlich darauf, das Vorbringen der Beklagten in diesem Punkt sei neu und
verspätet (S. 3 BE, Bl. 316 GA). Damit dringt der Kläger nicht durch. Denn der
Sachvortrag der Beklagten zu den Umständen der behaupteten Zahlung hat nunmehr
als unstreitig zu gelten (§ 138 Abs. 3 ZPO) und unterliegt schon deshalb nicht den
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Beschränkungen des § 531 Abs. 2 ZPO (BGH IBR 2005, 180). Daraus folgt, dass von
der erstinstanzlich zuerkannten Restwerklohnforderung 2.955,94 EUR
(8.580,15 EUR ./. 5.624,21 EUR) abzuziehen sind.
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b) 4. Abschlagszahlung
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Die obigen Ausführungen gelten entsprechend für die 4. Abschlagszahlung. Insoweit
hat die Beklagte die behauptete Überweisung eines Betrages von 15.402,79 EUR durch
einen Kontoauszug über eine Sammelüberweisung vom 14.03.2002, Wertstellung am
15.03.2002 (Anlage Ki 1a, Anlagenhefter Berufung), nebst Aufschlüsselung (Anlage Ki
2, Anlagenhefter Berufung) nachvollziehbar und mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln
lückenlos belegt. Dem ist der Kläger ebenfalls nicht konkret entgegengetreten.
Dementsprechend reduziert sich aus den soeben dargelegten Gründen die
Restwerklohnforderung um weitere 7.527,47 EUR
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(15.402,79 EUR ./. 7.875,32 EUR), insgesamt
10.483,41 EUR.
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2. Gegenansprüche Baumängel
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Die Beklagte rechnet mit Gegenforderungen in Höhe der Kosten für die Beseitigung
angeblich in die Verantwortung der Insolvenzschuldnerin fallender Mängel ihrer
Werkleistungen auf. Unklar ist, woraus sie diese Ansprüche herleitet. In Betracht
kommen § 633 Abs. 3 BGB a. F. und § 635 BGB a. F.; welche Anspruchsgrundlage
nach Auffassung der Beklagten Anwendung finden soll; ist im Ergebnis ohne Belang.
Jedenfalls handelt es sich nach herrschender Meinung nicht um Aufrechnung, sondern
um einen Fall der Verrechnung.
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Die Forderungen sind im Einzelnen:
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a) Verstopfung Wasserleitung 279,56 EUR
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b) Reparatur Gehwegpflaster 2.380,02 EUR
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c) Schuttbeseitigung Haus P 23 1.022,58 EUR
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d) Böschungsberichtigung 2.500,00 EUR
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e) Instandsetzung Pflanzbeete 800,00 EUR
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f) Reparatur Holzzaun 600,00 EUR
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g) Kanalanschluss 9.949,85 EUR
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Die Höhe der Mängelbeseitigungskosten ergibt sich aus den mit Schriftsatz vom
03.09.2003 vorgelegten Rechnungsbelegen (Anlagenkonvolut B 6, Anlagenhefter) der
mit der Ersatzvornahme beauftragten Drittfirmen.
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Der Beklagten stehen die geltend gemachten Gegenforderungen nicht zu. Völlig zu
Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht den Tatsachenvortrag der
Beklagten hierzu für nicht hinreichend substantiiert und deshalb im Ergebnis für
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Beklagten hierzu für nicht hinreichend substantiiert und deshalb im Ergebnis für
unbeachtlich gehalten. Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Einwendungen
erschöpfen sich weitgehend in der Wiederholung des erstinstanzlichen
Tatsachenvortrages und geben lediglich in drei Punkten zu ergänzenden Ausführungen
Anlass:
zu d): Böschungsberichtigung
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Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass die Insolvenzschuldnerin die Böschung
nicht entsprechend den im Ausgangsvertrag vereinbarten Vorgaben erbracht hat. Sie
beruft sich vielmehr darauf, die Insolvenzschuldnerin habe eine Weisung missachtet, die
Oberkante der Böschung exakt auf die Grundstücksgrenze zu setzen (S. 7 BB, Bl. 293
GA). Dieses Vorbringen ist unentschuldigt neu und streitig (S. 7 BE, Bl. 320 GA); es ist
deshalb gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unbeachtlich. Im Übrigen ist auch unter
Berücksichtigung der von der Beklagten in Bezug genommenen Rechnung der Firma
B..... GbR vom 17.07.2002 (Anlagenkonvolut B 6, Anlagenhefter zum Schriftsatz vom
03.09.2003) weiterhin unklar, in welchem Umfang die Werkleistungen der
Insolvenzschuldnerin zur weisungskonformen Herstellung der Böschung korrigiert
werden mussten und welche Arbeiten hierfür konkret mit welchem Aufwand erforderlich
gewesen sein sollen.
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zu e): Instandsetzung Pflanzbeete
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Die Beklagte beruft sich darauf, sie habe von der Insolvenzschuldnerin nach dem
Vertrag geschuldete und unter Pos. 4.1 bis 4.5 der Schlussrechnung vom 06.06.2002
(Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 22 GA) abgerechnete Arbeiten an den Pflanzbeeten mit
einem Kostenaufwand von 800,00 EUR durch die K..... GmbH ausführen lassen
müssen. Das ist mit dem Inhalt der hierzu eingereichten Rechnung der K..... GmbH
(Anlagenkonvolut B 6, Anlagenhefter zum Schriftsatz vom 03.09.2003) nicht in Einklang
zu bringen. Dort ist von Nacharbeiten (Reinigung, Beseitigung überflüssiger Boden,
Aufbringen von Mutterboden) die Rede, die offenkundig nicht mit den vertraglich
geschuldeten Originärarbeiten identisch sind. In welchem Umfang diese Leistungen
tatsächlich mit dem in Ansatz gebrachten Kostenaufwand nachgebessert werden
mussten, ist dem Vorbringen der Beklagten selbst bei großzügiger Würdigung nicht zu
entnehmen.
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zu g): Kanalanschluss
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Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die
Insolvenzschuldnerin nicht feststellbar vertraglich verpflichtet gewesen sei, die
Entwässerungsleitung an den Sickerschacht anzuschließen. Dem ist nichts
hinzuzufügen. Im Berufungsverfahren beruft sich die Beklagte nunmehr erstmals darauf,
der Insolvenzschuldnerin nachträglich mit Übergabe eines Detailplans (Anlage K1 6a
zur BB, Anlagenhefter) eine entsprechende Weisung erteilt zu haben. Abgesehen
davon, dass dieser streitige Tatsachenvortrag unentschuldigt neu ist und also gemäß §
531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Berufungsverfahren im Ergebnis keine Berücksichtigung findet,
kann die Beklagte die durch Rechnung der S..... GmbH vom 15.12.2003 belegten
Aufwendungen (Anlage B 3 zum Schriftsatz vom 23.03.2004, Anlagenhefter) schon
deshalb nicht erstattet verlangen, weil sie auch der Insolvenzschuldnerin die ihrem
eigenen Vorbringen zufolge nachträglich angeordneten Zusatzarbeiten als "Sowieso-
Kosten" hätte vergüten müssen. Und schließlich: Die Beklagte behauptet jetzt, die in
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Rede stehenden Kanalarbeiten habe die Insolvenzschuldnerin als Subunternehmerin
der K..... GmbH ausgeführt. Dann können eventuelle Ansprüche nur aus dem Auftrag der
K..... GmbH vom 23.04.2002 (Anlage B 2 zum Schriftsatz vom 03.09.2003,
Anlagenhefter) resultieren, über dessen Inhalt und Abwicklung nichts Konkretes
vorgetragen ist. Der Tatsachenvortrag der Beklagten ist in diesem Punkt zudem nicht mit
ihrer erstinstanzlichen Behauptung und den darauf gestützten Feststellungen des
Landgerichts in Einklang zu bringen, die Gegenforderung stehe "in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Auftrag Außenanlagen und
Entwässerungsarbeiten" (S. 4 des Schriftsatzes vom 23.03.2004, Bl. 193 GA).
Nach alledem kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits hinsichtlich eventueller
Gegenforderungen für Baumängel also nicht darauf an, ob die Insolvenzschuldnerin
Gelegenheit zur Nachbesserung hatte oder ob eine fristgebundene Aufforderung zur
Mängelbeseitigung (§ 633 Abs. 3 BGB a. F.; § 634 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.) ggfls.
entbehrlich war, weil die Insolvenzschuldnerin bzw. der Kläger die weitere Erfüllung
ihrer vertraglichen (Nachbesserungs-) Pflichten endgültig und ernsthaft verweigert hatte.
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3. Aufrechnung mit Rückforderungsansprüchen wegen Überzahlung aus dem
Vertragsverhältnis über Ausschachtungsarbeiten gemäß Auftrag vom 08.05.2001
(Anlage B 4 zum Schriftsatz vom 23.03.2004, Anlagenhefter)
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a) Doppelberechnung aus dem Bereich W..... 2 29.115,33 EUR
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Gegenstand der Gegenforderung aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB sind die unter Pos.
1.2 der Schlussrechnung der Insolvenzschuldnerin vom 08.11.2001 (Anlage B 5 zum
Schriftsatz vom 23.03.2004, Anlagenhefter) abgerechneten Leistungen betreffend
"2.026,50 cbm Bodenaushub lösen und abfahren einschließlich Kippgebühren" zum
Preis von 28,10 DM/cbm. Die Beklagte beanstandet eine Doppelberechnung, weil die
nämliche Menge Bodenaushub abweichend vom Auftrag kraft nachträglicher
Vereinbarung tatsächlich auf einem Nachbargrundstück zwischengelagert worden sei,
wofür die Insolvenzschuldnerin in der vorerwähnten Rechnung unter Pos. 1.2 weitere
29.783,30 DM abgerechnet habe (vgl. S. 6f. des Schriftsatzes vom 23.03.2004, Bl. 195f.
GA, und S. 5 BB, Bl. 291 GA). Indes: die Rechnung ist geprüft und beanstandungslos
bezahlt worden. Darin liegt ein deklaratorisches Anerkenntnis, durch das die Beklagte
mit Einwendungen gegen die abgerechneten Forderungen ausgeschlossen ist, soweit
ihr die für die Geltendmachung etwaiger Gegenrechte maßgeblichen Umstände im
fraglichen Zeitpunkt bekannt waren oder zumindest hätten bekannt sein müssen
(Senatsurteil vom 01.07.1997, BauR 1997, 1052; vgl. auch: BGH NJW 1995, 3311).
Letzteres war hier unzweifelhaft der Fall, weil sich für die Beklagte in Kenntnis der
sonstigen tatsächlichen Umstände der nunmehr geltend gemachte
Überzahlungseinwand schon aus dem Inhalt der Rechnung selbst ergeben musste. Sie
kann sich deshalb m. E. auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Insolvenzschuldnerin
dürfe sich nicht auf die Anerkenntniswirkung der widerspruchslosen Zahlung berufen,
weil sie wissentlich grob falsch abgerechnet und so leichtfertig nicht gerechtfertigtes
Vertrauen missbraucht habe. Richtig ist zwar, dass unter Pos. 1.2 des Auftrages
lediglich "5.929,83 cbm Bodenaushub lösen und abfahren" ausgeschrieben waren,
während nach der o. g. Rechnung weitere 2.032,99 cbm Bodenaushub ausgeschachtet
und gelagert worden sein sollen. Gerade diese Zusammenhänge hat die
Insolvenzschuldnerin allerdings mit den Angaben in der Rechnung in einer Weise offen
gelegt, die den Vertragspartner bei vernünftiger, lebensnaher Betrachtungsweise nicht
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in Unkenntnis darüber lassen konnte, für welche Leistungen der beanspruchte Werklohn
zu zahlen war. Bei dieser Sachlage kann von der treuwidrigen Herbeiführung einer
(Über-) Zahlung mit Anerkenntniswirkung keine Rede sein. Auf den vom Landgericht
darüber hinaus in Betracht gezogenen Gesichtspunkt eines Aufrechnungsausschlusses
gemäß § 95 InsO kommt es nach alledem nicht an.
b) Überzahlung für nicht erbrachte Leistungen Abraum 8.185,65 EUR
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Im Verfahren erster Instanz hat die Beklagte die Kosten der Ersatzvornahme für den von
der Insolvenzschuldnerin angeblich nicht erledigten Abtransport von Abraum nach
Maßgabe des Angebots der C. L..... GmbH & Co. KG vom 24.06.2002 (Anlage B2 zum
Schriftsatz vom 23.03.2004, Anlagenhefter) in Höhe von 23.573,90 DM netto (27.345,72
EUR brutto) beansprucht (S. 2ff. des Schriftsatzes vom 23.03.2004, Bl. 191ff. GA).
Nachdem das Landgericht ihren dahingehenden Tatsachenvortrag im angefochtenen
Urteil mit Recht für unzureichend erachtet hat, stützt die Beklagte die Gegenforderung im
Berufungsverfahren nunmehr auf eine angebliche Überzahlung für tatsächlich nicht
erbrachte Vertragsleistungen in Höhe von 8.185,65 EUR. Anspruchsgrundlage hierfür
ist § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Die Rückforderung betrifft ebenfalls Leistungen gemäß
Pos. 1.2 des Auftrages vom 08.05.2001, nunmehr den auf dem Nachbargrundstück
gelagerten Abraum. Ein entsprechender Anspruch steht der Beklagten aus den unter a)
genannten Gründen nicht zu, weil sie die geprüfte Rechnung widerspruchslos bezahlt
und so die dort geltend gemachten Forderungen anerkannt hat. Mit dem Einwand, die
Rechnung sei nur in Ansehung einer Zusage der Insolvenzschuldnerin bezahlt worden,
den zurückgelassenen Abraum alsbald zu entfernen, findet die Beklagte kein Gehör. Ihr
dahingehendes Vorbringen ist unentschuldigt neu. Es ist gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO
unbeachtlich, weil der Kläger in Abrede stellt, dass überhaupt Abraum zurückgelassen
worden sei und damit zugleich konkludent die von der Beklagten behauptete Zusage
bestreitet.
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Unklar ist im Übrigen, auf welche Rechnungsposition sich der Überzahlungseinwand
bezieht, insbesondere, ob es sich bei dem zwischengelagerten Abraum um eben den
Bodenaushub handelte, den die Insolvenzschuldnerin abredegemäß auf dem
Nachbargründstück lagern sollte. Dann wäre allerdings verständlich, warum die
Insolvenzschuldnerin in ihrer Schlussrechnung vom 08.11.2001 zusätzlich zu den von
der Beklagten gebilligten Lagerkosten die Vertragspreise für Abtransport und
Kippgebühren in Ansatz gebracht hat. Andernfalls hätte die Beklagte darlegen müssen,
aufgrund welcher Umstände es dazu gekommen ist, dass der dann abredegemäß zum
Abtransport vorgesehene Abraum gleichwohl zwischengelagert wurde.
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4. Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus dem Vertragsverhältnis der
Insolvenzschuldnerin mit der K..... GmbH gemäß Auftrag vom 23.04.2002 (Anlage
B 2 zum Schriftsatz 03.09.2003, Anlagenhefter)
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Im Verfahren erster Instanz hat sich die Beklagte auf der Grundlage der zwischen den
Parteien streitigen Verrechnungsabrede darauf berufen, der Restwerklohnforderung
kündigungsbedingte Schadensersatzansprüche der K..... GmbH aus dem o. g. Vertrag in
Höhe von 154.652,89 EUR entgegenhalten zu können. Das Landgericht hat seiner
Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, dass der Kläger die Verrechnungsabrede
wirksam gemäß § 131 InsO angefochten habe und hilfsweise ausgeführt, dass die
tatsächlichen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht schlüssig
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dargetan seien. Die diese Annahme tragenden Erwägungen sind nicht zu beanstanden.
Sie werden mit der Berufung nicht angegriffen, die im Übrigen nicht erkennbar an der
Geltendmachung jener Schadensersatzansprüche festhält, so dass sich weitere
Ausführungen zur Wirksamkeit der Verrechnungsabrede und der Aufrechenbarkeit der
Forderungen erübrigen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §§ 97 Abs. 1, Abs. 2 ZPO. Aus den obigen
Ausführungen ergibt sich, dass die Beklagte im Berufungsrechtszug aufgrund neuen
Tatsachenvorbringens teilweise obsiegt, welches sie bei sorgfältiger Prozessführung
schon in das Verfahren erster Instanz hätte einführen können und müssen. Das führt
dazu, dass ihr die Kosten des Berufungsverfahrens ungeachtet ihres teilweisen
Obsiegens insgesamt aufzuerlegen waren.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
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Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Sache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichtes auch nicht zur
Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erforderlich ist - § 543 Abs. 2 ZPO.
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Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 52.593,24 EUR
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