Urteil des OLG Düsseldorf vom 09.08.2007
OLG Düsseldorf: einstweilige verfügung, durchbruch, stand der technik, verwarnung, schadenersatz, gerät, erfindung, werkzeug, verzicht, auskunftserteilung
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 U 122/06
Datum:
09.08.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 U 122/06
Tenor:
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 29. Juni 2006 verkündete
Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der
Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verurteilung der Beklagten zu 1. zur
Unterlassung entfällt.
II.
Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu
tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen,
die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 400.000,-- Euro abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor
Sicherheit in glei-cher Höhe leisten.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die Klägerin nimmt in der Berufungsinstanz die Beklagten zu 2. und 3. auf
Unterlassung, die Beklagten zu 1. und 2. auf Auskunft und Feststellung ihrer
Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch, nachdem die Beklagte zu 1. gegenüber
einem Abnehmer geäußert hat, ein von der Klägerin hergestelltes Werkzeug verletze ein
für die – die Beklagte zu 1. – geschütztes Gebrauchsmuster
3
Die Klägerin und die Beklagte zu 1. sind Wettbewerber; sie stellen her und vertreiben
Spezialwerkzeuge für Kfz-Werkstätten. Beide bieten Sicherheits-Federspanner an, mit
denen Achsschraubenfedern von Fahrzeugen zum Ein- oder Ausbau
zusammengepresst werden können. Zu ihren Abnehmern gehört das
Großhandelsunternehmen A- GmbH & Co. KG (im Folgenden: A).
4
Die Beklagte zu 1. , deren Geschäftsführer bis zum 31. Dezember 2005 der Beklagte zu
2. war und seit dem 1. Januar 2006 der Beklagte zu 3. ist, besitzt eine ausschließliche
Lizenz (vgl. Anlage L 2) an dem Gegenstand des am 27. November 2001 angemeldeten
und am 21. Februar 2002 zugunsten der B Tools Ltd. in Großbritannien eingetragenen
deutschen Gebrauchsmusters 201 19 xxx (Anlage K 0, Verwarnungsgebrauchsmuster)
betreffend Exzenter-Druckplatten für Federspanner, dessen Schutzanspruch 1
folgendermaßen lautet:
5
Federspanner (41) bestehend aus einem in eine zu spannende Schraubenfeder (5)
axial einführbaren Spanngerät (9) und einer ersten, mit einem Durchbruch (10)
versehenen, tellerartigen Druckplatte (1), welche über ihren Durchbruch (10) mit
einem ersten Ende des Spanngerätes (9) lösbar verbindbar ist sowie einer zweiten,
mit einem Durchbruch (26) versehenen, tellerartigen Druckplatte (18), welche über
ihren Durchbruch (26) mit einem relativ zum ersten Ende des Spanngerätes (9)
verstellbaren Stellglied (19) des Spanngerätes (9) lösbar verbindbar ist, wobei das
Spanngerät (9) zum Verstellen des Stellgliedes (19) an seinem zweiten Ende einen
Antrieb, insbesondere in Form eines mit einem von außen zugänglichen
Schlüsselprofil (21) versehenen Spindeltriebes aufweist, und wobei jede der
Druckplatten (1, 18) zur Aufnahme jeweils einer Federwindung (4) der zu
spannenden Schraubenfeder (5) eine umlaufende, radial nach innen und außen
begrenzte, durch eine Aussparung (3, 25) unterbrochene Spannfläche (2, 24)
aufweist,
dadurch gekennzeichnet
(21) des Spanngerätes (9) des an der Schraubenfeder (5) angesetzten
Federspanners (41) relativ zur Schraubenfeder (5) der Durchbruch (10, 26)
wenigstens einer der Druckplatten (1, 18) exzentrisch versetzt in der Druckplatte (1,
18) angeordnet ist.
6
Die nachstehenden Figurendarstellungen zeigen ein Ausführungsbeispiel der
Erfindung, und zwar die Figuren 1 und 2 die erste Druckplatte als perspektivische
Draufsicht und als Unteransicht, die Figuren 3 und 4 die zweite Druckplatte als
perspektivische Draufsicht und in Draufsicht von oben, Figur 5 ein zu diesen
Druckplatten passendes Spanngerät und Figur 6 einen Federspanner im Einsatz, wobei
zum Vergleich strichpunktiert die Position des Spanngerätes in der Feder und in der
Montageöffnung der Achse ohne die Erfindung dargestellt ist.
7
B Tools Ltd. ist ferner eingetragene Inhaberin des parallelen US-Patentes 6 862 xxx
(Anl. K 12).
8
Die Klägerin vertreibt seit Oktober 2005 einen Sicherheitsfederspanner mit der
Artikelbezeichnung 4902/6; dieser ist u.a. in der Betriebsanleitung gemäß Anlage K 2
gezeigt, der die nachstehende Abbildung entnommen ist. Für jeden Pkw-Typ bietet sie
zugehörige und geeignete Druckplatten an, darunter für C-Fahrzeuge solche mit der
Artikel-Bezeichnung 33 50 10.
9
Das hier in Rede stehende Spannwerkzeug besteht aus einem über eine Spindel
verstellbaren Druckstück und zwei Druckplatten, von denen die erste auf das
druckstückferne Ende der Spindel aufsetzbare (obere) Platte mit der Artikelbezeichnung
4902-10 einen konzentrisch angeordneten Durchbruch aufweist; auch die
Innenbegrenzung der Spannfläche ist konzentrisch (vgl. die nachstehend auszugsweise
wiedergegebene Anlage K 8, linke Abbildung). Die zweite auf das Druckstück
10
aufsetzbare (untere) Platte mit der Artikelbezeichnung 4902-11 hat bezogen auf den
teilkreisförmigen Umfangsabschnitt eine exzentrisch angeordnete innere Spannflächen-
Begrenzung und einen konzentrischen Durchbruch (vgl. Anlagen K 8, rechte Abbildung
sowie die Konstruktionszeichnung Anlage K 7, ebenfalls nachstehend wiedergegeben).
Die Beklagten meinen, dieser Federspanner verwirkliche die technische Lehre des
Verwarnungsgebrauchsmusters. Unter dem 7. Oktober 2005 richtete die Beklagte zu 1.
an den Abnehmer A folgendes Schreiben (Anlage K 3):
11
Die Klägerin sieht in diesem Schreiben eine rechtswidrige Abnehmerverwarnung und
hat der Beklagten zu 1. im Wege der einstweiligen Verfügung durch Beschluss des
Landgerichts Düsseldorf vom 27. Oktober 2005 (4b O 498/05 = OLG Düsseldorf I-2 U
121/06) untersagen lassen, die auch in der nachstehend wiedergegebenen
Entscheidungsformel zu 1. des im vorliegenden Verfahren ergangenen erstinstanzlichen
Urteils genannten Behauptungen gegenüber Abnehmern der Klägerin aufzustellen.
12
Die Beklagte zu 1. hat diese Verfügung – auch nach Aufforderung durch die Klägerin -
nicht als abschließende Regelung anerkannt. Sie hat unter dem 28. November 2005 die
Klägerin vor dem Landgericht Mannheim in dem dortigen Verfahren 7 O 340/05 aus dem
Verwarnungsgebrauchsmuster auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz
in Anspruch genommen; ihre Klage ist dort in erster Instanz durch Urteil vom 16. Mai
2006 (Anlagen K 15 und K 16) abgewiesen worden; ihre Berufung gegen dieses Urteil
hatte keinen Erfolg. Unter dem 16. Dezember 2005 erhob die Beklagte zu 1. gegen den
Verfügungsbeschluss des Landgerichts Widerspruch; dieses hat die einstweilige
Verfügung durch Urteil vom 29. Juni 2006 bestätigt. Ihre hiergegen eingelegte Berufung
hat die Beklagte zu 1. im Verhandlungstermin vom 28. Juni 2007 vor dem Senat
zurückgenommen.
13
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin ihre zuvor im Wege der einstweiligen
Verfügung verfolgten Unterlassungsansprüche nunmehr im Hauptsacheverfahren und
auch gegen die Beklagten zu 2. und 3. geltend; darüber hinaus wurden zunächst
sämtliche Beklagten auf Auskunft und Schadenersatz in Anspruch genommen. Die
Klägerin hat vor dem Landgericht vorgetragen, ihr Federspanner 4902/6 entspreche
nicht der in Schutzanspruch 1 des Verwarnungsgebrauchsmusters umschriebenen
technischen Lehre; entgegen den dortigen Anweisungen werde die Spannfläche auf der
hier interessierenden unteren Druckplatte 4902-11 nur innen- und nicht auch
außenseitig begrenzt. Auch die Druckplatte 4902-11 besitze statt eines exzentrischen
einen konzentrisch angeordneten Durchbruch; dass die innenseitige Begrenzungskante
der Auflageflächen in ihrem der Aussparung gegenüber liegenden Umfangsbereich
exzentrisch versetzt zur Druckplatte verlaufe, werde vom Sinngehalt des
Schutzanspruches 1 nicht erfasst.
14
Die Beklagten haben vor dem Landgericht eingewandt, das Schreiben sei keine
Verwarnung; es enthalte kein ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren,
sondern habe einen Meinungsaustausch über die Schutzrechtslage einleiten sollen. Der
Federspanner der Klägerin verletze das Verwarnungsgebrauchsmuster wortsinngemäß,
zumindest aber mit äquivalenten Mitteln. Kern der Erfindung sei die exzentrische
Anordnung des Federspanners in der Schraubenfederwindung relativ zu deren Zentrum.
Bei dem angegriffenen Gegenstand führe die exzentrisch versetzte innere
Spannflächenbegrenzung im bestimmungsgemäßen Gebrauch zu einer exzentrischen
Lage des Druckplattendurchbruches in der Federwindung. Da der Durchbruch dem im
15
Bereich der Aussparung bei einer gedachten Fortsetzung der unterbrochenen
Außenkante vorhandenen abgeflachten Rand näher liege als dem kreisförmigen
Umfangsabschnitt, sei letztlich auch er exzentrisch angeordnet. Das Fehlen der äußeren
Spannflächenbegrenzung sei unerheblich. Zwar sei die angegriffene Druckplatte nur für
solche Federn verwendbar, deren Windungsdurchmesser genau zu dem der
Innenbegrenzung passe; erfindungsgemäß komme es jedoch nicht darauf an, dass der
Federspanner für möglichst viele Federtypen ohne Druckplattenwechsel verwendbar
sei. Beide Parteien haben ergänzend auf ihr Vorbringen im Verfügungsverfahren und in
dem in Mannheim geführten Verletzungsprozess umgekehrten Rubrums verwiesen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 29. Juni 2006 wie folgt erkannt:
16
1.
17
Die Beklagten werden verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro,
ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle
wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, es zu unterlassen,
18
gegenüber Abnehmern von Federspanngeräten mit Druckplatten der Klägerin mit
der Produktbezeichnung "XY", die den nachstehend wiedergegebenen Merkmalen
entsprechen, zu behaupten, die Federspanngeräte verletzten das deutsche
Gebrauchsmuster DE 201 19 xxx und/oder das US-Patent 6,862xxx
19
(1)
20
Federspanner, bestehend aus einem in eine zu spannende Schraubenfeder axial
einführbaren Spanngerät,
21
(2)
22
mit einer ersten, mit einem konzentrischen Durchbruch versehenen, tellerartigen
Druckplatte, die über ihren Durchbruch mit einem ersten Ende des Spanngerätes
lösbar verbindbar ist,
23
(3)
24
mit einer zweiten, mit einem konzentrischen Durchbruch versehenen, tellerartigen
Druckplatte, die über ihren Durchbruch mit einem relativ zum ersten Ende des
Spanngerätes verstellbaren Stellglied des Spanngerätes lösbar verbindbar ist,
25
(4)
26
das Spanngerät weist zum Verstellen des Stellgliedes an seinem zweiten Ende
einen Antrieb, insbesondere in Form eines mit außen zugänglichen Schlüsselprofil
versehenen Spindelantrieb auf,
27
(5)
28
jede der Druckplatten weist zur Aufnahme einer Federwindung der zu spannenden
Schraubenfeder lediglich eine umlaufende, radial nach innen begrenzte und nach
29
außen offene Spannfläche auf,
(6)
30
die innere Begrenzungskante der Spannfläche der zweiten Druckplatte verläuft
exzentrisch versetzt zur Druckplatte.
31
2.
32
Die Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 2. werden verurteilt, der Klägerin Auskunft
zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu Ziff. 1. bezeichneten Handlungen
begangen haben, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der
Adressaten, denen gegenüber die vorstehend zu Ziff. 1. bezeichneten
Behauptungen aufgestellt worden sind, insbesondere im Fall der Versendung
eines Rundschreibens unter Angabe des Versendungsdatums sowie der Anzahl
der versandten Rundschreiben,
33
wobei sich die Pflicht zur Auskunftserteilung für den Beklagten zu 2. nur auf den
Zeitraum bis zum 31. Dezember 2005 erstreckt.
34
3.
35
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 2. verpflichtet sind,
der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu Ziff. 1.
bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird, wobei
sich die Haftung des Beklagten zu 2. nur auf bis zum 31. Dezember 2005
begangene Handlungen erstreckt.
36
Die gegen den Beklagten zu 3. gerichtete Klage auf Auskunft und Schadenersatz hat es
abgewiesen. Das Landgericht ist der Auffassung, die Beklagte zu 1. habe mit dem
Schreiben vom 7. Oktober 2005 den Abnehmer A rechtswidrig aus dem
Verwarnungsgebrauchsmuster abgemahnt und damit sowohl in den eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin eingegriffen als auch gegen § 3 UWG
verstoßen. Die Mitteilung der Beklagten zu 1., sie habe ihre Patentanwälte eingeschaltet
und sehe eine Verletzung ihrer Schutzrechte und der anschließende Hinweis auf ein
weiteres gerichtliches Vorgehen führten den durchschnittlich verständigen,
aufmerksamen und interessierten Adressaten zu dem Schluss, eine gerichtliche
Inanspruchnahme der Klägerin als Herstellerin stehe zumindest unmittelbar bevor.
Daraus folgere der Durchschnittsempfänger weiter, es sei ratsam, den Bezug und
Vertrieb der streitgegenständlichen Federspanner jedenfalls einstweilen einzustellen
und verstehe das Schreiben in diesem Sinne als deutliche dahingehende Aufforderung
der Beklagten zu 1.
37
Die Verwarnung sei unberechtigt gewesen, da die angegriffenen Federspanngeräte der
technischen Lehre des Verwarnungsschutzrechtes nicht entsprächen. Die untere
Druckplatte habe entgegen dem Wortsinn des Schutzanspruches 1 keine radiale
Begrenzung der Spannfläche nach außen. Dass die Spannfläche der Druckplatte
schlicht außen endet, genüge hierzu nicht, weil Schutzanspruch 1 nicht nur eine
Spannfläche verlange, sondern diese ausdrücklich im Hinblick auf Besonderheiten ihrer
radialen Begrenzung definiere. Dem entnehme der Fachmann, die radialen
Begrenzungen sollten in der Druckplatte eine kanalartige Spannfläche und deren
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Seitenwände die umlaufenden radialen Begrenzungen nach innen und außen bilden.
Darüber hinaus liege der Durchbruch der unteren Druckplatte entgegen dem Wortsinn
des Schutzanspruches 1 zentrisch in der Platte, deren grundsätzliche Kreisform im
Bereich der Aussparung zu einem Vollkreis ergänzt werden müsse. Auf eine Benutzung
der Lehre des Verwarnungsgebrauchsmusters in äquivalenter Weise könne die
Beklagte sich nicht berufen. Sie komme in dem Verwarnungsschreiben nicht in der
inhaltlich erforderlichen Form zum Ausdruck, weil die für die Annahme einer
äquivalenten Verletzung maßgeblichen Erwägungen nicht mitgeteilt würden und der
Adressat, der den Verletzungstatbestand bei einer äquivalenten Benutzung nicht ohne
weiteres dem Wortlaut der Schutzansprüche entnehmen könne, die Berechtigung der
Verwarnung nicht nachprüfen könne, sondern Vermutungen darüber anstellen müsse,
worin der Verwarner den Gegenstand der Verletzung sehe. Das angegriffene Gerät der
Klägerin verwirkliche die Lehre des Schutzanspruches 1 auch nicht in äquivalenter
Weise. Der Verzicht auf eine radial äußere Begrenzung sei kein gleichwertiges
Ersatzmittel für deren Vorhandensein, denn die insoweit eindeutige Funktion, die das
Verwarnungsgebrauchsmuster dieser Begrenzung zuweise, nämlich ein Abrutschen der
Feder sicher zu verhindern, sei bei einem Verzicht nicht in gleichwirkender Weise
erreichbar. Auch den konstruktiven Unterschied, die Lage des Durchbruches nicht auf
die Druckplatte, sondern auf die radial umlaufende Innenbegrenzung zu beziehen,
erkenne der Fachmann nicht als der technischen Lehre des
Verwarnungsgebrauchsmusters gleichwertig; dem stehe bereits Unteranspruch 3
entgegen.
Da die Beklagte zu 1. das Verwarnungsschreiben versandt habe, als der Beklagte zu 2.
noch ihr Geschäftsführer war, bestehe hinsichtlich dieser beiden Beklagten die Gefahr
weiterer derartiger Verstöße; hinsichtlich des Beklagten zu 3. bestehe eine
entsprechende Erstbegehungsgefahr. Diese ergebe sich daraus, dass der Beklagte zu
3. sich in Vergleichsverhandlungen berühmt habe, die untersagten Äußerungen
abgeben zu dürfen und dass die Beklagte zu 1. sich unter seiner Leitung durch die
Inanspruchnahme der Klägerin vor dem Landgericht Mannheim aus dem
Verwarnungsgebrauchsmuster mittelbar auch der Rechtmäßigkeit der angegriffenen
Behauptungen berühmt habe. Der in der Verwarnung ihrer Abnehmer liegende Eingriff
in den Geschäftsbetrieb der Klägerin sei rechtswidrig gewesen, habe sie gezielt
behindert und deren Waren in unlauterer Weise herabgesetzt. Da die Beklagte zu 1. ein
sachlich nicht gegebenes Monopolrecht für sich in Anspruch genommen habe, habe sie
für die dadurch verursachte Vermögensschädigung des Verwarnten oder dessen
Zulieferers jedenfalls dann einzustehen, wenn sie bei gehöriger Prüfung hätte erkennen
können, dass die vermeintliche Monopolstellung in Wahrheit nicht bestand. Der auf §
1004 BGB gestützte Unterlassungsanspruch sei verschuldensunabhängig, und
derjenige gemäß § 8 Abs. 1 UWG setze dementsprechend nicht das Bewusstsein der
Sittenwidrigkeit der Handlung voraus. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung
wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
39
Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgen die Beklagten ihr
Klageabweisungsbegehren weiter, soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat.
Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und führen
ergänzend aus, die Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. sei im Umfang des
Unterlassungsbegehrens als missbräuchliche Mehrfachverfolgung unzulässig, nachdem
die Klägerin insoweit den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt und die
Hauptsacheklage erhoben habe, ohne das Ergebnis des Verfügungsverfahrens
abzuwarten.
40
Außerdem sei das Schreiben keine Abnehmerverwarnung, sondern eine
Meinungsäußerung zur Einleitung eines Austausches über die Schutzrechtslage. Die
Adressatin A sei nicht zur endgültigen Unterlassung des Bezugs und Vertriebs der
angegriffenen Geräte aufgefordert und ihr seien auch keine gerichtlichen Schritte
angedroht worden. Das Schreiben enthalte lediglich die Mitteilung, möglicherweise
werde die Herstellerin gerichtlich in Anspruch genommen; A habe dagegen als
langjährige Kundin der Beklagten zu 1. mit hohem Geschäftsvolumen keinen Anlass zu
einer Befürchtung gehabt, selbst und entgegen der bisherigen Übung ebenfalls belangt
zu werden, sondern davon ausgehen können, die Beklagte zu 1. werde wie bisher den
Verletzungsstreit unmittelbar mit der Herstellerin klären. A sei im Übrigen zur
selbständigen Überprüfung von Schutzrechtsfragen fähig und in seinen wirtschaftlichen
Entscheidungen nicht leicht zu beeinflussen. Wolle man das Schreiben als Verwarnung
betrachten, genüge es den inhaltlichen Anforderungen an eine berechtigte
Abnehmerverwarnung. Die Berechtigung ergebe sich daraus, dass das angegriffene
Gerät das Verwarnungsschutzrecht verletze. Das Fehlen einer Außenbegrenzung der
Spannfläche sei unerheblich. Da die Fläche so ausgelegt sei, dass die Federwindung
durchgängig an der Innenbegrenzung anliege, sei eine solche Außenbegrenzung nicht
nötig. Die Randkante der Platte als Außenbegrenzung sei ein gleichwertiges und
gleichwirkendes Ersatzmittel; soweit das angegriffene Gerät nicht für Federwindungen
verschiedener Durchmesser verwendbar sei, sei es gegenüber der Ausführungsform mit
zwei Begrenzungen allenfalls eine verschlechterte Ausführungsform. Für den
Durchschnittsfachmann sei die Ersatzlösung anhand der US-Patentschrift 3 256 954
(Anlage L 25) auffindbar gewesen. Bei sachgerechter Betrachtungsweise erkenne der
Durchschnittsfachmann ferner, dass die Exzentrizität des Durchbruchs nicht relativ zur
Außenkante der Grundplatte, sondern relativ zur inneren Begrenzungskante der
Spannfläche bestehen müsse; dementsprechend sei auch das angegriffene Gerät
beschaffen.
41
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Parteien den Rechtsstreit mit
Rücksicht auf die Berufungsrücknahme im Parallelverfahren I – 2 U 121/06 im Umfang
des gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Unterlassungsbegehrens übereinstimmend für
in der Hauptsache erledigt erklärt. Im übrigen beantragen die Beklagten,
42
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,
43
und die Klägerin,
44
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, soweit hierüber noch streitig zu
entscheiden ist.
45
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Beklagten unter
Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages entgegen.
46
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
47
Die Akten LG Düsseldorf 4b O 498/05 (OLG Düsseldorf I-2 U 121/06) lagen zur
Information vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
48
II.
49
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das
Landgericht die Beklagten zu 2) und 3) zur Unterlassung und die Beklagten zu 1) und 2)
zur Auskunftserteilung verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadenersatz dem Grunde
nach festegestellt. Die Beklagte zu 1. hat mit ihrem Schreiben vom 7. Oktober 2005 den
Abnehmer A rechtswidrig aus dem Verwarnungsgebrauchsmuster abgemahnt und damit
auch schuldhaft in das Recht der Klägerin an ihrem eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb eingegriffen.
50
1.
51
Zutreffend hat das Landgericht das Schreiben inhaltlich als Verwarnung gewertet. Auch
wenn die Beklagte zu 1. darin die Abnehmerin A nicht ausdrücklich dazu auffordert, den
Bezug und den Vertrieb von Federspannern mit der angegriffenen Druckplatte zu
unterlassen, muss es aus der Sicht der Empfängerin als konkludente Aufforderung
hierzu erscheinen. Ihr wird nicht nur mitgeteilt, die Beklagte zu 1. stehe mit der Klägerin
in einer Auseinandersetzung über die Schutzrechtslage, sondern es wird dezidiert der
Vorwurf erhoben, man habe die angegriffene Ausführungsform durch einen
Patentanwalt überprüfen lassen und sei zu dem Ergebnis gekommen, das
Verwarnungsgebrauchsmuster werde verletzt. Weiterhin wird mitgeteilt, man sei an die
Klägerin als Herstellerin dieser Vorrichtung herangetreten und von deren
Stellungnahme hänge das weitere gerichtliche Vorgehen ab. Der Hinweis auf ein
gerichtliches Vorgehen musste von A so verstanden werden, auch sie müsse mit einer
gerichtlichen Inanspruchnahme rechnen, sollte es mit der Klägerin keine Einigung
geben, verbunden mit der nicht ausdrücklich ausgesprochenen Erwartung an den
Abnehmer, den Bezug des angegriffenen Gerätes "freiwillig" einzustellen, um die
anderenfalls auch ihm drohende gerichtliche Inanspruchnahme zu vermeiden. Als
Berechtigungsanfrage oder Initiative zur Einleitung eines vorbereitenden
Meinungsaustausches erscheint das Schreiben schon deshalb nicht, weil die
Empfängerin darin nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert wird.
52
Dass A seit Jahren auch ein wirtschaftlich bedeutsamer Kunde der Beklagte zu 1. und
von dieser bisher nicht gerichtlich in Anspruch genommen worden ist, lässt das
Schreiben vom 7. Oktober 2005 nicht in einem anderen Licht erscheinen. In großen
Unternehmen von der wirtschaftlichen Bedeutung der Abnehmerin A ist bekannt, dass
auch der Abnehmer einer schutzrechtsverletzenden Vorrichtung vom Berechtigten dafür
auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden kann, und die ihm
daraus drohenden Vermögensnachteile mit dem Umfang der schutzrechtsverletzenden
Handlungen wachsen und dass dies für den Schutzrechtsinhaber ein besonderer Anreiz
sein kann, wenigstens den Bezug und Weitervertrieb des streitbefangenen
Gegenstandes beim Abnehmer zu unterbinden, falls der Hersteller die angegriffenen
Handlungen nicht einzustellen bereit ist. Vor diesem Hintergrund muss der in dem
Schreiben enthaltene Hinweis auf ein mögliches gerichtliches Vorgehen so verstanden
werden, die Beklagte zu 1. wolle sich auch die Möglichkeit offen halten, A wegen
Gebrauchsmusterverletzung gerichtlich zu verfolgen. Die Beklagte zu 1. hat in ihrem
Schreiben nicht etwa ein mögliches gerichtliches Vorgehen gegen die Klägerin für den
Fall einer nicht zufriedenstellenden Rückäußerung angekündigt, sondern sie hat nur
allgemein mitgeteilt, dass sie für diesen Fall gerichtliche Schritte in Betracht zieht und
keine näheren Angaben dazu gemacht, welche Schritte sie gegen welchen
Prozessgegner erwägt. Dass die Abnehmerin A sich nicht sicher sein konnte, nicht in
Anspruch genommen zu werden, belegt auch der Umstand, dass die Beklagte zu 1) sich
53
gerade nicht auf die Auseinandersetzung mit der Klägerin als Herstellerin des
angegriffenen Gerätes beschränkt hat, sondern zusätzlich auch an die Abnehmerin
herangetreten ist.
2.
54
Da sich die Klage nicht gegen die konkrete Verwarnung und damit nicht gegen die Art
und Weise des Vorgehens richtet, kommt es allein darauf an, ob der angegriffene
Federspanner in das Verwarnungsschutzrecht eingreift. Dies hat das Landgericht
zutreffend verneint.
55
a)
56
Das Verwarnungsgebrauchsmuster betrifft mit seinem Schutzanspruch 1 einen
Federspanner mit dem den Oberbegriff dieses Anspruches bildenden Merkmalen 1 bis 5
der nachstehenden Merkmalsgliederung. Mit Hilfe solcher Federspanner werden in der
Automobilindustrie und in Kfz-Werkstätten Achsschraubfedern von Fahrzeugen ein-
oder ausgebaut. Solche Schraubenfedern werden von zwei Federtellern zwischen der
Karosserie und der Fahrzeugachse aufgenommen und stehen unter Spannung, weil die
Feder in unbelastetem Zustand länger ist als der Abstand der Federteller; die
Federwindungen müssen deshalb zum Ein- oder Ausbauen so weit zusammengepresst
werden, dass die Feder kürzer wird als der Abstand der Federteller.
57
Wie die Verwarnungsgebrauchsmusterschrift einleitend ausführt (S. 1, Zeile 23 bis S. 5,
Zeile 10), sind derartige Federspanner aus der europäischen Patentschrift 0 271 782
(Anlagen K 5/K 20) bekannt, deren Figuren 1 und 9 bis 11 nachstehend wiedergegeben
sind. Das dort beschriebene Gerät besteht aus einem teleskopartig verstellbaren
Spanngerät mit ineinander schiebbaren Rohrelementen (3, 13, 5; Bezugsziffern
entsprechen der nachstehend wiedergegebenen Abbildung), zwei durchbrochenen
tellerartigen und bis auf die Aussparung zum Durchtritt der Federwindung kreisrunden
Druckplatten (1, 2), die in die Federwindungen eingreifen und einer von einem Ende aus
betätigbaren Gewindespindel, bei deren Drehung die Rohrelemente in- oder
auseinander gefahren werden können. Zum Spannen einer Schraubenfeder werden
zunächst die beiden Druckplatten in die aufzunehmenden Federwindungen der
Schraubenfeder (40) eingelegt. Anschließend wird das Spanngerät durch die
Durchbrüche (22, 24) der beiden Druckplatten geschoben und befestigt. Dabei werden
die Radialfinger (19) des oberen Rohrelementes (3) zunächst durch die dafür
vorgesehenen Erweiterungen der Durchbruchöffnung geführt und sodann nach einer
Drehbewegung in die Vertiefungen (23) der oberen Druckplatte abgesenkt. Die untere
Druckplatte stützt sich auf einer ringschulterartigen Auflagefläche (12) des – am
Antriebsende liegenden – Führungsrohres (5) ab. In dieser Lage kann die
Gewindespindel (4) mittels eines auf den Spindelkopf (9) aufgesetzten Werkzeuges in
Drehung versetzt werden und den Abstand zwischen den beiden Druckplatten soweit
verkürzen, dass die Schraubenfeder von den Federtellern abgenommen werden kann
(vgl. Verwarnungsgebrauchsmusterschrift S. 2, Zeile 22 bis S. 3 Zeile 6; europäische
Patentschrift 0 271 xxx, Spalte 9, Zeilen 13 bis 53; Spalte 6, Zeilen 17 bis 30 und Spalte
8, Zeilen 8 bis 33). Bei dieser bekannten Ausführungsform sind die Durchbrüche
konzentrisch in den Druckplatten angeordnet, so dass das Spanngerät im Einsatz im
wesentlichen koaxial zur Feder innerhalb deren Windungen ausgerichtet ist
(Verwarnungsgebrauchsmusterschrift, S. 6, Zeilen 7 bis 12 sowie Figuren 9 bis 11 der
älteren Druckschrift).
58
Wie die Verwarnungsgebrauchsmusterschrift weiter ausführt (S. 5, Zeilen 1 bis 10),
erübrigt der vorbekannte Federspanner beim Ein- und Ausbau der Schraubenfeder die
Demontage der Kraftfahrzeugachse. Bemängelt wird an dieser Vorrichtung jedoch, dass
der Federspannerantrieb bei leicht gebogen vorgespannten oder zwischen quer zur
Federlängsachse versetzt angeordneten Tellern eingebauten Schraubenfedern für das
Betätigungswerkzeug oft schlecht zugänglich ist. Das liegt daran, dass die
Schraubenfeder in eingebautem Zustand geneigt oder leicht verkrümmt verläuft, die für
das Werkzeug vorgesehene Durchgangsöffnung des Achskörpers und des zugehörigen
Federtellers aber konzentrisch zueinander angeordnet sind. Da das korrekt an der
Schraubenfeder angesetzte Spanngerät dem geneigten Verlauf der Schraubenfeder
folgt, gerät es auch zum Achskörper in eine Schrägstellung, so dass der
Betätigungskopf für das Werkzeug durch die Durchgangsöffnung des Achskörpers kaum
zu erreichen ist (vgl. die strichpunktierte Darstellung in Figur 6 der
Verwarnungsgebrauchsmusterschrift). Außerdem neigt insbesondere beim Spannen
gebogen vorgespannter Schraubenfedern die Druckplatte zum Verklemmen oder
Verkanten auf dem Spanngerät, wenn dieses durch die Druckplatten
hindurchgeschoben werden muss (Verwarnungsgebrauchsmusterschrift, S. 7, Zeile 8
bis S. 8, Zeile 7).
59
Dem Verwarnungsgebrauchsmuster liegt die Aufgabe (das technische Problem)
zugrunde, diese Nachteile zu beseitigen (Verwarnungsgebrauchsmusterschrift S. 8,
Zeilen 8 und 9), also die Zugänglichkeit des antriebsseitigen Spindelendes für das
Betätigungswerkzeug zu verbessern und die Gefahr eines Verkantens der Druckplatten
auf dem Spanngerät zu vermindern.
60
Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Schutzanspruch 1 des
Verwarnungsgebrauchsmusters die Kombination folgender Merkmale vor:
61
1.
62
Federspanner (41) bestehend aus einem in eine zu spannende Schraubenfeder (5)
axial einführbaren Spanngerät (9),
63
64
2.
65
mit einer ersten, mit einem Durchbruch (10) versehenen, tellerartigen Druckplatte
(1), die über ihren Durchbruch mit einem ersten Ende des Spanngerätes lösbar
verbindbar ist,
66
3.
67
mit einer zweiten, mit einem Durchbruch (26) versehenen, tellerartigen Druckplatte
(18), die über ihren Durchbruch mit einem relativ zum ersten Ende des
Spanngerätes verstellbaren Stellglied (19) des Spanngerätes lösbar verbindbar ist,
68
4.
69
das Spanngerät weist zum Verstellen des Stellgliedes an seinem zweiten Ende
70
einen Antrieb, insbesondere in Form eines mit einem von außen zugänglichen
Schlüsselprofil (21) versehenen Spindelantrieb auf,
5.
71
Jede der Druckplatten (1, 18) weist zur Aufnahme einer Federwindung (4) der zu
spannenden Schraubenfeder eine umlaufende, radial nach innen und außen
begrenzte, durch eine Aussparung (3, 25) unterbrochene Spannfläche (2, 24) auf;
72
6.
73
zur Einstellung zur Lage des Antriebs (21) des Spanngerätes des an der
Schraubenfeder angesetzten Federspanners relativ zur Schraubenfeder ist der
Durchbruch wenigstens einer der Druckplatten exzentrisch versetzt in der
Druckplatte angeordnet.
74
75
Insbesondere wenn die untere der beiden Druckplatten mit einem exzentrisch
angeordneten Durchbruch versehen ist – Schutzanspruch 1 bzw. das Merkmal 6
beschränkt sich allerdings nicht auf diese Ausgestaltung – kann die Lage des Antriebs
relativ zur Schraubenfeder so eingestellt werden, dass der Antrieb durch die dafür
vorgesehene Öffnung des Achskörpers für ein Schlüsselwerkzeug ohne
Schwierigkeiten zugänglich ist, und ein Verklemmen oder Verkanten insbesondere der
unteren dem Stellglied zugeordneten Druckplatte am Spanngerät ist weitgehend
ausgeschlossen (vgl. Verwarnungsgebrauchsmusterschrift, S. 8, Zeile 17 bis S. 9, Zeile
26).
76
Das Merkmal 5 befasst sich mit der Begrenzung der Spannfläche. Sein Wortlaut verlangt
ausdrücklich, dass diese Spannfläche radial sowohl nach innen als auch nach außen
begrenzt sein muss. Dazu genügt es nicht, dass die Fläche der Druckplatte innen am
Durchbruch und außen jeweils mit ihrem Rand endet, denn eine so gestaltete
Begrenzung hätte als Selbstverständlichkeit im Schutzanspruch nicht eigens erwähnt
werden müssen. Für den Durchschnittsfachmann erkennbar wird insoweit die aus dem
europäischen Patent 0 271 782 bekannte Ausgestaltung der Druckplatte aufgegriffen
und übernommen (vgl. Verwarnungsgebrauchsmusterschrift S. 4, Zeilen 6 bis 14 und S.
17, Zeilen 21 ff.). Bei dieser bekannten Konfiguration wird die äußere radiale
Begrenzung der Spannfläche durch einen umlaufenden und aufragenden Ringbund
bzw. Randsteg (29, vgl. Anlage K 5, Figuren 1 und 9 bis 11 und Spalte 9, Zeilen 6 bis
11) und die innere Begrenzung durch eine kleine Wandung dort gebildet, wo die
Spannfläche unterhalb des allgemeinen Höhenniveaus der Druckplatte liegt (Anlage K
5, Figuren 10 und 11). Diese Ausgestaltung übernimmt im wesentlichen auch das
Verwarnungsgebrauchsmuster (vgl. dessen Figuren 1, 3 und 6); insbesondere gilt das
für die äußere Begrenzung. Zwar ist der im Stand der Technik als äußere Begrenzung
dienende Randsteg auf einem Teil des Umfangsverlaufs nur Gegenstand des
bevorzugten Ausführungsbeispiels, während Schutzanspruch 1 die Gestaltung und
Dimensionierung der radialen Begrenzungen nicht näher konkretisiert. Das bedeutet
indessen nicht, dass die beiden Begrenzungen bzw. die äußere Begrenzung mehr oder
weniger zufällig übernommen worden ist und zumindest die äußere Begrenzung nach
Belieben auch fortgelassen werden kann. Der Durchschnittsfachmann hat auch keinen
Anlass zu der Annahme, die innere und äußere Begrenzung der Spannfläche seien
77
Ausdruck verschiedener Funktionen, die nur benötigt werden in Abhängigkeit davon, ob
eine größere oder kleinere Feder eingelegt werden oder die Druckplatte zur Aufnahme
von Schraubenfederwindungen unterschiedlicher Durchmesser vorgesehen werden
soll. Eine solche Funktion wird weder in den Schutzansprüchen noch in der
Beschreibung erwähnt. Auch Druckplatten, die nur zu Federn eines bestimmten
Durchmessers passen, müssen nach der Lehre des Schutzanspruches 1 beide
Begrenzungen aufweisen. Der Sinn dieser Maßnahme erschließt sich dem
Durchschnittsfachmann aus den Ausführungen auf Seite 18, Zeilen 3 bis 12 der
Verwarnungsgebrauchsmusterbeschreibung. Da gerade dem äußeren Randsteg die
Funktion zugeschrieben wird, ein Abrutschen einer aufgenommenen Federwindung
beim Spannen
Ausführungen nicht nur auf eine Besonderheit des Ausführungsbeispiels beziehen.
Vielmehr wird er in diesen Erörterungen auch allgemein die Charakterisierung dessen
sehen, was gerade die äußere Begrenzung der Spannfläche leisten soll. Dem
Durchschnittsfachmann ist dabei klar, dass diese "Sicherheitsfunktion" besonders zu
Beginn des Spannvorganges von Bedeutung ist, wenn die von der Druckplatte erfasste
Federwindung noch nicht voll auf der Spannfläche aufliegt und die Innenbegrenzung –
weil gleichsam nur eine Punktberührung stattfindet – noch nicht greift. Da diese
wesentliche Funktion einer Sicherung gegen Abrutschen vom
Verwarnungsgebrauchsmuster ausdrücklich der äußeren Begrenzung zugeschrieben
wird, verbietet sich die Annahme, der Durchschnittsfachmann halte das Merkmal 5
insoweit für eine Überbestimmung. Dass das Merkmal 5 irgendeine bauliche
Konstruktion für die äußere Begrenzung der Druckplatte verlangt, räumen auch die
Beklagten inzwischen im Grundsatz selbst ein (S. 15 der Berufungsbegründung (vgl. Bl.
124 d. A.). Es mag sein, dass der Durchschnittsfachmann zu der Erkenntnis gelangen
kann, man könne unter Umständen auf die radial äußere Begrenzung der Spannfläche
verzichten, wenn durch Anpassung der inneren Begrenzung an eine ganz bestimmte
Federgröße und Federsteigung die Gefahr eines Abrutschens beim Spannen minimiert
wird. Das Verwahrungsgebrauchsmuster ist diesen Weg aber gerade nicht gegangen.
Es will für jede Art der Schraubenfeder und unabhängig von der Ausgestaltung und
Anpassung der inneren Begrenzung gewissermaßen "auf der sicheren Seite" bleiben
und sieht deshalb zwingend eine äußere Begrenzung der Spannfläche vor. Eine
Druckplatte, bei welcher die Spannfläche nur noch eine innere Begrenzung aufweist, ist
kein gleichwirkendes und gleichwertiges Ersatzmittel für die im Wortlaut des
Schutzanspruches 1 beschriebene Ausgestaltung, die neben der inneren auch eine
radial äußere Begrenzung aufweist.
Das den kennzeichnenden Teil des Schutzanspruches 1 bildende Merkmal 6 verlangt,
dass
zur Einstellung der Lage
Schraubenfeder angesetzten Federspanners
relativ zur Schraubenfeder
Durchbruch
Druckplatte
Beschreibung (vgl. Verwarnungsgebrauchsmusterschrift S. 8, Zeile 25 bis S. 9, Zeile 2;
S. 10, Zeilen 16 bis 20; S. 11, Zeile 23 bis S. 12, Zeile 2; S. 12, Zeile 8 bis S. 13, Zeile 4;
S. 15, Zeile 6; S. 16, Zeilen 1 bis 8; S. 19, Zeilen 12 bis 23; S. 22, Zeilen 5 bis 12; S. 22,
Zeile 23 bis S. 23, Zeile 3; S. 24, Zeilen 11 bis 18; S. 25, Zeilen 5 bis 10 und S. 26,
Zeilen 6 bis 18) und Figurendarstellungen sowie Ausführungsbeispiele – zum Ausdruck,
dass das Merkmal 6 nicht die allgemeine Anweisung enthält, den Durchbruch relativ zur
Schraubenfeder exzentrisch anzuordnen. Vielmehr soll
zur Einstellung
Antriebs des Spanngerätes relativ zur Schraubenfeder eine ganz bestimmte, die
78
Ausgestaltung der Druckplatte betreffende Maßnahme getroffen werden. Deren
Durchbruch soll nicht mehr – wie im Stand der Technik – zentrisch angeordnet sein,
sondern exzentrisch versetzt. Um eine solche exzentrisch versetzte Anordnung
festlegen zu können, muss ein Zentrum ermittelt werden können, aus dem der
Durchbruch herausverlagert wird. In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob
Schutzanspruch 1 mit der Vorgabe einer "tellerartigen Druckplatte" abweichend von
dem, was das ältere europäische Patent 0 271 782 (Anlage K 5) offenbart, auch von der
Kreisform deutlich unterscheidbare Konfigurationen wie etwa Vierecke erfasst. Klar ist
für den Durchschnittsfachmann jedenfalls, dass dann, wenn eine nur von der in Merkmal
5 genannten Aussparung unterbrochene Kreisform vorliegt, das Zentrum ausgehend
von der gedachten vervollständigten Kreisform ermittelt werden muss. Hiervon ist auch
das Landgericht zutreffend ausgegangen. Wie die Aussparung im Einzelnen
ausgestaltet wird, überlässt Schutzanspruch 1 des Verwarnungsgebrauchsmusters dem
Belieben des Durchschnittsfachmanns. Weder hinsichtlich der Größe der Aussparung
noch über die Ausgestaltung des Übergangs vom Außenumfang der tellerartigen
Druckplatte zum Grund der Aussparung werden konkrete Aussagen getroffen. Soweit
daher der Kreisumfang deutlich mehr als die Hälfte der tellerartigen Druckplatte umfasst,
kann bezogen auf den Unterbrechungsbereich jedenfalls von einer "Aussparung"
gesprochen und dementsprechend ein Zentrum der kreisförmigen tellerartigen
Druckplatte ermittelt werden. Im Übrigen kann zur Auslegung der zwischen den Parteien
streitigen Merkmale 5 und 6 auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im
angefochtenen Urteil Bezug genommen werden, denen der Senat in vollem Umfang
beitritt.
b)
79
Die hier in Rede stehende untere Druckplatte 4902-11 des angegriffenen
Federspanners der Klägerin entspricht nicht der technischen Lehre des
Verwarnungsschutzrechtes. Sie verwirklicht jedenfalls nicht das Merkmal 5 der
vorstehenden Merkmalsgliederung; ob das Merkmal 6 erfüllt ist oder nicht, kann unter
diesen Umständen dahingestellt bleiben.
80
aa)
81
Eine wortsinngemäße Verwirklichung scheitert daran, dass die äußere Begrenzung der
Spannfläche fehlt. Das bei dieser Sachlage das Merkmal nicht wortsinngemäß
verwirklicht sein kann, sehen inzwischen auch die Beklagten so, denn in ihrer
Berufungsbegründung machten sie hinsichtlich des Merkmals 5 nur noch die Benutzung
mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln geltend (vgl. Bl. 137 ff. d. A.).
82
bb)
83
Auch eine äquivalente Verwirklichung ist jedoch aus den vom Landgericht im
Verfügungsverfahren und im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegten Erwägungen
nicht gegeben; sie scheitert daran, dass die Außenbegrenzung der Spannfläche
ersatzlos fortgelassen worden ist. Eine Vorrichtung, die die Schraubenfederwindung
während des Spannvorganges und des Absenkens auf die Druckplatte gewissermaßen
von außen bei Bedarf "einfängt" und führt, gibt es bei der angegriffenen Vorrichtung
nicht.
84
Selbst wenn man die bei dem angegriffenen Gegenstand verwirklichte besondere
85
Ausgestaltung der inneren Begrenzung der Spannfläche als ununterbrochen
umlaufende Stützwandung gleichzeitig auch als Ersatzmittel für die fehlende äußere
Begrenzung sehen wollte, hätte der Durchschnittsfachmann eine solche Ausbildung
nicht anhand von Überlegungen, die sich an der im Verwarnungsgebrauchsmuster in
den Schutzansprüchen beschriebenen Erfindung orientieren, als gleichwirkendes und
gleichwertiges Ersatzmittel auffinden können. Die US-Patentschrift 3 256 594 (Anlage B
1a) aus dem Jahre 1966 konnte hierzu entgegen der Ansicht der Beklagten keine
Hilfestellung leisten; bei ihr fehlt zwar auch die äußere Begrenzung der Spannfläche,
sie hilft dem Fachmann aber nicht, die Ausführungen der
Verwarnungsgebrauchsmusterschrift zu überwinden, die äußere
Spannflächenbegrenzung sei für die Sicherung gegen ein Abrutschen der Feder
wichtig. Soweit die Beklagten in ihrem – nicht nachgelassenen nach Schluss der
mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 29. Juni 2007 (S. 7, Bl. 234
d.A.) – die Auffassung vertreten, die angegriffene Ausführungsform sei insoweit ohne
Schwierigkeiten aus dem Ausführungsbeispiel des Verwarnungsgebrauchsmusters
ableitbar, indem lediglich die äußere kanten- bzw. stegförmige Randbegrenzung
abgefräst werde, beruht das auf einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise
in Kenntnis des angegriffenen Gegenstandes, die im übrigen auch im Hinblick auf die
fehlende äußere Randbegrenzung der Spannfläche von der technischen Lehre des
Schutzanspruches 1 wegführt.
Im Übrigen ist es auch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht möglich, die
angegriffene Ausführungsform in den Schutzbereich des
Verwarnungsgebrauchsmusters einzubeziehen. Hätte die Anmelderin des
Verwarnungsgebrauchsmusters auch für eine solche Konfiguration Schutz
beanspruchen wollen, hätte sie die Schutzansprüche entsprechend formulieren müssen.
Etwaige Lücken im Schutzbereich, die sich aus der konkret gewählten
Anspruchsfassung ergeben und die nach einer Auslegung der Schutzansprüche unter
Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen verbleiben, können in einem
späteren Rechtsstreit um eine Verletzung nicht mehr geschlossen werden. Dritte
müssen sich darauf verlassen können, dass sie aus dem
Verwarnungsgebrauchsmuster, dessen Hauptanspruch ausdrücklich eine äußere
Begrenzung der Spannfläche der Druckplatte vorsieht, nicht wegen einer
Ausführungsform in Anspruch genommen werden, bei der eben diese äußere
Begrenzung ersatzlos fehlt.
86
3.
87
Die Verwarnung aus dem Gebrauchsmuster war rechtswidrig, weil das angegriffene
Werkzeug dessen technischer Lehre nicht entspricht; die zu Unrecht ausgesprochene
Gebrauchsmusterverwarnung bleibt auch nach der jüngsten höchstrichterlichen
Rechtsprechung (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 15. Juli 2005 –
GSZ 1/04, GRUR 2005, 882 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung ; X. Zivilsenat,
Urt. v. 21. Dezember 2005, X ZR 72/04 – Detektionseinrichtung II, Umdruck, S. 13, ab
Tz. 14) ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des
Herstellers, der den verwarnten Abnehmer beliefert hat. Soweit auf das parallele US-
Patent 6 862 788 verwiesen wird, ist das Schreiben schon deshalb rechtswidrig, weil
der Lizenzvertrag mit der Inhaberin des Verwarnungsgebrauchsmusters dieses
Schutzrecht nicht umfasst und auch nichts dafür vorgetragen ist, dass die Empfängerin
des Schreibens Geräte der angegriffenen Art in die Vereinigten Staaten von Amerika
exportiert. Die Rechtswidrigkeit verpflichtet die Beklagten zu 1 – 3 zur Unterlassung.
88
Dass hinsichtlich der Beklagten zu 2 Wiederholungs- und hinsichtlich des Beklagten zu
3 Erstbegehungsgefahr besteht, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend
dargelegt. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit im Umfang des gegen die Beklagte
zu 1. gerichteten Unterlassungsbegehrens mit Rücksicht auf die Berufungsrücknahme
im Verfügungsverfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, konnte die
Verurteilung der Beklagten zu 1. insoweit nicht aufrecht erhalten werden.
4.
89
Die rechtswidrige Abnehmerverwarnung verpflichtet im Verschuldensfalle auch zum
Schadenersatz und zur Auskunftserteilung über den Umfang der
Verwarnungshandlungen, deren Kenntnis der Verletzte benötigt, um die ihm
zustehenden Schadenersatzansprüche beziffern zu können. Dass die Beklagten zu 1
und 2 insoweit zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1, S. 2 BGB gehandelt
haben, weil sie bei zutreffender rechtlicher Beratung hätten erkennen können, dass die
Druckplatte des angegriffenen Federspanners das Merkmal 5 des
Verwarnungsgebrauchsmusters weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln
benutzt und als Folge dieser Erkenntnis die Verwarnung nicht hätten aussprechen
dürfen, erscheint dem Senat ebenfalls nicht zweifelhaft.
90
5.
91
Der erst nach Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung bei Gericht eingegangene
und nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten rechtfertigt keine abweichende
Beurteilung und bietet auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung
wiederzueröffnen.
92
III.
93
Da die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, haben sie nach § 97 Abs. 1 ZPO
die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Nichts anderes gilt für den
erledigten auf das gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Unterlassungsbegehren
entfallenden Teil der Kosten. Bei der nach der übereinstimmenden
Erledigungserklärung nach § 91a Abs. 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung
entspricht es auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem
Ermessen, die Beklagten auch insoweit mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten.
Ohne die das Klagebegehren erledigende Berufungsrücknahme im parallelen
Verfügungsverfahren hätten die Beklagten auch insoweit mit ihrer Berufung keinen
Erfolg gehabt.
94
1.
95
Die Klage gegen die Beklagte zu 1. war im vorliegenden Hauptsacheverfahren auch im
Umfang des Unterlassensbegehrens zulässig. Entgegen ihrer Ansicht war sie nicht
rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. Dass die Klägerin die
Hauptsacheklage schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfügungsverfahrens
erhoben hat, steht dem nicht entgegen. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine
Hauptsacheklage entfällt nur, wenn der Schuldner die gegen ihn ergangene
einstweilige Verfügung unter Verzicht auf die gegebenen Rechtsbehelfe als endgültige
Regelung anerkennt und sie dadurch in ihrer Bestandskraft dem im
Hauptsacheverfahren zu erstreitenden Titel gleich stellt (vgl. BGH GRUR 1973, 384 –
96
Goldene Armbänder; GRUR 1989, 115 – Mietwagenmitfahrt; 1991, 76 –
Abschlusserklärung; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2.
Aufl. (2003), Rdnrn. 326, 334 m.w.N.). Die wettbewerbsrechtliche Klagebefugnis darf
jedoch nicht zur Verfolgung sachfremder Ziele und insbesondere nicht dazu
missbraucht werden, den Gegner mit möglichst hohen Prozesskosten zu belasten.
Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Geltendmachung des
Unterlassungsanspruches können sich daraus ergeben, dass ein Anspruchsberechtigter
ohne Not neben dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gleichzeitig ein
Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung
erlassen wird und der Gegner diese als endgültige Regelung akzeptiert. Nach dem
Anbringen eines Verfügungsantrages ist eine Hauptsacheklage erst zulässig, wenn sich
herausgestellt hat, dass die erlassene Verfügung nicht als endgültige Regelung
akzeptiert wird (zur Vorgängerregelung nach § 13 Abs. 5 UWG a.F. BGH GRUR 2000,
1089 – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; GRUR 2001, 78, 79 – Falsche
Herstellerpreisempfehlung; 2001, 82, 83 – Neu in Bielefeld I; vgl. ferner Teplitzky,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Auflage, § 51 Rdnr. 58).
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Erhebung der Hauptsacheklage im Streitfall
weder rechtsmissbräuchlich noch fehlt ihr das Rechtsschutzinteresse. Die Beklagten
haben dem Vorbringen der Klägerin (Bl. 23 der Klageschrift; Bl. 24 d. GA) nicht
widersprochen, die Beklagte zu 1. sei vor Klageerhebung vergeblich zur Abgabe einer
Abschlusserklärung aufgefordert worden. Damit haben sie hinreichend deutlich zu
erkennen gegeben, dass sie nicht bereit waren, die gegen sie ergangene einstweilige
Verfügung zu akzeptieren. Selbst wenn man die Verweigerung der Abschlusserklärung
außer Betracht lässt, stand auch aufgrund anderer Umstände im Zeitpunkt der
Klageeinreichung sicher zu erwarten, dass die Beklagte zu 1. die Beschlussverfügung
vom 27. Oktober 2005 nicht als endgültige Regelung anerkennen würde. Zwei Wochen
vor Einreichung der Klageschrift vom 14. Dezember 2005 im vorliegenden Verfahren –
nämlich am 28. November 2005 – hatte die Beklagte zu 1. den hier in Rede stehenden
Federspanner vor dem Landgericht Mannheim aus dem Verwarnungsgebrauchsmuster
angegriffen und die Klägerin u. a. auf Unterlassung in Anspruch genommen. Bei
Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hatte die Beklagte zu 1.
zusätzlich die Beschlussverfügung mit einem Widerspruch angefochten. Die Klägerin
hätte die Hauptsacheklage bei dieser Sachlage ohnehin erheben müssen. Mit dieser
Maßnahme brauchte sie nicht zu warten, bis ihr hierzu auf Antrag der Beklagten zu 1.
vom Landgericht nach §§ 936, 926 ZPO eine bestimmte Frist gesetzt würde; erst recht
war es ihr nicht zuzumuten abzuwarten, ob die Beklagte zu 1. nach Abschluss des
Verfügungsverfahrens in erster oder zweiter Instanz ein ihr ungünstiges Urteil als
entgültige Regelung akzeptieren würde.
97
Dass das Landgericht über den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung und im
vorliegenden Hauptsacheverfahren am selben Tag mündlich verhandelt und auch in
beiden Verfahren am selben Tag seine Entscheidung verkündet hat, steht dieser
Beurteilung nicht entgegen. Der Ablauf der landgerichtlichen Verfahren belegt nicht,
dass die Klägerin beide Prozesse zeitgleich eingeleitet hat, sondern ist eine Folge
dessen, dass das Landgericht die weitere Abgabe der angegriffenen Äußerungen
bereits durch den Verfügungsbeschluss untersagt hatte und die Zeitpunkte des
Eingangs der Widerspruchsschrift und der Klageschrift diese Verfahrensweise aus
prozessökonomischen Gründen nahe legten.
98
Aus den Ausführungen im vorstehenden Abschnitt II., die sinngemäß auch für das
99
gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Unterlassungsbegehren gelten, ergibt sich, dass
das angefochtene Urteil ohne die Berufungsrücknahme im parallelen
Verfügungsverfahren auch insoweit hätte bestätigt werden müssen, weil die Klage
insoweit auch begründet war.
2.
100
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10,
711, 108 ZPO.
101
Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die hierfür in § 543 Abs.
2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen erkennbar nicht vorliegen. Als reine
Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne
des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung oder die Weiterentwicklung des Rechts eine Entscheidung des
Revisionsgerichts im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
102
R1 R2 R3
103