Urteil des OLG Düsseldorf vom 23.11.2004

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Oberlandesgericht Düsseldorf, III-1 Ws 166/04
Datum:
23.11.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Senat für Straf-, und Bußgeldsachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
III-1 Ws 166/04
Tenor:
b e s c h l o s s e n :
Auf die Beschwerde der D............Automobil GmbH, ........................,
..................., wird der Beschluss der Vorsitzenden der XXIII. kleinen
Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Oktober 2003
abgeändert.
Die Entschädigung der Beschwerdeführerin für die Tätigkeit des
Sachverständigen Dipl.-Ing. ............. wird auf 540,56 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht
erstattet (§ 16 Abs. 5 ZSEG).
G r ü n d e
1
I.
2
Der bei der Beschwerdeführerin angestellte Dipl.-Ing. .......hat in der
Berufungshauptverhandlung am 30. April 2003 im Auftrag des Landgerichts ein
Gutachten erstattet. Mit Rechnung vom 8. Mai 2003 hat die Beschwerdeführerin eine
Entschädigung in Höhe von insgesamt 540,56 EUR begehrt. Sie hat einen Zeitaufwand
von 6 Stunden zugrundegelegt und einen Zuschlag von 50 vom Hundert auf die
Entschädigung berechnet.
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Auf Antrag des Vertreters der Landeskasse hat das Landgericht - ohne zuvor der
Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Äußerung zu geben - mit Beschluss vom 13.
Oktober 2003 die Entschädigung auf 313,20 EUR festgesetzt. Der Zeitaufwand ist um
eine Stunde gekürzt worden; darüber hinaus hat das Landgericht die Gewährung eines
Zuschlags in Höhe von 50 vom Hundert abgelehnt.
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Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsmittel,
dem der Vertreter der Landeskasse entgegengetreten ist.
5
II.
6
1.
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Die gemäß § 16 Abs. 2 ZSEG statthafte Beschwerde ist zulässig. Entgegen den
Bedenken des Bezirksrevisors ist die Beschwerdeführerin durch die angefochtene
Entscheidung beschwert.
8
Zwar ist die Rechnung vom 8. Mai 2003 von der "D...... Automobil GmbH Niederlassung
............" erstellt worden, während die Beschwerdeschrift vom 19. Dezember 2003 von
der "D........ Automobil GmbH" mit Sitz in ......... gefertigt worden ist.
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Nach den Ausführungen der Beschwerdeführerin, die der Bezirksrevisor nicht in Abrede
gestellt hat, handelt es sich bei der Niederlassung D.... um einen unselbstständigen
Standort. Die Rechtspersönlichkeit, der die Entschädigung zusteht und die durch die
angefochtene Entscheidung beschwert ist, ist ausschließlich die D.......... Automobil
GmbH mit Sitz in S...............
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2.
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In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen
Beschlusses. Die Entschädigung für die von dem Sachverständigen Dipl.-Ing. ............
erbrachte Tätigkeit ist auf 540,46 EUR - und nicht wie geschehen auf 313,20 EUR -
festzusetzen.
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a)
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Der Senat weist zunächst darauf hin, dass das Landgericht der Beschwerdeführerin -
was diese zu Recht beanstandet - vor Erlass des angefochtenen Beschlusses kein
rechtliches Gehör gewährt hat. Dies ist rechtsfehlerhaft. Der Senat hat gleichwohl von
einer Zurückverweisung der Sache abgesehen, weil sie nunmehr entscheidungsreif ist.
14
b)
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Für die Entschädigung der Leistungen des Sachverständigen Dipl.-Ing............ist das
Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) und nicht
das am 1. Juli 2004 in Kraft getretene Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz
(JVEG) vom 5. Mai 2004 zu Grunde zu legen. Gemäß § 24 Satz 1 JVEG ist die
Entschädigung nach dem früheren Recht, also nach dem ZSEG, zu berechnen, wenn
der Auftrag an den Sachverständigen vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung
erteilt worden ist. Dies ist hier der Fall.
16
c)
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Die Entschädigung steht nicht Dipl.-Ing ..........,sondern der Beschwerdeführerin zu. Der
Sachverständige Wehrmann ist bei der Beschwerdeführerin angestellt; die in diesem
Verfahren erbrachte Tätigkeit gehört zu seinen dienstlichen Aufgaben. Er sollte sie
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gerade in seiner Eigenschaft als Ingenieur der Beschwerdeführerin ausüben. Unter
diesen Umständen kann die Beschwerdeführerin die Entschädigung beanspruchen (vgl.
insoweit OLG Schleswig, JurBüro 1996, 323).
d)
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Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors ist der Beschwerdeführerin ein Zuschlag
in Höhe von 50 vom Hundert gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b 2. Fall ZSEG zu
gewähren. Ob die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b 1. Fall ZSEG
vorliegen, wonach die zu gewährende Entschädigung um bis zu 50 vom Hundert
überschritten werden kann, wenn der Sachverständige durch die Dauer oder die
Häufigkeit seiner Heranziehung einen nicht zumutbaren Erwerbsverlust erleiden würde,
kann dahinstehen. Jedenfalls ist der Zuschlag für Berufssachverständige zu gewähren.
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Die Beschwerdeführerin, die D........ Automobil GmbH mit Sitz in S......., erzielt ihre
Berufseinkünfte zu mindestens 70 vom Hundert aus der Tätigkeit ihrer Mitarbeiter als
gerichtliche oder außergerichtliche Sachverständige.
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Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 1 Buch. b 2. Fall ZSEG ist unerheblich, ob die
Sachverständigentätigkeit für Gerichte, Behörden oder private Auftraggeber erbracht
wird (Roeßner in Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 3. Auflage 2002, §
41 Rdnr. 42; Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 23. Auflage 2002, § 3 Rdnr. 46.1).
Voraussetzung ist nur, dass der Sachverständige allgemein die Erstattung von
Gutachten zur Grundlage seiner Erwerbstätigkeit gemacht hat (Meyer/Höver/Bach, a. a.
O.).
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Der Vortrag des Bezirksrevisors, die Beschwerdeführerin müsse darlegen, welcher
Anteil der Gutachtenaufträge von Gerichten oder Staatsanwaltschaften erteilt werde, ist
mithin unzutreffend.
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Die D.......... Automobil GmbH befasst sich mit der Erbringung von
Sachverständigenleistungen. Es handelt sich insoweit um eine Organisation, deren
Zweck gerade in der Sachverständigentätigkeit besteht. Ein besonderer Schwerpunkt
liegt insoweit auf der Erstattung von Gutachten. Dies ergibt sich bereits aus dem
Briefkopf der D....... Automobil GmbH, in dem es nach der Firmenbezeichnung
ausdrücklich heißt: "Analytische Gutachten".
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Auch die von dem Bezirksrevisor angeführten übrigen Leistungen der
Beschwerdeführerin, beispielsweise die Überwachung und Untersuchung von
Kraftfahrzeugen, sind Sachverständigentätigkeiten (vgl. Roeßner in Bayerlein, a. a. O.).
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Gerade weil die Leistungen der technischen Mitarbeiter der Beschwerdeführerin
Sachverständigentätigkeiten sind, ist in Rechtsprechung und Literatur schon seit
längerem anerkannt, dass ihr deshalb ein Zuschlag in Höhe von 50 vom Hundert gemäß
§ 3 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b 2. Fall ZSEG zu gewähren ist (vgl. OLG Koblenz, MDR
1978, 514; OLG Zweibrücken, JurBüro 1988, 1574; Meyer/Höver/Bach, a. a. O., § 3
Rdnr. 48.2; Hartmann, Kostengesetze, 33. Auflage 2004, § 3 ZSEG Rdnr. 81).
26
e)
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Auch hinsichtlich des Zeitaufwandes hat die Beschwerde Erfolg.
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Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG ist die erforderliche Zeit zu entschädigen. Insoweit ist
der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Aufwand von 5 1/4 Stunden zu-
grundezulegen. Da nach § 3 Abs. 2 Satz 3 ZSEG die letzte, bereits begonnene Stunde
voll gerechtet wird, ist von einem Aufwand von insgesamt 6 Stunden auszugehen.
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Dass die Beschwerdeführerin für die Fahrt zum Gerichtstermin 45 Minuten und für die
Rückfahrt lediglich 30 Minuten angesetzt hat, ist nicht zu beanstanden. Sie weist mit
Recht darauf hin, dass die Hinfahrt so geplant werden muss, dass ein rechtzeitiges
Erscheinen bei Gericht gewährleistet ist. Wenn Dipl.-Ing. ............. die Hinfahrt bereits um
8.45 Uhr angetreten hat, um jedenfalls um 9.30 Uhr bei Gericht erscheinen zu können
und so einen Spielraum für Verkehrsstauungen und andere unvorhergesehene
Ereignisse eingeplant hat, ist dies kein Anlass für eine Kürzung des Zeitaufwandes.
30
f)
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Es ergibt sich mithin folgende Berechnung:
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Zeitaufwand 6 Stunden zu je 49,00 EUR EUR
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Zuschlag in Höhe von 50 vom Hundert EUR
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Auslagen wie beantragt 25,00 EUR
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Zwischensumme,00 EUR
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16 % Mehrwertssteuer 74,56 EUR
37
Gesamtbetrag,56 EUR
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