Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.10.2009

OLG Düsseldorf (zpo, kläger, vertrag, abschluss, untermietvertrag, miete, partei, interesse, dokumentation, anschaffungskosten)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 30/09
Datum:
29.10.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 U 30/09
Vorinstanz:
Landgericht Wuppertal, 17 O 69/08
Tenor:
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Be-
schlussverfahren zurückzuweisen. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu
den Gründen binnen einer Frist von z w e i W o c h e n schriftsätzlich
Stellung zu nehmen.
2. Der für den 03. November 2009 geplante Senatstermin entfällt
G r ü n d e
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I. Das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das
Landgericht hat die auf Mietzahlung für die Zeit von Januar bis Juni 2004 gerichtete
Klage (6 Mon x 1.304,82 €/Mon = 7.828,92 € nebst Zinsen zu Recht mangels eines
feststellbaren Vertragsverhältnisses zwischen den inzwischen insolventen
Schuldnerinnen abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungseinwände
rechtfertigen keine dem Kläger günstigere Entscheidung.
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1. Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Kläger, was er rechtsirrtümlich verkennt, als
Insolvenzverwalter über das Vermögen der Vermieterin die Darlegungs- und Beweislast
für seine Behauptung, seine Schuldnerin habe die Gewerberäume auf der Grundlage
eines Untermietvertrags der Schuldnerin des Beklagten entgeltlich zur Nutzung
überlassen. Der Senat folgt der Beurteilung des Landgerichts, dass sich mit Blick auf die
Ambivalenz der vom Kläger vorgetragenen Indizien und mangels eines geeigneten
Beweisantritts nicht die gemäß § 286 ZPO erforderliche Überzeugung von einem
solchen Vertragsschluss bilden lässt (vgl. BGH GuT 2007, 378 = GE 2007, 1627 zu dem
umgekehrten Fall: Berufung der beklagten Partei auf einen Untermietvertrag, während
die klagende Partei aus einem behaupteten Hauptmietvertrag vorgeht).
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a) Gemäß § 7 Satz 1 des zwischen dem Grundstückseigentümer und der Schuldnerin
des Klägers befristet bis zum 31. Oktober 2007 abgeschlossenen Mietvertrags vom 23.
Oktober 1997 (künftig: MV) war diese berechtigt, die Räume Dritten zu überlassen, und
zwar entweder im Wege der Untervermietung oder durch Auswechselung des Mieters
(Übertragung der "Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag im ganzen"). Gemäß Satz
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2 dieser Vertragsbestimmung durfte der Grundstückseigentümer seine Zustimmung zu
dieser Vertragsänderung nur aus wichtigem Grund verweigern.
b) Es ist unstreitig, dass
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zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt der unmittelbare Besitz an dem
Mietobjekt mit dem übereinstimmenden Willen beider Schuldnerinnen auf der
Grundlage einer mündlich getroffenen Vereinbarung mit nicht näher bekanntem
Inhalt auf die Schuldnerin des Beklagten übergegangen ist,
die Schuldnerin des Beklagten in den Mieträumen eine Reinigung einrichten und
betreiben durfte, und zwar als Franchisenehmerin der Schuldnerin des Klägers,
die Schuldnerin des Beklagten die maschinelle Ausrüstung des
Reinigungsbetriebs vereinbarungsgemäß auf ihre Kosten beschafft hat,
die Schuldnerin des Beklagten die vereinbarte Miete unmittelbar an den
Grundstückseigentümer zu zahlen hatte und gezahlt hat und dass dieser sie auch
widerspruchslos entgegengenommen hatte,
der Grundstückseigentümer die notwendige mietvertragliche Korrespondenz
ausschließlich mit der Schuldnerin des Beklagten führte und
die Betriebskosten ausschließlich und unmittelbar mit ihr abrechnete.
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2. Aus den vorliegenden Indizien lässt sich eindeutig nur entnehmen, dass der
Grundstückseigentümer mit dem Besitzwechsel einverstanden war, da er andernfalls die
Miete von der Schuldnerin des Beklagten nicht widerspruchslos entgegen genommen
hätte. In welche Vertragsänderung er eingewilligt hatte, war ihm indes nicht bewusst,
weil es ihm bei Abschluss der Vertragsänderung offenbar gleichgültig gewesen ist. Alle
anderen Indiztatsachen sind mehrdeutig. Sie passen sowohl zur Auswechselung des
Mieters als auch zum Abschluss eines Untermietvertrags. Die Interessenlage der
beteiligten Schuldnerinnen war ebenfalls nicht eindeutig. Das ergibt sich für die
Schuldnerin des Klägers daraus, dass sie sich andernfalls nur für eine der beiden
Vertragsänderungen entschieden hätte. Für die Schuldnerin des Beklagten folgt dies
daraus, dass sich die Anschaffungskosten sowohl in einem Haupt- wie in einem
Untermietverhältnis amortisieren ließen. Maßgeblich für die betriebswirtschaftlich
notwendige Planungssicherheit war in rechtlicher Hinsicht nicht, ob sie in einem Haupt-
oder Untermietverhältnis geschaffen wurde, sondern dass mit Blick auf § 550 BGB
sowohl für einen in Betracht kommenden Haupt- als auch für einen Untermietvertrag die
Schriftform eingehalten wurde. Unter dem letztgenannten Aspekt spricht die
Interessenlage der Schuldnerin des Beklagten sogar eher für einen vereinbarten
Mieterwechsel. Immerhin waren im Vertrag vom 31. Oktober 2007 alle Rechte und
Pflichten bereits schriftlich niedergelegt und langfristig gesichert, so dass es nur des
(schriftlichen) Eintritts in den formgültig abgeschlossenen Vertrag bedurfte.
Demgegenüber hätte die Schuldnerin des Beklagten im Falle des Abschlusses eines
Untermietvertrags ein auf der Hand liegendes, auch bei Laien durchaus bekanntes und
verbreitetes Interesse haben müssen, für die schriftliche Dokumentation des
Untermietvertrags zu sorgen, während das Wissen darum, dass auch der Eintritt in einen
bestehenden Vertrag der Schriftlichkeit bedarf, bei Laien eher unbekannt sein dürfte.
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Einer abschließenden Beantwortung dieser Frage bedarf es indes nicht, weil es im
Streitfall dem Kläger obliegt, die Indizien vorzutragen, die in freier Würdigung der
behaupteten Tatsachen und zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) den
Rückschluss auf den Abschluss eines Untermietvertrags zulassen. An einem solchem
Vortrag des Klägers fehlt es, wie aufgezeigt worden ist.
Bestand hiernach kein Untermietverhältnis der Schuldnerinnen der Parteien, so konnten
daraus Ansprüche an den Vermieter B. nicht abgetreten und wieder rückabgetreten
werden.
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II. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren
liegen vor. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522
Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
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III. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer
Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich
privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an.
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