Urteil des OLG Düsseldorf vom 15.11.2006

OLG Düsseldorf: vernehmung von zeugen, zusicherung, direktor, restaurant, zusage, anfang, vollstreckung, franchisevertrag, umbau, vollstreckbarkeit

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-U (Kart) 42/02
Datum:
15.11.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Kartellsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
VI-U (Kart) 42/02
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 28. August 2002 verkündete
Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düs-seldorf wird auch
insoweit, wie über sie nicht bereits durch Senatsurteil vom 18. Februar
2004 rechtskräftig entschieden worden ist, zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und der
Revisionsinstanz.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Be-klagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leis-tet.
IV. Die Beschwer der Klägerin und der Streitwert für das Beru-
fungsverfahren werden für die Zeit bis zum 18. Februar 2004 auf
1.154.440,99 € und für die Zeit danach auf 995.611,63 € festgesetzt.
G r ü n d e
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I.
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Die Klägerin nimmt die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Verhandlungsgehilfin der
Franchisegeberin "P. H. Inc." auf Schadensersatz (Ersatz der für das Ladenlokal
gezahlten Mietaufwendungen von 261.508,14 €, Erstattung aller Franchise- und
Werbekosten in Höhe von insgesamt 136.799,07 € sowie Ersatz der für das Ladenlokal
aufgewendeten Umbau- und Inventarkosten in Höhe von 597.304,42 €), Auszahlung
vereinnahmter Lieferantenvergünstigungen sowie die Feststellung der Nichtigkeit des
Franchisevertrages in Anspruch. Die beiden letztgenannten Klagebegehren sind durch
Senatsurteil vom 18. Februar 2004 rechtskräftig aberkannt worden. Wegen des vom
Senat gleichfalls abgewiesenen Schadensersatzverlangens hat der Bundesgerichtshof
das vorgenannte Senatsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zwecks weiterer
Sachaufklärung zu der Behauptung der Klägerin zurückverwiesen, der Franchise-
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Direktor der Beklagten, der Zeuge Dr. B., habe ihr in einem persönlichen Gespräch vor
Vertragsabschluss zugesichert, dass die Beklagte das Restaurant im Falle eines
Scheiterns übernehmen und weiterführen werde.
Der Senat hat entsprechend dem Beweisbeschluss vom 18. Oktober 2006 Beweis durch
Vernehmung von Zeugen erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
auf die Sitzungsniederschrift von diesem Tag (GA 1711 ff.) verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand
des Senatsurteils vom 18. Februar 2004 sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst
Anlagen Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat - soweit über sie noch zu befinden ist - keinen
Erfolg. Auch die erneute Verhandlung führt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin von der
Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Erstattung ihrer
Mietaufwendungen, die Rückzahlung der geleisteten Franchisegebühren und
Werbekosten sowie den Ersatz der von ihr getätigten Investitionen für den Umbau und
die Einrichtung des Restaurants in F. beanspruchen kann. Soweit sich der Senat - vom
Bundesgerichtshof bestätigt - bereits im Urteil vom 18. Februar 2004 zur Rechtslage
geäußert hat, nimmt er hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Ergänzend
gilt:
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A. Eine Einstandspflicht der Beklagten wegen Verhandlungsverschuldens - die sich
nach den Rechtsausführungen des Bundesgerichtshofs in dem Revisionsurteil allenfalls
aus dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme eines eigenen besonderen Vertrauens für
die Seriosität und Erfüllung des Geschäfts ergeben kann - besteht nicht. Die Klägerin ist
für ihre Behauptung, der Franchise-Direktor der Beklagten habe sie durch die
unzutreffende Erklärung, dass die Beklagte das Restaurant bei einem geschäftlichen
Misserfolg übernehmen und weiterführen werde, zum Abschluss des
Franchisevertrages und infolge dessen auch zu den streitbefangenen Aufwendungen
und Investitionen veranlasst, beweisfällig ge-blieben. Die vom Senat durchgeführte
Beweisaufnahme hat den Nachweis der behaupteten (schadensursächlichen)
Zusicherung nicht erbracht.
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1. Es kann auf sich beruhen, ob die Aussage der Zeugen R. und H. zutrifft, die Beklagte
habe durch ihren Franchise-Direktor Dr. B. kurz vor Eröffnung des Restaurants Ende
November 1996 erklärt, dass sie den Restaurantbetrieb der Klägerin im Falle eines
Scheitern des Geschäfts selbst übernehmen und fortführen werde. Selbst wenn diese
Bekundungen der Wahrheit entsprechen, vermögen sie der Schadensersatzklage nicht
zum Erfolg zu verhelfen. Eine Ende November 1996 abgegebene Zusicherung der
Beklagten zur Übernahme des Geschäftsbetriebs kann nicht schadensursächlich
gewesen sein, weil die Klägerin bereits zuvor den Franchisevertrag abgeschlossen -
und zu diesem Zeitpunkt darüber hinaus sogar den Mietvertrag geschlossen und das
Gaststätteninventar bestellt - hatte.
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2. Dass - wie die Klägerin behauptet - der Franchise-Direktor Dr. B. die in Rede
stehende Zusicherung schon zu einem früheren Zeitpunkt im Rahmen der
Vertragsverhandlungen zum Abschluss des Franchisevertrages abgegeben hat, steht
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest. Zwar hat der Zeuge H. bei seiner
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Vernehmung ausgesagt, Dr. B. habe in einem ersten Vorgespräch Anfang Oktober
1995, in dem sich die Klägerin allgemein über das Franchisekonzept der "P. H. Inc."
informiert habe, auf Befragen erklärt, dass die Beklagte bei einem geschäftlichen
Misserfolg das Restaurant übernehmen werde. Dieser Aussage steht jedoch die
Bekundung des Zeugen Dr. B. entgegen, der eine dahingehende Äußerung in Abrede
gestellt hat. Der Zeuge Dr. B. hat dazu nachvollziehbar ausgeführt, dass eine solche
Zusage das typische wirtschaftliche Risiko des Franchisenehmers auf die
Franchisegeberin verlagert und dem Franchisevertrag der "P. H. Inc." eindeutig
widersprochen hätte. Zu einer derartigen weitreichenden Vertragsänderung - so hat der
Zeuge weiter bekundet - sei er nicht befugt gewesen und eine dahingehende
Zusicherung habe er auch zu keinem Zeitpunkt und gegenüber keinem
Vertragsinteressenten oder Franchisenehmer gemacht. Dementsprechend habe die
Beklagte während seiner Zugehörigkeit zum Unternehmen auch kein einziges
Franchiserestaurant übernommen und in eigener Regie fortgeführt.
Bei dieser Beweislage ist der Nachweis der behaupteten Übernahmezusage nicht
geführt. Sowohl die Aussage des Zeugen H. als auch die Bekundung des Zeugen Dr. B.
sind nachvollziehbar und in sich schlüssig. Beide Zeugen haben zudem in gleicher
Weise ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, und zwar der Zeuge H. als
Ehemann der Klägerin und der Zeuge Dr. B. als zum damaligen Zeitpunkt verantwortlich
Handelnder der Beklagten. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass nur die Angaben
des Zeugen H. den Tatsachen entsprechen und der Zeuge Dr. B. die Unwahrheit
ausgesagt hat, liegen nicht vor. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der Aussage
des Zeugen R.. Dieser hat auf Vorhalt eines Schreibens, das er im April 2006 an den
Prozessbevollmächtigten der Klägerin gesandt hat (Anlage zur Sitzungsniederschrift
vom 18.10.2006, GA 1711 ff.), angegeben, die Klägerin habe ihm anlässlich der
Eröffnung ihres Restaurants Ende November 1996 von der Zusicherung des Dr. B.
erzählt, dass die Beklagte den Betrieb übernehmen werde, wenn er nicht wie geplant
laufen würde. Die Aussage des Zeugen Dr. B. wird hierdurch schon deshalb nicht
erschüttert, weil der Zeuge R. zur Übernahmezusicherung der Beklagten kein eigenes
Wissen bekundet, sondern lediglich eine Äußerung vom Hörensagen wiedergegeben
hat. Darüber hinaus (und vor allem) wecken die Angaben des Zeugen R. zu derjenigen
Zusicherung, die Dr. B. unmittelbar vor der Restauranteröffnung Ende November 1996
abgegeben haben soll, aber Zweifel gerade an der objektiven Richtigkeit der
Bekundungen des Zeugen H.. Der Zeuge R. hat ausgesagt, die Klägerin habe bei
einem gemeinsamen Abendessen am Vortag der geplanten Restauranteröffnung von
Dr. B. lautstark eine Garantie gefordert, dass der gewählte Standort genauso gut sei wie
der ursprünglich beabsichtigte, und dass sich ihre Ertragserwartungen bestätigen
werden. Dr. B. habe versucht, die Klägerin zu beschwichtigen und zunächst lediglich
erklärt, sie (die Klägerin) brauche sich keine Gedanken zu machen. Dessen ungeachtet
habe die Klägerin nachdrücklich auf einer irgendwie gearteten Garantiererklärung
bestanden. Dr. B. habe dieses Ansinnen abgelehnt und geäußert, dass die Beklagte
sich einen Imageverlust in Form von Restaurantschließungen nicht leisten könne und
sie deshalb jedwede Unterstützung gewähren werde, damit der Geschäftsbetrieb gut
und erfolgreich werde. Auch mit dieser Erklärung habe sich die Klägerin aber nicht
zufrieden gegeben und weiter insistiert. Schließlich habe Dr. B. sinngemäß geäußert:
"Natürlich sorgen wir dafür, dass der Betrieb nicht untergeht, und wenn wir den Betrieb
zeitweise selbst übernehmen und ihn wieder ins richtige Fahrwasser bringen." Die
Kontroverse habe sich - so hat der Zeuge R. unter Bezugnahme auf sein erwähntes
Schreibens an den Prozessbevollmächtigten weiter ausgesagt - über den ganzen
Abend fortgesetzt. Mehrmals habe Dr. B. wiederholt, die werde Beklagte es nicht so weit
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kommen lassen, dass der Betrieb eingestellt werden müsste. Vor dem Hintergrund
dieser Angaben begegnet die Aussage des Zeugen H., Dr. B. habe bereits in dem
ersten Vorgespräch Anfang Oktober 1995 ohne weiteres und ohne jede Einschränkung
zugesagt, dass die Beklagte das Restaurant bei einem geschäftlichen Misserfolg
übernehmen werde, Bedenken. Ist diese Zusage seinerzeit nämlich von Dr. B.
tatsächlich gemacht worden, so ist unverständlich, aus welchem Grund sich Dr. B. Ende
November 1996 dem dahingehenden Drängen der Klägerin vehement widersetzt und
schließlich eine Zusage lediglich dahingehend gemacht haben sollte, den Betrieb
zeitweise weiterführen - also ihn nicht übernehmen - zu wollen. Nicht erklärlich wäre
überdies, warum Ende November 1996 weder die Klägerin noch ihr Ehemann ihr
Drängen nach einer Übernahmegarantie der Beklagten dem Zeugen Dr. B. gegenüber
nicht mit dem Hinweis unterstützt haben, dass dieser eine dahingehende Zusage bereits
in dem ersten Vorgespräch Anfang Oktober 1995 gemacht habe.
B. Damit scheiden zugleich deliktische Ersatzansprüche der Klägerin (§ 823 Abs. 2
BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB) aus, soweit diese auf den Vorwurf gestützt werden,
der Franchise-Direktor Dr. B. haben die Klägerin zum Abschluss des
Franchisevertrages durch die unwahre Zusicherung veranlasst, dass die Beklagte den
Restaurantbetrieb bei einem geschäftlichen Misserfolg übernehmen werde.
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Ein Ersatzanspruch der Klägerin kann ebenso wenig aus der Behauptung hergeleitet
werden, Dr. B. habe die ursprünglich für das Objekt "G. S. .." erstellte
Wirtschaftlichkeitsberechnung mit dem Aufdruck "G. S. .." überklebt und der Klägerin
erklärt, diese Wirtschaftlichkeitsberechnung könne bei der finanzierenden Bank
vorgelegt werden, weil das dort prognostizierte Betriebsergebnis gleichermaßen für das
neue Objekt "G. S. .." gelte. Jedenfalls in Bezug auf die Klägerin fehlt es an einer
schadensersatzbegründenden Täuschung.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht
vor. Der Senat weicht weder von einer höchstrichterlichen Rechtsprechung noch von
der Rechsprechung eines anderen Oberlandesgerichts ab (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der
Streitfall hat auch keine rechtgrundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
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B. K. Dr. M.
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