Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.05.2005
OLG Düsseldorf: leasingnehmer, wertminderung, weisung, vorteilsausgleich, verwertung, meinung, zustand, ablieferung, neutralisierung, erlass
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 47/05
Datum:
30.05.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 U 47/05
Vorinstanz:
Landgericht Kleve, 4 O 69/04
Tenor:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO
zurückzuwei-sen. Dem Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu
binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu
nehmen.
G r ü n d e :
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Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten zu
Recht zur Zahlung von 91.047,28 EUR nebst Zinsen verurteilt. Die hiergegen
gerichteten Angriffe des Beklagten in der Berufungsbegründung bieten keinen Anlass
zu einer anderen Beurteilung.
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1. Die Einzelrichterin hat der Klägerin mit Recht einen Schadensersatzanspruch
zuerkannt wegen der endgültigen Weigerung des Beklagten, seiner Verpflichtung aus
dem in sämtlichen Leasingverträgen vereinbarten Andienungsrecht nachzukommen.
Die Leasinggeberin hat unstreitig ihr Andienungsrecht durch schriftliche Aufforderung
ausgeübt, der beklagte Leasingnehmer die Zahlung aber verweigert. Folglich steht der
Klägerin aus abgetretenem Recht das Erfüllungsinteresse der Leasinggeberin zu. a) Die
erkennt im Grundsatz auch der Beklagte an, ist jedoch der Meinung, infolge der
Inanspruchnahme der Klägerin aus den von dieser übernommenen Rückkaufgarantien
sei der Leasinggeberin ein Schaden nicht entstanden, so dass im Ergebnis kein
Schadensersatzanspruch bestehe. Diese Rechtsauffassung hat das Landgericht
zutreffend zurückgewiesen. Ihre Zahlungen an die Leasinggeberin braucht sich die
Klägerin nicht als Vorteilsausgleich auf ihren Schaden anrechnen zu lassen. Leistungen
Dritter an den Geschädigten entlasten den Schädiger nur, wenn dies bei einer
wirtschaftlichen und rechtlichen Wertung der bezogenen Leistungen der Interessenlage
entspricht (vgl. BGHZ 21, 112, 119). Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei
einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte
darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde.
Andererseits sind nicht alle durch das Schadensereignis begründeten Vorteile
schadensmindernd zu berücksichtigen, sondern nur solche, deren Anrechnung mit dem
jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt und den Schädiger nicht
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unangemessen entlastet (vgl. BGHZ 91, 206, 209 f; 91, 357, 363; BGH VersR 1990, 495,
496; BGHR BGB § 249 - Vorteilsausgleich 18).
Wie den Rückkaufgarantieverträgen zwischen der Klägerin und der Leasinggeberin zu
entnehmen ist, hat die Klägerin die Verpflichtung zum Rückerwerb ausdrücklich für den
Fall übernommen, dass der Leasingnehmer seine Verpflichtungen aus dem
Leasingvertrag nicht erfüllen kann. Damit handelt es sich um eine bestimmte Form der
Sicherung der Leasinggeberin. Wird aber ein Schaden durch eine zugunsten des
Geschädigten bestehende Sicherheit ausgeglichen, so entlastet dies den Schädiger
nicht, weil eine Maßnahme privater Schadensfürsorge des Geschädigten gegeben ist,
die dem Schädiger nicht zugute kommt (vgl. BGH NJW 1994, 511). Das ist jedenfalls
dann der Fall, wenn das Gesetz den Übergang der Schadensersatzforderung auf den
Leistenden anordnet oder - wie hier - der Geschädigte verpflichtet ist, dem Dritten den
Schadensersatzanspruch abzutreten (BGH aaO und NJW 1992, 1556, 1557 sowie
VersR 1989, 54,55). Hier war die Abtretung bereits in den Rückkaufgarantieverträgen
vereinbart, und die Klägerin hat dementsprechend auch nur die Differenz zwischen den
Andienungspreisen und den erzielten Verkaufserlösen, die die Zeitwerte gemäß den
TÜV-Gutachten deutlich überstiegen, geltend gemacht und vom Landgericht
zugesprochen erhalten. b) Entgegen der Meinung des Beklagten steht der
Durchsetzung des Anspruchs auch nicht eigene Vertragsuntreue der Leasinggeberin
entgegen. Zwar ist das in den §§ X und XI der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu
den Leasingverträgen vorgesehene Abrechnungsverfahren nicht eingehalten, aber die
Leasinggeberin brauchte hier
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auch nicht gemäß diesen Regelungen vorzugehen. § X regelt lediglich die Abrechnung
und Entschädigung der Leasinggeberin bei vorzeitiger Vertragsbeendigung, die hier
jedoch unstreitig nicht vorliegt.
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In § XI Ziff. 3 ("Rückgabe des Fahrzeugs") gilt § X Ziff. 4 zwar sinngemäß, wenn der
Leasingnehmer der Auffassung ist, dass der Fahrzeugzustand, die
Instandsetzungskosten oder die Wertminderung unzutreffend ermittelt wurden. Indessen
hat § XI Ziff. 3 in Bezug auf das Bestehen des Schadensersatzanspruchs der
Leasinggeberin zunächst keine Bedeutung, weil hier mit dem ausgeübten
Andienungsrecht eine vorrangige Regelung besteht. Es geht gerade nicht um die
Instandsetzungskosten oder die Wertminderung, die die Leasinggeberin gemäß § XI
Ziff. 2 geltend machen könnte, sondern um den Schaden, der der Klägerin infolge
verweigerter Zahlung aufgrund ausgeübten Andienungsrechts zusteht. Erst bei der
Verringerung des hieraus resultierenden Schadensersatzanspruchs (§ 254 Abs. 2 BGB)
infolge Anrechnung des erzielten Verkaufserlöses aufgrund Veräußerung an einen
Drittkäufer spielen Zustand und Wert des jeweiligen Fahrzeugs eine Rolle. Insoweit hat
die Klägerin dem Beklagten aber mit Schreiben vom 7. November 2003 angeboten, die
Fahrzeuge selbst zu höheren Werten als in den Gutachten des TÜV Nord ermittelt zu
verwerten. Hierauf ist der Beklagte jedoch nicht eingegangen. Im übrigen hat das
Landgericht zu Recht entschieden, dass die Klägerin ihrer Pflicht zur bestmöglichen
Verwertung nachgekommen ist. Sie hat nämlich für sämtliche Kraftfahrzeuge
Verkaufspreise erzielt, die zum Teil ein Mehrfaches des geschätzten
Händlereinkaufspreises ausmachen, mindestens aber den Händlereinkaufspreis um 20
% übersteigen. Selbst wenn nämlich bei der Verwertung ein in den
Geschäftsbedingungen vorgesehenes Verfahren nicht eingehalten ist, sind die
Interessen des Leasingnehmers bei der Veräußerung des Kraftfahrzeugs nicht verletzt,
wenn ihm ein Betrag gutgeschrieben wird, der 10 % unter dem Händlerverkaufspreis
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liegt (vgl. Senat NJW-RR 2004, 1208 = ZMR 2004, 571; BGH NJW 1991, 221). Der
Händlerverkaufspreis liegt aber nach den langjährigen Erfahrungen des Senats
regelmäßig ca. 20 % oberhalb des Händlereinkaufspreises (vgl. auch die sog.
Schwackelisten). Folglich sind dem Beklagten hier Erlöse gutgeschrieben worden, die
deutlich oberhalb der um 10 % verminderten Händlerverkaufspreise liegen.
Dass die Gutachten des Sachverständigen S. und die Bewertung allein der
Kofferaufbauten dem nicht entgegenstehen, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt.
Der Senat verweist hierauf. 2. Das Landgericht hat der Klägerin ferner mit Recht den
Ersatz der Kosten für die
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Überführung der Fahrzeuge von Saarbrücken nach Flensburg zuerkannt. Der Beklagte
kann der vertragsgemäßen entsprechenden Weisung der Leasinggeberin nicht wirksam
entgegenhalten, er habe seine Verpflichtung mit der Ablieferung der Fahrzeuge bei der
Firma K in Ensdorf erfüllt. Diese war lediglich Vermittlerin der Leasingverträge, und dass
eine Absprache zwischen dieser und dem Beklagten einer Weisung der Leasinggeberin
entsprochen oder ihre Zustimmung gefunden hätte, hat der Beklagte selbst nicht
vorgetragen. An der Höhe der Kosten von 6.645,09 EUR für 13 Fahrzeuge ist nichts zu
beanstanden, auch nicht bezüglich des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen .....
Angesichts der im angefochtenen Urteil hervorgehobenen rund 550 km geringeren
Kilometerleistung dieses Fahrzeuges gegenüber den übrigen Fahrzeugen, was den
Abgleich zwischen den Gutachten S. und TÜV Nord betrifft, hätte es konkreten
entgegenstehenden Sachvortrags des Beklagten bedurft, um zu einer Beweiserhebung
hierüber zu gelangen. 3. Schließlich hat das Landgericht den Beklagten zu Recht zur
Zahlung von Kosten für die Neutralisierung der Fahrzeuge in Höhe von jeweils 1.200,--
EUR verurteilt. Auf die ausführlichen Erwägungen des Landgerichts hierzu wird
verwiesen. Der Beklagte hat dem gegenüber in der Berufungsbegründung keine neuen
Gesichtspunkte vorgetragen.
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4. Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO
(Ziffn. 2 und 3) sind gegeben. 5. Der Senat weist darauf hin, dass eine Rücknahme der
Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich
privilegiert ist.
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Düsseldorf, den 30. Mai 2005 Oberlandesgericht, 24. Zivilsenat
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