Urteil des OLG Düsseldorf vom 24.10.2007

OLG Düsseldorf: eigenkapital, anteil, verzinsung, rechtliches gehör, unternehmen, umlaufvermögen, gewerbesteuer, formelle beschwer, fremdkapital, aufschiebende wirkung

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-3 Kart 8/07 (V)
Datum:
24.10.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VI-3 Kart 8/07 (V)
Leitsätze:
§§ 23a , 66 Abs. 2 Nr. 3, 79 Abs. 1 Nr. 3, 83 Abs. 1 Satz 4 EnWG, § 4
GasNEV, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO, § 43 Abs. 2 VwVfG
1. Die Anfechtungsbeschwerde gegen eine Netzentgeltgenehmigung
nach § 23a EnWG ist nur dann zulässig, wenn der am
Entgeltgenehmigungsverfahren der Regulierungsbehörde beteiligte
Anfechtende durch die angefochtene Entscheidung auch materiell
beschwert ist. An einer materiellen Beschwer fehlt es dem Netznutzer,
weil die Netzentgeltgenehmigung nach § 23 a EnWG weder in eine
rechtlich geschützte Position des Netznutzers eingreift noch zu
unmittelbaren wirtschaftlichen Nachteilen für ihn führt, denn es handelt
sich um eine Höchstpreisgenehmigung, die der zivilrechtlichen
Umsetzung bedarf und nicht dem Schutze des einzelnen Netznutzers
dient.
2. Die Netzkosten und ihre Bestandteile – und damit auch die
Eigenkapitalverzinsung - stehen gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG, § 4
Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 GasNEV ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass
sie denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers
entsprechen müssen. Kommt es nicht schon hier zu einer Kappung der
Eigenkapitalverzinsung, ist zu prüfen, ob entgegen dem Gebot des § 21
Abs. 2 Satz 2 EnWG bei dem ermittelten Eigenkapital solche
Kostenbestandteile Berücksichtigung gefunden haben, die bei
funktionsfähigem Wettbewerb nicht in Ansatz gebracht worden wären.
3. § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG legt der Regulierungsbehörde keine
uneingeschränkte Nachweispflicht dahin auf, dass im Falle einer
wettbewerblichen Steuerung des Netzbetreibers einzelne Kosten und
Kostenbestandteile nicht angefallen wären. Ausreichend, aber auch
erforderlich ist es, wenn eine hinreichende, empirisch belegbare
Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein konkreter Kostenbestandteil
atypisch für wirtschaftliches Verhalten im Wettbewerb und von daher
monopolistisch begründet ist.
4. Wird die Regulierungsbehörde zu einer Neubescheidung verpflichtet,
so ist sie im Rahmen dieser an einer „Verböserung“ anderer nicht
angegriffener Kalkulationsansätze und Berechnungsmethoden nicht
gehindert.
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird die Beschwerdegegnerin
unter Aufhebung der Ziffer 1 des Beschlusses der 9. Beschlusskammer
vom 19. Dezember 2006 – BK9-06/228 - verpflichtet, über den Antrag
der Antragstelle-rin auf Genehmigung von Netzentgelten vom 30. Januar
2006 für den Zeit-raum 20. Dezember 2006 bis 31. März unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Die
weitergehende Beschwerde der Antrag-stellerin wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des beigeladenen Verbands gegen den Beschluss der
9. Be-schlusskammer vom 19. Dezember 2006 - BK9-06/228 - wird als
unzulässig verworfen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens und den notwendigen
Auslagen der Bundesnetzagentur haben der beigeladene Verband 7 %,
die Antragstelle-rin 62 % und die Bundesnetzagentur selbst 31 % zu
tragen. Der beigeladene Verband hat seine notwendigen Auslagen
selbst zu tragen, von den notwen-digen Auslagen der Antragstellerin hat
diese selbst 2/3 und die Bundesnetz-agentur 1/3 zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 840.000 €
festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e:
1
A.
2
Die Beschwerdeführerin zu 1) ist die nach dem Pacht- und Dienstleistungsmodell
rechtlich entflochtene Netzbetriebsgesellschaft des Konzerns S. U./N. U.. Ihre
Geschäftsanteile werden mittelbar zu 100 % von der S. S. U./N. U. GmbH gehalten.
Deren Geschäftsanteile wiederum werden von den Städten U. (B.-W.) und N. U. (B.)
gehalten. Von der Netzeigentümerin, der S. E. GmbH, hat die Beschwerdeführerin zu 1)
das Gasversorgungsnetz zum Betrieb gepachtet.
3
Mit Schreiben vom 30. Januar 2006 hat die Beschwerdeführerin zu 1) bei der
Bundesnetzagentur einen Antrag auf Genehmigung ihrer Entgelte für den
Gasnetzzugang gemäß § 23 a EnWG gestellt. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2006
genehmigte die Bundesnetzagentur die Netzentgelte, wobei sie lediglich ... € der von
der Antragstellerin zugrundegelegten Netzkosten anerkannte, was einer Kürzung um rd.
4
21,2 % entspricht. Den weitergehenden Antrag hat sie abgelehnt. Die mit Zustellung des
Beschlusses wirksam werdende Genehmigung hat sie bis zum 31. März 2008 befristet
und unter den Vorbehalt des Widerrufs gestellt. Zusätzlich hat sie der Antragstellerin
aufgegeben, ihr unverzüglich die für ihr Netz geltenden Ausspeiseentgelte inklusive
gewälzter Kosten und/oder gewälzter Entgelte anzuzeigen und die Berechnung der
Kosten-/Entgeltwälzung darzulegen (Ziffer 5) sowie ihre genehmigten Entgelte
unverzüglich anzupassen, soweit der vorgelagerte Netzbetreiber im
Genehmigungszeitraum seine Netzentgelte senkt (Ziffer 6).
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Netzbetreiberin – der Beschwerdeführerin
zu 1) – und des zu ihrem Entgeltgenehmigungsverfahren beigeladenen B. N. E. – des
Beschwerdeführers zu 2) -.
5
Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass die Bundesnetzagentur bei der
Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung die Position "Forderungen
und sonstige Vermögensgegenstände" von ... € auf ... € gekürzt hat, sie das ermittelte
betriebsnotwendige Eigenkapital nicht insgesamt der Verzinsung von 7,8 % zugeführt,
sondern eine weitere Deckelung vorgenommen hat, sie für den die zugelassene
Eigenkapitalquote übersteigenden Anteil des Eigenkapitals statt eines Zinssatzes von
6,5 % nur einen solchen von 4,8 % angesetzt hat, sie die kalkulatorischen
Abschreibungen für "Rohrleitungen/Hausanschlussleitungen Stahl kathodisch
geschützt" von ... € auf ... € gekürzt hat und sie sowohl bei der kalkulatorischen
Eigenkapitalverzinsung als auch bei der kalkulatorischen Gewerbesteuer des
Netzbetreibers zu negativen Beträgen gelangt ist. Soweit sie zunächst auch die Auflage
in Ziffer 6 des Bescheids und die Nichtberücksichtigung von Plankosten bei den
Personalkosten angegriffen hat, hat sie insoweit ihre Beschwerde im Senatstermin vom
30. Mai 2007 zurückgenommen.
6
Im Einzelnen:
7
1.
8
Die Bundesnetzagentur habe bei der Berechnung der kalkulatorischen
Eigenkapitalverzinsung des Netzeigentümers die von ihr – der Antragstellerin – geltend
gemachte Position "Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände" von ... € auf ...
€ gekürzt und dabei Art und Weise sowie die Rechtfertigung der Kürzung im Dunkeln
gelassen. Zur Begründung habe sie lediglich ausgeführt, dass sie – die Antragstellerin –
in ihrer Stellungnahme keine überzeugenden Gründe genannt habe, welche die
Anerkennung höherer Forderungsbestände rechtfertigen könnte. Das tatsächlich
vorhandene Umlaufvermögen müsse bei richtiger Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr.
4 GasNEV ohne weiteres in das betriebsnotwendige Eigenkapital einfließen, weil sich
dieses ausdrücklich aus der Summe der dort ausgeführten Positionen, insbesondere
den "Bilanzwerten des Umlaufvermögens" ergebe, zu denen der Forderungsbestand
zähle. Im Übrigen handele es sich bei diesen Mitteln auch um zulässigerweise
erworbenes Kapital des Netzbereichs, das durch einen behördlichen Federstrich nicht
entwertet werden dürfe. Seine Nichtberücksichtigung verstoße gegen § 21 Abs. 2
EnWG, wonach das eingesetzte Kapital angemessen zu verzinsen sei. Selbst wenn die
Bundesnetzagentur dem entgegen eine Prüfung des Forderungsbestands auf seine
"Betriebsnotwendigkeit" oder "Effizienz" vornehmen dürfte, seien diese jedenfalls
gegeben. Die beim Netzeigentümer angesiedelte Investitionstätigkeit laufe keineswegs
so ab, dass die Geschäftsvorfälle gleichmäßig monatlich anfallen, so dass ausreichende
9
liquide Mittel – sei es als Kassenbestand, sei es als Forderungsbestand – aus
betriebswirtschaftlicher Sicht erforderlich seien. Dass es in den vergangenen Jahren zu
einem solchen Aufbau des Forderungsbestandes gekommen sei, sei zwingende Folge
der historisch bedingt vorhandenen Investitionszyklen. Gerade in den Jahren zwischen
1970 und 1980 seien erhöhte Investitionen mit der Folge vorgenommen worden, dass
diese Anlagen nunmehr weitgehend abgeschrieben seien und in den nächsten Jahren
zur Reinvestition anstünden. Da sie aus technischen Gründen erst in den nächsten
Jahren ersetzt werden müssten, liege das Geld nun bereit, um in den nächsten Jahren
dann für Ersatzinvestitionen genutzt zu werden. Diese Verhaltensweise komme
ausschließlich den Netzkunden zugute, weil durch die weitere Nutzung keine Kosten
aus kalkulatorischen Abschreibungen verursacht würden. Die von der
Bundesnetzagentur vorgenommene Kürzung des Umlaufvermögens würde dem
entgegen zu dem Ergebnis führen, dass ein Netzbetreiber, um effizient zu sein, bereits
dann Ersatzinvestitionen durchführen müsste, wenn Anlagen zwar abgeschrieben, aber
noch voll funktionsfähig seien.
2.
10
Die Bundesnetzagentur habe die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung entgegen den
Vorgaben des § 7 Abs. 1 GasNEV reduziert, indem sie das ermittelte
betriebsnotwendige Eigenkapital (BEK II) nicht insgesamt der Verzinsung von 7,8 %
(EK-Zinssatz I) zugeführt, sondern eine weitere Deckelung vorgenommen habe. Sie
habe das unter Berücksichtigung der Eigenkapitalquote nach § 6 Abs. 2
Gasnetzentgeltverordnung ermittelte betriebsnotwendige Eigenkapital (BEK II) zerlegt
und nur einen Teil mit dem Eigenkapitalzinssatz I von 7,8 % verzinst, den anderen
hingegen nur mit niedrigeren Eigenkapitalzinssatz von 4,8 % (EK-Zinssatz II). Jedenfalls
sei im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 GasNEV mangels anderweitiger Anhaltspunkte
Nr. 43 der Leitsätze für die Preisermittlung von Selbstkosten (LSP) heranzuziehen, die
gemäß § 3 Abs. 1 Satz 5 Stromnetzentgeltverordnung (wohl GasNEV) ergänzend
gälten. In diesen sei für kalkulatorische Zinsen ein Zinssatz von 6,5 % festgesetzt
worden, der in erster Linie geltend gemacht werde. Hilfsweise müsste der durch die
Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank im September 2005 ermittelte
10jährige Durchschnittswert langfristiger Industrieanleihen herangezogen werden, so
dass sich ein Zinssatz in Höhe von 5,5 % ergebe. Netzbetreiber seien typischerweise
als Kapitalgesellschaft organisiert und daher nicht insolvenzfest, so dass nicht auf die
Gruppe aller im Umlauf befindlichen festverzinslichen Inhaberschuldverschreibungen
abgestellt werden könne, die durch staatliche und damit insolvenzfeste Emittenten
geprägt sei.
11
3.
12
Die kalkulatorischen Abschreibungen für die Anlagengruppe
"Rohrleitungen/Hausanschlussleitungen Stahl kathodisch geschützt" habe die
Bundesnetzagentur von ... € um ... € auf ... € gekürzt, ohne dies näher zu begründen. Sie
habe in ihrem Bescheid lediglich abstrakt verschiedene Gründe angeführt, auf denen
eine Kürzung der Abschreibungsbeträge beruhen könne. In Anbetracht dessen könne
sie – die Antragstellerin – nur vorbringen, dass sie auch diese Abschreibungen nach
den Vorgaben des § 6 GasNEV ermittelt habe.
13
4.
14
Angegriffen werde weiter, dass die Bundesnetzagentur durch die mechanische
Anwendung ihres Rechenschemas zu einer negativen kalkulatorischen
Eigenkapitalverzinsung bei ihr als Pächterin gelangt sei. Dabei verkenne sie, dass nach
der Systematik der Gasnetzentgeltverordnung die kalkulatorische
Eigenkapitalverzinsung einen Gewinn des Netzbetreibers sicherstellen solle. Nichts
anderes gelte für die kalkulatorische Gewerbesteuer des Netzbetreibers; auch sie dürfe
keinen negativen Wert annehmen. Sie sei nach dem Wortlaut des § 8 Satz 1 GasNEV
eine "Kostenposition" und damit kein kostenmindernder Erlös oder Ertrag, so dass sie
auch nicht durch einen negativen Ansatz wie ein solcher wirken könne.
15
5.
16
Des Weiteren müsse die Bundesnetzagentur verpflichtet werden, bei der
Neubescheidung die übrigen Kalkulationsansätze und Berechnungsmethoden nicht zu
Lasten der Beschwerdeführerin gegenüber den dem Bescheid vom 19. Dezember 2006
zugrundeliegenden Kalkulationsansätzen und Berechnungsmethoden zu verändern.
Diese Vorgabe sei geboten, um ihr – der Antragstellerin – die Früchte des Verfahrens zu
sichern und so zu verhindern, dass die Bundesnetzagentur im Rahmen einer
Neubescheidung andere Kürzungen vornehme.
17
Sie beantragt,
18
die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, unter Aufhebung ihres Bescheids vom
19.12.2006 – Geschäftszeichen BK9-06/228 – ihr eine Genehmigung für ihre
Entgelte für den Gasnetzzugang nach § 23 a Abs. 1 EnWG für den Zeitraum
20.12.2006 bis 31.03.2008 nach den folgenden Maßgaben zu erteilen:
19
1.
20
Der Ansatz für Aufwendungen für überlassene Netzinfrastruktur ist nach den
folgenden Maßgaben anzuerkennen:
21
a.
22
Bei dem Ansatz von Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen beim
Netzeigentümer sind ... € anzuerkennen;
23
b.
24
das betriebsnotwendige Eigenkapital beim Netzeigentümer gemäß § 7 GasNEV
(BEK II) ist vollständig mit dem Zinssatz 7,8 % (EK-Zinssatz I) zu verzinsen;
25
c.
26
der Zinssatz für den die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Anteil
des Eigenkapitals beim Netzeigentümer (EK-Zinssatz II) ist mit 6,5 %
anzusetzen;
27
d.
28
für die Anlagengruppe "Rohrleitungen/Hausanschlussleitungen Stahl kathodisch
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geschützt" durchgehend eine Nutzungsdauer von 55 Jahren anzusetzen und
demgemäß die Positionen kalkulatorische Abschreibungen, kalkulatorische
Eigenkapitalverzinsung und kalkulatorische Gewerbesteuer neu zu berechnen;
2.
30
die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung des Netzbetreibers darf keinen
negativen Wert annehmen;
31
3.
32
die kalkulatorische Gewerbesteuer des Netzbetreibers darf keinen negativen
Wert annehmen;
33
4.
34
es dürfen die übrigen Kalkulationsansätze und Berechnungsmethoden nicht zu
Lasten der Beschwerdeführerin gegenüber den dem Bescheid vom 19.12.2006
zu Grunde liegenden Kalkulationsansätzen und Berechnungsmethoden
verändert werden;
35
Der beigeladene Verband - Beschwerdeführer zu 2) - führt zur Begründung seiner
Beschwerde, die er zunächst als Verpflichtungsbeschwerde erhoben hat und nach
seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 22. Mai 2007 als Anfechtungsbeschwerde
weiterverfolgt wissen will, aus: Seine Beschwerde sei zulässig und begründet. Die
Beschwerde sei fristgerecht eingelegt und mit dem jetzt als Anfechtungsbeschwerde
verfolgten Rechtsschutzbegehren statthaft. Das Recht zur Erhebung einer
Anfechtungsbeschwerde stehe nach § 75 Abs. 2 EnWG allen am Verfahren vor der
Regulierungsbehörde Beteiligten zu. Er sei durch die angefochtene Entscheidung auch
formell und materiell beschwert und von daher beschwerdebefugt. Seine formelle
Beschwer liege schon darin, dass er stets zum Ausdruck gebracht habe, dass er im
Interesse einer Liberalisierung des Energiemarkts und einer Belebung des Wettbewerbs
nur eine den strengen Kostenvorgaben der Netzentgeltverordnungen und des EnWG
entsprechende Entgeltgenehmigung akzeptieren werde. Die Höhe der
Netznutzungsentgelte sei für seine Mitgliedsunternehmen eine essentielle
Voraussetzung für den Markteintritt. Soweit daneben eine materielle Beschwer verlangt
werde, bedürfe es hierfür nicht der Geltendmachung einer Verletzung subjektiver
öffentlicher Rechte. Vielmehr reiche bei einem Verband, der die Interessen seiner
Mitglieder vertrete, deren Interessenbeeinträchtigung aus. Sinn und Zweck der
Beiladungsvorschriften und das Gebot effektiven Rechtsschutzes geböten es,
beigeladenen Verbänden eine Beschwerdemöglichkeit einzuräumen, jedenfalls dann,
wenn – wie hier - die Beiladung des Verbandes auf verfahrensökonomische Aspekte
und die Bündelung der Interessen seiner Mitglieder gestützt werde. Fehl gehe die
Auffassung des Senats, an einer materiellen Beschwer fehle es dem einzelnen
Netznutzer schon deshalb, weil § 23 a EnWG – ebenso wie § 12 BTOElt – im Verhältnis
zum Netznutzer keine unmittelbar privatrechtsgestaltende Wirkung entfalte. Darauf
komme es schon deshalb nicht an, weil die Entgeltgenehmigung gleichwohl dazu führe,
dass die genehmigten Entgelte von den Mitgliedsunternehmen gefordert werden
könnten. Dies gelte umso mehr, als die Entgeltgenehmigung nach der Rechtsprechung
des Senats sogar Rückwirkung entfalten und die Netznutzer verpflichtet sein sollten, der
nachträglichen Einbeziehung von so gen. Nachzahlungsklauseln in ihre
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Lieferantenrahmenverträge zuzustimmen. Einer zivilgerichtlichen Überprüfung
unterliege das Netzentgelt nicht, weil die Entgeltgenehmigung Tatbestandswirkung
dergestalt entfalte, dass es als den Anforderungen des § 21 EnWG entsprechend und
damit auch als billig i.S.d. § 315 Abs. 1 BGB gelte. Seine Beschwerde sei auch
begründet. Die ihm bis dato nur in geschwärzter Form vorliegenden Informationen
ließen bereits erkennen, dass die Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur
jedenfalls aus zwei Gründen rechtswidrig sei. Sie habe die zwingend erforderliche
Prüfung, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten denen eines
effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen, nicht
durchgeführt. Ausweislich des klaren Wortlauts der Gasnetzentgeltverordnung stehe der
Bundesnetzagentur kein Ermessen oder Beurteilungsspielraum zu, ob nur effiziente
Kosten bei der Netzentgeltkalkulation in Ansatz gebracht werden dürften. Die
Effizienzkontrolle sei zwingend vom Gesetz- und Verordnungsgeber vorgeschrieben, so
dass sie verpflichtet sei, allein effiziente Kostenstrukturen zu akzeptieren. Dem
entgegen habe die Bundesnetzagentur nur Prüfungsschwerpunkte gebildet und dies
damit begründet, dass eine vollständige Prüfung in Anbetracht der Fülle der
Entgeltgenehmigungsverfahren nicht habe durchgeführt werden können.
Dementsprechend habe sie die von der Antragstellerin angegebenen Kosten an keiner
Stelle auf ihre Effizienz hin geprüft: Bei der Ermittlung der aufwandsgleichen Netzkosten
unter Ziffer 3 b) der Entgeltgenehmigung habe sie – mit Ausnahme der
Personalzusatzkosten – keine Ausführungen dazu gemacht, ob und in welchem Umfang
die angesetzten Kostenpositionen denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren
Netzbetreibers entsprechen. Gleiches gelte für den Ansatz von Kosten, die aufgrund der
Überlassung betriebsnotwendiger Anlagen durch die S. E. entstanden seien. Auch im
übrigen fehlten jegliche Ausführungen zur Prüfung der angesetzten Kosten für
Anlagegüter auf ihre Effizienz, denn die Bundesnetzagentur habe ohne jede eigene
Prüfung die Kostenansätze der Antragstellerin übernommen und damit ihre
vorgeschriebenen Prüfungspflichten verletzt. Dies verwundere vor allen Dingen
deshalb, weil sie bereits im Oktober 2005 im Rahmen eines Vergleichsverfahrens die
Daten aller Netzbetreiber in Deutschland erhoben und die Zusammenfassung der
Ergebnisse im August veröffentlicht habe. Dass die Bundesnetzagentur diese
Ergebnisse völlig unberücksichtigt gelassen habe, sei nicht nachvollziehbar. Auch ohne
Kenntnis der konkreten Kalkulation lasse sich belegen, dass bei der Antragstellerin
tatsächlich erhebliche Kosteneffizienzen bestünden. Ein Vergleich der Gaspreis- und
Netzentgelte – veröffentlicht in dem wöchentlich erscheinenden Newsletter "D. J. E. W."
– zeige, dass die Netzentgelte der Antragstellerin erheblich über dem
Branchendurchschnitt lägen. In der Ausgabe Nr. 17/2007 seien die Entgelte der
Antragstellerin in den Vergleich einbezogen worden. Ihre Netznutzungsentgelte in Höhe
von 2,30 Cent/Kilowattstunde bei einer Abnahme von 10.000 kw/h/a seien mit Abstand
die höchsten des konkreten Vergleichs, woraus der Schluss auf erhebliche Ineffizienzen
gerechtfertigt sei. Dieser Verdacht erhärte sich noch, wenn man die nur sehr
fragmentarisch veröffentlichten Ergebnisse des Vergleichsverfahrens der
Bundesnetzagentur hinzuziehe. Auch der durch das Bundeskartellamt veröffentlichte
Gaspreisvergleich lasse auf erhebliche Ineffizienzen schließen. Die Antragstellerin
nehme in allen Vergleichskategorien einen der hinteren Plätze ein. Das Unterlassen der
erforderlichen Effizienzkontrolle könne die Bundesnetzagentur nicht mit fehlenden
personellen Ressourcen rechtfertigen. Personeller Engpass berechtige sie nicht,
gesetzliche Vorgaben schlicht zu ignorieren. Er – der beigeladene Verband – könne
nicht selbst ermitteln, ob und in welchem Umfang dieses rechtswidrige Handeln zur
Genehmigung überhöhter Netznutzungsentgelte geführt habe, so dass lediglich die
Aufhebung der erteilten Entgeltgenehmigung beantragt werden könne. Unabhängig von
der mangelnden Effizienzkontrolle sei die Entgeltgenehmigung aber auch deshalb
rechtswidrig, weil die Bundesnetzagentur bei der Ermittlung der Tagesneuwerte
Indexreihen der W. zugrundegelegt habe, welche nach ihrer eigenen Erkenntnis
unzureichend und fehlerhaft seien. Die Anwendung dieser so genannten W.-
Indexreihen führe zu sachlich nicht gerechtfertigten überhöhten Tagesneuwerten und
stehe daher im Widerspruch zu den ausdrücklichen Vorgaben der
Gasnetzentgeltverordnung. Die Hoch- bzw. Umrechnung historischer Anschaffungs- und
Herstellungskosten auf Tagesneuwerte erfolge mittels Preisindizes, wobei § 6 Abs. 3
Satz 2 Gasnetzentgeltverordnung die Verwendung solcher Preisindizes vorsehe, die auf
den Indexreihen des Statistischen Bundesamtes beruhen. Da diese nicht unmittelbar auf
das Sachanlagevermögen von Netzbetreibern passten, habe der Verordnungsgeber der
Bundesnetzagentur in § 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 2
Gasnetzentgeltverordnung ausdrücklich eine Festlegungsbefugnis eingeräumt, von der
sie indessen bislang keinen Gebrauch gemacht habe. Ohne diese Festlegung und
entgegen dem klaren Gebot der Gasnetzentgeltverordnung wende die
Bundesnetzagentur die so genannten W.-Indexreihen bei der Ermittlung der
Tagesneuwerte an. Bei diesen handele es sich indessen um Indizes, die im Auftrag der
Netzbetreiber von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. entwickelt worden seien.
Auch wenn Grundlage für die W.-Indizes Indexreihen des Statistischen Bundesamtes
seien, dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die W. solche Werte, die nicht in den
Indexreihen vorhanden seien, selber herleite und nach eigenem Ermessen so genannte
zusammengesetzte Reihen bilde, die sich aus bereits existierenden Indexreihen nach
einer bestimmten Gewichtung zusammensetzen. Gegen die Anwendung der W.-
Indexreihen spreche nicht nur, dass diese im Auftrag der Netzbetreiber entwickelt
worden seien, sondern auch, dass der Verordnungsgeber diese trotz mehrfacher
Vorschläge aus der Netzwirtschaft nicht als Maßstab für die Gasnetzentgeltverordnung
akzeptiert habe. Im übrigen habe die Bundesnetzagentur selbst in einem parallelen
Entgeltgenehmigungsverfahren ausgeführt, ihr lägen Hinweise vor, dass die W.-
Indexreihen zu überhöhten Ansätzen und damit zu überhöhten Netznutzungsentgelten
führen würden. Zu einem weiteren substantiierten Vortrag sei er erst nach umfassender
Akteneinsicht in den ungeschwärzten Entgeltgenehmigungsantrag der Antragstellerin
und die weiteren Unterlagen des Verwaltungsvorgangs in der Lage. In Wahrnehmung
seines Rechts auf rechtliches Gehör könne er erst danach zu der angegriffenen
Entgeltgenehmigung inhaltlich detailliert Stellung nehmen. Die Antragstellerin habe
nicht nur einzelne Zahlenangaben geschwärzt, sondern mehrmals den gesamten Inhalt
einzelner Seiten. Eine Kontrolle der konkreten Angaben sei dringend nötig, denn die
Angaben auf ihrer Homepage seien widersprüchlich.
Er beantragt,
37
den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 19. Dezember 2006 (BK 9-06/228)
aufzuheben.
38
Die Bundesnetzagentur bittet um Zurückweisung der Beschwerde der Antragstellerin.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf die Ausführungen
der Beschlusskammer in dieser. Sie meint, die Antragstellerin habe keinen Anspruch
auf die Genehmigung höherer als der genehmigten Entgelte. Die von der
Beschlusskammer vorgenommene Kürzung der kalkulatorischen Abschreibungen sei
berechtigt und unter Punkt 3 f der angefochtenen Entscheidung auch ausreichend
begründet worden. Auch die Reduzierung des Umlaufvermögens sei nach § 7 Abs. 1
GasNEV geboten, denn nach Sinn und Zweck könnte nur betriebsnotwendiges
39
Umlaufvermögen berücksichtigt werden, was die Antragstellerin nicht substantiiert
dargetan, geschweige denn nachgewiesen habe. Ebenso wenig sei die Ermittlung des
die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Eigenkapitalanteils insoweit zu
beanstanden, als eine "doppelte Deckelung" des Eigenkapitals erfolge. Allein die
Vorgehensweise der Beschlusskammer stelle sicher, dass die rechtlich zwingend
vorgegebene Begrenzung des Eigenkapitalanteils auf 40 % durchgängig für alle
Vermögenspositionen gelte. Die Antragstellerin wolle demgegenüber erreichen, dass ihr
gesamtes tatsächliches Eigenkapital verzinst werde, entweder als Eigenkapital,
zumindest aber wie Fremdkapital. Dafür sei im Rahmen der vorgegebenen rein
kalkulatorischen Kostenbetrachtung indessen kein Raum. Auch die Verzinsung des die
zugelassene Eigenkapitalquote übersteigenden Eigenkapitals mit 4,8 % sei nicht zu
beanstanden. Ein Rückgriff auf die Regelungen der Leitsätze für die Preisermittlung von
Selbstkosten sei verfehlt, weil diese gem. § 3 Abs. 1 Satz 5 GasNEV nur heranzuziehen
seien, soweit keine besonderen Regelungen getroffen sind. Dass die Beschlusskammer
mit der Festlegung eines Zinssatzes in Höhe von 4,8 % die Grenzen des ihr vom
Gesetzgeber eingeräumten Beurteilungsspielraums überschritten habe, habe die
Antragstellerin ebenso wenig dargetan. Der Beschlusskammer stehe ein
Beurteilungsspielraum für die Ermittlung der "vergleichbaren Kreditaufnahmen" und der
Bestimmung des am Kapitalmarkt üblichen Zinssatzes zu, den sie nicht überschritten
habe. Unabhängig davon entspreche der ermittelte Zinssatz von 4,8 % jedenfalls den
rechtlichen Vorgaben. Einen Wagniszuschlag sehe die GasNEV bei dem
Fremdkapitalzinssatz nicht vor. Ohne Erfolg wende die Antragstellerin sich weiter gegen
die Ausweisung einer negativen kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung und der
negativen kalkulatorischen Gewerbesteuer. Erstere sei Ergebnis der
Finanzierungsstruktur des Unternehmens der Antragstellerin, die eine Überschuldung
ausweise, was notwendigerweise zu einer negativen Eigenkapitalverzinsung und eben
nicht zu einem "Gewinn" des Unternehmens führe. Die negative Gewerbesteuer beruhe
ausschließlich auf Folgekürzungen, die sich aus der niedrigeren kalkulatorischen
Eigenkapitalverzinsung ergäben.
Die Beschwerde des beigeladenen Verbands bitten Antragstellerin und
Bundesnetzagentur zu verwerfen. Sie machen geltend, seine Beschwerde sei bereits
unzulässig. Das EnWG sehe deren Erhebung durch einen Verband schon nicht vor.
Auch im übrigen fehle es aber an einer materiellen Beschwer der von ihm vertretenen
Netznutzer. Diese hätten keinen Rechtsanspruch auf die Netzentgeltgenehmigung, das
EnWG sehe eine Drittbeschwerde des Netznutzers daher nicht vor.
40
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze, den beigezogenen Verwaltungsvorgang, den
Senatsbeschluss vom 30. April 2007, durch welchen der Senat das
Akteneinsichtsgesuch des beigeladenen Verbands zurückgewiesen hat, sowie auf das
Protokoll der Senatssitzungen mit den in der Sitzung erteilten Hinweisen und den
Hinweisbeschluss vom 11. Juli 2007 Bezug genommen, auf welche die Beteiligten noch
schriftsätzlich vorgetragen haben.
41
B.
42
Zur Beschwerde des beigeladenen Verbands
43
Die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 2) ist aus den mit den Beteiligten in der
Senatssitzung erörterten Gründen auch als Anfechtungsbeschwerde unzulässig.
44
1. Gegen die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Antragsänderung bestehen aus
der Sicht des Senats keine Bedenken, weil sie den Streitgegenstand nicht verändert
und die bloße Anfechtung gegenüber der ursprünglich begehrten Verpflichtung ein
"minus" darstellt. Sie ist jedenfalls sachdienlich i.S. der zu § 91 VwGO entwickelten
Grundsätze.
45
2. Auch die Anfechtungsbeschwerde ist indessen unzulässig, weil es dem
beigeladenen Verband an der auch insoweit erforderlichen materiellen Beschwer fehlt.
46
2.1. Die bloße sich aus der Verfahrensbeteiligung ergebende Beschwerdebefugnis
reicht für die Zulässigkeit der Anfechtungsbeschwerde nicht aus, denn sie erfordert
ebenfalls eine materielle Beschwer als besondere Form des Rechtsschutzinteresses.
Für das Kartellrecht ist insoweit anerkannt, dass der Beschwerdeführer derart zu seinem
Nachteil betroffen sein muss, dass die angegriffene Entscheidung in seine rechtlich
geschützte Position eingreift. Bei Beigeladenen wird es als ausreichend angesehen,
dass die Entscheidung sich wirtschaftlich unmittelbar nachteilig auswirkt. (Mees in:
Loewenheim/ Meessen/ Riesenkampff, Rdnr. 13 f. zu § 63; Kollmorgen in:
Langen/Bunte, Rdnr. 21 zu § 63; jew. m.w.N.).
47
An einem solchen Eingriff in eine rechtlich geschützte Position oder unmittelbaren
wirtschaftlichen Nachteilen des Netznutzers fehlt es indessen. Insoweit nimmt der Senat
Bezug auf seine Ausführungen in dem das Akteneinsichtsgesuch des Verbands
betreffenden Senatsbeschluss vom 30. April 2007. In diesem hat der Senat ausgeführt:
48
"Der von der Genehmigung betroffene Netznutzer kann die Entgeltgenehmigung
des § 23 a EnWG weder beantragen noch von der Regulierungsbehörde eine
bestimmte Entscheidung beanspruchen. Der ex-ante Entgeltgenehmigung nach
§ 23 a EnWG diente ganz offensichtlich die Tarifgenehmigung nach § 12 BTOElt
zum Vorbild (vgl. nur: Salje, Rdnr. 11 zu § 23 a). Für diese ist anerkannt, dass sie
durch einen Tarifkunden nicht angefochten werden kann, weil dieser nicht
klagebefugt i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO ist. Die Genehmigung nach § 12 BTOElt hat im
Tarifkundenverhältnis keine unmittelbare Wirkung, da der genehmigte Tarif erst
noch durch die Veröffentlichung nach § 4 Abs. 2 AVBElt zivilrechtlich umgesetzt
werden muss und das Elektrizitätsversorgungsunternehmen hierbei durch die
Tarifgenehmigung nur als Höchstpreisregelung gebunden ist. Auch bezweckt § 12
BTOElt nicht den Schutz der Belange des einzelnen Tarifkunden, sondern soll nur
eine Tarifpreisgestaltung gewährleisten, die dem Interesse der Gesamtheit der
Tarifkunden an einer möglichst sicheren und preisgünstigen Elektrizitätsversorgung
Rechnung trägt. Ihr kommt daher kein drittschützender Charakter zu, so dass der
Tarifkunde auf die inhaltliche Kontrolle der Tarifhöhe im Zivilrechtsweg beschränkt
ist (BVerwGE 95, 133 ff.). Nichts anderes kann für den Rechtsschutz der Netznutzer
gelten, denn auch bei der Entgeltgenehmigung nach § 23 a EnWG handelt es sich
um eine Höchstpreisgenehmigung, die der zivilrechtlichen Umsetzung bedarf und
nicht dem Schutze des einzelnen Netznutzers dient. Den in § 1 EnWG
niedergelegten Zwecken des Energiewirtschaftsgesetzes lässt sich ein solcher
Drittschutz ebenso wenig entnehmen. Gemäß § 1 Abs. 1 EnWG soll eine möglichst
sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche
leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas
sichergestellt werden, als "Unterziele" nennt Abs. 2 die "Sicherstellung eines
wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs" und die "Sicherung eines langfristig
49
angelegten, leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von
Energieversorgungsnetzen". Zielsetzung wie auch die in § 23 a EnWG geregelte
Entgeltregulierung bringen zum Ausdruck, dass es dem Gesetzgeber nicht um die
Interessen einzelner Netznutzer oder Wettbewerber, sondern um die Förderung der
gemeinsamen Nutzerinteressen durch Förderung des Wettbewerbs ging. ……"
An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest. Eine
verbindliche Fixierung der regulierungsbehördlich gestatteten
Netznutzungsnutzungsentgelte erfolgt im Verhältnis Netznutzer – Netzbetreiber erst
durch dessen unternehmerische Entscheidung. Diese ihm überlassene Umsetzung ist –
wie der Senat schon in dem in Bezug genommenen Beschluss zum Ausdruck gebracht
hat – ein Vorgehen nach § 315 Abs. 1 BGB, das daher grundsätzlich der
Billigkeitskontrolle unterliegt. Dass dabei der regulierungsbehördlichen Gestattung eine
Indizfunktion hinsichtlich der Billigkeit zukommen mag, ändert daran nichts, sondern
führt allenfalls zu hohen Anforderungen an die Substantiierungslast des Netznutzers
(s.a. Büdenbender/Rosin, Energierechtsreform 2005, S. 230).
50
2.2. Auch Sinn und Zweck der Beiladungsvorschriften und das Gebot effektiven
Rechtsschutzes erfordern es entgegen der Auffassung des beigeladenen Verbands
nicht, ihm eine Beschwerdemöglichkeit einzuräumen.
51
Wie der Senat schon in anderem Zusammenhang ausgeführt hat, erfüllen
Verfahrensbeteiligungen keinen Selbstzweck, sondern haben grundsätzlich nur eine
dienende Funktion gegenüber dem Verfahrensziel. Nur demjenigen, dem eine
materielle Rechtsposition zusteht, bietet seine Verfahrensbeteiligung Schutz mit Blick
auf die bestmögliche Verwirklichung dieser Position bei der verfahrensabschließenden
Entscheidung. Fehlt eine solche Rechtsposition, so dient die Verfahrensbeteiligung in
der Regel nur dem objektiv-rechtlichen Ziel einer breiteren Beurteilungs- und damit
besseren Entscheidungsgrundlage, so dass auch der Anspruch des einfach
Beigeladenen auf rechtliches Gehör in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise
zugunsten des von der Entscheidung materiell Betroffenen eingeschränkt werden kann.
52
Anderes gilt nur für die Beigeladenen, deren Rechtsstellung der eines notwendig
Beigeladenen nach § 65 VwGO entspricht. Notwendig ist eine Beiladung entsprechend
§ 83 Abs. 1 Satz 4 EnWG, wenn ein Dritter an dem streitigen Rechtsverhältnis derart
beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann.
Er ist durch die Entscheidung nicht nur wirtschaftlich, sondern in seinen subjektiven
Rechten betroffen. Weil der Ausgang des Verfahrens diesen Beizuladenden unmittelbar
in seinen Rechten verletzen kann, ist seine Beiladung notwendig. § 83 Abs. 1 Satz 4
EnWG stellt ihn daher den Hauptbeteiligten i.S.d. § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EnWG gleich.
53
Nach der Rechtsprechung des Senats fehlt es daran aber regelmäßig im Verhältnis zum
Netznutzer, weil es sich bei der Entgeltgenehmigung nach § 23 a EnWG nur um ein
Höchstentgelt handelt, das keine unmittelbare Wirkung auf die Vertragsverhältnisse
zwischen dem Netzbetreiber und den Netznutzern hat (Senat, Beschlüsse vom 6. Juli
2006, VI-3 Kart 144-149/06 (V), vom 2. November 2006, VI-3 Kart 165/06 (V) und vom
22. November 2006, VI -3 Kart 466/06 (V)).
54
3. Auf die von dem beigeladenen Verband erhobenen Einwendungen gegen die
materielle Rechtmäßigkeit der Entgeltgenehmigung kommt es daher nicht an. Dabei
kann der beigeladene Verband nichts aus dem Umstand herleiten, dass das
55
Beschwerdegericht den Sachverhalt nach § 82 Abs. 1 EnWG, der § 70 Abs. 1 GWB und
§ 86 Abs. 1 VwGO nachgebildet ist, von Amts wegen zu erforschen hat. Das
Amtsermittlungsprinzip gilt nicht uneingeschränkt, vielmehr richtet sich der Umfang der
dem Beschwerdegericht obliegenden Ermittlungstätigkeit nach den von den Beteiligten
– zulässigerweise – gestellten Anträgen. Der Rahmen der Ermittlungen wird folglich
durch die angefochtene Entscheidung und - zulässig gestellte - Beschwerdeanträge
nach § 78 Abs. 4 EnWG bestimmt (Salje, EnWG, 2006, Rdnr. 4 zu § 82; für das GWB:
Mees in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2, 2006, Rdnr. 3 zu §
70; Kollmorgen in: Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen
Kartellrecht, Bd. 1, 2006, Rdnr. 2 zu § 70).
C.
56
Zur Beschwerde der Antragstellerin
57
Die von ihr erhobene Beschwerde ist als Verpflichtungsbeschwerde nach § 75 Abs. 3
EnWG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
58
In der Sache hat die Beschwerde teilweise vorläufigen Erfolg. Die teilweise Versagung
der begehrten Genehmigung ist hinsichtlich der Berechnung der kalkulatorischen
Eigenkapitalverzinsung sowie der kalkulatorischen Gewerbesteuer der Netzbetreiberin
und der Kürzung der kalkulatorischen Abschreibungen für die Anlagengruppe
"Rohrleitungen/Hausanschlussleitungen Stahl kathodisch geschützt" beim
Netzeigentümer und den sich daraus ergebenden Folgekürzungen rechtswidrig und
verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Rechten.
59
Die weitergehende Beschwerde ist unbegründet.
60
Zu den von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde angegriffenen Punkten, in denen
sie die Würdigung der Regulierungsbehörde und deren Rechtsansicht angreift und die -
wie oben dargelegt – den Rahmen des Beschwerdeverfahrens bestimmen, gilt im
Einzelnen Folgendes:
61
1. Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, dass die Bundesnetzagentur bei der Berechnung
der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung des Netzeigentümers an Forderungen und
sonstigen Vermögensgegenständen statt der von ihr zugrunde gelegten ... € nur ... €
berücksichtigt und damit das Umlaufvermögen um ... € gekürzt hat.
62
1.1. Verfehlt ist ihr Einwand, Art und Weise und die Rechtfertigung der vorgenommenen
Kürzung lägen im Dunkeln, weil die Beschlusskammer auf Seite 29 ihres Beschlusses
vom 19. Dezember 2006 diese nur damit begründet habe, dass sie – die Antragstellerin
– "in ihrer Stellungnahme keine überzeugenden Gründe genannt habe, die die
Anerkennung höherer Forderungsbestände rechtfertigen könnten". Dabei übersieht sie,
dass die Beschlusskammer bereits zuvor auf Seite 11 zur Kürzung des
Umlaufvermögens in grundsätzlicher Hinsicht folgendes ausgeführt hat:
63
"Hinsichtlich des geltend gemachten Umlaufvermögens hat die Beschlusskammer zur
Beurteilung der Betriebsnotwendigkeit auf Kennzahlen der Deutschen Bundesbank
zurückgegriffen, die diese im Rahmen von jährlich durchgeführten Analysen der Ertrags-
und Finanzierungsverhältnisse deutscher Unternehmen ermittelt (vgl. Deutsche
Bundesbank, Monatsbericht Oktober 2005). In der Gesamtbetrachtung über alle
64
Branchen ergibt sich hieraus für das Jahr 2003 ein Anteil der Bankguthaben (inklusive
Wertpapiere und Kassenbestände) am Umsatz in Höhe von 5,38 %. Der Anzahl der
Forderungen am Umsatz beträgt hiernach 19,82 %. Beide Anteile sind seit dem Jahr
2001 relativ stabil geblieben. Auch im verarbeitenden Gewerbe liegen die relevanten
Kennzahlen nicht deutlich höher. Für das Jahr 2003 betrug der Anteil der Forderungen
am Umsatz 22,4 %.
Unter Berücksichtigung dieser Kennzahlen und eines Sicherheitszuschlags wird von
der Beschlusskammer ein über einen Monatsumsatz (= 8,33 %) hinausgehender Anteil
der liquiden Mittel (Bankguthaben inklusive Wertpapiere und Kassenbestände) an den
gesamten Netzkosten als unverhältnismäßig hoch angesehen, es sei denn, das
Unternehmen kann besondere Umstände nachweisen, die einen höheren Ansatz
rechtfertigen. Der von der Beschlusskammer maximal anerkannte Anteil der
Forderungen an den Netzkosten beträgt 25 %. Die Höhe der Forderungen ist somit auf
drei Monatsumsätze (inklusive Sicherheitszuschlag) begrenzt. Ein Forderungsbestand,
der diese Obergrenze überschreitet, kann nur anerkannt werden, wenn plausibel
dargelegt wird, dass die geltend gemachten Forderungen im vorliegenden Einzelfall
gerechtfertigt sind.
65
Es kann bei im Wettbewerb stehenden Unternehmen davon ausgegangen werden, dass
diese effizient wirtschaften und dass die liquiden Mittel bzw. Forderungsbestände somit
betriebsnotwendig sind. Bei den Betreibern von Gasversorgungsnetzen handelt es sich
jedoch nicht um im Wettbewerb stehende Unternehmen. Da keine sonstigen Umstände
erkennbar sind, die einen höheren (betriebsnotwendigen) Anteil des Umlaufvermögens
im Energiesektor rechtfertigen würden, ist ein höherer Anteil der liquiden Mittel bzw. der
Forderungsbestände bezogen auf die Netzkosten nicht mit § 7 Abs. 1 GasNEV
vereinbar. Entgegen dem Einwand zahlreicher Unternehmen gebietet der Wechsel von
Investitionszyklen, d. h. Zeitabschnitte mit erhöhten Investitionen, die von
Zeitabschnitten mit niedrigen Investitionen abgelöst werden, keinen pauschal erhöhten
Liquiditätsaufbau. Selbst wenn die meisten Anlagegüter lange Abschreibungszeiträume
aufweisen, sind diese in der Regel zeitversetzt, so dass aus den verdienten
Abschreibungen Mittel für neue Investitionen zur Verfügung stehen. Werden für einen
längeren Zeitraum keine Investitionen getätigt, ist es aus betriebswirtschaftlicher Sicht
nicht effizient, liquide Mittel zu horten.
66
Die Beschlusskammer hat deshalb die von der Deutschen Bundesbank gebildeten
Durchschnittswerte herangezogen und hierauf noch einen substanziellen
Sicherheitsaufschlag vorgenommen. …."
67
1.2. Die Begründung trägt die angegriffene Kürzung. Ohne Erfolg macht die
Antragstellerin geltend, das tatsächlich vorhandene Umlaufvermögen müsse kraft
Verordnung ohne weiteres in die Berechnung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals
einfließen, so dass die Bundesnetzagentur schon dem Grunde nach nicht zu einer
Kürzung berechtigt sei. Auch die von ihr gegen die Methodik und das Ergebnis
vorgebrachten Einwände sind nicht gerechtfertigt.
68
1.2.1. Zur Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung bestimmt § 7 Abs. 1
GasNEV, dass diese auf der Grundlage des betriebsnotwendigen Eigenkapitals erfolgt,
das sich unter Berücksichtigung der Eigenkapitalquote nach § 6 Abs. 2 aus der Summe
der
69
1. kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der betriebsnotwendigen
Altanlagen bewertet zu historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten und
multipliziert mit der Fremdkapitalquote,
70
2. kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der betriebsnotwendigen
Altanlagen bewertet zu Tagesneuwerten und multipliziert mit der Eigenkapitalquote,
71
3. kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens der Neuanlagen bewertet zu
historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten und
72
4. Bilanzwerte der Finanzanlagen und Bilanzwerte des Umlaufvermögens unter Abzug
des Steueranteils der Sonderposten mit Rücklageanteil
73
und unter Abzug des Abzugskapitals und des verzinslichen Fremdkapitals ergibt.
74
Nach § 7 Abs. 1 GasNEV sind damit bei der Ermittlung des betriebsnotwendigen
Eigenkapitals, das Grundlage der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung ist, zwar
grundsätzlich die Bilanzwerte des Umlaufvermögens zu berücksichtigen. Die
Netzkosten und ihre Bestandteile stehen unabhängig davon aber – wie der Senat schon
in seinem Hinweisbeschluss vom 11. Juli 2007 erläutert hat - gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1
EnWG, § 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 GasNEV ausdrücklich unter dem Vorbehalt, dass sie
denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen
müssen. Der Netzbetreiber muss sich daher bei seiner unternehmerischen
Entscheidung, welches Finanzanlage- und Umlaufvermögen er für seinen Betrieb als
zweckmäßig ansieht, zunächst an einem effizienten und strukturell vergleichbaren
Netzbetreiber orientieren, wenn und soweit er dessen Verzinsung über die
Eigenkapitalverzinsung in den Netzentgelten abbilden will. Kommt es nicht schon hier
zu einer Kappung der Eigenkapitalverzinsung als Teil des Netzentgelts, so ist auf einer
weiteren Stufe zu prüfen, ob entgegen dem Gebot des § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG bei
dem ermittelten Eigenkapital solche Kostenbestandteile Berücksichtigung gefunden
haben, die bei funktionsfähigem Wettbewerb nicht in Ansatz gebracht worden wären.
Auch dieses Korrektiv soll nach dem Willen des Verordnungsgebers in die Bildung der
Entgelte einfließen. Zwar ist das Gebot der Eliminierung nicht wettbewerbsanaloger
Kosten in die Netzentgeltverordnungen nicht übernommen worden. Der
Verordnungsgeber hat in der Begründung zu § 4 GasNEV indessen ausdrücklich
ergänzend auf den gesetzlichen Maßstab nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG verwiesen,
aus dem sich ergibt, "dass bei der Netzkostenermittlung im Einzelnen alle
aufwandsgleichen und kalkulatorischen Kosten oder Kostenbestandteile, die sich ihrem
Umfang nach im Wettbewerb nicht einstellen würden, grundsätzlich nicht
berücksichtigungsfähig sind" (s. Begründung zu § 4 GasNEV BR-Drs. 247/05, S. 26).
75
1.2.2. Ob und inwieweit der Netzbetreiber im Rahmen des
Entgeltgenehmigungsverfahrens primär zur Darlegung verpflichtet ist, dass er auch
unter dem hypothetischen Druck eines Wettbewerbers das gegenständliche bilanzielle
Umlaufvermögen vorhalten würde, kann vorliegend dahinstehen. Auf diese zwischen
den Beteiligten streitige Frage kommt es hier nicht weiter an, weil die von der
Beschlusskammer nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG vorgenommene Kürzung in der
Sache nicht zu beanstanden ist (s. nachfolgend 1.2.3.f.) und das Vorbringen der
Antragstellerin jedenfalls nicht den Ansatz eines höheren Forderungsbestands als Teil
des Umlaufvermögens rechtfertigen kann (s.u.1.2.5.).
76
1.2.3. Die von der Beschlusskammer vorgenommene Kürzung des Umlaufvermögens
auf das "betriebsnotwendige" stellt nach dem Inhalt ihrer Begründung eine Eliminierung
nicht wettbewerbsanaloger Kostenbestandteile dar. Die Beschlusskammer hat das
Umlaufvermögen unter Zuhilfenahme der Kennzahlen der Deutschen Bundesbank über
die Ertrags- und Finanzierungsverhältnisse im Wettbewerb stehender deutscher
Unternehmen auf ein wettbewerbsanaloges Maß zurückgeführt. Dabei hat sie die
wettbewerbskonforme Höhe des Umlaufvermögens geschätzt, indem sie auf die
Kennzahlen in der Deutschen Bundesbank zurückgegriffen hat, die diese im Rahmen
von jährlich durchgeführten Analysen der Ertrags-und Finanzierungsverhältnisse
deutscher Unternehmen ermittelt hat (Monat Oktober 2005). Danach war in der
Gesamtbetrachtung über alle Branchen für das Jahr 2003 ein Anteil der Bankguthaben
(inklusive Wertpapiere und Kassenbestände) am Umsatz in Höhe von 5,375 %
festzustellen. Der Anteil der Forderungen am Umsatz betrug 19,82%. Beide Anteile
waren seit dem Jahr 2001 verhältnismäßig stabil. Unter Berücksichtigung dieser
Kennzahlen und eines Sicherheitszuschlages hat die Beschlusskammer 8,33% der
Netzkosten, die nach EnWG und GasNEV dem kostenbasierten Umsatz entsprechen
sollen, als verzinsbare liquide Mittel (Bankguthaben inklusive Wertpapiere und
Kassenbestände) und 25% der Netzkosten als verzinsbare Forderungen akzeptiert.
77
Diese Vorgehensweise begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Dabei muss
berücksichtigt werden, dass § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG der Regulierungsbehörde keine
uneingeschränkte Nachweispflicht dahin auferlegen kann, dass im Falle einer
wettbewerblichen Steuerung des Netzbetreibers einzelne Kosten und
Kostenbestandteile nicht angefallen wären. Ein solcher vollständiger Nachweis ließe
sich nicht führen, weil eine hypothetische Situation in den Blick zu nehmen ist. Von
daher ist es ausreichend, aber auch erforderlich, wenn – wie hier - eine hinreichende,
empirisch belegbare Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der konkrete
Kostenbestandteil atypisch für wirtschaftliches Verhalten im Wettbewerb und von daher
monopolistisch begründet ist.
78
Die Bundesnetzagentur hat hierzu in der Senatssitzung vom 7. September 2007 und
dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 28. September 2007 noch erläuternd
ausgeführt, dass die jüngste statistische Sonderveröffentlichung 6 der Deutschen
Bundesbank vom Januar 2007 ihren Ansatz bestätige. Danach liegt der Anteil der
liquiden Mittel bei allen Wirtschaftszweigen einschließlich der Energie-und
Wasserversorgungsbranche bei 4,4% des Umsatzes und der der kurzfristigen
Forderungen bei 20,4% des Umsatzes und damit unter den von ihr zugrundegelegten
Schwellenwerten. Unter diesen liegen auch die Werte für das verarbeitende Gewerbe
mit 4,8% und 22%. Selbst wenn man – was sie nicht für nötig halte – nur die Branche
der Energie-und Wasserversorgung betrachte, liege die Quote für die liquiden Mittel mit
4,4% deutlich unter dem von ihr angenommenen Wert. Lediglich der
branchenspezifische Wert von 31,4% für kurzfristige Forderungen überschreite den von
ihr angenommenen Wert, wobei jedoch beide zusammengefasst mit insgesamt 35,9%
nur geringfügig über dem von ihr gewählten Ansatz von 33,3% lägen.
79
Gestützt wird der von der Beschlusskammer gewählte Ansatz schließlich durch einen
Vergleich mit dem nationalen Netzbetreiber in dem in Großbritannien regulierten Markt.
Nach den dem annual report and accounts 2006/2007 n. g. g. entnommenen Zahlen
wies dieses Unternehmen einen Anteil liquider Mittel von 7,6% und einen Anteil von
15,1% des Umsatzes an Forderungen und damit ebenfalls Werte auf, die unter dem von
der Beschlusskammer gewählten Ansatz liegen.
80
1.2.4. Die von der Antragstellerin gegen die Methodik und das Ergebnis vorgebrachten
Einwände greifen nicht durch.
81
Sie meint zunächst, eine Eliminierung nicht wettbewerbsanaloger Kostenbestandteile
komme im Entgeltgenehmigungsverfahren schon dem Grunde nach nicht in Betracht.
Aus den einschlägigen Normen des EnWG und der GasNEV ergebe sich abschließend,
welche Vorgaben im Netzentgeltgenehmigungsverfahren nach § 23 a EnWG zu
beachten seien und unter welchen Voraussetzungen die vom Antragsteller beantragten
Kosten oder Kostenbestandteile gekürzt werden dürfen. Der vom Senat herangezogene
Grundsatz aus § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG sei in dem Genehmigungsverfahren nach § 23
a EnWG unbeachtlich, da er nach der Konzeption des Gesetzgebers ausschließlich für
die nachträgliche Missbrauchsaufsicht vorgesehen sei.
82
Dieser Einwand kann keinen Erfolg haben. § 21 EnWG sieht im Ausgangspunkt eine
kostenorientierte Kalkulation der Netznutzungsentgelte vor, für welche die
Netzentgeltverordnungen nähere Einzelheiten insbesondere zum Inhalt der vom
Netzbetreiber zu erstellenden kalkulatorischen Rechnung vorgeben. Um zu verhindern,
dass Kosten "produziert" und seitens der Netzbetreiber als Monopolisten in Entgelte
überführt werden, enthält § 21 EnWG mehrere Korrekturfaktoren, die nicht in einem
Alternativverhältnis zueinander stehen. Mit ihrer Hilfe sollen die Ergebnisse korrigiert
werden können, die sich ansonsten bei uneingeschränkter Anwendung der Grundsätze
der kalkulatorischen Entgeltbildung unter Beachtung der Netzentgeltverordnung
ergeben würden.
83
Zu den entgeltdämpfenden Korrekturfaktoren zählen u.a. die Vorgaben, dass die Kosten
des Netzbetreibers denjenigen eines effizienten und strukturell vergleichbaren
Netzbetreibers entsprechen müssen und solche Kostenkomponenten, die sich in ihrem
Umfang im Wettbewerb nicht einstellen würden, nicht berücksichtigt werden dürfen.
Weiterer Korrekturfaktor ist das Vergleichsverfahren nach § 21 Abs. 3, 4 EnWG, das
durch §§ 22 ff. StromNEV und §§ 21 ff. GasNEV konkretisiert worden ist. In diesem
Vergleichsverfahren werden Kosten, Entgelte und Erlöse der Betreiber von
Energieversorgungsnetzen – also von Monopolunternehmen untereinander –
verglichen. Soweit sich das Vergleichsverfahren auf Kosten bezieht, ergänzt es den
Korrekturfaktor der "Kosten eines effizienten und strukturell vergleichbaren
Netzbetreibers". Neben dieser Kostenkorrektur steht - was die Antragstellerin verkennt –
die des § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG, der auf die fiktive Situation von
Wettbewerbsverhältnissen abstellt, also auf für Wettbewerbsmärkte gewonnene
Verhältnisse. Da das Vergleichsverfahren nach § 21 Abs. 3, 4 EnWG nur
Monopolsituationen gegenüber stellt, kommt dem Grundsatz des § 21 Abs. 2 Satz 2
EnWG eine davon losgelöste Korrekturfunktion zu.
84
Dass – wie die Antragstellerin weiter meint – der Maßstab der Wettbewerbsanalogie
nicht im Entgeltgenehmigungsverfahren, sondern nur unabhängig von diesem in einem
gesonderten Missbrauchsverfahren berücksichtigt werden kann, lässt sich nach Wortlaut
und Systematik der Normen nicht vertreten.
85
§ 21 EnWG sieht diesen Korrekturfaktor in Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich vor. Dass § 23 a
EnWG in Abs. 1 lediglich die Genehmigungspflicht für kostenorientierte Entgelte nach §
21 Abs. 2 Satz 1 EnWG anspricht, steht dem nicht entgegen. § 23 a Abs. 2 EnWG sieht
in materiellrechtlicher Hinsicht ausdrücklich vor, dass die Genehmigung zu erteilen ist,
86
soweit die Entgelte den Anforderungen des Gesetzes und den aufgrund der § 24
erlassenen Rechtsverordnungen entsprechen, so dass auch der Maßstab der
Wettbewerbsanalogie erfasst wird. Korrespondierend damit schließt § 30 Abs. 1 Nr. 5
letzter HS EnWG die Durchführung eines Missbrauchsverfahrens wegen eines nicht
wettbewerbsanalogen Entgelts dann aus, wenn das Entgelt die Obergrenze der dem
Unternehmen nach § 23 a EnWG erteilten Genehmigung nicht überschreitet. Mit diesem
Verständnis steht es schließlich im Einklang, dass der Verordnungsgeber in der
Begründung zu § 4 GasNEV ausdrücklich festgehalten hat, dass auch der Maßstab des
§ 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG angewendet werden muss.
Unbeachtlich ist auch der Einwand der Antragstellerin, es fehle an einer den
Grundsätzen des § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG, §§ 4 Abs. 1, Abs. 2 GasNEV
entsprechenden Vergleichsbetrachtung, weil – jedenfalls auch - auf die Kosten bzw.
Bilanzkennzahlen anderer strukturell vergleichbarer Gasnetzbetreiber hätte abgestellt
werden müssen. Die Antragstellerin verkennt dabei, dass es hier nicht um den Vergleich
nach § 21 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3, 4 EnWG geht, bei dem nur Monopolunternehmen
untereinander verglichen werden. Vielmehr hat § 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG die Aufgabe,
im Wege des Als-Ob-Wettbewerbs auf fiktive Wettbewerbssituationen und damit auf für
Wettbewerbsmärkte gewonnene Erkenntnisse abzustellen und solche Kosten/-
bestandteile zu eliminieren, die für wirtschaftliches Verhalten im Wettbewerb atypisch
und daher monopolistisch begründet sind. Etwaigen strukturellen Besonderheiten der
Gasbranche hat die Beschlusskammer dadurch Rechnung getragen, dass sie die
ermittelten Werte mit einem Sicherheitszuschlag versehen hat. Dass dieser ausreichend
ist, belegen schon die sich aus der Sonderveröffentlichung 2007 ergebenden Daten für
alle Wirtschaftszweige. Anderes kann auch die Antragstellerin nicht aufzeigen, die in
erster Linie unternehmensindividuelle Faktoren wie ihren Liquiditätsbedarf für
Ersatzinvestitionen sowie vermeintliche Liquiditätsschwankungen anführt. Ihnen lässt
sich schon nicht entnehmen, dass in der Branche strukturelle Besonderheiten bestehen,
die einen darüberhinausgehenden Sicherheitszuschlag erfordern würden.
87
Fehl geht auch der Einwand, nicht der Umsatz, sondern die Bilanz sei die geeignete
Referenzgröße zur Bestimmung des Schwellenwerts. Letztere kann keinerlei Aussagen
über die Zahlungsflüsse im Unternehmen und damit über das Verhältnis zwischen
diesen und dem Umlaufvermögen machen. Der Umsatz hingegen bildet die
Zahlungseingänge ab, die der Schaffung von Liquidität zur Finanzierung des operativen
Geschäfts und damit dem Umlaufvermögen dienen.
88
Keine Bedenken hat der Senat auch gegen den Ansatz von Durchschnittswerten, zumal
diese zugleich ein effizientes Unternehmen widerspiegeln. Dass wie bei § 19 Abs. 4
GWB ein Erheblichkeitszuschlag berücksichtigt werden muss, weil nur eine spürbare
Abweichung missbräuchlich sein kann, geht fehl, denn hier geht es nicht um
Missbrauch, sondern um Netzentgelte, die um Monopolfaktoren bereinigt werden sollen.
Ebenso wenig war es fehlerhaft, langfristige Forderungen nicht zu berücksichtigen.
Solche sind nach der Definition des Deutschen Bundesbank den Finanzanlagen
zuzurechnen und von daher nicht Bestandteil des gekürzten Umlaufvermögens, das nur
der kurzfristigen Finanzierung des operativen Geschäfts dient.
89
Schließlich ist auch nicht zu erkennen, dass die Bildung separater Kennzahlen für den
Kassenbestand und die kurzfristigen Forderungen als Bestandteile des
Umlaufvermögens nicht sachgerecht ist, denn auch die Deutsche Bundesbank weist
diese Bilanzpositionen in ihrer Statistik getrennt aus.
90
Auch das Vorbringen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 18. Oktober 2007 rechtfertigt
keine abweichende Beurteilung. Auf die von der Bundesnetzagentur weiter noch
stützend herangezogenen Werte des Kassen- und Forderungsbestands der übrigen
Gasnetzbetreiber, über deren Entgeltgenehmigungsanträge sie zu entscheiden hatte,
kommt es nicht entscheidend an. Zu Unrecht wendet die Antragstellerin weiter ein,
entsprechend müssten dann auch die mit dem Umlaufvermögen zusammenhängenden
Schuldposten – das Abzugskapital – vermindert werden. Die Reduzierung des nicht
wettbewerbskonformen Umlaufvermögens entspricht den Bestimmungen des EnWG,
während eine Kürzung der Abzugsposten nach dem EnWG oder der GasNEV nicht
vorgesehen ist. Die bilanziell orientierte Argumentation übersieht zudem, dass es bei
der Entgeltermittlung nicht um die Aufstellung einer Bilanz, sondern um eine rein
kalkulatorische Rechnung geht.
91
1.2.5. Dass demgegenüber unternehmensindividuelle Eigenschaften und
Besonderheiten der Antragstellerin den Ansatz des von ihr geltend gemachten
Forderungsbestands in Höhe von ... € für die Kalkulationsperiode rechtfertigen, hat sie
weder im Verwaltungs- noch im Beschwerdeverfahren aufzeigen können. Ihr Vorbringen
im Verwaltungsverfahren beschränkte sich auf allgemeine Aussagen zur Notwendigkeit
von Finanzmitteln. Soweit sie nunmehr darauf abstellt, dass das Umlaufvermögen der
Realisierung zukünftiger Investitionen und zum Ausgleich von Liquiditätsschwankungen
dienen solle, verkennt sie nicht nur, dass dieser Umstand im Rahmen des
Entgeltgenehmigungsantrags nach § 23a EnWG durch die betreffende
Kalkulationsperiode beschränkt wird, sondern auch, dass dabei die monatlichen
Mittelzuflüsse nicht außer Betracht bleiben können. Zum Umlaufvermögen (oder
Betriebskapital) eines Unternehmens gehören nur solche Vermögensgegenstände, die
umlaufen bzw. umgesetzt werden sollen, deren Bestand sich also durch Zu- und
Abgänge häufig ändert. Sie befinden sich nur kurze Zeit im Unternehmen und dienen
nicht, wie das Anlagevermögen, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb. Schon von daher
kann in das vom Netznutzer per saldo zu verzinsende Umlaufvermögen nur die
Liquidität eingestellt werden, die für Investitionen der laufenden Genehmigungsperiode
benötigt wird. Ob und inwieweit Liquiditätsschwankungen ausgeglichen werden
müssen, lässt sich verlässlich nur anhand einer Gegenüberstellung von Mittelzu- und
abflüssen darstellen. Da der geltend gemachte Liquiditätsbedarf Ersatzinvestitionen in
den Jahren 2007 – 2012 und damit ganz überwiegend nicht die hier maßgebliche
Kalkulationsperiode betrifft, spricht im übrigen nichts dafür, dass ein im Wettbewerb
stehendes Unternehmen über einen solchen Zeitraum Finanzmittel im Umlaufvermögen
vorhalten würde.
92
2. Der weiterhin geltend gemachte Einwand, das nach § 7 Abs. 1 Satz 2 – 4 GasNEV
ermittelte betriebsnotwendige Eigenkapital des Netzeigentümers sei in vollem Umfang
und nicht gedeckelt durch die Eigenkapitalquote mit dem Eigenkapitalzinssatz des § 7
Abs. 6 Satz 2 GasNEV von 7,8 % zu verzinsen, greift nicht durch.
93
Die von der Bundesnetzagentur angewandte Methode der Verzinsung des von ihr
ermittelten betriebsnotwendigen Eigenkapitals ist nach der Rechtsprechung des Senats
nicht zu beanstanden.
94
Zur Bestimmung der für die Netznutzungsentgelte maßgeblichen Netzkosten ist gemäß
§ 4 Abs. 2 S. 1, 2 GasNEV eine Kostenartenrechnung zu erstellen, die u.a. eine
kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung nach § 7 GasNEV enthält. In § 7 GasNEV wird –
95
wie bereits vorstehend ausgeführt - damit die Maßgabe des § 21 Abs. 2 Satz 1 EnWG
umgesetzt, wonach die Ermittlung der Entgelte unter Berücksichtigung einer
angemessenen Verzinsung des gebundenen Eigenkapitals zu erfolgen hat. Dabei sieht
§ 7 Abs. 1 GasNEV die Verzinsung des Eigenkapitals auf der Grundlage des
betriebsnotwendigen Eigenkapitals, das in den Absätzen 1 und 2 näher definiert wird,
mit der Maßgabe vor, dass die kalkulatorisch ansetzbare Eigenkapitalquote gem. § 6
Abs. 2 GasNEV auf 40 % begrenzt ist. Bis zur erstmaligen Festlegung des
Eigenkapitalzinssatzes durch die Regulierungsbehörde beträgt dieser auf dem
Gassektor für Altanlagen 7,8 % und für Neuanlagen 9,21 %. Das die Quote von 40 %
überschreitende betriebsnotwendige Eigenkapital ist wie Fremdkapital zu verzinsen.
Die Beschlusskammer hat die Berechnung der Eigenkapitalverzinsung entsprechend
dem Positionspapier der Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder vom 7.
März 2006 in vier Schritten vorgenommen:
96
1. Ermittlung der kalkulatorischen Eigenkapitalquote ( § 6 Abs. 2 S. 3 GasNEV).
97
2. Ermittlung des "betriebsnotwendigen Eigenkapitals" (§ 7 Abs. 1 S. 2 GasNEV)
98
3. Ermittlung des die "zugelassene Eigenkapitalquote" übersteigenden
Eigenkapitalanteils (§ 7 Abs. 1 S. 3 GasNEV).
99
4. Ermittlung der Zinsen für die einzelnen Eigenkapitalanteile (§ 7 Abs. 6 Satz 1, Abs. 1
Satz 3).
100
Schritt 1 folgt daraus, dass sich nach § 7 Abs. 1 S. 2 GasNEV das "betriebsnotwendige
Eigenkapital unter Berücksichtigung der Eigenkapitalquote nach § 6 Abs. 2 GasNEV"
ergibt. Die kalkulatorische Eigenkapitalquote errechnet sich als Quotient aus dem
betriebsnotwendigen Eigenkapital (so gen. Betriebsnotwendiges Eigenkapital I) und
dem betriebsnotwendigen Vermögen (so gen. Betriebsnotwendiges Vermögen I) zu
Anschaffungs- und Herstellungskosten. Nach § 6 Abs. 2 S. 4 GasNEV wird sie für die
Berechnung der Netzentgelte auf 40 % begrenzt.
101
Schritt 2: Hier ermittelt die Bundesnetzagentur das "betriebsnotwendige Eigenkapital"
(so gen. Betriebsnotwendiges Eigenkapital II) nach § 7 Abs. 1 S. 2 GasNEV durch
Bildung der Summe der Aktiva nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 – 4 GasNEV (so gen.
Betriebsnotwendiges Vermögen II) abzüglich Abzugskapital und verzinslichem
Fremdkapital. Die in Schritt 1 ermittelte Quote findet an dieser Stelle erstmals
Anwendung. Die Restwerte der eigenfinanzierten Altanlagen bewertet zu
Tagesneuwerten nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GasNEV sind mit der Eigenkapitalquote (bis
40 %) zu multiplizieren, die Restwerte der fremdfinanzierten Altanlagen gewertet zu
historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten sind mit der zur Eigenkapitalquote
spiegelbildlichen (vgl. § 6 Abs. 2 S. 5 GasNEV) Fremdkapitalquote (mindestens 60 %)
zu multiplizieren (§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GasNEV). Die Multiplikationen führen zu einer –
ersten - Begrenzung der Verzinsungsbasis.
102
Schritt 3: Hier kommt es zur Anwendung des § 7 Abs. 1 S. 3 StromNEV, wonach der die
"zugelassene Eigenkapitalquote (= 40 %) übersteigende Anteil des Eigenkapitals
nominal wie Fremdkapital zu verzinsen ist". Die Bundesnetzagentur zerlegt das von ihr
in Schritt 2 – methodisch unbeanstandet - ermittelte betriebsnotwendige Eigenkapital
(BEK II) in zwei Anteile, nämlich in den Anteil, der die zugelassene Eigenkapitalquote
103
von 40 % des nach dieser Vorschrift ermittelten betriebsnotwendigen Vermögens (BNV
II) nicht überschreitet und folglich mit dem vorgegebenen Eigenkapitalzinssatz zu
verzinsen ist und den, der sie übersteigt und von daher nur "wie Fremdkapital" zu
verzinsen ist.
Dass die so genannte zweite Begrenzung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung
nicht im Einklang mit den Vorgaben der GasNEV steht, lässt sich nicht feststellen. Der
Senat nimmt insoweit auf seine Ausführungen in dem den Parteien bekannten
Beschluss vom 09. Mai 2007 – VI-3 Kart 289/07 (V) "V.l" (RdE 2007, 193) Bezug. Hierzu
sei ergänzend noch Folgendes angemerkt: In § 7 Abs. 1 GasNEV heißt es, dass die
Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals – mit dem Eigenkapitalzinssatz des § 7 Abs.
4, 6 GasNEV - auf der Grundlage des betriebsnotwendigen Eigenkapitals erfolgen soll.
In Abs. 1 Satz 2 ist dann weiter bestimmt, dass sich das betriebsnotwendige
Eigenkapital unter Berücksichtigung der Eigenkapitalquote nach § 6 Abs. 2 ergibt. Auch
hier kommt die beanstandete doppelte Deckelung schon zum Ausdruck, wenn man § 7
Abs. 1 so versteht, dass die Eigen- und Fremdkapitalquote des § 6 Abs. 2 daneben
zusätzlich noch bei den einzustellenden kalkulatorischen Restwerten des
Sachanlagevermögens der betriebsnotwendigen Altanlagen als Multiplikator eingesetzt
werden (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 GasNEV) und der Verordnungsgeber schon eingangs
des § 7 Abs. 1 Satz 2 – "vor der Klammer" - das betriebsnotwendige Vermögen auf das
"unter Berücksichtigung der Eigenkapitalquote nach § 6 Abs. 2" ermittelte beschränkt
hat. Hätte er diese nur auf das Sachanlagevermögen der Altanlagen anwenden wollen,
so hätte dort ein klarstellender Zusatz ausgereicht. Im Übrigen würde sich dann die
quotale Beschränkung – anteilig - nicht auch auf die Neuanlagen des § 7 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 und die Bilanzwerte der Finanzanlagen und des Umlaufvermögens nach § 7 Abs.
1 Satz 2 Nr. 4 GasNEV erstrecken. Letzteres aber war gewollt. So führt auch die
Regulierungsbehörde in ihrer Stellungnahme zum Entwurf der gleichlautenden
StromNEV an: "Zuzustimmen ist hingegen der Begrenzung der anzusetzenden
Eigenkapitalquote auf maximal 40 % gem. § 7 Abs. 3 Satz 2 StromNEV-E. Die
Schaffung einer überhöhten Eigenkapitalbasis ist damit unter dem Blickwinkel der
Erhöhung der kalkulatorischen Kosten nicht attraktiv. Insoweit wird durch die Regelung
die grundsätzlich gewünschte Wettbewerbsanalogie gefördert. …" (BT-Ausschuss-Drs.
15(9)1511, S. 168). Zu der danach gebotenen Verzinsung des betriebsnotwendigen
Eigenkapitals sieht § 7 Abs. 1 Satz 3 GasNEV dann nur noch ergänzend vor, dass der
die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigende Anteil des – betriebsnotwendigen –
Eigenkapitals nominal wie Fremdkapital zu verzinsen ist.
104
Die von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände geben dem Senat keinen Anlass
zu einer abweichenden Beurteilung. Der Senat sieht sich in seiner Rechtsprechung
vielmehr durch die klarstellende Änderung der Netzentgeltverordnungen bestätigt (BR-
Drs. 417/2/07 vom 20.09.2007).
105
3. Ebenso wenig hat der – hilfsweise erhobene - Einwand der Antragstellerin Erfolg, der
die zugelassene Eigenkapitalquote übersteigende Anteil des Eigenkapitals sei mit
einem Zinssatz von 6,5 %, jedenfalls aber mit 5,5 %, nicht aber nur mit einem solchen
von 4,8 % zu verzinsen.
106
Gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 GasNEV ist der die zugelassene Eigenkapitalquote
übersteigende Anteil des Eigenkapitals nominal wie Fremdkapital zu verzinsen. Fehl
geht die Annahme der Antragstellerin, gemäß § 3 Abs. 1 S. 5 GasNEV seien insoweit
die Leitsätze für die Preisermittlung von Selbstkosten (LSP) heranzuziehen, deren Nr.
107
43 für kalkulatorische Zinsen einen Zinssatz von 6,5 % vorsehe. Die LSP finden – so § 3
Abs. 1 S. 5 GasNEV – nur dann Anwendung, wenn hinsichtlich der Kostenermittlung
keine besonderen Regelungen getroffen werden. Eine solche besondere Regelung
stellt indessen – wie bereits die Beschlusskammer in der angefochtenen Entscheidung
auf S. 16 zutreffend ausgeführt hat - § 5 Abs. 2 GasNEV dar, wonach
Fremdkapitalzinsen in ihrer tatsächlichen Höhe, höchstens jedoch in der Höhe
kapitalmarktüblicher Zinsen für vergleichbare Kreditaufnahmen einzustellen sind (s.a.
OLG München, Beschluss vom 22.02.2007, Kart 2/06, S. 7 BA; OLG Bamberg,
Beschluss vom 21.02.2007, VA 5/06 (Kart), S. 7 BA). Gemäß § 5 Abs. 2 GasNEV sind
Fremdkapitalzinsen in ihrer tatsächlichen Höhe, höchstens jedoch in der Höhe
kapitalmarktüblicher Zinsen für vergleichbare Kreditaufnahmen einzustellen.
Die Annahme eines Zinssatzes von 4,8 % begegnet nach der den Parteien bekannten
Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 11.07.2007 – VI – 3 Kart 17/07 (V) "Bad
Honnef", S. 13 BA) keinen Bedenken. Der Verordnungsgeber hat in der
Verordnungsbegründung zu § 5 eine Auslegungsregel bereitgestellt, wonach als
angemessener Zinssatz der auf die letzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre
bezogene Durchschnitt der Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere (aller)
inländischen Emittenten angesehen wird (Reg-Begr. zu § 5 Abs. 2 GasNEV, BR-Drs.
247/05, S. 27). Dieser liegt nach der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank
(Juli 2005, S. 36) unbestritten bei 4, 8 %.
108
Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin, die Beschlusskammer hätte als kapitalmarktüblich
nicht die durchschnittliche Rendite der letzten 10 Jahre aller im Umlauf befindlichen
festverzinslichen Inhaberschuldverschreibungen mit einer vereinbarten Laufzeit von
mehr als vier Jahren, sondern den Durchschnittswert langfristiger Industrieanleihen
zugrundegelegen müssen. Auf letztere – so die Antragstellerin pauschal – sei
abzustellen, weil die Gruppe aller im Umlauf befindlicher festverzinslicher
Inhaberschuldverschreibungen durch insolvenzfeste staatliche Emittenten geprägt sei,
während Netzbetreiber nicht insolvenzfest seien. Letztlich geht es der Antragstellerin um
die Anerkennung eines branchenspezifischen Risiko- oder Wagniszuschlags, der
indessen vom Verordnungsgeber nicht gewollt und schon von daher nicht gerechtfertigt
ist. Eine wettbewerblich angemessene, nämlich wettbewerbsfähige und
risikoangepasste Verzinsung sieht § 7 GasNEV nur für das danach ermittelte
betriebsnotwendige Eigenkapital vor. Allein bei diesem muss sich die Verzinsung nicht
nur an alternativen Anlagemöglichkeiten in wettbewerbsfähiger Weise, sondern auch an
dem mit dem Netzbetrieb eingegangenen unternehmerischen Risiko orientieren.
Dementsprechend ist in § 7 Abs. 4 GasNEV geregelt, dass der insoweit auf Neuanlagen
entfallende Eigenkapitalzinssatz den auf die letzten zehn abgeschlossenen
Kalenderjahre bezogenen Durchschnitt der Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere
inländischer Emittenten zuzüglich eines angemessenen Zuschlags zur Abdekkung
netzbetriebsspezifischer unternehmerischer Wagnisse nach Abs. 5 nicht überschreiten
darf. Gleiches gilt für die Verzinsung des Eigenkapitalanteils von Altanlagen, die
zusätzlich noch um den auf die letzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre
bezogenen Durchschnitt der Preisänderungsrate zu ermäßigen ist. Bei der Höhe des
Wagniszuschlags sind gem. Abs. 5 insbesondere die Verhältnisse auf den nationalen
und internationalen Kapitalmärkten und die Bewertung von Betreibern von
Gasversorgungsnetzen auf diesen Märkten, die durchschnittliche
Eigenkapitalverzinsung von Gasversorgungsnetzbetreibern auf ausländischen Märkten
sowie beobachtete und quantifizierbare unternehmerische Wagnisse zu
berücksichtigen. Bis zur erstmaligen Festlegung durch die Regulierungsbehörde hat der
109
Verordnungsgeber den Eigenkapitalzinssatz bei Neuanlagen auf 9,21 % und bei
Altanlagen auf 7,8 % vor Steuern festgeschrieben. Selbst die Notwendigkeit dieses
Wagniszuschlags ist im Gesetzgebungsverfahren z.T. grundsätzlich bestritten worden,
zum Teil ist gegen seine Höhe eingewandt worden, das durch die
periodenübergreifende Saldierung (§ 10 GasNEV) verminderte Risiko werde nicht
ausreichend berücksichtigt, für eine höhere Verzinsung im Gasbereich und deren
längere Laufzeit sei ein Bedürfnis nicht ersichtlich (vgl. nur: König/Schellberg RdE 2005,
1, 4 m.w.N.; Bundeskartellamt in der SV-Anhörung im BT-Ausschuss für Wirtschaft und
Arbeit, BT-Drs. 15 (9) 1605, S. 64). Die Verzinsung des überschießenden Anteils des
Eigenkapitals hatte der Verordnungsgeber dagegen zunächst nicht vorgesehen und
diese erst eingefügt, um den ernsthaften Bedenken gegen die
Eigenkapitalquotenbegrenzung zu begegnen und eine Diskriminierung der
Eigenkapitalgeber gegenüber dem Fremdkapitalgeber zu vermeiden, indem für das die
Eigenkapitalquote übersteigende Eigenkapital die Verzinsung nominal wie
Fremdkapital angesetzt wird (BT-Drs. 15 (9) 1605, S. 4 f.). Bei dessen Ermittlung hat der
Verordnungsgeber – wie aus der Gegenüberstellung mit § 7 Abs. 4 GasNEV ersichtlich
wird - für die Berücksichtigung eines branchenspezifischen Risiko- oder
Wagniszuschlags keinen Raum gesehen. Als angemessenen Zinssatz hat der
Verordnungsgeber insoweit den auf die letzten zehn abgeschlossenen Kalenderjahre
bezogenen Durchschnitt der Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere (aller)
inländischer Emittenten angesehen, die im Übrigen deren unternehmensspezifische
Risikozuschläge beinhalten.
Von daher kommt es nicht weiter darauf an, dass die Zubilligung eines
Wagniszuschlags wegen des geringen unternehmerischen Risikos der
Gasnetzbetreiber ohnehin nicht gerechtfertigt erscheint. Gerade die von der
Entgeltregulierung betroffenen – und nicht von dem Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 2
GasNEV erfassten - Gasnetzbetreiber haben nach wie vor eine Monopolstellung im
Bereich der Gasverteilung. Angesichts der staatlichen Entgeltregulierung, die das
spezifische Auslastungsrisiko durch die Möglichkeit periodenübergreifender Saldierung
berücksichtigt, besteht überdies eine hohe Gewähr dafür, dass sie eine
Kostenerstattung erhalten und überdies eine angemessene Kapitalverzinsung
erwirtschaften werden, so dass das geltend gemachte Insolvenzrisiko nicht ersichtlich ist
(so auch: OLG München, OLG Bamberg a.a.O.).
110
4. Mit Erfolg wendet sich die Antragstellerin dagegen, dass die Beschlusskammer die
kalkulatorischen Abschreibungen für die Anlagengruppe "Rohrleitungen/
Hausanschlussleitungen kathodisch geschützt" auf ... € gekürzt hat.
111
4.1. Mit Recht beanstandet sie, dass dem Bescheid der Beschlusskammer nicht
ausreichend entnommen werden kann, worauf diese Kürzung beruht. In dem Beschluss
heißt es auf Seite 28 lediglich: "Kalkulatorische Abschreibungen für das
Sachanlagevermögen wurden gegenüber den dem Antrag zugrundegelegten Ansätzen
um ... € auf ... € gekürzt. Die Veränderungen sind insbesondere auf folgende Grunde
zurückzuführen: Die Antragstellerin hat tatsächlich gemäß den Restwertangaben im
Erhebungsbogen in der Vergangenheit Nutzungsdauern angewendet, die kürzer sind
als der untere Spannenwert gemäß der Anlage 1 zur GasNEV. Abschreibungen wurden
für Vermögensgegenstände geltend gemacht, bei denen die Nutzungsdauer bereits
überschritten ist. Die für die Vergangenheit eingesetzte Nutzungsdauer liegt über dem
unteren Spannenwert gemäß der Anlage 1 zur GasNEV. Die von der Antragstellerin
herangezogenen Indexreihen liegen über der von der Beschlusskammer für die
112
jeweilige Anlagengruppe maximal anerkannten Indexreihe. Von der Antragstellerin
wurden unterjährige Abschreibungen vorgenommen. In den Anlagen 4.1a und 4.2a zu
diesem Beschluss sind die Kürzungen -gegliedert nach Anlagen - im Einzelnen
dargestellt. …. "
In Anlage 4.2 a hat die Beschlusskammer sodann die sich hinsichtlich der
Abschreibungen ergebenden Differenzen dergestalt dargestellt, dass sie tabellarisch die
von ihr ermittelten Werte denen der Antragstellerin gegenübergestellt und dabei auch
die Differenzen ausgewiesen hat, allerdings ohne kenntlich zu machen, wie sich die
Kürzungen errechnen und worauf sie im Einzelnen beruhen. Damit genügt der
Beschluss insoweit nicht dem gesetzlichen Erfordernis des § 73 Abs. 1 EnWG, wonach
die Entscheidung zu begründen ist. Ebenso wie im Kartellverfahrensrecht, dessen § 61
Abs. 1 GWB § 73 Abs. 1 EnWG nachgebildet ist, muss die Begründung vollständig sein,
d.h. sie muss die Prüfung der Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht
ermöglichen und die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe enthalten, die
die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Ausreichend, aber auch
erforderlich ist es, dass die tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Entscheidung
tragen, in überprüfbarer Form mitgeteilt werden (Kiecker in: Langen/Bunte, Rdnr. 5 zu §
61). Einer solchen näheren Erläuterung hätte es schon deshalb bedurft, weil nicht nur
die streitgegenständlichen Rohrleitungen, sondern weitere Anlagengruppen von
Kürzungen betroffen sind, so die Geschäftsausstattung, Regeleinrichtungen und
Fernwirkanlagen und es ganz offensichtlich konkreter Zwischenschritte bedurfte, um zu
den von der Bundesnetzagentur ermittelten Werten zu gelangen.
113
4.2. Im Beschwerdeverfahren hat die Bundesnetzagentur zu der beanstandeten Kürzung
von ... € auf ... € unter Vorlage einer Excel-Tabelle, aus der sich die Herleitung der
einzelnen Werte ergibt (Anlage BG 7), erläuternd vorgetragen.
114
Ergänzend zu der Entgeltgenehmigung führt sie aus, die von der Antragstellerin
angegriffenen Kürzungen beruhten allein darauf, dass
115
- die Restwerte nicht durchgängig mit der von der Antragstellerin angesetzten
Nutzungsdauer hätten berechnet werden dürfen, sondern ab dem 1.01.2004 vor
dem Hintergrund der §§ 32 Abs. 3, 6 Abs. 5 GasNEV i.V.m. Anlage 1 zur GasNEV
der gesetzlich vorgegebene Nutzungsdauerwechsel zu berücksichtigen war, und
116
117
- die Antragstellerin unzulässige unterjährige Abschreibungen vorgenommen habe.
118
Hiergegen wendet die Antragstellerin letztlich nur noch ein, die kalkulatorischen
Restwerte zum 31.12.2003 seien zu ihrem Nachteil nicht entsprechend der Vermutung
des § 32 Abs. 3 Satz 3 1. HS GasNEV mit einer Nutzungsdauer von 55 Jahren, sondern
mit einer von der Beschlusskammer errechneten geringeren Nutzungsdauer ermittelt
worden, so dass insoweit ihr Antrag neu zu bescheiden sei. Im Zuge dessen seien bei
dem Ansatz von Tagesneuwerten die W.-Reihen "Wertbasis 2004" zu verwenden, denn
sie habe fälschlich bei ihrem Erhebungsbogen nur die W.-Reihen "Wertbasis 2003"
119
berücksichtigt, so dass die von 2003 nach 2004 fortschreitende Teuerung nicht
berücksichtigt worden sei. Die weitere Kürzung wegen unzulässiger unterjähriger
Abschreibungen werde nicht streitig gestellt. Nach der von ihr vorgenommenen
Neuberechnung unter Berücksichtigung einer Nutzungsdauer von 55 Jahren und unter
Verwendung der W.-Reihen "Wertbasis 2004" ergebe sich ein Abschreibungsbetrag von
... €.
Angegriffen ist also nur noch die Kürzung von ... € auf ... €.
120
4.3. Die angegriffene Kürzung ist auch nach dem ergänzenden Vorbringen rechtswidrig,
weil die Bundesnetzagentur bei der Ermittlung des Restwerts zum 31.12.2003 nicht
gem. § 32 Abs. 3 Satz 3 1.Hs. GasNEV die unteren Werte der in Anlage 1 genannten
Nutzungsdauern, sondern von ihr anhand der Angaben der Antragstellerin errechnete
Nutzungsdauern zugrunde gelegt hat.
121
§ 32 Abs. 3 Satz 1 GasNEV schreibt als Übergangsregelung für die erstmalige
Ermittlung der Netzentgelte vor, dass die kalkulatorischen Restwerte des
Sachanlagevermögens für den eigenfinanzierten Anteil auf Tagesneuwertbasis nach §
6 Abs. 3 und für den fremdfinanzierten Anteil anschaffungsorientiert zu bestimmen und
anlagenscharf zu dokumentieren sind. Soweit es die Nutzungsdauer angeht, ist in Satz
2 und Satz 3 folgendes weiter geregelt: Satz 2 schreibt grundsätzlich vor, die tatsächlich
zugrundegelegte Nutzungsdauer zur Berechnung heranzuziehen. Insoweit enthält § 32
Abs. 3 Satz 3 GasNEV eine an § 32 Abs. 3 Satz 4 StromNEV angelehnte Vermutung,
die eingreifen soll, "soweit keine kostenorientierten Preise gefordert worden sind". Bei
Vorliegen dieser Voraussetzung wird vermutet, dass der kalkulatorischen Abschreibung
die bei Unternehmen der Netzbetreiberbranche übliche Nutzungsdauer – und von
dieser der in Anlage 1 niedergelegte untere Wert der Spanne von Nutzungsdauern –
zugrundegelegt worden ist. Anderes gilt nur dann, wenn der Betreiber des
Gasversorgungsnetzes dies nachweist.
122
Die Vermutung des § 32 Abs. 3 Satz 3 GasNEV greift hier ein. In der Regel war der
Gaspreis nach dem Grundsatz der Anlegbarkeit an der jeweiligen Wettbewerbsenergie,
dem Ölpreis orientiert, so dass keine kostenorientierte Gaspreisbildung erfolgte. Dass
die Antragstellerin für die kalkulatorischen Abschreibungen der Rohrleitungen hier den
tatsächlichen Ansatz einer anderen – kürzeren - Nutzungsdauer nachgewiesen hat, ist
weder ersichtlich noch geltend gemacht. Angesichts der Tatsache, dass eine
kostenbasierte Entgeltbildung nicht erfolgte, geben die Netzbetreiber lediglich zum
Zwecke der Darstellung im sogen. B 2 Bogen die üblichen Nutzungsdauern und auf
diesen basierend fiktive Abschreibungen an. Dies stellt – nach den vom Senat
gewonnenen Erkenntnissen aus weiteren Beschwerdeverfahren auch für die
Bundesnetzagentur - schon grundsätzlich keinen "Nachweis" dar (s. nur:
Senatsbeschluss vom 26.09.2007, VI-3 Kart 459/06 (V) "Stadtwerke Hannover"). Hinzu
kommt, dass die Antragstellerin zunächst die maßgeblichen Anlagegüter falsch
eingeordnet hatte, was ganz offensichtlich bei der Umgruppierung nicht auch zu einer
Änderung der Nutzungsdauer und damit der Höhe der fiktiven Abschreibungen geführt
hat. So hat sie unter dem 7. Juli 2006 den Erhebungsbogen B 2 neu über das
Netzbetreiberportal an die Bundesnetzagentur hoch geladen und zu den von ihr
vorgenommenen Änderungen u.a. erläutert, dass sie die Rohrleitungen ursprünglich
falsch als PVC-Leitungen ausgewiesen habe, sie indessen in ihrem Netz nicht über
solche verfüge, sondern überwiegend über kathodisch geschützte Stahlleitungen und
sich von daher die bei den AK/HK beziehungsweise bei den Tagesneuwerten
123
aufgetretene Differenz verringern müsse (Bl. 376 VV). Auch von daher bestand kein
Anlass, die Nutzungsdauer anhand der Angaben der Antragstellerin zu berechnen.
Von daher ist die Bundesnetzagentur zur Neubescheidung unter Beachtung der
Vermutungsregel des § 32 Abs. 3 Satz 2 GasNEV zu verpflichten. Im Rahmen dessen
ist dann auch Raum für den von der Bundesnetzagentur erstmals mit Schriftsatz vom
28.09.2007 geforderten weiteren Nachweis über den tatsächlichen Einsatz von
Rohrleitungen der Kategorie "kathodisch geschützt". Keinen Anlass sieht der Senat
hingegen, der Bundesnetzagentur auch aufzugeben, die Neubescheidung unter
Zugrundelegung der W. Reihe Wertbasis 2004 vorzunehmen und damit die
fortschreitende Teuerung zu berücksichtigen. Gegenstand der Beschwerde ist nur der
angegriffene Bescheid, so dass im Beschwerdeverfahren grundsätzlich kein Raum für
Korrekturen von fehlerhaften Angaben der Antragsteller sein darf. Auch wenn es hier zu
einer Neubescheidung kommt, muss es im Grundsatz dabei verbleiben, dass
maßgeblich die Daten der Antragstellung bleiben, andernfalls würde die
Neubescheidung in einem Punkt dazu führen, dass der Behörde zu anderen hiermit im
Zusammenhang stehenden Punkten eine völlig neue Tatsachengrundlage unterbreitet
wird.
124
5. Mit Erfolg greift die Antragstellerin auch den Umstand an, dass die Beschlusskammer
bei der Berechnung der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung und der
kalkulatorischen Gewerbesteuer des Netzbetreibers angesichts der zugrundegelegten
Kosten zu negativen Werten gelangt ist.
125
§ 21 Abs.2 Satz 1 EnWG sieht eine angemessene, wettbewerbsfähige und
risikoangepasste Verzinsung des vom Netzbetreiber eingesetzten Kapitals vor. Hat
dieser – wie hier die Antragstellerin als Pächterin der Anlagen - als Ergebnis der nach §
7 GasNEV vorzunehmenden Berechnung des Eigenkapitals kein positives, sondern ein
negatives Ergebnis, so beträgt das kalkulatorisch zu verzinsende Eigenkapital
richtigerweise 0. Einem negativen Ansatz stehen Sinn und Zweck des § 7 und das
System der kostenorientierten Entgeltbildung entgegen, die – wie oben ausgeführt – von
den Kosten der Netzbetriebsführung ausgeht, welche nach §§ 4 ff. GasNEV zu ermitteln
sind. Bestandteil dieser ist die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung, die eine
wettbewerblich angemessene und damit über die Entgelte zu berücksichtigende
Verzinsung des vorhandenen Eigenkapitals garantieren soll. Fehlt es an einem solchen
Eigenkapital, etwa weil – wie hier – weder Sachanlage- noch Finanzanlagevermögen
vorhanden ist, so beläuft sich das anzusetzende Eigenkapital auf 0, so dass es an einer
Basis für die kalkulatorische Verzinsung fehlt.
126
Ohne Erfolg macht die Bundesnetzagentur geltend, das von der Antragstellerin
praktizierte Pachtmodell erfordere eine Gesamtbetrachtung der Kosten bei Verpächter
und Pächter. Eine solche Gesamtbetrachtung ist in den Netzentgeltverordnungen nicht
vorgesehen und lässt sich insbesondere § 4 Abs. 5 GasNEV nicht entnehmen. Letzterer
schreibt allein vor, dass die aus der Überlassung betriebsnotwendiger Anlagen durch
Dritte resultierenden Kosten nur in der Höhe angesetzt werden können, wie sie anfielen,
wenn der Netzbetreiber Eigentümer der Anlagen wäre (BR-Drs. 247/05 S. 27).
127
Unter Berücksichtigung dessen hat sich die Neuberechnung der Bundesnetzagentur
folgerichtig auch auf die kalkulatorische Gewerbesteuer zu erstrecken, weil mangels
einer negativen kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung auch die kalkulatorische
Gewerbesteuer nicht negativ ausfallen, sondern allenfalls bei 0 liegen kann.
128
6. Im Umfang der rechtswidrigen Kürzungen ist das Preisblatt von der
Bundesnetzagentur neu zu berechnen, so dass Spruchreife fehlt. Daher ist die
Bundesnetzagentur unter Aufhebung der erteilten Genehmigung zu verpflichten, über
den Genehmigungsantrag der Beschwerdeführerin unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Im Beschwerdeverfahren nach §
75 EnWG ist der Bescheidungsausspruch bei fehlender Spruchreife eines
Verpflichtungsbegehrens entsprechend § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zulässig (Salje,
EnWG, 2006, Rdnr. 16 zu § 83; für §§ 63 ff GWB: Karsten Schmidt in: Immenga/
Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., Rdnr. 19 zu § 71; Bechtold, GWB, 4. A., Rdnr. 5 zu § 71).
129
Dabei hat die Neubescheidung für den Zeitraum der aufgehobenen Genehmigung - vom
20. Dezember 2006 bis zum 31. März 2008 -, also rückwirkend zu erfolgen, weil die
Geltungsdauer der Genehmigung zu erhalten ist.
130
Die Rechtmäßigkeit des Netznutzungsentgelts steht unter dem Vorbehalt der
Genehmigung durch die Regulierungsbehörde. Die Genehmigung wird mit ihrem Erlass
sofort vollziehbar, da eine Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat. Diese
Rechtsstellung muss dem Netzbetreiber, der sich ab Erteilung der Genehmigung darauf
einstellen muss, dass mit diesem Wirkungszeitpunkt entweder das genehmigte oder das
materiell zu genehmigende Entgelt wirksam wird, erhalten werden (so auch OLG
Naumburg, - 1 W 25/06- Beschluss vom 16. April 2007, S. 26 f. BA; OLG Koblenz – W
605/06 – Beschluss vom 4. Mai 2007, S. 40 BA).
131
Ohne Erfolg begehrt die Antragstellerin in diesem Zusammenhang mit ihrem Antrag zu
4. weiter die Verpflichtung der Bundesnetzagentur, "die übrigen Kalkulationsansätze
und Berechnungsmethoden nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gegenüber den
dem Bescheid vom 19. Dezember 2006 zu Grunde liegenden Kalkulationsansätzen und
Berechnungsmethoden zu verändern". Für eine solche Verpflichtung ist kein Raum. Die
Regulierungsbehörde ist im Rahmen der Neubescheidung an einer "Verböserung"
anderer, nicht angegriffener Kalkulationsansätze und Berechnungsmethoden nicht
gehindert. Diese waren nicht Gegenstand gerichtlicher Prüfung, so dass der
Senatsbeschluss schon von daher diesbezüglich auch keine Bindungswirkung entfalten
kann. Die Entgeltgenehmigung selbst kann insoweit eben so wenig in Bestandskraft
erwachsen. Die von der Regulierungsbehörde getroffenen Feststellungen werden von
der ausgesprochenen Aufhebung erfasst, die sich auf diese in ihrem vollen Umfang
erstreckt, weil Teile der Genehmigung nicht abtrennbar sind. Die Entgeltgenehmigung
kann als Verwaltungsakt gem. § 43 Abs. 2 VwVfG nur wirksam bleiben, soweit sie nicht
aufgehoben wird. Eine Teilaufhebung kommt indessen nur dann in Betracht, wenn der
Verwaltungsakt teilbar ist, d.h. der aufrechterhaltene Teil selbständig fort existieren
könnte (vgl. nur: Meyer in: Knack, VwVfG, 8. A., Rdnr. 34 zu § 43; Rdnr. 53 zu § 48; jew.
m.w.N.). Dies ist bei einzelnen in die Entgeltgenehmigung einfließenden
Kostenbestandteilen nicht der Fall. Im Rahmen der Neubescheidung, die wiederum
beschwerdefähig ist, kann die Regulierungsbehörde daher sehr wohl auch bezüglich
nicht angegriffener Punkte zu einer Beurteilung kommen, die von der aufgehobenen
Entgeltgenehmigung abweicht.
132
D.
133
Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1, 2 EnWG. Da die Beschwerde des
beigeladenen Verbands unzulässig ist, hat er die Gerichtskosten des
134
Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur
entsprechend seinem verhältnismäßigen Unterliegen zu tragen. Im Übrigen sieht der
Senat es als billig an, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und die
notwendigen Auslagen der Antragstellerin sowie der Bundesnetzagentur nach dem
Verhältnis des jeweiligen Unterliegens mit 1/3 der Bundesnetzagentur und 2/3 der
Antragstellerin aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren findet ihre
Grundlage in §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO. Der Senat
bemisst das für die Streitwertfestsetzung maßgebliche Interesse der Antragstellerin an
der erstrebten Genehmigung im Einvernehmen mit den Parteien auf 740.000 € und das
des beigeladenen Verbands auf 100.000 €.
135
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese
Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche
Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben und im Übrigen auch die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung dies erfordert (§ 86 Abs. 2 Nr. 2 EnWG).
136
Rechtsmittelbelehrung:
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Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf
einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von
einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474
Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser
Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem
Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof)
einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit
der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des
Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde
muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre
Abänderung oder Aufhebung beantragt wird, sowie die Tatsachen und Beweismittel
angeben, auf die sich die Rechtsbeschwerde stützt. Rechtsbeschwerdeschrift und -
begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein
Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der
Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
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L. v. R. W.
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