Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.05.2007

OLG Düsseldorf: treu und glauben, firma, inhaber, anschlussberufung, gegenpartei, angestellter, adresse, gesellschaft, unternehmen, veranstaltung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 174/06
Datum:
08.05.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-24 U 174/06
Vorinstanz:
Amtsgericht Düsseldorf, 47 C 16515/05
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten werden das am 21. September 2006
verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf abgeändert und die
Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
1
I.
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Die Klägerin, mit Sitz in der Schweiz, verfolgt aus abgetretenem Recht
Honoraransprüche des Modells N. in Höhe von 1.750,-- Euro sowie
Provisionsansprüche über 406,-- Euro der Fotoagentur L.. Auf die sogenannte
"Berechtigungsvereinbarung" vom 23. August 2005 und die Abtretungsvereinbarung
vom 05./07. September 2005 wird verwiesen.
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Im August 2004 telefonierte der Beklagte mit einem Mitarbeiter der L., Herrn H. und
"buchte" für eine Show der A. GmbH (damaliger Geschäftsführer: Herr T.) in München
die Zedentin N. Dort sollte Mode des Labels "P." vorgeführt werden, welche von der A.
GmbH vertrieben wird. Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig.
Der Beklagte nannte jedenfalls als Rechnungsadresse eine Firma "Ar." oder "A." in D.
K. Straße xx. Den Zusatz "GmbH" nannte er nicht.
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Unter dem 15. September 2004 (Anlage K 4, GA 15) sandte die Klägerin an
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"Ar. GmbH D. S.", K. Straße xx in D. eine Rechnung, die nicht bezahlt wurde.
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Mahnungen vom 29. Oktober 2004, 21. Dezember 2004 und 11. Januar 2005 blieben
ohne Reaktion. Der Beklagte bestreitet, diese Schreiben erhalten zu haben. Der
Beklagte unterhält unter der Firma "Showroom D. S." Geschäftsräume in D.. Bis zum
Jahr 2003 befanden sich diese auf der K. Straße xx, danach auf der C. Allee xx.
Mit Beschluss vom 21. November 2005 des Amtsgerichts Düsseldorf wurde die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A. GmbH rechtskräftig
abgewiesen, die Gesellschaft ist kraft Gesetzes aufgelöst.
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Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe die "Buchung" der Frau N. im eigenen
Namen vorgenommen.
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Sie hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.156,-- Euro nebst 8 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 13. November 2004 sowie vorgerichtliche Mahn- und
Auskunftskosten in Höhe von 46,-- Euro zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat behauptet, für die A. GmbH aufgetreten zu sein und dies in dem Gespräch mit
Herrn H. auch deutlich gemacht zu haben. Ob er den Zusatz "GmbH" verwendet habe,
wisse er nicht, darauf käme es auch nicht an. Herrn H. sei aus früheren Tätigkeiten
bekannt gewesen, dass er für die A. GmbH als Handelsvertreter gearbeitet habe.
Anlässlich der Auftragserteilung habe er ihn darüber informiert, dass er für die A. GmbH
als Berater tätig sei.
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Das Amtsgericht hat der Klage - bis auf die vorgerichtlichen Mahn- und Auskunftskosten
- stattgegeben. Gegen das am 27. September 2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte
unter dem 27. Oktober 2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 27. Dezember 2007 mit einem an diesem Tag
eingegangenen Schriftsatz begründet.
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Er wendet sich gegen die Feststellung des Amtsgerichts, der Auftrag sei von ihm im
eigenen Namen erteilt worden. Das Amtsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast
verkannt. Die Klägerin habe vortragen und beweisen müssen, dass der Vertrag mit ihm
zustande gekommen ist. Dies sei nicht der Fall, vielmehr sei bei der Auftragserteilung
schon deutlich und von dem Mitarbeiter der L., H., hingenommen worden, dass eine
Verpflichtung zu Lasten der A. erfolgen solle.
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Er beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Weiterhin schließt sie sich der Berufung des Beklagten an und beantragt,
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den Beklagten zur Zahlung weiterer 43,50 Euro vorgerichtlicher Mahn- und
Auskunftskosten zu verurteilen.
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Sie hält das Urteil für zutreffend und tritt dem Vorbringen des Beklagten entgegen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Anschlussberufung zurückzuweisen.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
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II.
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Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg, während die
Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen ist. Der Klägerin steht gegen den
Beklagten kein Anspruch auf Zahlung des Honorars und der Vermittlungsprovision zu.
Dahingehende Ansprüche hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Infolgedessen
besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Mahn- und Auskunftskosten, die
Gegenstand der Anschlussberufung sind.
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1.
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Der Beklagte haftet für die Forderungen der Klägerin nicht persönlich aus dem
Dienstvertrag über die "Buchung" der Zedentin (§§ 611, 398 BGB).
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Der Beklagte ist nämlich anlässlich des für die Auftragserteilung maßgeblichen
Gesprächs mit Herrn H. für die A. GmbH aufgetreten, was für Herrn H. auch erkennbar
war. Somit ist diese Vertragspartnerin geworden.
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Wesentlich ist, dass ein Handeln im Namen einer Gesellschaft nicht nur bei
ausdrücklicher Vertretung vorliegt. Es genügt, dass der Vertretungswille aus den
Umständen hervorgeht. Gemäß §§ 133, 157, 242 BGB ist entscheidend, wie die
Gegenpartei das Verhalten des Handelnden nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf
die Verkehrssitte verstehen durfte. Es kommt weder auf den inneren Willen des
Handelnden an noch darauf, ob er Vertretungsmacht für den Namensträger hat.
Entscheidend ist, wie die Gegenpartei das Verhalten des Handelnden auffassen durfte
(BGH NJW 1963, 148; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, § 164 Rn. 11). So ist ein
Geschäft des Namensträgers, hier des Unternehmens, dann anzunehmen, wenn das
Auftreten des Handelnden auf eine bestimmte andere Person hinweist und die
Gegenpartei der Ansicht sein durfte, der Vertrag komme mit dieser Person zustande
(BGH NJW-RR 1988, 815; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 164 Rn. 11). Ergibt sich aus den
Umständen die Unternehmensbezogenheit des Geschäfts, so wird nicht der Handelnde,
sondern der Inhaber des Unternehmens aus der Erklärung berechtigt und verpflichtet
(BGH NJW 2000, 2984; MDR 1999, 799; Senat, GuT 2003, 7; ZMR 2003, 568; siehe
auch Urteil vom 13. Februar 2007, Az. I-24 U 82/06 betreffend das Handeln eines
Geschäftsführers einer GmbH; zur Veröfftl. bestimmt, vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., §
164 Rn. 2 m.w.N.). Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung eine
Auslegungsregel postuliert, wonach bei unternehmensbezogenen Geschäften der Wille
der Beteiligten im Zweifel dahin geht, dass Vertragspartner der Inhaber des
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Unternehmens und nicht der für das Unternehmen Handelnde werden soll (BGHZ 62,
217 [219 ff.]; BGH NJW 1990, 2678 (mit zahlreichen Nachweisen)). Schon die Tatsache,
dass ein Geschäft unternehmensbezogen ist, spricht mithin dafür, dass es nicht mit dem
Erklärenden, sondern mit dem Unternehmen abgeschlossen werden soll (BGH NJW-RR
1998, 1342 f.; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 345).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist von einem Vertragsschluss mit der
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A. GmbH auszugehen. Der Beklagte hat - dies ist unstreitig - den Namen A. oder Ar.
genannt. Dass Herr H. in der Buchungsbestätigung "Ar" anstatt "A" vermerkt hat, ist
unerheblich, weil dies offensichtlich auf einem während des Telefonats aufgetretenen
geringfügigen phonetischen Missverständnis beruht. Unstreitig hat der Beklagte die
zutreffende Adresse der A. GmbH angegeben. Der Auftrag bezog sich auch nicht auf die
private Sphäre des Beklagten, sondern war gewerblich relevant. Somit war für Herrn H.
ohne weiteres erkennbar, dass jedenfalls eine Firma die Auftraggeberin sein sollte. Dies
meinte auch Herr H., denn in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 13. Juni 2006,
welche sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat und welche mithin als ihr Vorbringen zu
würdigen ist, hat er angegeben, er sei davon ausgegangen, dass der Beklagte
Angestellter oder Inhaber der Firma "Ar." sei. Somit hat Herr H. ausdrücklich in Betracht
gezogen, dass es sich bei dem Beklagten um einen Angestellten der Firma "Ar."
handeln könnte. Schon daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass er nicht mit diesem, sondern
mit der dahinter stehenden Firma kontrahieren wollte.
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Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, dass auch der Name des Beklagten hinter
dem Firmennamen auftaucht, denn dies lässt sich dadurch erklären, dass Herr H. den
Beklagten damit als zuständigen Ansprechpartner individualisieren wollte. Denn auch
die Klägerin behauptet nicht, dass der Beklagte als Firmennamen "Ar. D. S." genannt
haben soll. Eine solche Annahme ist auch fernliegend, da Herr H. ausdrücklich in
Betracht zog, dass der Beklagte als Angestellter der "Ar." fungierte. Aus der Nennung
der Handynummer des Beklagten folgt nichts anderes, denn dies zeigt nur, dass er als
Ansprechpartner für Rückfragen erreichbar sein sollte.
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Nichts anderes folgt schließlich daraus, dass der Beklagte den Zusatz "GmbH" nicht
verwendet hat. Die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts sind nämlich
auch dann anwendbar, wenn der Inhaber falsch bezeichnet wird oder über ihn sonst
Fehlvorstellungen bestehen (BGH NJW 1990, 2678).
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2.
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Auch sonst scheidet eine persönliche Haftung des Beklagten aus.
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a.
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Eine Rechtsscheinhaftung kommt zwar dann in Betracht, wenn jemand für eine GmbH
mit seinem Namen ohne GmbH-Zusatz zeichnet (BGHZ 64, 17; BGH NJW 1991, 2627;
OLG Karlsruhe MDR 2004, 1106; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 164 Rn. 3). Hier hat der
Beklagte jedoch unstreitig nur mündliche Erklärungen abgegeben, und solche
begründen regelmäßig nicht das die Rechtsscheinhaftung auslösende Vertrauen.
Vielmehr ist die "Zeichnung" des Vertreters ohne Formzusatz oder die ausdrückliche
mündliche Verneinung des Handelns für eine GmbH erforderlich (BGH NJW 1996,
2645). Beides liegt hier nicht vor.
39
b.
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Auch eine Haftung des Beklagten aus § 179 BGB kommt nicht in Betracht. Der Beklagte
hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Veranstaltung, für welche die Zedentin N.
gebucht worden war, von der Firma A. GmbH abgehalten worden war (Schriftsatz vom
10. Mai 2006, GA 70 ff.). Selbst wenn also - wofür Anhaltspunkte nicht bestehen - der
Beklagte bei der Auftragserteilung nicht von der A. GmbH entsprechend bevollmächtigt
worden war, so wäre sein Handeln jedenfalls durch die Inanspruchnahme der
Leistungen der Zedentin N. nachträglich genehmigt worden.
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c.
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Auch soweit das Amtsgericht auf das Fehlen einer Auftragsbestätigung durch den
Beklagten abstellt sowie auf den fehlenden Widerspruch des Beklagten zur
Auftragsbestätigung der L., ist das Urteil von Rechtsirrtum beeinflusst.
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Dem Akteninhalt lässt sich nicht entnehmen, dass der Beklagte überhaupt vorgetragen
hat, eine Auftragsbestätigung an die L. gesandt zu haben.
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Da er darlegt, weder die Auftragsbestätigung der L., noch deren Mahnungen und den
sonstigen Schriftwechsel erhalten zu haben, zumal er - dies ist unstreitig - zum
maßgeblichen Zeitpunkt unter der Adresse in der K. Straße in D. auch nicht mehr tätig
war, kann aus einem fehlenden Widerspruch nichts hergeleitet werden. Im übrigen wäre
die Klägerin, sofern sie sich überhaupt auf die Grundsätze zum kaufmännischen
Bestätigungsschreiben berufen möchte, für einen Zugang der genannten Schriftstücke
beim Beklagten darlegungs- und beweispflichtig.
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3.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO.
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Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.
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Z. T. H.
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VROLG ROLG RinOLG
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