Urteil des OLG Düsseldorf vom 14.10.2005

OLG Düsseldorf: treu und glauben, abrechnung, verwaltung, kostenverteilung, verwalter, genehmigung, entlastung, anfechtung, aufteilung, mehrheit

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-3 Wx 77/05
Datum:
14.10.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-3 Wx 77/05
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 25 T 679/04
Tenor:
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 2 und 3 tragen die gerichtlichen Kosten des Verfahrens
der weiteren Beschwerde; sie haben dem Beteiligten zu 1. die diesem in
der drit-ten Instanz notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten
zu erstatten.
Wert des Beschwerdegegenstands: 5.000,00 EUR.
A
1
Die Beteiligten zu 1 - 3 bilden die eingangs bezeichnete Eigentümergemeinschaft,
deren Verwalter der Beteiligte zu 2 ist.
2
Im Jahre 1989 wurde das damals im Alleineigentum des Beteiligten zu 2 stehende Haus
P./B.5 geteilt. Die Anlage besteht aus der im Haus P.1 a gelegenen Konditorei als
Teileigentum 1 mit einer Größe von 245,95 qm sowie einer kleinen Einliegerwohnung,
bezeichnet als Wohneigentum 2 mit 51,21 qm sowie 5 weiteren Wohneinheiten. Der
Beteiligte zu 1 mietete zum 01.03.1989 mit einer Kaufoption nach Ablauf von 5 Jahren
die Konditorei an und ist nach Erwerb der Konditorei nebst Wohnung seit 1994
Sondereigentümer der Teileigentumseinheit 1 und der Wohneigentumseinheit 2. Der
Beteiligte zu 2 ist Sondereigentümer der Wohneinheiten 3 und 5 – 7. Der Beteiligte zu 3,
der Ende 2000 Wohneigentum von dem Beteiligten zu 2 erwarb, ist Sondereigentümer
der Wohneinheit 4.
3
Nach § 4 der Teilungserklärung vom 15.03.1989 bemisst sich der auf jeden Wohnungs-
und Teileigentümer entfallende Anteil an den Bewirtschaftungs- und Nebenkosten im
Verhältnis der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile, soweit nicht in der
Teilungserklärung etwas anderes bestimmt ist.
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Mit Schreiben vom 27.02.2004 lud der Beteiligte zu 2 zu einer Eigentümerversammlung
am 16.03.2004 ein. Auf dieser Eigentümerversammlung wurde laut Protokoll unter TOP
3 die Jahresabrechnung 2002 nach Diskussion beschlossen. Unter TOP 4 wurden die
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Wirtschaftspläne 2003 und 2004 sowie die Rückwirkung des Wirtschaftsplans 2003 auf
den 01.01.2003 und die Geltung des Wirtschaftsplanes 2004 über den 31.12.2004
hinaus bis zur Erstellung eines neuen Wirtschaftsplanes beschlossen. Unter TOP 5
wurde dem Verwalter Entlastung erteilt. Diese Beschlüsse wurden mit der Mehrheit der
Beteiligten zu 2 und 3 von 603/1000 gegen die Stimmen des Beteiligten zu 1 von
397/1000 gefasst.
Der Beteiligte zu 1 hat diese Beschlüsse rechtzeitig angefochten.
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Der Beteiligte zu 1 hat vorgetragen:
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Eine Aufführung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben und deren Saldierung in der
Gesamtabrechnung für das Jahr 2002 fehle. Die Abrechnung enthalte keinen
Entwicklungsbericht über das Bankkonto und die Barkasse und es fehle eine
Darstellung der Instandhaltungsrücklage. Entgegen § 4 der Teilungserklärung seien
zahlreiche Positionen nicht nach den Miteigentumsanteilen umgelegt, sondern teilweise
sogar nur geschätzt worden. Ein entsprechender von den Beteiligten zu 2 und 3
behaupteter Beschluss aus dem Jahre 1990 sei mangels Beschlusskompetenz nichtig.
Eine die Teilungserklärung abändernde Vereinbarung sei nicht getroffen worden. Das
zuvor Gesagte gelte entsprechend für die Wirtschaftspläne 2003 und 2004.
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Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,
9
die in der Eigentümerversammlung vom 16.03.2004 unter TOP 3 (Genehmigung der
Wohngeldabrechnung 2002), TOP 4 (Genehmigung der Wirtschaftspläne 2003 und
2004) und TOP 5 (Verwalterentlastung) gefassten Beschlüsse für ungültig zu
erklären.
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Die Beteiligten zu 2 und 3 haben beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
12
Sie haben geltend gemacht:
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Seit 1989 sei eine entsprechende Trennung in diejenigen Nebenkosten, die der
gewerblichen Einheit separat zugeordnet werden könnten, und solche, die auf das
sonstige Wohnungseigentum entfielen, erfolgt. Auch sei im Jahre 1990 ein
entsprechender Beschluss gefasst worden. Zudem seien seit 1989 von den insgesamt
sechs Mülleimern fünf Mülleimer allein von dem Beteiligten zu 1 genutzt und bezahlt
worden. Auch das Wasser sei nicht nach dem Prozentschlüssel abgerechnet worden,
sondern zuerst nach dem Kopfwasserverbrauch des Nebenhauses und später, nach
dem Einbau von Wasseruhren, nach dem gemessenen Wasserverbrauch. Gleiches
gelte für die Kanalkosten, die nach tatsächlichem Verbrauch abgerechnet worden seien.
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Das Amtsgericht Ratingen hat die angefochtenen Beschlüsse für ungültig erklärt und zur
Begründung ausgeführt:
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Die Wohngeldabrechnung 2002 sei mangels Zugrundelegung des vereinbarten
Verteilungsschlüssels ungültig. Der fehlerhafte Verteilungsschlüssel erfasse auch die
Wirtschaftspläne 2003 und 2004. Da die Wohngeldabrechnung ungültig sei, sei auch
die Verwalterentlastung aufzuheben.
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Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 2 und 3 sofortige Beschwerde
eingelegt.
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Sie haben ergänzend umfassend weiterhin zur Unbilligkeit des in der Teilungserklärung
niedergelegten Verteilungsschlüssels vorgetragen und geltend gemacht, der Beteiligte
zu verstoße gegen Treu und Glauben, wenn er sich hinsichtlich der Kostenverteilung auf
die Teilungserklärung berufe.
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Die Beteiligten zu 2 und 3 haben beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag abzuweisen.
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Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,
21
die Beschwerde zurückzuweisen.
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Die Kammer die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
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Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 2 und 3 mit ihrer sofortigen weiteren
Beschwerde mit der sie ihr bisheriges Vorbringen ergänzen und vertiefen und den
Ausführungen des Landgerichts entgegentreten.
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Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragen,
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unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 02.03.2005 den Antrag
vom 14.04.2004 zurückzuweisen.
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Der Beteiligte zu 1 beantragt,
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die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen.
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Er verteidigt die landgerichtliche Entscheidung und tritt dem weiteren Vorbringen der
Beteiligten zu 2 und 3 entgegen.
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Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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B
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Die gemäß §§ 45 Abs. 1 S. 1 WEG, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere
Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 ist nicht begründet. Die angefochtene
Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einem Rechtsfehler, §§ 27 FGG, 546
ZPO.
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I.
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Die Jahresabrechnung 2002 genüge nicht den an eine ordnungsgemäße Abrechnung
zu stellenden Anforderungen, der sie genehmigende Beschluss der
Wohnungseigentümer sei deshalb für ungültig zu erklären. Die Jahresabrechnung lege
in mehreren Positionen nicht den in der Teilungserklärung bestimmten
Kostenverteilungsschlüssel zugrunde und sei daher unrichtig. § 4 der Teilungserklärung
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bestimme, dass die Bewirtschaftungs- und Nebenkosten im Verhältnis der im
Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile umzulegen seien. Eine Änderung des
festgelegten Kostenverteilungsschlüssels der Teilungserklärung durch Beschluss aus
dem Jahre 1990 sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Zudem sei für einen solchen
Beschluss erforderlich gewesen, dass eine entsprechende Kompetenz der
Eigentümerversammlung durch Vereinbarung bzw. die Teilungserklärung begründet
worden sei (BGH NJW 2000, 3500, 3502; OLG Hamm NZM 2003, 803). Das sei nicht
erkennbar. Insbesondere sei § 5 der Teilungserklärung nicht einschlägig, da er lediglich
Bestimmungen über Angelegenheiten regele, die der Beschlussfassung unterlägen.
Auch eine Vereinbarung sowie deren Eintragung sei nicht substantiiert vorgetragen
worden. Änderungen, die nur durch Vereinbarung getroffen werden könnten, bedürften
der Eintragung. Eine nicht in das Grundbuch eingetragene, die Gemeinschaftsordnung
ändernde Vereinbarung der Wohnungseigentümer, die eine nur für alle
Wohnungseigentümer einheitlich zu beurteilende Regelung zum Gegenstand habe,
werde hinfällig, wenn ein Sondernachfolger in die Gemeinschaft eintrete, zu dessen
Ungunsten die Vereinbarung wirken würde. Dann erlange wieder die sich aus dem
Gesetz oder der Gemeinschaftsordnung ergebende Regelung Wirksamkeit (BayObLG
ZMR 2002, 528f). Eine solche Sondernachfolge habe stattgefunden, da der Beteiligte zu
1 erst im Jahre 1994 Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft geworden sei und
die Vereinbarung zu seinen Ungunsten gewirkt hätte. Durch den Eintritt von
Sondernachfolgern wäre eine eventuelle Regelung hinfällig geworden, weil der
Kostenverteilungsmaßstab nur einheitlich beurteilt werden könne (BayObLG a.a.O.). Ein
zulässiger Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer über die Verteilung der
Kosten der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung der Sondereigentumseinheiten
(BGH NZM 2003, 953 f.), sei nicht substantiiert vorgetragen worden und würde nichts
daran ändern dass bei der Nebenkostenabrechnung 2002 in den Positionen "Biomüll",
"Gewerbe/Hausmüll", "Heizung", "Kellerstrom (Bieger) (geschätzt) wie im Jahr 2000"
und "Kanal" ein nicht der Teilungserklärung entsprechender Schlüssel angewandt
worden sei. Auch die wiederholte Genehmigung von Jahresabrechnungen nach einem
nicht der Teilungserklärung entsprechenden Kostenverteilungsschlüssel ändere die
Gemeinschaftsordnung nicht konkludent ab (LG Hannover ZMR 2004, 625).
Ausnahmsweise könne jedoch ein Anspruch bestehen, die geltende Regelung der
Kostenverteilung abzuändern, wenn wegen außergewöhnlicher Umstände ein
Festhalten an ihr grob unbillig wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße. Bei
der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Änderung vorlägen, sei ein strenger
Maßstab anzulegen, weil die Regelung über die Kostenverteilung im Gesetz oder in der
Gemeinschaftsordnung für die Abrechnung grundsätzlich bindend sei und jeder
Wohnungseigentümer sich darauf verlassen können müsse, dass einmal Vereinbartes
tatsächlich gelte (BayObLG NZM 2002, 389 f.). Es könne dahinstehen, ob die Beteiligten
zu 2 und 3 nach diesen Grundsätzen eine Abänderung der geltenden Regelung über
die Kostenverteilung verlangen könnten. Selbst wenn ein solcher Anspruch bestehen
sollte, müsse bei Nichterzielen von Einvernehmen innerhalb der
Wohnungseigentümergemeinschaft der Anspruch gerichtlich geltend gemacht werden.
Erst nach eventueller Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 1 zu einer Änderung
der Teilungserklärung, wäre der neue Verteilungsschlüssel anzuwenden. Aus
denselben Gründen entsprächen auch die Beschlüsse zu den Wirtschaftsplänen 2003,
2004 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Das Amtsgericht habe auch zutreffend den
Beschluss betreffend die Verwalterentlastung für ungültig erklärt. Zwar widerspreche es
nicht grundsätzlich einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn die
Eigentümerversammlung die Entlastung des Verwalters beschließe (BGH ZMR 2003,
750 f.). Werde allerdings die Entlastung des Verwaltungsbeirates oder des Verwalters
beschlossen, obwohl dieser eine vollständige Abrechnung für das vergangene
Wirtschaftsjahr noch nicht oder unrichtig erstellt habe oder obwohl den
Wohnungseigentümern aus anderen Gründen möglicherweise noch Ansprüche
zustehen könnten und bestehe kein Anlass, auf diese Ansprüche zu verzichten, so
entspreche die Entlastung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (Bärmann/Pick/Merle,
WEG, 9. Aufl., § 21 Rn. 76). Aufgrund der unrichtigen Abrechnung habe die Entlastung
des Verwalters nach diesen Grundsätzen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung
entsprochen.
II.
stand. Gesichtspunkte, aus denen sich ergibt, dass die Überlegungen der Kammer von
entscheidungserheblichen Rechtsfehlern beeinflusst sind, haben die Beteiligten zu 2
und 3 nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich.
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1. Der Beschluss zur Genehmigung der Jahresabrechnung ist zunächst schon deshalb
für ungültig zu erklären, weil die Abrechnung unvollständig ist. Neben der
Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben muss die Jahresabrechnung auch
Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen und die Kontostände auf den
Gemeinschaftskonten am Anfang und Ende des Abrechnungszeitraums enthalten (vgl.
Weitnauer-Gottschalg, WEG, 9. A., § 28 Rn. 20). Diesen Vorgaben entspricht die
angegriffene Abrechnung nicht. Die grundsätzlich erforderliche Darstellung der
Entwicklung des Kontostands der Gemeinschaft war nicht deshalb entbehrlich, weil ein
separates Gemeinschaftskonto erst später eingerichtet wurde und bis dahin die
Zahlungen der Gemeinschaft offensichtlich auf ein Konto des Beteiligten zu 2 erfolgten.
Hier wäre der Beteiligte zu 2 als Verwalter verpflichtet gewesen, die Entwicklung der
Gelder der Gemeinschaft auf diesem Konto von den übrigen Kontobewegungen zu
trennen und im Rahmen der Jahresabrechnung in der beschriebenen Form
darzustellen. Ebenso hätte die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage dargestellt
werden müssen. Unerheblich ist hierbei, ob und in welchem Umfang der Beteiligte zu 1
in der Vergangenheit Zahlungen hierzu erbracht hat. Dass die Beteiligten zu 2 und 3
nach eigenem Vorbringen die Instandhaltungsrücklage zum Ausgleich von erheblich
höheren Wohngeldrückständen verwendet haben, ändert unabhängig von der Frage, ob
dies zulässig war, an der Darstellungspflicht in der Abrechnung nichts.
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2. Die Genehmigung der Jahresabrechnung entspricht auch deshalb nicht
ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die hierin enthaltene Kostenaufteilung entgegen der
Teilungserklärung unzulässig ist.
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a) Hierzu ist zunächst festzustellen, dass für eine Änderung der Kostenverteilung gemäß
Teilungserklärung mangels einer Öffnungsklausel grundsätzlich eine förmliche
Vereinbarung erforderlich ist. Dass eine solche Vereinbarung getroffen wurde, ist – wie
von den Vorinstanzen zutreffend festgestellt - nicht ersichtlich. Das Vorbringen der
Beteiligten zu 2 und 3 hierzu ist auch widersprüchlich, so machen sie einerseits geltend,
seit 1989 sei die Aufteilung wie jetzt gehandhabt worden, sie tragen andererseits aber
vor (S. 9 f. des Schriftsatzes vom 15.06.2004 – GA 53 f.) nach der Eheschließung des
Beteiligten zu 1 (ca. 1995) sei es zu Schwierigkeiten hinsichtlich der bis dahin
problemlos durchgeführten Abrechnung gekommen; darauf hin sei ein Wirtschaftsplan
mit Mehrheit beschlossen worden, nach dem jeder Miteigentümer Zahlungen
entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu erbringen gehabt habe, entsprechende
Beschlüsse habe der Beteiligte zu 1 dann aber missachtet. Dies, wie auch die weiteren
Auseinandersetzungen um die Abrechnung im Vorfeld des vorliegenden gerichtlichen
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Verfahrens, zeigen, dass eine einvernehmliche Abänderung der Teilungserklärung nicht
festgestellt werden kann.
Eine von der Teilungserklärung abweichende Verteilung der Kosten über mehrere Jahre
hinweg ohne eine förmliche Änderung der Teilungserklärung rechtfertigt die
vorgenommene Kostenverteilung nicht. Eine langjährige entgegengesetzte Praxis
ersetzt allenfalls dann eine förmliche Abänderungsvereinbarung, wenn feststeht, dass
sämtliche Wohnungseigentümer sie in dem Bewusstsein vornehmen, den
Kostenverteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung zu ändern und durch einen
neuen zu ersetzen (BayObLG NZM 2001, 754, 756; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. A., §
10 Rn. 57). Daran fehlt es hier schon angesichts der ständigen Auseinandersetzungen
um die Abrechnung. Im übrigen ist etwa hinsichtlich der Ermittlung der Wasserkosten
der Verteilerschlüssel in der Vergangenheit geändert worden. Dem steht nicht der von
den Beteiligten zu 2 und 3 angeführte Beschluss des Senats vom 17.12.2003 (WM
2004, 225) entgegen, weil dort – im Gegensatz zum vorliegenden Fall – zusätzlich zu
einer jahrelangen Praxis eine entsprechende konkludent zustande gekommene
Vereinbarung festgestellt werden konnte.
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b) Auf dieser Grundlage gilt hinsichtlich der hier zu beurteilenden Abrechnung, dass
mangels wirksamer Änderung der Teilungserklärung die Positionen Bio-, Gewerbe- und
Hausmüll, Heizung, Kellerstrom (Bieger), Wasser und Kanal nicht wie geschehen
abgerechnet werden durften. Im Hinblick auf die Beschwerdebegründung ist hierzu
ergänzend festzustellen:
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aa) Bei den Heizkosten gilt, dass grundsätzlich die erstmalige Umstellung auf einen der
Heizkostenverordnung entsprechenden Verteilungsmaßstab eine Maßnahme
ordnungsgemäßer Verwaltung darstellt und daher mit einfacher Mehrheit beschlossen
werden kann (§ 3 Satz 2 HeizkostenVO). Die Verordnung verlangt, dass von den
Heizkosten mindestens 50 % und höchstens 70 % nach dem durch die Messgeräte
tatsächlich erfassten Verbrauch verteilt werden (§ 7 Abs. 1 HeizkostenVO). Ein
entsprechender Beschluss fehlt vorliegend jedoch.
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bb) Entsprechendes gilt hinsichtlich der Positionen Wasser und Kanal. Die Kosten der
Wasserversorgung der Sondereigentumseinheiten einschließlich der hieran
gekoppelten Kosten der Abwasserentsorgung sind aus dem Anwendungsbereich des
§ 16 Abs. 2 WEG herausgenommen, da der individuelle Wasserverbrauch
ausschließlich dem Gebrauch der Sondereigentumseinheiten dient und sich nicht auf
den gemeinschaftlichen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums bezieht. Der Einbau
von Kaltwasserzählern und der Übergang zu einer verbrauchsabhängigen Abrechnung
der Wasserkosten ist damit eine Maßnahme zur ordnungsgemäßen Verwaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums nach § 21 Abs. 3 WEG, so dass insofern
Mehrheitsbeschlüsse eröffnet sind (BGH NJW 2003, 3476). Aber auch ein solcher
Beschluss fehlt.
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cc) Die Beteiligten zu 2 und 3 können sich dem gegenüber nicht darauf berufen, die
Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen gemäß Teilungserklärung sei unbillig. Der
in einer Gemeinschaftsordnung festgelegte Kostenverteilungsschlüssel kann, wenn die
Gemeinschaftsordnung nichts anderes vorsieht, nur durch Vereinbarung der
Wohnungseigentümer geändert werden, es sei denn es liegt einer der vorgenannten
Ausnahmefälle vor, bei denen ein Mehrheitsbeschluss ausreicht. Der Anfechtung eines
der geltenden Gemeinschaftsordnung widersprechenden Mehrheitsbeschlusses durch
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einen Wohnungseigentümer kann aber nicht entgegengehalten werden, dass der
Anfechtende nach Treu und Glauben verpflichtet sei, einer Änderung des
Verteilungsschlüssels zuzustimmen (vgl. BGH NJW 1995, 2791). Wie dargelegt ist
vielmehr zunächst eine Abänderung der bestehenden Kostenverteilung herbeizuführen,
die darauf gestützt werden kann, die vereinbarte Verteilung sei unbillig.
dd) Die Position Kellerstrom hätte nicht aufgrund eines geschätzten Werts abgerechnet
werden dürfen. Ausweislich des Protokolls der Eigentümerversammlung, war der
genaue Wert vom Beteiligten zu 2 abgelesen worden. Hier hätte gegebenenfalls eine
Abrechnung auf der Grundlage von Gewerbestrom erfolgen müssen, wie dies der
Beteiligte zu 3 in der Versammlung eingewandt hat, nicht aber eine bloße Schätzung,
wie sie dann vorgenommen worden ist.
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ee) Auch die Aufteilung der Kosten für den Biomüll entspricht nicht der
Teilungserklärung. Hier ist nicht nachvollziehbar, warum eine Aufteilung zwischen
Teileinheiten 1 bis 5 einerseits und 6 und 7 andererseits vorgenommen wurde.
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ff) Hinsichtlich der hier zu beurteilenden Positionen handelt der Beteiligte zu 1 mit der
Anfechtung der Jahresabrechnung auch nicht rechtsmissbräuchlich. Hieran ändert sich
nichts dadurch, dass wegen der Wasserkosten in der
Wohnungseigentümerversammlung eine Einigung dahin erzielt wurde, dass dem
Beteiligten zu 1 der Differenzbetrag zwischen den von ihm und dem Beteiligten zu 2
ermittelten Werten in Höhe von 6,79 EUR gutgeschrieben werden sollte. Einer
Beschlussanfechtung durch einen Wohnungseigentümer steht nicht entgegen, dass er
der Beschlussfassung in der Versammlung zugestimmt hat. Es ist einem
Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht verwehrt, sich eines anderen zu besinnen und
den mit seiner Stimme zu Stande gekommenen Eigentümerbeschluss gemäß § 23 Abs.
4 WEG anzufechten (BayObLG 2001 754, 756). Damit kann es dem Beteiligten zu 1
auch nicht verwehrt sein, entgegen der offenbar zunächst erzielten Einigung nun den
Beschluss wegen Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Abrechnungsschlüssels
anzugreifen. Aus demselben Grund ist er trotz der Nutzung von 5 Müllbehältern auch
nicht an der Anfechtung der Abrechnung hinsichtlich der Müllkosten gehindert. Vor dem
Hintergrund, dass das Anfechtungsrecht nicht nur dem persönlichen Interesse des
anfechtenden Eigentümers oder dem Minderheitenschutz dient, sondern auch dem
Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsmäßigen Verwaltung, kann die Hinnahme
von der Abrechnung für das Jahr 2002 entsprechenden Abrechnungen in der
Vergangenheit für sich genommen nicht die Annahme begründen, die Anfechtung jetzt
sei rechtsmissbräuchlich. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass die übrigen
Wohnungseigentümer aufgrund besonderer Umstände darauf vertrauen durften, der
Beteiligte zu 1 werde die Abrechnung 2002 nicht anfechten. Solche Umstände sind
angesichts der vielfältigen Auseinandersetzungen in der Eigentümergemeinschaft nicht
ersichtlich.
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c) Die angegriffene Jahresabrechnung ist auch deshalb nicht ordnungsgemäß, weil sie
eine Aufwandsentschädigung für den Verwalter enthält, tatsächliche Aufwendungen des
Verwalters von diesem aber nicht dargelegt und in geeigneter Weise nachgewiesen
worden sind. Nach der Teilungserklärung steht dem Beteiligten zu 2 als Verwalter eine
Vergütung nicht zu, die Verwaltertätigkeit soll danach nur gegen "Unkostenerstattung"
durchgeführt werden. Eine hiervon abweichende Vereinbarung ist nicht getroffen
worden. Einen pauschalen Aufwendungsersatzanspruch für geleistete Arbeit hat der
Beteiligte zu 2 damit nicht. In einem unentgeltlichen Auftragsverhältnis ist die
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Arbeitsleistung des Beauftragten als solches kein Aufwand, der zu ersetzen wäre
(Palandt-Sprau, BGB, 63. A., § 670 Rn. 3). Zinsschäden der Gemeinschaft infolge
verspäteter Zahlungen des Beteiligten zu 1 gehören von vornherein nicht zu den vom
Verwalter aufzuwendenden und damit zu erstattenden Kosten.
3. Die unter 2. dargestellten Mängel sind auch in den Wirtschaftsplänen 2003 und 2004
enthalten, so dass auch die hierzu gefassten Beschlüsse ordnungsgemäßer Verwaltung
widersprechen.
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Hinsichtlich des Wirtschaftsplans 2003 kommt hinzu, dass dieser nicht mehr nach
Ablauf der Abrechnungsperiode auf der Versammlung im Jahr 2004 hätte beschlossen
werden dürfen. Gemäß § 28 Abs. 1 WEG hat der Verwalter der Gemeinschaft für jedes
Wirtschaftsjahr einen Kostenvoranschlag, den Wirtschaftsplan, aufzustellen. Der
Wirtschaftsplan hat den geschätzten Betrag aller durch die Verwaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums anfallenden Kosten und Lasten im Sinne des § 16 Abs.
2 WEG und den zur Ansammlung der Instandhaltungsrücklage zu leistenden Betrag (§
21 Abs. 5 Nr. 4 WEG) – Gesamtwirtschaftsplan – auszuweisen und die Aufteilung dieser
Beträge auf die einzelnen Wohnungseigentümer nach dem in der
Gemeinschaftsordnung festgesetzten oder anderweitig vereinbarten, hilfsweise nach
dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel (§ 16 Abs. 2 WEG) - Einzelwirtschaftspläne -
darzustellen (vgl. Weitnauer-Gottschalg § 28 Rn. 3). Grundsätzlich ist ein solcher
Wirtschaftsplan vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu erstellen und zu beschließen. War
für das abgelaufene Wirtschaftsjahr noch kein Wirtschaftsplan erstellt oder beschlossen
worden, entfällt der Anspruch auf Aufstellung bzw. Beschlussfassung; statt dessen ist
nunmehr Abrechnung zu verlangen (vgl. Weitnauer-Gottschalg § 28 Rn. 14, m.w.N.).
Nur dies entspricht dem Sinn und Zweck eines Wirtschaftsplans, durch den die
voraussichtliche zukünftige Entwicklung dargestellt werden soll. Es besteht keinerlei
Anlass, einen solchen Plan für einen bereits abgeschlossenen und dem gemäß
aufgrund der zurückliegenden tatsächlichen Entwicklung abzurechnenden Zeitraum
aufzustellen.
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4. Aufgrund der dargelegten Mängel der vom Beteiligten zu 2 erstellten
Jahresabrechnung und Wirtschaftspläne entsprach auch die Verwalterentlastung nicht
ordnungsgemäßer Verwaltung, wie dies von den Vorinstanzen zutreffend dargelegt
worden ist.
50
III.
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Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beteiligten zu 2 und 3 die gerichtlichen
Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde tragen und dem Beteiligten zu 1. die
diesem im dritten Rechtszug notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten
erstatten. Denn nach den überzeugenden Ausführungen beider Vorinstanzen hätte den
Beteiligten zu 2 und 3 die Aussichtslosigkeit ihres Rechtsmittels klar sein müssen.
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