Urteil des OLG Düsseldorf vom 02.03.2009

OLG Düsseldorf: fahrzeug, zustand, abrechnung, unfall, reparaturkosten, minderwert, beschädigung, wertminderung, herausgabe, kennzeichen

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-1 U 58/08
Datum:
02.03.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-1 U 58/08
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 13. März 2008 verkündete
Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg
wird zurückgewie-sen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
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I.
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Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls vom 14. April 2007 in
Essen, bei dem sein Pkw, ein Peugeot Cabrio 207 CC beschädigt wurde. Die
Einstandspflicht dem Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Das Fahrzeug war am
28. März 2007 zugelassen worden, es wies nach der Darstellung des Klägers eine
Fahrleistung von 153 km, nach Darstellung der Beklagten, die sich auf das
Schadensgutachten (Bl. 6 GA) beziehen, eine Kilometerleistung von 525 auf. Bei dem
Unfall erlitt der Pkw im hinteren linken Bereich eine oberflächige Beschädigung des
Stoßfängers, eine starke Deformation des Kotflügels und einen Anstoß des Rades.
Ausweislich des vom Kläger vorgelegten Gutachten des Sachverständigen J. (Bl. 46
GA) betragen die Reparaturkosten 2.307,17 € einschließlich Mehrwertsteuer, nach
ordnungsgemäßer Reparatur verbleibt eine Wertminderung von 600,-- €. Die Beklagte
zu 2. hat neben den Nettoreparaturkosten und dem merkantilen Minderwert die
Sachverständigenkosten von 287,12 €, Nebenkosten von 25,56 €, vorgerichtliche
Anwaltskosten von 265,70 € sowie Mietwagenkosten für die Dauer von 18 Tagen an
den Kläger gezahlt. Der Kläger verlangt eine Abrechnung auf Neuwagenbasis. Dabei
legt er unter Berücksichtigung eines persönlichen Rabatts von 1.878,15 € einen
Neuwagenpreis von 17.521,01 € zugrunde, auf die er sich die gezahlten
Nettoreparaturkosten von 1.938,80 € sowie die erstattete Wertminderung von 600,-- €
und Nebenkosten von 25,56 € anrechnen lässt. Daneben verlangt er eine
Nutzungsentschädigung für die Dauer von 4 Monaten.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn
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1.
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14.956,65 € nebst Zinsen von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2007
zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Unfallfahrzeugs Pkw Peugeot 207
CC Sport 150 THP, schwarzmetallic, amtliches Kennzeichen D – , Fahrzeug-
Ident.-Nr. ,
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2.
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einen Nutzungsausfallschaden von 5.160,-- € zu zahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit
begründet, dass eine Abrechnung auf Neuwagenbasis nur bei erheblichen Schäden in
Betracht komme, was vorliegend nicht der Fall sei. Ausweislich des Gutachtens des
Sachverständigen J. sei es nicht erforderlich, wesentliche Teile des Fahrzeuges zu
erneuern. Die Reparaturkostenkalkulation liege unter 15 % der von dem Kläger geltend
gemachten Anschaffungskosten für ein Neufahrzeug. Lediglich der hintere linke
Kotflügel sei auszutauschen und das Radhausblech instand zu setzen. Im Übrigen
bestünden die Reparaturarbeiten im Wesentlichen aus erforderlichen Lackierungen.
Tragende oder sicherheitsrelevante Teile des Fahrzeuges seien bei dem Unfall nicht
beschädigt worden. Es lägen vielmehr lediglich Blechschäden vor, die in einer
fachgerechten Reparatur ohne technischen Minderwert beseitigt werden könnten.
Inwiefern die Schäden an dem Fahrzeug des Klägers entsprechend dessen Vorbringen
eine Karosseriekomponente beträfen, die als Bestandteil des Verdeckmechanismus
wahrgenommen werde, sei nicht ersichtlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil
des Landgerichts Bezug genommen, gegen das sich der Kläger mit seiner zulässigen,
insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung wendet. Er
rügt, dass das prozentuale Verhältnis der Reparaturkosten zum Neupreis nicht allein
entscheidend sei, sondern die hier erhebliche Beschädigung des Fahrzeugs. Er
verweist darauf, dass sich der Pkw bei der Begutachtung in undemontiertem Zustand
befunden habe; der Sachverständige habe nicht ausschließen können, dass sich
während einer Reparatur weitere Schäden bzw. Schadensänderungen heraus stellten.
Im Übrigen sei schon die erforderliche Reparaturlackierung geeignet, dem Fahrzeug
seinen nagelneuen Charakter zu nehmen. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf
die in dem Berufungsverfahren vorgelegten Schriftsätze des Klägers, insbesondere die
Berufungsbegründung, Bezug genommen.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 13.03.2008, Az.: 1
O 337/07, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn
15
1.
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14.956,65 € nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2007
zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe des Unfallfahrzeugs Pkw Peugeot 207
CC Sport 150 THP, schwarz metallic, amtliches Kennzeichen D – , Fahrzeug-
Ident.-Nr. ,
17
2.
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einen Nutzungsausfallschaden von 5.160,-- € nebst Zinsen von 5 % über dem
Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen und ergänzen ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf ihre in dem Berufungsverfahren
vorgelegten Schriftsätze Bezug genommen.
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II.
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Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die mit der Berufung erhobenen
Rügen greifen nicht durch.
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Im Einzelnen ist hierzu noch folgendes auszuführen:
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Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis ist grundsätzlich (nur) gerechtfertigt, wenn die
Fahrleistung des nicht länger als einen Monat zugelassenen Fahrzeuges nicht mehr als
1.000 km beträgt und zudem eine erhebliche Beschädigung vorliegt, die es für den
Geschädigten unzumutbar macht, sich mit einer Reparatur und der Zuzahlung eines
Geldbetrages für den verbliebenen Minderwert zu begnügen (vgl. BGH NJW 1976,
1202). Der Pkw Peugeot des Klägers erfüllt zwar unstreitig die beiden erstgenannten
Kriterien; das noch neuwertige Fahrzeug ist jedoch bei dem Unfall nicht so erheblich
beschädigt worden, dass dem Kläger die Weiterbenutzung im reparierten Zustand nicht
zuzumuten ist und er Ersatz derjenigen Kosten verlangen darf, die er für die
Anschaffung eines Neufahrzeuges aufwenden muss.
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Bei der Beurteilung der hier streitigen Frage, ob das Fahrzeug erheblich beschädigt
worden ist, ist maßgeblich darauf abzustellen, in welchem Zustand sich das Fahrzeug
nach einer (gedachten) fachgerechten Reparatur befindet. Insoweit sind die Schwere
der eingetretenen Unfallbeschädigung, das Verhältnis der Reparaturkosten zu dem
Kaufpreis, ob der Sachverständige eine merkantile Wertminderung ermittelt hat (zur
indiziellen Bedeutung: LG Mönchengladbach, NJW-RR 2006, 244) und ob der
Geschädigte im Fall einer fachgerechten Reparatur bei einem Weiterverkauf
offenbarungspflichtig ist, nachrangig (vgl. Senat, Urteil vom 19.12.2003, 1 U 139/03, SP
2004, 158). Dem Geschädigten ist grundsätzlich eine Weiterbenutzung des reparierten
Unfallfahrzeuges zumutbar, wenn durch den Unfall ausschließlich Teile betroffen waren,
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durch deren spurenlose Auswechslung der frühere Zustand voll wieder hergestellt
werden kann (vgl. BGH NJW 1976, 1202; NJW 1982, 433; OLG Nürnberg, DAR 2009,
37).
Dies ist vorliegend der Fall. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind
ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen J. nämlich lediglich der hintere linke
Kotflügel auszutauschen und das Radhausblech instand zu setzen. Im Übrigen
bestehen die Reparaturarbeiten im Wesentlichen aus erforderlichen Lackierungen.
Sicherheitsrelevante Teile sind nicht beschädigt. Darüber hinaus bleiben bei einer
ordnungsgemäßen Reparatur keine Schönheitsfehler am Pkw zurück. Soweit der Kläger
den Aspekt der schwierigen Lackierung ins Feld führt, so ist davon auszugehen, dass
angesichts der heute fortgeschrittenen Lackiertechnik auch diesbezüglich eine
spurenlose Beseitigung des Schadens gelingt.
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Zutreffend ist, dass ein erheblicher Schaden, der eine Abrechnung auf Neuwagenbasis
bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen rechtfertigt, grundsätzlich auch dann
vorliegen kann, wenn infolge der Unfallbeschädigungen, die bei einem Neufahrzeug
besonders geschätzten Gewährsansprüche wenigstens beweismäßig gefährdet
erscheinen. Dies ergibt sich hier jedoch nicht schon ohne weiteres aus der Art und dem
Umfang der vorliegenden Schäden; der Umstand, dass die Reparatur unproblematisch
erscheint, spricht eher gegen eine solche Annahme. Im Übrigen ist ein näherer
Sachvortrag des Klägers hierzu nicht erfolgt. Soweit er darauf verwiesen hat, dass das
Gutachten des Sachverständigen J. insofern Unsicherheiten aufweise, als das Fahrzeug
im undemontierten Zustand begutachtet worden sei und sich weitere Schäden bzw.
Schadensänderungen bei einer Reparatur herausstellen könnten, lässt das festgestellte
Schadensbild für diese Annahme keine greifbaren Anhaltspunkte erkennen.
Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit die Funktion der Verdeckmechanik in
Mitleidenschaft gezogen werden könnte.
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Da nach alledem dem Kläger die Weiterbenutzung seines Fahrzeuges im reparierten
Zustand zumutbar ist, ist bereits aus diesem Grund eine Abrechnung auf
Neuwagenbasis nicht gerechtfertigt.
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Der Senat muss hier deshalb die weitere Frage, ob eine derartige Abrechnung
überhaupt - wie hier erfolgt – fiktiv, d.h. ohne konkrete Ersatzbeschaffung, möglich ist,
nicht entscheiden (verneinend: LG Hagen, ZfS 2007, 386; LG Waldshut-Tiengen, NJW-
RR 2002, 1243; OLG Nürnberg, ZfS 1991, 45; LG Kassel, ZfS 1992, 299; bejahend: KG,
NJW-RR 1987, 16; OLG Karlsruhe, DAR 1982, 230; LG Aachen, ZfS 1989, 46; OLG
Zweibrücken, SP 2004, 160; LG Mönchengladbach, NJW-RR 2006, 244, OLG Hamburg,
NZV 2008, 555).
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Angesichts der nicht gegebenen Abrechnungsmöglichkeit auf Neuwertbasis kann der
Kläger auch nicht für die von ihm nicht in Anspruch genommene Nutzung des
beschädigten Fahrzeuges weiteren Ersatz verlangen. Er hätte vielmehr spätestens nach
Vorliegen des Schadensgutachtens die Reparatur veranlassen müssen, deren Dauer
nach dem Gutachten des Sachverständigen J. lediglich 4 Tage beträgt. Insoweit ist er für
die unfallbedingte Ausfallzeit seines Pkw durch die Zahlung der Mietwagenkosten für 18
Tage ausreichend entschädigt.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 nicht
vorliegen.
35
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 20.116,65 € festgesetzt.
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Dr. S. R..I. E.
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