Urteil des OLG Düsseldorf vom 14.01.2009

OLG Düsseldorf: abhängige erfindung, patentverletzung, daten, beweisverfahren, verfügung, anhörung, schweigepflicht, aushändigung, geheimhaltung, verschwiegenheit

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 W 56/08
Datum:
14.01.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-2 W 56/08
Tenor:
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss
der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. August 2008
auf-gehoben.
II. Die Sache wird an das Landgericht zurückverwiesen, welches unter
Be-achtung der Ausführungen in diesem Beschluss erneut über die Aus-
händigung des Besichtigungsgutachtens an die Antragstellerin und die
Entbindung ihrer anwaltlichen Vertreter von der Schweigepflicht zu ent-
scheiden hat.
III. Dem Landgericht wird auch die Entscheidung über die Kosten des
Be-schwerdeverfahrens übertragen.
IV. Der Beschwerdewert wird auf 62.500,-- EUR festgesetzt.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (vgl. Senat, InstGE 8, 186 – Klinkerriemchen II;
OLG Düsseldorf (20. ZS), InstGE 9, 41 – Schaumstoffherstellung) und begründet. Die
angefochtene Entscheidung, mit der das Landgericht eine Aushändigung des
Besichtigungsgutachtens an die Antragstellerin und eine Entbindung ihrer Anwälte von
der Schweigepflicht verweigert hat, kann keinen Bestand haben. Ohne vorherige
Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen durfte das Landgericht den
Verletzungstatbestand nicht verneinen. Die Sache ist deswegen zur weiteren
Sachaufklärung an die erste Instanz zurückzuverweisen (§ 572 Abs. 3 ZPO).
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I.
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Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das zum Zwecke der
Besichtigung durchgeführte selbständige Beweisverfahren grundsätzlich mit der
Übersendung des Sachverständigengutachtens an die Parteien und einer sich auf
Antrag einer der Beteiligten ggf. hieran anschließenden mündlichen Anhörung des
Sachverständigen endet (BGH, Mitt 2006, 90). Bezüglich des Besichtigungsschuldners
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und der zur Verschwiegenheit verpflichteten Anwälte des Besichtigungsgläubigers
ergeben sich im Zusammenhang mit der Überlassung des Gutachtens keine Probleme,
wenn sie – wie hier – persönlich bei der sachverständigen Besichtigung zugegen
waren. Gelingt es dem Besichtigungsschuldner, beachtenswerte
Geheimhaltungsinteressen geltend zu machen, bedarf es allerdings einer förmlichen
gerichtlichen Entscheidung darüber, ob und ggf. in welcher Form auch dem
Besichtigungsgläubiger persönlich das Gutachten zur Kenntnis gebracht und seine
Anwälte von der ihnen auferlegten Verschwiegenheitspflicht entbunden werden.
1.
4
Bestehen hinsichtlich des Gutachteninhalts selbst keine Geheimhaltungsinteressen,
sind den Teilnehmern der Besichtigung jedoch im Übrigen Betriebsinterna zur Kenntnis
gelangt, deren Geheimhaltung im berechtigten Interesse des Besichtigungsschuldners
liegt, so ist das Sachverständigengutachten dem Besichtigungsgläubiger zuzustellen
und ggf. in einem Anhörungstermin zu erörtern. Im Umfang des dokumentierten
Besichtigungsergebnisses kann gleichfalls die Pflicht zur Verschwiegenheit entfallen;
für die über das Gutachten hinausgehenden (geheimhaltungsbedürftigen) Tatsachen hat
die angeordnete Verschwiegenheitsverpflichtung demgegenüber fortzubestehen.
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Legt das Gutachten (einschließlich Anlagen) selbst Tatbestände offen, an deren
Geheimhaltung der Besichtigungsschuldner ein beachtliches Interesse glaubhaft
machen kann, so ist zu unterscheiden: Lässt sich der geheimnisgeschützte Sachverhalt
ohne Sinnentstellung dadurch eliminieren, dass die betreffende Passage des
Gutachtens geschwärzt wird, ist dem Schutzrechtsinhaber ein entsprechend redigiertes
Exemplar zu übersenden, womit das selbständige Beweisverfahren beendet ist. Kommt
ein solches Vorgehen nicht in Betracht, z.B. weil der besichtigte Gegenstand eine
abhängige Erfindung darstellt, so hängt die Aushändigung des Gutachtens an den
Besichtigungsgläubiger davon ab, ob bei vorläufiger Beurteilung eine Patentverletzung
zu bejahen ist oder nicht: Ergibt die Besichtigung eine (ggf. abhängig erfinderische)
Patentverletzung, so hat der Geheimnisschutz des Verletzers hinter den Belangen des
Schutzrechtsinhabers, seine gesetzlich verbrieften Ausschließlichkeitsrechte auch
gegenüber einer zwar erfinderisch abgewandelten, aber dennoch wortsinngemäß oder
äquivalent patentverletzenden Benutzungsform zur Geltung zu bringen, zurückzutreten.
Umgekehrt gilt entsprechendes: Stellt der mit Hilfe des Sachverständigen ermittelte
Besichtigungsgegenstand keine Patentverletzung dar, gebieten es die nunmehr
vorrangigen Geheimhaltungsbelange des Schuldners, dass dem Patentinhaber weder
das Gutachten ausgehändigt noch seine Anwälte von ihrer Schweigepflicht entbunden
werden (LG Düsseldorf, InstGE 6, 189 – Walzen-Formgebungsmaschine I).
6
2.
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Die besagten Grundsätze hat auch das Landgericht zutreffend seiner Beurteilung
zugrunde gelegt. Seine Entscheidung, der Antragstellerin das Besichtigungsgutachten
vorzuenthalten und die Verschwiegenheitsverpflichtung für ihre Anwälte fortbestehen zu
lassen, ist dennoch zu beanstanden. Auch wenn die Antragsgegnerin, wovon das
Landgericht ausgegangen ist, Geheimhaltungsinteressen für sich reklamieren kann,
beruht seine Annahme, die Antragsgegnerin mache von der technischen Lehre des
Antragspatents keinen Gebrauch, auf Verfahrensfehlern.
8
a)
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Da das Streitpatent einen technischen Bereich betrifft, der den nicht einschlägig
vorgebildeten Mitgliedern der Patentstreitkammer ersichtlich nicht geläufig ist, hätte es
sich vor einer von der Einschätzung des fachkundigen Gerichtsgutachters
abweichenden Bewertung der Verletzungsfrage durch dessen (schriftliche oder
mündliche) Anhörung vergewissern müssen, ob seine Überlegungen zur
Nichtverwirklichung bestimmter Anspruchsmerkmale wirklich stichhaltig sind. Davon
war das Landgericht nicht deshalb enthoben, weil die Auslegung eines Patents und die
Bestimmung von dessen Schutzbereichs nach der Judikatur des Bundesgerichtshofs
Rechtsfragen sind. Denn in das dem Verletzungsgericht überantwortete wertende
Verständnis vom Inhalt der Merkmale eines Patentanspruchs fließen regelmäßig
Tatsachen ein, die sich nur aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns beantworten
lassen und die deshalb aus eben seinem Verständnishorizont festzustellen sind. Dazu
gehören etwa ein bestimmtes Vorverständnis Sachkundiger auf dem betreffenden
Fachgebiet, aber auch Kenntnisse, Fertigkeiten, Erfahrungen und methodische
Herangehensweisen, die dem Fachmann bezogen auf den Prioritätstag eigen waren
und mit denen er die Lektüre der Patentschrift vornimmt. Sie alle hat das
Verletzungsgericht – ggf. sachverständig beraten und in Auseinandersetzung mit den
Ausführungen des Sachverständigen (BGH, GRUR 2006, 962 –
Restschadstoffentfernung) – zu ermitteln und auf ihrer Grundlage alsdann den Inhalt des
Patents eigenverantwortlich zu ermitteln (BGHZ 160, 204 – Bodenseitige
Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2004, 411 – Diabehältnis; BGH, GRUR 2006,
131 – Seitenspiegel). Sobald für ein von der Beurteilung des Sachverständigen
abweichendes Verständnis von der Erfindung die eingangs genannten Tatsachen ins
Spiel kommen, d.h. sobald die vermeintliche Fehlinterpretation des Gutachters nicht
ausschließlich auf einer Verkennung patentrechtlicher Auslegungsregeln beruht, hat
das Verletzungsgericht entweder den Sachverständigen ergänzend zu denjenigen
Erwägungen tatsächlicher Art zu befragen, mit denen es den Verletzungstatbestand
anders beurteilen will, oder aber seine eigene überlegene technische Sachkunde in
diesem Punkt darzulegen.
10
b)
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Dieser Verpflichtung ist das Landgericht vorliegend nicht in der gebotenen Weise
nachgekommen. Mit den von ihm bisher verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen
lässt sich eine Patentverletzung nicht verneinen.
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aa)
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Merkmal (b) besagt, dass "der Stream (= Datenstrom) automatisch in Segmenten
einstellbarer Länge gespeichert wird."
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Datenstrom kann – wie der Sachverständige überzeugend dargetan hat – das von
einem bestimmten Sender während eines Tages ausgestrahlte Fernsehprogramm sein.
Eine einzelne Sendung innerhalb dieses Programms stellt daher ein Segment im Sinne
des Klagepatents (scil.: ein Teil des Ganzen) dar.
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Ausgehend hiervon ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Lehre
des Klagepatents dahin geht, Segmente des Datenstroms zu speichern und diese
Segmente nach ihrer Speicherung zu lesen. Letzteres ergibt sich aus dem Merkmal (e),
welches besagt, dass es die gespeicherten Daten sind, die über das Internet gelesen
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werden, sowie dem Merkmal (c), welches festlegt, dass neben dem Beginn des
Segments auch dessen Länge oder Endzeitpunkt gespeichert werden. Mit Rücksicht
darauf trifft die Annahme des Landgerichts zu, dass eine wortsinngemäße Benutzung
nicht festgestellt werden kann, weil bei der angegriffenen Ausführungsform die Sendung
als Ganzes als Datei gespeichert wird, ein Lesezugriff jedoch schon vorher, mithin
während der laufenden Aufzeichnung, möglich ist.
Das Landgericht hat die Feststellungen des Sachverständigen jedoch unzureichend
ausgewertet. Der Gutachter hat nämlich ausgeführt, dass nach dem Inhalt der
Patentschrift der wesentliche Grund für die vom Klagepatent geforderte Segmentierung
(d.h. genauer die Speicherung von Segmenten des Datenstromes vor einem
Lesezugriff) darin liegt, einen konkurrierenden Zugriff auf die audiovisuellen und/oder
multimedialen Daten zu ermöglichen. In der Tat heißt es im Absatz [0009] des
allgemeinen Beschreibungstextes:
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"Bei dem (erfindungsgemäßen) Verfahren ... wird der Stream automatisch in Segmenten
einstellbarer Länge gespeichert. Dadurch ist es möglich, unmittelbar nach Abschluss
der Speicherung eines Segments auf dieses zuzugreifen. ... Sobald ein Segment
gespeichert ist, kann auf dieses zugegriffen werden. Es muss also nicht abgewartet
werden, bis der vollständige Stream erzeugt und erfasst worden ist, so dass auf einzelne
Punkte des Streams zugegriffen werden kann. ..."
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Der Fachmann entnimmt der besagten Textstelle, dass die Speicherung der
Datenstrom-Segmente den technischen Sinn hat, den Lesezugriff zulassen zu können,
welcher sonst daran scheitern müsste, dass während des schreibenden Zugriffs auf das
Segment kein weiterer konkurrierender Zugriff von anderer Seite erlaubt werden kann,
der ggf. die Datenaufzeichnung stören könnte.
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Nach den Darlegungen des Sachverständigen (GutA S. 7 f.) stellt sich das vom
Klagepatent gesehene Problem bei modernen Betriebssystemen nicht mehr, weil diese
bereits von Hause aus in der Lage sind, während des schreibenden Zugriffs auf ein
Datenstrom-Segment einen lediglich lesenden Zugriff auf dasselbe Segment von dritter
Seite zuzulassen. Für den Durchschnittsfachmann, dem solche leistungsfähigen
Betriebssysteme zur Verfügung stehen, kann es nahegelegen haben, dass er auf die
vorherige Speicherung der Datenstrom-Segmente verzichten kann, weil er es sich dank
der modernen Betriebssystemtechnik leisten kann, ein- und dasselbe Segment zu
beschreiben und – von dritter Seite – gleichzeitig lesen zu lassen.
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In rechtlicher Hinsicht kann sich unter solchen Umständen das Problem der
Äquivalenzprüfung bei im Prioritätszeitpunkt noch unbekannten Ersatzmitteln stellen,
nämlich dann, wenn der Sachverständige bestätigen sollte, dass die erörterten
leistungsstarken Betriebssysteme erst nach dem Prioritätszeitpunkt des Klagepatents
verfügbar geworden sind. War das Ersatzmittel als solches am Prioritätstag noch
unbekannt, weil es erst durch den weiteren Fortgang der technischen Entwicklung
bereitgestellt worden ist, so ließe sich zwar theoretisch folgern, dass in seiner Wahl
keine äquivalente Benutzung liegen kann, weil das Austauschmittel für einen
Durchschnittsfachmann mit dem Wissen des Prioritätstages naheliegend gewesen sein
muss. Diese Konsequenz wäre jedoch unhaltbar, wenn es in Kenntnis des Patents
keiner über die Routine des Fachmanns hinausgehender Erwägungen bedurfte, um zu
erkennen, dass die patentierte Erfindung objektiv gleichwirkend auch mit dem erstmals
nachträglich zur Verfügung stehenden Mittel ausgeführt werden kann. Hier beruht die
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Abwandlung vom Anspruchswortlaut gerade nicht auf besonderen schöpferischen
Überlegungen des Fachmanns, sondern darauf, dass dem Verletzer – zufällig – der
allgemeine technische Fortschritt "in den Schoß gefallen" ist. Unter solchen Umständen
muss es für die Einbeziehung in den Schutzbereich ausreichen, dass die
Äquivalenzvoraussetzungen des Naheliegens bei Orientierung an der technischen
Lehre des Patentanspruchs erfüllt sind, wenn unterstellt wird, dass dem Fachmann das
(tatsächlich erst später verfügbar gewordene) Ersatzmittel bereits im Prioritätszeitpunkt
bekannt gewesen ist (vgl. zu dem Problemkreis auch Benkard/Scharen, PatG GebrMG,
10. Aufl., § 14 PatG Rn. 113).
Dem hätte das Landgericht zumindest mit einem gerichtlichen Hinweis nachgehen
müssen, welcher der Antragstellerin Gelegenheit geben hätte, ihren Sachvortrag
entsprechend zu ergänzen. Das gilt umso mehr, als im Rahmen der Entscheidung über
die Gutachtenaushändigung ein Zurückstehen von Geheimhaltungsinteressen der
Antragsgegnerin nicht erst dann geboten ist, wenn die Verletzungsargumentation der
Antragstellerin auf eine schon bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung
verweisen kann (woran es vorliegend ggf. fehlen würde), sondern schon dann
gerechtfertigt sein kann, wenn ernstzunehmende Kommentarstimmen oder, sofern die
Rechtsfrage auch in der Literatur noch keine Erörterung erfahren haben sollte, objektiv
gewichtige Argumente eine der Antragstellerin günstige Verletzungsentscheidung
hinreichend wahrscheinlich machen. Anderenfalls würde der Antragstellerin über die
Vorenthaltung der Besichtigungsergebnisse von vornherein die Möglichkeit genommen,
eine aussichtsreiche Rechtsverfolgung überhaupt in Angriff zu nehmen.
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bb)
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Merkmal (d) verlangt, dass "Highlights markiert werden."
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Das Landgericht hat – entgegen dem Verständnis des Sachverständigen - eine
Verwirklichung des Merkmals (d) mit der Begründung verneint, die bei der angegriffenen
Ausführungsform gespeicherten Anfangs- und Endzeitpunkte der Sendung könnten
begrifflich nicht als "Highlights" verstanden werden, weil die Speicherung des
Segmentanfangs und des Segmentendes gesondert in der Merkmalsgruppe (c) erwähnt
sei. Auch diese Annahme begegnet Bedenken.
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Ausweislich der Erläuterungen im Absatz [0011] ist ein Highlight ein bestimmter
Ereigniszeitpunkt innerhalb eines Segments, der entweder manuell oder mittels
Hardware markiert wird. Diese Definition trifft fraglos auch auf diejenigen Zeitmarken zu,
die den Sendungsbeginn und das Ende der Sendung repräsentieren, weil es sich um
konkrete Zeitpunkte handelt, die für ein bestimmtes Ereignis stehen. Als Grenzwerte
eines geschlossenen Intervalls liegen beide Daten auch innerhalb – und nicht
außerhalb - des Intervalls (GutA S. 10).
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Richtig ist, dass der Segmentanfang und das Segmentende als solche noch keine
Highlights darstellen. Haben die Segmente z.B. eine bestimmte Länge (Dauer) von
beispielsweise 10 Minuten, so repräsentieren der Anfang und das Ende jedes
Segments – ähnlich einem festen Fristbeginn und einem festen Fristende - lediglich
eine bestimmte Zeitspanne (z.B. von 12.10 h bis 12.20 h, von 12.20 h bis 12.20 h, etc),
aber noch kein über den bloßen Zeitverlauf hinaus gehendes Ereignis. Solches ist – wie
die Antragstellerin mit Recht einwendet – erst der Fall, wenn innerhalb des betreffenden
Segments (z.B. von 12.10 h bis 12.20 h) der (z.B. auf 12.15 h fallende) Beginn einer
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bestimmten Sendung als innerhalb des Segments liegendes Ereignis (welches sich
zeitlich aus unterschiedlichen Gründen verschieben kann und deshalb der besonderen
Kennzeichnung innerhalb des Segments bedarf) markiert wird. An der geschilderten
Beurteilung, dass der Sendungsanfang (genauso wie das Sendungsende) ein Ereignis
(= Highlight) darstellen, ändert sich nichts dadurch, dass der Segmentbeginn von
vornherein auf den Sendungsanfang und das Segmentende von vornherein auf das
Ende der Sendung gelegt wird, so dass Beginn und Ende des Segments mit dem
Beginn und dem Ende der Sendung (als dem zu markierenden besonderen Ereignis)
zusammenfallen.
cc)
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Nach Merkmal (f) "gibt ein Web-Browser über geeignete Plugins den Stream wieder."
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Zugunsten der Antragsgegnerin kann unterstellt werden, das sich die angegriffene
Ausführungsform zur Wiedergabe des audiovisuellen/multimedialen Datenstroms nicht
eines Plugins bedient, sondern von der nach den Ausführungen des Sachverständigen
einzigen Alternative einer unmittelbaren Implementierung im Code des Web-Browsers
Gebrauch macht. Nach dem Inhalt der Klagepatentschrift kommt den Plugins lediglich
die Aufgabe zu, den Datenstrom überhaupt wiederzugeben. Die Patentschrift benennt
insofern ein taugliches Mittel, ohne dass es irgendeinen Anhalt dafür gibt, dass der
Verwendung von Plugins ein Vorteil zugeschrieben wird, der sich mit einer
Direktimplementierung im Browser-Code nicht erzielen ließe. Sollte es die letztgenannte
Möglichkeit im Prioritätszeitpunkt noch nicht gegeben haben (worauf das Vorbringen der
Antragstellerin hindeutet), so spricht vieles dafür, eine äquivalente Benutzung nach den
unter aa) dargelegten Regeln anzunehmen. Sollten dem Fachmann beide
Lösungsmöglichkeiten am Prioritätstag zur Verfügung gestanden haben, wird es darauf
ankommen, ob der Durchschnittsfachmann die Erwähnung von Plugins als bloßes
Beispiel für die Funktion "Wiedergabefähigkeit von Multimediadaten" verstanden hat
oder als bewusste Beschränkung auf eine ganz bestimmte von mehreren bekannten
Konstruktionen zur Realisierung dieser Funktion. Die erstgenannte Alternative kommt
zumindest ernsthaft in Betracht, zumal sie auch vom gerichtlichen Sachverständigen
seinem Verständnis von der Erfindung zugrunde gelegt worden ist.
30
II.
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Eines besonderen Ausspruchs dazu, ob der Antragstellerin wenigstens das Ergebnis
der Besichtigung als solches mitgeteilt werden darf, bedarf es nicht. Selbstverständlich
sind die Anwälte der Antragstellerin hieran nicht gehindert, weil sich ihre
Verschwiegenheitspflicht ausschließlich auf betriebsinterne Tatsachen bezieht,
während es sich bei der Bekanntgabe davon, ob der gerichtliche Sachverständige im
Ergebnis eine Patentverletzung bejaht oder verneint hat, um eine bloße Wertung
handelt, die die Geheimnissphäre der Antragsgegnerin offensichtlich nicht berühren
kann. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn bereits die Mitteilung des
Besichtigungsergebnisses aufgrund der besonderen Umstände des Falles
Rückschlüsse auf eine bestimmte konstruktive Ausgestaltung des
Besichtigungsgegenstandes zulässt.
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III.
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Der Beschwerdewert entspricht einem Viertel des für das selbständige Beweisverfahren
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anzusetzenden Hauptsachestreitwertes. Die Besichtigungsergebnisse sind zwar
inzwischen dokumentiert; für die Antragstellerin würde die durchgeführte
Beweiserhebung aber weitgehend wertlos bleiben, wenn ihr das
Besichtigungsgutachten nicht ausgehändigt wird.