Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.09.2000

OLG Düsseldorf: geschäftsführung ohne auftrag, pos, anscheinsvollmacht, isolierung, rechtsschein, abnahme, vergütung, anzeige, bezahlung, firma

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-22 U 47/00
Datum:
08.09.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-22 U 47/00
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil der 4. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 9. Februar 2000
teilweise abgeändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
2.833,44 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.03.1998 zu zahlen.
Die Berufung wird zurückgewiesen, soweit die Klage hin-sichtlich eines
Teilbetrages von 10.656,53 DM nebst Zin-sen abgewiesen worden ist.
Im übrigen wird die Sache an das Landgericht Wuppertal
zurückverwiesen, das auch über die Kosten der Berufung zu
entscheiden hat.
Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
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Gegenstand des Berufungsverfahrens sind drei Schlussrechnungen des Klägers und
zwar Schlussrechnung Nr. 97357 (Anlage H11) über Isolierung einer Kellerwand, aus
der Schlussrechnung Nr. 97360 über Entwässerungsleitungen (Anlage H8) die
Positionen 010203, 011502 und 011506 und aus der Schlussrechnung Nr. 97358 über
Außen- und Grünanlagen (Anlage H6) die Positionen 020101, 020201, 020202,
050011, 050021, 09010, 09020, 090201 und 09050 (vom Landgericht falsch bezeichnet
mit 01050), über die das Landgericht durch das Teilurteil entschieden und insoweit die
Klage abgewiesen hat, weil dem Kläger keine Aufträge durch die Beklagten oder mit
deren Vollmacht erteilt worden seien.
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I. Schlussrechnung Nr. 97357 - Isolierung einer Kellerwand (Anlage H11)
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Gegen die Zulässigkeit des Teilurteils gemäß § 301 ZPO bestehen insoweit keine
Bedenken. Die Abweisung betrifft eine einzelne Schlussrechnung über eine nach dem
Vortrag des Klägers gesondert in Auftrag gegebene Leistung. Die Entscheidung über
diese Rechnung ist von der Entscheidung über die noch in erster Instanz streitigen
Positionen aus den anderen beiden Rechnungen, hinsichtlich der die Massenansätze
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des Klägers oder die Angemessenheit der Preise bestritten werden, unabhängig. Die
Gefahr widersprechender Entscheidungen, auch infolge einer abweichenden
Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht, ist insoweit ausgeschlossen (vgl. BGH WM
1991, 1530; NJW-RR 1990, 1303).
Der Kläger behauptet, die Beklagten hätten durch die Firma R-Bau, welche mit der
Objektüberwachung betraut war, den Auftrag erteilt, die beschädigte Isolierung der
Kelleraußenwand zu erneuern. Er legt dazu ein Auftragsschreiben der R-Bau vor (Bl. 39
GA) und bestreitet die Behauptung der Beklagten, er selbst habe die Isolierung
beschädigt, und behauptet, dies sei durch andere Unternehmer geschehen.
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Dem Kläger steht weder aus § 2 Nr. 6 VOB/B noch aus § 2 Nr. 8 VOB/B noch aus § 812
BGB oder Geschäftsführung ohne Auftrag ein Anspruch auf Bezahlung dieser Leistung
zu.
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Der Anspruch aus § 2 Nr. 6 VOB/B ist nicht gegeben, weil diese Leistung nicht im Sinne
dieser Vorschrift gefordert worden ist. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers haben
nicht die Beklagten, sondern der bauüberwachende Architekt den Auftrag für diese
zusätzliche, im Vertrag nicht vorgesehene Leistung erteilt. Dies kann als Fordern im
Sinne von § 2 Nr. 6 VOB/B den Beklagten nicht zugerechnet werden, denn der Architekt
hatte hierzu keine Vollmacht.
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Der Architektenvertrag (Bl. 194 f. GA) beinhaltet eine solche Vollmacht nicht. Der Firma
R-Bau waren in diesem Vertrag lediglich die Grundleistungen gemäß § 15 HOAI,
Leistungsphasen 6-8 übertragen. Diese umfassen grundsätzlich keine
rechtsgeschäftliche Vertretung des Bauherrn. Eine Bevollmächtigung zur Vergabe von
Zusatzaufträgen ergibt sich auch nicht aus der Formulierung unter Punkt 5 des
Vertrages, die Vertretungsbefugnis umfasse auch die rechtsgeschäftliche Abnahme der
Bauleistungen gemäß § 640 BGB, § 12 VOB/B. Diese Formulierung stellt darauf ab,
dass der Architekt grundsätzlich nicht zur rechtsgeschäftlichen Abnahme der Leistungen
des Bauunternehmers berechtigt ist, sondern nur den technischen Befund festzustellen
hat (vgl. Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., B § 12 Rdn. 14). Sie kann nicht dahin
ausgelegt werden, dass dem Architekten über die Abnahme hinaus Vollmachten erteilt
werden sollten.
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Der Zeuge F. hat die Behauptung des Klägers, ihm sei Vollmacht für die Vergabe von
Zusatzaufträgen erteilt worden, nicht bestätigt. Er hat ausgesagt, dass es seiner
Erinnerung nach eine schriftliche Vollmacht nicht gegeben habe. Die Firma R-Bau habe
sich als Bauleiter für berechtigt gehalten, Zusatz- und Änderungsaufträge, die technisch
notwendig gewesen seien, zu vergeben. Mit den Beklagten sei dazu nicht besonders
Rücksprache genommen worden (Bl. 154, 155 GA).
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Es besteht auch keine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen der
Rechtsscheins- oder Anscheinsvollmacht. Diese setzt jedenfalls voraus, dass der
Bauherr gegenüber dem Bauunternehmer den Rechtsschein setzt, der Architekt sei
tatsächlich bevollmächtigt (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 2 Rdn. 41). Das ist hier
nicht dargetan. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (Bl. 134 ff. GA),
die zum Inhalt des Bauvertrages gemacht worden sind (Bl. 95 f. GA), bestimmen in Ziff.
19.5 ausdrücklich, dass der bauführende Architekt in technischer Hinsicht
bevollmächtigt sei, rechtliche und/oder finanzielle Verpflichtungen dagegen
ausschließlich Sache des Auftraggebers seien (Bl. 137 GA). Angesichts dieser
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eindeutigen Regelung kommt eine Anscheinsvollmacht nicht in Betracht. Der Kläger
kann sich nicht darauf berufen, er habe immer nur mit dem Architekten zu tun gehabt.
Das mag in technischer Hinsicht gelten. Den Bauvertrag hat jedoch nicht der Architekt
unterschrieben und wenn der Kläger weitere rechtliche Verpflichtungen der Beklagten
zur Durchführung des Auftrages für erforderlich hielt, hätte er an die Beklagten
herantreten müssen. Wenn diese von solchen Forderungen des Klägers nichts wussten,
konnten sie auch keinen Rechtsschein einer Verpflichtung setzen.
Ein Rechtsschein ergibt sich auch nicht aus dem Verweis auf § 2 Nrn. 3,5,6,7 VOB/B in
Nr. 2 der Vertragsbedingungen. Dort wird gerade auf Preisvereinbarungen Bezug
genommen. Auch sehen diese Regelungen keine Anscheinsvollmacht vor.
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Auch aus der Bezahlung anderer Nachtragspositionen kann der Kläger seinen
Anspruch nicht herleiten, durch nachträgliches Verhalten kann kein Rechtsschein
gesetzt werden.
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Schließlich steht dem Kläger kein Anspruch aus § 2 Nr. 8 VOB/B zu. Nach dieser
Vorschrift sind Leistungen, die ohne Auftrag erbracht werden, grundsätzlich nicht zu
vergüten. Dazu gehören auch Leistungen, die gegenüber dem Auftragnehmer vom
vollmachtlos handelnden Architekten verlangt werden (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., §
2 Rdn. 354 m.w.N.). Die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise bestehenden
Vergütungsanspruch gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B hat der Kläger nicht dargetan.
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Nach Satz 1 dieser Regelung besteht ein Vergütungsanspruch dann, wenn der
Auftraggeber die Leistung nachträglich anerkennt. Dies setzt ein Verhalten des
Auftraggebers voraus, aus dem sich eindeutig ergibt, dass er mit der erbrachten
Leistung letztlich doch einverstanden ist. Ein solches Verhalten der Beklagten legt der
Kläger nicht dar. Soweit er geltend macht, die Beklagten hätten dem Handeln des
Zeugen F. zugesehen, ist sein Vorbringen unsubstantiiert. Es ergibt nicht, dass die
Beklagten konkret festgestellt hätten, dass der Zeuge F. Zusatzaufträge erteilte, und dies
gebilligt hätten. Der Zeuge F. selbst hat dazu angegeben, er habe mit den Beklagten
deswegen nicht Rücksprache genommen (Bl. 155 GA). Der Zeuge P., der Bauleiter des
Klägers, hat angegeben, zusätzliche Leistungen mit der R.-Bau (also dem Zeugen F.)
abgestimmt zu haben, er habe von der Projektierung bis zur Erteilung der
Schlussrechnung nur mit der R-Bau zu tun gehabt, erst nach Erteilung der
Schlussrechnung habe es einen Termin gegeben, an dem ein Vertreter der Beklagten
zu 1) teilgenommen habe (Bl. 161 GA). Die Schlussrechnung ist von den Beklagten
nicht akzeptiert worden. Ein nachträgliches Anerkenntnis liegt damit nicht vor.
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Auch die Voraussetzungen des § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B für einen
Vergütungsanspruch ohne besonderes Anerkenntnis liegen nicht vor. Ob die Leistung
nach den Darlegungen des Klägers, die vom Rohbauunternehmer aufgebrachte
Isolierung sei von anderen Unternehmern, nicht von ihm, beschädigt worden und habe
deshalb erneuert werden müssen, im Sinne dieser Vorschrift zur Erfüllung des Vertrages
notwendig war, erscheint zweifelhaft. Allerdings war der Kläger, der die Bauräume
aufzufüllen hatte (Position 01010 des Angebots - Anlage H3 - und der Rechnung -
Anlage H6), gemäß § 4 Nr. 3 VOB/B verpflichtet, auf festgestellte Mängel oder Schäden
an Vorarbeiten anderer Unternehmer hinzuweisen. Er musste diese jedoch, wenn er sie
nicht selbst verursacht hatte, auch nicht selbst beseitigen. Auch handelte es sich nach
dem Text der Rechnung nicht um die Beseitigung von Schäden an den Vorarbeiten vor
Durchführung der Arbeiten des Klägers sondern um nachträgliche Schadenbeseitigung,
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denn die Rechnung umfasst das Freilegen der Kellerwand. Jedenfalls entsprach es
nicht dem mutmaßlichen Willen der Beklagten, die nach der Darstellung des Klägers
Gewährleistungsansprüche gegen die Vorunternehmer hatten, dass der Kläger die
Arbeiten für sie entgeltlich ausführte.
Ansprüche aus § 812 BGB gegen den Auftraggeber sind im Rahmen des VOB/B-
Vertrages durch § 2 Nr. 8 VOB/B ausgeschlossen, da dieser für den Anspruch auf
Bezahlung aufgedrängter Leistungen die dargelegten besonderen Voraussetzungen
aufstellt (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 2 Rdn. 55) und damit den
Bereicherungsanspruch einschränkt.
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Auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag kommen nicht in Betracht, weil die
Leistung, wie ausgeführt, nicht dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach.
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II. Schlussrechnung Nr. 97360 über Entwässerungsleitungen (Anlage H8)
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1. Position 010203 - Abfuhr von Bordsteinen
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Insoweit hätte nicht durch Teilurteil entschieden werden dürfen, weil diese Position mit
den Positionen 010201 und 010202 derselben Schlussrechnung, die noch in erster
Instanz anhängig sind, in Zusammenhang steht und die Entscheidungen zu Grund und
Höhe nicht von vornherein völlig unabhängig voneinander sind. Zu den Positionen
010201 und 010202 erhebt das Landgericht noch Beweis über die Üblichkeit der
angesetzten Preise. Die drei Positionen betreffen das Aufnehmen der Bordsteine im
Bereich der Entwässerungsgräben. Dies war im Leistungsverzeichnis und dem Angebot
des Klägers nicht enthalten. Da die Beklagte sich nur gegen die Höhe der Positionen
010201 und 010202 wendet, erkennt sie die Leistung dem Grunde nach damit gemäß §
2 Nr. 8 Abs. 2 S. 1 VOB/B an. Die Position 010201 ist in der Rechnung wie folgt
beschrieben: "Bordsteine mit einreihiger Basamentbahn aufgenommen und seitlich
gelagert, Betonfundament abgestemmt und abgefahren". Die Position 010203, die
Gegenstand des Teilurteils ist, enthält einen pauschalen Betrag für Abfuhr zu dieser
Position 010201. Wenn, was die Beklagte in erster Instanz bestritten hat, die Bordsteine
in Betonfundamente gelegt waren, mussten diese abgefahren werden. Dies ist dann
auch bei der Preisbildung entweder im Rahmen des üblichen Preises zu Position
010201 oder gesondert zu berücksichtigen. Auch der Sachverständige wird dies bei der
Bestimmung des angemessenen Preises zu Position 010201 - die der Beschreibung in
der Rechnung nach das Abfahren enthält - berücksichtigen. Hier besteht die Gefahr
widersprechender Entscheidungen, wenn der Senat die Position 010203 zuerkennen
sollte. Die drei Positionen können also nicht getrennt gesehen werden und hätten durch
das Teilurteil nicht auseinandergerissen werden dürfen.
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Da der Anspruch auf einem nachträglichen Anerkenntnis gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 1 S. 2
VOB/B bezüglich dieser einzelnen Positionen beruht, besteht kein Zusammenhang mit
sonstigen Rechnungspositionen.
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2. Position 011502 - Drainrohr an vorhandene Leitung angeschlossen
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Hier gilt dasselbe wie bei der vorigen Position. Die Positionen 011501 bis 011505
betreffen die Herstellung der Drainage und deren Anschluss an die vorhandene Leitung.
Diese Leistungen waren im Angebot nicht enthalten. Dem Grunde nach erkennen die
Beklagten diese Leistung ebenfalls an, da sie nur eine Position ganz streichen wollen.
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Wegen des Zusammenhanges mit den übrigen Positionen der Drainage ist auch hier
eine Trennung nicht zulässig, jedenfalls nicht sachgerecht.
3. Position 011506 - Rohranschluss für Aco-Rinne freigestemmt
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Wegen des Freistemmens des Entwässerungsrohres steht dem Kläger zwar kein
Vergütungsanspruch gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 VOB/B zu, jedoch ein gesetzlicher
Anspruch gemäß § 683 BGB, der nach § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B nicht ausgeschlossen ist.
Auch hierbei handelt es sich um eine selbständige Zusatzposition, die Entscheidung ist
völlig unabhängig von anderen Rechnungspositionen, die Gefahr widersprüchlicher
Entscheidungen besteht nicht.
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Diese Leistung war erforderlich, um die Aco-Rinne vor der Tiefgarage an die
Entwässerungsleitung anschließen zu können. Das haben die Zeugen F. und P.
übereinstimmend ausgesagt. Sie haben bekundet, dass vom Rohbauunternehmer, der
Beklagten zu 1), der Rohranschluß zu tief, unter der aufgehenden Betonwand
angebracht war und deshalb freigestemmt werden mußte.
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Da es sich nur um eine kleine Zusatzleistung handelte, deren Durchführung erforderlich
war, um überhaupt die Arbeiten zur Herstellung der Tiefgarageneinfahrt fortsetzen zu
können, lag die Leistung im Interesse der Beklagten und es ist auch davon auszugehen,
daß die Leistung dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach. Ein Anspruch aus
§ 2 Nr. 8 Abs. 2 S. 2 VOB/B scheitert lediglich daran, daß die dafür erforderliche
unverzügliche Anzeige nicht gemacht ist. Die Anzeige gegenüber dem mit der
Bauüberwachung betrauten, aber nicht zur Vornahme von Rechtsgeschäften
bevollmächtigten Architekten reicht hierzu nicht aus (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a. O., B 2
Rdn. 386). Gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B sind jedoch Ansprüche aus Geschäftsführung
ohne Auftrag nicht ausgeschlossen. Diese entfallen auch nicht bei unterlassener
Anzeige (vgl. BGH BauR 1991, 331, 334) und kommen auch dann in Betracht, wenn
irrtümlich eine vertragliche Verpflichtung angenommen wurde (vgl. Palandt-Sprau, BGB,
59. Aufl., § 677 Rdn. 12 m.w.N.).
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Dem Kläger steht danach die angemessene Vergütung zu (vgl. Palandt-Sprau, a.a.O., §
683 Rdn. 8) diese beträgt, wie der Zeuge F. bekundet hat, 160,00 DM.
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III. Schlussrechnung Nr. 97358 über Außen- und Grünanlagen (Anlage H6)
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Hinsichtlich der Zulässigkeit des Teilurteils bestehen insoweit keine Bedenken, da alle
Positionen unabhängig von anderen noch in erster Instanz streitigen Positionen sind
und die Entscheidungen sich deshalb gegenseitig nicht beeinflussen können.
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1. Positionen 020101 - Zulage zu Position 02010 - sowie 020202 - Zulage zu Position
02020 - wegen Schubkarrentransport
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Insoweit besteht, was das Landgericht nicht geprüft hat, ein Anspruch des Klägers auf
Zahlung der Vergütung aus Verschulden bei Vertragsschluss. Der Kläger macht
Zulagen geltend, weil das unstreitig geschuldete und unter den unstreitigen Positionen
02010 und 02020 abgerechnete Aufbringen von Drainkies und Oberboden auf das
Tiefgaragendach nicht mit einem kleinen Erdbaugerät erfolgen konnte, sondern
Schubkarren eingesetzt werden mussten.
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Der Kläger hatte zur Bearbeitung der Tiefgaragendecke, die begrünt werden sollte, im
Angebot vom 14.10.1996 festgehalten, dass er davon ausgehe, dass die Tiefgarage mit
leichtem Erdbaugerät befahrbar sei (Anlage H3). Dieses Angebot war als
Vertragsgrundlage Inhalt des Bauvertrages geworden (vgl. Anlage H1 Bl. 95 GA). Es
sind also nicht nur der Kläger und der aufsichtführende Architekt davon ausgegangen,
dass man das Material mit kleinem Baugerät aufbringen könnte, dies war vielmehr Inhalt
der Vereinbarung mit den Beklagten. Dass dies aus statischen Gründen nicht möglich
war und der Zeuge F. (R-Bau) als bauüberwachender Architekt dann den
Schubkarrentransport angeordnet hat, haben beide Zeugen übereinstimmend bekundet
(Bl. 156, 162 GA). Die Beklagten bestreiten die Notwendigkeit des
Schubkarrentransports in der Berufungsinstanz auch nicht mehr. Die Anordnung durch
den bauüberwachenden Architekten, die die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten, ist
durch die Zeugenaussagen bewiesen.
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Auch diese Anordnung kann den Beklagten aber nicht zugerechnet werden, weil der
Zeuge F. nicht als ihr berechtigter Vertreter handeln konnte, denn es handelt sich um
Änderungen der vertraglichen Leistungspflichten (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., B § 2
Rdn. 273, BGH BauR 1992, 759), die eine entsprechende rechtsgeschäftliche
Vereinbarung verlangen. Eine Vollmacht oder Anscheinsvollmacht bestand, wie
ausgeführt, nicht.
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Es besteht jedoch ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss, der dann
gegeben ist, wenn der Schädiger dem Geschädigten schuldhaft falsche Informationen
gegeben hat (vgl. OLG Stuttgart BauR 1997, 855 f.). Der Kläger hatte in seinem Angebot
eindeutig klargestellt, dass seine Preiskalkulation auf dem Einsatz von leichtem
Baugerät beruhte. Wenn die Beklagten dieses Angebot ohne weiteres annahmen,
musste der Kläger das so verstehen, dass diese Möglichkeit gegeben war. Es hätte der
Beklagten oblegen, anhand der ihr vorliegenden Statik schon vor Auftragsvergabe zu
prüfen oder durch den Zeugen F. prüfen zu lassen, ob diese Möglichkeit bestand und,
da das nicht der Fall war, den Kläger darauf hinzuweisen.
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Die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Mehraufwandes von 919,05 DM für
Position 020101 und 1.461,01 DM für Position 020202 haben die Beklagten nicht
substantiiert bestritten. Zwar ist der Werkunternehmer, der die angemessene Vergütung
verlangt, insoweit darlegungs- und beweispflichtig. Der Umfang der Darlegungslast
richtet sich jedoch nach dem Vorbringen des Auftraggebers. Die als Rohbau- bzw.
Tiefbauunternehmer selbst fachkundigen Beklagten hätten sich nicht darauf
beschränken dürfen, die Positionen als übersetzt zu bezeichnen, sie hätten vielmehr
angeben können und müssen, welchen Einheitspreis sie für angemessen erachten.
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2. Positionen 020201 und 050011- Oberboden liefern
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Der Kläger macht Forderungen für die Lieferung von Oberboden geltend, weil entgegen
der Planung der Beklagten der vorhandene Mutterboden nicht ausgereicht habe. Auch
insoweit behauptet er nicht, die Aufträge direkt von den Beklagten erhalten zu haben.
Seine Behauptung, der Zeuge F. habe den Auftrag in Abstimmung mit den Beklagten
erteilt, ist in der Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Der Zeuge F. hat lediglich zu
Position 050011 ausgeführt, wegen des hängigen Geländes habe er mit dem
Geschäftsführer der Beklagten zu 2) gesprochen, er meine mit diesem vereinbart zu
haben, das Material durch den Kläger beschaffen zu lassen. Diese Aussage ist zu
unsicher, um darauf die Feststellung einer Bevollmächtigung zur Erteilung dieses
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Auftrages zu stützen.
Auch die Voraussetzungen einer Anscheinsvollmacht liegen aus den unter I.
dargelegten Gründen nicht vor und ebenso wenig die Voraussetzungen des § 2 Nr. 8
VOB/B. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Lieferung von Oberboden
durch den Kläger dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprach, zumal die
Beklagte zu 2) als Tiefbauunternehmern (vgl. Aussage Fuhrig Bl. 157 GA)
möglicherweise Boden zur Verfügung hatte.
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3. Position 050021 - Außenflächen planiert
41
Auch hier gilt dasselbe wie zu I. und III.2. Es handelt sich um Leistungen, die nach der
Behauptung des Klägers eine Fläche betrafen, welche von dem ursprünglichen Auftrag
nicht umfasst war. Es kann nicht ohne weiteres festgestellt werden, dass deren
Planierung durch den Kläger gegen Entgelt dem mutmaßlichen Willen der Beklagten,
die als Bauunternehmer selbst die Möglichkeit hatten, diese Arbeiten durchzuführen,
entsprach.
42
4. Positionen 09010, 09020 und 090201 - Bauschutt aufgenommen und in Container
geladen bzw. zur Abfuhr gelagert
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Auch hier gilt dasselbe wie oben. Es liegt weder eine Vollmacht, noch eine
Anscheinsvollmacht für den vom Zeugen F. erteilten Zusatzauftrag vor, noch können die
Voraussetzungen des § 2 Nr. 8 VOB/B festgestellt werden. Wenn es sich um Schutt
handelte, der von Vorunternehmern hätte beseitigt werden müssen, hätten Ansprüche
der Beklagten gegen diese bestanden, die durch das eigenmächtige Handeln des
Architekten und des Klägers zunichte gemacht wurden.
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5. Position 09050 (im Urteil falsch mit der Nr. 01050 bezeichnet) - gelagertes
Holzzaunelement wieder montiert
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Das Vorbringen des Klägers insoweit ist unklar und unsubstantiiert. Im Urteil des
Landgerichts liegt hier eine offenbare Unrichtigkeit vor. Aus der Reihenfolge der
Aufstellung auf Seite 7 der Urteilbegründung und dem Betrag ergibt sich, dass die
Position 09050 betreffend die Montage eines gelagerten alten Holzzaunelements
gemeint ist. Der unter Position 01050 geltend gemachte Betrag von 551,25 DM für
Abstemmen und Lagern von Betonfundamenten war in der ersten Instanz nicht streitig
und ist auch in den handschriftlich errechneten Beträgen in Anlage H6 (=Bl. 52 GA)
enthalten.
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Auf diese Unrichtigkeit ist der Kläger durch die Berufungserwiderung hingewiesen
worden. Gleichwohl hat er auch in der Replik nicht zu dem Holzzaunelement Stellung
genommen. Im übrigen gilt auch hier dasselbe wie zu I.
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IV. Ergebnis
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Abweisungsreif ist die Klage danach nur hinsichtlich eines Teilbetrages von 10.656,53
DM aufgrund folgender Berechnung:
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Rechnung 97357
3.620,00 DM
50
Rechnung 97358
Pos. 020201
680,23 DM
Pos. 050011
1.557,73 DM
Pos. 050021
710,18 DM
Pos. 09010
985,00 DM
Pos. 09020
995,00 DM
Pos. 090201
620,00 DM
Pos. 09050
320,00 DM
aus Rechnung 97360 Position 011506 (Teilbetrag)
65,00 DM
9.553,14 DM
./.3 %
286,59 DM
9.266,55 DM
zzgl. 15 % MWSt.
1.389,98 DM
10.656,53 DM
Zuzusprechen ist ein Teilbetrag von 2.833,44 DM aus folgenden Positionen:
51
Rechnung 97360
Pos. 011506
160,00 DM
Rechnung 97358
Pos. 020101
919,05 DM
Pos. 020202
1.461,01 DM
2.540,06 DM
./.3 %
76,20 DM
2.463,86 DM
zzgl. 15 % MWSt.
369,58 DM
2.833,44 DM
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 288 BGB.
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Im übrigen ist die Sache gemäß § 539, 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an das Landgericht
zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung
vorzubehalten ist. Eine eigene Entscheidung gemäß § 540 ZPO verbietet sich
hinsichtlich Positionen 010203 und 011502 aus der Rechnung Nr. 97360 wegen der
noch beim Landgericht anhängigen Teile.
54
Gegenstandswert für die Berufung: 13.624,05 DM; Beschwer beider Parteien nicht über
55
60.000,- DM.
Dr. W. M.-P. F.
56