Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.10.2007

OLG Düsseldorf: treu und glauben, anschlussberufung, gemeinschuldner, kaution, aufrechnung, gaststätte, vermieter, nachlässigkeit, unrichtigkeit, mwst

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-10 U 24/07
Datum:
25.10.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-10 U 24/07
Tenor:
Auf die Anschlussberufung des Klägers und unter Zurückweisung der
Berufung der Beklagten wird das am 19. Januar 2007 verkündete Urteil
des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
31.843,91 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem
7.12.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 21,4 %, die Beklag-
ten zu 78,6 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils
anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu
vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere
Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
I.
1
Die Parteien streiten in der Berufung noch über einen Zahlungsanspruch des Klägers
aus dem Pachtvertrag zwischen dem Insolvenzschuldner und den Beklagten vom
02.01.2000 über die Gaststätte "P." in M. in Höhe von 31.843,91 €. Wegen der
erstinstanzlich getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen
Urteils verwiesen (GA 224-227). Das Landgericht hat der ursprünglich auf Zahlung von
53.785,86 € gerichteten Klage unter Verrechnung mit Miet- und Pachtzinsansprüchen
der Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht lediglich in Höhe von 27.109,87 €
stattgegeben. Wegen der Berechung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe
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Bezug genommen (GA 228 ff.).
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit der sie unter Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung die vollständige Abweisung der Klage begehren. Sie
meinen, dass dem Kläger auf der Basis der in der ersten Instanz vorgetragenen Zahlen
keine Forderung gegen sie zustehe, da ihre Gegenforderungen die Klageforderung
überschreite. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die
Nebenkostenvorauszahlungen einschließlich der hierauf entfallenen Umsatzsteuer
während der gesamten Dauer des Miet- und Pachtverhältnisses geschuldet. Sie
errechnen abzüglich geleisteter Zahlungen in Höhe von 133.958,31 € zu ihren Gunsten
eine Forderung aus dem Pachtverhältnis des Insolvenzschuldners mit ihnen und dessen
weiterem Mietverhältnis mit der Zeugin F. eine rückständige Miet- und Pachtforderung in
Höhe von 52.630,50 €. Hiergegen seien auf Seiten des Klägers zum einen die von dem
Insolvenzschuldner geleistete Kaution von 33.745,26 € zu verrechnen, die – wie sie
erstmals geltend machen – mangels anderweitiger Vereinbarung nicht mit mindestens 4
%, sondern nur mit einem durchschnittlichen Zinssatz von 1,5 % = 3.711,97 € bis zum
02.05.2007 zu verzinsen sei. Des weiteren sei der Kaution der Wert des Inventars von
20.174,55 € zuzurechnen. Dieser sei, so tragen sie vor, allerdings noch um die
Differenzen zu korrigieren, die sich daraus ergäben, dass der Sachverständige den Wert
der Beschallungsanlage und - fälschlicherweise ausgehend von einer zu hohen
Personenzahl – den Wert des Klein-Inventars jeweils zu hoch geschätzt habe. Auch
seien die Kosten für die Bewachung des Objekts entgegen der Auffassung des
Landgerichts zu ihren Gunsten mit 3.206,82 € zu berücksichtigen. Diese seien
erforderlich gewesen, weil der Insolvenzschuldner Gegen- stände des
Vermieterpfandrechts aus der Gaststätte entfernt habe. Zu Unrecht habe das
Landgericht auch ihre Gegenforderungen wegen nicht ordnungsgemäßer Rückgabe
nicht berücksichtigt, die im Schriftsatz vom 14.10.2002 im Verfahren 11 O 248/02 LG
Düsseldorf dargelegt worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens
wird auf die Berufungsbegründung vom 30.04.2007 (GA 270 ff.) verwiesen. Die
Beklagten haben ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch auf
die erstmals mit Schriftsatz vom 19.09.2007 eingereichte Nebenkostenabrechnung für
den Zeitraum 01.02.2000 – 31.12.2001 gestützt, die zu ihren Gunsten eine Nachzahlung
des Insolvenzschuldners in Höhe von 41.664,23 DM ausweist (GA 336).
3
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom
05.06.2007 (GA 284 ff.) und bittet um Zurückweisung der Berufung. Der Kläger, der
zunächst im Wege der fristgerecht eingelegten Anschlussberufung die Zahlung weiterer
26.675,99 € verlangt hat, hat seine Anschlussberufung nach Einführung des
Vorsitzenden in den Sach- und Streitstand auf den durch den Senat zu seinen Gunsten
errechneten weiteren Betrag von 4.734,04 € beschränkt, wie er nachfolgend unter II
dargestellt ist. Die Richtigkeit der Nebenkostenabrechnung hat er mit nachgelassenem
Schriftsatz vom 21.09.2007 (GA 337 f.) bestritten.
4
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien
einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.
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Die Akten 11 O 248/02 LG Düsseldorf und 11 O 8/02 waren zu Informationszwecken
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
6
II.
7
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht
insoweit im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz
2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden
Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende
Entscheidung. Demgegenüber ist die zulässige Anschlussberufung in Höhe weiterer
4.734,04 € begründet, so dass dem Kläger gegen die Beklagten statt der erstinstanzlich
zugesprochenen 27.109,87 € ein Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt
31.843,91
8
A. Berufung der Beklagten
9
1.
10
Das Landgericht hat seiner Berechnung des zuerkannten Zahlungsanspruchs zutreffend
eine Gesamtforderung des Gemeinschuldners gegen die Beklagten in Höhe von
61.591,54 € zugrunde gelegt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der unstreitigen
Kaution (66.000,00 DM = 33.745,26 €), den hierauf für die Zeit vom 31.01.2000 bis
07.10.2005 in Höhe von 4 % entfallenden Zinsen (7.670,19 €), einem
Kaufpreisanspruch für das von den Beklagten vereinbarungsgemäß zu übernehmende
Inventar in Höhe von 50.486,00 DM (= 25.813,08 €) und einem zugunsten der Beklagten
zu saldierenden Betrag von 5.636,99 € (zur Berechnung siehe Urteilsgründe S. 8, 3.
Abs.). Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg.
11
Soweit die Beklagten den auf der Basis einer 4 %-igen Verzinsung geltend gemachten
Kautionszinsen erstmals in zweiter Instanz entgegengetreten sind und sie lediglich eine
Verzinsung der Kaution mit durchschnittlich 1,5 % annehmen, sind sie hiermit gemäß §
531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO präkludiert. Ihrem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass sie es
nicht aus Nachlässigkeit versäumt haben, den erstinstanzlich vom Kläger mit den
Schriftsätzen vom 20.04.2005 (GA 71 b) und vom 07.10.2005 (GA 109) ausdrücklich mit
4 % in Ansatz gebrachten Zinssatz zu bestreiten. Unabhängig hiervon enthält der
streitgegenständliche Pachtvertrag in § 12 Ziffer 3 Satz 3 die Regelung, "der Pächter
stimmt einer langfristigen Anlage der Kaution zu höheren Zinsen ausdrücklich zu".
Damit haben die Parteien bei verständiger Würdigung gemäß §§ 133, 157, 242 BGB
eine höherverzinsliche Festanlage der Kaution vereinbart, so dass schon aus diesem
Grund der von den Beklagten für sich reklamierte durchschnittliche Zinssatz von 1,5 %
nicht in Betracht kommt.
12
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt eine Korrektur des von ihnen gemäß §
13 Nr. 1 Satz 2 PV über den Wert des zu übernehmenden Inventars eingeholten
Schiedsgutachtens des Sachverständigen W. weder hinsichtlich der Bewertung der
Beschallungsanlage noch hinsichtlich der Bewertung des Kleininventars in Betracht.
Das Landgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass der Gutachter gerade für den Fall
bestellt worden ist, dass sie über den Preis des Inventars keine Einigung erzielen
konnten. Das auf dieser Grundlage erstattete Gutachten ist in entsprechender
Anwendung von § 319 I 1 BGB nur dann unverbindlich, wenn es offenbar unrichtig ist.
Dies ist der Fall, wenn sich einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter Fehler
im Gutachten aufdrängen, die das Gesamtergebnis verfälschen, aber auch dann, wenn
die Ausführungen des Sachverständigen so lückenhaft sind, dass selbst der Fachmann
das Ergebnis aus dem Zusammenhang des Gutachtens nicht überprüfen kann (st. Rspr.,
z.B. BGH, NJW 1991, 2698). Hieran gemessen haben die Beklagten eine offenbare
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Unrichtigkeit nicht spezifiziert. Weder drängt sich einem sachkundigen Dritten ein
offensichtlicher Fehler auf noch sind ausreichende Anhaltspunkte vorgetragen, die eine
Einstufung des Gutachtens als lückenhaft rechtfertigen. Dass die vom Sachverständigen
auf Bl. 10 + 11 seines Gutachtens (Anlage B 4 zur Klageerwiderung) festgestellten
Zeitwerte von 1.800,00 DM für die Tonanlage im Kellergeschoss und von 8.000,00 DM
für die Tonanlage im Restaurant nach der Behauptung der Beklagten über den
Einzelkaufpreisen gemäß den Rechnungen der Fa. B. vom 03.03.2000 und vom
23.11.2000 (Anlagen B 6 + 7 zur Klageerwiderung) liegen sollen, belegt für sich allein
noch keine offenbare Unrichtigkeit. Die Ermittlung des Zeitwertes erfolgte nach den
Ausführungen des Sachverständigen gemäß Ziffer 5 (Gutachten Bl. 6) vor dem
Hintergrund der Feststellung eines mittleren Wiederbeschaffungspreises zum Zeitpunkt
der Bewertung, nicht aber auf der Grundlage der von dem Gemeinschuldner
aufgewendeten Anschaffungskosten. Eine Übernahme des Inventars zum Restwert auf
der Basis der Anschaffungskosten des Gemeinschuldners haben die Parteien in § 13
PV auch nicht vereinbart.
Es kommt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darauf an, ob das
vorhandene Kleininventar für die Bewirtung von 400 oder von – wie sie meinen – nur
200 Personen geeignet war. Die Parteien haben bewusst von einer Einzelauflistung des
Inventars abgesehen. Dementsprechend hat der Sachverständige das Kleininventar
auch nicht im Einzelnen erfasst, sondern in nachvollziehbarer und billiger Weise nach
seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.06.2004 (GA 171) die Quantitäten adäquat
zu der Sitzplatzzahl von 330 Sitzplätzen des Gaststättenbetriebs und die Qualitäten
entsprechend dem gastronomischen Leistungsniveau bewertet. Soweit der Vortrag der
Beklagten dahingehend zu verstehen sein sollte, die Parteien hätten sich hinsichtlich
des Kleininventars auf eine verbindliche Kapazität von 400 Personen geeinigt, hätten
sie sich hiervon nur durch eine – nicht erfolgte - Anfechtung gemäß § 119 BGB lösen
können. Dass der Sachverständige - eine entsprechende Vereinbarung unterstellt -
seiner Bewertung nur eine Kapazität von 330 Personen zugrundegelegt hat,
benachteiligt sie nicht, weil der Zeitwert bei einer angenommen Kapazität von 400
Personen zu ihren Ungunsten höher hätte ausfallen müssen.
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Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die der Senat sich zu
eigen macht (Urteilsgründe S. 10, 3. Abs.), sind die Beklagten nicht gemäß §§ 387, 389
BGB berechtigt, mit einen Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Kosten eines
Wachdienstes für die Bewachung der Gaststätte in der Zeit vom 21.12. bis 31.12.2001 in
Höhe von 3.206,82 € gegen die Klageforderung aufzurechnen. Die Beklagten haben
weder erst- noch zweitinstanzlich substantiiert, welche Einrichtungsgegenstände der
Gemeinschuldner wann entfernt haben soll, so dass sich bereits nicht feststellen lässt,
dass die Einschaltung des Wachdienstes zum Schutz ihres Vermieterpfandrechtes i.S.
des § 249 BGB notwendig war.
15
Der Senat teilt auch die Auffassung der Kammer, dass den Beklagten auch kein
Schadensersatzanspruch in Höhe von 18.508,77 € wegen der im Schriftsatz vom
14.10.2002 (GA 41) aufgeführten Mängel zusteht. Auch insoweit entbehrt das
Vorbringen der Beklagten sowohl erst- als zweitinstanzlich zum Grund und zur Höhe
des Anspruchs aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen der Senat
sich anschließt, der erforderlichen Substanz. Rechtserhebliches hierzu ist der Berufung
nicht zu entnehmen.
16
2.
17
Vergeblich wenden sich die Beklagten auch gegen die Nichtberücksichtigung der von
dem Gemeinschuldner nach den vertraglichen Vereinbarungen neben der Grundmiete
zu zahlenden Nebenkostenvorauszahlungen. Zwar schuldete der Gemeinschuldner für
die Zeit vom 01.03.2000 bis 31.12.2001 rein rechnerisch eine Pacht in Höhe von
insgesamt 311.344,00 DM = 159.187,65 € (22 x [11.000,00 DM Nettomiete + 1.200,00
DM Nebenkostenvorauszahlungen] x 16 % MWSt.). Das Landgericht hat jedoch für den
vorgenannten Zeitraum unter zutreffendem Hinweis auf den Eintritt der
Abrechnungsreife nur einen Pachtzinsanspruch ohne Nebenkostenvorauszahlungen in
Höhe von 280.720,00 DM = 143.529,85 € (= 22 x 11.000,00 DM zzgl. 16 % MWSt.)
ermittelt.
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Der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der vereinbarten Vorauszahlungen geht mit
Eintritt der Abrechnungsreife, die bei gewerblichen Mietverhältnissen regelmäßig ein
Jahr nach Ablauf des Zeitraums eintritt, für den die Vorauszahlungen bestimmt waren,
unter (vgl. Senat, Urt. v. 8.6.2006, I-10 U 159/05; Urt. v. 27.1.2005, I-10 U 105/04; OLG
Düsseldorf, Urt. v. 11.11.1997, OLGR Düsseldorf 1998, 94 = ZMR 1998, 219; OLG
Frankfurt am Main, Urt. v. 23.4.1999, ZMR 1999, 628; OLG Hamburg, Beschl. v.
2.11.1988, NJW-RR 1989, 82). Rückständige Vorschüsse braucht der Mieter trotz des
eingetretenen Zahlungsverzugs dann nicht mehr zu zahlen, weil
Nebenkostenvorauszahlungen ihrem Zweck entsprechend dem Vermieter lediglich
vorübergehend eine Vorfinanzierung seiner entsprechenden Aufwendungen ersparen
sollen und der Vermieter kein rechtlich schützenswertes Interesse mehr daran hat,
weiterhin offene Vorauszahlungen einzufordern, wenn er die Nebenkosten bereits
endgültig abrechnen kann oder nach Ablauf der ihm zuzubilligenden Abrechnungsfrist
abrechnen muss (BGH, NZM 2001, 234; Senat, a.a.O.; OLG Hamburg, a.a.O.). Da die
Beklagten den ihnen zustehenden Pachtzinsanspruch durch eine pauschale Saldierung
der von dem Gemeinschuldner für den streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt
geschuldeten Pacht mit den insgesamt erbrachten Zahlungen berechnet haben, ohne
die Zahlungen den einzelnen Monaten zuzuordnen, fehlt auch die tatsächliche
Grundlage für eine nach § 366 Abs. 2 BGB vorrangige Verrechnung der tatsächlich
gezahlten Einzelmieten auf die jeweiligen Nebenkostenvorauszahlungen (vgl. hierzu
Senat, 10 U 122/00, Urt. v. 25.10.2001, DWW 2002, 28 = ZMR 2002, 46; 10 U 46/01, Urt.
v. 27.6.2002; 10 U 116/02, Urt. v. 31.7.2003; Schmid, NZM 2001, 705).
19
Soweit die Beklagten in ihre erstinstanzliche Forderungsberechnung 41.664,23 DM
abgerechnete Heiz- und Nebenkosten eingestellt haben, können sie diesen Betrag nach
den zutreffenden Ausführungen der Kammer mangels Vorlage einer ordnungsgemäßen
Nebenkostenabrechnung nicht verlangen. Zwar haben die Beklagten mit Schriftsatz
vom 19.09.2007 eine, von dem Kläger mit Schriftsatz vom 21.09.2007 bestrittene
Nebenkostenabrechnung für die Zeit vom 01.02.2000 – 31.12.2001 vorgelegt. Diese
muss jedoch schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO präkludiert ist. Das Landgericht hat bereits in der mündlichen Verhandlung vom
10.03.2006 (GA 146) auf das Fehlen der angekündigten Nebenkostenabrechnung
hingewiesen, ohne dass die Beklagten diese bis zum Schluss der mündlichen
Verhandlung erster Instanz am 01.12.2006 vorgelegt haben. Das dies nicht aus
Nachlässigkeit unterblieben ist, ist ihrem Vortrag nicht zu entnehmen.
20
3.
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Auch hinsichtlich der Berechnung der abgetretenen Mietforderung der Zeugin F. können
22
die Beklagten wegen Eintritts der Abrechnungsreife anteilige
Nebenkostenvorauszahlungen nicht verlangen, so dass es im Rahmen des
Berufungsangriffs bei dem vom Landgericht zugrunde gelegten Mietrückstand von
48.720,00 € verbleiben muss.
B. Anschlussberufung des Klägers
23
Über den zuerkannten Betrag von 27.109,87 € hinaus kann der Kläger von den
Beklagten die Zahlung weiterer 4.734,04 € verlangen.
24
1.
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Dem Kläger steht rein rechnerisch ein Kautionsrückzahlungsanspruch einschließlich
Zinsen in Höhe von 41.415,45 € zu. Dieser ist ausgehend von der insoweit zutreffenden
Berechnung des Landgerichts gemäß §§ 387, 389 BGB durch Aufrechnung der
Beklagten mit einem Anspruch wegen rückständiger Pacht in Höhe von 9.571,54 € (=
143.529,85 € - 133.958,31 €) erloschen, so dass sich der restliche
Kautionsrückzahlungsanspruch des Klägers über den erstinstanzlich zugesprochenen
Betrag von 27.109,87 € hinaus auf insgesamt
31.843,91
26
Hiergegen steht den Beklagten entgegen der Annahme des Landgerichts kein gemäß
§§ 387, 389, 398 BGB aufrechenbarer Mietzinsanspruch aus dem Mietverhält-nis
zwischen dem Insolvenzschuldner und der Zeugin C. F. zu. Die Aufrechnungsbefugnis
der Beklagten ist insoweit schon durch die in § 12 Ziffer 1 Satz 7 des Pachtvertrages
getroffene Sicherungsabrede beschränkt.
27
Nach der Rechtsprechung des BGH ist einer Partei die Aufrechnung über die gesetzlich
oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus versagt, wenn dies nach dem
besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses als
stillschweigend vereinbart angesehen werden muss (§ 157 BGB) oder die Natur der
Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege
der Aufrechnung als mit Treu und Glauben unvereinbar erscheinen lassen (NJW 1985,
2820; NJW 1991, 839; NJW 1993, 2041; NJW 1999, 55; NJW-RR 1999, 1192). Der BGH
hat es demgemäß einem Sicherungsnehmer, welcher eine ihm zur Sicherung
übereignete Sache verwertet hatte, versagt, gegenüber dem Anspruch auf Auskehrung
des Mehrerlöses mit anderen, ungesicherten Forderungen aufzurechnen, weil er auf
diese Weise die ursprüngliche Sicherungsabrede in ihrer Wirkung durch einseitige
Erklärung erweitern würde (BGH, NJW 1994, 2885). Diese Grundsätze sind auch auf
den Streitfall anzuwenden. § 12 Ziffer 1 Satz 7 des Pachtvertrages sieht vor, dass der
Gemeinschuldner eine Barkaution "als Sicherheit für sämtliche Ansprüche des
Verpächters aus diesem Vertrag und aus der laufenden Geschäftsverbindung" stellt. Mit
diesem Inhalt ist die Kautionsvereinbarung gemäß §§ 157, 242 BGB als
Sicherheitsleistung des Pächters bei verständiger Würdigung dahin auszulegen, dass
die Barkaution unabhängig von einer Übereignung an den Vermieter wirtschaftlich dem
Mieter zusteht und entsprechend ihrer ausdrücklichen Zweckbestimmung dem
Vermieter nur zur treuhänderischen Verwaltung zufließen soll. Dies schließt ihre
Verwertung für nicht gesicherte Fremdforderungen aus (Senat, Urt. v. 29.4.1982, MDR
1983, 405; in diesem Sinn auch OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 29.5.1991, NJW-RR
1991, 1416 zum Verbot der Aufrechnung gegen den Anspruch des Erwerbers auf
Auszahlung der Barkaution mit einem Anspruch auf Zahlung des (Rest-) Kaufpreises).
Der Aufrechnungsausschluss erfasst auch die dem Insolvenzschuldner als Mieter
28
zustehenden vertraglichen Kautionszinsen; denn auch diese erhöhen die Sicherheit und
sind Teil des dem Mieter zustehenden einheitlichen Kautionsrückzahlungsanspruchs.
Allein der Erwerb durch Abtretung macht die Miet-forderungen aus dem Mietverhältnis
des Insolvenzschuldners mit der Zeugin C. F. nicht zu einer gesicherten Forderung i.S.
des streitgegenständlichen Pachtvertrages mit den Beklagten. Ein tatsächlicher oder
rechtlicher Zusammenhang, der der Annahme eines Aufrechnungsverbots
entgegenstehen könnte, ergibt sich nicht schon daraus, dass der Insolvenzschuldner die
von der Zeugin F. angemieteten Räumlichkeiten als Gesellschaftsräume für die von den
Beklagten gepachtete Gaststätte genutzt hat. Der Mietvertrag mit der Zeugin F. enthält
unter § 22 eine eigene Kautionsabrede (GA 54), so dass für eine Einbeziehung der aus
diesem Vertragsverhältnis resultierenden Mietforderungen in die Sicherungsabrede des
streitgegenständlichen Pachtvertrages schon aus diesem Grund kein Raum ist.
2.
29
Da der Kläger seine Anschlussberufung auf den Betrag von 4.734,04 €, mithin auf eine
Gesamtforderung von 31.843,91 € beschränkt hat, bedarf es im Rahmen der
Anschlussberufung keiner weiteren Prüfung der Berechnung des Inventarkaufpreises
sowie der in Zusammenhang mit dem Mietverhältnis Insolvenzschuldner/C. F. von den
Parteien aufgeworfenen Fragen. Gleiches gilt für den bis zur Beschränkung der
Anschlussberufung hilfsweise geltend gemachten Bereicherungsanspruch wegen der
Überlassung des Kühlhauses.
30
C.
31
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516
Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für die
Zulassung der Revision liegen nicht vor.
32
Streitwert
:
33
a) Berufung der Beklagten: 75.935,33 € (= 27.109,87 € + im Umfang der gemäß § 45
Abs. 1 S. 2 GKG jeweils bis zur Höhe der Klage- forderung des Berufungsverfahrens zu
berücksichti- genden Hilfsaufrechnung der Beklagten : 27.109,87 €/Miete + 3.206,82
€/Bewachungskosten + 18.508,77 €/Renovierungskosten)
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b) Anschlussberufung des Klägers: 26.675,99 €, die Reduzierung der
Anschlussberufung auf 4.734,04 € ist bei der Streitwertbemessung nicht zu
berücksichtigen, da sie erst nach Antragstellung erfolgt ist.
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