Urteil des OLG Düsseldorf vom 19.09.2007

OLG Düsseldorf: einstweilige verfügung, form, transportmittel, stand der technik, patentanwalt, patentanspruch, betriebsgeheimnis, nichtigkeitsklage, beweisverfahren, vertreter

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 W 21/07
Datum:
19.09.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-2 W 21/07
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 21. Mai 2007
gegen den Beschluss der 4a. Zivilkammer vom 30. April 2007 wird die-
ser entsprechend dem Beschwerdebegehren der Antragsgegnerin da-
hingehend abgeändert, dass
1.der Antragstellerin das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen
Patentanwalt Ch. vom 18. Juli 2006 lediglich in der als Anlage AG 3
vorgelegten geschwärzten Fassung zur Verfügung zu stellen ist
2.die der Verfahrenbevollmächtigen der Antragstellerin Rechtsanwältin
E. G. sowie die der patentanwaltlichen Vertreterin der Antragstelle-rin
Patentanwältin Dipl.-Ing. K. E. gemäß den Beschlüssen der 4a.
Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Mai 2006 und 6 .
Oktober 2006 auferlegte Verschwiegenheitsverpflichtung aufrecht
erhalten bleibt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auf-
erlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf € 50.000,00 festgesetzt.
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, die sich dagegen richtet, dass die 4a.
Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom 30. April 2007 ihren
Antrag, das Gutachten von Patentanwalt Ch. vom 20. Juli 2006 nicht zur Verfügung zu
stellen, in vollem Umfang zurückgewiesen hat, und die sich ferner dagegen richtet, dass
1
die vorgenannte Zivilkammer mit dem angefochtenen Beschluss die
Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin Rechtsanwältin E. G. und die
patentanwaltliche Vertreterin der Antragstellerin Patentanwältin Dipl.-Ing. K. E., von
zuvor mit Beschlüssen vom 18. Mai 2006 und 6. Oktober 2006 auferlegte
Verschwiegenheitsverpflichtungen freigestellt hat, ist nicht nur zulässig, sondern auch
sachlich gerechtfertigt.
I.
2
Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des am 21. August 1998 angemeldeten
deutschen Patents 198 38 075 (Anlage Ast 1; nachfolgend: Verfahrenspatent). Der
Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist 14. Oktober 1999. Das Verfahrenspatent
steht in Kraft.
3
Die Patentansprüche 1 und 11 des Verfahrenspatents lauten wie folgt:
4
"1. Verfahren zur Herstellung von aus einer keramischen Grundmasse geformten und
gebrannten , abgewinkelten Formkörpern, insbesondere von Winkelriemchen,
ge-
kennzeichnet durch
Formstrang (3) gepreßt, dessen Querschnitt (4) im wesentlichen dem des fertigen
abgewinkelten Formkörpers ent- spricht; - der Formstrang (3) wird von einem
Transportmittel (5) an der Unterseite des Formstrangs (3) paßgerecht unterstützt
aufgenommen und zu einer Trenneinrich- tung (14) transportiert; - vom Formstrang (3)
werden Formkörperrohlinge (15) abgetrennt; - die Formkörperrohlinge (15) werden
getrocknet und anschließend zu fertigen
5
Formkörpern gebrannt.
6
11. Vorrichtung für die Herstellung aus einer keramischen Grundmasse geformter und
gebrannter , abgewinkelter Formkörper , insbesondere Winkelriemchen und
insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis
10, mit einer Strangpresse (1) zum Pressen eines Formstrangs (3), einem
Transportmittel (5) , einer Trenneinrichtung (14) mit Trennunterlage zum Abtrennen
von Formkörperrohlingen (15) von dem Formstrang (3) und einem Brennofen,
dadurch gekennzeichnet, daß die Strangpresse (1) ein Mundstück (2) aufweist,
dessen die Strangform bestimmende Öffnung im wesentlichen dem Querschnitt
durch einen fertigen abgewinkelten Formkörper entspricht, und das Transportmittel
(5) und die Trennunterlage abgewinkelte, der unterseitigen Form des
Formstranges (3) entsprechende Auflagen aufweisen, die den Formstrang (3)
abstützen und unterstützen.
7
8
Die Antragsgegnerin hat am 21. August 2006 Nichtigkeitsklage betreffend das
Verfahrenspatent beim Bundespatentgericht eingereicht (vgl. Anlage AG 2 und AG 6).
Die Antragstellerin ist der Nichtigkeitsklage entgegengetreten. Das Bundespatentgericht
hat im Nichtigkeitsverfahren bisher noch keinen Termin zur mündlichen Verhandlung
9
bestimmt.
Die Antragsgegnerin ist Wettbewerberin der Antragstellerin und stellt im Wettbewerb mit
der Antragstellerin Winkelriemchen her und vertreibt sie. Zwei solcher Winkelriemchen
sind als Anlage Ast 11 und ein weiteres Winkelriemchen als Anlage Ast 13 von der
Antragstellerin zu den Gerichtsakten gereicht worden. Abbildungen der von der
Antragsgegnerin hergestellten und vertriebenen Winkelriemchen sind der
eidesstattlichen Versicherung von Herrn H. H. gemäß Anlage Ast 10 (Bl. 33-35 GA)
beigefügt. Über Einzelheiten dieser Winkelriemchen verhalten sich die Bilder 1 bis 4 auf
den Seiten 19 bis 22 der Antragsschrift der Antragstellerin vom 18. Mai 2006 (vgl. Bl. 19
-22 GA).
10
Die Antragstellerin hat den Verdacht gehegt, dass diese Winkelriemchen entsprechend
dem Verfahren nach Patentanspruch 1 des Verfahrenspatents hergestellt worden sind,
und dabei eine Vorrichtung entsprechend Patentanspruch 11 des Verfahrenspatents
benutzt worden ist. Sie hat dabei ausgeführt, dass die Grundmasse patentgemäß in
einem ersten Schritt zu einem abgewinkelten Formstrang gepreßt worden sein müsse,
11
dessen Querschnitt im wesentlichen dem des fertigen abgewinkelten Formkörpers ent-
12
spreche. Es sei lediglich möglich , dass an den schmalen Stirnkanten des
Winkelriemchens unmittelbar nach dem Strangpressen (noch) zusätzliches Material
angeformt gewesen sei, wie dies aus der nachstehenden Abbildung ersichtlich sei:
13
Selbst wenn in dieser Art zusätzliches Material an den Stirnkanten vorgesehen wäre,
würde dies nichts daran ändern, dass der entstehende Formstrang entsprechend der
patentgemäßen Lehre von Anfang an im wesentlichen dem Querschnitt des fertigen
abgewinkelten Formkörpers entspreche. Die von der Antragsgegnerin benutzte
Strangpresse müsse ein Mundstück aufweisen, das zu einer Strangform führe, die im
wesentlichen dem Querschnitt des fertigen abgewinkelten Formkörpers entspreche.
14
Aufgrund dieses Verdachtes und einer vermeintlich hohen Wahrscheinlichkeit der
Benutzung der technischen Lehren der Patentansprüche 1 und 11 des
Verfahrenspatents bei der Herstellung der streitgegenständlichen Winkelriemchen hat
die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 18. Mai 2005 die Anordnung der Durchführung
eines selbständigen Beweisverfahrens nach §§ 485 ff ZPO und zugleich den Erlass
einer einstweiligen Verfügung beantragt.
15
Mit Beschluss vom selben Tage hat die 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
ohne Anhörung der Antragsgegnerin folgenden Beschluss erlassen:
16
A.
17
Auf Antrag der Antragstellerin vom 18.05.2006 wird, da ein Rechtsstreit noch nicht
anhängig ist und die Antragstellerin ein rechtliches Interesse daran hat, dass der
Zustand
18
einer Sache festgestellt wird, die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens
gemäß §§ 485 ff ZPO angeordnet.
19
"I. Es soll durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis
20
darüber erhoben werden, ob die Antragsgegnerin in ihrem Standort I. 1., 4. W., ein
Verfahren zur Herstellung von aus einer kerami- schen Grundmasse geformten und
gebrannten, abgewinkelten Formkörpern, insbesondere von Winkelriemchen, anwendet,
das folgende Schritte aufweist:
1. die Grundmasse wird zu einem abgewinkelten Formstrang gepreßt, dessen
Querschnitt im wesentlichen dem des fertig abgewinkelten Formkörpers entspricht;
2. der Formstrang wird von einem Transportmittel an der Unterseite des Formstrangs
paßgerecht unterstützt aufgenommen und zu einer Trenneinrichtung transportiert;
3. vom Formstrang werden Formkörperrohlinge abgetrennt;
4. die Formkörperrohlinge werden getrocknet und anschließend zu fertigen
Formkörpern gebrannt;
21
22
( Anspruch 1)
23
und weitere Schritte aufweisen kann,
24
- dass der Formstrang eine Oberflächenbehandlung erfährt;
25
(Anspruch 2)
26
und/oder - die Oberfläche des Formstrangs zumindest teilweise geprägt wird;
(Anspruch 4)
27
und/oder
28
- die abgetrennten Formkörperrohlinge gewendet und an ein weiteres, ebenes
Transportmittel übergeben werden; (Anspruch 5).
29
II.
30
Es soll weiter durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens
Beweis darüber erhoben werden, ob die Antragsgegnerin in ihrem Standort I.
31
1., 4. W., eine Vorrichtung für die Herstellung aus einer keramischen Grundmasse
geformter und gebrannter, abgewinkelten Formkörper, insbesondere Winkelriemchen,
benutzt
32
mit folgenden Merkmalen
33
1. Vorrichtung für die Herstellung aus einer keramischen Grundmasse geformter und
gebrannter, abgewinkelten Formkörper, insbesondere Winkelriemchen, mit 1.1
einer Strangpresse (1) zum Pressen eines Formstrangs (3),
34
35
1.2 einem Transportmittel (5),
36
1.3 einer Trenneinrichtung (14) und 1.4 einem Brennofen;
37
2. die Strangpresse (1) weist ein Mundstück (2) auf, dessen die Strangform
bestimmende Öffnung im wesentlichen dem Querschnitt durch einen fertigen
abgewinkelten Formkörper entspricht;
3. das Transportmittel weist eine abgewinkelte, der unterseitigen Form des
Formstrangs (3) entsprechende Auflage auf, die den Formstang (3) abstützt und
unterstützt;
4. die Trenneinrichtung 4.1 weist eine Trennunterlage zum Abtrennen von
Formkörperrohlingen (15) von dem Formstrang (3) auf, wobei 4.2 die
Trennunterlage eine abgewinkelte, der unterseitigen Form des Formstranges (3)
entsprechende Auslage aufweist, die den Formstrang (3) abstützt und unter- stützt;
38
39
(Anspruch 11) und des weiteren Merkmale aufweisen kann
40
- eine Prägeeinrichtung (10), die auf die äußere Oberfläche des Formstrangs (3)
einwirkt; (Anspruch 17)
41
und/oder - dass die Prägeeinrichtung (10) zumindest zwei Prägewalzen (12)
aufweist, die zueinander der Abwinklung des Formstrangs (3) entsprechenden
Winkel ange- ordnet sind und Druck auf den Formstrang (3) ausüben;
42
(Anspruch 18)
43
und/oder
44
- eine Wendeeinrichtung, die die Formkörperrohlinge (15) um ca. 90° gewendet
45
auf der Seite ablegt;
46
(Anspruch 20).
47
III. Zum gerichtlichen Sachverständigen wird Herr Patentanwalt Ch., F. 7., 4. D. bestellt.
48
IV Dem gerichtlich bestellten Sachverständigen wird gestattet, in einem für das
Gutachten erforderlichen Umfang Fotografien der Vorrichtungen anzufertigen. Dem
gerichtlichen Sachverständigen steht es frei, zur Vorbereitung seines Gutachtens
schriftliche Notizen oder Tonbandaufnahmen zu machen.
49
V. Dem Sachverständigen wird – im Interesse der Wahrung etwaiger
50
Betriebsgeheimnisse der Antragsgegnerin, die bei der Begutachtung zu Tage treten
könnten – aufgegeben, jeden unmittelbaren Kontakt mit der Antragstellerin zu
vermeiden und notwendige Korrespondenz entweder über das Gericht oder mit den
nachfolgend unter B bezeichneten anwaltlichen Vertreterin der Antragstellerin zu führen.
Der Sachverständige hat darüber hinaus auch gegenüber Dritten Verschwiegenheit zu
wahren.
VI. Die Begutachtung soll – wegen der besonderen Eilbedürftigkeit – ohne vorherige
Ladung und Anhörung der Antragsgegnerin erfolgen.
51
Dem gerichtlichen Sachverständigen wird aufgegeben, die Antragsgegnerin vor
Durchführung der Besichtigung darauf hinzuweisen, dass diese das Recht hat, einen
rechtlichen Vertreter (Rechts- oder Patentanwalt) zur Besichtigung hinzuziehen. Möchte
die Antragsgegnerin dieses Recht ausüben, hat der gerichtliche Sachverständige bis zu
2 Stunden zu warten, um dem rechtlichen Vertreter Gelegenheit zu geben, zum Ort der
Besichtigung zu kommen.
52
B.
53
Im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen besonderer Dringlichkeit ohne vorherige
mündliche Verhandlung - werden darüber hinaus folgende weitere Anordnungen
getroffen:
54
I. Neben dem Sachverständigen hat die Antragsgegnerin folgender anwaltlicher
Vertreterin der Antragstellerin Zugang zu ihren Fertigungsstätten und die Anwesenheit
während der Begutachtung zu gestatten:
55
Rechtsanwältin G., Rechtsanwälte W. ... & Partner, C., 4 D.
56
Rechtsanwältin G. wird verpflichtet, Tatsachen, die ihr im Zuge des selbständigen
Beweisverfahrens zur Kenntnis gelangen und den Geschäftsbetrieb der
Antragsgegnerin betreffen, geheim zu halten, und zwar auch gegenüber der
Antragstellerin und deren Mitarbeitern.
57
II. Die Antragsgegnerin hat es dulden, dass der Sachverständige die zu begutachtenden
Vorrichtungen in Augenschein nimmt und sofern der Sachverständige dies für geboten
hält, im laufenden Betrieb oder bei Stillstand untersucht, insbesondere, sofern dies ohne
Beschädigung möglich ist, Abdeckungen, Verkleidungen und dergleichen entfernt,
sowie weitere Handlungen vor allem entsprechend Ziffer A IV zum Zweck der
Anfertigung des Gutachtens vornimmt.
58
III.
59
Der Antragsgegnerin wird mit sofortiger Wirkung und für die Dauer der Begutachtung
untersagt, Veränderungen an den zu begutachtenden Vorrichtungen oder
Veränderungen an dem angewendeten Verfahren vorzunehmen
60
IV. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das unter Ziffer 3 bezeichnete Verbot
wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro , ersatzweise
Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis insgesamt
zu 2 Jahren , angedroht, wobei die Ordnungshaft an den persönlich haftenden
61
Gesellschaftern zu vollstrecken ist.
C.
62
Nach Vorlage des schriftlichen Gutachtens wird die Antragsgegnerin Gelegenheit
erhalten, zu etwaigen Geheimhaltungsinteressen, die auf ihrer Seite bestehen, Stellung
zu nehmen. Die Kammer wird alsdann darüber entscheiden, ob der Antragstellerin das
Gutachten zur Kenntnis gebracht wird.
63
D.
64
Der Wert des Streitgegenstandes für das selbständige Beweisverfahren wird auf
500.000,00 Euro festgesetzt, derjenige für das einstweilige Verfügungsverfahren auf
50.000,00 Euro.
65
E.
66
Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin."
67
Gegen die einstweilige Verfügung vom 18. Mai 2006 hat die Antragsgegnerin, nachdem
die Besichtigung durch den gerichtlichen Sachverständigen Patentanwalt Ch. unter
Teilnahme von Rechtsanwältin E. G. bereits am 14. Juni 2006 stattgefunden hatte, am
19. Juni 2006 Widerspruch eingelegt. Auf den Widerspruch ist Termin zur mündlichen
Verhandlung auf den 15. August 2006 bestimmt worden (vgl. Bl. 60 GA). Am 21. Juli
2006 ist das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen vom 18. Juli 2006 zu den
Gerichtsakten gelangt. Mit Beschluss vom 24. Juli 2006 ist der Antragsgegnerin darauf
hin, wie unter C. des Beschlusses vom 18. Mai 2006 vorgesehen,
68
Gelegenheit gegeben worden, zu etwaigen Geheimhaltungsinteressen am Inhalt des
Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Stellung zu nehmen. Zugleich ist
angekündigt wurden – gegebenenfalls nach Anhörung der zur Verschwiegenheit
gegenüber der Antragstellerin zu verpflichtenden rechts- und patentanwaltlichen
Vertreter der Antragstellerin darüber zu entscheiden, ob das Gutachten der
Antragstellerin zur Kenntnis zu bringen ist. Der Termin zur mündlichen Verhandlung
über den Widerspruch der Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung ist
aufgehoben worden, ohne einen neuen Termin zu bestimmen. Vielmehr ist die
Bestimmung eines neuen Termins vorbehalten geblieben, insbesondere für den Fall,
dass die Antragsgegnerin beantragen sollte, dass der gerichtliche Sachverständige sein
Gutachten ergänzt und der gerichtliche Sachverständige dafür die von der
Antragstellerin beanstandete Vorrichtung am Standort der Antragsgegnerin in W. erneut
besichtigen muss. Für den Fall, dass dies nicht erforderlich sein sollte, hat die 4a.
Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf angeregt, das Verfügungsverfahren
übereinstimmend für erledigt zu erklären (vgl .Bl. 92,93 GA).
69
Mit der seitens des Gerichts vorgeschlagenen Verfahrensweise, das
Widerspruchsverfahren vorläufig terminlos zu stellen und der Antragsgegnerin zunächst
Gelegenheit zu geben, zu ihren Geheimhaltungsinteresse Stellung zu nehmen, hat
diese sich einverstanden erklärt (vgl. Bl. 96,97 GA). Mit Schriftsatz vom 21. August 2006
hat die Antragsgegnerin zu ihrem Geheimhaltungsinteresse vorgetragen und insoweit
verschiedene Anträge (vgl. Bl. 109 GA) gestellt, und zwar unter anderem den Antrag,
70
aufgrund des bestehenden Geheimhaltungsbedürfnisses der An- tragstellerin das
Gutachten des Sachverständigen U. Ch. vom 18. Juli 2006 nicht zur Verfügung zu
stellen (auch nicht in einer geschwärzten Fassung).
71
Mit einem weiteren Schriftsatz vom selben Tage hat die Antragsgegnerin beantragt, das
einstweilige Verfügungsverfahren sowie das selbständige Beweisverfahren bis zur
72
rechtskräftigen Erledigung der gegen das Verfahrenspatent erhobenen
Nichtigkeitsklage auszusetzen.
73
Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2006 hat die Antragstellerin den Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung vom 18. Mai 2006 auf der Basis der am 14. Juni 2006 durch-
geführten Besichtigung für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat sich hierzu nicht er-
74
klärt. Über den Widerspruch der Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung vom
18. Mai 2006 ist bisher vom Landgericht nicht entschieden worden.
75
Mit Beschluss vom 6. Oktober 2006 hat die 4a. Zivilkammer des Landgerichts
Düsseldorf den Antrag der Antragsgegnerin auf Aussetzung des einstweiligen
Verfügungsverfahrens und des selbständigen Beweisverfahrens bis zur rechtskräftigen
Erledigung der gegen das Verfahrenspatent erhobenen Nichtigkeitsklage
zurückgewiesen. Zugleich hat es angeordnet, dass das von dem gerichtlichen
Sachverständigen Patentanwalt Ch. am 18. Juli 2006 erstellte Gutachten und der zweite
Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 21. August 2006 (Anmerkung: Schriftsatz, in
welchem diese ihr "Betriebsgeheimnis" offenbart und daran ihr
Geheimhaltungsinteresse geltend macht ) einschließlich der zum Gutachten
gehörenden Anlagen der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin
Rechtsanwältin E. G. in D. sowie der patentanwaltlichen Vertreterin der Antragstellerin
Patentanwältin E. in O. ausgehändigt werden, um diesen Gelegenheit zu geben, für die
Antragstellerin zum Antrag der Antragsgegnerin Stellung zu nehmen, das Gutachten des
gerichtlichen Sachverständigen der Antragstellerin nicht zur Verfügung zu stellen. Es ist
weiter zugleich angeordnet worden, dass die Aushändigung des Gutachtens des
gerichtlichen Sachverständigen an die Verfahrenbevollmächtigte der Antragstellerin
sowie deren patentanwaltliche Vertreterin erst erfolgen solle wenn gegen die Ablehnung
des Aussetzungsantrages innerhalb der gesetzlichen Frist keine sofortige Beschwerde
eingelegt worden sei oder gegebenenfalls nach Abschluss des sofortigen
Beschwerdeverfahrens. Außerdem sind mit diesem Beschluss Rechtsanwältin G. und
Patentanwältin E. verpflichtet worden, Tatsachen, die ihnen aufgrund der
Kenntnisnahme des genannten Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen zur
Kenntnis zu gelangen, geheim zu halten und zwar insbesondere auch gegenüber der
Antragstellerin und deren Mitarbeitern. Schließlich sind mit diesem Beschluss die
Anträge der Antragsgegnerin im zweiten Schriftsatz vom 21. August 2006 (vgl. Bl. 109
GA) zurückgewiesen worden mit der Ausnahme des Antrages, aufgrund von
Geheimhaltungsbedürfnissen der Antragstellerin das Gutachten des gerichtlichen
Sachverständigen nicht zur Verfügung zu
76
stellen. Die Entscheidung über diesen Antrag ist ausdrücklich bis zu einem späteren
Zeitpunkt zurückgestellt worden.
77
Gegen diesen Beschluss der 4a. Zivilkammer vom 6. Oktober 2006 hatte die
Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt. Nachdem die 4a. Zivilkammer dieser
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sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 20. November 2006 nicht abgeholfen und
dem Senat vorgelegt hatte (vgl. Bl. 188 – 192 GA), hat der Senat sie mit Beschluss vom
14. Februar 2007 (Az: I-2 W 58/06) zurückgewiesen und zur Begründung u.a.
ausgeführt, dass den von der Antragsgegnerin geltend gemachten
Geheimhaltungsinteresse durch diesen Beschluss hinreichend Rechnung getragen
worden sei.
Der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin Rechtsanwältin E. G. und der
patentanwaltlichen Vertreterin der Antragstellerin Patentanwältin Dipl.-Ing. K. E. ist
danach vom Landgericht mit dem Hinweis auf die ihnen auferlegte Verpflichtung zur
Geheimhaltung das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen vom 18. Juli 2006
übergeben und Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben worden (vgl. Bl.
208 GA).
79
Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat darauf hin mit Schriftsatz vom 19.
April 2007 Stellung genommen und beantragt, das Sachverständigengutachten
unbeschränkt und vollumfänglich freizugeben. Zur Begründung führt sie aus, eine
Verletzung der Patentansprüche 1 und 11 des Verfahrenspatents könne nur
nachgewiesen werden, wenn der Antragstellerin das Gutachten zur Verfügung gestellt
werde und sie dieses in einem Verletzungsverfahren vorlegen könne. Entgegen der
Ansicht der Antragsgegnerin und auch entgegen der Auffassung des gerichtlichen
Sachverständigen benutze die Antragsgegnerin bei der Herstellung der
streitgegenständlichen Winkelriemchen die technische Lehre des
Verfahrensanspruches 1 des Verfahrenspatents, und die von ihr zur Herstellung
benutzte Vorrichtung verwirkliche auch das Merkmal 2 des Vorrichtungsanspruches 11.
80
Die 4a. Zivilkammer hat danach mit Beschluss vom 30. April 2007 folgende Anordnung
getroffen:
81
"Nach Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses kann das Gutachten des gerichtlichen
Sachverständigen Patentanwalt Ch. vom 18. Juli 2006 der Antragstellerin zur Kenntnis
gebracht werden und werden die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin
Rechtsanwältin G. und deren patentanwaltliche Vertreterin Patentanwältin E. von ihrer
Verschwiegenheitspflicht gemäß den Beschlüssen der Kammer vom 18. Mai 2006 und
6. Oktober 2006 freigestellt.
82
Bis zum Eintritt seiner Rechtskraft wird auch dieser Beschluss von der in den
vorgenannten Beschlüssen gegenüber den vorgenannten Verfahrensbevollmächtigten
und patentanwaltlichen Vertretern der Antragstellerin angeordneten
Verschwiegenheitspflicht erfasst."
83
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, das Gutachten des gerichtlichen
Sachverständigen sei der Antragstellerin uneingeschränkt offen zu legen, weil derzeit
alles dafür spreche, dass das von der Antragsgegnerin ausweislich des Gutachtens
angewendete Verfahren Patentanspruch 1 des Verfahrenspatents und die von der
Antragsgegnerin nach dem Gutachten dabei eingesetzte Vorrichtung Patentanspruch 11
des Verfahrenspatents wortsinngemäß verwirklichten. Angesichts dessen müsse das
Interesse der Antragsgegnerin, ihr bislang geheim gehaltenes Verfahren auch weiterhin
geheim zu halten, hinter dem Interesse der Antragstellerin an der Offenlegung dieses
Verfahrens zurücktreten. Die Antragstellerin könne ihre nach dem gegenwärtigen
Verfahrensstand berechtigten Ansprüche wegen Verletzung des Verfahrenspatents
84
gegenüber der Antragsgegnerin nämlich nur dann mit Aussicht auf Erfolg durchsetzen,
wenn sie die Möglichkeit habe, das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen
vorzulegen. Dafür bedürfe es der von dieser erbetenen uneingeschränkten Offenlegung
des Gutachtens.
Gegen diesen ihr am 7. Mai 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit
bei Gericht am 21. Mai 2007 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde
eingelegt.
85
Die Antragsgegnerin macht mit ihrer Beschwerde geltend, das Gutachten lege
Tatbestände offen, an deren Geheimhaltung sie, die Antragsgegnerin, ein
schutzwürdiges
86
Interesse habe. Es könne der Antragstellerin allenfalls in einer Fassung vorgelegt
werden, in welcher die geheimnisgeschützten Sachverhalte wie bei der von ihr
überreichten Anlage AG 3 ohne Sinnentstellung durch Schwärzung der betreffenden
Passagen des Gutachtens eliminiert worden seien. Sie habe ein erhebliches Interesse
daran, dass die zur Herstellung der streitgegenständlichen Winkelriemchen verwendete
Mundstückform der Strangpresse und die Form des aus der Strangpresse gepressten
Formstranges hinter dem Mundstück geheim bleibe, weil so auch dünne
Winkelriemchen mit einer Wandstärke von 9 mm hergestellt werden könnten, die
ansonsten nur durch herkömmliche Methoden mit den ihnen anhaftenden Nachteilen
hergestellt werden könnten, nämlich Methoden, bei denen die Winkelriemchen mittels
eines Drahtes von einem Trägerstein abgeschält würden. Der Antragstellerin als ihrer
Wettbewerberin sei es mit ihrem patentgemäßen Verfahren bisher nicht gelungen, damit
solch dünne Winkelriemchen herzustellen. Sie, die Antragsgegnerin, verwende kein
Verfahren, bei welchem die Grundmasse zu einem abgewinkelten Formstrang gepresst
werde, dessen Querschnitt im Wesentlichen dem des fertigen abgewinkelten
Formkörpers entspreche, und die von ihr zur Herstellung der streitgegenständlichen
Winkelriemchen eingesetzte Vorrichtung habe auch keine Strangpresse mit einem
Mundstück, dessen die Strangform bestimmende Öffnung im Wesentlichen dem
Querschnitt eines fertigen abgewinkelten Formkörpers entspreche, sondern bei ihr
werde die Grundmasse zu einem Formstrang geformt, der die Gestalt eines
rechteckigen Kastens bzw. eines geschlossenen Rechteckkanals aufweise, und die die
Strangform bestimmende Öffnung des Mundstückes der Strangpresse, die zur
Herstellung der streitgegenständlichen Winkelriemchen eingesetzt werde, entspreche,
wie der gerichtliche Sachverständige zutreffend ausgeführt habe, der eines rechteckigen
Kastens, und nicht dem Querschnitt durch einen fertigen abgewinkelten Formkörper.
Wie der gerichtliche Sachverständige zutreffend weiter festgestellt habe, werde erst
später durch zahlreiche Schneidvorgänge aus der Rechteckform die Form des fertigen
abgewinkelten Formkörpers (Winkelriemchen) geschnitten. Sie habe erkannt, dass die
Rechteckform gegenüber der patentgemäßen abgewinkelten Form während des
Strangpressens erheblich vorteilhafter sei. Beim Verpressen dünner Formkörper könne
es im Tonstrang nämlich zu einem Verzug kommen, der sich zum Teil erst in
Verformungen des Formkörpers beim Trocknen oder Brennen äußere. Das Verpressen
von Ton stelle sehr hohe Ansprüche an das Formgebungswerkzeug (Mundstück). In
einfacher Weise beherrschbar werde das Verpressen von dünnen Winkelriemchen
dagegen, wenn die Mundstücke symmetrisch aufgebaut seien. Ein Rechteckrohr habe
zwei Spiegelungsachsen, eine horizontale und eine vertikale Spiegelungsachse. Je
dünner der Formling werde, desto wichtiger sei die Symmetrie, damit die Kräfte im
Gleichgewicht blieben. Einen Winkel zu pressen, sei bei herkömmlichen
87
Winkelriemchen – beispielsweise Winkelriemchen mit einer Wandstärke von 19 mm,
wie sie die Antragstellerin herstelle – zwar relativ einfach zu beherrschen, doch dünne
Winkelriemchen auf diese Weise zu pressen sei dagegen eine schwierige Aufgabe, da
es sich hierbei um eine asymmetrische Form handele. Sie sehe daher in dem
Auspressen als geschlossenen Rechteckkanal und dem anschließenden
Schneideverfahren wichtiges betriebliches Know-how, welches ihr gegenüber den
Wettbewerbern einen Vorsprung bei der Herstellung dünner Winkelriemchen aus
Formsträngen ermögliche. Entgegen der Auffassung des Landgerichts werde mit der
Ausbildung solcher Rechteckkanäle nicht von dem Patentanspruch 1 und auch nicht
von dem Merkmal 2 des Patentanspruches 11 des Verfahrenspatents Gebrauch
gemacht. Dass der durch die Patentschrift des Verfahrenspatents angesprochene
Durchschnittsfachmann dies ebenfalls so sehe, zeige auch das Gutachten des
fachkundigen gerichtlichen Sachverständigen. - Überdies würden bei dem von ihr
benutzten Verfahren aber auch weitere Merkmale des Patentanspruches 1 des
Verfahrenspatents nicht benutzt. Ausweislich der Beschreibung (Spalte 2, Zeilen 33 ff)
sei der Patentanspruch so zu lesen, dass der Formstrang im Anschluss an den
Pressvorgang von einem Transportmittel aufgenommen werde, das auf der unterseitigen
Form des Formstranges entsprechende Auflagen aufweise, die den Formstrang
passgerecht unterstützten. Der gerichtliche Sachverständige habe insoweit auf Seite 7
seines Gutachtens zutreffend festgestellt, dass in dem von ihr angewandten Verfahren
der Formstrang nach dem Mundstück auf kurzer Wegstrecke von ca. 30 cm zu einem
ortsfest angeordneten Gleittisch gelange. Der Formstrang werde also entgegen Merkmal
2 des Patentanspruches 1 des Verfahrenspatents gerade nicht von einem
Transportmittel aufgenommen, sondern lediglich auf einen Gleittisch geschoben. Nach
allem sei der Antragstellerin somit allenfalls die als Anlage AG 3 vorgelegte Fassung
des Gutachtens zur Kenntnis zu bringen und im Übrigen seien die angeordneten
Verschwiegenheitspflichten aufrecht zu erhalten. - Schließlich werde erneut eine
Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen das
Verfahrenspatent erhobenen Nichtigkeitsklage beantragt. Für ein gewöhnliches
selbständiges Beweisverfahren, welches sich in der Feststellung von Tatsachen
erschöpfe, möge gelten, dass eine Aussetzung nicht in Betracht komme, doch handele
es sich hier mehr als um die bloße Feststellung von Tatsachen, sondern um die
rechtliche Bewertung dieser Tatsachen dahin, ob durch sie von den technischen Lehren
bestimmter Patentansprüche Gebrauch gemacht werde. Es werde somit hier die an sich
nur in einem Verletzungsverfahren zu treffende Entscheidung präjudiziert. Es sei daher
auch nur sachgerecht, im Rahmen der Entscheidung über einen Aussetzungsantrag die
gleichen Voraussetzungen und Kriterien zugrunde zu legen, wie dies auch im Falle
eines Aussetzungsantrages im Rahmen eines entsprechenden Verletzungsverfahrens
der Fall wäre.
Die Antragsgegnerin beantragt,
88
1. den Beschluss vom 30. April 2007 dahingehend abzuändern, dass der
Antragstellerin das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Patentanwalt
Ch. vom 18. Juli 2006 lediglich in der als Anlage AG 3 vorgelegten geschwärzten
Fassung zur Verfügung zu stellen ist;
2. auszusprechen, dass die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin,
insbesondere Frau Rechtsanwältin G. sowie deren patentanwaltlichen Vertretern,
89
insbesondere Frau Patentanwältin E., gemäß den Beschlüssen der Kammer vom
18. Mai 2006 und 6. Oktober 2006 auferlegte Verschwiegenheitsverpflichtung
aufrecht erhalten bleibt, sowie
3. die Entscheidung über den Umfang bzw. die Fassung, in welcher das Gutachten
des Sachverständigen Patentanwalt Ch. vom 18. Juli 2006 der Antragstellerin zur
Kenntnis gegeben werden darf, bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen das
deutsche Patent DE 198 38 075 C 1 erhobenen Nichtigkeitsklage auszusetzen.
90
Die Antragstellerin beantragt,
91
die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurück- zuweisen und den Beschluss
des Landgerichts Düssel- dorf vom 30. April 2007 vollumfänglich aufrechtzuerhal- ten.
92
Sie macht geltend, die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin sei nicht statthaft. Der
angefochtene Beschluss sei im Rahmen eines sofortigen Beweisverfahrens ergangen,
wobei durch diesen Beschluss ergänzend zu dem Beweisbeschluss vom 18. Mai 2006
dem Antrag der Antragstellerin stattgegeben worden sei. Gemäß § 490 Abs. 2 Satz 2
ZPO sei der Beschluss des Landgerichts daher nicht anfechtbar. Diese stehe auch im
Einklang mit dem Grundgedanken des § 355 Abs. 2 ZPO , nach dem Anord-nungen im
Rahmen eines Beweisverfahrens nur mit dem Endurteil angefochten werden
93
könnten, jedoch nicht im Rahmen des Beweisverfahrens. Überdies sei die sofortige
Beschwerde aber auch sachlich nicht gerechtfertigt. Zutreffend habe das Landgericht mit
dem angefochtenen Beschluss festgestellt, dass derzeit alles dafür spreche, dass das
von Antragsgegnerin angewandte Verfahren Patentanspruch 1 des Verfahrenspatents
und die von der Antragsgegnerin dabei eingesetzte Vorrichtung von dem
Patentanspruch 11 des Verfahrenspatents Gebrauch mache. Im Hinblick auf diese
Verletzungstatbestände stünden die angeblichen Geheimhaltungsinteressen der
Antragsgegnerin gegenüber den Interessen der Antragstellerin, Verletzungen ihrer
Schutzrechte zu verhindern, zurück. Bei der Interessenabwägung sei auch zu
berücksichtigen, dass selbst bei Zweifeln des Gerichts am Verletzungstatbestand im
derzeitigen prozessualen Stadium die Rechte der Antragstellerin an einer vollständigen
Offenlegung des Gutachtens überwögen. Bei einer ablehnenden Entscheidung werde
der Antragstellerin nämlich die Möglichkeit genommen, überhaupt Beweismittel an die
Hand zu bekommen, um ein Hauptsacheverfahren auf Patentverletzung einzuleiten.
94
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin, die es für zulässig
angesehen hat, nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
95
II.
96
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist entgegen der Auffassung der
Antragstellerin gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig. Zwar ist nach der
Spezialvorschrift in § 490 Abs. 2 S.2 ZPO der Beschluss , mit dem der Antrag auf Erlass
eines Beweisbeschlusses nach den Vorschriften der §§ 485 ff ZPO stattgegeben wird,
grundsätzlich unanfechtbar, doch kann in dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom
30. April 2007 kein Beweisbeschluss im Sinne der §§ 485 ff ZPO gesehen werden, und
zwar selbst dann nicht, wenn man in ihn lediglich eine im Beschluss der 4a.
97
Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Mai 2006 vorbehaltene Ergänzung
dieses Beschlusses (vgl. Abschnitt C. dieses Beschlusses) sieht.
Mit dem Beschluss vom 18. Mai 2006 hat die 4a.Zivilkammer des Landgerichts
Düsseldorf in einem von den Patentstreitkammern des Landgerichts Düsseldorf
befürworteten Verfahren, welches auf einer Nutzung der Regeln des selbständigen
Beweissicherungsverfahrens und der einstweiligen Verfügung beruht und ein Gemisch
aus beiden darstellt (so Tilmann, GRUR 2005,737,738) und mit welchem die
Patentstreitkammern des Landgerichts die angesichts der "Druckbalken"-Entscheidung
des Bundesgerichtshofes (vgl. GRUR 1985, 512) vermeintlich unzureichenden
Möglichkeiten des Patentinhabers, sich über eine auf Grund von Indizien wahrscheinlich
erscheinende Patentverletzung zu vergewissern, ohne Zuwarten auf eine gesetzliche
Änderung, wie sie mit einer Umsetzung von Art. 7 der Richtlinie 2004/48/EG zu erwarten
ist (vgl. hierzu Tilmann a.a.0.) verbessern können zu glauben (vgl. zu diesem Verfahren
der so genannten Düsseldorfer Praxis Kühnen, GRUR 2005, 185 ff).
98
Die Vorschriften der §§ 485 ff ZPO betreffen in der Regel die Fälle der allgemein
zugänglichen Beweise, während der hier in Rede stehende Beschluss den Fall betrifft,
in dem genaue Kenntnis über die vermeintliche Verletzungsform (Verfahren und
innerbetriebliche Vorrichtung) nur gegen den Willen des angeblichen Verletzers erlangt
werden kann und in dem in Betracht kommt, dass der angebliche Verletzer für die
vermeintliche Verletzungsform den Schutz als Betriebsgeheimnis beansprucht.
99
Welche Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe den Betroffenen bei einer solchen "Gemisch"-
100
Entscheidung zustehen, mag nicht ganz eindeutig sein. Unzweifelhaft muss dem von
einer solchen Maßnahme betroffenen vermeintlichen Verletzer gegen die erlassene
einstweilige Verfügung gemäß §§ 936,924 Abs.1 ZPO der Widerspruch zustehen,
worauf hin über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung zu entscheiden ist (vgl.
§§ 936, 925 Abs. 1 ZPO). Dieser Widerspruch ist hier auch seitens der Antragsgegnerin
eingelegt (vgl. Bl. 58 GA) und bisher nicht zurückgenommen worden , ohne dass das
Landgericht über ihn entschieden hätte, so dass es bisher nicht die erforderliche
anfechtbare Entscheidung des Landgerichts darüber gibt, ob das, was durch die
einstweilige Verfügung an Kenntnis erlangt worden ist, überhaupt rechtmäßig erlangt
worden ist. Wie Tilmann a.a.O. zutreffend ausführt wird das Verfahren der einstweiligen
Verfügung in Deutschland insbesondere von den Grundsätzen des Erfordernisses der
Dringlichkeit, des Verbots der Erfüllungsverfügung und dem Zuwartenmüssen bis zum
Abschluss des einstweiligen Verfügungsverfahrens bestimmt. Ob diesen Grundsätzen
hier hinreichend Rechnung getragen worden ist, kann allerdings dahin gestellt bleiben,
da wie später aufgezeigt werden wird, der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin
schon aus anderen Gründen zu entsprechen war.
101
Es kann aber auch keinem Zweifel unterliegen, dass ein Beschluss gemäß § 490 Abs. 1
ZPO nach Abs. 2 S. 2 dieser Vorschrift, wenn damit in vollem Umfang einem Antrag
102
stattgegeben wird, nicht anfechtbar ist. Wie oben bereits ausgeführt, betrifft das
Verfahren und damit der Beschluss nach § 490 Abs. 1 ZPO jedoch regelmäßig
allgemein zugängliche Beweise, hinsichtlich derer die Geltendmachung des Schutzes
für ein Betriebsgeheimnis nicht in Betracht kommt.
103
Hier betrifft der Beschluss der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf jedoch
104
einen Fall, in dem die vermeintliche Verletzungsform sich nur im Betrieb des
vermeintlichen Verletzers befindet und deshalb in Betracht kommt, dass dieser sich
insoweit auf den Schutz eines Betriebsgeheimnisses beruft. Wenn insoweit im Rahmen
eines Beschlusses entsprechend §§ 485, 490 ZPO das Gericht wie hier gleichsam in
Antizipatizion vom vermeintlichen Verletzer geltend zu machender
Geheimhaltungsinteressen Maßnahmen anordnet, die geeignet sind, diese Interessen
zu wahren, und sich vorbehält, erst zu einem späteren Zeitpunkt darüber zu
entscheiden, ob der Antragstellerin das Gutachten zur Kenntnis gebracht wird, wird
diese spätere Entscheidung darüber
nicht von § 490 Abs. 2 S. 2 ZPO erfasst, sondern sie stellt sich als eine Entscheidung
über den im Rahmen des Verfahrens dann tatsächlich unter Berufung auf den Schutz für
ein Betriebsgeheimnis gestellten Antrag des Antragsgegners dar, sein
Betriebsgeheimnis zu wahren und nicht seinem Wettbewerber zu offenbaren. Ähnlich
sieht dies wohl auch Kühnen, GRUR 2005, 185, 193 der im Hinblick auf die
Anfechtbarkeit der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich einer Gutachtenübermittlung
ausführt, dass dann, wenn das Gericht dahin entscheide, dass dem Patentinhaber das
Sachverständigengutachten nicht oder nicht in der von ihm beanspruchten (z. B.
ungeschwärzten) Form zur Verfügung gestellt werde, diese Entscheidung gemäß § 567
Abs. 1 Nr. 2 ZPO mit der sofortigen Beschwerde angreifbar sei, dieselbe
Rechtsschutzmöglichkeit aber auch der Besichtigungsschuldner habe, dessen Antrag,
das Gutachten unter Verschluss zu halten (oder nur nach Schwärzung einzelner
Passsagen herauszugeben) , abschlägig beschieden worden sei.
105
Nach allem erachtet der Senat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin für
zulässig.
106
2.
107
Die sofortige Beschwerde ist aber nicht nur zulässig, sondern auch sachlich
gerechtfertigt, da durch die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen ein
etwaiger Ver-dacht oder eine etwaige Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des
Verfahrenspatent durch die Antragsgegnerin als entkräftet und ausgeräumt angesehen
werden muss und es angesichts dessen keine Rechtfertigung dafür gibt, dass die
Antragsgegnerin der Antragstellerin als ihrer Wettbewerberin ihr Betriebsgeheimnis
hinsichtlich der Ausbildung des Mundstückes der Strangpresse und damit hinsichtlich
der Ausbildung des bei ihr gepressten Formstranges zur Herstellung von
Winkelriemchen offenbart.
108
a) Das Verfahrenspatent betrifft nach der einleitenden Beschreibung ein Verfahren und
eine Vorrichtung zur Herstellung abgewinkelter Formkörper, insbesondere
Winkelriemchen, die aus einer keramischen Grundmasse geformt und gebrannt werden
(vgl. Spalte 1, Zeilen bis 6 der Anlage Ast. 1).
109
Nachdem die Verfahrenspatentschrift in dieser Weise darauf hinweist, dass die
Erfindung ganz allgemein abgewinkelte Formkörper betreffe, die aus einer keramischen
Grundmasse geformt und gebrannt werden, und sich nur insbesondere mit
Winkelriemchen befasse, geht sie anschießend (nur) auf die Verarbeitung von
Klinkerriemchen und deren Herstellung ein. So verweist sie in Absatz 2 der Spalte 1
darauf, dass es gebräuchlich sei, Wände und insbesondere Außenfassaden von
Häusern mit Klinkerriemchen zu verkleiden, um der Fassade ein aus ganzen Steinen
110
gemauertes Aussehen zu verleihen. An Fassadenecken – so die
Verfahrenspatentschrift weiter – werde diese Optik gestört, wenn einfache
Klinkerriemchen verwendet würden, da dort deren geringe Dicke von nur ca. 1 cm
erkennbar sei. Zwar sei es möglich, zwei Winkelriemchen passend auf Gerung
zuzuschneiden, jedoch sei dies aufwendig und bleibe bei genauerem Hinsehen als
Verkleidung erkennbar. Daher hätten sich für die Verkleidung von Fassadenecken
zunehmend Winkelriemchen, deren einer Schenkel der Länge und deren anderer
Schenkel der Breite eines zu imitierenden Steines entspreche, durchgesetzt.
In Absatz 3 der Spalte 1 befasst sich die Verfahrenspatentschrift mit bisher bekannten
Verfahren zur Herstellung von derartigen Winkelriemchen ohne ausdrücklich einen
schriftlichen Stand der Technik zu bezeichnen, der den geschilderten Stand der Tech-
111
nik aufzeigt. Sie führt aus, bei den bisher bekannten Verfahren zur Herstellung von
derartigen Winkelriemchen sei stets ein sogenannter Stütz- oder Trägerstein notwendig,
Es werde dabei ein Formstrang mit rechteckigem Querschnitt aus einer Strangpresse
gepresst, bei dem an der Oberseite und einer Seitenfläche eine Trennlinie zwischen
dem Stützstein und dem späteren Winkelriemchen vorgesehen werde, indem zwischen
Stützstein und Winkelriemchen mehrere Spalte ausgebildet seien. Zwischen diesen
Spalten sei das Winkelriemchen mit dem Stützstein über schmale Stege verbunden, die
später als Sollbruchstellen dienten. Der so geformte Strang werde dann in einzelne
Rechteckblöcke abgeteilt, deren Breite der späteren Höhe der Winkelriemchen
entspreche. Diese Blöcke würden getrocknet und anschließend gebrannt. Nach dem
Brand könne durch Anschlagen des gebrannten Blockes ein Bruch der Sollbruchstellen
verursacht werden, wodurch sich das Winkelriemchen von dem Stützstein löse.
Alternativ sei es möglich, keine Spalte und Stege vorzusehen, sondern das
Winkelriemchen nach dem Brand von dem Stützstein abzusägen. Schließlich bestehe
noch die Möglichkeit, das Winkelriemchen unmittelbar beim Pressvorgang durch einen
Schneiddraht vom Stützstein loszuschneiden. Auch bei diesem Verfahren liege jedoch
das Winkelriemchen zur Stabilisierung bis nach dem Brand ganzflächig am Stützstein
an und könne nach dem Brennen mit geringem Kraftaufwand von dem Stützstein
abgenommen werden.
112
Die Verfahrenspatentschrift bemängelt an allen vorgenannten Verfahren als nachteilig,
dass durch den Stützstein eine erhebliche Menge an verlorenem Material verpresst,
transportiert, getrocknet und gebrannt werden müsse, wobei die verlorene
Materialmenge etwa sechs mal so groß sei, wie das für das Winkelriemchen tatsächlich
benötigte Material. Als weitere Nachteile der vorgenannten Verfahren nennt die
Verfahrenspatentschrift den Verlust von viel Brennraum im Brennofen durch den
Stützstein und einen unnötig hohen Energieaufwand für das Mitbrennen des Stützsteins,
der nach Abnehmen des Winkelriemchens nur noch in der Weise verwertbar sei, dass er
zu Ziegelbruch zermahlen werde (vgl. Absatz 4 in Spalte 1 der Verfahrenspatentschrift).
113
Der Erfindung liegt die Aufgabe bzw. das technische Problem zugrunde, ein Verfahren
und eine Vorrichtung anzugeben, mit denen auf einfache und wirtschaftliche Weise
abgewinkelte Formkörper , insbesondere Winkelriemchen, ohne die Verwendung eines
Stützsteins hergestellt werden können (vgl. Absatz 5 in Spalte 1 der Verfahrenspatent-
schrift).
114
Zur Lösung der auf das Verfahren gerichteten Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1
des Verfahrenspatents merkmalsmäßig gegliedert folgendes vor:
115
1. Verfahren zur Herstellung von aus einer keramischen Grundmasse geformten und
gebrannten, abgewinkelten Formkörpern, insbesondere von Winkelriemchen,
gekennzeichnet durch folgende Schritte:
2. Die Grundmasse wird zu einem abgewinkelte Formstrang (3) gepresst, dessen
Querschnitts (4) im wesentlichen dem des fertigen abgewinkelten Formkörpers
entspricht.
3. Der Formstrang (3) wird von einem Transportmittel (5) an der Unterseite des
Formstrangs (3) passgerecht unterstützt aufgenommen und zu einer
Trenneinrichtung (14) transportiert.
4. Vom Formstrang (3) werden Formkörperrohlinge (15) abgetrennt.
5. Die Formkörperrohlinge (15) werden getrocknet und anschließend zu fertigen
Formkörpern gebrannt.
116
117
Zur Lösung der oben genannten und auf die Vorrichtung gerichteten Aufgabe schlägt
der Patentanspruch 11 merkmalsmäßig gegliedert folgenden Gegenstand vor:
118
1. Vorrichtung für die Herstellung aus einer keramischen Grundmasse geformter und
gebrannter , abgewinkelter Formkörper, insbesondere Winkelriemchen und
insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis
10 mit a) einer Strangpresse (1) zum Pressen eines Formstrangs (3), b) einem
Transportmittel (5), c) einer Trenneinrichtung (14) mit Trennunterlage zum
Abtrennen von Formkörper- rohlingen (15) von dem Formstrang (3) und d) einem
Brennofen.
2. Die Strangpresse (1) weist ein Mundstück (2) auf, dessen die Strangform
bestimmende Öffnung im wesentlichen dem Querschnitt durch einen fertigen
abgewinkelten Formkörper entspricht.
3. Das Transportmittel (5) und die Trennunterlage weisen abgewinkelte, der
unterseitigen Form des Formstranges (3) entsprechende Auflagen auf, die den
Formstrang (3) abstützen und unterstützen.
119
120
Von diesen Lösungen heißt es in Spalte 1, Zeile 65 bis Spalte 2, Zeile 10 der
Verfahrenspatentschrift, dass sie es , da die Grundmasse durch eine Strangpresse mit
einem geeigneten Mundstück direkt zu einem abgewinkelten Formstrang gepresst
werde, der bereits im wesentlichen die Form des zu fertigenden abgewinkelten
Formkörpers aufweise, und da der Formstrang während seines Weitertransportes eine
passgerechte Unterstützung erfahre, ermöglichten, auf den Stützstein zu verzichten und
die gewünschte abgewinkelte Form des Formstrangs bzw. des Formkörpers zu erhalten,
ohne dass es vor dem Brennen zu unerwünschten Verformungen komme. So werde bei
der Herstellung der abgewinkelten Formkörper eine erhebliche Menge von Material und
121
Energie eingespart, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit der Herstellung abgewinkelter
Formkörper beträchtlich erhöhe.
Die Lehre des Merkmals 2 des Patentanspruches 1 geht danach dahin, die Grundmasse
bereits zu einem abgewinkelten Formstrang zu pressen, der im wesentlichen die
122
Form des zu fertigenden abgewinkelten Formkörpers entspricht, wobei der fertige
abgewinkelte Formkörper durch eine einzige Abwinkelung gekennzeichnet ist. Die
Lehre des Merkmals 2 geht nicht schlicht dahin, vor den Verfahrensschritten 3 bis 5 aus
der Formmasse ein Formstrang mit einer einzigen Abwinklung im wesentlichen
entsprechend dem des fertigen Formkörpers zu bilden, was dann auch andere
Verfahrensmittel als das Pressen einschlösse. - Entsprechend der Verfahrenslehre des
Merkmals 2 des Patentanspruches 1 geht auch die Vorrichtungslehre des Merkmals 2
des Patentanspruches 11 dahin, dass die Strangpresse ein Mundstück aufweist, dessen
die Strangform bestimmende Öffnung im wesentlichen dem Querschnitt durch einen
fertigen abgewinkelten Formkörper entspricht, wobei der fertige abgewinkelte
Formkörper durch eine einzige Abwinklung gekennzeichnet ist. Schon die Öffnung des
Mundstücks der Stangpresse soll daher dem Querschnitt durch einen fertigen
abgewinkelten Formkörper, der durch eine einzige Abwinklung gekennzeichnet ist,
entsprechen.
123
Soweit sowohl das Merkmal 2 des Patentanspruches 1 als auch das Merkmal 2 des
Patentanspruches 11 durch die Worte "im wesentlichen" eine gewisse Relativierung
erfahren, bezieht sich diese nicht auf die Form des gepressten Formstranges als eines
(bloß) einmal abgewinkelten Formstranges als solche, sondern auf den "fertigen"
abgewinkelten Formkörper. Der Querschnitt soll im wesentlichen dem des fertigen
abgewinkelten Formkörpers entsprechen, was jedoch nichts an der im Merkmal 2
enthaltenen Aussage ändert, dass die Grundmasse zu einem abgewinkelten
Formstrang im Sinne einer einzigen Abwinklung zu pressen ist. Wie die Beschreibung
der Erfindung in Spalte 1, Zeilen 65 bis 67 der Verfahrenspatentschrift eindeutig besagt,
wird die Grundmasse durch eine Strangpresse mit einem geeigneten Mundstück direkt
zu einem abgewinkelten Formstrang gepresst. Der Umstand, dass der so gepresste
abgewinkelte Formstrang, nach den Unteransprüchen 6 und 19 noch einer
Nachbearbeitung in Form des Richtens und Nachkalibrierens erfahren kann, bedeutet
nicht dass nicht bereits durch das Pressen die abgewinkelte Form geschaffen werden
soll.
124
Dass es bei der Relativierung der mit den Merkmalen 2 der Patentansprüche 1 und 11
gelehrten Maßnahmen mit den Worten "im wesentlichen" nicht darum geht, Formkörper
mit ganz anderer Geometrie zuzulassen als bloße einfach abgewinkelte Formkörper,
zeigt auch die Beschreibung des Ausführungsbeispieles der Erfindung. So heißt es in
Spalte
125
2, Zeilen 26 bis 33 der Verfahrenspatentschrift, die in den Figuren 1 und 2 dargestellte
Vorrichtung weise eine Strangpresse 1 mit einem Mundstück 2 auf, durch das eine
keramische Gundmasse, insbesondere Ton oder Lehm zu einem abgewinkelten
Formstrang 3 gepresst werde, dessen Querschnitt 4 (siehe Figur 3) bis auf geringfügige
Schrumpfungen während des Brandes im wesentlichen bereits dem Querschnitt des
fertigen abgewinkelten Formkörpers entspreche (Unterstreichung hinzugefügt). Dies
zeigt in Verbindung mit der nachstehend wiedergegebenen Figur 3 der
Verfahrenspatentschrift, an welche Art von Abweichungen mit dem Worten "im
126
wesentlichen" in den Merkmalen 2 der Patentansprüche 1 und 11 gedacht ist.
Die vorstehende Figur 3 der Verfahrenspatentschrift verdeutlicht, dass bereits
entsprechend den Lehren des Merkmals 2 der Patentansprüche 1 und 11 ein bloß
einmal abgewinkelter Formstrang gepresst werden soll bzw. die Öffnung des
Mundstücks der Strangpresse eine entsprechende Form haben soll.
127
Die Antragstellerin hat ihren Antrag vom 18. Mai 2006 denn auch darauf gestützt, dass
sie den Verdacht habe, dass die Antragsgegnerin bloß einen abgewinkelten Formstrang
presse, von dessen beiden Schenkeln sie später überschüssiges Material ent-ferne. Sie
hat diesen, ihren Verdacht mit der nachfolgenden Darstellung (vgl. Bl. 24 GA)
verdeutlicht:
128
Würde die Antragsgegnerin die Grundmasse zu einem solchen abgewinkelten
Formstrang pressen, könnte man in der Tat davon sprechen, dass dessen Querschnitt
im wesentlichen dem des fertigen abgewinkelten Formkörpers entspricht, und würde die
von ihr zur Herstellung eingesetzte Strangpresse mit einem Mundstück ausgestattet
sein, die eine solche die Strangform bestimmende Öffnung hätte, könnte man dies als
eine Öffnung ansehen, die entsprechend Merkmal 2 des Patentanspruches 11 im
wesentlichen dem Querschnitt durch einen fertigen abgewinkelten Formkörper
entsprüche. Wie jedoch nachfolgend aufgezeigt werden wird , hat die Beweiserhebung
durch den gerichtlichen Sachverständigen Patentanwalt Ch. ergeben, dass die
Grundmasse nicht zu einem solchen abgewinkelten Formstrang gepresst wird, sondern
unter Einsatz eines Mundstücks mit einer Öffnung ganz anderer Geometrie zu einem
Formstrang ganz anderer Geometrie gepresst wird und erst nach dem Pressen durch
verschiedene Schneidvorgänge zu einem abgewinkelten Formstrang ausgebildet wird.
129
b) Ausweislich der Feststellungen in dem Gutachten (vgl.69 – 91 GA) des gerichtlichen
Sachverständigen, wobei diese Feststellungen auf einer Besichtigung am 14. Juni 2006
in der Betriebsstätte der Antragsgegnerin in der I. in 4. W. beruhen, werden die
Winkelriemchen der Antragsgegnerin in folgender Weise hergestellt:
130
Aus dem Mundstück der Strangpresse tritt ein Formstrang aus, der aus der noch
feuchten keramischen Grundmasse besteht. Der Querschnitt des Formstranges
unmittelbar nach dessen Austritt aus dem Mundstück sieht wie folgt aus:
131
Die die Strangform bestimmende Öffnung des Mundstücks der Strangpresse ist
entsprechend ausgeformt.
132
Der gerichtliche Sachverständige sieht in diesem Formstrang die Gestalt eines
rechteckigen Kastens, welcher in der Weise gedreht angeordnet ist, dass sowohl die
beiden längeren Seiten 3 a auch auch die beiden kürzeren Seiten 3 b einen Winkel w
zur Vertikalen V aufweisen.
133
Nur wenige Zentimeter nach der Extrusion, d.h. nach dem Verlassen des Mundstücks,
wird der Formstrang unter Einsatz von Messerschneiden in Segmente zerschnitten. Den
so zerteilten Querschnitt des Formstrangs gibt die nachfolgende Darstellung wieder.
134
Das größte nach den Schnitten verbleibende Segment ist der Winkelstrang S, dessen
Querschnitt im Wesentlichen dem des letztendlich hergestellten, abgewinkelten
Formkörpers entspricht. Daneben fallen Reststränge RS1, RS2, RS3, RS4, RS5 Und
135
RS6 an. Diese senken sich nach den Schnitten infolge ihres Eigengewichts nach unten
ab, und gelangen in einem unterhalb angeordneten Sammelbehälter. Sie werden nach
den dem Sachverständigen von der Antragsgegnerin gegebenen Erklärungen
wiederverwendet, indem sie der zu extrudierenden Grundmasse wieder beigemengt
werden.
Auf kurzer Wegstrecke von ca. 30 cm gelangt der Strang zu einem ortsfest angeordneten
Gleittisch, der, wie aus der nachstehenden Darstellung ersichtlich ist, aus zwei
zueinander um 90° angewinkelten Blechen 26 sowie außen auf den beiden Blechen 26
befestigten Gleitleisten 27 aus Kunststoff besteht. Die Gleitleisten 27 erstrecken sich in
Transportrichtung, die Breite ihrer Stützfläche beträgt ca. 1,5 bis 2 cm. Der kontinuierlich
transportierte Strang S gleitet auf den Gleitleisten 27, indem sich der lange Schenkel
des Strangs auf insgesamt vier, und der kurze Schenkel des Strangs auf zwei der
136
Gleitleisten 27 abstützt. Zwei weitere, nicht benutzte Gleitleisten 27 sind, wie dem
Sachverständigen mitgeteilt wurde, für die Abstützung anders gestalteter Winkelriem-
137
chen mit zwei gleichlangen Schenkeln bestimmt.
138
In einem Abstand von wiederum etwa 30 cm hinter dem zuvor dargestellten Gleittisch
befindet sich eine weiterer, ebenfalls ortsfester und als rechteckiger Winkel
ausgestalteter Gleittisch. Einen Querschnitt durch diesen weiteren Gleittisch gibt die
nachstehende Darstellung wieder.
139
Anders als bei dem zuerst dargestellten Gleittisch liegt bei diesem Gleittisch der Strang
S mit seiner angewinkelten Unterseite vollflächig auf den ebenen Außenseiten des
Gleittisches auf. Zur Funktion dieses Gleittisches sowie daran seitlich angeordneter
Befestigungsmittel haben die Vertreter der Antragsgegnerin dem Sachverständigen
erklärt, der Gleittisch sei mit Befestigungsmittel versehen, um dort Prägeeinrichtungen
zu befestigen, soweit zusätzlich eine Prägung des Strangs erwünscht sei. Mit einer
solchen Prägeeinrichtung ließen sich auf der Außenseite des Stranges S Prägemuster
herstellen. Bei der von dem gerichtlichen Sachverständigen besichtigten Anlage war
eine derartige Prägeeinrichtung nicht installiert.
140
In Transportrichtung hinter diesem zweiten Gleittisch befindet sich ein erster
Riemenförderer 30 mit insgesamt fünf angetriebenen Transportriemen 31 bis 35 . Die
Transportriemen weisen einen runden Querschnitt auf. Die nachfolgende Darstellung
zeigt den Gesamtquerschnitt im Bereich dieses ersten Riemenförderers 30.
141
Wie aus der Zeichnung zu entnehmen ist, sind die als Transportmittel dienenden
Obertrums der fünf Transportriemen 31 bis 35 in drei unterschiedlichen Höhen
angeordnet und die Riemen insgesamt etwa in einem Dreieck mit Spitze nach oben
angeordnet. Der oberste Transportriemen 33 stützt beim Transport die Innenecke des
Strangs S, wohingegen die übrigen Transportriemen die beiden Schenkel des Strangs
abstützen.
142
In Transportrichtung hinter dem ersten Riemenförderer 30 befindet sich eine
Trenneinrichtung, die aus der nachstehend wiedergegebenen Fotografie ersichtlich ist.
Die Trenneinrichtung besteht aus einer ortsfesten Trennunterlage, welche als Winkel
ähnlich dem zweiten Gleittisch gestaltet ist, und einem oberhalb beweglich
angeordneten Messer. Das Messer weist zwei rechtwinklig zueinander stehende
143
Schneiden auf und ist senkrecht absenkbar. Durch Absenken wird von dem bis zu der
Trenneinrichtung noch durchgehenden Strang jeweils ein Formkörperrohling
abgetrennt.
Der Strang S wird kontinuierlich transportiert. Da aber das Messer der Trenneinrichtung
nicht mitlaufend gestaltet ist, sondern in Transportrichtung ortsfest bleibt, erfolgt der
Trennschnitt und das Zurückziehen des Messers mit sehr hoher Geschwindigkeit, d. h.
nahezu schlagartig. Als Gegenfläche für den Trennschnitt dient die ortsfeste
Trennunterlage. Deren angewinkelte Oberseiten sind hierzu flächig- eben gestaltet.
144
Hinter der Trenneinrichtung befinden sich weitere Riemenförderer. Sie arbeiten mit
jeweils zunehmender Geschwindigkeit, um so die bereits getrennten
Formkörperrohlinge in Längsrichtung mehr und mehr voneinander zu trennen, indem
zunehmend größer werdende Abstände zwischen ihnen entstehen. Schließlich werden
sie mittels einen Handhabungs-Roboters von dem laufenden vierten Riemenförderer
angehoben und auf
145
einem quer zu der beschriebenen Vorrichtung angeordneten Förderer abgesetzt. Die
Formkörperrohlinge werden dann getrocknet und in einem Ofen zu fertigen Formkörpern
gebrannt.
146
c) Das sich so darstellende von der Antragsgegnerin benutzte Verfahren zur Herstellung
der streitgegenständlichen Winkelriemchen macht schon deshalb keinen Gebrauch von
der Lehre des Patentanspruches 1 des Verfahrenspatents, weil nicht entsprechend
Merkmal 2 die Grundmasse zu einem abgewinkelten Formstrang gepresst wird, dessen
Querschnitt im wesentlichen dem des fertigen abgewinkelten Formkörpers entspricht.
Die insoweit von der Antragsgegnerin zur Herstellung der streitgegenständlichen
Winkelriemchen eingesetzte Vorrichtung macht von dem Vorrichtungsanspruch 11 des
Verfahrenspatents keinen Gebrauch, weil die Strangpresse nicht entsprechend Merkmal
2 ein Mundstück aufweist, dessen die Strangform bestimmende Öffnung im
wesentlichen dem Querschnitt durch einen fertigen abgewinkelten Formkörper
entspricht.
147
Es ist oben unter Ziffer II. 2 a) dieses Beschlusses dargelegt worden, wie die
Anweisungen des Merkmals 2 der Patentansprüche 1 und 11 des Verfahrenspatents
vom durch die Verfahrenspatentschrift angesprochenen Durchschnittsfachmann
verstanden werden, nämlich dahin, dass die Grundmasse durch eine Strangpresse mit
einem geeigneten Mundstück direkt zu einem (nur einmal) abgewinkelten Formstrang
gepresst wird, der bereits im wesentlichen die Form des zu fertigenden abgewinkelten
Formkörpers aufweist (vgl. neben Merkmal 2 der Patentansprüche 1 und 11 auch die
erläuternde Beschreibung in Spalte 1, Zeile 65 bis Spalte 2, Zeile 1). Es soll der
abgewinkelte Formstrang, dessen Querschnitt im wesentlichen dem des fertigen
abgewinkelten Formstranges entsprechen soll, von vornherein durch Pressen erzeugt
werden, damit , wie es in Spalte 1, Zeilen 45 ff der Verfahrenspatentschrift u.a. heißt,
kein verlorenes Material verpresst werden muss, sondern nur das für die
Winkelriemchen tatsächlich benötigte Material.
148
Bei der streitgegenständlichen Ausführungsform (Verfahren und Vorrichtung) der
Antragsgegnerin wird aber nicht ein bloß einmal abgewinkelter Formstrang, der im
wesen-
149
sentlichen dem Querschnitt des zu fertigenden Winkelriemchens entspricht, durch
bloßes Pressen erzeugt, sondern es wird ein vierfach abgewinkelter Formstrang, der die
Gestalt eines geschlossenen Rechteckkanals aufweist., gepresst und damit ein Gebilde,
welches etwa das Dreifache des Materials eines bloß einmal abgewinkelten
Formstrangs bedarf, und dann wird dieses Gebilde durch verschiedene
Schneidvorgänge, für die ein zusätzlicher Zeit- und Vorrichtungsaufwand benötigt wird,
zu einem abgewinkelten Formstrang zugeschnitten, dessen Querschnitt erst dann im
wesentlichen dem des fertigen abgewinkelten Formkörpers entspricht.
150
Dass dies nicht mehr den Anweisungen der Patentansprüche 1 und 11 des
Verfahrenspatents entspricht, so wie sie vom durch die Verfahrenspatentschrift
angesprochenen Durchschnittsfachmann verstanden werden, macht auch das
Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen deutlich, der auf Seite 9 unten/10 oben
seines Gutachtens (vgl. Bl. 77,78 GA) ausführt, dass entgegen der patentgemäßen
Lehre der Querschnitt des Formstranges nach Verlassen des Mundstücks nicht den
Querschnitt des fertigen abgewinkelten Formkörpers habe, sondern die Gestalt eines
geschlossenen Rechteckkanals habe, also vierfach abgewinkelt sei. Erst nach
Durchführung von Schneidprozessen entspreche der Querschnitt des Stranges dann
zwar im wesentlichen dem des fertigen Formkörpers , jedoch sei die so erzielte
Stranggestaltung entgegen der erfindungsgemäßen Lehre das Ergebnis von
Schneidprozessen, und nicht das Ergebnis eines Pressens der Grundmasse.
Entsprechend hat der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit der hier
vertretenen Auffassung auch eine Verwirklichung des Merkmals 2 des
Patentanspruches 11 bei der von der Antragsgegnerin zur Herstellung der
streitgegenständlichen Winkelriemchen eingesetzten Vorrichtung verneint. So heißt es
auf Seite 12 seines Gutachtens (Bl. 80 GA), dass entgegen Merkmal 2 (des
Patentanspruches 11) die die Strangform bestimmende Öffnung des Mundstücks 2 der
Strangpresse nicht in der Weise ausgeführt sei, dass sie im Wesentlichen dem
Querschnitt durch einen fertigen abgewinkelten Formkörper entspreche, wobei er zur
Begründung auf seine zuvor gemachten Ausführungen zum von der Antragsgegnerin
benutzten Verfahren verwiesen hat.
151
d) Ist jedoch mit dem vom Landgericht beauftragten gerichtlichen Sachverständigen
davon
152
auszugehen, dass die Antragsgegnerin bei der Herstellung der streitgegenständlichen
Winkelriemchen weder die technische Lehre des Patentanspruches 1 noch die
technische Lehre des Patentanspruches 11 des Verfahrenspatents benutzt, und hat sich
da-mit ein etwaiger anfangs gerechtfertigter Verdacht der Antragstellerin auf eine
Benutzung dieser technischen Lehren des Verfahrenspatents durch die
Antragsgegnerin aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Beweiserhebung als
unbegründet erwiesen, vermag der Senat nicht zu erkennen, dass es gerechtfertigt sein
könnte, der Antragstellerin ohne Zustimmung der Antragsgegnerin durch die
vollständige Überlassung des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen
Patentanwalt Ch. vom 18. Juli 2006 Betriebsgeheimnisse der Antragsgegnerin zu
offenbaren und die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin Rechtsanwältin E. G.
und die patentanwaltliche Vertreterin der Antragstellerin Patentanwältin Dipl.-Ing. K. E.
von den ihnen durch die 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf mit Beschlüssen
vom 18. Mai 2007 und vom 6. Oktober 2006 auferlegten
Verschwiegenheitsverpflichtungen freizustellen.
153
Dem mit der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerin verfolgten Begehren war
daher mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zu entsprechen, wobei der
Beschlussausspruch zu Ziffer 2 auf die Personen beschränkt worden ist, denen die 4a.
Zivilkammer mit den Beschlüssen vom 18. Mai 2007 und vom 6. Oktober 2006 auch nur
Verschwiegenheitsverpflichtungen auferlegt hat.
154
3.
155
Gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO war die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Dies gilt zum einen in Bezug auf die Frage,
welche Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen gegeben sind, die in
den von den Patentstreitkammern des Landgerichts Düsseldorf durchgeführten
Verfahren aus einer Kombination von selbständigen Beweisverfahren (§§ 485ff ZPO)
und Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ergangen sind, insbesondere
inwieweit insoweit die Vorschrift des § 490 Abs. 2 S. 2 ZPO Anwendung findet. - Zum
anderen gilt dies aber auch im Hinblick auf die Durchsetzung des
Besichtigungsanspruches im Wege der einstweiligen Verfügung und den dabei
einzuhaltenden prozessualen Regeln und vor allem auch im Hinblick auf die Frage , ob
den berechtigten Interessen eines Besichtigungsschuldners an der Wahrung von
Betriebsgeheimnissen auch dadurch Rechnung getragen werden kann, dass den
anwaltlichen und patentanwaltlichen Vertretern des Besichtigungsgläubigers
Verschwiegenheitsverpflichtungen auferlegt werden, die auch die Verpflichtung zur
Verschwiegenheit gegenüber dem eigenen Mandanten umfassen, den diese Personen
umfassend zu beraten haben, und zwar auch gerade auch auf der Grundlage des
angestrengten selbständigen Beweisverfahrens nach §§ 485 ff ZPO.
156