Urteil des OLG Düsseldorf vom 12.03.2009

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Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 U 71/04
Datum:
12.03.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 U 71/04
Tenor:
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. Juni 2004 verkündete
Teil-Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen, auch soweit das
Landgericht über die geltend gemachten Ansprüche noch nicht
entschieden hat.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch
Sicherheitsleis-tung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise
durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,-- Euro
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Kläger verlangt von der Beklagten u.a. die Übertragung und Umschreibung des
deutschen Patentes 198 48 XXX (Vindikationspatent, Anlage B 15) betreffend eine
Vorrichtung zum Ankoppeln eines oszillierenden Antriebs, das von der A AG in D im.
3
Oktober 1998 angemeldet, im. April 2000 offen gelegt (vgl. Anl. K 10) und dessen
Erteilung zu Gunsten der Beklagten im 2002 mit folgendem Anspruch 1 veröffentlicht
worden ist:
Vorrichtung zum Ankoppeln eines oszillierenden, insbesondere hydraulischen
Antriebs über eine Hubstange an eine schwingende Baugruppe, insbesondere
einer stationären Kokille einer Bogenstranggießanlage,
dadurch
gekennzeichnet
4
dass die Hubstange (20) ein zylindrisches Zentralteil (21) hoher Steifigkeit
aufweist, an das beidendig einen geringeren Durchmesser als das Zentralteil (21)
besitzende Biegeteile (22, 23) angeschlossen sind,
5
dass die Biegeteile (22, 23) kopfendig Elemente (24, 25) aufweisen, die mit
Bauteilen (11, 31) korrespondieren, zu denen sie spielfrei gleitend verGen sind,
und dass Klemmelemente (12, 32) vorgesehen sind, mit denen die Kraft zur
Veränderung der Winkel zwischen den Biegeteilen (22, 23) und diesen Bauteilen
(11, 31) einstellbar ist.
6
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 14 wird auf die Vindikationspatentschrift
Bezug genommen. Die nachstehend wiedergegebenen Figuren 1, 3 und 4 erläutern die
Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels, wobei Figur 1 eine Hubstange mit
Kugelköpfen, Figur 3 eine Hubstange mit Zentralantrieb und Figur 4 den Kragen und
Übertopf zeigt.
7
Als Miterfinder ist in der Patentschrift neben den Zeugen Andreas A und Horst B Hans-
Joachim C angegeben; sie alle waren im Unternehmensbereich Metallurgie der A
DEMAG AG in D (nachfolgend: MD bzw. Beklagte) tätig, den die Beklagte am 28.
August 1999 übernommen hat. Auch der Kläger war dort bis zum Ende seines
Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 1998 beschäftigt; als Projektmanager in der
Auftragsabwicklung für Brammen-Stahlstranggießanlagen oblag ihm die terminliche
Abstimmung aller Abläufe von der Konstruktion über die Fertigung und Montage bis zur
Inbetriebnahme einer solchen Anlage einschließlich der Probeläufe. Seit 1996 betreute
er drei Aufträge für den japanischen Kunden D.; diese Aufträge betrafen den Umbau
zweier Brammen-Stahlstranggießanlagen und den Neubau einer derartigen Anlage in B
für den dortigen Endkunden U Siderurgicas de Minas Gerais S.A. (nachfolgend: U).
Nach der Inbetriebnahme der Anlagen im Dezember 1997 traten ab Februar 1998 an
den Kolbenstangen der Hydraulikzylinder, die bei der Oszillation vertikale Antriebskräfte
auf die Kokille übertragen sollen, wiederholt Brüche auf. Der damalige leitende
Geschäftsführer und Hauptabteilungsleiter bei MD, der Zeuge Dr. Friedrich E,
beauftragte die Konstruktionsabteilung 6xxx, deren Leiter der Zeuge Horst B war, mit der
Behebung dieser Mängel; auch der Kläger, der vom Kunden auf diese Probleme
hingewiesen worden war, erarbeitete Abhilfemaßnahmen. Als Vorschlag übermittelte er
dem Zeugen Dr. E am 30. März 1998 das am Vortag erstellte und nachfolgend
wiedergegebene Telefax (Anlage K 2).
8
Die Abteilung 6xxx bemühte sich nach dem Vorbringen des Klägers bis Mitte April 1998,
Abhilfe durch eine Querschnittsreduzierung der Hubstange in deren Endbereichen zu
schaffen, um sie dort biegeelastischer zu machen; nach seinem weiteren Vorbringen lag
dem Zeugen Bauch eine Ablichtung seines an den Zeugen Dr. E übermittelten
Vorschlages vom 29. März 1998 vor. Ende Mai 1998 wurden die Arbeiten an der
9
Konstruktionsausführung und der Erstellung der zugehörigen Zeichnungen auf die
Abteilung 6yyy übertragen, der der Kläger angehörte. Diese fertigte am 29. Mai und am
3. Juni 1998 Konstruktionszeichnungen an, deren erste Seite nachstehend
wiedergegeben ist (Anlage K 3):
Die in diesen Zeichnungen dargestellte Abhilfemaßnahme mit zwei Gelenken wurde bei
U eingesetzt.
10
Unter dem 15. Mai 1998 richtete der Kläger an den Vorstandsvorsitzenden von MD, F,
folgendes Schreiben (Anlage K 5, Bl. 3):
11
Bei der für die Entgegennahme von Diensterfindungsmeldungen zuständigen
Patentabteilung des A-Konzerns ging ein Exemplar des Telefaxschreibens vom 29.
März 1998 jedoch nicht ein.
12
Unter dem 27. Mai 1998 meldeten die Zeugen G A eine Diensterfindung mit der
Bezeichnung "Hubstange mit Querkraftbegrenzung", die am 29. Mai 1998 bei der
Patentabteilung einging (Anlage B6), von dieser unter dem 3. Juni 1998 für MD
unbeschränkt in Anspruch genommen und dort die Ordnungsnummer 726aa und die
Bezeichnung "Vorrichtung zum Ankoppeln eines hydraulischen Antriebes" erhielt. Die
Meldung wurde unter dem 23. September 1998 als eine solche aller drei angegebenen
Miterfinder wiederholt (vgl. Anlage B8).
13
Als der Kläger am 18. August 1998 den Zeugen Dr. H als zuständigen Sachbearbeiter
der Patentabteilung aufsuchte, erfuhr er von dieser Erfindungsmeldung und richtete
noch am selben Tage folgendes Schreiben an den Zeugen B(Anlage K 6):
14
Mit Schreiben vom 7. September 1998 (Anl. B 13) übersandte die Patentabteilung dem
Zeugen B die überarbeitete Fassung der geplanten Patentanmeldung mit der Bitte, den
Entwurf kritisch durchzusehen und die Unterlagen gegebenenfalls an den Kläger
weiterzureichen. Anders als der vorausgegangene Grobentwurf vom 6. Juli 1998 (Anl.
B10) enthielt dieser Entwurf Vorschläge betreffend die Schmierung der
Gelenkverbindung (vgl Anl. B13, Brückenabsatz S. 3/ 4 , S. 4 Abs. 3 und
Unteransprüche 15-17); nach dem Vorbringen der Beklagten stammen die vom Kläger.
Der Zeuge B reichte die Unterlagen unter dem 21. September 1998 korrigiert zurück,
wobei letztgenannten zusätzlichen Vorschläge gestrichen worden waren (vgl. Anl. B 14,
S. 3, 4 und 8); im Hauptanspruch 1 wurde die Beschreibung der Gelenkverbindung von
"gleitend" in "spielfrei gleitend" geändert.
15
Unter dem 25. September 1998 schrieb der Kläger dem Zeugen B(Anlage K 7):
16
Unter dem 2. Oktober 1998 (Anl. BB4) leitete der Kläger der Patentabteilung unter
Bezugnahme auf sein Telefax vom 29. März 1998 zur Patentakte 726aa folgendes
Schreiben zu:
17
Diese fertigte daraus unter dem 5. Oktober 1998 einen Grobentwurf mit 9
Patentansprüchen, nahm diese Erfindung mit Schreiben vom selben Tage für MD
unbeschränkt in Anspruch (Anlage K11) und führte sie unter der internen Ordnungsziffer
728ww mit der Bezeichnung "Oszillationseinrichtung für eine stationäre
Stranggießkokille". Der Kläger antwortete darauf unter dem 8. Oktober (Anlage K12)
u.a., eine derartige Erfindung habe er nicht gemeldet. Die Patentabteilung antwortete
18
ihm mit Schreiben vom 12. Oktober 1998 (Anl. K25) u.a.:
Auf Anforderung mit Schreiben vom 8. Oktober 1998 an die Patentabteilung (Anlage K
8) erhielt der Kläger vom Zeugen Dr. E unter dem 14. Oktober 1998 den ausgearbeiteten
Entwurf der die Erfindung betreffenden Patentanmeldung.
19
Der Kläger rief die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes an; diese
stellte das Verfahren durch Beschluss vom 8. März 2001 mangels Zuständigkeit ein,
führte jedoch in einer Nachbemerkung zu den Gründen ihres Beschlusses vom 2. Mai
2001 (Anlage K13, S. 4f.) aus, die im (von der Schiedsstelle als Erfindungsmeldung
betrachteten) Telefax des Klägers vom 29. März 1998 dargestellte Erfindung sei
mangels fristgerechter Inanspruchnahme frei geworden und Anhaltspunkte dafür, dass
sie etwa durch schlüssige Handlungen MD zugeordnet worden sein könnte, seien
höchst zweifelhaft, jedoch befinde sich MD nun in einem ihr nicht zustehenden Besitz
des gemäß der Erfindungsmeldung prioritätsälteren Erfindungsgedankens des Klägers,
weil der Inhalt der Vindikationspatentanmeldung und die gemeldete Erfindung des
Klägers - insbesondere der Alternativvorschlag mit zwei Gelenken – große Ähnlichkeit
aufwiesen.
20
Der Kläger, der zunächst das unzuständige Arbeitsgericht angerufen hatte, ist der
Meinung, die Erfindung sei mangels Inanspruchnahme frei geworden. Er hat vor dem
Landgericht die Übertragung des Vindikationspatentes nebst Einwilligung in die
Umschreibung in Patentregister und Rechnungslegung sowie die Feststellung der
Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz und/oder zur
Bereicherungsherausgabe begehrt. Er hat in erster Instanz vorgetragen, er habe sie MD
ordnungsgemäß gemeldet, indem er dem Zeugen Dr. E am 30. März 1998 das
Faxschreiben gemäß Anlage K 2 zugeleitet habe, dessen Vorschlag im Gegensatz zu
Anspruch 1 des Vindikationspatentes lediglich noch
keine Klemmelemente
vorgesehen habe, mit denen die Kraft zur Veränderung der Winkel zwischen den
Biegestellen und den Lagern einstellbar sei. Der Begriff "spielfrei gleitend" in
Patentanspruch 1 bezeichne dasselbe, was in dem Telefax als zweiter Gelenkpunkt mit
"reduziertem Spiel" beschrieben sei. Die Verwendung eines solchen Klemmelementes
sei für den einschlägigen Fachmann selbstverständlich. Die verantwortliche
Konstruktionsabteilung sei zur Beseitigung der Fehler nicht in der Lage gewesen. Der
von ihr vorgeschlagene Einsatz an ihren Enden querschnittsreduzierter Hubstangen
habe am 17. und 20. April 1998 abermals zu Brüchen geführt. Daraufhin habe die
Konstruktionsabteilung begonnen, seinen – des Klägers – Vorschlag aufzugreifen und
umzusetzen. Anfang April 1998 habe der Zeuge A mit der Erstellung der Berechnungen
und Konstruktionszeichnungen gemäß seinen – des Klägers – Vorgaben begonnen und
dem Kläger die Zeichnungen gemäß Anlage K18/B5 übergeben, die jedoch nicht
seinen Vorgaben entsprochen hätten. Daraufhin sei die Fortführung der Angelegenheit
in die Abteilung 6yyy verlagert worden, wo der Mitarbeiter L unter seiner - des Klägers –
aktiven Beteiligung die Sache weiter bearbeitet habe. Später habe MD ihn – den Kläger
– jedoch nicht weiter in die Arbeiten einbezogen; er sei aufgrund seiner Meldung an den
Zeugen Dr. E davon ausgegangen, er werde als Alleinerfinder behandelt. Er sei
erstmals auf die Idee gekommen, die bisher starre Verbindung der Hubstange mit dem
Hydraulikzylinder durch einen unteren Gelenkpunkt zu ersetzen. Das sei der Kern der
Erfindung; im Hinblick hierauf sei er jedenfalls Miterfinder, selbst wenn alle anderen
Beiträge von den in der Patentschrift angegebenen Personen stammten.
21
Die Erfindung sei frei geworden, weil MD sie nicht rechtzeitig in Anspruch genommen
22
habe. Die fehlende Inanspruchnahme folge schon aus der Kundgabe der
unzutreffenden Ansicht, der Kläger sei nicht Erfinder. Die Inanspruchnahmeerklärung
vom 5. Oktober 1998 (Anlage K11) beziehe sich auf eine nicht existierende Erfindung;
die hier interessierende Erfindung sei in der bisherigen Korrespondenz stets als
"Patentsache 726aa, Vorrichtung zum Ankoppeln eines oszillierenden Antriebs"
bezeichnet worden. Seine wirkliche Erfindung habe MD mangels Erklärungswillens
nicht in Anspruch nehmen wollen. Darüber hinaus sei die Erklärung vom 5. Oktober
1998 von der A AG im eigenen Namen und nicht für MD abgegeben worden. Soweit er
bislang von einer durch die Anmeldung erfolgten konkludenten Inanspruchnahme
ausgegangen sei, sei dies irrtümlich geschehen.
Die Beklagte schulde ihm ferner Schadenersatz dafür, dass sein Recht auf das Patent
verletzt worden sei, indem die A AG die ihr mangels Inanspruchnahme nicht zustehende
Erfindung angemeldet habe. Dadurch habe A auch seine berechtigten
Geheimhaltungsinteressen verletzt, weil sie ihm die Möglichkeit einer eigenen
prioritätsbegründenden Schutzrechtsanmeldung und die hierdurch begründete
Möglichkeit einer ausschließlichen Nutzung und Verwertung genommen habe; nunmehr
stehe die von ihr getätigte Anmeldung neuheitsschädlich entgegen. Da A die
Anmeldung getätigt habe, obwohl ihr bewusst gewesen sei, dass ihm – dem Kläger –
und nicht ihr die Rechte an der Erfindung zustünden, habe sie ihn auch vorsätzlich und
sittenwidrig geschädigt, zumal sie noch versucht habe, ihm die nicht existierende und
nach eigenem Bekunden nicht patentfähige Erfindung 728ww unterzuschieben, um ihrer
Vergütungspflicht zu entgehen und ihn über die hinsichtlich seiner Erfindung 726aa
stattfindenden Vorgänge zu täuschen. Sein Schaden bestehe weiterhin darin, dass er
nach einer eigenen Anmeldung Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche gegen
die Beklagte gehabt hätte und überdies das Patent durch Veräußerung oder
Lizenzierung hätte verwerten können. Darüber hinaus hätten MD und die Beklagte
durch den rechtswidrigen Eingriff objektive Gebrauchsvorteile erlangt, die dem Kläger
zustünden und für die ein objektiver Wertersatz nach Bereicherungsrecht
herauszugeben sei.
23
Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und vor dem Landgericht ausgeführt, der
Kläger sei nicht Erfinder der im Vindikationspatent unter Schutz gestellten technischen
Lehre. Er habe in Anl. K 2 die Idee geäußert, die Antriebsstange umzugestalten, zwar
entweder durch Verlagerung des Gelenkpunktes von oben nach unten zum
schwächsten Maschinenelement Zylinder/Kolbenstange oder durch Einbau eines
zweiten Gelenkes im unteren Hubstangenbereich mit zwar reduziertem, aber dennoch
echtem Lagerspiel mit Zwischenraum, wie sich auch daraus ergebe, dass er
Schmierung und Schmiermittel sowie eine Nachschmiervorrichtung empfohlen habe.
Wesentliches Merkmal der Vindikationserfindung sei, mit einfachen konstruktiven Mitteln
eine spielfreie Ankoppelung von Hydraulikzylindern zu schaffen, bei denen in
Ausnahmesituationen ein zum Normalbetrieb besonders großer Achsversatz zu
erwarten sei. Diese Erfindung hätten die in der Vindikationspatentschrift angegebenen
Miterfinder getätigt, nachdem der Zeuge Dr. E die Entwicklungsabteilung M (Abteilung
6xxx) über deren Leiter damit beauftragt habe, die Ursache für die genannten Mängel zu
untersuchen und Abhilfe zu schaffen. Der Zeuge B habe herausgefunden, dass der
Achsversatz die entscheidende Ursache der Materialbrüche war. Zusammen mit dem
Zeugen A habe er zur Lösung dieses Problems die Hubstange so auszubilden
vorgeschlagen, dass sie einerseits den Achsversatz aufnehmen solle, andererseits aber
eine spielfreie Verbindung gewährleiste. Im Hinblick auf seine lange
Betriebszugehörigkeit und Erfahrung bei schwierigen Konstruktionsaufgaben sei auch
24
Hans-Joachim C hinzugezogen worden, der die Stellung eines Konstrukteurs für
besondere Aufgaben bekleidet habe. Nachdem sich bei den Miterfindern die
Überzeugung gebildet habe, eine Lagerung der Hubstange mit spezialbeschichteten
Gelenkköpfen und das vom Kläger vorgeschlagene reduzierte Spiel könne die
Problematik nicht beheben, habe sich Ende April 1998 als Lösung eine spielfreie
Lagerung herauskristallisiert, wie sie in der Zeichnung des Zeugen A (Anlage B 5)
dargestellt sei, wobei die Spielfreiheit durch die als Klemmelemente eingesetzten
Tellerfedern verwirklicht worden sei, die mit dem Kugelkopf verspannt würden. Diese
Entwurfszeichnung sei die Vorlage für die vom Kläger als Anlage K 3 vorgelegte
Konstruktionszeichnung der Abteilung 6yyy gewesen, die der Kläger als
Auftragsabwickler gegengezeichnet habe.
Darüber hinaus fehle es an einer ordnungsgemäßen Erfindungsmeldung. Der Zeuge Dr.
E sei zur Entgegennahme der Meldung nicht zuständig gewesen. Der Kläger habe nach
nahezu 40 Jahren Betriebszugehörigkeit gewusst, dass Erfindungsmeldungen
ausschließlich bei der Konzernpatentabteilung fristbegründend hätten eingereicht
werden können. Sein Schreiben vom 29. März 1998 sei auch äußerlich keine
Erfindungsmeldung. Auch die Weitergabe des Schreibens durch den Zeugen Dr. E an
den Zeugen B begründe keine Erfindungsmeldung, da auch der Zeuge B der
Patentabteilung nicht angehört habe. Die Patentabteilung habe von der angeblichen
Erfindung des Klägers erst anlässlich seines Besuches vom 18. August 1998 bei dem
Zeugen Dr. H erfahren. Von diesem Zeitpunkt aus gerechnet sei die dem Kläger am 7.
Oktober 1998 zugegangene Inanspruchnahmeerklärung vom 5. Oktober 1998 noch
fristgerecht gewesen. Vor dem Arbeitsgericht habe der Kläger dagegen Ansprüche auf
Erfindervergütung geltend gemacht und vorgetragen, MD habe die Erfindung durch
sofortige Umsetzung und Erstellung der Fertigungszeichnungen für die betriebliche
Nutzung unbeschränkt in Anspruch genommen. Selbst nachdem die Schiedsstelle
dargelegt habe, ein Rechtsübergang auf MD sei höchst zweifelhaft, habe der Kläger
seinen Standpunkt bekräftigt. Diese Erklärung sei einem prozessualen Geständnis
gleichzusetzen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat die
Beklagte erklärt, sie nehme die dem Vindikationspatent zugrunde liegende Erfindung
vorsorglich in Anspruch.
25
Durch Teilurteil vom 15. Juni 2004 hat das Landgericht die Beklagte zur
Rechnungslegung verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadenersatz dem Grunde
nach festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei dem Kläger aus
§§ 242, 259 BGB zur Rechnungslegung verpflichtet. Dieser sei an der im
Vindikationspatent unter Schutz gestellten Erfindung jedenfalls beteiligt gewesen und
eine wirksame Inanspruchnahme durch MD oder die Beklagte sei nicht erfolgt.
Dasjenige, was der Kläger als reduziertes Spiel bezeichnet habe, sei das selbe wie die
in der Vindikationspatentschrift beschriebene "spielfrei gleitende" Verbindung. Wegen
seines Vorschlages, eine zweiten Gelenkpunkt zu verwenden, sei er jedenfalls an der
Erfindung beteiligt gewesen. Die Erfindung sei mangels rechtzeitiger Inanspruchnahme
frei geworden. Zwar habe der Kläger mit der Übersendung seines Schreibens gemäß
Anlage K 2 an den Zeugen Dr. E die in § 5 ArbEG für die Erfindungsmeldung
vorgeschriebene Form nicht eingehalten, weil es nicht den Zweck erfülle, dem
Arbeitgeber vor Augen zu führen, dass der Meldende eine Erfindung und nicht nur einen
Verbesserungsvorschlag zur Kenntnis bringen wolle. Die Erfindungsmeldungen der in
der Patentschrift angegebenen Miterfinder wirkten nicht zu Gunsten des Klägers, weil
jeder Miterfinder selbst für die Erfüllung der ihm obliegenden Meldepflicht verantwortlich
sei. Jedoch habe der Kläger nach der Absendung des Verbesserungsvorschlages vom
26
29. März 1998 deutlich gemacht, er wolle diesen Vorschlag als Meldung einer Erfindung
angesehen wissen, so dass es treuwidrig sei, sich auf die unzutreffende Bezeichnung
des Schreibens als "Verbesserungsvorschlag" zu berufen. Zwar sei der Zeuge Dr. E als
Abteilungsleiter und Sprecher der Geschäftsführung grundsätzlich nicht zur
Entgegennahme der Erfindungsmeldung berechtigt gewesen; der Kläger habe jedoch
von einer Berechtigung des Zeugen Dr. E ausgehen dürfen. In der mündlichen
Verhandlung habe er unwidersprochen vorgetragen, er habe bereits in der
Vergangenheit bei dem Zeugen eine Erfindungsmeldung eingereicht und erst im
Rahmen der Ausarbeitung der Patentanmeldung mit der Patentabteilung zusammen
gearbeitet.
Der Lauf für die Frist einer Inanspruchnahme habe unter diesen Umständen jedenfalls
Ende Mai 1998 begonnen, ohne dass eine Inanspruchnahmeerklärung erfolgt sei. Das
Schreiben der Patentabteilung vom 5. Oktober 1998 (Anlage K 11) habe nicht die hier
streitgegenständliche Erfindung betroffen, und auch die Anmeldung eines Patentes auf
den Arbeitgeber nebst – hier nicht erfolgter – Benennung des Arbeitnehmers als Erfinder
lasse sich keine wirksame Inanspruchnahmeerklärung herleiten; die Parteien hätten
auch keinen Sachverhalt behauptet, dem eine Inanspruchnahmeerklärung unter
Verzicht auf das Schriftformerfordernis oder ein zumindest konkludenter
rechtsgeschäftlicher Übergang der Erfindung auf die Beklagte entnommen werden
könne.
27
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
28
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr
Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihren
erstinstanzlichen Sachvortrag und führt ergänzend aus: Das Landgericht hätte die Frage
der Allein- oder Miterfinderschaft des Klägers nicht offen lassen dürfen, weil vom Maß
seiner Beteiligung auch abhänge, ob ihm dem Grunde nach ein
Schadenersatzanspruch zustehe. Sei er nur Miterfinder und gemeinsam mit der
Beklagten Mitinhaber des Vindikationspatentes, habe sie zulässigerweise von ihrem
eigenen Recht zur Eigennutzung Gebrauch gemacht. Außerdem habe das Landgericht
aufgrund einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung das vom Kläger
vorgeschlagene reduzierte Spiel – mit weniger Lagerluft – der im Vindikationspatent
vorgeschlagenen spielfrei gleitenden Verbindung gleichgesetzt. Das gehe schon
deshalb nicht an, weil der Kläger auch zu dem späteren Entwurf der Patentanmeldung
vom 7. September 1998 (Anlage B13) nur Beiträge beigesteuert habe, die auf die
Einrichtung eines Gelenkpunktes mit Lagerspiel gerichtet gewesen seien und vom Kern
der anzumeldenden Erfindung weggeführt hätten. Der Kläger sei davon ausgegangen,
aufgrund der Oszillation finde in den Gelenkteilen eine permanente Bewegung statt. Er
habe letztlich nur eine handelsübliche Gelenkstange vorgeschlagen, wie sie auch bei
MD bereits seit 1993 bekannt gewesen und verworfen worden sei, weil das Spiel in den
Gelenkpunkten zu stoßartigen Beanspruchungen und zu einem drastisch erhöhten
Verschleiß führe, zumal bei Oszillationsfrequenzen der Resonanzkokille zwischen 1
und 8 Hertz bei einer Betriebsdauer rund um die Uhr bis zu 350.000
Kraftrichtungswechsel aufträten. Der Kern der patentierten Erfindung bestehe
demgegenüber darin, dass die Hubstange grundsätzlich – wie im Stand der Technik –
spielfrei angekoppelt werde und in ihrer bei der Montage vorgenommenen Einstellung
ortsfest bleibe, so dass grundsätzlich die querschnittsverringerten Biegebereiche der
Hubstange die auftretenden Querkräfte aufnähmen und nur für den Ausnahmefall, dass
ein unzulässiger Achsversatz zwischen Kokille und Hubzylinder auftrete und
29
übermäßige Querkräfte auf den Antriebszylinder mit der Gefahr eines
Kolbenstangenbruches übertragen werden könnten, eine spielfreie Relativbewegung
der Hubstange über die Anlenkpunkte zur Kokille bzw. zur Kolbenstange des
Hubzylinders möglich sei.
Im Übrigen habe das Landgericht verkannt, dass das ArbEG für die Erfindungsmeldung
ein gesondertes Schriftstück verlange, die Erfindung also nicht im Zusammenhang mit
anderen Vorgängen mitgeteilt werden dürfe. Das Schreiben vom 15. Mai 1998 enthalte
dagegen auch Bezugnahmen auf andere Vorgänge und erst am Ende des Schreibens
einen Hinweis auf eine Absicht des Klägers, den in seinem Schreiben Anlage K2
enthaltenen Vorschlag einer Gelenkstange auch an die Patentabteilung zu geben. Auch
habe der Kläger nicht davon ausgehen können, der Zeuge Dr. E sei zur
Entgegennahme einer Erfindungsmeldung berechtigt; insoweit habe das Landgericht
unzutreffend festgestellt, sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, bereits in der
Vergangenheit bei dem Zeugen eine Patentanmeldung eingereicht zu haben, sei
unwidersprochen geblieben. Der Berufung des Klägers auf einen Ablauf der
Inanspruchnahmefrist stehe auch entgegen, dass er in seinem Schreiben den Eindruck
erweckt habe, er werde den Vorschlag an die Patentabteilung weiterleiten, so dass die
Adressaten des Schreibens keine Veranlassung gehabt hätten, sich Gedanken darüber
zu machen, ob mit dem Schreiben gemäß Anl. K2 eine Ausschlussfrist zur
unbeschränkten Inanspruchnahme einer möglicherweise darin verkörperten Erfindung
zu laufen beginne.
30
Jedenfalls beginne der Lauf der Inanspruchnahmefrist erst am 18. August 1998, als der
Zeuge Dr. H zum ersten Mal von der vom Kläger beanspruchten Erfindung erfahren
habe. Nachdem der Kläger dem Zeugen Bin seinem Schreiben vom 25. September
1998 vorgeworfen habe, dieser versuche, seine – des Klägers – Erfindung weiter
auszuwerten und anzumelden, habe der Zeuge Dr. H nach Erhalt einer Kopie dieses
Schreibens die vermeintliche Erfindung des Klägers mit Schreiben vom 5. Oktober 1998
als Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch genommen. Der im Betreff dieses
Schreibens angegebene Titel sei sachlich zutreffend gewesen, so dass sich die
Inanspruchnahmeerklärung auch auf die hier in Rede stehende Erfindung beziehe.
31
Im übrigen könne der Kläger für den Fall seiner Alleinerfinderschaft Ansprüche auf
Rechnungslegung und Entschädigung erst vom Tag der Offenlegung der
Patentanmeldung an verlangen und Schadenersatzansprüche stünden ihm erst ab der
Bekanntmachung der Patenterteilung zu. Auch seien die geltend gemachten Ansprüche
verjährt.
32
Die Beklagte beantragt,
33
das angefochtene Teilurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
34
Der Kläger beantragt,
35
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die
Entscheidungsformel des angefochtenen Teilurteils den nachstehend
wiedergegebenen auf Hinweis des Senats neu gefassten Klageanträgen
(Änderungen durch Fettdruck hervorgehoben) entsprechen soll, soweit sie beim
Berufungsgericht angefallen sind, wobei in die Antragsfassung jedoch auch die
noch nicht in die Berufungsinstanz gelangten Teile des Klagebegehrens (kursiv
36
gedruckt) einbezogen sind:
I.
37
Die Beklagte wird verurteilt,
38
1.
39
das deutsche Patent 198 48 XXX an den Kläger abzutreten und durch Erklärung
gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Umschreibung dieses
Patentes auf ihn einzuwilligen,
40
den Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte
Vorrichtungen der mit dem in Anspruch 1 des vorbezeichneten Patentes
angegebene – und im Klageantrag im Einzelnen aufgeführten – Merkmalen
dargestellt
durch Lizenzvergabe verwertet hat
unter Angabe
41
f) der Herstellungsmengen,
42
g) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
–preisen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,
43
h) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
44
i. der Namen und Anschriften der Lizenznehmer,
45
46
j) der einzelnen Lizenzeinnahmen und/oder der sonstigen entgeltlichen
Vorteile aus einer Lizenzvergabe,
47
k) sämtliche Angaben, aufgeschlüsselt nach Kalender- oder Geschäftsjahren,
48
II.
49
festzustellen,
50
dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm
durch die vorstehend zu I. 2. bezeichneten, seit dem 29.März 1998 begangenen,
Handlungen entstanden und künftig entsteht und/oder all dasjenige nach den
Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung an den Kläger herauszugeben, was
die Beklagte aufgrund der vorstehend zu I.2 bezeichneten Benutzungshandlungen
seit dem 27. April 2000 ohne Rechtsgrund erlangt hat,
und/oder allen Schaden zu
ersetzen, der dem Kläger dadurch entstanden ist und künftig noch entsteht,
51
dass die Beklagte die dem deutschen Patent 198 48 XXX zugrunde liegende
Erfindung auf ihren Namen und ohne den Kläger als Erfinder zu benennen,
angemeldet und ihm hierdurch die Möglichkeit genommen hat,
prioritätswahrend eigene Auslandsanmeldungen vorzunehmen;
III.
52
hilfsweise:
53
1.
54
zu II. für den Fall, dass die Erfindung wirksam in Anspruch genommen wurde,
jedoch nur insoweit, als nicht Schadenersatzansprüche wegen der dem Kläger
abgeschnittenen Möglichkeit, prioritätswahrend Auslandsanmeldungen
vorzunehmen, betroffen sind, und nach erfolgter Rechnungslegung laut Antrag II.,
an den Kläger eine vom Gericht auf Antrag des Klägers zu bestimmende
angemessene Arbeitnehmererfindervergütung für die Benutzungshandlungen
vorstehend I.2. zu zahlen, jeweils zzgl. 3,5 % Zinsen über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 1. Februar eines jeden Jahres auf den für die
Benutzungshandlungen im Vorjahreszeitraum angefallenen Betrag;
55
IV.
56
hilfsweise zu I.1.
57
für den Fall, dass die streitige Erfindung wirksam in Anspruch genommen worden
sein sollte, dem Deutschen Patent- und Markenamt gegenüber die Zustimmung
dazu zu erklären, dass der Kläger als Erfinder des Patents DE 198 48 XXX
benannt wird.
58
V.
59
hilfsweise zu I.1.
60
1. a)
61
für den Fall, dass die erkennende Kammer davon ausgeht, dass an der in dem
Patent DE 198 48 XXX beanspruchten Erfindung weitere Erfinder beteiligt waren
und die Erfindung gegenüber dem Kläger nicht wirksam in Anspruch
genommen
an dem deutschen Patent DE 198 48 XXX an den Kläger abzutreten und durch
Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die
Teilumschreibung des deutschen Patents DE 198 48 XXX auf den Kläger
einzuwilligen;
62
1. b)
63
hilfsweise zu II. und III.1.,
64
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, nach erfolgter
65
Rechnungslegung laut Antrag zu I.2, jedoch nur insoweit, als nicht
Schadenersatzansprüche wegen der dem Kläger abgeschnittenen
Möglichkeit, prioritätswahrend Auslandsanmeldungen vorzunehmen,
betroffen sind,
an den Kläger eine vom Gericht auf Antrag des Klägers zu bestimmende
angemessene Arbeitnehmererfindervergütung für die
Benutzungshandlungen vorstehend I.2. zu zahlen, jeweils zzgl. 3,5 % Zinsen
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Februar eines jeden Jahres auf
den für die Benutzungshandlungen im Vorjahreszeitraum angefallenen
Betrag;
66
VI.
67
höchst hilfsweise zu III.1 bzw.V.1.b)
68
für den Fall, dass der Kläger nur Miterfinder einer gegenüber ihm nicht in
Anspruch genommenen Erfindung ist und soweit Schadenersatz- oder
Besitzansprüche nicht greifen, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet
ist, nach erfolgter Rechnungslegung laut Antrag zu I.2 und Entscheidung
nach Antrag zu V.1.a) an den Kläger einen seinem Anteil entsprechenden
Bruchteilsinhaberausgleich zu zahlen, dessen Höhe vom Gericht nach
Billigkeit festgesetzt wird.
69
Er verteidigt das angefochtene Teilurteil und tritt den Ausführungen der Beklagten unter
Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrages entgegen.
70
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
71
Der Senat hat Beweis erhoben und Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses wird
auf die in der Niederschrift über die Sitzung des vorbereitenden Einzelrichters vom
6. März 2008 (Bl. 825 – 863 d.A.; nachfolgend: Beweisprotokoll) dokumentierten
Aussagen der Zeugen Andreas A, Dr. Otto Alexander N, Dr. Friedrich Peter E, Dr. Fred
H und Horst B Bezug genommen.
72
II.
73
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Sämtliche vom Kläger in
Bezug auf die im Vindikationspatent unter Schutz gestellte Erfindung erhobenen
Ansprüche scheitern daran, dass sich nicht feststellen lässt, dass der Kläger zu dieser
Erfindung einen über das rein Handwerkliche hinausgehenden Beitrag geleistet hat.
Hierdurch erweist sich die Klage im Berufungsverfahren als insgesamt und auch
hinsichtlich der noch vor dem Landgericht schwebenden Teile des Klagebegehrens als
unbegründet. Stellt sich die Klage im Berufungsverfahren gegen ein Teilurteil als
insgesamt unbegründet heraus, kann das Berufungsgericht auch den im Teilurteil noch
nicht beschiedenen und daher auch noch beim Landgericht anhängigen Teil des
Klagebegehrens entscheiden und die Klage insgesamt abweisen (BGH NJW 1985,
2405, 2407; NJW 1959, 1827, 1828; OLG Köln, NJW-RR 1996, 969; OLG Schleswig,
NJW-RR 1997, 1094; Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 254 Rdnr. 14;
74
Zöller/Vollkommer, a.a.O., § XXX Rdnr. 13). Von dieser Befugnis hat der Senat hier
Gebrauch gemacht.
Nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme ist das
Landgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger zumindest Miterfinder der
im Vindikationspatent niedergelegten technischen Lehre ist. Sein in dem Telefax vom
29. März 1998 (Anlage K2) enthaltener Vorschlag, die Antriebsstange durch
Kugelgelenke mit reduziertem Spiel zu verbinden, hat in die in dem Patent
beschriebene Lehre keinen Eingang gefunden; dass die dort unter Schutz gestellte
Lehre einer spielfrei gleitenden Lagerung ganz oder teilweise von ihm stammt, lässt sich
nicht feststellen.
75
1. Das Vindikationspatent betrifft eine Vorrichtung zum Ankoppeln eines oszillierenden,
insbesondere hydraulischen Antriebes über eine Hubstange an eine schwingende
Baugruppe, insbesondere an die stationäre Kokille einer Bogenstranggießanlage. Wie
die Patentschrift einleitend ausführt (Abs. [0004]), ist aus der deutschen Patentschrift 43
41 719 (Anlage K14) eine Einrichtung zum Stranggießen von Stahl bekannt, bei der als
Oszillationsantrieb für die Stranggießkokille Hydraulikzylinder (3; Bezugszeichen
entsprechen den nachstehend wiedergegebenen Figuren 1 bis 3 der älteren
Druckschrift) eingesetzt, die auf Konsolen (2) des Tragrahmens (1) fest angeordnet sind
(vgl. dortige Figur 2). Das obere, an Befestigungsblöcken (12) angreifende Ende der
Kolbenstange ist als Federelement (5, vgl. Figur 1) ausgebildet; hierdurch werden bei
den hier interessierenden Kokillen mit gekrümmter Längsachse und dem entsprechend
einer Kokillenoszillationsbewegung auf einem Bogen und einer tangentialen Bewegung
der Kolbenstange Auslenkungen des Angriffspunktes der Kolbenstange durch die
bogenförmige Kokillenbewegung von den Federelementen aufgenommen, um die
Funktionstüchtigkeit der Hydraulikzylinder nicht zu beeinträchtigen.
76
Daran wird in der Vindikationspatentschrift beanstandet, (Abs. [0005]), die
Federelemente könnten nur einen geringen Versatz ausgleichen, während in
Ausnahmesituationen, zu denen die Patentbeschreibung (Abs. [0010]) Format- und/oder
Qualitätsänderungen sowie Stillstände bzw. das Wiederanfahren der Anlage und die
dadurch bedingte thermische Änderung mit der damit verGenen Bewegungsänderung
der Ankopplungspunkte rechnet, jedoch relativ große Achsversätze aufträten, durch die
entweder die Verbindungselemente oder der Antrieb übermäßig beansprucht würden.
77
Als Aufgabe (technisches Problem) der Erfindung ist in der Patentschrift angegeben
(Abs. [0006]), mit einfachen konstruktiven Mitteln eine spielfreie Ankopplung von
Hydraulikzylindern an beliebige Systeme zu schaffen, bei denen in
Ausnahmesituationen ein gegenüber dem Normalbetrieb besonders großer Achsversatz
zu erwarten ist. Als Lösung schlägt Anspruch 1 des Vindikationspatentes eine
Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
78
1. Die Vorrichtung dienst zum Ankoppeln eines oszillierenden, insbesondere
hydraulischen Antriebs über eine Hubstange an eine schwingende Baugruppe,
insbesondere an eine stationäre Kokille einer Bogenstranggießanlage;
2. die Hubstange (20) weist ein zylindrisches Zentralteil (21) hoher Steifigkeit auf;
3. an das Zentralteil sind beidendig Biegeteile (22, 23) angeschlossen, die einen
79
geringeren Durchmesser als das Zentralteil haben;
4. die Biegeteile weisen kopfendig Elemente (24, 25) auf, die mit Bauteilen (11, 31)
korrespondieren, mit denen sie verGen sind;
5. die Verbindung ist spielfrei gleitend;
6. es sind Klemmelemente (12, 32) vorgesehen, mit denen die Kraft zur Veränderung
der Winkel zwischen den Biegeteilen und diesen Bauteilen einstellbar ist.
80
Was das Vindikationspatent unter einer
spielfrei gleitenden
Merkmals 5 der vorstehenden Merkmalsgliederung versteht, ergibt sich nicht zuletzt aus
den Vorteilsangaben im allgemeinen Teil seiner Beschreibung (Abs. [0013]), wo
hervorgehoben wird, was mit dieser Verbindung erfindungsgemäß erreicht werden soll.
Während des normalen Betriebes sollen die kopfendigen Elemente der Biegeteile – in
dem in Figur 1 der Vindikationspatentschrift gezeigten Ausführungsbeispiel als
Kugelköpfe ausgebildet – in den Bauteilen ortsfest und relativ unbeweglich festgehalten
werden; die – vergleichsweise geringen – horizontalen Veränderungen sollen die
Biegeteile der Hubstange auffangen. Nur in den genannten Ausnahmesituationen soll
die spielfrei gleitende Verbindung in Funktion treten und die dann erheblich größeren
horizontalen Änderungen auffangen. Um dies zu ermöglichen, muss die Verbindung
spielfrei sein, die Kugelköpfe im erwähnten Ausführungsbeispiel also
ohne
Zwischenraum
Lagerspiel ist insbesondere deshalb unerwünscht, weil durch die hohe
Oszillationsfrequenz von sieben bis acht Hubbewegungen pro Sekunde die
Gelenkpfanne durch die hierbei auftretenden Stoßbelastungen in kurzer Zeit
ausgeschlagen wäre. Damit bei außergewöhnlichen Horizontaländerungen die
Biegeteile nicht überbeansprucht werden, muss ausnahmsweise eine kurzfristige
Relativbewegung der Verbindungsteile stattfinden können und die
Kugelgelenkverbindung muss erfindungsgemäß trotz ihrer Spielfreiheit
Gleitbewegungen ermöglichen. Hierzu sollen die in Merkmal 6 beschriebenen – im
Ausführungsbeispiel als Tellerfedern ausgebildeten – Klemmelemente den Kugelkopf
beim Normalbetrieb in seiner Stellung festhalten, während bei außergewöhnlichem
Achsversatz ihre Haltekraft überwindbar sein soll und die Hubstange in eine andere
Winkelstellung gegenüber der Kolbenstange gebracht werden kann; bei dieser
Bewegung muss der Kugelkopf in der Gelenkpfanne gleiten. Dem
Durchschnittsfachmann ist klar, dass die Größe des Aufnahmeraumes für die
Gelenkpfanne nicht völlig exakt der Größe der von ihr aufgenommenen Kugelkopffläche
entsprechen darf, weil dann keine gleitende Verbindung mehr möglich wäre; außerdem
muss – wie stets – mit toleranzbedingten geringfügigen Maßabweichungen gerechnet
werden. Wichtig ist, dass im Normalbetrieb während der im wesentlichen vertikalen
Bewegungen kein Spiel in der Verbindung besteht.
81
2.
82
Dass dieser für die Erfindung wesentliche Gedanke ganz oder teilweise von ihm
stammt, hat der Kläger nicht bewiesen. Auch aus dem bei den Akten befindlichen und
von ihm vorgelegten Unterlagen geht das nicht hervor.
83
a)
84
Das Dokument, aus dem er seinen Erfindungsbesitz ableitet, ist das Telefaxschreiben
vom 29. März 1998 (Anlage K 2), das er einen Tag später am 30. März 1998 an den
Zeugen Dr. Friedrich E übermittelte. Dort führt der Kläger aus (Anlage K 2, S. 2 Abs. A),
die Ursache für die Kolbenbrüche habe darin bestanden, dass die Hubstange die aus
"Miss-Alignment" (Fluchtungsfehler) bei X (s. dortige Zeichnung) stammenden
Horizontalkräfte als Hebel an die Zylinderkolbenstange als schwächstes
Maschinenelement weitergab, und schlägt zur Abhilfe zwei Möglichkeiten vor, nämlich
entweder die Verlagerung des bisher am kokillenseitigen Stangenende verwirklichten
Gelenkpunktes nach unten zum antriebsseitigen Ende, wo bisher eine starre
Verbindung bestand, bei der die Hubstange mittels eines Gewindeanschlusses an die
Kolbenstange angeschraubt war. Die zweite und hier interessierende Alternative sollte
in dem Einbau eines zweiten Gelenkpunktes "
mit reduziertem Spiel
Hubstangenbereich bestehen. Dieser letztgenannte Vorschlag enthält unstreitig die
Merkmale 1 bis 4 der oben stehenden Merkmalsgliederung. Dafür, wie sich der Kläger
die Ausbildung des von ihm vorgeschlagenen zweiten Gelenkpunktes mit reduziertem
Spiel konkret vorgestellt hat, insbesondere dass er mit "reduziertem Spiel" eine
spielfrei
gleitende Verbindung im Sinne des Vindikationspatentes gemeint hat, enthält das
Schreiben gemäß Anlage K 2 jedoch keine Anhaltspunkte. Die schlichte Bezugnahme
auf einen Gelenkpunkt ohne weitere Erläuterungen zur näheren Ausgestaltung spricht
dafür, dass dieser Gelenkpunkt ebenso ausgebildet sein sollte wie der in der Zeichnung
auf S. 1 des Schreibens dargestellte beim vorhandenen Aufbau bereits am
kokillenseitigen Ende der Hubstange vorhandenen Gelenkpunkt, dessen konstruktive
Einzelheiten die vom Kläger gefertigte Skizze allerdings ebenfalls nicht erkennen lässt
und deren Inbezugnahme auch missverständlich erscheint. Nach dem eigenen
Vorbringen des Klägers (S. 15 ff. seines Schriftsatzes vom 13. März 2006, Bl. 505 ff.
d.A.) entsprach der bisherige Aufbau der an U gelieferten Anlagen der Zeichnung
gemäß Anlage K 28, die am oberen Ende der Hubstange gerade kein Gelenk aufwies.
Die in dieser Anlage auf S. 2 erkennbaren und ähnlich wie drei Segmente einer
zusammengesetzten Kugel aussehenden Bauteile bilden nicht den Kopf eines
Kugelgelenkes, sondern dienen zusammen mit den oberen Kalotten als Montagehilfe
beim Einsetzen einer neuen Brammenkokille in Anlagengießposition, damit das
Druckstück 3 (Bezugszeichen entsprechen der Zeichnung gemäß Anlage K 28) jeweils
vollflächig an der Unterseite der Kokille anlag und nicht verkanten konnte. Die
Befestigungsschrauben (9) stellten dann eine absolut starre und spielfreie Verbindung
her, die auch bei extremen Querkräften nicht auslenkbar war. Demgegenüber zeigt die
vom Kläger gefertigte Skizze in Anlage K 2 am oberen Stangenende einen mit Spiel in
einer Gelenkpfanne gelagerten Kugelkopf. Vor diesem Hintergrund kann der in dem
Schreiben gemäß Anlage K 2 dokumentierte Vorschlag des Klägers nur dahin
verstanden werden, an der Unterseite einen zweiten Gelenkpunkt vorzusehen, der
grundsätzlich ebenso gestaltet sein sollte wie das obere Gelenk, dessen
Bewegungsspiel aber gegenüber dem des oberen Gelenks vermindert sein sollte. Für
die Richtigkeit dieses Verständnisses spricht nicht zuletzt der Umstand, dass die in
Merkmal 6 des Vindikationspatentanspruches 1 vorgesehenen Klemmelemente zur
Einstellbarkeit der Kraft zur Veränderung der Winkel zwischen den Biegeteilen der
Stange und den mit ihnen verGenen und korrespondierenden Bauteilen in dem
Abhilfevorschlag des Klägers in keiner Weise erwähnt werden, obwohl sie im Rahmen
der Vindikationserfindung das wesentliche Mittel sind, um eine spielfrei gleitende
Verbindung von Kugelkopf und Gelenkpfanne zu bewerkstelligen, und ohne die die
Verwirklichung einer spielfrei gleitenden Verbindung nicht möglich ist.
85
b)
86
Auch die Zeugenvernehmung hat nicht ergeben, dass der Vorschlag des Klägers in
Anlage K 2 anders als nach dem dortigen Wortlaut und dessen vorstehend
wiedergegebenem Verständnis eine spielfrei gleitende Lagerung im Sinne des
Vindikationspatentes darstellen sollte.
87
aa)
88
Der Zeuge Dr. E, der seinerzeit als leitender Geschäftsführer und Hauptabteilungsleiter
bei MD darüber informiert war, dass die von MD beim brasilianischen Endkunden "U" im
Dezember 1997 in Betrieb genommene Brammen-Stahlstranggießanlage bereits
mehrere Kolbenstangenbrüche erlitten hatte, hat in seiner Vernehmung als Zeuge
bestätigt, das Telefaxschreiben des Klägers vom 29. März 1998 erhalten zu haben
(Beweisprotokoll S. 32, 37; Bl. 840R, 843 d.A.), und auch der Zeuge B hat ausgesagt,
der Zeuge Dr. E habe das Fax des Klägers bekommen und in einer Besprechung mit
ihm – dem Zeugen darauf Bezug genommen (Beweisprotokoll, S. 60f., Bl. 854R, 855
d.A.). Der Zeuge Dr. E verband nach seinen weiteren Bekundungen mit dem Stichwort
"reduziertes Spiel" aber keinen bestimmten Lösungsinhalt (a.a.O. S. 33, 34; Bl. 841,
841R d.A.). Nach Durchsicht der ihm vorgelegten Zeichnung Anlage K 18 hat er nur "die
beiden Gelenkpunkte" erwähnt (Beweisprotokoll, S. 34, Bl. 841R d.A.), wobei er später
hinzufügte (a.a.O. S. 37, Bl. 843 d.A.), er – der Zeuge – habe gesagt, er wolle zwei
"bewegliche Dinge drin haben", wobei der vom Kläger vorgeschlagene zweite
Gelenkpunkt in der Zeichnung enthalten sei. An die Funktionsweise des
vorgeschlagenen Gelenkes hatte der Zeuge keine Erinnerung (a.a.O. S. 35, Bl. 842
d.A.); die Verbindung der Zeichnung zu dem Vorschlag des Klägers gemäß Anlage K 2
hatte der Zeuge erst im Beweistermin anhand der Lektüre der ihm vorgelegten
Unterlagen hergestellt (vgl. a.a.O. S. 37 Absatz 3, Bl. 843 d.A.), ohne dass diese Lektüre
jedoch eine genauere Erinnerung an die damaligen Vorgänge ausgelöst hätte.
89
bb)
90
Auch der Zeuge B hat ausgesagt (a.a.O. S. 60, 61 ff., Bl. 854R, 855 ff. d.A.), der Zeuge
Dr. E habe ihm das Faxschreiben des Klägers vom 29. März 1998 zur Kenntnis gebracht
und habe ihm gesagt, er – der Zeuge B– soll sehen, dass er die inzwischen massiv
gewordenen Schadensfälle bei U in den Griff bekomme und sich wenn nötig an den im
Fax des Klägers niedergelegten Vorschlag halten. Der Zeuge hat seinen weiteren
Schilderungen zufolge mit dem Kläger nicht über den genauen Inhalt des Begriffes
"reduziertes Spiel" gesprochen, weil für ihn klar gewesen sei, der Kläger habe damit
eine Lagerung mit Bewegungsspiel und ständiger Relativbewegung im Gelenkpunkt
gemeint, was er – der Zeuge – jedoch aufgrund älterer Erfahrungen wegen der damit
verGenen Verschleißerscheinungen für ungeeignet gehalten habe (a.a.O. S. 61, 63, 64,
71 und 77; Bl. 855, 856, 856R, 860, 863 d.A.) Er – der Zeuge – habe dagegen ein
System angestrebt, das weiterhin nach den bekannten Konstruktionsmerkmalen
funktioniere, nämlich Kompensation in elastischer Formänderung, und auf eine
Übertragung hingearbeitet, die in der Lage ist, bei einer definierten Querkraft oder einem
definierten Störmoment im Antriebsstrang sich einmal kurzzeitig in eine neue Position
zu setzen, in der die Zwängung reduziert ist, die Stange wieder als Biegegelenk
arbeiten könne und sich gewissermaßen in einer neuen Gleichgewichtssituation
befinde; aus dieser Idee heraus sei der erfindungsgemäße Vorschlag entstanden, ein
vorgespanntes Gelenk einzubauen, das so bemessen sei, dass es im Normalbetrieb wie
eine feste Einspannung wirke, so dass die Biegeverformung in der Stange wirksam
91
werden könne und nur beim Überschreiten einer bestimmten definierten Kraft die
Reibklemme oder auch der Reibschluss in diesem Gelenk aufgehoben wird. Auch eine
Abänderung der Vindikationspatentanmeldung im Sinne des vom Kläger
vorgeschlagenen reduzierten Spiels sei abgelehnt worden; dies hat der Zeuge B
ebenso wie die Zeugen Dr. H und A bekundet (a.a.O. S. 71, Bl. 860 d.A.).
cc)
92
Keiner der vernommenen Zeugen hat jedoch den Vorschlag einer spielfrei gleitenden
Lagerung im Sinne des Vindikationspatentes auf den Kläger zurückgeführt.
93
Der Zeuge A hat bekundet, er habe die vom Zeugen B vorgegebene Idee, zwei Gelenke
vorzustehen, konstruktiv umgesetzt (Beweisprotokoll S. 9 – 11, Bl. 829 - 830 d.A.), wobei
eine starre Verbindung gewollt gewesen sei, die nur im Notfall eine Querkraft kurzzeitig
zulässt, und dann durch kurzes Gleiten oder kurzes Lösen in einer neuen Ruhelage
wieder eine starre Verbindung wird (a.a.O. S. 16, 17; Bl. 832R, 833 d.A.). In einer
"Sitzung auf höherer Ebene" sei das grundsätzliche Konzept für diese Lösung erörtert
worden; der auf dieser Sitzung ebenfalls anwesende Kläger habe jedoch in eine andere
Richtung gedacht, nämlich eine klassische Gelenkverbindung mit Dauerschmierung
(a.a.O. S. 5 bis 7, Bl. 827 – 828 d.A.), während ihm – dem Zeugen – vorgeschwebt habe,
den Gelenkkopf nur einmal mit Fett zu füllen und keine weiteren Schmierungen
vorzusehen (a.a.O. S. 12, Bl. 830R d.A.). Dass dies ernst gemeint war und die Gelenke
bei U tatsächlich nicht nachgeschmiert wurden, zeigen die weiteren Schilderungen des
Zeugen B, die bei U eingebauten Stangen seien in den Kugelgelenken bei einem
späteren Ausbau vollständig eingerostet gewesen und hätten sich nicht mehr bewegen
können (a.a.O. S. 73, Bl. 861 d.A.).
94
Auch der Zeuge Dr. H, der seinerzeit als zuständiger Patentsachbearbeiter die u.a. von
den Zeugen G A gemeldete Erfindung für eine Schutzrechtsanmeldung vorbereitet und
auch mit dem Kläger über dessen Lösungsvorschlag gesprochen hatte, hat ausgesagt,
spielfrei gleitend sei eine Lagerung ohne Luft und auf Berührung, während der Kläger
eine gelenkige Lagerung mit Schmierung vorgeschlagen habe (a.a.O. S. 43 ff., Bl. 846 ff.
d.A.). Er habe den Kläger, als dieser ihn am 18. August 1998 zum ersten Mal besucht
habe, nicht gekannt und ihn für einen der ihm ebenfalls nicht bekannten Herren C oder
A gehalten; deswegen habe er zunächst nicht "intensiv nachgefragt" und sei erst
misstrauisch geworden, als er gemerkt habe, dass der Kläger ihm etwas anderes
vorstellte als den Gegenstand der von ihm gerade ausgearbeiteten
Vindikationspatentanmeldung (a.a.O. S. 46, Bl. 847R d.A.). Weil der Vorschlag des
Klägers dieselbe Kokille betroffen habe, habe er versucht, beides in ein und derselben
Patentanmeldung, nämlich der Vindikationsanmeldung, unterzubringen, was ihm aber
nicht gelungen sei (a.a.O. S. 46 ff., 51 – 54; Bl. 847R, 848 ff., 850 – 851R d.A.).
95
Der Zeuge Dr. N hat zu den hier in Rede stehenden Vorgängen nichts näheres
bekunden können. Er konnte sich auf konkreten Vorhalt nur allgemein an die
Schadensfälle bei U erinnern, zu deren Abhilfe nach seinem weiteren Bekunden eine
Art Kugelgelenkverbindung entwickelt worden ist, deren Urheberschaft der Kläger für
sich in Anspruch genommen habe; dieser habe sich in dieser Sache jedoch unmittelbar
an den Zeugen Dr. E gewandt (Beweisprotokoll S. 24 ff., Bl. (wwR, 837 ff. d.A.). Soweit
er sich erinnere, stamme die Lösung jedoch aus der vom Zeugen B geleiteten
Entwicklungsabteilung, und er nehme an, auch die Erfindungsmelder kämen aus dieser
Abteilung, jedenfalls sei das der Normalfall gewesen (a.a.O. S. 25, Bl. 837 d.A.).
96
Dass der Kläger tatsächlich eine solche zwar mit vermindertem aber dennoch
vorhandenem Spiel ausgestattete Gelenkverbindung meinte, zeigt auch sein Schreiben
vom 18. August 1998 an den Zeugen B(Anlage K 6), er halte eine
Nachschmiervorrichtung für erforderlich und empfehle als Schmiermittel
Molybdändisulfit. Dementsprechende Vorschläge enthielt auch der von der
Patentabteilung gefertigte Entwurf einer Patentanmeldung vom 7. September 1998
(Anlage B 13) in den Unteransprüchen 16 und 17, und der Unteranspruch 15 befasste
sich mit einer Teflon-Oberfläche der aufeinander gleitenden Bauteile. Dass dieser
Vorschlag vom Kläger stammte, hat auch der Zeuge Dr. H bekundet; bestätigt wird dies
durch die als Anlage K 24 vorgelegte Zeichnung, die zwar Tellerfedern als
Klemmelemente zeigt, auf der der Kläger aber in einem handschriftlichen Vermerk den
Mitarbeiter L auffordert, Schmiernippel vorzusehen, während auf der Zeichnung
ansonsten nur vermerkt ist, Tellerfedern und Kugelköpfe vor dem Einbau einzufetten.
Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem als Anlage BB 4 vorgelegten Schreiben
vom 2. Oktober 1998, in dem der Kläger dem Zeugen Dr. H 13 Patentansprüche vorlegt,
in denen die von ihm entwickelte und in dem erwähnten Telefax vom 29. März 1998
beschriebene technische Lehre zusammengefasst ist. Soweit erkennbar stehen nur die
Ansprüche 1 und 2 dieses Schreibens im Zusammenhang mit den hier interessierenden
Fragen; die dort genannten "federgestützten Kugelgelenke" sind in ihrer Ausgestaltung
nicht näher beschrieben. Wie das Antwortschreiben der Patentabteilung vom 5. Oktober
1998 zeigt, hat auch sie den Vorschlag des Klägers als "klassische" Gelenkverbindung
verstanden, die als Kugelgelenk ausgebildet sein konnte (vgl. dortige Ansprüche 2 ff.),
die ein reduziertes Spiel haben kann (s. Anspruch 9) aber nicht muss, wobei sich die
Ansprüche 6 bis 8 wiederum mit der Schmierung befassen und einen den
Unteransprüchen 15 bis 17 des Vindikationspatentanmeldungsentwurfs
entsprechenden Inhalt haben. Anspruch 5 sieht zwar auch eine Halterung über
Klemmelemente mit einstellbarer Klemmkraft vor, aber die Funktion dieser
Klemmelemente ist nicht erkennbar, aus dem Rückbezug auf Anspruch 4 ergibt sich nur
eine horizontal verschiebbare Halterung, während es der Vindikationserfindung um
vertikale Bewegungen geht, und das mehrfach erwähnte Telefax gemäß Anlage K 2
zeigt unstreitig überhaupt keine Klemmelemente. Weitere Unterlagen, die näheren
Aufschluss über die hier interessierenden Einzelheiten geben könnten, sind nicht
vorgelegt worden: der Kläger selbst hat sich gegenüber der Patentabteilung nicht um
eine genauere Herausarbeitung der von ihm beanspruchten technischen Lehre bemüht,
sondern mit Schreiben vom 8. Oktober 1998 (Anlage K 12) lediglich geantwortet, eine
derartige Anmeldung habe er nicht getätigt (vgl. Anlage K 25).
97
Der Senat verkennt nicht, dass insbesondere den Aussagen der Zeugen A und B mit
Zurückhaltung zu begegnen ist. Der Zeuge A hat eingeräumt, nach seiner Ladung
Kontakt mit dem Zeugen B aufgenommen zu haben, und dass dieser Kontakt u.a. dazu
diente, um sich zu erkundigen, worum es gehen sollte (Beweisprotokoll S. 10, 20; Bl.
829 R, 834 R d.A.). Zwar hat er auch ausgesagt, Gegenstand des Gesprächs sei nicht
der vorliegende Streitfall gewesen, aber dass dies so nicht zutraf und der Streitfall doch
Gegenstand der Erörterungen zwischen den Zeugen gewesen ist, ergibt sich daraus,
dass der Zeuge A auch erklärt hat, der Zeuge B habe ihm geantwortet, es gehe um das
Patent; Details habe er aber nicht erfahren (a.a.O. S. 10). Was er in diesem
Zusammenhang mit Details gemeint hat, wird nicht ausgeführt, so dass nicht
ausgeschlossen ist, dass beide Zeugen doch mehr über den Gegenstand ihrer
Vernehmung gesprochen haben und der Inhalt der Aussagen beider Zeugen vom Inhalt
des vorausgehenden Gespräches zumindest mitbeeinflusst worden ist. Des weiteren
98
muss berücksichtigt werden, dass beide Zeugen die Erfindung als die ihre beim
Arbeitgeber gemeldet und hierfür eine – wenn auch nicht hohe – Erfindervergütung von
der Rechtsvorgängerin der Beklagten bezogen haben und bei ihrer Vernehmung in
einen Interessenkonflikt gestanden haben können. Der Zeuge B ist überdies noch bei
der Beklagten beschäftigt, was ihn zusätzlich dazu bestimmt haben kann, mit seiner
Aussage auf seinen Arbeitgeber Rücksicht zu nehmen.
Das alles ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger für sein Vorbringen, er sei
Urheber der im Vindikationspatent unter Schutz gestellten Lösung, beweispflichtig ist
und diesen Beweis nur dann geführt hätte, wenn die Zeugen sein Vorbringen glaubhaft
bestätigt hätten. Selbst wenn man die Einwände des Klägers in seinen persönlich
verfassten Eingaben vom 1. August 2008 und vom 11. Februar 2009 teilt und Aussagen
der Zeugen für nicht glaubhaft hält, ergibt sich daraus noch nicht, dass der Kläger die
diesem Patent zugrundeliegende Lehre erfunden hat; deren Urheber bliebe bei dieser
Sachlage vielmehr im ungewissen, weil – wie oben ausgeführt – auch die schriftlichen
Unterlagen und Zeichnungen keine aussagekräftigen Anhaltspunkte dafür hergeben,
dass der Kläger das im Vindikationspatent beanspruchte Gelenk mit spielfrei gleitender
Lagerung erfunden hat. Die übrigen Einwände des Klägers in seinem Schreiben vom
11. Februar 2009, die Auskünfte der Beklagten seien unvollständig und die im
Vindikationspatent beschriebene Lehre aus vielen Gründen und in vielen Einzelheiten
mit Mängeln behaftet, betreffen nicht den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und
bedürfen infolge dessen keiner näheren Würdigung, ohne dass hier abschließend dazu
Stellung genommen zu werden braucht, ob und inwieweit der Kläger im Hinblick auf §
78 ZPO im Anwaltsprozess persönlich verfasste vorbereitende Schriftsätze einreichen
kann, deren Inhalt sein Prozessbevollmächtigter nicht mit trägt.
99
Daran, dass sich ein die Erfinderstellung rechtfertigender Beitrag des Klägers zu der von
ihm beanspruchten Erfindung nicht feststellen lässt, ändert auch der Umstand nichts,
dass die in der Vindikationspatentschrift genannten Erfinder in dem Zeitpunkt, als der
Kläger am 30. März 1998 seinen Vorschlag an den Zeugen Dr. E übermittelte, noch
nicht auf den später patentierten Lösungsvorschlag gekommen waren, dass die
Konstruktionsabteilung seinerzeit versuchte, durch Änderungen des
Biegeteilquerschnitts an den Hubstangen Abhilfe zu schaffen, und dass der Zeuge Dr. E
dem Zeugen B das Telefax des Klägers zur Kenntnis gebracht hat. Die Zeichnungen,
die der Zeuge A im Mai 1998 an den Kläger übergab (vgl. Anlagen B 8 und K 18),
enthalten unstreitig auch die Merkmale 5 und 6, die der im Telefax beschriebene
Vorschlag des Klägers noch nicht aufwies und ohne die wie erwähnt eine spielfrei
gleitende Lagerung jedenfalls bei den hier in Rede stehenden Vorrichtungsteilen nicht
denkbar erscheint. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeichnungen ausschließlich Vorgaben
des Klägers umgesetzt haben, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.
100
3.
101
Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Kläger Miterfinder der im
Vindikationspatent unter Schutz gestellten technischen Lehre ist. Miterfinder ist
derjenige, der zu der unter Schutz gestellten Erfindung einen schöpferischen Beitrag
geleistet hat (BGH GRUR 1969, 133, 135 – Luftfilter; 1977, 784, 787 – Blitzlichtgeräte;
2001, 226, 227 – Rollenantriebseinheit; Mitteilungen 1996, 16, 18 – Gummielastische
Masse; Bartenbach/Volz, ArbEG, 4. Auflage, § 5 Rdnr. 46 m. w. Nachw.). Rein
handwerkliches Mitarbeiten und technische Hilfsleistungen genügen ebenso wenig wie
Hinweise auf technische Zwangsläufigkeiten, die sich für den Durchschnittsfachmann
102
aus der gestellten Aufgabe aufdrängen, oder Ratschläge mit allgemein geläufigen
Erkenntnissen. Insbesondere bei einer Gesamtleistung von geringerer Erfindungshöhe,
bei der die einzelnen Anteile der mehreren Beteiligten das jeweilige Maß ist
durchschnittlichen Fachkönnens auf dem betreffenden Gebiet kaum übersteigen, kann
es jedoch gerechtfertigt sein, nur sehr geringe Anforderungen an den Erwerb einer
Mitberechtigung zu stellen, anderenfalls sich ein individueller Erfinder für eine solche
Erfindung überhaupt nicht ermitteln ließe (vgl. BGH GRUR 1966, 558, 559 f.); so kann
es genügen, eine in einem Unteranspruch beschriebene Ausbildung des im
Hauptanspruch dargestellten Gegenstandes entwickelt zu haben (vgl. Bartenbach/Volz,
a.a.O., m. w. N.). Da die geistige Mitarbeit, die das Vorliegen eines schöpferischen
Beitrages begründet, bei der Problemlösung stattfinden muss, genügt es auch nicht,
dass lediglich eine Aufgabe gestellt oder noch nicht Gestalt angenommene Ideen
vermittelt werden. Auch das Beisteuern eines Ausführungsbeispiels nach Vorliegen der
fertigen Erfindung genügt ebenso wenig wie deren Ausgestaltung mit einer aus dem
Stand der Technik entnommenen bekannten Maßnahme oder die Mithilfe bei der
Abfassung der Anmeldungsunterlagen (Bartenbach/Volz, a.a.O.). Andererseits genügt
ein kausaler Beitrag zur Erfindung, sofern er wesentlich in Bezug auf die Lösung ist, d.h.
den Gesamterfolg beeinflusst hat und nicht auf Weisung eines Dritten entstanden ist
(BGH GRUR 1978, 583, 585 – Motorkettensäge; Mitteilungen 1996, 16, 18 –
Gummielastische Masse). Ob ein derartiger kausaler, selbständiger geistiger Beitrag zur
Erfindung geleistet worden ist, ist vom schließlich gefundenem Enderfolg der fertigen
Erfindung her zu beurteilen (vgl. Bartenbach/Volz, a.a.O., Rdnr. 50).
Diesen Anforderungen genügt der Beitrag des Klägers nicht. Das, was er nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme zu der im Vindikationspatent unter Schutz gestellten
technischen Lehre beigesteuert hat, beschränkt sich darauf, eine gelenkige Verbindung
der Hubstange vorzusehen und die Überlegungen von der zuvor allein ins Auge
gefassten Lösung einer starren Verbindung mit zwei biegsamen Endbereichen und auf
eine Gelenkverbindung gerichtet und konzentriert zu haben. Mit dem Vorschlag eines
Kugelgelenkes als solchen hat er lediglich den bereits seit 1993 vorhandenen
betriebsinternen Stand der Technik aufgegriffen, der sich aus dem Angebot O vom 4.
Oktober 1993 an MD (Anlage B4) ergibt, sich indessen durch das ständig vorhandene
Spiel in der Gelenkverbindung nicht bewährt hatte und in verhältnismäßig kurzer Zeit
verschlissen war. Da auch dieser Stand der Technik eine Hubstange für Kokillen betraf
und auch schon die Verwendung eines beschichteten Kugelgelenkkopfes zum Inhalt
hatte, brauchte er auch nicht von einem anderen technischen Gebiet her übertragen zu
werden. Dass diese Ausgestaltung nach dem Vorbringen des Klägers in seinem
Schriftsatz vom 1. August 2008 (S.7, Bl. 907 d.A.) für Kokillenhubantriebe untauglich
war, ändert nichts daran, dass sie dort verwendet worden ist, denn die vom Zeugen B
beschriebene Kenntnis der von ihm beschriebenen Probleme eines unruhigen Laufes,
von Oberschwingungen und einem erhöhten Verschleiß (Beweisprotokoll, S. 61, Bl. 855
d.A.) setzt voraus, dass sie auch in der Praxis zum Einsatz gekommen ist. Auch wenn
der Kläger diesen Stand der Technik nicht gekannt haben mag, führt er dazu, dass der
Vorschlag eines Kugelgelenkes an sich den Bereich des Handwerklichen nicht verlässt.
Denn die Frage, ob ein Vorschlag über das Handwerkliche hinausgeht, ist objektiv und
nicht vom Kenntnisstand des Urhebers zu beurteilen. Sein weiter gehender Vorschlag
einer Gelenkverbindung mit reduziertem Spiel und einer dauergeschmierten und auch
nachzuschmierenden Gelenkverbindung hat in die dem Vindikationspatent zugrunde
liegende und in dessen Anspruch 1 beschriebene technische Lehre gerade keinen
Eingang gefunden, und auf diesen Vorschlag konnte die für die Erfindung wesentliche
spielfreie gleitende Verbindung nicht aufbauen.
103
Diese Bewertung konnte der Senat ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen
vornehmen. Aufgabe des Sachverständigen in Patentverletzungsverfahren ist es,
diejenigen Tatsachen festzustellen, die in das dem Gericht überantwortete wertende
Verständnis einzelner Begriffe und Merkmale des Patentanspruches einzufließen haben
(BGH GRUR 2004, 1023 – bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; GRUR 2004, 411 –
Diabehältnis; GRUR 2006, 131 – Seitenspiegel; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 139
Rdn. 293; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG GbMG, § 139 PatG, Rdn. 125). Die
Entscheidung, wie der angesprochene Durchschnittsfachmann die betreffenden
Vorgaben des Patentanspruches versteht und ob der angegriffene Gegenstand der unter
Schutzgestellten technischen Lehre entspricht, muss das Gericht in eigener
Verantwortung treffen. Sind die entscheidungsrelevanten Tatsachen aktenkundig und
bereitet ihre Bewertung keine besonderen Schwierigkeiten, kann von der Hinzuziehung
eines Sachverständigen abgesehen werden. Dieselben Maßstäbe gelten für die
Bewertung eines zu einer Erfindung geleisteten Beitrages. Auch die Frage, ob ein
solcher Beitrag die Stellung eines Miterfinders begründet, fordert eine wertende
Entscheidung und kann von Tatsachen abhängen, die den Mitgliedern des Gerichtes
nicht bekannt sind und zumindest einer Erläuterung oder Klarstellung durch einen
Sachverständigen bedürfen; auch hier ist dessen Einschaltung entbehrlich, wenn die
relevanten Tatsachen schon aus dem Parteivorbringen oder auch aus einer bereits
durchgeführten Beweisaufnahme ergeben.
104
So liegen die Dinge auch hier. Die Lehre des Vindikationspatentes und der zugrunde
liegenden Erfindungsmeldung sind aktenkundig, ebenso der Vorschlag des Klägers, der
in Anlage K2 dokumentiert ist und sich auch aus anderen oben angesprochenen
schriftlichen Unterlagen ergibt. Dass eine spielfrei gleitende Verbindung und eine
solche mit reduziertem Spiel unterschiedliche Dinge sind, erscheint dem Senat
einleuchtend und ergibt sich aus fachkundigen Äußerungen etwa des Zeugen Dr. H, der
in den Ruhestand getreten und nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt ist und bei
seiner Aussage nicht auf mögliche Belange der Beklagten oder auf seine Stellung als
Miterfinder der Vindikationslehre Rücksicht nehmen musste und in dessen Person auch
keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass er sich bei seiner Vernehmung von
solchen Erwägungen hat leiten oder doch mitbestimmen lassen. Auch die fachkundige
Schiedsstelle hat, obwohl sie die spielfrei gleitende Verbindung im Sinne des Patentes
offenbar für eine Weiterentwicklung des vom Kläger vorgeschlagenen Gelenkpunktes
mit reduziertem Spiel hält (Beschluss vom 8. März 2001 – Arb.Erf. 66/98 – S. 4 und 5),
den Beitrag des Klägers zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der
hiesigen Beweisaufnahme dahin beschrieben, entweder das obere Gelenk der
Schubstange nach unten zu verlegen oder am unteren Ende ein zweites, spielarmes
Gelenk vorzusehen. Die Bewertung, dass dieser Beitrag vor dem oben erwähnten
betriebsinternen Stand der Technik gemäß Anlage B 4 den Bereich des rein
Handwerklichen nicht verlässt, liegt auf der Hand. Dass die Schiedsstelle dies in ihrer
Nachbemerkung möglicherweise anders gesehen hat, steht dem nicht entgegen, denn
sie hat sich mit dem betriebsinternen Stand der Technik nicht auseinander gesetzt.
105
III.
106
Als unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 die Kosten des Rechtsstreits
zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den
§§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
107
Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen; die hierzu in § 543 ZPO
bestimmten Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor. Als reine
Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne
des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Gesgerichtshofes
im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
108
Die nicht nachgelassene Eingabe des Klägers vom 9. März 2009 nötigt nicht zur
Verlegung des Verkündungstermins.
109
Eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 244 ZPO ist nicht eingetreten. Sie setzt
voraus, dass der Anwalt einer Partei verstirbt oder aus anderen Gründen unfähig wird,
die Vertretung einer Partei fortzuführen. Dass solche Gründe für seinen
Prozessbevollmächtigten eingetreten sind, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Dass er sich
von dem vom Kläger dann doch persönlich im Verhandlungstermin überreichten
Schriftsatz vom 11. Februar 2009 distanziert hat, reicht dazu ebenso wenig aus wie die
Unzuträglichkeiten zwischen ihm und dem Kläger bei der Vorbereitung des
Gerichtstermins vom 12. Februar 2009. Aus welchen Gründen der anwaltliche Vertreter
des Klägers nicht unabhängig bzw. von dem er abhängig sein soll, wird nicht näher
begründet. Auch eine Mandatskündigung, die der Kläger nicht einmal im einzelnen
darlegt, genügt nicht (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 244 Rdn. 4); mit den zuvor in
Rdnr. 3 genannten Fallgestaltungen kann die hier vorliegende nicht gleichgesetzt
werden. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er habe Rechtsanwalt Dr. P
keine Prozessvollmacht erteilt. Rechtsanwalt Dr. P hatte dem Senat mitgeteilt, nach
seiner Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe habe es einen Besprechungstermin
mit dem Kläger und seiner Ehefrau gegeben, der von mittags bis in die späten
Abendstunden gedauert habe und in dem die "Marschrichtung" für den bevorstehenden
Gerichtstermin festgelegt worden sei. Darin liegt jedenfalls eine Bevollmächtigung durch
schlüssiges Verhalten.
110
A B C
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