Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.11.2005

OLG Düsseldorf: leasingvertrag, fahrzeug, leasingnehmer, rückgabe, abrechnung, kündigung, verkaufswert, unternehmer, auflage, agb

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 44/05
Datum:
22.11.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-24 U 44/05
Vorinstanz:
Landgericht Kleve, 4 O 212/04
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18. Februar 2005
verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts
Kleve teilwei-se abgeändert und unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmit-tels wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.557,65 EUR nebst Zinsen
in Hö-he von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 28. Februar 2004 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird
abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 72 % die Klägerin
und zu 28 % der Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden
zu 87 % der Klägerin und zu 13 % dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
1
I.
2
Die Klägerin nimmt den Beklagten nach vorzeitiger, vom Beklagten verursachter
Beendigung eines Leasingvertrages in Anspruch. Die Klägerin schloss mit der Firma I-
GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war, am 3. März 2000 über einen
gebrauchten BMW 523i Automatik (Laufleistung 8.940 km) einen Leasingvertrag mit
Kilometerabrechnung für die Dauer von 36 Monaten bei einer Laufleistung von 60.000
Kilometern. Im Vertrag wurden Beträge für Mehr- und Minder-Kilometer vereinbart. Die
Leasingbedingungen sahen für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung durch
Kündigung eine Restwertabrechnung vor. Durch Vertrag vom 6. Februar 2002 trat der
Beklagte an Stelle der I in den Vertrag ein. Nach Ablauf des Vertrages "verlängerten"
die Parteien den Vertrag zu den bisherigen Bedingungen bis zum 6.März 2004.
3
Ab September 2003 entrichtete der Beklagte die Leasingraten nicht mehr und gab den
PKW am 8. Oktober 2003 zurück, weil er nicht mehr zahlen könne. Die Klägerin ließ
daraufhin den Händlereinkaufspreis durch einen Sachverständigen schätzen und
rechnete den Vertrag mit Schreiben vom 28. Oktober 2003 unter Berücksichtigung des
kalkulierten Restwerts ab. Zugleich gab sie dem Beklagten Gelegenheit, sich selbst
oder einen Unternehmer zu benennen, der den PKW zu einem über dem
Händlereinkaufswert liegenden Preis erwerben wolle.
4
Wegen des erstinstanzlichen Sachverhalts im übrigen wird auf das Urteil des
Landgerichts Bezug genommen, durch welches der Beklagte nach Teilklagerücknahme
antragsgemäß zur Zahlung von 5.560,56 EUR verurteilt worden ist. Hiergegen wendet
sich der Beklagte mit der Berufung, in welcher er das Urteil nur noch hinsichtlich eines
Betrages von 4.610,89 EUR angreift.
5
Er trägt vor, der Restwert des Fahrzeugs sei unzutreffend ermittelt worden und beruft
sich insoweit neben seiner Berechnung in der Berufungsbegründung auf zwei
vergleichbare Fahrzeuge, welche über das Internet zum Verkauf angeboten worden
seien. Des weiteren sei der Kilometerstand bei der Übernahme durch ihn, den
Beklagten, nicht zutreffend in die Berechnung eingeflossen. Weiterhin meint er, er sei
Verbraucher im Sinne von § 13 BGB, weshalb der Vertrag den Regelungen über das
Verbraucherleasing unterliege (§ 499 Abs. 2 BGB).
6
Er beantragt,
7
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage bis auf 949,67
EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
dem 28.02.2004 abzuweisen.
8
Die Klägerin beantragt,
9
die Berufung zurückzuweisen.
10
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Beklagte sei nicht Verbraucher,
sondern Unternehmer im Sinne von § 14 BGB. Er habe das Fahrzeug zu gewerblichen
und unternehmerischen Zwecken eingesetzt.
11
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug
genommen.
12
II.
13
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nur teilweise begründet und im übrigen
zurückzuweisen. Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus dem Leasingvertrag der
Parteien vom 6. März 2003 ein Anspruch auf Zahlung von 1.557,65 EUR nebst Zinsen
zu, die weitergehende Klage ist abzuweisen. Soweit der Beklagte in seiner
Berufungsbegründung meint, die Berufung werde nur wegen eines Betrages von
3.168,77 EUR geführt, beruht dies offensichtlich auf einem Rechenfehler (Verurteilung:
5.560,56 EUR, Rechtskraft bezüglich 949,67 EUR = 4.610,89 EUR).
14
1.
15
Der Klägerin stehen zunächst die noch nicht geleisteten Leasingraten für September
2003 (323,43 EUR) und anteilig für die Zeit vom 01. bis 08. Oktober 2003 (8/31 = 83,47
EUR) zu, was einen Gesamtbetrag von 406,90 EUR ergibt. Die Unwirksamkeit des
Vertrages gemäß §§ 507, 492 BGB oder ein Widerruf des Vertrages gemäß §§ 507, 355
BGB durch den Beklagten kommt nicht in Betracht. Denn dieser war zum maßgeblichen
Zeitpunkt, dem 06. März 2003, nicht mehr Existenzgründer, sondern bereits
Unternehmer im Sinne von § 14 BGB. Der als neuer Leasingvertrag aufzufassende
Verlängerungsvertrag vom 06. März 2003 unterliegt somit nicht den Bestimmungen über
das Verbraucherleasing gemäß § 499 Abs. 2 BGB.
16
a.
17
Zum Zeitpunkt des erstmaligen Abschlusses des Leasingvertrages vom 06. Februar
2002 (Übernahmevertrag) war der Beklagte allerdings Existenzgründer (§ 507 BGB). Als
solcher ist er zwar nicht Verbraucher (§13 BGB), ist ihm aber gleichgestellt (privilegierter
Unternehmer).
18
Der Beklagte beabsichtigte die Aufnahme einer selbstständigen gewerblichen und
beruflichen Tätigkeit und wollte zu diesen Zwecken ein Fahrzeug leasen. Schließt ein
Leasingnehmer in der Phase der Existenzgründung einen Leasingvertrag, so wird ihm
für diese Phase Verbraucherschutz gewährt; denn das Schutzbedürfnis ist mit dem
eines privaten Verbrauchers vergleichbar. Voraussetzung ist lediglich, dass das
betreffende Geschäft der Aufnahme (dem Beginn) eines Unternehmens dient
(Palandt/Putzo, BGB, 64. Auflage, § 507 Rn. 5; Graf von Westphalen, Der
Leasingvertrag, 5. Auflage, Rn. 1685 m.w.N.).
19
Dies traf im Februar 2002 auf den Beklagten zu. Er übernahm den Leasingvertrag von
der Firma I-GmbH und teilte in diesem Zusammenhang mit, dass er ab Januar 2002
wieder geschäftlich aktiv sei und ein Fahrzeug einsetzen müsse. Dies ergibt sich aus
seinem Schreiben vom 07. Dezember 2001 sowie seiner Selbstauskunft vom 19.
Dezember 2001. Dort schätzte er seine zu erzielenden Einnahmen aus einer
"Touristikbörse" für das Jahr 2002 auf 60.000,-- DM.
20
Diese der Klägerin gemachten und von ihr übernommenen Angaben stellen eine
Zweckvereinbarung dar, welche Bestandteil des Vertrages vom 06. Februar 2002 war.
Sie unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis des § 492 Abs. 1 S. 5 BGB (§ 4 VerbrKrG
a.F.). Denn davon werden nur die gegenseitigen Haupt- und Nebenleistungspflichten
erfasst, während der Vertragszweck auch konkludent vereinbart werden kann (vgl.
Ulmer/Habersack, Verbraucherkreditgesetz, 2. Auflage, § 1 Rn. 24 m.w.N.; Graf von
Westphalen, aaO, Rn. 1679).
21
b.
22
Beim Abschluss des als neuen Leasingvertrag aufzufassenden Verlängerungsvertrags
vom 06. März 2003 war der Beklagte aber nicht mehr Existenzgründer, so dass die ihn
ursprünglich privilegierende Bestimmung des § 507 BGB auf ihn nicht mehr anwendbar
ist. aa.
23
Entscheidend für die Abgrenzung, ob ein Geschäft Privathandeln im Sinne von § 13
BGB oder Unternehmerhandeln im Sinne von § 14 BGB darstellt, ist die objektiv zu
bestimmende Zielrichtung des Verhaltens (BGH NJW 2005, 1273 f.), mithin die
24
Verkehrsanschauung. Dies gilt auch für die Abgrenzung zwischen Handlungen in der
Existenzgründungsphase und einer sich dieser Phase anschließenden gewerblichen
oder unternehmerischen Tätigkeit (Graf von Westphalen, aaO, Rn. 1685).
Wann die unter § 507 BGB fallende Existenzgründungsphase des Gewerbes des
Beklagten endete, braucht zeitlich nicht genau festgelegt werden. Denn jedenfalls war
sie im März 2003 beendet, weshalb er zu diesem Zeitpunkt als nicht privilegierter
Unternehmer im Sinne von § 14 BGB tätig war. Die Dauer einer
Existenzgründungsphase kann ohnehin nicht generalisierend festgelegt werden,
sondern umfasst einen im Einzelfall zu bestimmenden Zeitraum (vgl. Palandt/Putzo,
aaO, § 507 Rn. 5). Der Bundesgerichtshof hat zur Frage des Abschlusses der
Existenzgründungsphase noch nicht abschließend entschieden (vgl. BGH WM 2002,
1066; vgl. auch Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht und
Leasingrechts, 9. Auflage, Rn. 2042). Er hat aber (a.a.O.) ausgesprochen, dass eine
rechtsgeschäftliche Handlung sieben Wochen nach der Gründung des Unternehmens
aus der Existenzgründungsphase herausfällt und deshalb nicht mehr gemäß § 507
BGB/früher § 4 Abs. 1 VerbrKrG) privilegiert ist.
25
Nach diesen Kriterien muss das Handeln des Beklagten im März 2003 als gewerbliche
unternehmerische Tätigkeit außerhalb der Existenzgründung eingestuft werden. Aus der
sich aus seinen Schreiben abzuleitenden Entwicklung seiner Tätigkeit kann nur
gefolgert werden, dass er seine Dienstleistungen am Markt in den Jahren 2002 bis
September 2003 angeboten hat. Erst unter dem 29. September 2003 teilte er mit, dass
sich die Situation "unvorhersehbar dramatisch verschärft" habe und er gezwungen sei,
den Leasingvertrag abzubrechen. Dieses alles lässt nur den Schluss zu, dass er bis
September 2003 gewerblich, nämlich planmäßig und dauerhaft, Leistungen angeboten
hat (vgl. zur Begriffsbestimmung Palandt/Heinrichs, aaO, § 14 Rn. 2), auch wenn sich
der wirtschaftliche Erfolg nicht wie gewünscht einstellte. Für die Abgrenzung zwischen
Gründungsphase und anschließender nicht mehr privilegierter Unternehmertätigkeit
kommt es nicht darauf an, ob die Existenz des Unternehmens bereits gesichert ist,
insbesondere die Gewinnschwelle überschritten wurde (MüKo/Habersack, aaO, Rn. 4
m.w.N.; Ulmer/Habersack, aaO, § 1 Rn. 26 m.w.N.).
26
Ohne Belang ist ebenfalls, dass der Beklagte keine Gewerbeanmeldung vorgenommen
haben will. Auf den Zeitpunkt einer öffentlich-rechtlichen Konzessionserteilung kommt
es in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht an (Bülow, aaO, § 1 Rn. 42 m.w.N.), auch
wenn deren Vorliegen auf eine gewerbliche Tätigkeit hindeuten mag (vgl. BGH WM
2002, 1066).
27
Weiterhin bedingt eine gewerbliche Tätigkeit nicht zwingend, dass der Leasingnehmer
die umsatzsteuerrechtlichen Voraussetzungen für eine Vorsteuerabzugsberechtigung
schafft oder nicht. Die dafür maßgeblichen steuerrechtlichen Gesichtspunkte müssen mit
dem planmäßigen und dauerhaften Anbieten von Leistungen nicht zwangsläufig in
Zusammenhang stehen.
28
Soweit der Beklagte schließlich vorbringt, er habe das Fahrzeug tatsächlich nur als
Privatmann genutzt, kommt es hierauf nicht an. Will der Leasingnehmer eine
Verwendung zu gewerblichen oder selbständigen beruflichen Zwecken, setzt aber den
Leasinggegenstand abweichend hiervon für private Zwecke ein, führt dies nicht zu einer
abweichenden Beurteilung (Graf von Westphalen, aaO, Rn. 1682; Ulmer/Habersack,
aaO, § 1 Rn. 24; Bülow, Verbraucherkreditgesetz, § 1 Rn. 47; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O. 9.
29
Auflage, Rn. 2043). Denn allein die beabsichtigte, nicht die später erfolgte Nutzung ist
entscheidend.
bb.
30
Ob der Leasingnehmer in Fällen einer "wiederholten Existenzgründung" wiederum als
Existenzgründer und damit als Verbraucher zu behandeln ist oder nicht (vgl. zum
Meinungsstand Bülow, aaO, § 1 Rn. 41; Ulmer/Habersack, aaO, § 1 Rn. 25 f.; Graf von
Westphalen, aaO, R. 1686; Münchener Kommentar/Habersack, aaO, § 507 Rn. 5) ist
streitig, braucht aber hier nicht entschieden zu werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht
vor, weil der Beklagte seit Ende 2001, Anfang 2002 durchgehend dasselbe Gewerbe
betrieben hat.
31
2.
32
Des weiteren hat die Klägerin gemäß § 281 Abs. 1 BGB wegen vorzeitiger, vom
Beklagten zu vertretender Beendigung des Leasingvertrages Anspruch auf
Schadensersatz, dessen Höhe sich auf 1.150,75 EUR beläuft. Zwischen den Parteien
ist ein Kilometerabrechnungsvertrag zustande gekommen, aus welchem der Klägerin
Ansprüche auf entgangene Leasingraten und für Mehr-Kilometer zustehen, welche
jedoch mit Vermögensvorteilen wegen der vorzeitigen Rückgabe des Fahrzeugs
teilweise zu verrechnen sind.
33
a.
34
Der Verlängerungsvertrag vom 06. März 2003 hat eine Abrechnung nach Kilometern zur
Grundlage. Er nimmt Bezug auf den Vertrag vom 06. Februar 2002, in welchem der
Beklagte sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis 03. März 2000
übernommen hat. Dort war ausdrücklich eine Abrechnung auf Kilometerbasis vereinbart
worden, was durch die Vertragsübernahme vom 06. Februar 2002 keine inhaltliche
Änderung erfahren hat.
35
Soweit in der hier maßgeblichen Vertragsverlängerung vom 06. März 2003 ein
"kalkulierter Restwert von 43 %" genannt ist, ist dies ohne Belang; denn die
Kilometerabrechnung sollte dadurch nicht beeinflusst werden. Dies ergibt sich zum
einen aus der Angabe der Gesamtlaufleistung (Ziffer 2.) und der Abrechnung der Mehr-
bzw. Minderkilometer (Ziffer 5.). Abgesehen davon, dass auch nicht erläutert wurde, von
welcher Bezugsgröße die 43 % berechnet werden sollen, gehen die aus der
Vertragsgestaltung resultierenden Unklarheiten zu Lasten der Klägerin als
Leasinggeberin. Denn die Angabe einer Gesamtfahrleistung ist beim Kraftfahrzeug-
Leasingvertrag mit Restwertabrechnung entbehrlich, weil die tatsächliche Fahrleistung
des Fahrzeugs über den Verkaufserlös in den Restwertausgleich einfließt. Ihr kommt
vielmehr nur für den Kraftfahrzeug-Leasingvertrag mit Kilometerbegrenzung bzw. -
abrechnung Bedeutung zu, bei dem kein Restwertausgleich erfolgt (vgl. BGH NJW
2001, 2165).
36
b.
37
Die Forderung der Klägerin darf deshalb nicht entsprechend deren erstinstanzlicher
Berechnung nach Ziffer XV. Ziffer 1. und 2. ihrer AGB ermittelt werden. Denn die dort
vorgesehene Restwertabrechnung stellt eine überraschende Klausel gemäß § 305 c
38
Abs.1 BGB (früher: § 3 AGBG), zumindest aber eine unangemessene Regelung (307
Abs. 1 BGB, früher § 9 Abs. 1 AGBG), dar und ist deshalb nicht Vertragsbestandteil
geworden. Wiederholt hat dies die Rechtsprechung zu den in der gesamten
Bundesrepublik geltenden Leasingbedingungen der Klägerin entschieden (vgl. BGH
WM 1987, 38 (40); OLG Celle VersR 1995, 585; DB 1999, 1546 f.; OLG Oldenburg DAR
2003, 460 f; zustimmend Wolf/Eckert/Ball, a.a.O. Rn. 2017).; ohne dass die Klägerin
daraufhin eine Änderung ihrer Bedingungen vorgenommen hätte. Der Leasingnehmer
wird vor allem nicht hinreichend darauf hingewiesen, dass im Fall der vorzeitigen
Beendigung des Vertrages durch Kündigung ein Wechsel der Abrechnungsart
stattfindet. Ein solcher Hinweis findet sich insbesondere nicht auf der Vorderseite des
Leasingvertrages unter Ziffer 3.. Hier heißt es lediglich im vorgedruckten Text, dass bei
vorzeitiger Vertragsbeendigung durch Kündigung ein Nettorestwert mit dem
handschriftlich eingesetzten Prozentsatz (hier: 48 %) vom Einstandspreis "garantiert"
werde, da in diesem Fall keine Kilometerabrechnung erfolgen könne. Hierdurch wird
nicht ausreichend deutlich, dass im Fall vorzeitiger Vertragsbeendigung durch
Kündigung eine Umstellung auf Restwertabrechnung erfolgen soll (vgl. zu einer
ähnlichen Klausel OLG Celle VersR 1995, 585 f.).
c.
39
Der Schaden der Klägerin ist somit konkret ohne Rücksicht auf den Restwert zu
berechnen, weil die Klägerin auch bei vertragsgemäßer Abwicklung des
Leasingvertrages keinen Anspruch auf Vergütung des Restwerts gehabt hätte (vgl. BGH
NJW 1995, 954; NJW 1985, 2253). Da der Beklagte den Nichterfüllungsschaden zu
ersetzen hat, kann die Klägerin den Betrag beanspruchen, den sie bis zum Ablauf des
Vertrages erhalten hätte. Davon sind die Vorteile abzuziehen, die sich für die Klägerin
aus der vorzeitigen Vertragsbeendigung ergeben.
40
Grundsätzlich schuldet der Leasingnehmer beim Kraftfahrzeugleasing mit
Kilometerabrechnung als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung nur die
vereinbarten Leasingraten, einen Ausgleich in Geld für gefahrene Mehrkilometer
und/oder einen Ausgleich für Mängel, die auf einen nicht vertragsgerechten Zustand und
einen daraus resultierenden Minderwert des Fahrzeugs bei Rückgabe zurückzuführen
sind. Das Verwertungsrisiko trägt allein der Leasinggeber. Bleibt der Verwertungserlös
hinter dem intern für das Vertragsende kalkulierten Wert zurück, so verfehlt der
Leasinggeber sein Amortisationsziel, ohne dass er den Leasingnehmer wegen des
Ausfalls in Anspruch nehmen kann (Wolf/Eckert/Ball, aaO. Rn. 2019).
41
Grundlage der Schadensberechnung sind deshalb zunächst nur die restlichen
Leasingraten, die ohne Kündigung bis zum vereinbarten Vertragsablauf noch zu zahlen
gewesen wären, abgezinst auf den Zeitpunkt der vorzeitigen Vertragsbeendigung.
Abzuziehen sind - wie auch sonst - ersparte laufzeitabhängige Kosten. Ferner muss sich
der Leasinggeber den Vorteil anrechnen lassen, den er daraus zieht, dass das
Leasingfahrzeug früher als geplant zu ihm zurückgelangt und infolgedessen regelmäßig
zu einem höheren Erlös verwertet werden kann, als dies bei Ablauf der Vertragslaufzeit
der Fall gewesen wäre (OLG Oldenburg, a.a.O.; Wolf/Eckert/Ball, a.a.O. Rn. 2020).
42
aa.
43
Die Klägerin hat in zulässiger Weise entsprechend der vom OLG Celle (NJW-RR 1994,
743; DB 1999, 1546 f.) für einen Kilometerabrechnungsvertrag entwickelten Methode
44
den Barwert der noch offen stehenden Leasingraten ermittelt.
Der Ablösewert der restlichen Netto-Leasingraten (abgezinst nach der vorschüssigen
Barwertformel, vgl. OLG Stuttgart NJW-RR 1988, 501, reduziert um die ersparten
laufzeitabhängigen Gemeinkosten = Verwaltungskosten (3 %; vgl. hierzu OLG
Oldenburg a.a.O.) wurde zutreffend mit
1.325,03 Euro
45
bb.
46
Weiterhin hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung der Mehrkilometer. Nach Ziffer IV. Nr.
3. bleiben bei der Abrechnung von Mehr- und Minderkilometern 2.500 km
ausgenommen. Hier hatte das Fahrzeug bei der Rückgabe im Oktober 2003 eine
Laufleistung von 74.742 km. Der Kilometer-Stand bei Abschluss des Vertrages mit der I-
GmbH lag bei 8.940 km. Hinzuzuaddieren sind 60.000 km (vertraglich vereinbarte
Laufleistung), was insgesamt 68.940 km ergibt. Bei einer Laufleistung von 74.742 km
errechnet sich eine Differenz von 5.802 Mehr-Kilometern, wovon allerdings nur 3.302
(5.802 ./. 2.500) angerechnet werden. Multipliziert mit 0,2058 DM (netto) ergibt dies
679,55 DM =
347,45 Euro
47
Die Klausel betreffend die Mehr- und Minderkilometer im Vertrag vom 3. März 2000,
welcher vom Beklagten übernommen wurde, ist wirksam. Der Senat teilt die im
Schrifttum (Graf von Westphalen, a.a.O, Rn. 1255) geäußerten Bedenken nicht, wonach
eine unzulässige Schadenspauschalierung gemäß § 307 Nr. 5 a und b BGB (a.F.: § 11
Nr. 5 a und b AGBG) vorliegen soll, wenn der Leasingnehmer für Mehrkilometer
erheblich höhere Beträge (hier: 0,2058 DM/km) zahlen muss als für Minderkilometer
(hier: 0,1372 DM/km), die unter der "Gesamtkilometer-Leistung" bleiben. Denn die
Kilometervereinbarung stellt keinen pauschalierten Schadensersatz dar, sondern
umfasst die Erfüllung bei Vertragsende und ist Bestandteil der Amortisation des
Leasingvertrages. Höhere oder geringere Fahrleistungen ergeben veränderte
Restwerte, die durch die vereinbarten Mehr- bzw. Minderkilometerzahlungen
auszugleichen sind (Wolf/Eckert/Ball, a.a.O, Rn. 2017).
48
cc.
49
Zugunsten des Beklagten ist indessen zu berücksichtigen, dass die Klägerin vorzeitig
ein Fahrzeug zurückerhalten hat, welches höherwertig war als es bei vertragsgemäßem
Ablauf des Vertragsverhältnisses gewesen wäre. Daraus ergeben sich für die Klägerin
ein Wertzuwachs von 511,75 EUR sowie ein Zinsvorteil von 9,98 EUR.
50
(1)
51
Der Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Rückgabe am 08. Oktober 2003 betrug
14.030,56 EUR netto
52
Auszugehen ist zunächst von dem Verkaufswert des PKW von 17.748,-- EUR, welchen
der Senat auf der Grundlage des von der Klägerin vorgelegten Gutachten des
Sachverständigen W. vom 24. Oktober 2003 errechnet hat. Beide Parteien gehen bei
ihren Berechnungen von den Händlerverkaufswerten aus, so dass auch der Senat diese
zu Grunde legt (anders OLG Celle aaO., OLG Oldenburg aaO.) .Allerdings kann nicht
von dem vom Sachverständigen ermittelten Händlerverkaufswert (15.650,-- EUR brutto)
ausgegangen werden. Denn dieser ist nicht nach den für die Bewertung von
53
ausgegangen werden. Denn dieser ist nicht nach den für die Bewertung von
Leasingfahrzeugen maßgebenden Faktoren ermittelt worden. Ein Minderwert ist
deshalb dem Beklagten nur anzulasten, soweit er nicht auf normale Gebrauchsspuren
zurückgeführt worden ist.
Dies gilt zunächst für die vom Sachverständigen festgestellten Lackschäden. Dabei
handelt es sich bei dem zum Zeitpunkt der Schätzung über vier Jahre alten Pkw um
normalen Verschleiß, welcher gemäß Ziffer XVI. 2. AGB von der Klägerin zu tragen ist
und nicht dem Beklagten in Rechnung gestellt werden darf. Es handelt sich hierbei um
optische Schäden, die die Funktionstauglichkeit des Kraftfahrzeugs nicht
beeinträchtigen und die im Handelsverkehr mit gebrauchten Fahrzeugen nach
allgemeiner Kenntnis regelmäßig hingenommen werden (vgl. hierzu Urteil des Senats v.
30. 3. 2004, aaO).
54
Die weiteren Mängel der Türdichtung vorne links (75,-- EUR Reparaturkosten), der
Türverkleidung vorne links (200,-- EUR) und des Nebenscheinwerfers vorne rechts
(100,-- EUR) beruhen zwar nicht auf Verschleiß. Die Klägerin muss sich insoweit jedoch
einen Abzug "alt für neu" anrechnen lassen. Die Reparaturkosten von 375,-- EUR
gehen deshalb gemäß dem von der Klägerin bei anderen Positionen als Abzug "neu für
alt" in Ansatz gebrachten 48 % des Gesamtbetrages nur zu 180,-- EUR (48 % von 375,--
EUR) zu Lasten des Beklagten.
55
Bezüglich der Reifen hat die Klägerin je nach noch vorhandener Profiltiefe Abzüge zu
Lasten des Beklagten vorgenommen. Auch dies war unberechtigt, weil der Beklagte
nicht die Rückgabe eines Fahrzeugs mit einer Reifenprofiltiefe von 8 mm, welche nur
bei neuer Bereifung vorhanden gewesen wäre, schuldete. Gerade die Bereifung
unterliegt dem Verschleiß, welcher gemäß Ziffer XVI. 2. AGB von der Klägerin zu tragen
ist (s.o.). Das Fahrzeug ist mit einer Profiltiefe von 2 mm bzw. 5 mm auch noch
verkehrstauglich, da nach § 36 Abs. 2 StVZO ein Mindestprofil am ganzen Umfang des
Reifens von 1,6 mm erforderlich ist. Dieses ist hier nicht unterschritten. Darauf hat der
Senat die Parteien hingewiesen, ohne dass sie dem noch entgegengetreten wären.
56
Es ergibt sich damit folgende Zwischenrechnung:
57
Verkaufswert brutto 17.584,00 EUR
58
zuzgl. Km-Korrektur lt. Sachverständigengutachten 494,00 EUR
59
abzügl. Reparaturkosten 180,00 EUR
60
abzügl. Ersatz-Schlüssel (XVI. 1. AGB) 150,00 EUR
61
bereinigter Verkaufswert brutto 17.748,00 EUR
62
Der Einwand, die Laufleistung des Fahrzeugs sei nicht zutreffend berücksichtigt worden,
ist nicht nachvollziehbar. Denn das von der Klägerin der Abrechnung zugrunde gelegte
Gutachten des Sachverständigen W. sieht eine Gutschrift von 494,00 EUR für 19.368
km (94.400 - 74.742 km) für den Beklagten vor. Ebenfalls unverständlich ist der
Einwand, die Schätzung sei sieben Monate verspätet erfolgt. Denn die Begutachtung ist
bereits am 24. Oktober 2003 erfolgt, nachdem der Beklagte das Fahrzeug unstreitig am
08. Oktober 2003 zurückgegeben hatte.
63
Dem Beklagten sind allerdings weitere 155,-- EUR (649,00 ./. 494,00 EUR)
gutzubringen. Denn bei der Bewertung des Fahrzeugs ist ihm eine größere Menge an
Minder-Kilometern, als sie im Sachverständigengutachten W. entsprechend der
durchschnittlichen Laufleistung vergleichbarer Fahrzeuge mit 19.368 Kilometern
berücksichtigt worden ist, anzurechnen. Der Beklagte ist vertraglich gehalten, der
Klägerin die über einen Kilometerstand von 68.940 hinaus gefahrenen Kilometer zu
vergüten. Dann muss ihm aber zur Vermeidung einer Doppelbelastung die Differenz von
5.803 km (74.942 ./. 68.940 km) wie folgt gutgeschrieben werden:
64
Bei durchschnittlicher Laufleistung von 94.400 Kilometern für das Leasingfahrzeug
ergab sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen für den
Kilometerstand von 74.742 und der daraus folgenden Differenz ein Mehrwert von 494,00
EUR. Dann errechnet sich für die vertraglich vereinbarte Laufleistung von 68.940 km
eine Differenz von 25.460 Kilometern und ein Mehrwert von 649,00 EUR.
65
Zugrunde zu legen ist mithin ein Händlerverkaufswert von brutto 17.903,00 (17.748,00
EUR zuzüglich 155,00 EUR). Dieser reduziert sich um weitere 10 %, die der
Leasinggeberin im Allgemeinen als Verwertungskosten entstehen, so dass ein Betrag
von 16.275,45 EUR brutto verbleibt. Da die Klägerin als vorsteuerabzugsberechtigtes
Unternehmen Schadensersatz nur ohne die Umsatzsteuer beanspruchen kann, beträgt
der zu berücksichtigende Verkaufswert netto
14.030,56 EUR.
66
(2)
67
Der Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der regulären Vertragsbeendigung am 06. März
2004 hätte
13.518,81 EUR
Sachverständigen F. vom 14. September 2005 hätte sich der Händlerverkaufswert für
das Fahrzeug der Klägerin in vertragsgemäßem Zustand bei einer Laufleistung von
68.940 km 17.250,-- EUR brutto, abzüglich geschätzter Verwertungskosten von 10 % auf
15.681,82 EUR belaufen. Daraus errechnet sich bei 16% Umsatzsteuer ein Netto-
Verkaufswert von 13.581,81 EUR.
68
(3)
69
Die Differenz aus diesen Beträgen ergibt
511,75 EUR
Beklagten zugute kommt. Der daraus resultierende Zinsvorteil (511,75 EUR x 4,68 % x
5/12) beträgt
9,98 EUR
70
2.
71
Eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung zur Durchsetzung der
Schadensersatzansprüche war hier ebenso entbehrlich wie eine Kündigung, da der
Beklagte durch Rückgabe des Fahrzeugs und Nichtzahlung der weiteren Leasingraten
zu erkennen gegeben hat, dass er die Vertragserfüllung endgültig verweigert (§ 281
Abs. 2 BGB).
72
3.
73
Das Leasingverhältnis ist danach wie folgt abzurechnen
74
Leasingrate September 2003 323,43 EUR
75
Leasingrate 01.-08. Oktober 2003 (8/31) 83,47 EUR
76
Erfüllungsanspruch 406,90 EUR 406,90 EUR
77
Barwert der abgezinsten Leasingraten vom
78
09. Oktober 2003 bis 06. März 2004 1.325,03 EUR
79
Mehrkilometer, netto 3.302 km x 0,2058 347,45 EUR
80
abzüglich Mehrwert des Fahrzeugs aufgrund
81
vorzeitiger Rückgabe am 08. Oktober 2003 ./. 511,75 EUR
82
abzüglich des daraus resultierenden
83
Zinsvorteils ./. 9,98 EUR
84
Schadensersatzanspruch 1.150,75 EUR 1.150,75 EUR
85
Anspruch insgesamt 1.557,65 EUR
86
III.
87
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
88
Der Streitgegenstand im Berufungsverfahren beläuft sich auf 4.610,89 EUR.
89
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht.
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a. T H
b. ROLG RinOLG am
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