Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.08.2008

OLG Düsseldorf: auskunft, zwangsgeld, nichterfüllung, liegenschaft, grundstück, hauptsache, erlass, rechtsmittelinstanz, firma, stadt

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-7 W 100/07
Datum:
25.08.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-7 W 100/07
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 27. September 2007
und die sofortige Beschwerde der Schuldner vom 4. September 2007
ge-gen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal
vom
24. August 2007 wird der Beschluss des Landgerichts abgeändert und
zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Gegen die Schuldner wird wegen Nichterfüllung der ihnen durch
Teilanerkenntnisurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal
vom 21. Januar 2005 auferlegten Verpflichtung zu Ziffer 2. des
Urteilstenors ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 1.000,00 €,
ersatzweise jeweils Zwangshaft von einem Tag je 200,00 €, verhängt.
Es wird festgestellt, dass der Zwangsmittelantrag des Gläubigers vom
19. März 2007, soweit er die Verpflichtungen der Schuldner zu Ziffern 3.
und 4. des o.g. Urteils des Landgerichts betrifft, erledigt ist.
Die Kosten des landgerichtlichen Verfahrens werden dem Gläubiger zu
1/3 und den Schuldnern zu jeweils 1/3 auferlegt. Die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens tragen die Schuldner zu je ½ .
G r ü n d e
1
I.
2
Das Landgericht Wuppertal hat die Schuldner mit Urteil vom 21.01.2005 (GA 313) als
Erben des am 14.08.2002 in Z. verstorbenen Erblassers Dr. G. E. sen. verurteilt, dem
Gläubiger, ihrem Bruder, Auskunft wie folgt zu erteilen:
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Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
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1.
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dem Kläger Auskunft zu erteilen über den Bestand des Nachlasses des am
14.08.2002 verstorbenen Dr. G. A. J. E. (Senior) durch Vorlage eines durch
einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses;
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2.
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dem Kläger Auskunft zu erteilen über die von Dr. G. A. J. E., ..., gegenüber den
Beklagten gemachten ausgleichspflichtigen Schenkungen im Sinne von §
2316 BGB sowie über während der letzten zehn Jahre vor seinem Tod den
Beklagten oder dritten Personen gemachte Schenkungen im Sinne von §
2325 BGB, wobei auch Schenkungen im Sinne von § 2330 BGB erfasst sein
müssen, durch Vorlage eines von einem Notar aufgenommenen
Verzeichnisses;
8
3.
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den Wert der Liegenschaft im Grundbach von N., Bl. X, Flur-Nr. X, FISt-Nr. X
durch ein Sachverständigengutachten ermitteln zu lassen und dieses dem
Kläger zu übergeben;
10
4.
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den Wert folgender Beteiligungen durch Vorlage eines
Sachverständigengutachtens zu ermitteln:
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a) 37,5 % Kommanditanteile an der Dr. Ing. E. T. GmbH & Co.
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KG mit Sitz … R., …,
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b) 50,27 % Geschäftsanteile an der Dr. Ing. E. T. Verwaltungs-
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GmbH, Sitz ... R., ...,
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c) 45 % Geschäftsanteile an der E. T. GmbH, Sitz ... D.,
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...,
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d) 50 % Geschäftsanteile an der Firma E. T. GmbH Anlagenbau,
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Sitz ... R., ...,
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e) 52 % Geschäftsanteile an der Firma R. R. T.
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L. GmbH, Sitz ..., R. …,
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Dieses Urteil ist rechtskräftig.
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Mit Schriftsatz vom 19.03.2007 (GA 332) hat der Gläubiger beantragt, gegen die
Schuldner wegen Nichterfüllung folgender Verpflichtungen aus dem oben genannten
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Urteil ein Zwangsgeld festzusetzen:
Nichterteilung der Auskunft über die ausgleichspflichtige Schenkungen des
Erblassers an die Schuldner oder Dritte (Ziffer 2. ),
Nichtvorlage eines Sachverständigengutachtens zur Bewertung der Liegenschaft
in N. (Ziffer 3.),
Nichtvorlage der Sachverständigengutachten zur Bewertung der Beteiligungen
des Erblassers an den genannten Firmen (Ziffer 4.).
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26
Die Schuldner haben beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Sie haben geltend gemacht, das von ihnen vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis
des Notars Dr. N. in K. vom 02.05.2005 (GA 351 ff.) umfasse auch die Auskunft über
etwaige Schenkungen des Erblasser an die Erben oder Dritte. Da angegeben worden
sei, dass die Auskunft vollständig sei, beziehe sich diese daher auch darauf, dass
weitere Schenkungen nicht erfolgt seien. Bezüglich eines Sachverständigengutachtens
zur Bewertung der Liegenschaft in N. haben die Schuldner vorgetragen, dass der
Grundbesitz praktisch wertlos sei, was sich zum einen aus dem Bescheid über die
gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 14.08.2002 zum Zwecke der
Erbschaftsteuer, in welchem der Wert des Grundbesitzes mit Null angegeben werde,
sowie aus der Bewertung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im
Rheinischen-Bergischen Kreis, wonach sich ein Wert von 1,50 € pro m2 zum Stichtag
ergebe, was bei 1.258 m2 einen Wert von 1.887,00 € ausmache, ergebe. Bezüglich der
Vorlage der Sachverständigengutachten zur Bewertung der Gesellschaftsanteile hätten
sie alles veranlasst, ihnen sei nicht zuzurechnen, dass diese erst verspätet vorgelegt
werden konnten.
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Der Gläubiger hat geltend gemacht, dem notariellen Nachlassverzeichnis seien keine
ausdrücklichen Angaben dazu zu entnehmen, dass keine weiteren Schenkungen
vorlägen. Auf einen Anspruch auf Ermittlung des Wertes des Grundbesitzes in N. durch
Vorlage eines Sachverständigengutachtens, wie tituliert, habe er zu keinem Zeitpunkt
verzichtet. Bezüglich der Nichtvorlage der Sachverständigengutachten zum Wert der
Unternehmensbeteiligungen schuldeten die Schuldner deren Vorlage als
höchstpersönliche Handlung, weswegen die Nichtvorlage ihnen zuzurechnen sei.
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Im Verlauf des Zwangsvollstreckungsverfahrens vor dem Landgericht haben die
Schuldner die Sachverständigengutachten zum Wert der Unternehmensbeteiligungen
vorgelegt. Eine Teil-Erledigungserklärung des Gläubigers ist zunächst nicht erfolgt.
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Mit Beschluss vom 24.08.2007 (GA 432) hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts
Wuppertal dem Antrag des Gläubigers insoweit stattgegeben, als dass die Schuldner
die ihnen durch das Urteil der Kammer vom 21.01.2005 auferlegten Verpflichtungen zu
2. (ausgleichspflichtige Schenkungen) und zu 3. (Wertermittlung bezüglich des
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Grundbesitzes) nicht erfüllt hätten, und hat ihnen (den Schuldnern) deswegen ein
Zwangsgeld in Höhe von jeweils 2.000 € auferlegt, im Übrigen (Vorlage von
Sachverständigengutachten bezüglich der Unternehmensbeteiligungen) hat es den
Antrag des Gläubigers, da erfüllt worden sei, zurückgewiesen und dem Gläubiger
aufgrund der Zurückweisung 1/3 der Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens
auferlegt. Dieser Beschluss ist dem Gläubiger am 11.09.2007 (GA 454) und den
Schuldnern am 30.08.2007 (GA 435) zugestellt worden.
Gegen diesen Beschluss hat der Gläubiger mit Schriftsatz vom 25.09.2007 (GA 455)
sofortige Beschwerde eingelegt. Die Schuldner haben gegen diesen Beschluss mit
Schriftsatz vom 04.09.2007 (GA 437) Beschwerde eingelegt. Das Landgericht
Wuppertal hat den Beschwerden nicht abgeholfen (Beschluss vom 27.09.2007 – GA
460).
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In der Rechtsmittelinstanz haben die Schuldner am 17.01.2008 bezüglich des
Grundbesitzes in N. ein Sachverständigengutachten vorgelegt (betrifft Verpflichtung zu
Ziffer 3.).
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Der Gläubiger wendet sich gegen den Beschluss mit der Begründung, das Landgericht
habe ihn (Gläubiger) auf die Notwendigkeit einer Erledigungserklärung bezüglich der im
Verlaufe des Verfahrens vorgelegten Sachverständigengutachten zu den
Unternehmensbeteiligungen hinweisen müssen (Verpflichtung zu Ziffer 4.). Im Übrigen
seien die vorgelegten Gutachten fehlerhaft.
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Der Gläubiger beantragt nunmehr,
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1. die Beschwerde der Schuldner wegen der Zwangsgeldfestsetzung bzgl. der
Nichterteilung der Auskunft zu Ziffer 2. des Urteilstenors zurückzuweisen;
2. auf die Beschwerde der Schuldner wegen der Zwangsgeldfestsetzung bzgl. der
Nichtvorlage des Sachverständigengutachtens zu Ziffer 3. des Urteilstenors
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a. unter teilweiser Aufhebung des Zwangsmittelfestsetzungsbeschlusses des
Landgerichts Wuppertal vom 24.08.2007 insoweit festzustellen, dass die
Hauptsache teilweise erledigt ist bzw.
b. hilfsweise die Beschwerde auch insoweit als unzulässig, hilfsweise als
unbegründet zurückzuweisen;
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auf seine Beschwerde wegen der Zwangsgeldfestsetzung bzgl. der Nichtvorlage des
Sachverständigengutachtens zu Ziffer 4. des Urteilstenors unter teilweiser Aufhebung
des Zwangsmittelfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Wuppertal vom 24.08.2007
insoweit festzustellen, dass die Hauptsache teilweise erledigt ist.
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Die Schuldner beantragen,
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den Beschluss des Landgerichts Wuppertal vom 24.08.2007 aufzuheben,
soweit gegen sie wegen Nichterfüllung der ihnen durch Teilanerkenntnis- und
Teilurteil der Kammer vom 21. Januar 2005 auferlegten Verpflichtungen zu Nr.
2 und Nr. 3 des Urteilstenors ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 2.000 €
verhängt worden ist, und den Antrag des Gläubigers auch insoweit
zurückzuweisen, sowie, die Beschwerde des Gläubigers zurückzuweisen.
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II.
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A. Beschwerde des Gläubigers
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Die Beschwerde ist begründet. Es wird festgestellt, dass der Zwangsmittelantrag des
Gläubigers zu Ziffer 4. des landgerichtlichen Urteils vom 21.01.2005 erledigt ist, da die
geschuldeten Sachverständigengutachten von den Schuldnern vorgelegt worden sind.
Der ursprünglich zulässige und begründete Zwangsmittelantrag des Gläubigers ist
durch Erfüllung der titulierten Verpflichtung durch die Schuldner unbegründet geworden.
Der Erfüllungseinwand ist im Zwangsmittelverfahren – auch in der Beschwerdeinstanz -
zu berücksichtigen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts
in seinen Beschlüssen vom 24.08.2007 (GA 429) und 27.09.2007 (GA 459) verwiesen.
Die Klärung der inhaltlichen Richtigkeit der vorgelegten Gutachten bleibt der 3. Stufe
dieses Rechtsstreits (Leistungsantrag) vorbehalten.
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B. Beschwerde der Schuldner
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Die Beschwerde ist bzgl. der Verpflichtungen der Schuldner aus Ziffern 2. und 3. des
landgerichtlichen Urteils unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht den Schuldnern
wegen Nichterfüllung ihrer Verpflichtungen zu Ziffer 2. gemäß § 888 ZPO ein
Zwangsgeld auferlegt, welches jedoch mit Rücksicht auf die inzwischen eingetretene
Erledigung des Zwangsmittelantrags bzgl. Ziffer 3. des landgerichtlichen Urteils auf
jeweils 1.000 € zu reduzieren war.
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1.
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Der Zwangsmittelantrag des Gläubigers bzgl. Ziffer 3 des Urteils war ursprünglich
zulässig und begründet und hat erst in der Rechtsmittelinstanz durch die Vorlage eines
entsprechenden Sachverständigengutachtens seine Erledigung gefunden. Entgegen
der Auffassung der Schuldner war der entsprechende Zwangsmittelantrag des
Gläubigers aber nicht von Anfang an unbegründet. Die Verpflichtung der Schuldner zur
Vorlage des Sachverständigengutachtens bezüglich des Wertes des Grundstückes in N.
(Ziffer 3.) folgte aus dem titulierten Urteil. Die Beklagten wären nur dann nicht
verpflichtet gewesen, ein solches Gutachten auf Kosten des Nachlasses einzuholen,
wenn die Berufung des Klägers auf den titulierten Anspruch rechtsmissbräuchlich
gewesen wäre. Hierfür sind keine Anhaltspunkte zu erkennen. Eine solche Annahme
käme nur dann in Betracht, wenn schon vor Titulierung des Anspruchs festgestanden
hätte, dass das streitgegenständliche Grundstück voraussichtlich nur von geringem Wert
ist. Soweit die Schuldner sich nunmehr auf die Aussage des Gutachterausschusses der
Stadt W. sowie auf die Bewertung des Finanzamtes berufen, wäre es ihnen
unbenommen gewesen, diese Argumentation unter Beifügen von Belegen im streitigen
Verfahren vor Erlass des Urteils zu verfolgen, um auf diese Weise eine Klageabweisung
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zu erreichen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Da die Schuldner wussten, dass der
Gläubiger sie diesbezüglich in Anspruch nimmt, hätte es ihnen auch oblegen, sich im
Rahmen der Rechtsverteidigung um entsprechende Auskünfte und Unterlagen zu
bemühen. Die Schuldner haben sich vor Erlass des Titels gleichwohl damit zufrieden
gegeben, ohne Vorlage von Belegen zu behaupten, das Grundstück sei nur von
geringem Wert.
2.
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Die sofortige Beschwerde ist bezüglich der zu Ziffer 2. des oben genannten Urteils
geschuldeten Verpflichtung, Auskunft über ausgleichspflichtige Schenkungen des
Erblassers zu tätigen, unbegründet. Die Auflistung des Grundbesitzes in Bad H. unter
der Rubrik "Nachlassaktiva, Grundstücke" ist auch im Zusammenhang mit den
Erklärungen der Schuldner gegenüber dem Notar, alle Angaben wahrheitsgemäß und
vollständig abgegeben zu haben, nicht geeignet, die Verpflichtung zu Ziffer 2. des oben
genannten Urteils zu erfüllen. Aus dem Zusammenhang der Gesamturkunde lässt sich
nicht erkennen, dass und in welchem Umfang sich die Schuldner zu dem Vorliegen
ausgleichspflichtiger Schenkungen nach allen titulierten Varianten, §§ 2316, 2325, 2339
ZPO, erklärt haben. Die Negativerklärung in der notariellen Urkunde lässt keine
Rückschlüsse darüber zu, ob die Schuldner unter dem Gesichtspunkt ggfls.
ausgleichungspflichtiger Schenkungen und in Kenntnis der insoweit für eine Beurteilung
dieses Rechtsbegriffs relevanten Tatsachen eine Erklärung abgegeben haben.
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C.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 ZPO. Die Kostenentscheidung für
die 1. Instanz entspricht dem vom Landgericht zutreffend beurteilten Sach- und
Streitstand zum damaligen Zeitpunkt. Eine Verpflichtung des Landgerichts, den
Gläubiger auf die Erledigung hinzuweisen, bestand nicht.
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Gegenstandswert für die Beschwerde des Gläubigers: 6.000,00 €:
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Der Senat bewertet die Beschwer des Gläubigers mit einem Betrag in dieser Höhe, da
die Firmenbeteiligungen des Erblassers, auf die sich die Verpflichtung zu Ziffer 4.
bezieht, deutlich höher zu bewerten sind, als dies bei den übrigen im Rahmen der
Auskunft geltend gemachten Positionen der Fall ist.
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Gegenstandswert für die Beschwerden der Schuldner: jeweils 2.000 €, seit dem 23. Juli
2008 jeweils 1.000 €.
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