Urteil des OLG Düsseldorf vom 24.06.2004

OLG Düsseldorf: stand der technik, belüftung, in den verkehr bringen, luft, erfindung, angemessene entschädigung, messung, zeichnung, gebrauchsmuster, abrede

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 U 6/01
Datum:
24.06.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 U 6/01
Tenor:
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 28. November 2000
verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird
mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Abschnitt I. 1. des
Urteilsausspruches folgende Fassung erhält:
„ Die Beklagten werden verurteilt,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro, ersatzweise
Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle
widerholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlas-
sen,
a) Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende
Milchsammelanlage bestehend aus einem über eine Leitung von einer
Vakuumpumpe mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter,
in dessen oberem Bereich eine Saugleitung für die von einem
Lieferanten anzunehmende Milch einmündet und von dessen unterem
Bereich eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe arbeitende
Förderpumpe aufweisende Förderleitung ausgeht, die in den
Sammeltank mündet,
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen
oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen in der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der
Vakuumpumpe ein Schaumsammelbehälter angeordnet ist, von dessen
unterem Bereich eine zum Luftabscheidebehälter führende, durch ein
Ventil absperrbare Rücklaufleitung ausgeht, die den Leitungsabschnitt
zwischen dem Luftabscheidebehälter und dem Schaumsammelbehälter
überbrückt, und bei denen in dem Leitungsabschnitt zwischen dem
Luftabscheidebehälter und dem Schaumsammelbehälter ein umgekehrt
zum Ventil in der Rücklaufleitung wirkendes Ventil angeordnet ist, und
bei denen die vom Luftabscheidebehälter ausgehende und zur
Vakuumpumpe führende Leitung mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in
den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters einmündet, wobei an
dem Schaumsammelbehälter eine Belüftung zum Abbau des im
Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdrucks angeschlossen ist;
b) Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende
Milchsammelanlage bestehend aus einem über eine Leitung von einer
Vakuumpumpe mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter,
in dessen oberem Bereich eine Saugleitung für die von einem
Lieferanten anzunehmende Milch einmündet und von dessen unterem
Bereich eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe arbeitende
Förderpumpe aufweisende Förderleitung ausgeht, die in den
Sammeltank mündet,
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen
oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen in der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der
Vakuumpumpe ein einziger Schaumsammelbehälter angeordnet ist, von
dessen unterem Bereich eine zum Luftabscheidebehälter führende ab-
sperrbare Rücklaufleitung ausgeht, und bei denen die vom
Luftabscheidebehälter ausgehende und zur Vakuumpumpe führende
Leitung mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des
Schaumsammelbehälters einmündet, wobei an dem Schaumsammelbe-
hälter eine Belüftung zum Abbau des im Schaumsammelbehälter herr-
schenden Unterdrucks angeschlossen ist.“
II.
Die Beklagten haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tra-
gen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der
Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 520.000,-- Euro
abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Die Sicherheitsleistungen können auch durch die schriftliche,
unwiderruflich, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines in der
Bundesrepublik Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten
Kreditinstituts erbracht werden.
IV.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 511.291, 88 Euro (1
Million Deutsche Mark).
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patentes 196 20 510
(Klagepatent, Anl. K 1) betreffend einen Luftabscheider für eine Milchsammelanlage und
des parallelen deutschen Gebrauchsmusters 296 23 713 (Klagegebrauchsmuster, Anl.
K 2). Aus beiden Schutzrechten nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung,
Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Erzeugnisse und Feststellung ihrer
Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch; weiterhin begehrt sie, die Verpflichtung
der Beklagten zu 1) zur Leistung einer angemessenen Entschädigung für die Benutzung
der zum Patent angemeldeten Erfindung während des Offenlegungszeitraumes
festzustellen.
2
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist am 22. Mai 1996 eingereicht
und am 27. November 1997 offengelegt worden; die Veröffentlichung der
Patenterteilung hat am 19. August 1999 stattgefunden. Das Klagegebrauchsmuster ist
aus der Anmeldung des Klagepatentes abgezweigt, am 6. Mai 1999 eingetragen und
am 17. Juni 1999 bekannt gemacht worden.
3
Anspruch 1 des Klagepatentes in der erteilten und Schutzanspruch 1 des
Klagegebrauchsmusters in der eingetragenen und vor dem Landgericht geltend
gemachten Fassung lauteten übereinstimmend wie folgt:
4
Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage,
bestehend aus einem über eine Leitung (2a, 2b) von einer Vakuumpumpe (3) mit
Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter (1), in dessen oberem
Bereich eine Saugleitung (4) für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch
einmündet und von dessen unterem Bereich eine eine gegen den Unterdruck der
Vakuumpumpe (3) arbeitende Förderpumpe aufweisende Förderleitung (6)
ausgeht, die in den Sammeltank mündet,
dadurch gekennzeichnet
Leitung (2a, 2b) zwischen dem Luftabscheidebehälter (1) und der Vakuumpumpe
(3) ein Schaumsammelbehälter (7) angeordnet ist, von dessen unterem Bereich
eine zum Luftabscheidebehälter (1) führende, absperrbare Rücklaufleitung (8)
ausgeht, und dass die vom Luftabscheidebeälter (1) ausgehende und zur
Vakuumpumpe (3) führende Leitung (2a, 2b) mit ihrem ersten Leitungsabschnitt
(2a) in den oberen Bereich des Schaumsammelbehälters (7) einmündet, wobei an
dem Schaumsammelbehälter (7) eine Belüftung (12) zum Abbau des im
Schaumsammelbehälter (7) herrschenden Unterdruckes angeschlossen ist.
5
Durch Beschluss vom 18. März 2002 (Anlagen K 9, K 11) hat die
Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamtes das
Klagegebrauchsmuster teilweise gelöscht und im kennzeichnenden Teil des
Schutzanspruches 1 zwischen den Worten "ein" und "Schaumsammelbehälter" das
Wort "einziger" eingefügt. Das Bundespatentgericht hat diese Entscheidung im
Beschwerdeverfahren durch Beschluss vom 16. Juli 2003 (Anlage L 34) bestätigt.
6
Das Klagepatent ist durch rechtskräftig gewordenes (vgl. Bl. 214 d.A.) Urteil des
7
Bundespatentgerichtes vom 5. März 2002 (Anlagen K 10 und L 18) in dem im
Nichtigkeitsverfahren verteidigten Umfang beschränkt aufrecht erhalten worden; in
dieser Fassung lautet der kennzeichnende Teil des Anspruches 1 bei unverändert
gebliebenem Oberbegriff – ohne Bezugszeichen – wie folgt (hinzu gekommene
Merkmale sind kursiv hervorgehoben):
... dadurch gekennzeichnet, dass in der Leitung zwischen dem
Luftabscheidebehälter und der Vakuumpumpe ein Schaumsammelbehälter
angeordnet ist, von dessen unterem Bereich eine zum Luftabscheidebehälter
führende, durch ein Ventil absperrbare Rücklaufleitung ausgeht, die den
Leitungsabschnitt zwischen dem Luftabscheidebehälter und dem
Schaumsammelbehälter überbrückt, und dass in dem Leitungsabschnitt zwischen
dem Luftabscheidebehälter und dem Schaumsammelbehälter ein umgekehrt zum
Ventil in der Rücklaufleitung wirkendes Ventil angeordnet ist, und dass die vom
Luftabscheidebehälter ausgehende und zur Vakuumpumpe führende Leitung mit
ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des
Schaumsammelbehälters einmündet, wobei an dem Schaumsammelbehälter eine
Belüftung zum Abbau des im Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdruckes
angeschlossen ist.
8
9
Die nachstehend wiedergegebenen sowohl in der Klagegebrauchsmuster- als auch in
der Klagepatentschrift enthaltenen Figuren 1 und 2 zeigen ein Ausführungsbeispiel der
Erfindung, wobei der erfindungsgemäße Luftabscheider in Figur 1 bei der
Milchannahme den Milchschaum aus dem Luftabscheidebehälter absaugend und in
Figur 2 während der Rückförderung des zu Milch rückverflüssigten Schaums aus dem
Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter dargestellt ist.
10
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, stellt her und
vertreibt Luftabscheider für Milchsammelanlagen, deren Funktionsweise aus der von der
Klägerin als Anl. K 6 und von den Beklagten als Anlage L 21 vorgelegten und
nachstehend wiedergegebenen Prinzipzeichnung ersichtlich ist.
11
Die Beklagten haben darüber hinaus das Funktionsschema gemäß Anlage L 26 und ein
Gutachten von Professor Franz GU vom 17. Oktober 2003 (Anl. L 31) vorgelegt; die
Klägerin hat ferner die Lichtbilder gemäß Anlage K 12, die Zeichnung gemäß Anl. K 13
und das Funktionsschema gemäß Anlage K 15 zu den Akten gereicht. Aus der
vorstehend wiedergegebenen Zeichnung ist ersichtlich, dass eine Vakuumpumpe (3)
über eine Leitung (2a/b) mit dem Luftsabscheidebehälter (1) verbunden ist, um ein
Vakuum aufzubauen, damit die vom Lieferanten zu sammelnde Milch über die
Annahmeleitung (4) in den Luftabscheidebehälter gesaugt werden kann. In der Leitung
zwischen Luftabscheidebehälter und Vakuumpumpe ist ein Schaumsammelbehälter (7)
zum Sammeln und Rückverfüssigen von Milch aus Milchschaum angeordnet, dessen
oberer Bereich über den Abschnitt (2a) der Vakuumleitung und dessen unterer Bereich
über die Milchrücklaufleitung (8) mit dem Luftabscheidebehälter verbunden ist und der
durch ein Ventil (13) über den Leitungsabschnitt (2b) zum Abbau des Vakuums belüftet
werden kann. Die Verbindung zwischen Luftabscheide- und Schaumsammelbehälter
kann in der Vakuumleitung durch ein Ventil (9) und in der Rücklaufleitung durch ein
Ventil (19) und ein Rückschlagventil (10) unterbrochen werden.
12
Die Klägerin sieht in dem Vertrieb dieser Luftabscheider eine Verletzung der
Klageschutzrechte. Die Beklagten haben vor dem Landgericht eingewandt, die
angegriffene Vorrichtung entspreche nicht der erfindungsgemäßen technischen Lehre.
Beim Entleeren des Schaumsammelbehälters sei der Innendruck im Luftabscheide- und
im Schaumsammelbehälter gleich, so dass die verflüssigte Milch nicht durch ein
Druckgefälle von dort in den Luftabscheidebehälter zurückgesaugt werde sondern
ausschließlich durch das Höhengefälle der Rücklaufleitung dorthin zurückfließe. Anl. K
6 entsprechende Vorrichtungen hätten sie nur in Fahrzeuge installiert, aus deren
Sammeltank Milch in denjenigen eines anderen Fahrzeuges umgepumpt werden könne.
Um bei solchen Sammelfahrzeugen den mit dem Sammeltank verbundenen
Luftabscheidebehälter gegen ein Überfluten zu sichern, sei in der Vakuumleitung das in
Anl. K 6 mit der Bezugsziffer 9 bezeichnete Ventil und in der Rücklaufleitung ein
weiteres Ventil (Bezugszeichen 19 in Anlage L 21) vorhanden, die nur gemeinsam
geöffnet oder geschlossen werden könnten. Werde das Ventil (9) geschlossen und beim
Belüften des Schaumsammelbehälters das Vakuum im Luftabscheidebehälter
aufrechterhalten, könne durch das gleichzeitig geschlossene Ventil in der
Rücklaufleitung keine Milch aus dem Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter
gelangen. Erst wenn beide Ventile geöffnet seien, der Luftabscheidebehälter belüftet
und die Druckdifferenz zwischen den Behältern beseitigt sei, fließe die Milch durch die
Rücklaufleitung in den Luftabscheidebehälter zurück.
13
Die Beklagten haben sich ferner auf ein privates Vorbenutzungsrecht berufen.
14
Durch Urteil vom 28. November 2000 hat das Landgericht die Beklagten aus dem
Klagepatent entsprechend den dort zuletzt gestellten Anträgen verurteilt,
15
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM – ersatzweise Ordnungshaft
– oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter
Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
16
Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage
bestehend aus einem über eine Leitung von einer Vakuumpumpe mit Unterdruck
beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter, in dessen oberem Bereich eine
Saugleitung für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch einmündet und
von dessen unterem Bereich eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe
arbeitende Förderpumpe aufweisende Förderleitung ausgeht, die in den
Sammeltank mündet,
17
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den
genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
18
bei denen in der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der
Vakuumpumpe ein Schaumsammelbehälter angeordnet ist, von dessen unterem
Bereich eine zum Luftabscheidebehälter führende absperrbare Rücklaufleitung
ausgeht, und bei denen die vom Luftabscheidebehälter ausgehende und zur
Vakuumpumpe führende Leitung mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen
Bereich des Schaumsammelbehälters einmündet, wobei an dem
Schaumsammelbehälter eine Belüftung zum Abbau des im
Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdrucks angeschlossen ist;
19
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1.
bezeichneten Handlungen seit dem 27. Dezember 1997 begangen haben, und
zwar unter Angabe
20
a) der Herstellungsmengen und –zeiten, sowie der Menge der erhaltenen oder
bestellten Erzeugnise sowie der Namen und Anschriften der Her- steller,
Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
21
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –
preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und An- schriften der
Abnehmer,
22
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –
preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und
23
Anschriften der Angebotsempfänger,
24
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
25
e)der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs- kosten
und des erzielten Gewinns,
26
wobei
27
- von den Beklagten zu 2) und zu 3) sämtliche Angaben und von sämt- lichen
Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 19. Sep- tember 1999 zu
machen sind;
28
- den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht
gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von
dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegen- heit verpflichteten
vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten
tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage
mitzuteilen, ob ein bestimmter Ab- nehmer oder Angebotsempfänger in der
Aufstellung enthalten ist;
29
3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum
befindlichen unter vorstehend I.1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten.
30
Außerdem hat es antragsgemäß festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet sei, der
Klägerin für die vorbezeichneten in der Zeit vom 27. Dezember 1997 bis zum 18.
September 1999 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu
zahlen, und dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, der Klägerin
allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorbezeichneten und seit dem 19.
September 1999 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde.
31
Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche
sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruches 1 wortsinngemäß. Zum Aufbau des
Druckgefälles zwischen Luftabscheide- und Schaumsammelbehälter werde dieser bei
der angegriffenen Ausführungsform bei geschlossenen Ventilen (9) und (19) belüftet.
32
Würden die Ventile wieder geöffnet, werde das bestehende Druckgefälle erst nach
Ablauf einer relativ kurzen Zeitspanne ausgeglichen, bis zum Ausgleich bestehe aber
noch eine Druckdifferenz zwischen beiden Behältern, die zur Folge habe, dass
jedenfalls eine erste Teilmenge der aus dem Schaum rückgewonnenen flüssigen Milch
angesaugt werde und auch aufgrund des Druckgefälles in den Luftabscheidebehälter
zurückgelange. Ein privates Vorbenutzungsrecht könnten die Beklagten nicht für sich in
Anspruch nehmen, weil ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen sei, dass sie sich vor dem
Prioritätstag des Klagepatentes im Erfindungsbesitz befunden hätten. Bei sämtlichen
älteren Ausführungsformen gelange die verflüssigte Milch allein aufgrund des Gefälles
der Rücklaufleitung und nicht unter Ausnutzung eines Druckgefälles in die
Luftabscheidekammer zurück. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf
das Urteil des Landgerichtes Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wiederholen ihr
erstinstanzliches Vorbringen und machen ergänzend geltend:
33
Der angegriffene Gegenstand habe keine am Schaumsammelbehälter vorgesehene
Belüftung; belüftet werde statt dessen die sowohl zum Schaumsammelbehälter als auch
zur Vakuumpumpe führende Leitung. Die dem Gutachten Professor GU zugrunde
liegenden Untersuchungen hätten ergeben, dass die angegriffene Vorrichtung so
gesteuert werde, dass die verflüssigte Milch ausschließlich schwerkraftbedingt vom
Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter gelange. Bei einer Belüftung des
Schaumsammelbehälters sei immer auch das Ventil (9) der Vakuumleitung (2 a)
geöffnet. Beim Öffnen dieses Ventils werde das Druckgefälle von 0,44 bar zwischen
beiden Behältern in 0,42 Sekunden ausgeglichen. Da die Vakuumleitung früher als die
Rücklaufleitung geöffnet werde, nämlich bereits während der Förderung der Milchneige,
wenn der mit der Milch eingesaugte Luftanteil das Vakuum im Luftabscheidebehälter
zunehmend verringere, fließe auch keine Luft aus dem Schaumsammel- in den
Luftabscheidebehälter. Beim Öffnen der Rücklaufleitung sei der Unterdruck im
Luftabscheidebehälter abgebaut und der Druck in beiden Behältern gleich. Die diesem
Funktionsablauf entsprechende Arbeitsweise der elektronischen Steuerung könne
weder von ihnen – den Beklagten – noch von ihren Abnehmern verändert werden.
34
Dass die Ventile in der Vakuum- und in der Rücklaufleitung der angegriffenen Anlage
möglicherweise mit einer anderen Steuerung gegenläufig arbeiten könnten, genüge
nicht zur Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre; eine andere
Sichtweise widerspreche der vom Bundespatentgericht vorgenommenen Beschränkung
des Klagepatentes im Nichtigkeitsverfahren und lasse außer Acht, dass das
Klageschutzrecht in dieser weiten Auslegung gegenüber dem vorbekannten Stand der
Technik (Anl. L 16, L 35) nicht patentfähig wäre, der ebenfalls zwei Ventile aufgewiesen
habe, die theoretisch in gegenläufig wirkender Weise hätten angesteuert werden
können.
35
Sie – die Beklagten – hätten in nicht erfinderischer Weise den Stand der Technik weiter
entwickelt, wie er sich aus den zum Beleg ihres Vorbenutzungsrechtes vorgelegten
Unterlagen gemäß Anlagen L 1 bis L 17 ergebe, bei denen der Rücklauf der Milch
ebenfalls ausschließlich auf dem Schwerkraftprinzip beruht habe; die angegriffene
Vorrichtung entspreche im wesentlichen derjenigen, die die GDE GmbH & Co. KG in
Büchen 1988 gebaut und im selben Jahr im November auf der Messe "DLG-FoodTec
88" in Frankfurt am Main ausgestellt habe (vgl. Anlagen L 33 und 33 a).
36
Im übrigen handele die Klägerin treuwidrig, wenn sie die hier in Rede stehende
Vorrichtung aus den Klageschutzrechten angreife, nachdem sie im
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren erklärt habe, sie beanspruche für Vorrichtungen
mit schwerkraftbedingter Milchrückführung keinen Schutz.
37
Die Beklagten beantragen,
38
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
39
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der
Urteilsausspruch des Landgerichtes in Abschnitt I.1. die aus der
Entscheidungsformel des vorliegenden Berufungsurteils ersichtliche, den
jeweiligen Beschränkungen der Klageschutzrechte im Patentnichtigkeits- und
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren Rechnung tragende Fassung erhält,
41
und tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen. Sie meint, die angegriffene
Vorrichtung verwirkliche auch alle im aufrecht erhaltenen Schutzanspruch 1 des
Klagegebrauchsmusters und im beschränkten Ansprich 1 des Klagepatentes
angegebenen Merkmale wortsinngemäß. Die Übereinstimmung mit Schutzanspruch 1
des Klagegebrauchsmusters ergebe sich daraus, dass bei der angegriffenen
Vorrichtung, wenn zum Entleeren des Schaumsammelbehälters in der Hauptphase der
Milchannahme, während derer beide Behälter unter Vakuum stünden, die Vakuum- und
die Rücklaufleitung, die normalerweise gegenüber dem Luftabscheider geschlossen
seien, vorübergehend geöffnet würden, ein Druckgefälle zwischen dem zunächst noch
unter Vakuum stehenden Luftabscheidebehälter und dem schon unter
Atmosphärendruck stehenden Schaumsammelbehälter entstehe, das sich erst später
ausgleiche und bis zum Ausgleich das Rücksaugen von Milch aus dem
Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter ermögliche.
42
Auch der Anspruch 1 des Klagepatentes werde in der beschränkt aufrecht erhaltenen
Fassung benutzt. Hierzu hat die Klägerin im Berufungsrechtszug zunächst vorgetragen,
die angegriffene Vorrichtung habe in der Rücklaufleitung ein Rückschlagventil (10,
Bezugszeichen entsprechen der Zeichnung Anl. L 21), das in der Annahmephase den
Rückfluss von Milch aus dem Schaumsammelbehälter verhindere, während das Ventil
(9) in der Vakuumleitung offen sei, um den notwendigen Unterdruck aufbauen zu
können. Werde zur Belüftung des Schaumsammelbehälters das Ventil (13) geöffnet,
werde gleichzeitig auch das Ventil (9) geschlossen; aufgrund des dann bestehenden
Druckgefälles vom Schaumsammel- zum Luftabscheidebehälter öffne das
Rückschlagventil (10) selbsttätig, so dass die im Schaumsammelbehälter befindliche
Milch zurückfließen könne.
43
Zuletzt hat die Klägerin geltend gemacht, entscheidend sei allein, dass die in Anspruch
1 des Klagepatentes genannten Ventile vorhanden seien und gegenläufig wirkend
angesteuert werden könnten, auch wenn die konkret verwendete Steuerung dazu nicht
in der Lage sei. Dass die angegriffene Vorrichtung in der Vakuum- und in der
Rücklaufleitung hierzu geeignete Ventile habe, zeige sich daran, dass es auch nach
dem Vorbringen der Beklagten Betriebsphasen gebe, in denen die eine Leitung offen
und die jeweils andere geschlossen sei.
44
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
45
Entscheidungsgründe:
46
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
47
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt, denn
der angegriffene Luftabscheider entspricht der technischen Lehre der Klageschutzrechte
auch in ihrer im Patentnichtigkeits- und im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren
aufrecht erhaltenen Fassung.
48
I.
49
Die angegriffene Vorrichtung verwirklicht die Merkmale des beschränkt aufrecht
erhaltenen Klagepatentanspruches 1.
50
1. Das Klagepatent betrifft einen Luftabscheider für eine einen Sammeltank
aufweisende Milchsammelanlage mit den den Oberbrgriff des Patentanspruches 1
bildenden Merkmalen 1 bis 1.2.1 der nachstehenden Merkmalsgliederung.
51
Mit solchen Anlagen ausgerüstete Lastkraftwagen holen Milch von verschiedenen
Erzeugern ab und sammeln sie in einem Sammeltank, um sie zur Molkerei zu fahren.
Luftabscheider sollen die Milch von der – insbesondere gegen Ende des
Annahmevorganges – beim Ansaugen zwangsläufig mit aufgenommenen und zu
Schaumbildungen führenden Luft trennen, um anschließend bei der Weiterförderung der
Milch vom Luftabscheidebehälter in den Sammeltank eine fehlerfreie volumetrische
Messung vornehmen zu können.
52
Bei bekannten Vorrichtungen, deren grundsätzliche Funktionsweise sich aus der
deutschen Auslegeschrift 2 014 438 (Anl. K 3) ergibt, war die Vakuumpumpe über die
Unterdruckleitung direkt und ohne Zwischenschaltung eines Behälters mit dem
Luftabscheidebehälter verbunden. Beim Erzeugen bzw. Aufrechterhalten des
Unterdruckes konnte Milchschaum in die Vakuumpumpe gelangen; das schadete der
Vakuumpumpe und führte zu Messfehlern, weil der Milchschaum für die volumetrische
Messung verloren ging und nicht für die Rückverflüssigung und anschließende
Rückführung in den Luftabscheidebehälter gesammelt wurde (vgl. Spalte 1, Zeilen 12 –
24 der Klagepatentschrift).
53
Das in der Klagepatentschrift als weiterer Stand der Technik erörterte deutsche
Gebrauchsmuster 19 12 722 (Anl. K 4) schlägt zur Beseitigung dieses Problems vor,
zwischen dem Milch- bzw. Luftabscheider (1; Bezugsziffern entsprechen der
letztgenannten älteren Druckschrift) und der Vakuumpumpe einen zusätzlichen
Sicherheitsabscheider (9) als Überlaufschutz zwischenzuschalten, wo der Milchschaum
gesammelt und verflüssigt wird. Hat die Flüssigkeit dort einen bestimmten Füllstand
erreicht, sperrt ein Schwimmerventil (12) den Anschluss des Behälters an die
Vakuumleitung; gleichzeitig öffnet sich ein im Boden des Behälters angeordnetes und
bis dahin vom Unterdruck verschlossen gehaltenes Tropfventil (14), aus dem die
angesammelte Flüssigkeit abgelassen oder abgezapft werden kann (Spalte 1, Zeilen
25-32 und Anl. K 4, Seite 3 Abs. 2). Auf diese Weise ist zwar die Vakuumpumpe
geschützt, aber der gesammelte und rückverflüssigte Schaum wird auch hier nicht der
54
volumetrischen Messung zugeführt.
Das technische Problem der Erfindung besteht nach den Angaben der
Klagepatentschrift (Spalte 1, Zeilen 33-35) darin, den Luftabscheider der eingangs
genannten Art bezüglich der Behandlung des Milchschaumes zu verbessern; unter
Berücksichtigung der Vorteilsangaben (Spalte 1, Zeilen 48-50 der Klagepatentschrift)
bedeutet das objektiv und konkret, dass der rückverflüssigte Milchschaum der
volumetrischen Messung zugänglich gemacht und die Vakuumpumpe vor dem
Ansaugen von Milchschaum geschützt werden soll.
55
Der aufrecht erhaltene Klagepatentanspruch 1 sieht zur Lösung dieser Problemstellung
einen Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage mit
folgenden Merkmalen vor:
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1. Der Luftabscheider besteht aus einem über eine Leitung von einer
Vakuumpumpe mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftab- scheidebehälter;
57
1.1 im oberen Bereich des Luftabscheidebehälters mündet eine Saug- leitung für
die von einem Lieferanten anzunehmende Milch ein;
58
1.2 vom unteren Bereich des Luftabscheidebehälters geht eine eine gegen den
Unterdruck der Vakuumpumpe arbeitende Förderpumpe aufweisende
Förderleitung aus;
59
1.2.1. die Förderleitung mündet in den Sammeltank;
60
2. in der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der Vaku-
umpumpe ist ein einziger Schaumsammelbehälter angeordnet;
61
2.1. vom unteren Bereich des Schaumsammelbehälters geht eine zum
Luftabscheidebehälter führende, absperrbare Rücklaufleitung aus;
62
2.1.1. die Rücklaufleitung ist durch ein Ventil absperrbar und
63
2.1.2 überbrückt den Leitungsabschnitt zwischen dem Luftabscheidebehälter
und dem Schaumsammelbehälter;
64
2.2. in dem Leitungsabschnitt zwischen dem Luftabscheidebehälter und dem
Schaumsammelbehälter ist ein umgekehrt zum Ventil in der Rücklaufleitung
wirkendes Ventil angeordnet;
65
66
2.3 die vom Luftabscheidebehälter ausgehende zur Vakuumpumpe füh- rende
Leitung mündet mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des
Schaumsammelbehälters ein;
67
2.4 an dem Schaumsammelbehälter ist eine Belüftung zum Abbau des im
Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdruckes ange- schlossen.
68
Der Kern der so beschriebenen Erfindung liegt in der Ausgestaltung entsprechend den
69
Merkmalen 2.1.1, 2.1.2 und 2.2. Der aus dem Luftabscheidebehälter in die
Vakuumleitung angesaugte Milchschaum wird wie schon beim vorbekannten deutschen
Gebrauchsmuster 1 912 222 im Schaumsammelbehälter gesammelt und kann
infolgedessen nicht mehr in die Vakuumpumpe gelangen. Solange in der
Vakuumleitung nebst Luftabscheide- und Schaumsammelbehälter Unterdruck herrscht,
wird die Rücklaufleitung abgesperrt, damit die Milch im Schaumsammelbehälter nicht
vom Vakuum mit durchströmt, durchwirbelt und hierdurch ihre Rückverflüssigung
unmöglich gemacht wird. Die rückverflüssigte Milch kann durch die dann geöffnete
Rücklaufleitung in den Luftabscheidebehälter zurückgeführt und zusammen mit der
übrigen vom Lieferanten angenommenen Milch in den Sammeltank weitergeleitet und
dabei volumetrisch gemessen werden.
Die Ausgestaltung entsprechend den Anweisungen insbesondere der Merkmale 2.1,
2.1.1 und 2.4 bewirkt weiterhin, dass durch das gegenläufige Wirken der Ventile in der
Vakuumleitung und in der Rücklaufleitung abwechselnd das System mit Unterdruck
beaufschlagt und der Schaumsammelbehälter entleert werden kann. Zur
Vakuumbeaufschlagung wird die Vakuumleitung geöffnet und die Rücklaufleitung
geschlossen, während zum Entleeren des Schaumsammelbehälters umgekehrt die
Rücklaufleitung geöffnet und die Vakuumleitung geschlossen wird. Auf diese Weise
wird beim Belüften des Schaumsammelbehälters ein Druckgefälle erzeugt, denn der
Luftabscheidebehälter steht weiterhin unter Unterdruck, der weder durch die
abgesperrte Vakuumleitung noch durch die geöffnete Rücklaufleitung entweichen kann.
Letzteres verhindert die vor der Einmündung der Rücklaufleitung im
Schaumsammelbehälter anstehende Milch, durch die die in den
Schaumsammelbehälter eingeströmte Luft nicht zum Luftabscheidebehälter gelangen
kann (vgl. BPatG, Anl. K 10, S. 8) Die Druckdifferenz kann genutzt werden, um die
verflüssigte Milch durch die Rücklaufleitung vom Schaumsammelbehälter in den
Luftabscheidebehälter zu saugen (Klagepatentschrift, Spalte 1, Zeilen 48 – 58, Spalte 2,
Zeile 66 bis Spalte 3, Zeile 12 und Spalte 3, Zeilen 19 – 24; BPatG, Anl. K 10, S. 8, 9, 14
und 15; vgl. ferner BPatG, Anlage L 34, S. 12); der Unterdruck im Luftabscheidebehälter
kann sogar dazu ausreichen, während der – nur kurze Zeit dauernden – Entleerung des
Schaumsammelbehälters den Ansaugvorgang durch die Annahmeleitung
ununterbrochen fortsetzen zu können (Klagepatentschrift, Spalte 3, Zeilen 8 – 12). Bei
dieser Betriebsweise benötigt man zur Milchrückführung keine Schwerkraftwirkung und
muss den Schaumsammelbehälter nicht gegenüber dem Luftabscheidebehälter höher
anordnen. Das schließt es jedoch nicht aus, dass die zurückgesaugte Milch auf dem
Weg vom Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter gleichzeitig auch ein
Höhengefälle zurück legt.
70
Dem Durchschnittsfachmann – als den das Bundespatentgericht im
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren einen Fachhochschulingenieur der allgemeinen
Verfahrenstechnik oder Lebensmitteltechnologie mit mehrjähriger Erfahrung auf dem
Gebiet der Konstruktion von Milchsammelanlagen für Milchsammelwagen ansieht
(Anlage L 18, S. 12, Abs. 1; Anlage L 34, S. 15, Abs. 4) – ist klar, dass die nach Merkmal
2.3 "am Schaumsammelbehälter" vorzusehende Belüftung nicht, wie die Beklagten
vorgetragen haben, unmittelbar am Behälter selbst angeordnet zu sein braucht.
Erfindungsgemäß geht es lediglich darum, eine Vorrichtung zu schaffen, die dem
Schaumsammelbehälter Luft zuführt, um zuerst nur dort den Unterdruck abzubauen und
das zum Rücksaugen der verflüssigten Milch benötigte Druckgefälle zu erzeugen. Dem
Durchschnittsfachmann ist bewusst, dass die Belüftung zum Abbau des Unterdruckes
zunächst nur im Schaumsammelbehälter und nicht etwa im gesamten System
71
stattfinden darf. Dieses Ziel lässt sich auch erreichen, wenn etwa das Belüftungsventil –
entsprechend dem in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispiel – mit dem zwischen
dem Schaumsammelbehälter und der Vakuumpumpe verlaufenden Abschnitt der
Unterdruckleitung verbunden ist und mit dem Schaumsammelbehälter nur mittelbar in
Verbindung steht. Auch bei dieser Ausbildung gelangt die einströmende Außenluft
notwendig zuerst in den Schaumsammelbehälter.
Sind in der Unterdruck- und in der Rücklaufleitung jeweils gegenläufig einstellbare
Ventile vorhanden, mit deren Hilfe bei Unterdruckbeaufschlagung die Unterdruckleitung
geöffnet und die Rücklaufleitung gesperrt, im Belüftungsfall dagegen der zwischen
Luftabscheide- und Schaumsammelbehälter liegende Abschnitt der Vakuumleitung
geschlossen und die Rücklaufleitung geöffnet werden kann, so kommt es zur
Beurteilung der Frage, ob eine so ausgestaltete Vorrichtung von den Merkmalen des
Anspruches 1 Gebrauch macht, nicht darauf an, ob der Benutzer der Vorrichtung im
Einzelfall diese Ventile tatsächlich so ansteuert, dass sie in der vorbeschriebenen
Weise gegenläufig arbeiten und die Vakuumleitung tatsächlich absperrt oder nicht.
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Ventile mittels einer elektronischen
Steuerung oder auf andere Weise betätigbar sind und diese Steuerung auch so
eingestellt ist oder eingestellt werden kann, dass die Vorrichtung die erfindungsgemäß
angestrebten Vorteile auch erreicht. Gegenstand des Klagepatentanspruches 1 ist eine
Vorrichtung mit den dort angegebenen Merkmalen. Der Schutz eines
Vorrichtungspatentes setzt nicht voraus, dass die im Anspruch beschriebene
Vorrichtung im konkreten Fall so eingesetzt wird, dass die technischen Vorteile der
Erfindung sich verwirklichen und genutzt werden. Die Vorrichtung ist für jede sinnvolle
Verwendung geschützt, auch wenn der konkrete Gebrauchszweck nicht in der
Klagepatentschrift angegeben ist und auch wenn der Anwender den die Schutzfähigkeit
allein begründenden neuen Verwendungszweck nicht nutzt (vgl. RGZ 85, 95, 98; 149,
102, 108; BGH, GRUR 1956, 77, 78 – Spann- und Haltevorrichtung; 1979, 149, 151 –
Schießbolzen; 1981, 259, 260 – Heuwerbungsmaschine II; 1991, 436, 441, 442 –
Befestigungsvorrichtung II; Benkard/Ullmann, PatG/GbMG, 9. Aufl., § 14 PatG, Rdn, 41
m.w.N.; Benkard/Melullis, EPÜ, 2002, Art. 52, Rdn. 121). Das ist auch im Streitfall nicht
anders. Anspruch 1 des Klagepatentes stellt als Hauptanspruch eine Vorrichtung unter
Schutz, die die Merkmale 1 bis 2.4 der vorstehenden Merkmalsgliederung aufweist. Die
nach der technischen Lehre des Klagepatentes notwendigen Voraussetzungen dafür,
dass der erfindungsgemäße Luftabscheider verflüssigte Milch aus dem Schaumsammel-
in den Luftabscheidebehälter saugen kann, bestehen aus der Sicht des
angesprochenen Durchschnittsfachmannes allein in der in Anspruch 1 beschriebenen
Merkmalskombination. Die elektronische Steuerung, die die Absperrmittel in der
Vakuumleitung zwischen Luftabscheide- und Schaumsammelbehälter so ansteuert,
dass beim Belüften des Schaumsammelbehälters von dort möglichst keine Luft in den
Luftabscheidebehälter gelangt, um den Unterdruck weiter aufrecht zu erhalten, ist nicht
Gegenstand des Klagepatentanspruches 1; sie wird dort weder erwähnt noch als
selbstverständlich vorausgesetzt. Die Klagepatentbeschreibung bestätigt diese
Sichtweise. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass für die Absperrung der
Rücklaufleitung kein Ventil mit eigener Steuerung vorgesehen zu sein braucht, sondern
auch ein Rückschlagventil Verwendung finden kann (Spalte 1, Zeilen 59 – 61), und
nichts anderes wird über das in der Vakuumleitung anzuordnende Ventil ausgeführt
(Spalte 1, Zeilen 61 – 66). Daraus entnimmt der Fachmann, dass es im Rahmen der
erfindungsgemäßen technischen Lehre in sein Belieben gestellt ist, welche Ventile er
zum gegenläufigen Öffnen und Schließen der Vakuum- und der Rücklaufleitung
verwendet und dass hierzu auch Ventile ohne eigene Steuerung geeignet sind.
72
Dementsprechend hat das Bundespatentgericht in seinem Nichtigkeitsurteil vom 5. März
2002 in den die Beschränkung des Klagepatentanspruches 1 tragenden Teilen der
Entscheidungsgründe ausgeführt, der Gegenstand des Anspruches 1 sei nicht auf die
Verwendung einer bestimmten Ventilart beschränkt (Anl. K 10, S. 8/9 und S. 9, Abschnitt
5 a.E. bis S. 6 oben). Aus den vorstehenden Gründen wird der Durchschnittsfachmann
das Merkmal 2.2 auch nicht in dem Sinne auslegen, dass nur solche Ventile zum
Einsatz kommen dürfen, die nicht anders als gegenläufig wirkend betrieben werden
können. Letzteres ist zwar bei den in der Patentbeschreibung mehrfach erwähnten
Rückschlagventilen der Fall, die aber erst Gegenstand des aufrechterhaltenen
Unteranspruches 2 sind, während der allgemeiner gefasste Patentanspruch 1 die Art der
verwendeten Ventile offen lässt, sofern sie nur die Eignung aufweisen, gegenläufig im
Sinne des Merkmals 2.2 arbeiten zu können. Daraus folgt, dass die Merkmale des
Anspruches 1 verwirklicht sind, wenn die benutzte Vorrichtung nach ihrer mechanisch-
konstruktiven Ausgestaltung die dort erwähnten Ventile in der Vakuum- und in der
Rücklaufleitung aufweist, eine die Nutzung der erfindungsgemäßen Vorteile
ermöglichende Steuerung aber weder angeboten noch hergestellt wird.
Die Ausführungen des Bundespatentgerichtes zum Stand der Technik entsprechend der
Zeichnung "Entleerung der Messanlage mit Luft bei Reinigung" (Anl. L 16, L 35)
ergeben nicht, dass das Nichtigkeitsurteil die Merkmale 2.1, 2.1.1 und 2.2 in einem
engeren Sinne versteht. Das Bundespatentgericht hat die Schutzfähigkeit des
Klagepatentes gegenüber dieser Entgegenhaltung damit begründet, sie offenbare
lediglich die Lehre, den Leitungsabschnitt zwischen Luftabscheidebehälter und zweiten
Schaumsammelbehälter durch Ventile absperrbar auszugestalte, während die
erfindungsgemäße Lehre, nach Merkmal 2.2 gegenläufig wirkende Ventile vorzusehen,
weder vorweggenommen noch nahegelegt sei, weil bei der Entgegenhaltung sowohl
beim Milchsammeln als auch während der Reinigung immer ein Ventil offen und die
Leitung vom Luftabscheide- zum zweiten Schaumsammelbehälter bei keinem
Betriebszustand vollständig abgesperrt sei (Anl. K 10, S. 14). Im übrigen sind die
dortigen Ventile (2 und 11; Bezugsziffern entsprechen Anl. L 16 bzw. L 35) auch nicht
geeignet, beim Milchannahmebetrieb gegenläufig im Sinne der Erfindung betrieben zu
werden. Im zweiten Schaumsammelbehälter befindliche Milch gelangte, selbst wenn sie
von dort zurückgesaugt werden könnte, nicht in den Luftabscheidebehälter, sondern in
den ersten Schaumsammelbehälter, der ausweislich der genannten Zeichnung nur über
die Vakuumleitung mit dem Luftabscheidebehälter verbunden ist und keine dorthin
führende Rücklaufleitung aufweist. Da die vom zweiten Schaumsammelbehälter
kommende Milch sich im unteren Bereich des ersten Schaumsammelbehälters
ansammelt und nicht durch die Vakuumleitung von dort in den Luftabscheidebehälter
fließen kann, wird die gesamte Vakuumleitung, sobald die Milch im ersten
Schaumsammelbehälter angekommen ist, frei gegeben, so dass der Unterdruck bis in
den Luftabscheidebehälter schlagartig abgebaut wird.
73
2. Die angegriffene Vorrichtung erfüllt die Merkmale des Klagepatentanspruches 1
wortsinngemäß.
74
a) Dass die Merkmale der Merkmalsgruppe 1 und die Merkmale 2, 2.1 und 2.3 nach
ihrem technisch verstandenen Wortsinn erfüllt werden, stellen die Beklagten nicht in
Abrede, so dass sich hierzu weitere Ausführungen erübrigen.
75
b) Auch die im Nichtigkeitsverfahren neu hinzu gekommenen Merkmale 2.1.1, 2.1.2 und
2.2 werden entgegen der Ansicht der Beklagten wortsinngemäß benutzt.
76
aa) Die den Vakuumleitungsabschnitt (2a; Bezugszeichen entsprechen den
Zeichnungen Anl. K6 und L 21) zwischen dem Schaumsammel- und dem
Luftabscheidebehälter überbrückende Rücklaufleitung (8) kann durch ein Ventil
abgesperrt werden, nämlich durch das Ventil (19). Darüber besteht zwischen den
Parteien kein Streit. Unstreitig ist auch der Abschnitt (2a) der Vakuumleitung mit einem
Ventil (9) versehen. Dieses Ventil kann nach seinen mechanischen Eigenschaften
umgekehrt zum Ventil in der Rücklaufleitung wirken, so dass beim reinen
Ansaugvorgang die Vakuumleitung geöffnet und die Rücklaufleitung geschlossen und
bei der Milchrückführung aus dem Schaumsammelbehälter umgekehrt die
Rücklaufleitung geöffnet und die Vakuumleitung gesperrt werden kann. Ob dieses
Rücksaugen, wie die Klägerin im Berufungsverfahren zunächst geltend gemacht hat,
deshalb möglich ist, weil die Vakuumleitung in ihrem Abschnitt zwischen dem
Schaumsammel- und dem Luftabscheidebehälter einen so geringen Querschnitt hat,
dass die aus dem Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter strömende Luft
gedrosselt wird und hierdurch vorübergehend ein Druckgefälle entsteht, das beim
Öffnen der Rücklaufleitung zum Rücksaugen der Milch aus dem
Schaumsammelbehälter genutzt wird, kann in diesem Zusammenhang auf sich
beruhen. Dass die Ventile der Rücklauf- und der Vakuumleitung bei der angegriffenen
Ausführungsform gegenläufig wirkend arbeiten können, ergibt sich auch aus dem
Berufungsvorbringen der Beklagten auf den Seiten 8, 11 und 12 ihres Schriftsatzes vom
13. November 2003 (Bl. 290, 293 und 294 d.A.), das die Klägerin sich in ihrem
Schriftsatz vom 4. Mai 2004 insoweit zumindest hilfsweise zu eigen gemacht hat. Nach
der in dem von den Beklagten vorgelegten Privatgutachten Prof. GU (Anl. L 31)
beschriebenen Betriebsweise der angegriffenen Vorrichtung lassen sich die Ventile (9)
und (19) auch unabhängig voneinander öffnen und schließen und nehmen während
eines Milchannahmezyklus auch unterschiedliche Stellungen ein. Zu Beginn des
Milchansaugvorganges, wenn im Luftabscheidebehälter Unterdruck erzeugt wird, ist das
Ventil (19) der Rücklaufleitung geschlossen und das Ventil (9) der Vakuumleitung offen;
zu Beginn der Hauptförderphase, wenn der Unterdruck erzeugt ist, wird auch das Ventil
(9) geschlossen (vgl. Anl. L 31, S. 3). Es wird wieder geöffnet, wenn durch das
Einsaugen größerer Luftmengen zusammen mit der Milchneige gegen Ende des
Ansaugvorganges der Unterdruck im Luftabscheidebehälter zu weit abgefallen ist und
noch einmal erhöht werden muss, um auch die Milchneige aus dem Gefäß des
Lieferanten noch ansaugen zu können. Ist diese von den Beklagten behauptete Stellung
der Ventile zu Beginn des Ansaugvorganges möglich, so können die Ventile, wenn sie
mit einer entsprechenden Steuerung zusammenarbeiten, auch während des gesamten
Ansaugvorganges so eingestellt bleiben, bis die Milch aus dem Schaumsammelbehälter
in den Luftabscheidebehälter zurückgeführt wird. Mit einer geeigneten Steuerung ist
auch die umgekehrte Ventilstellung möglich, bei der die Rücklaufleitung offen und die
Vakuumleitung gesperrt ist. Geschieht dies, wenn der Schaumsammelbehälter durch
Öffnen des Ventils (13) belüftet wird, lässt sich auch mit der angegriffenen Vorrichtung
gezielt der Unterdruck im Schaumsammelbehälter abbauen und ein Druckgefälle zum
Luftabscheidebehälter erzeugen, das genutzt werden kann, um die im
Schaumsammelbehälter rückverflüssigte Milch über die Rücklaufleitung in den
Luftabscheidebehälter zu saugen. Dass das Ventil (19) der Rücklaufleitung, wenn es
geöffnet wird, mechanisch so an das Ventil (9) der Vakuumleitung gekoppelt ist, dass es
dieses zwangsläufig mit öffnet und nicht ohne Eingriff in die Mechanik anders gesteuert
werden kann, machen auch die Beklagten nicht mehr geltend.
77
bb) Vergeblich versuchen die Beklagten, die Verwirklichung der erfindungsgemäßen
78
technischen Lehre mit dem Einwand in Abrede zu stellen, die von ihnen beigestellte
elektronische Steuerung der angegriffenen Anlage ermögliche eine solche Arbeitsweise
nicht und sei für sie und ihre Abnehmer unveränderbar so eingestellt, dass beim
Belüften des Schaumsammelbehälters neben der Rücklaufleitung auch der zwischen
Luftabscheide- und Schaumsammelbehälter verlaufende Abschnitt der Vakuumleitung
geöffnet sei, über diesen geöffneten Abschnitt der Vakuumleitung sofort auch der
Unterdruck im Luftabscheidebehälter zusammenbreche und die aus dem Schaum
rückverflüssigte Milch ausschließlich schwerkraftbedingt aus dem höher gelegenen
Schaumsammel- in den tiefer liegenden Luftabscheidebehälter fließe. Dass die
Beklagten die Anlage mit einer Steuerung versehen und in den Verkehr bringen, die die
Anlage so arbeiten lässt, dass die erfindungsgemäß möglichen Vorteile nicht eintreten
und dementsprechend auch nicht genutzt werden, ändert nichts daran, dass in der
Rücklaufleitung und in der Vakuumleitung zwischen Luftabscheide- und
Schaumsammelbehälter Ventile vorhanden sind, die entsprechend den vorstehenden
Ausführungen mit Hilfe einer geeigneten Steuerung auch so eingestellt werden können,
dass der genannte Abschnitt der Vakuumleitung geschlossen ist, wenn die
Rücklaufleitung geöffnet und der Schaumsammelbehälter belüftet wird. Dass die Anlage
dann ein Unterdruckgefälle zwischen Schaumsammelbehälter und
Luftabscheidebehälter erzeugen kann, das sich zum Rücksaugen der im
Schaumsammelbehälter gesammelten und als Sperrflüssigkeit wirkenden verflüssigten
Milch in den Luftabscheidebehälter nutzen lässt, genügt, um die in Anspruch 1 des
Klagepatentes niedergelegte technische Lehre zu verwirklichen, ohne dass es darauf
ankommt, ob der Benutzer diese Vorteile im Einzelfall verwirklicht oder nicht.
c) Auch das Merkmal 2.4 ist wortsinngemäß erfüllt. Das können die Beklagten nicht mit
Erfolg mit dem Einwand in Abrede stellen, die angegriffene Vorrichtung habe keine
Belüftung am Schaumsammelbehälter, weil sich das in den Zeichnungen gemäß
Anlagen K 6 und L 21 mit der Bezugszahl 13 versehene Belüftungsventil nicht
unmittelbar am Schaumsammelbehälter, sondern an einer Abzweigung (12) befinde, die
in den zwischen Vakuumpumpe und Schaumsammelbehälter liegenden Abschnitt der
Vakuumleitung führe. Wie bereits im vorstehenden Abschnitt I ausgeführt wurde,
verlangt das Merkmal 2.4 nicht, das Belüftungsventil unmittelbar und unabhängig von
der Vakuumleitung mit dem Schaumsammelbehälter zu verbinden. Es muss nur so
angeordnet sein, dass es bei einer Belüftung zuerst den Unterdruck im
Schaumsammelbehälter abbaut. Diese Funktion führt es auch aus, wenn die
einströmende Luft zunächst in den zwischen Vakuumpumpe und
Schaumsammelbehälter verlaufenden Teil der Vakuumleitung gelangt, denn durch
diese Leitung gelangt sie zwangsläufig zuerst in den Schaumsammelbehälter, bevor sie
in den Luftabscheidebehälter weiterströmt. Dass die durch das Belüftungsventil (13)
eingelassene Luft zuerst in den Schaumsammelbehälter der angegriffenen Vorrichtung
gelangt, stellen die Beklagten zu Recht nicht in Abrede.
79
d) Da die angegriffene Ausführungsform sämtliche in Anspruch 1 des Klagepatentes
angegebenen Merkmale wortsinngemäß verwirklicht und eine Benutzung mit
patentrechtlich äquivalenten Mitteln nicht in Rede steht, können die Beklagten sich auch
nicht mit Erfolg darauf berufen, sie hätten den angegriffenen Gegenstand in nicht
erfinderischer Weise aus dem Stand der Technik entwickelt
80
.
81
II.
82
Der angegriffene Luftabscheider entspricht auch der technischen Lehre des
Klagegebrauchsmusters.
83
1. Das Klagegebrauchsmuster betrifft ebenfalls einen Luftabscheider für eine einen
Sammeltank aufweisende Milchsammelanlage mit den auch den Oberbegriff seines
Schutzanspruches 1 bildenden Merkmalen 1 bis 1.2.1 der nachstehenden
Merkmalsgliederung.
84
Auch die Klagegebrauchsmusterschrift beanstandet an bekannten Vorrichtungen, dass
die Vakuumpumpe, weil sie über die Unterdruckleitung ohne Zwischenschaltung eines
Behälters mit dem Luftabscheidebehälter verbunden war, bei der
Unterdruckbeaufschlagung Milchschaum ansaugte; das schadete der Vakuumpumpe
und führte zu Messfehlern, weil der Milchschaum für die volumetrische Messung
verloren ging (S. 1, Abs. 2).
85
Daraus ergibt sich das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem, den beim
gleichzeitigen Ansaugen von Luft und Milch entstehenden Milchschaum zu sammeln,
rückzuverflüssigen und der volumetrischen Messung zugänglich zu machen;
gleichzeitig soll die Vakuumpumpe vor dem Ansaugen von Milchschaum geschützt
werden (vgl. S. 1, Absatz 3 und S. 2, Abs. 3 der Klagegebrauchsmusterschrift).
86
Der aufrecht erhaltene Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters will dieses
Problem mit einem Luftabscheider für eine einen Sammeltank aufweisende
Milchsammelanlage lösen, der folgende Merkmale kombiniert:
87
1. Der Luftabscheider besteht aus einem über eine Leitung von einer
Vakuumpumpe mit Unterdruck beaufschlagbaren Luftab- scheidebehälter;
88
1.1 im oberen Bereich des Luftabscheidebehälters mündet eine Saug- leitung für
die von einem Lieferanten anzunehmende Milch ein;
89
1.2 vom unteren Bereich des Luftabscheidebehälters geht eine eine gegen den
Unterdruck der Vakuumpumpe arbeitende Förderpumpe aufweisende
Förderleitung aus;
90
1.2.1. die Förderleitung mündet in den Sammeltank;
91
2. in der Leitung zwischen dem Luftabscheidebehälter und der Vakuum-
92
pumpe ist ein einziger Schaumsammelbehälter angeordnet;
93
2.1. vom unteren Bereich des Schaumsammelbehälters geht eine zum
Luftabscheidebehälter führende, absperrbare Rücklaufleitung aus;
94
2.2 die vom Luftabscheidebehälter ausgehende zur Vakuumpumpe füh-
95
rende Leitung mündet mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich
des Schaumsammelbehälters ein;
96
2.3 an dem Schaumsammelbehälter ist eine Belüftung zum Abbau des im
97
Schaumsammelbehälter herrschenden Unterdruckes ange- schlossen.
Die technische Bedeutung der Merkmale 2.1 und 2.3 besteht darin, einerseits durch ein
Absperren der Rücklaufleitung während der Vakuumbeaufschlagung zu verhindern,
dass der Saugstrom die im Schaumsammelbehälter befindliche Milch aufwirbelt,
andererseits durch das Belüften des Schaumsammelbehälters ein Druckgefälle zu
erzeugen, das dazu genutzt werden kann, die Milch aus dem Schaumsammel- in den
Luftabscheidebehälter zu saugen und nicht durch alleinige Einwirkung der Schwerkraft
aus einem höher angeordneten Schaumsammelbehälter dorthin zurückfließen zu lassen
(vgl. Klagegebrauchsmusterschrift S. 2 Abs, 2, S. 5, Abs. 2 und S. 6, Abs. 2; BPatG, Anl.
L 34, S. 12). Die technisch-konstruktiven Mittel, mit denen diese Anweisung umgesetzt
wird, stellt Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in das Ermessen des
Durchschnittsfachmannes. Gegenläufig wirkende Ventile in der Vakuum- und in der
Rücklaufleitung, wie sie Anspruch 1 des Klagepatentes zwingend vorsieht, sind nach
Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters nur eine von mehreren Möglichkeiten
und werden erst im Unteranspruch 3 und im Ausführungsbeispiel als bevorzugte
Ausführungsform beschrieben (vgl. Klagegebrauchsmusterschrift S. 4, Abs. 2 bis S. 6
oben und BPatG, Anl. L 34, S. 12/13). Eine andere Möglichkeit besteht darin, die beim
Belüften des Schaumsammelbehälters von dort durch die Vakuumleitung zum
Luftabscheidebehälter strömende Luft so zu drosseln, dass sich der Abbau des im
Luftabscheidebehälters noch vorhandenen Unterdruckes verzögert und deshalb nicht
oder nicht wesentlich auswirkt. Eine weitere Möglichkeit sind die in Schutzanspruch 2
angegebenen Mittel, mit deren Hilfe der den Luftabscheide- mit dem
Schaumsammelbehälter verbindende Abschnitt der Vakuumleitung abgesperrt werden
kann.
98
Sind Mittel vorhanden, mit deren Hilfe im Belüftungsfall der zwischen Luftabscheide-
und Schaumsammelbehälter liegende Abschnitt der Vakuumleitung abgesperrt werden
kann, so kommt es zur Beurteilung der Frage, ob eine so ausgestaltete Vorrichtung von
den Merkmalen des Schutzanspruches 1 Gebrauch macht, nicht darauf an, ob der
Benutzer der Vorrichtung im Einzelfall die Vakuumleitung tatsächlich absperrt oder
nicht. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob etwa entsprechend den Ausführungen der
Klagegebrauchsmusterschrift auf S. 2 zu Beginn des 3. Absatzes ein mittels einer –
beispielsweise elektronischen – Steuerung betätigbares Ventil vorgesehen ist, ob eine
hierzu passende Steuerung angeboten oder hergestellt wird und wie diese Steuerung
eingestellt ist oder werden kann. Die elektronische Steuerung ist nicht Gegenstand des
Schutzanspruches 1, der nicht einmal die Mittel nennt, mit denen die Rücklaufleitung
abgesperrt und beim Belüften des Schaumsammelbehälters das Druckgefälle zum
Luftabscheidebehälter erzeugt werden soll. Der Schutz des Klagegebrauchsmusters
entspricht demjenigen eines Vorrichtungspatentes. Der Umfang dieses Schutzes setzt
aus den vorstehend zu I. 1 dargelegten Gründen nicht voraus, dass die unter Schutz
gestellte Vorrichtung im konkreten Fall so eingesetzt wird, dass die technischen Vorteile
der Erfindung sich verwirklichen und genutzt werden. Das ist beim
Klagegebrauchsmuster nicht anders als beim Klagepatent. Schutzanspruch 1 des
Klagegebrauchsmusters stellt als Hauptanspruch eine Vorrichtung unter Schutz, die die
Merkmale 1 bis 2.3 der vorstehenden Merkmalsgliederung aufweist. Die nach der
technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters notwendigen Voraussetzungen dafür,
dass der erfindungsgemäße Luftabscheider im Schaumsammelbehälter Milchschaum
sammeln und wieder verflüssigen und die verflüssigte Milch aus dem Schaumsammel-
in den Luftabscheidebehälter saugen kann, bestehen aus der Sicht des
angesprochenen Durchschnittsfachmannes allein in der in Schutzanspruch 1
99
beschriebenen Merkmalskombination.
2. Die Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters steht nicht mehr in Frage, nachdem
das Bundespatentgericht die Entscheidung der Gebrauchsmusterabteilung im
Löschungsverfahren bestätigt hat. Umstände, die es rechtfertigen könnten, den
Rechtsbestand des Klageschutzrechtes in seinem aufrecht erhaltenen Umfang in
Zweifel zu ziehen, haben die Beklagten in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem
Senat nicht mehr geltend gemacht.
100
3. Der in den Zeichnungen gemäß Anlagen K 6 und L 21 dargestellte angegriffene
Luftabscheider der Beklagten verwirklicht sämtliche in Schutzanspruch 1 des
Klagegebrauchsmusters in der im Löschungsverfahren aufrecht erhaltenen Fassung
angegebenen Merkmale wortsinngemäß. Das ergibt sich bereits aus den Ausführungen,
mit denen die Verwirklichung der Merkmale des Klagepatentanspruches begründet
wurde. Die im Klagepatent unter Schutz gestellte Merkmalskombination entspricht im
wesentlichen dem in der Klagegebrauchsmusterschrift erörterten bevorzugten
Ausführungsbeispiel; von diesem unterscheidet sie sich nur darin, dass die in der
Vakuum- und in der Rücklaufleitung anzuordnenden gegenläufig wirkenden Ventile
nicht wie vom Gebrauchsmuster bevorzugt und in Schutzanspruch 3 gelehrt als
Rückschlagventile ausgebildet sein müssen. Ausführungsformen, die der technischen
Lehre des Klagepatentes entsprechen, verwirklichen daher notwendig auch die
Merkmale gemäß Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters. Der Einwand der
Beklagten, die von ihnen mitgelieferte elektronische Steuerung der angegriffenen
Anlage sei für sie und ihre Abnehmer unveränderbar so eingestellt, dass beim Belüften
des Schaumsammelbehälters neben der Rücklaufleitung auch der zwischen
Luftabscheidebehälter und Schaumsammelbehälter verlaufende Abschnitt der
Vakuumleitung geöffnet sei, über diesen geöffneten Abschnitt der Vakuumleitung sofort
auch der Unterdruck im Luftabscheidebehälter zusammenbreche und die aus dem
Schaum rückverflüssigte Milch ausschließlich schwerkraftbedingt aus dem
Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter fließe, kann aus den vorstehend zu II. 1.
dargelegten Gründen auch der Benutzung der durch das KLagegebrauchsmuster
geschützten Lehre nicht mit Erfolg entgegengehalten werden.
101
III.
102
Die Beklagten haben kein privates Vorbenutzungsrecht, weil sie am Prioritätstag der
Klageschutzrechte nicht im Erfindungsbesitz waren.
103
1. Die auf eine Anmeldung vom 6. Februar 1988 zurückgehende deutsche Patentschrift
38 03 572 (Anl. L 3) zeigt einen Luftabscheider, dessen Luftabscheidebehälter aus
einem oberen Teil (1; Bezugszeichen entsprechen der nachstehend wiedergegebenen
Figurendarstellung aus der letztgenannten Patentschrift) und aus einem unteren Teil (2)
besteht, die durch einen verengten Abschnitt miteinander verbunden sind. Außerhalb
des Abscheidebehälters ist ein Schaumsammelbehälter (9) angeordnet. Der
Schaumsammelbehälter wird über die Leitung (18), der Luftabscheidebehälter über die
Leitung (10) evakuiert. Beim Ansaugen aus dem oberen Teil des
Luftabscheidebehälters in die Leitung (10) gelangter Milchschaum wird im
Schaumsammelbehälter gesammelt und kann nach der Rückverflüssigung durch die
Rücklaufleitung (11) in den unteren Teil des Luftabscheidebehälters fließen. Die
Beklagten räumen selbst ein, dass die Rücklaufleitung dieser Vorrichtung nicht
absperrbar ist und die Entgegenhaltung auch keine Belüftung zum Abbau des
104
Unterdrucks offenbart; die verflüssigte Milch wird allein durch die Schwerkraft und nicht
durch ein Druckgefälle aus dem Schaumsammel- in den Luftabscheidebehälter
zurückführt. Das unterscheidet diese ältere Ausführungsform sowohl vom Gegenstand
des Klagepatentes als auch von demjenigen des Klagegebrauchsmusters.
2. Die in der Übersichtsdarstellung zum Zulassungsschein Nr. 1.32.2.-3265.131-HLW
90.1 der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig und Berlin vom 18.
Juni 1980 dargestellte Messanlage "HLW Turbo" (Anlage L 4 B 6) arbeitet nach dem
selben Funktionsprinzip und weist jedenfalls die Merkmale 2, 2.1, 2.1.1. und 2.2 des
Klagepatentanspruches 1 bzw. Merkmal 2 des Klagegebrauchsmusters nicht auf. Der
Luftabscheider besteht aus einem über eine Leitung (15; Bezugszeichen entsprechen
der nachstehend wiedergegebenen Abbildung) von einer Vakuumpumpe (14) mit
Unterdruck beaufschlagbaren Luftabscheidebehälter (3), in dessen oberen Bereich eine
Saugleitung (7, 79) für die von einem Lieferanten anzunehmende Milch einmündet und
von dessen unterem Bereich eine eine gegen den Unterdruck der Vakuumpumpe (14)
arbeitende Förderpumpe (19) aufweisende Förderleitung (10, 78) zum Sammeltank
ausgeht. In der Leitung zwischen Luftabscheidebehälter und Vakuumpumpe sind zwei
Schaumsammelbehälter (11, 16) angeordnet, wobei vom unteren Bereich des ersten
Schaumsammelbehälters (11) eine zum Luftabscheidebehälter führende
Rücklaufleitung (12) ausgeht, die den Leitungsabschnitt zwischen dem
Luftabscheidebehälter und dem ersten Schaumabscheidebehälter überbrückt. Die vom
Luftabscheidebehälter ausgehende und zur Vakuumpumpe führende Leitung mündet
mit ihrem ersten Leitungsabschnitt in den oberen Bereich des ersten
Schaumsammelbehälters (11) und in ihrer Weiterführung in den oberen Bereich des
zweiten Schaumsammelbehälters. Die Rücklaufleitung ist nicht absperrbar, und eine
vom zweiten Schaumsammelbehälter wegführende Rücklaufleitung ist nicht vorgesehen
(vgl. BPatG, Anl. L 34, S. 17/18 und Anl. L 18, S. 12/13). Gelangt – etwa durch das
Abschalten der Vakuumpumpe – Luft in den oberen Schaumsammelbehälter, kann die
dort gesammelte Milch nicht in den Luftabscheidebehälter zurücklaufen, weil eine
Rücklaufleitung fehlt. Hat sich der Abbau des Unterdrucks bis in den unteren
Schaumsammelbehälter (11) fortgesetzt, erreicht er durch die verhältnismäßig weit
bemessene Vakuum-Verbindungsleitung gleichzeitig auch den Luftabscheidebehälter,
so dass eine Belüftung den Unterdruck im gesamten System beseitigt und die Milch im
Gegensatz zum Gegenstand beider Klageschuitzrechte ausschließlich unter der
Einwirkung der Schwerkraft aus dem unteren Schaumsammelbehälter über die
Rücklaufleitung in den Luftabscheidebehälter zurück gelangt. Dies haben die Beklagten
auf S. 15 ihres Schriftsatzes vom 3. November 2003 in Abschnitt C. (Bl. 297 d.A.)
eingeräumt.
105
3. Nichts anderes gilt für die Ausführungsform gemäß den Anl. L 5 bis L 9, die nach dem
Vorbringen der Beklagten mit einem zusätzlichen Belüftungsventil am
Schaumsammelbehälter ausgerüstet worden ist, das die Anlage abschaltete, wenn die
Identifikations-Nummer des Lieferanten nicht eingegeben wurde. Eine Belüftung
während eines Milchsammelvorgangs ist mit diesem Ventil nicht möglich, weil ohne die
Identifikations-Nummer des Lieferanten der Ansaugvorgang gar nicht erst beginnt und
nach deren Eingeben abläuft, ohne dass dieses Belüftungsventil nochmals in Funktion
tritt. Wird es betätigt, hat die Milch aus dem bisherigen Sammelvorgang den
Luftabscheider passiert und ist auch die im Schaumsammelbehälter rückverflüssigte
Milch abgeflossen, was aufgrund der im Normalbetrieb herrschenden einheitlichen
Druckverhältnisse im gesamten Leitungssystem durch die Schwerkraft geschieht. Sofern
bei Betätigen dieses zusätzlichen Ventils die Anlage noch mit Milch gefüllt sein sollte,
106
gilt dasselbe wie für die zu 2) abgehandelte Ausführungsform; der große Durchmesser
der Leitungsverbindung zwischen Schaumsammelbehälter 11 und
Luftabscheidebehälter führt zu einem augenblicklichen Ansteigen des Luftdruckes auch
im Luftabscheidebehälter.
4. Dasselbe gilt für die in Anl. L 10 beschriebene Ausführungsform der Ausbaustufe 03,
die mit einem Tastschalter "Vakuumabbruch" versehen worden ist, den der Fahrer bei
übermäßiger Schaumbildung betätigen konnte, um den Schaumsammelbehälter zu
entlüften; sie entspricht im übrigen der zu 2. abgehandelten Ausführungsform; Ventile
zum gegenläufigen Öffnen und Schließen der Vakuum-und der Rücklaufleitung
zwischen Schaumsammel- und Luftabscheidebehälter sind nicht vorgesehen.
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5. Auch die in den Anlagen L 12 – 15 beschriebene Ausführungsform mit
Rückschlagventil in der Rücklaufleitung arbeitete nach demselben Funktionsprinzip.
Nach dem Vorbringen der Beklagten ermöglicht das Rückschlagventil ein Absperren der
Rücklaufleitung, um ein Ansaugen von Milch über die Rücklaufleitung zu vermeiden;
außerdem soll statt bisher zweier Schaumsammelbehälter nur noch einer vorgesehen
sein. Maßnahmen, um die Fortsetzung des Druckanstieges bis in den
Schaumsammelbehälter zu verhindern oder wenigstens zu verzögern und so ein zum
Rücksaugen der Milch aus dem Schaumsammelbehälter nutzbares Druckgefälle zu
erzeugen, etwa ein zeitweises Absperren der Vakuumleitung, waren nicht vorgesehen.
Auch hier führte das Belüften der Anlage, das nach dem weiteren Vorbringen der
Beklagten routinemäßig stattfindet, nachdem ein Fühler gegen Ende des
Sammelvorgangs festgestellt hat, dass kein kontinuierlicher Milchfluss mehr kam,
anders als beim Gegenstand der Klageschutzrechte vorgesehen zu einem
Durchschlagen des Druckabbaus auf das gesamte System; auch das haben die
Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 3. November 2003 unter Hinweis auf die Ergebnisse
des Privatgutachtens Professor GU eingeräumt.
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6. Die nachstehend wiedergegebene Zeichnung Nr. A 300 37 150 ("Entleerung der
Messanlage mit Luft bei Reinigung", Anlage L 16) zeigt eine Milchsammelanlage, die
nach einem Prinzip arbeitet, wie es auch der vorstehend zu 2) erörterten Anlage "HLW-
Turbo" zugrunde liegt und einen Luftabscheidebehälter mit zwei nachgeschalteten
Schaumsammelbehältern aufweist. Die dort dargestellte Arbeitsweise betrifft nicht den
Einsatz der Anlage während des Milchsammelvorgangs, sondern zeigt den
Strömungsweg, den die Reinigungsflüssigkeit durch das Leitungssystem nimmt. Um die
Anlage mittels Luft-Überdruck von der Reinigungs- und Desinfektionsflüssigkeit zu
leeren, ist in der oben quer verlaufenden Leitung am rechten Ende eine
Belüftungsöffnung vorgesehen, die durch ein Ventil absperrbar ist. Die besagte Leitung
steht mit dem zweiten Schaumsammelbehälter zumindest in Verbindung. Diese
Belüftung dient nicht dem erfindungsgemäßen Zweck, ein Unterdruckgefälle
aufzubauen, das es ermöglicht, dass der im Luftabscheidebehälter zunächst
fortbestehende Unterdruck ein Rücksaugen der im Schaumsammelbehälter
angesammelten verflüssigten Milch ermöglicht, sondern steht ausschließlich im
Zusammenhang mit dem Reinigungsvorgang; diese Belüftung wirkt auch zunächst nur
mit dem zweiten Schaumsammelbehälter zusammen, der aber seinerseits gerade nicht
die technischen Merkmale aufweist, die für den in Merkmal 2 beschriebenen einzigen
Schaumsammelbehälter gemäß der klagegebrauchsmustergeschützten Erfindung
charakteristisch sind; er weist keine Rücklaufleitung auf (vgl. BPatG, a.a.O., S. 18/19)
bzw. seine Rücklaufleitung führt entgegen den Merkmalen 2.1 und 2.1.2 der
Klagepatentanspruches 1 nicht zum Luftabscheidebehälter, sondern nur in den ersten
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Schaumsammelbehälter, aus dem die verflüssigte Milch aber mangels Rücklaufleitung
nicht in den Luftabscheidebehälter gelangen und auch nicht der volumetrischen
Messung zugeführt werden kann; eine Ansaugen der aus dem zweiten
Schaumsammelbehälter kommenden Milch durch die Vakuumleitung und den ersten
Schaumsammelbehälter hindurch in den Luftabscheidebehälter wäre auch nicht
möglich. Da eine Rücklaufleitung zum Luftabscheidebehälter fehlt, verwirklichte die
ältere Ausführungsform nicht das von Anspruch 1 des Klagepatentes geschützte System
gegenläufig arbeitender Ventile in einer Rücklaufleitung und dem
Vakuumleitungsabschnitt zwischen Luftabscheide- und Schaumsammelbehälter. Die
Beklagten behaupten in ihrer Klageerwiderung zwar, sie hätten für diese
Ausführungsform spätestens seit dem 7. Mai 1996 nur noch einen einzigen
Schaumsammelbehälter benutzt, es wird aber nicht näher ausgeführt und ist auch nicht
zu erkennen, wo sich bei dieser Ausführungsform die das Rückschlagventil
aufweisende Rücklaufleitung befunden haben soll.
IV.
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Dass die Beklagten, weil sie entgegen § 9 PatG eine patentierte Erfindung und der
Vorschrift des § 11 GbmG zuwider ein Gebrauchsmuster benutzt haben, der Klägerin
nach den §§ 139, 140 a und b PatG, 24, 24 a und b GbMG, 242 BGB zur Unterlassung,
zur Rechnungslegung, zum Schadenersatz und zur Vernichtung der angegriffenen
Erzeugnisse verpflichtet sind, ergibt sich aus den Ausführungen des Landgerichts im
Abschnitt IV der dortigen Entscheidungsgründe (S. 26 – 28 des Urteilsumdrucks), die
hier sinngemäß gelten und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug
genommen wird.
111
V.
112
Da die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, haben sie nach § 97 Abs. 1 ZPO
auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
113
Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die Voraussetzungen
des § 543 Abs. 2 ZPO n.F. ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die
Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder
die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichtes.
114
R1 R4 Dr. R3
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