Urteil des OLG Düsseldorf vom 11.10.2007

OLG Düsseldorf: werbung, stand der technik, anbieter, anforderung, wiedergabe, angemessene entschädigung, akustisches signal, erfindung, daten, verbreitung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-2 U 55/06
Datum:
11.10.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-2 U 55/06
Tenor:
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. April 2006 verkündete
Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird
zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen,
die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages
abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe
leisten.
IV.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 250.000,-- Euro.
G r ü n d e : I.
1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik
Deutschland erteilten europäischen Patentes 1 213 xxx (Klagepatent, Anlage K 1)
betreffend ein Verfahren zur kontrollierten Übertragung einer Videosequenz mit einer
Nutzinformation, das ursprünglich auf die A.com AG eingetragen war und inzwischen
auf die Klägerin umgeschrieben worden ist (vgl. Anl. K 2, S. 2, UG 53). Aus diesem
Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung und
Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz und die Beklagte zu 1. darüber
hinaus auf Feststellung ihrer Verpflichtung zur Leistung einer angemessenen
Entschädigung in Anspruch.
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Entschädigung in Anspruch.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist am 11. Dezember 2000
eingereicht und am 12. Juni 2002 im Patentblatt veröffentlicht worden; der Hinweis auf
die Patenterteilung ist am 24. September 2003 bekannt gemacht worden.
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Anspruch 1 des in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichen Klagepatentes lautet
wie folgt:
4
Verfahren der durch eine prozessorgestützte Steuereinheit kontrollierten
Übertragung einer Videosequenz mit einer Nutzinformation an ein Endgerät, in
dem die Videosequenz für einen Betrachter wiedergegeben wird, mit den Schritten:
5
Übertragen (21) der Videosequenz zu einem Endgerät, mittels dessen die
Videosequenz wiedergegeben wird;
6
durch die Steuereinheit gesteuertes Anfordern (22) eines Bestätigungssignals
für die Wahrnehmung der Nutzinformation von dem Endgerät, wobei das
Bestätigungssignal durch eine entsprechende Interaktion des Betrachters der
Videosequenz mit dem Endgerät auslösbar ist und das Bestätigungssignal die
Aufmerksamkeit des Betrachters bei der Wahrnehmung der Videosequenz
bestätigt;
7
durch die Steuereinheit gesteuertes weiteres Übertragen (21, 32) der
Videosequenz, wenn das Bestätigungssignal erhalten wird und Abbrechen des
Übertragens, wenn das Bestätigungssignal nicht erhalten wird;
8
wobei die zu der Auslösung des Bestätigungssignals notwendige Interaktion des
Betrachters mit dem Endgerät variierend ausgestaltet ist.
9
Die nachstehend wiedergegebenen Figuren 1 bis 3 des Klagepatentes zeigen
Ausführungsbeispiele des erfindungsgemäßen Verfahrens, und zwar Figur 1 ein
Nachrichtenflussdiagramm und die Figuren 2 und 3 Ablaufdiagramme zweier
Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens.
10
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, bereitet in der
Bundesrepublik Deutschland TV-Werbespots so auf, dass sie als interaktive Werbung
im Internet übertragen werden können. Die aufbereiteten Werbemittel sind in
verschiedene vom Anbieter des Werbemittels bestimmte Internetseiten eingebunden.
Bei Aufruf dieser Internetseiten, die etwa Informationsangebote von Zeitungen oder
Zeitschriften sein können, blendet sich das Werbemittel ohne Zutun des Nutzers in die
aufgerufene Website ein. Das Werbemittel besteht aus bis zu 5 separaten Dateien, zu
denen u.a. eine Steuer-, eine Layout- und eine Videodatei mit dem Werbespot gehört.
Auf die Anforderung des Werbemittels vom Server der Beklagten zu 1. werden zunächst
die im Vektorformat formatierten Steuer- und Layoutdateien vollständig übertragen,
bevor sodann mit Hilfe einer auf dem Endgerät des Nutzers üblicherweise vorhandenen
speziellen Software, z.B. eines Flash-Players, die Steuerdatei unter Verwendung der
Streaming-Technologie (portions- oder abschnittsweises Übertragen nur der für die
Wiedergabe des nächsten Teils der Werbung benötigten Daten) das Übertragen und
das Wiedergeben der auf dem Server der Beklagten zu 1. gespeicherten, im Pixel-
Format formatierten Videodatei steuert.
11
Bei der Wiedergabe des Werbemittels auf dem Endgerät des Nutzers erscheint
zunächst ein Rahmen mit einem etwa dreieckigen Innenfeld, in dessen Innerem
anschließend der Werbespot abläuft; während des Abspielens blenden sich auf der
linken Seite nach und nach drei Schaltfelder (Hot Spots) ein. Nach Ablauf des
Werbespots wird der Nutzer über ein dann eingeblendetes Textfeld aufgefordert, einen
dieser Hot Spots zur Anforderung weiterer Informationen anzuklicken. Auf die
Betätigung eines dieser Hot Spots werden dem Nutzer weitere Flash-Filme
nachgeladen, die ihm zusätzliche Produktinformationen liefern. Diese weiteren Filme
laufen dann wie auch der erste Werbespot innerhalb des Rahmens ab und müssen
dazu vom Server der Beklagten zu 1. abgerufen werden. Betätigt der Nutzer keinen der
Hot Spots, blendet sich das gesamte Werbemittel einschließlich des Rahmens aus, und
es erscheint wieder die ursprünglich aufgerufene Website. Werbemittel dieser Art
erstellte die Beklagte zu 1. u.a. für X bis Y. Der Ablauf der Wiedergabe dieser
Werbemittel ist am Beispiel der X-Werbung aus der nachstehend wiedergegebenen als
Anlage K 8 vorgelegten Bildfolge und am Beispiel der Y-Werbung am Beispiel der
Anlage K 24 ersichtlich; zur weiteren Veranschaulichung der Werbemittel hat die
Klägerin einen Ausdruck des Internetauftritts der Beklagten (Anlage K 6) und CDs
vorgelegt, auf denen die verschiedenen Werbemittel zu sehen sind (Anlagen K 6a und K
23).
12
Die Klägerin meint, die Beklagten übten mit der Übertragung dieser Werbemittel das
unter Schutz gestellte Verfahren wortsinngemäß aus und verletzten das Klagepatent.
Sie hat in erster Instanz vorgetragen, Videosequenz im Sinne des Klagepatentes sei bei
der Verfahrensweise der Beklagten das Werbemittel in seiner Gesamtheit aus
Werbespot, Rahmen, Bildern, Grafiken und Filmen einschließlich der nur durch
Aktivieren eines Hot Spots aufrufbaren Dateien. Die Hot Spots seien erfindungsgemäße
Bestätigungssignale; sie fragten die Wahrnehmung des Nutzers ab, und ihre
Nichtaktivierung reduziere die zu übertragende Datenmenge. Das Einblenden der Hot
Spots fordere den Nutzer dazu auf, durch Anklicken weitere Informationen anzufordern;
dieser bestätige durch das Anklicken, die bisherige Nutzinformation wahrgenommen zu
haben. Die Gestaltung der Werbemittel und die Anordnung der Hot Spots bedingten
ferner, dass die Interaktion des Betrachters mit dem Endgerät variiere. Der Nutzer müsse
den ihn interessierenden Button suchen und um dessen Lage herauszufinden, das
Werbemittel genau studieren. Darüber hinaus habe er mehrere Hot Spots zur Auswahl.
13
Die Beklagten haben dem Verletzungsvorwurf u.a. entgegen gehalten, das angegriffene
Verfahren übertrage keine Videosequenz an ein Endgerät, sondern stelle lediglich die
genannten Dateien auf einem Server zur Übertragung bereit. Eine Nutzinformation sei
nicht vorhanden. Während das Klagepatent lehre, die Bestätigung während der
laufenden Übertragung der Videosequenz anzufordern, reagierten die Hot Spots bei den
angegriffenen Verfahren erst, wenn die gesamte Datei vollständig übertragen sei. Die
Betätigung der Hot Spots löse kein Bestätigungssignal aus, sondern rufe wie im Stand
der Technik einen zusätzlichen Dienst auf. Auf die Aktivierung der Hot Spots werde
nicht die laufende Übertragung fortgesetzt, sondern (bei der X- und bei einer späteren
Ausführungsform der X-Werbung) ein zusätzlicher Datenstrom ausgelöst; bei der
früheren in Anlage K 8 dargestellten X-Werbung sei nicht einmal das geschehen. Bei
Nichtbetätigung werde keine begonnene und teilweise erfolgte Übertragung
abgebrochen, sondern weitere noch nicht begonnene Übertragungen würden
unterlassen. Die Interaktion des Benutzers mit seinem Gerät variiere auch nicht, weil die
anzuklickenden Hot Spots immer am gleichen Ort lägen.
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Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 11. April 2006 abgewiesen. Es hat eine
Übereinstimmung des angegriffenen Verfahrens mit der technischen Lehre des
Klagepatentanspruches 1 verneint und zur Begründung ausgeführt, das Verfahren
enthalte kein Bestätigungssignal im Sinne des Klageschutzrechtes, von dem die weitere
Übertragung der begonnenen Videosequenz abhänge, sondern es ermögliche mit der
Aktivierung der Hot Spots nur den Abruf weiterer Dienste oder näherer
Produktinformationen, was zur Übertragung weiterer Dateien führe, während der
Werbespot unabhängig hiervon schon vollständig übertragen worden sei.
Videosequenz im Sinne des Klagepatentes sei nur der als Videodatei übertragene
Werbespot, aber nicht die Steuerungs- und Layout-Dateien. Betrachte man alle
aktivierenden Elemente einschließlich der damit angeforderten weiteren Dienste,
Informationen, Videos, Verzweigungen usw. als Videosequenz im Sinne des
Klagepatentes, seien Umfang und Grenzen der unter Schutz gestellten technischen
Lehre nicht mehr feststellbar. Darüber hinaus könne der Nutzer bei dem angegriffenen
Verfahren während der Übertragung der Videosequenz keine erfindungsgemäße
Interaktion ausüben, da der Werbespot, eine Steuer- und eine Layout-Datei schon
vollständig übertragen seien, wenn die zwischenzeitlich erschienenen Hot Spots
aktiviert werden könnten. Die erfindungsgemäß angestrebte Reduzierung der zu
übertragenden Dateien sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich. Da bei der
Aktivierung der Hot Spots nur zusätzliche Dateien heruntergeladen würden, entspreche
das angegriffene Werbemittel dem Stand der Technik gemäß Figur 8 der
Klagepatentschrift. Darüber hinaus sei auch keine variable Interaktion möglich. Diese
Anforderung sei erfindungsgemäß nur erfüllt, wenn der Nutzer auf den Inhalt der
Videosequenz achten müsse, um die wechselnde Interaktion ausführen zu können. Das
sich wiederholende Anklicken eines stets an gleicher Stelle zu findenden Hot Spot
reiche dazu nicht aus. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil
des Landgerichts Bezug genommen.
15
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie geltend macht,
das Landgericht habe das Klagepatent in seinen Merkmalen "Videosequenz", "weiteres
Übertragen der Videosequenz" und "variierende Ausgestaltung" des Bestätigungssignal
unzutreffend ausgelegt. Videosequenz im Sinne des Klageschutzrechtes sei eine
beliebige Bildfolge unabhängig von ihrem Format und könne auch allein ein
Werbemittel sein, das ein Anbieter erstelle und das im günstigsten Falle vollständig vom
Nutzer wahrgenommen werde, wobei der Anbieter bestimme, welche Dateien im
einzelnen zum vollständigen Umfang der Videosequenz gehörten. Eine Videosequenz
könne auch aus Werbespot und nur auf Anforderung gezeigten Nachladefilmen
bestehen. Entscheidend sei, dass bei der Wiedergabe wahrnehmbare Bilder
entstünden. Sämtliche Dateien, aus denen die Beklagten ihre Werbemittel
zusammensetzten, seien taugliche Bestandteile einer Videosequenz. Bei den
angegriffenen Werbemitteln werde neben dem Werbespot auch der Rahmen durch
Abfolge von Einzelbildern wiedergegeben, in jedem Fall sei die Kombination von
Rahmen und Werbespot eine aus mehreren Bewegt- bzw. Standbildern
zusammengesetzte Videosequenz. Eine weitere Übertragung lasse sich nicht nur
vermeiden, indem die Fortsetzung der begonnenen Übertragung eines ersten
Werbespots von der Abgabe eines Bestätigungssignals abhängig gemacht werde,
sondern auch, wenn die Übertragung anschließender Werbemittel ein vorheriges
Bestätigungssignal voraussetze. Eine variierende Interaktion zur Auslösung des
Bestätigungssignals liege schon dann vor, wenn der Nutzer zwischen verschiedenen
Hot Spots wählen könne und den Cursor mit der Maus über den Bildschirm bewegen
müsse, um die gewählten Hot Spots zu suchen und anzusteuern. Dem entsprechend
16
werde bei dem angegriffenen Verfahren das Bestätigungssignal mit dem Einstreuen der
Hot Spots in die Videosequenz angefordert und durch das benutzerseitige Aktivieren
eines von ihnen ausgelöst. Mit dem Anklicken des Hot Spots gebe der Nutzer zu
erkennen, dass er sich nach Kenntnisnahme des bisherigen Sequenzinhalts für weitere
Informationen interessiere. Nach dem Eingang des Bestätigungssignals würden weitere
Teile der Videosequenz in Gestalt der aufgerufenen zusätzlichen Dienste übertragen;
auch die mit Hilfe der Hot Spots abrufbaren weiteren Informationen seien keine weiteren
Videosequenzen, sondern gehörten zur vom Anbieter von vornherein zur Übertragung
bestimmten Sequenz. Werde kein Hot Spot aktiviert, werde das gesamte Werbemittel
ausgeblendet und seine weitere Übertragung erfindungsgemäß eingespart. Die
Übertragung der Datei mit den verschiedenen Befehlen zu Anforderung der erwähnten
Daten und Anzeige der Werbespots erfolge mit der Übersendung der Layout- und
Steuerdatei für den Rahmen. Diese Datei, die den weiteren Ablauf bzw. Abbruch der
Übertragung ermögliche und steuere, werde durch die Beklagten hergestellt und
übertragen und sei diejenige Datei, die die verschiedenen Werbespots in ein
einheitliches Werbemittel einbindet und gewissermaßen "zusammenhalte". Für den
Betrachter erscheine das Werbemittel als einheitliches Ganzes, den zugrunde
liegenden technischen Aufbau könne er nicht erkennen; ob es aus einer oder mehreren
Dateien bestehe, sei für ihn bedeutungslos. Die weitere Übertragung erst noch
abzurufender Dateien führe daher zu einer weiteren Übertragung im Sinne des
Klagepatentes, wenn auf Aktivieren des entsprechenden Hot Spots diese Datei an das
Endgerät des Benutzers übertragen werde.
Ergänzend nimmt die Klägerin Bezug auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und
beantragt,
17
I.
18
das angefochtene Urteil aufzuheben;
19
II.
20
die Beklagten zu verurteilen,
21
1.
22
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes
bis zu 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu
zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft am jeweiligen Geschäftsführer zu
vollstrecken sei, zu unterlassen,
23
ein Verfahren der durch eine prozessorgestützte Steuereinheit kontrollierten
Übertragung einer Videosequenz mit einer Nutzinformation an ein Endgerät, in
dem die Videosequenz für einen Betrachter wiedergegebenen wird, mit den
Schritten:
24
Übertragen der Videosequenz zu einem Endgerät, mittels dessen die
25
Videosequenz wiedergegeben wird;
durch die Steuereinheit gesteuertes Anfordern eines Bestätigungssignals für die
Wahrnehmung der Nutzinformation von dem Endgerät, wobei das
Bestätigungssignal durch eine entsprechende Interaktion des Betrachters der
Videosequenz mit dem Endgerät auslösbar ist und das Bestätigungssignal die
Aufmerksamkeit des Betrachters bei der Wahrnehmung der Videosequenz
bestätigt;
durch die Steuereinheit gesteuertes weiteres Übertragen der Videosequenz, wenn
das Bestätigungssignal erhalten wird und Abbrechen des Übertragens, wenn das
Bestätigungssignal nicht erhalten wird;
wobei die zu der Auslösung des Bestätigungssignal notwendige Interaktion des
Betrachters mit dem Endgerät variierend ausgestaltet ist,
26
in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden;
27
2.
28
der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung darüber zu legen, in welchem
Umfang die Beklagten Handlungen gemäß Ziffer I.1. seit dem 12. Juli 2002
begangen haben, und zwar unter Angabe
29
a. der Art und des Umfangs verübter eigener Verfahrensbenutzungshandlungen,
b. unter Einschluss insbesondere der Angabe des erzielten Umsatzes sowie der
nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Kosten und des erzielten
Gewinns, wobei von den Gemeinkosten nur solche Kosten als gewinnschmälernd
abgezogen werden dürfen, die dem Verfahren ausnahmsweise unmittelbar
zuzurechnen sind,
c. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
30
31
wobei vom Beklagten zu 2) sämtliche Angaben und von der Beklagten zu 1) die
Angaben zu b) nur für den Zeitraum seit 24. Oktober 2003 zu machen sind;
32
III. festzustellen, dass
33
1. die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin eine angemessene Entschädigung
für Handlungen gemäß Ziffer I.1. für den Zeitraum vom 12. Juli 2002 bis zum 23.
Oktober 2003 zu zahlen und
2. die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser
durch Handlungen gemäß Ziffer I.1. ab dem 24. Oktober 2003 der Beklagten
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entstanden ist und noch entstehen wird.
35
Die Beklagten beantragen,
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die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
37
Sie verteidigen das angefochtene Urteil, wiederholen und vertiefen ihren
erstinstanzlichen Sachvortrag; überdies meinen sie, das angegriffene Verfahren
entspreche auch deshalb nicht der unter Schutz gestellten technischen Lehre, weil
keine Videosequenz mit einer Nutzinformation übertragen werde, keine
kontrollierte
Übertragung durch eine prozessorgestützte Steuereinheit stattfinde und auf der
Anbieterseite keine prozessorgestützte Steuereinheit vorhanden sei.
38
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
39
II.
40
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht
die Klage abgewiesen und eine Übereinstimmung des angegriffenen Verfahren mit der
technischen Lehre des Klagepatentes verneint.
41
1.
42
Das Klagepatent betrifft mit seinem Anspruch 1 ein Verfahren, bei dem eine
Videosequenz mit einer Nutzinformation durch eine prozessorgestützte Steuereinheit
kontrolliert an ein Endgerät (z.B. ein Computer oder ein UMTS-Mobilfunkgerät)
übertragen wird, welches die Videosequenz für einen Betrachter wiedergibt. Diese
Nutzinformation kann insbesondere Werbung sein (Klagepatentbeschreibung Absätze
0004, 0027 und 0059).
43
Hintergrund der Erfindung ist, dass die Verbreitung von Werbung über neuartige Medien
wie Breitbandkabelfernsehen, Fest- und Mobilfunksysteme oder Internet an Bedeutung
gewinnt. Ein großer Teil der Bevölkerung verfügte bereits am Prioritätstag des
Klagepatentes über einen Internetanschluss und/oder benutzte ein Mobiltelefon. Die
Übertragungskapazitäten dieser Kommunikationsmittel erhöhen und verbessern sich
ständig; inzwischen können auch hoch auflösende Bilder oder Filme übermittelt und
wiedergegeben werden, ohne dass die Übermittlung für den Nutzer nennenswerte
Wartezeiten verursacht. Die steigende Beliebtheit, ihre zunehmende Verbindung
miteinander und die durch höhere Übertragungskapazitäten gewonnenen neuen
Möglichkeiten machen die neuartigen Medien auch für die Verbreitung von Werbung
interessanter (Klagepatentschrift Abs. 0002).
44
Um zu gewährleisten, dass der Adressat die ihm präsentierte Werbung auch wahrnimmt,
wurde diese bisher häufig – etwa in der Zeitschriften-, Fernseh- und Rundfunkwerbung
– mit einem Informationsangebot verbunden, für das der Kunde sich interessiert. Im
Internet gibt es dagegen Anbieter, die dem Betrachter kostenlose Dienste oder Geld
dafür anbieten, dass ihm auf seinem Endgerät (auch möglicherweise unerwünschte)
45
Werbung gezeigt wird. Als Gegenleistung für das Abspielen dieser Werbung enthält er
die gewünschten Informationen (Klagepatentschrift Abs. 0003), die etwa Sport- oder
Tagesnachrichten in Gestalt von Texten, Bildern, Filmen, aber auch beispielsweise
Spielfilme usw. sein können, in die die Werbung eingeblendet wird (Klagepatentschrift,
Abs. 0055; Spalte 12, Zeilen 41 bis 44).
Interaktive Videosequenzen eignen sich besonders zur Verbreitung von Werbung in den
genannten Medien; sie bieten die Möglichkeit, dass der Nutzer mit dem Anbieter über
sein Endgerät in einen "Dialog" tritt. Sie setzen sich aus mehren Bewegt- bzw.
Standbildern zusammen, wobei die einzelnen Bildabschnitte durch Navigationspunkte
miteinander verbunden sind. Durch Auswahl und Aktivierung von Schaltflächen in den
Bewegungsbildsequenzen oder Standbildern (Hot Spots) kann sich der Nutzer durch
die interaktive Videosequenz bewegen und durch Aktivieren der Hot Spots bestimmte
Aktionen anstoßen, die Verzweigungen zu anderen Videosequenzen, Standbildern,
Panoramen oder auch Verweise auf Internetangebote (Links) sein können
(Klagepatentschrift, Abs. 0006).
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Der Anbieter schaltet regelmäßig einen Serviceprovider ein, der auf seinem Server dem
Anbieter Speicherplatz zur Verfügung stellt und die entsprechenden Daten auf das
Endgerät des Nutzers überträgt. Die Vergütung des Providers für seine Dienste korreliert
mit der Menge der gesendeten Daten. Da die Datenmenge einer Videosequenz
regelmäßig höher ist als diejenige eines Textes oder einzelner Bilder, ist ein Anbieter
bzw. Werbetreibender, der seine Kosten bei möglichst hohem Nutzen gering halten
möchte, bestrebt, seine Werbung zu optimieren und nutzlose Übertragungen zu
vermeiden (Klagepatentschrift Abs. 0002, Spalte 1 Zeilen 14 bis 16).
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Die nachstehend wiedergegebene Figur 9 der Klagepatentschrift zeigt den
herkömmlichen Ablauf einer Übertragung von einem Anbieter (1, Bezugszeichen
entsprechen der nachstehend wiedergegebenen Abbildung) bzw. von dem vom
Anbieter benutzten Server zum Endgerät (2). Nach dem Start der Übertragung wird
Werbung als Nutzsignal an das Endgerät gesendet und dort wiedergegeben. Beendet
der Nutzer die Wiedergabe, wird dies dem Anbieter über eine Abbruchnachricht
mitgeteilt. Die Übertragung wird daraufhin beendet und ihre Dauer protokolliert
(Klagepatentschrift, Abs. 0004). In einem solchen Verfahren kann der Anbieter zwar dem
Nutzer für die erfolgte Werbeübertragung über die kontrollierte Zeitspanne einen
entsprechenden Wert gutschreiben, er kann aber weder kontrollieren, ob der Nutzer die
Werbung gesehen hat (Klagepatentbeschreibung, Abs. 0005) noch die Übertragung von
sich aus abbrechen.
48
Das in der nachstehend wiedergegebenen Figur 8 der Klagepatentschrift beschriebene
ebenfalls zum Stand der Technik gehörende Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass
dem Nutzer auf seine Anforderung (801, 802; Bezugsziffern entsprechen der
nachstehend wiedergegebenen Abbildung) eine interaktive Videosequenz in einem
Schritt (11) auf das Endgerät übertragen, dort in visualisierter Form wiedergegeben und
vom Nutzer über eine bestimmte Zeitspanne (12) bis (15) wahrgenommen wird. Die
Videosequenz enthält das Angebot eines weiteren Dienstes (807, beispielsweise
genauere Produktinformationen, Kaufangebote oder bereits beworbene Produkte), den
der Nutzer durch eine Interaktion über sein Endgerät vom Anbieter anfordern kann und
auf entsprechende Anforderung übertragen bekommt, was beim Anbieter protokolliert
wird (Klagepatentschrift Abs. 0008). Die Übertragung der Videosequenz kann über das
Ende der Wahrnehmung hinaus andauern (etwa fortgesetzt werden, obwohl der Nutzer
49
den Raum, in dem der Computer steht, verlassen oder sein Mobilfunkgerät beiseite
gelegt hat, ohne das Endgerät abzuschalten), bis der Nutzer in einer Interaktion (808)
die Wiedergabe beendet und dies über eine Nachricht (809) an den Anbieter mitgeteilt
wird, wobei auch der Übertragungszeitraum protokolliert wird (Klagepatentschrift, Abs.
0009). Die Anforderung eines solchen Dienstes gibt dem Anbieter eine Rückmeldung,
dass der Nutzer die Werbung zumindest bis zur Anforderung wahrgenommen hat.
Werden jedoch keine Dienste angefordert, bekommt der Anbieter keine Informationen,
ob und welche Nutzinformationen der Nutzer wahrgenommen hat oder nicht
(Klagepatentschrift Abs. 0010); darüber hinaus ist die Dauer der Übertragung auch hier
von der Entscheidung des Nutzers abhängig und ist nicht vorgesehen, dass der
Anbieter die Übertragung beenden kann, wenn beispielsweise der Nutzer keinen der
angebotenen Dienste aufruft.
Die in der Klagepatentbeschreibung (Abs. 0011) weiterhin erörterte US-Patentschrift 5
838 314 (Anlage K 3) offenbart ein Video-Service-System zur Bereitstellung
digitalisierter Videoprogramme, die optional für einen Nutzer kostenlos bereitgestellt
werden, wenn er zuvor mit interaktiver Werbung interagiert hat. Zunächst wird dem
Nutzer die interaktive Werbung dargestellt und er zur Eingabe von Antworten
aufgefordert, um gezielt Informationen über ihn zu sammeln; erst nach Beantwortung
aller Fragen wird die gewünschte Videosequenz übertragen.
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Die Aufgabe der klagepatentgeschützten Erfindung ist es, soweit Anspruch 1 betroffen
ist, ein Verfahren zur kontrollierten Übertragung einer Videosequenz mit einer
Nutzinformation bereit zu stellen, die unnötige Übertragungen vermeidet
(Klagepatentschrift, Abs. 0013).
51
Die Lösung dieser Aufgabe kombiniert das in Anspruch 1 des Klagepatentes
beschriebene Verfahren folgende Merkmale miteinander:
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1. Verfahren der durch eine prozessorgestützte Steuereinheit kontrollierten
Übertragung einer Videosequenz mit einer Nutzinformation an ein Endgerät, in
dem die Videosequenz für einen Betrachter wiedergegeben wird.
2. Das Verfahren enthält die Schritte:
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1. Übertragen der Videosequenz zu einem Endgerät, mittels dessen die
Videosequenz wiedergegeben wird;
2. Durch die Steuereinheit gesteuertes Anfordern eines Bestätigungssignals für die
Wahrnehmung der Nutzinformation von dem Endgerät, wobei
54
55
56
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1. das Bestätigungssignal durch eine entsprechende Interaktion des Betrachters der
Videosequenz mit dem Endgerät auslösbar ist, und
2. das Bestätigungssignal die Aufmerksamkeit des Betrachters bei der
Wahrnehmung der Videosequenz bestätigt;
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3. durch die Steuereinheit gesteuertes weiteres Übertragen der Videosequenz, wenn
das Bestätigungssignal erhalten wird und Abbrechen des Übertragens, wenn das
Bestätigungssignal nicht erhalten wird,
4. wobei die zu der Auslösung des Bestätigungssignals notwendige Interaktion des
Betrachters mit dem Endgerät variierend ausgestaltet ist.
59
60
Im Kern besteht die in dieser Merkmalskombination umschriebene Erfindung darin, dass
die begonnene Übertragung einer Videosequenz – etwa von Tages- oder
Sportnachrichten – nur dann fortgesetzt wird, wenn der Nutzer dem Anbieter die
Wahrnehmung der in der Videosequenz als Nutzinformation enthaltenen Werbung
bestätigt, wobei die zur Auslösung des Bestätigungssignals notwendige Interaktion
variieren muss. Auf diese Weise können Übertragungskapazitäten eingespart oder die
Übertragung kann modifiziert werden, und das Entstehen unnötiger Übertragungskosten
auf Anbieterseite kann verringert werden (vgl. Klagepatentschrift Absätze 0015, 0017,
0027 und 0064).
61
Den Ausdruck "Videosequenz" bezieht das Klagepatent zunächst auf dasjenige, was
der Betrachter an seinem Endgerät wahrnimmt, nämlich eine beliebige Abfolge
stehender oder bewegter Bilder (Klagepatentschrift Abs. 0006), die auch Texte, etwa
Tagesnachrichten (Klagepatentschrift Abs. 0055) sein und auch akustisch
wahrnehmbare Elemente enthalten kann (Klagepatentbeschreibung Abs. 0036); auch
Spielfilme können eine derartige Videosequenz sein. Eine Videosequenz im Sinne der
Erfindung enthält neben dieser vom Benutzer angeforderten Information auch Werbung,
die die Klagepatentschrift als Nutzinformation bezeichnet (vgl. Absätze 0004, 0010,
0027 und 0055). Dass die unter Schutz gestellte technische Lehre bei einer
Videosequenz als Regelfall von einer anderweitig vom Nutzer angeforderten Information
ausgeht, in die Werbung als Nutzinformation eingeblendet wird, die Nutzinformation
also nur ein Teil der Videosequenz – und nicht die Videosequenz selbst – ist, ergibt sich
aus der Trennung der Begriffe "Videosequenz" und "Nutzinformation" in Anspruch 1, die
nicht synonym gebraucht werden. Merkmal 1 spricht von der "Übertragung einer
Videosequenz mit einer Nutzinformation", und nach Merkmal 2.3 soll die Übertragung
der Videosequenz (nicht nur diejenige der Nutzinformation) abgebrochen werden, wenn
das ordnungsgemäße Bestätigungssignal für die Wahrnehmung der Nutzinformation
ausbleibt. Vor diesem Hintergrund soll das erfindungsgemäße Verfahren letztlich auch
den Benutzer zum aufmerksamen Ansehen der ihm präsentierten Werbung anhalten,
indem ihm auch der angeforderte Dienst nur dann weiter zur Verfügung gestellt wird,
wenn er die aufmerksame Wahrnehmung der Werbung bestätigt hat (vgl. etwa Abs.
0027 der Klagepatentbeschreibung). Entsprechend sind auch die in Figur 1 der
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Klagepatentschrift dargestellten und in Abs. 0028 – 0035 und 0037 – 0039
beschriebenen Verfahren gestaltet. Das schließt es allerdings nicht aus, dass sich die
Videosequenz im Einzelfall inhaltlich auf die Werbung und die zur ihrer Übertragung
notwendigen Daten beschränkt und dann identisch mit der in ihr enthaltenen
Nutzinformation ist, etwa wenn der Nutzer vom Anbieter Geld nur dafür erhält, dass ihm
auf seinem Endgerät Werbung gezeigt wird (vgl. Abs. 0003 der
Klagepatentbeschreibung). Wird die Nutzinformation aber in eine andere Information,
etwa eine Nachrichtensendung, eingeblendet, umfasst die Videosequenz im Sinne der
patentgeschützten Lehre die Gesamtheit aus Nachrichten und Werbung; eine isolierte
Betrachtung allein der Nutzinformation ist in solchen Fällen nicht möglich.
Die Videosequenz muss so beschaffen sein, dass eine Visualisierung und eine
Wiedergabe auf einem Endgerät möglich ist; sie braucht dazu nicht die in Abs. 0040 der
Klagepatentbeschreibung genannten üblicherweise benutzten Formate aufweisen,
sondern kann auch andere geeignete Formate benutzen. Die Videosequenz muss auch
im Rahmen des Klagepatentanspruches 1 so weit interaktiv sein, dass das
Bestätigungssignal angefordert und abgegeben werden kann. Anspruch 5 steht dieser
Sichtweise nicht entgegen; seine zusätzliche Lehre gegenüber Anspruch 1 besteht
darin, dass die vom Betrachter ausgelösten Aktivierungen der Videosequenz
protokollierbar sind.
63
Auf der vom Klagepatent angesprochenen Übertragungsseite vom Anbieter zum
Endgerät umfasst der Begriff "Videosequenz" alle Daten und Dateien, die benötigt
werden, damit die vom Nutzer angeforderte Bildfolge auf dem Endgerät erscheint
(Klagepatentschrift Abs. 0051). Ihr Umfang bestimmt sich danach, was nach
entsprechender Anforderung zur Übertragung auf das Endgerät des Nutzers vorgesehen
ist einschließlich der vom Anbieter hinzugefügten Nutzinformation bzw. Werbung (vgl.
Unteranspruch 6 und Absätze 0017 a.E., 0022, 0045 und 0064 der
Klagepatentbeschreibung). Für den Nutzer vorgesehene Wahl- oder
Aufrufmöglichkeiten sind ebenfalls mit umfasst, sofern der Anbieter sie für den Fall der
Anforderung der Videosequenz von vornherein zur Übertragung vorgesehen sind. Diese
Datengesamtheit ist ebenfalls eine Videosequenz im Sinne des Klagepatentes. Für die
geschützte Erfindung ist es wesentlich, dass es sich um ein schon vor der Übertragung
und möglichen Interaktion des Nutzers abgegrenztes und in sich geschlossenes
Datenpaket handelt.
64
Das in den Merkmalen 2.2, 2.2.1, 2.2.2 und 2.3 angesprochene Bestätigungssignal soll
erfindungsgemäß dem Anbieter eine Kontrolle ermöglichen, ob der Nutzer gerade die
Nutzinformation bzw. Werbung – und nicht nur die werbefreien Teile der Sequenz –
wahrgenommen hat oder allgemein die Nutzinformationen in der Videosequenz
wahrnimmt (Klagepatentschrift, Absätze 0015 bis 0017, 0019, 0027, 0029 und 0036 ff.)
und ihm ermöglichen, die für ihn mit Kosten verbundene Übertragung in dem Zeitpunkt
zu beenden, von dem an sie wirtschaftlich sinnlos erscheint. Das Bestätigungssignal
und seine Anforderung vom Benutzer können beliebig ausgestaltet sein, sofern
sichergestellt ist, dass der Benutzer, um das Signal abgeben zu können, die zuvor als
Nutzinformation gezeigte Werbung inhaltlich wahrgenommen haben muss. In dem
Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 des Klagepatentes dient als Bestätigungssignal die
Eingabe der Nummer eines ausgewählten Hot Spot (Anl. K 1, Abs. 0029). Als weitere
Beispiele nennt die Klagepatentbeschreibung ein akustisches Signal über ein Mikrofon,
die Eingabe über eine Zeigereinheit des Endgerätes, die Auswahl aus einer vom
Endgerät angebotenen Liste, das Drücken einer zufällig bestimmten Taste (Abs. 0036
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und 0039) und die Eingabe einer von einem Zufallgenerator ausgewählten Zufallszahl
(Absätze 0050 bis 0052 und 0057). Ein Bestätigungssignal im Sinne des Klagepatentes
liegt nur vor, wenn seine Abgabe zu einer Fortsetzung der Übertragung zwingend nötig
ist und sein Ausbleiben zu einem Abbruch oder einer Veränderung der Videosequenz
oder Übertragung führt (Klagepatentbeschreibung, Abs. 0017). Darin unterscheidet es
sich von der Anforderung zusätzlicher Dienste durch den Nutzer. Die Anforderung
zusätzlicher Dienste löst lediglich eine Erweiterung der Übertragung um zusätzliche
Sequenzen aus, die im übrigen auch außerhalb der Nutzinformation liegen können, wie
das etwa bei weiteren Detailnachrichten der Fall ist (Klagepatentschrift Abs. 0027).
Beim Ausbleiben einer solchen Anforderung erscheint nur der Sonderdienst nicht, und
es wird die begonnene ursprüngliche Videosequenz unverändert weiter übertragen. Die
Nichtanforderung zusätzlicher Dienste führt nicht zum Abbruch der Übertragung der
Videosequenz; die Übertragung endet in diesen Fällen nur, wenn die Wiedergabe der
Sequenz ohnehin abgeschlossen ist und nicht mehr abgebrochen werden kann. Das
erfindungsgemäße Bestätigungssignal muss der Nutzer dagegen während der
Übertragung bzw. Wiedergabe abgeben, um die begonnene Videosequenz weiter
empfangen zu können, während der zusätzliche Dienst diese Fortsetzung nur etwas
hinauszögert, aber im übrigen nicht weiter beeinflusst, insbesondere nicht angefordert
werden muss, um den Abbruch der Übertragung zu verhindern.
Die erfindungsgemäß vorgesehene Reaktion des Anbieters ist in Merkmal 2.3
beschrieben. Je nach dem, ob er ein korrektes Bestätigungssignal erhalten hat oder
nicht, setzt er die schon begonnene Übertragung der Videosequenz fort oder bricht sie
ab, wobei sich die Fortsetzung und der Abbruch nicht nur auf die Nutzinformation
beschränken, sondern die gesamte Videosequenz erfassen. Damit wird der Nutzer auch
dazu angehalten, als Gegenleistung für die Übertragung der Videosequenz auch die zur
Finanzierung des von ihm in Anspruch genommenen Dienstes betriebene Werbung
anzusehen. Es geht in Merkmal 2.3 dagegen nicht um die Erweiterung der
Werbeübertragung um zusätzlich angeforderte Sonderdienstleistungen.
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Um sicher zu stellen, dass der Nutzer die Werbung auch tatsächlich gesehen hat, sieht
das Merkmal 2.4 als weitere Maßnahme zusätzlich zur Abgabe des Bestätigungssignals
vor, dass die zu dessen Auslösung notwendige Interaktion des Nutzers variiert; die
Interaktion kann dadurch flexibel auf die jeweilige Nutzinformation bezogen werden und
verhindert, dass der Nutzer, ohne auf die Videosequenz zu achten, stets mit der
gleichen Interaktion die Wahrnehmung der Nutzinformation bestätigen kann
(Klagepatentschrift, Absätze 0019 und 0036). Das Anfordern eines Sonderdienstes oder
zusätzlichen Dienstes, das an immer derselben Stelle der Videosequenz auf immer
dieselbe Weise vollzogen wird, ist keine variierende Interaktion des Merkmals 2.4, auch
wenn sie erst während der Wiedergabe der Werbung erscheint und der Nutzer
gezwungen ist, das Ablaufen der Werbung und den Beginn der Aufrufbarkeit
abzuwarten, wenn er sich die Möglichkeit offen halten will, Sonderdienste anzufordern.
Ebenso wenig genügt es, dass lediglich der Zeitpunkt für die Signalabgabe individuell
bestimmt wird. Denn auch dann hat der Nutzer noch die Möglichkeit, zum fraglichen
Zeitpunkt eine gleichbleibende Routineaktion vorzunehmen, die keine Kenntnis über
die gerade laufende Nutzinformation voraussetzt.
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2.
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Von dieser technischen Lehre macht das angegriffene Verfahren keinen Gebrauch.
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a)
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Zwar mag man die Anforderung von Sonderdiensten noch als Bestätigungssignal im
Sinne der Merkmalsgruppe 2.2 betrachten können, sofern sie sich beispielsweise
entsprechend Anlage K 8 auf die gezeigte Werbung der Beklagten beziehen, etwa,
zusätzliche Informationen über das beworbene Produkt anfordern, denn damit bestätigt
der Nutzer dem Anbieter in der Tat, die "allgemeine" Werbung gesehen zu haben,
anderenfalls könnte er schon deshalb keine zusätzlichen Produktinformationen
anfordern, weil die Hot Spots erst nach dem vollständigen Abspielen des Werbespots
aktiviert werden können.
71
b)
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Nicht verwirklicht ist jedoch das Merkmal 2.3. Das angegriffene Verfahren der Beklagten
führt nicht zu der dort beschriebenen Reaktion des Anbieters auf das Aktivieren oder
Nichtbetätigen der drei Hot Spots. Betätigt der Nutzer keinen der drei Buttons, ist zwar
die Werbung beendet, nicht aber die Übertragung der Videosequenz, denn diese wird
unstreitig nach dem Ende der Werbung fortgesetzt. Die angegriffenen Werbemittel für
sich allein sind nicht die Videosequenz im Sinne des Klageschutzrechtes. Zur einer
vollständigen erfindungsgemäß in bezug genommenen Videosequenz gehören bei dem
angegriffenen Verfahren auch die vom Nutzer aufgerufenen Internetseiten, in die die
Werbemittel der Beklagten eingeblendet werden. In dieser Sequenz sind die
Werbemittel der Beklagten lediglich die Nutzinformation. Wird die Nutzinformation in
eine andere Videosequenz, etwa einem Internetdienst, eingeblendet, wird das Merkmal
2.3 nur erfüllt, wenn nach dem Ausbleiben des Bestätigungssignal die gesamte
Videosequenz einschließlich der ursprünglich aufgerufenen Internetseite nicht weiter
übertragen wird. Der Nutzer, der die Wahrnehmung der Werbung nicht bestätigt,
bekommt nicht nur die Werbung nicht weiter übertragen, sondern er muss auch auf die
weitere Nutzung des ursprünglich aufgerufenen Dienstes verzichten. Darin liegt im
wesentlichen das mit der Erfindung erzielbare Einsparpotential. Sie will auch dem
Anbieter des Dienstes ermöglichen, dessen Übertragung zu beenden und die für die
weitere Übermittlung anfallenden Kosten zu sparen, wenn nicht durch ein
ordnungsgemäßes Bestätigungssignal sichergestellt ist, dass der Nutzer die zur
Finanzierung dieses Dienstes eingeblendete Werbung auch inhaltlich wahrgenommen
hat. Im Streitfall wird bei dem angegriffenen Verfahren jedoch nicht einmal die
Übertragung der Nutzinformation abgebrochen. Dasjenige, was der Betrachter als
Nutzinformation wahrnehmen soll, bevor er die ursprünglich aufgerufene Internetseite
wieder gezeigt bekommt, ist bereits vollständig übertragen, wenn die Hot Spots betätigt
werden können. Bei der Aktivierung eines von ihnen wird lediglich zusätzliche Werbung
gesendet, um die es im Rahmen des Merkmals 2.3 jedoch nicht geht, das nicht die
Übertragung weiterer Nutzinformationen bzw. deren Nichtvornahme betrifft, sondern nur
eine weitere Übertragung der schon teilweise übermittelten Videosequenz, womit die
Informationen gemeint sind, die der Nutzer ursprünglich angefordert hat.
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Nicht verwirklicht ist außerdem das Merkmal 2.4. Innerhalb des angegriffenen
Verfahrens wird das Bestätigungssignal nicht durch eine variierend gestaltete
Interaktion des Nutzers mit seinem Endgerät ausgelöst. Merkmal 2.4 bezieht sich nicht
auf Verfahren, bei denen der Nutzer zwar einerseits zwischen verschiedenen Hot Spots
wählen kann, andererseits aber gleichzeitig die Möglichkeit hat, immer wieder
denselben und auch stets am selben Ort platzierten Hot Spot aufzurufen, also immer
wieder dieselbe Interaktion mit seinem Endgerät vorzunehmen. Erfindungsgemäß wird
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vielmehr verlangt, dass die Steuereinheit dem Benutzer eine stets wechselnde
Interaktion vorgibt, um das Bestätigungssignal zu erzeugen. Die Ausgestaltung dieser
Interaktion muss, auch wenn sich der Schutzbereich des Klagepatentanspruches 1 nicht
auf die in der Beschreibung erörterten Ausführungsbeispiele beschränkt, den dort als
bevorzugt vorgestellten Ausführungsformen vergleichbar sein. Sie muss damit so
ausgestaltet sein, dass die Vorgabe für den Benutzer jedes Mal wechselt, er etwa jedes
Mal eine andere vorgegebene Taste drücken, jedes Mal eine andere vorgegebene Zahl
oder Zahlenkombination eingeben oder jedes Mal ein anderer oder zumindest an
anderer Stelle positionierter Button angeklickt werden muss. Das ist bei dem
angegriffenen Verfahren nicht der Fall. Der Nutzer hat zwar drei betätigbare Hot Spots
zur Auswahl, ihm wird aber nicht vorgegeben, jedes Mal einen anderen dieser drei Hot
Spots zu aktivieren, sondern der Benutzer hat die Wahl, für welchen der drei Buttons er
sich entscheiden will und kann auch jedes Mal denselben betätigen, der überdies auch
noch jedes Mal am selben Ort liegt. Das bringt die erfindungsgemäß gerade zu
vermeidende Möglichkeit mit sich, das Bestätigungssignal durch eine immer gleich
ablaufende Interaktion routinemäßig abzugeben.
III.
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Da das Rechtsmittel der Klägerin ohne Erfolg geblieben ist, hat sie nach § 97 Abs. 1
ZPO die Kosten des von ihr vergeblich eingeleiteten Berufungsverfahrens zu tragen; die
Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711,
108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, denn die Voraussetzungen
des § 543 ZPO liegen ersichtlich nicht vor. Als reine Einzelfallentscheidung hat die
Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch
erscheint zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
erforderlich.
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R1 R2 R3
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