Urteil des OLG Düsseldorf vom 26.03.2010

OLG Düsseldorf (höhe, kläger, vorstand, grobe fahrlässigkeit, anlage, haftung, verwendung, verein, schaden, eröffnung)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-22 U 173/09
Datum:
26.03.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-22 U 173/09
Tenor:
Die Berufungen der Beklagten zu 2) und zu 5) gegen das Urteil des
Landgerichts Mönchengladbach vom 14.07.2009 – Az. 3 O 561/04 –
werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor der
Verurteilung in der Hauptsache wie folgt lautet:
Der Beklagte zu 5) wird verurteilt, an den Kläger 140.822,55 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 24.11.2006 zu zahlen.
Der Beklagte zu 2) haftet gegenüber dem Kläger dem Grunde nach als
Gesamtschuldner neben dem Beklagten zu 5).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 10%, der
Beklagte zu 2) 40% und der Beklagte zu 5) 50% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige
Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e:
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I.
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des G. e.V. (Insolvenzschuldner).
Die Beklagten waren in den Jahren 2000 bis 2003 (jeweils zeitweise) im Vorstand des
Insolvenzschuldners. Bezüglich der Beklagten zu 4) war ihr Rechtsvorgänger zeitweise
Mitglied des Vorstands. In der Vorstandssitzung vom 15.06.2000 wurde beschlossen,
dass der Beklagte zu 5) und der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 4) für "Belegungen",
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die Beklagten zu 2) und zu 5) für "Finanzen und Personal", die Beklagten zu 1) und zu
8) für "Marketing und Internet" und die Beklagten zu 6) und zu 7) für das Ressort
"Ortsgemeinschaften und Bauvorhaben" zuständig sein sollten. Für weitere Einzelheiten
wird auf den in Ablichtung zur Gerichtsakte gereichten Vorstandsbeschluss (Anlage KE
8, Bl. 365 ff d.GA) Bezug genommen.
Der im Jahre 1959 gegründete Insolvenzschuldner ging aus der Siedlerbewegung
hervor. Übersiedler aus den ehemaligen, deutschen Ostgebieten hatten sich
zusammengeschlossen, um im Wege der manuellen Eigenleistung in Form der Selbst-
und Nachbarschaftshilfe die Errichtung von Eigenheimen zu fördern. Später wurde der
Vereinszweck durch Satzungsänderung auf die Errichtung und dem Betrieb von
Erholungsstätten für vereinsangehörige Familien, geistig und körperlich behinderte
Menschen sowie alle übrigen sozial schwachen Personen erweitert. In § 2 der Satzung
heißt es unter der Überschrift "Zweck und Aufgaben des Vereins":
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a. […] der den Zweck hat, Erholungsstätten für Familien, geistig und körperlich
behinderte Menschen und alle anderen sozialschwachen Personengruppen zu
schaffen, zu betreiben und diesem Personenkreis Erholungsaufenthalt in seinen
Einrichtungen zu ermöglichen.
b. […] der Verein ist selbstlos tätig. Er verfolgt nicht in erster Linie
eigenwirtschaftliche Zwecke. Mittel des Vereins dürfen nur für satzungsmäßige
Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder des Vereins erhalten keine
Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglied auch keine sonstigen
Zuwendungen aus den Mitteln des Vereins. […]"
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6
In § 8 i der Satzung des Insolvenzschuldners heißt es:
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"Zur Vertretung des Verbandes ist der Vorsitzende zusammen mit einem
Vorstandsmitglied oder die beiden Stellvertreter gemeinsam oder jeder für sich mit
einem anderen Vorstandsmitglied berechtigt."
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Für weitere Einzelheiten wird auf die in Ablichtung zur Gerichtsakte gereichte Satzung
des Insolvenzschuldners Bezug genommen (Bl. 203 ff. GA).
9
Zu den Einrichtungen, die der Insolvenzschuldner betrieb, gehörte das "Haus H." in B.,
die Familienferienheime "Haus E." in B./K. H. und "Haus T." in F./M. sowie das Kur- und
Erholungsheim "B." in F./M. Im Jahre 2000 beschloss die Delegiertenversammlung des
Insolvenzschuldners, das Kur- und Erholungszentrum "B" auszubauen. Geplant waren
der Bau einer Badeabteilung sowie die Erweiterung des Mutter-Kind-Kurhauses.
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Die Finanzierung dieses Bauvorhabens sollte wie folgt erfolgen:
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Bundeszuwendungen: 1.000.000 DM.
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Bankdarlehen: 1.500.000 DM.
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Eigenmittel: 414.020 DM
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Eigenleistung: 51.789 DM
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_______________________________
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Gesamt: 2.964.809 DM
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Am 25.04.2000 stellte der Insolvenzschuldner beim Bundesministerium für Familien,
Senioren, Frauen und Jugend einen Antrag auf Gewährung einer Zuwendung in Höhe
von 1.000.000 DM (Anlage K 4, Bl. 57 ff. d.GA). Diese Zuwendung wurde mit Bescheid
vom 19.07.2000 antragsgemäß bewilligt (Anlage K 5, Bl. 63 ff. d.GA, Bl. 828 ff. GA). In
dem Bewilligungsbescheid erklärte die Behörde den als Anlage beigefügten
Finanzierungsplan (Bl. 837 GA) für verbindlich und wies auf Seite 2 darauf hin, dass
gemäß Nr. 2 AMBest-P Eigenmittel und anderweitige Finanzierungsmittel vorrangig
einzusetzen seien. Beigefügt war diesem Bescheid die Nebenbestimmung für
Zuwendung für Projektförderung (AMBest-P), wonach u.a. ein Verwendungsnachweis
über das Bauvorhaben mit Ablauf des 6. Monats nach Erfüllung des
Zuwendungszwecks gefordert wurde.
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Nach Erhalt des Bescheids vom 19.07.2000 nahm der Insolvenzschuldner bei der H.
AG, M., ein Darlehen in Höhe von 1,5 Millionen DM auf. Die Darlehenssumme wurde
sukzessiv im Jahre 2001 auf das oben genannte Konto bei der V. P. ausgezahlt.
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Das Eigenkapital in Höhe von 414.000 DM sollte durch Verkäufe von drei
vereinseigenen Wohnungen refinanziert werden. Zur Zwischenfinanzierung hatte der
Insolvenzschuldner einen Kredit bei der V.-B. GmbH, dem beauftragten
Generalunternehmer, aufgenommen.
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Die Auszahlungen des bewilligten Bundeszuschusses erfolgten wie folgt:
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Am 28.12.2000 erfolgte eine Zahlung über 678.400 DM auf das Baukonto des
Insolvenzschuldners bei der S. N. mit der Nr. 80129323. Am 02.01.2002 wurde die dritte
und letzte Rate in Höhe von 170.000,00 DM auf das Konto des Insolvenzschuldners bei
der V. P. mit der Nr. 9002994900 überwiesen. Zwischen den Parteien ist erstinstanzlich
unstreitig gewesen, dass auch die zweite Rate am 22.01.2001 in Höhe von 151.600 DM
auf dieses Konto überwiesen worden war.
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Das Bauvorhaben wurde durch die Firma V. B. GmbH durchgeführt und im
Januar/Februar 2002 fertiggestellt. Das ursprüngliche Angebot des
Generalunternehmers lag bei 2.964.908,00 DM. Insgesamt stellte er dem
Insolvenzschuldner nach Abschluss der Arbeiten einen Betrag von 3.015.396,04 DM in
Rechnung.
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Der Insolvenzschuldner zahlte an die V. B. GmbH bis zum 27.02.2001 insgesamt
2.126.178,04 DM. Über den Restbetrag von 889.217,33 DM schloss der
Insolvenzschuldner mit der V. B. GmbH eine Kreditvereinbarung. Für weitere
Einzelheiten wird auf die Anlage BK1 (Bl. 1066 ff GA) Bezug genommen.
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Im Zeitraum von Dezember 2000 bis Dezember 2002 wurden von dem Baukonto bei der
V. P. Umbuchungen in Höhe von 732.530,07 DM (dies entspricht 374.536,68 €)
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vorgenommen, die nicht im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben standen. Mit den
Beträgen wurden laufende Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners wie der
Ausgleich anderer Konten, Tilgung plus Zinsen anderer Darlehen, Zahlungen an
Kreditoren, Personalkosten (Krankenkassenbeiträge/Lohn/Gehalt), Strom-, Wasser-,
Gaskosten, Bereitstellungszinsen, kumulierte Zinserträge und Gebühren getilgt.
Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Insolvenzschuldners beauftragten die
Beklagten zu 5) bis 7) am 24.04.2002 Herrn K. J. damit, ein Sanierungskonzept zu
entwickeln und dieses umzusetzen. Die Herrn J. erteilte Vollmacht lautete:
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"[…]. Insoweit ist er berechtigt, für den Vorstand Willenserklärungen
rechtsverbindlich abzugeben.
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Herr J. handelt ausdrücklich im Namen und im Auftrag des Vorstandes für den
Verein. Im Innenverhältnis gibt es einen Geschäftsbesorgungsvertrag, wonach die
Regelungskompetenz dem Vorstand verbleibt, er folglich für das Handeln von Herrn
K. J. voll umfänglich haftet."
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Am 16.10.2002 legte der Beklagte zu 5) seinen Vorsitz vom Vorstand nieder, wobei
streitig ist, ob er zugleich auch seine Vorstandstätigkeit aufgab.
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Am 20.11.2002 berief der Beklagte zu 8) eine Delegiertenversammlung ein, um den
alten Vorstand abzuwählen, was auch geschah und zu einem Rechtsstreit vor dem
Amtsgericht G. führte. Eine ordnungsgemäße Neuwahl fand am 02.04.2003 statt. In
diesem Vorstand wurden die Beklagten zu 5), 6) und 7) und vier weitere Personen
gewählt.
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Dieser neue Vorstand beantragte am 09.05.2003 das Insolvenzverfahren, welches am
01.06.2003 eröffnet wurde. Gleichzeitig wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter
bestellt.
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Nach Abschluss der Bauarbeiten im Januar/Februar 2002 hatte der Insolvenzschuldner
keinen Verwendungsnachweis erstellt. Erstmalig wäre ein solcher zum 31.08.2002
vorzulegen gewesen. Da trotz mehrmaliger Fristverlängerung – letztmalig bis zum
01.06.2003 – ein Nachweis nicht erfolgte, widerrief das Bundesverwaltungsamt mit
Bescheid vom 30.11.2004 die Zuwendung. Gleichzeitig forderte es den
Insolvenzschuldner zur Rückzahlung des Betrages von 1 Million DM (dies entspricht
511.291,88 €) auf. Begründet wurde dies damit, dass die mit dem Zuwendungsbescheid
verbundenen Auflagen nicht erfüllt worden seien. Der Insolvenzschuldner hätte keinen
Nachweis über die Verwendung der Zuwendungen gem. Nr. 6.1 AMBest-P erbracht und
habe zudem nicht gem. Nr. 5 AMBest-P rechtzeitig mitgeteilt, dass das
Insolvenzverfahren eröffnet worden war.
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Gegen den Widerruf bzw. den Rückforderungsbescheid legte der Kläger am 20.12.2004
Widerspruch ein. Im Zuge des Widerspruchsverfahrens reichte der Kläger mit Schriftsatz
vom 8. Dezember 2005 (Bl. 743 ff. d.GA) u.a. auch einen Mittelverwendungsnachweis
dem Bundesverwaltungsamt vor.
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Der Kläger hat ursprünglich beantragt, die Beklagten zu 1 bis 8 zu verurteilen, an ihn
511.291,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Gesamtschuldner zu zahlen. Da zur Zeit der
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Klageerhebung das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen war, ist der
Rechtsstreit zunächst ausgesetzt worden.
Mit Bescheid vom 23.11.2006 hat das Bundesverwaltungsamt die Höhe der gegen den
Insolvenzschuldner geltend gemachten Rückforderung geändert. Das
Bundesverwaltungsamt hat festgestellt, dass bei der Errichtung des Bauvorhabens
zuwendungsfähige Ausgaben in Höhe von 2.167.469,93 DM getätigt worden seien.
Unter Berücksichtigung des im Zuwendungsbescheid vom 19.07.2000 festgelegten
Bundesanteils von 34,32 % ergebe sich danach, dass Bundesmittel in Höhe von
130.954,29 € zweckwidrig verbraucht worden seien und daher zurückzufordern seien.
Unter Berücksichtigung der angefallenen Zinsen in Höhe von 9.928,26 € sei daher ein
Rückforderungsanspruch des Bundes in Höhe von 140.822,55 € entstanden. Für
weitere Einzelheiten wird auf die Anlage K 29, eingereicht als Anlage zum Schriftsatz
des Klägers vom 30.07.2007, Bezug genommen.
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Nachdem das Bundesamt den geltend gemachten Nachzahlungsanspruch auf
140.822,55 € inklusive Zinsen korrigiert hatte, hat der Kläger den Rechtsstreit in Höhe
von 136.755,20 € für erledigt erklärt, hilfsweise hat er erklärt, den Antrag insoweit
zurückzunehmen (Bl. 660 d.GA). Der Beklagte zu 5) und der Beklagte zu 8) haben der
Teilerledigungserklärung und hilfsweisen Klagerücknahme nicht zugestimmt.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass ihm bzw. dem Insolvenzschuldner weiterhin
ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 374.536,68 € (entspricht 732.530,07 DM)
gegen die Beklagten zustehe, da die Vorstandsmitglieder in dieser Höhe die
Fördermittel nicht zweckentsprechend für das Bauvorhaben verwendet hätten, sondern
andere Verbindlichkeiten getilgt hätten. Die Beklagten würden als Gesamtschuldner
haften, da den Vorstand als Gesamtorgan eine Kollegialhaftung treffe. Ein
Erstattungsanspruch ergebe sich aus einer analogen Anwendung der §§ 92 Abs. 3, 93
Abs. 3 Nr. 6 AktG, § 64 Abs. 2 GmbHG, § 34 Abs. 4 GenG. Der Insolvenzschuldner sei
bereits Mitte des Jahres 2000 überschuldet und daher nicht mehr in der Lage gewesen,
seinen gesamten Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Für eine analoge
Anwendung der Vorschriften spräche zudem, dass der Insolvenzschuldner im weiten
Umfang wirtschaftlich tätig gewesen sei. Ferner ergäbe sich ein Anspruch aus §§ 42
Abs. 2, 280 BGB.
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Jedenfalls sei die Klage wegen der zweckwidrigen Verwendung eines öffentlichen
Zuschusses in Höhe von 140.822,55 €, also des Rückforderungsbetrages des
Bundesverwaltungsamtes, begründet.
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Der Kläger hat behauptet, dass die Beklagten zu 2), 3), 5), 6), 8) und der
Rechtsvorgänger der Beklagten zu 4) bis zum 18.06.2003 Vorstände des
Insolvenzschuldners gewesen seien. Dies ergebe sich aus dem Vereinsregister. Der
Beklagte zu 1) sei bis zum 14.09.2001 im Vorstand gewesen.
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Zuletzt hat der Kläger beantragt,
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die Beklagten zu 1) bis 8) zu verurteilen, an ihn 374.536,68 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als
Gesamtschuldner zu zahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie sind der Ansicht gewesen, für die Erstellung des Verwendungsnachweises und
somit für die Entstehung eines etwaigen Schadens nicht verantwortlich gewesen zu
sein. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte es dem Kläger oblegen, den
Verwendungsnachweis zu erstellen. Denn mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
sei die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis gem. § 80 InsO auf den Kläger
übergegangen. Der Beklagte zu 2) hat behauptet, dass er bereits am 29.01.2002 aus
dem Vorstand ausgeschieden sei. Der Beklagte zu 5) hat behauptet, am 16.10.2002 aus
dem Vorstand ausgeschieden zu sein (Bl. 282, 505). Die Beklagten haben ferner
behauptet, dass die kaufmännischen Aufgaben am 23.05.2002 auf Herrn J. übertragen
worden seien. Die Tätigkeit des Herrn J. hätte u.a. die Finanzplanung, Beschaffung,
Rechnungswesen, Vertragsmanagement, Kreditwesen und die Liquiditätsplanung
umfasst.
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Die Beklagten sind der Ansicht gewesen, dass ein Erstattungsanspruch aus einer
analogen Anwendung der §§ 92 Abs. 3, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, § 64 Abs. 2 GmbHG, § 34
Abs. 4 GenG bereits daran scheitere, dass der Insolvenzschuldner bis zur
Antragstellung am 09.05.2003 nicht zahlungsunfähig gewesen sei. Überdies fehle es an
einer Regelungslücke.
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Der Beklagte zu 5) hat gemeint, dass eine Mittelfehlverwendung des
Bundeszuschusses nicht vorliege, da die gesamten zugewandten Fördermittel für die
Durchführung des Bauvorhabens verwendet worden seien. Die einschlägigen
Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheides hätten keine Verpflichtung des
Zahlungsempfängers zum vorrangigen Einsatz eigener Mittel vorgesehen. Auch sei ein
Verschulden nicht gegeben, jedenfalls könne er sich als ehrenamtlich Tätiger auf die im
Arbeitsrecht geltenden Grundsätze der schadensgeneigten Tätigkeit berufen. Zudem sei
dem Insolvenzschuldner kein Schaden entstanden, da alle Beträge stets für die Zwecke
des Insolvenzschuldners verwandt worden seien. Allenfalls ergebe sich ein Schaden
nur in Höhe der dem Bundesverwaltungsamt im Rahmen des Insolvenzverfahrens
zustehenden Quote.
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Das Landgericht Mönchengladbach hat mit seinem Urteil vom 14.07.2009 den
Beklagten zu 5) verurteilt, an den Kläger 140.822,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.11.2006 zu zahlen.
Ferner hat es festgestellt, dass die Klage hinsichtlich des Beklagten zu 2) dem Grunde
nach gerechtfertigt sei. Die Klage gegen die weiteren Beklagten hat es abgewiesen.
Das Landgericht hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 5) zu 72 % sowie
die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1), 3), 4), 6), 7) und 8) dem Kläger
auferlegt. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beklagten zu 2) und hinsichtlich der
Gerichtskosten hat es der Schlussentscheidung vorbehalten.
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Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass dem Kläger kein Anspruch auf
Zahlung von 374.536,68 € gegen die Beklagten wegen zweckwidriger
Mittelverwendung zustünde. Eine Haftung der Beklagten als Vereinsvorstand analog der
Vorschriften §§ 92 Abs. 3, 93 Abs. 3 Nr. 6 AktG, 64 Abs. 2 GmbHG, 34 Abs. 4 GenG auf
Ersatz aller Zahlungen nach Insolvenzreife komme nicht in Betracht, da es insoweit an
einer Regelungslücke fehle. Die Beklagten würden auch nicht gem. §§ 42 Abs. 2 Satz 2,
280 Abs. 1 BGB haften. Insoweit fehle es bereits an der Darlegung des sog.
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Quotenschadens durch den Kläger. Einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1
BGB komme nicht in Betracht, da mit den Zahlungen, die vom Baukonto erfolgt sind,
laufende Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners ausgeglichen worden seien, so
dass diesem letztlich durch diese Fehlverwendung als solche kein Schaden entstanden
sei.
Der Kläger habe jedoch gegen den Beklagten zu 5) als Verantwortlichen für das Ressort
"Finanzen" wegen der zweckwidrigen Mittelverwendung einen Anspruch auf Zahlung
von 140.822,55 € gem. §§ 27 Abs. 3, 662, 280 Abs. 1 BGB, also in Höhe der
Rückforderung des Bundesverwaltungsamtes. Gleicher Anspruch bestehe auch gegen
den Beklagten zu 2) dem Grunde nach. Die Beklagten zu 2) und 5) hätten ihre Pflichten
aus dem Bestellungsvertrag verletzt, indem sie für das Bauvorhaben vorgesehene
Gelder nicht für dieses verwendeten bzw. auf die zweckgerichtete Verwendung nicht
Acht gegeben hätten, so dass es zu einem Widerruf und Zahlungsbescheid des
Bundesverwaltungsamtes in Höhe von schließlich 140.822,55 € gekommen sei. Die
Beklagten seien für das Ressort "Finanzen" verantwortlich gewesen. Anknüpfungspunkt
für die Pflichtverletzung sei allein die falsche Mittelverwendung. Dem stehe nicht
entgegen, dass Fördermittel in Höhe von 1 Million DM für das Bauvorhaben letztlich
verbraucht worden seien, denn Grundlage des Zuwendungsbescheides sei der
Finanzierungsplan des Insolvenzschuldners gewesen, der insgesamt Kosten in Höhe
von 2,9 Millionen DM vorgesehen hätte. Zudem habe das Bundesverwaltungsamt im
Zuwendungsbescheid vom 19.07.2000 darauf hingewiesen, dass gem. Nr. 2 ANBest-P
(Allgemeine Nebenbestimmung für Zuwendungen zur Projektförderung) Eigenmittel und
anderweitige Finanzmittel vorrangig anzusetzen seien. Es kommt nicht darauf an, wer
letztlich für die Erstellung des Verwendungsverzeichnisses zuständig gewesen sei, da
die Nichterstellung jedenfalls für die Rückforderung von 140.822,50 € nicht mehr kausal
sei, da das Bundesverwaltungsamt diese Forderung festgesetzt habe, nachdem ihm
gegenüber der Verwendungsnachweis erbracht worden sei. Die Beklagten zu 2) und 5)
hätten gem. § 278 BGB für ein etwaiges Fehlverhalten des u.a. von ihnen beauftragten
Herrn J. einzustehen. Die Verwendung der Mittel vom Baukonto für andere Zwecke sei
auch kausal gewesen für die Rückforderung des Bundesverwaltungsamts, denn
Grundlage für die Zuwendung sei der Finanzierungsplan des Insolvenzschuldners mit
2,9 Millionen DM gewesen.
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Bei zweckentsprechender Verwendung der Mittel der Baukonten wäre es nicht zu der
Rückforderung des Bundesverwaltungsamtes gekommen. Das Vermögen des
Insolvenzschuldners sei mit dieser Rückzahlungsverbindlichkeit zusätzlich belastet
worden. Der Schaden sei insgesamt in der Höhe entstanden und nicht nur in der Höhe
der zu erwartenden Quote des Bundesverwaltungsamtes als Insolvenzgläubiger, da es
sich auch bei der Belastung mit einer Verbindlichkeit um einen ersatzfähigen Schaden
handele und zwar auch dann, wenn der Belastete weder Vermögen noch Einkünfte
habe und daher nicht leistungsfähig sei. Der Belastete habe daher einen
Freihaltungsanspruch gem. § 250 BGB, der in einen Geldanspruch übergehen könne.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehöre der Befreiungsanspruch zur
Insolvenzmasse und verwandele sich in der Hand des Insolvenzverwalters in einen
Zahlungsanspruch auf den vollen Betrag der Schuld des Gemeinschuldners und nicht
bloß der dem Gläubiger gebührenden Insolvenzquote. Entsprechendes gelte auch für
einen Verein, der wegen Vermögenslosigkeit im Vereinsregister gelöscht worden sei.
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Die Beklagten zu 2) und 5) hätten fahrlässig gehandelt. Vom vorsätzlichen Handeln sei
nicht auszugehen, da die Überweisungen vom Baukonto im Wege des "Cash-
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Managements" erfolgt seien und damals davon ausgegangen worden sei, dass diese
Mittel wieder zurückfließen. Gleichwohl hätten die Beklagten nicht im Wege des Cash-
Managements diese Mittel fremd verwenden dürfen, da grundsätzlich die Gefahr
bestanden habe, dass eben eine Rückzahlung nicht gelingen werde. Die Haftung der
Beklagten sei nicht nach den Grundsätzen der gefahrgeleiteten Tätigkeit auf eine
Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt. Zum einen sei hier nicht das
Außenverhältnis zu dritten Personen außerhalb des Vereins betroffen, sondern es gehe
um das Verhältnis zwischen Verein und Vorstand, zum andern habe sich durch die
Umbuchungen im Rahmen des sog. C. keine mit der Durchführung der
satzungsmäßigen Aufgaben verbundene typische Gefahr verwirklicht. Auch könne von
einer Entlastung des Vorstands durch die Mitgliederversammlungen nicht ausgegangen
werden, da der Vorstand die Mitgliederversammlung über die Sachlage unrichtig oder
unvollständig unterrichtet habe.
Der Beklagte zu 5) sei für den gesamten Schaden in Höhe von 140.822,55 €
verantwortlich. Insoweit sei unerheblich, dass er zum 16.10.2002 aus dem Vorstand
ausgeschieden sei, da die zweckwidrigen Überweisungen vom streitgegenständlichen
Baukonto bis zum 04.04.2002 erfolgt seien.
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Hinsichtlich des Beklagten zu 2) sei hinsichtlich der Höhe eine abschließende
Entscheidung nicht möglich gewesen, da maßgeblich sei, ob er am 29.01.2002 oder erst
im März 2002 aus dem Vorstand ausgeschieden sei. Wäre der Beklagte zu 2) am
29.01.2002 ausgeschieden, so wäre er für Umbuchungen in Höhe von 117.058,02 DM
nicht mehr verantwortlich, bei Ausscheiden im März für Umbuchungen in Höhe von
31.449,64 DM. Der Beklagte zu 2) hätte also entweder 119.516,10 € (Ausscheidens
20.01.2002) oder 135.105,15 € (Ausscheiden März 2002) als Gesamtschuldner neben
den Beklagten zu 5 zu zahlen. Auf das Vereinsregister könne sich der Kläger nicht
berufen, da die Eintragungen lediglich deklaratorische Wirkung hätten.
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Eine Haftung der übrigen Beklagten sei nicht in Betracht gekommen, da diese nach der
Ressortverteilung für eine Fehlverwendung der Gelder nicht verantwortlich gewesen
seien. Anhaltspunkte dafür, dass die übrigen Beklagten Kenntnis von den
Umbuchungen gehabt hätten, seien nicht ersichtlich.
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Gegen dieses Urteil des Landgerichts Mönchengladbach, welches den Beklagten zu 2)
und 5) jeweils am 17.07.2009 zugestellt worden ist, wenden sich diese mit ihren jeweils
am 17.08.2009 eingelegten Berufungen, welche am 15.10.2009 bzw. 19.10.2009
begründet worden sind, nachdem die Frist entsprechend verlängert worden war.
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Der Beklagte zu 2) ist der Ansicht, dass der Erlass eines Grund- und Teilurteils gegen
ihn unzulässig gewesen sei, da nach der Entscheidung unklar sei, inwieweit eine
Bindung bereits zur Höhe bestehe. Überdies habe er allenfalls als Gesamtschuldner
neben dem Beklagten zu 5) dem Grunde nach verurteilt werden können. In der Sache
trägt er im Wesentlichen vor, dass die vom Landgericht zugrundegelegte
Ressortübernahme tatsächlich nicht von den Vorstandsmitgliedern durchgeführt worden
sei, er habe insbesondere keine Kontrollfunktion über das Ressort "Finanzen" ausgeübt.
Seit Mitte 2001 sei er überdies erkrankt gewesen. Er meint, dass ihm eine
Haftungsfreistellung nach den Grundsätzen der gefahrgeneigten Tätigkeit zu Gute
kommen müsse. Überdies stehe die durch die Mitgliederversammlung ausgesprochene
Entlastung des Vorstandes seiner Haftung entgegen. Auch sei ein kausaler Schaden
nicht feststellbar. Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung sei jedenfalls noch kein
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Befreiungsanspruch des Insolvenzschuldners gegeben gewesen, da der
Rückforderungsbescheid erst später erlassen worden sei und die Forderung begründet
habe.
Der Beklagte zu 5) trägt im Wesentlichen vor, dass eine Mittelfehlverwendung nicht
vorliege. Die Voraussetzungen der Darlehensgewährung seien eingehalten worden.
Insoweit sei insbesondere auch die Umwandlung offener Zahlungsansprüche des
Generalunternehmers in ein an den Insolvenzschuldner gewährtes Darlehen als
zuwendungsfähiger Aufwand zu berücksichtigen gewesen. Eine Pflichtverletzung sei
nicht zu erkennen, da durch die vom Baukonto erfolgten Zahlungen ausschließlich
andere Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners erfüllt worden seien. Der Beklagte zu
5) behauptet, dass er an seiner Aufgabenwahrnehmung durch den Beklagten zu 8) und
den "Sanierer" J. gehindert worden sei. Diese seien faktisch allein als Vorstand tätig
gewesen. Die abweichende Mittelverwendung sei für den Widerruf des Zuschusses
nicht kausal gewesen. Entscheidend seien die Nichterbringung des
Verwendungsnachweises und die Nichtanzeige der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
gewesen, wofür er nicht einzustehen habe. Das Landgericht habe überdies die
Grundsätze des Vorteilsausgleichs nicht beachtet. Immerhin seien durch die
Verwendung dieser Gelder andere Verbindlichkeiten ausgeglichen worden, was einen
anrechenbaren Vorteil darstelle. Der Beklagte zu 5) ist der Ansicht, dass er nach den
Grundsätzen der gefahrgeleiteten Tätigkeit von einer Haftung freizustellen sei, da weder
Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorliege.
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Die Beklagten zu 2) und 5) beantragen,
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unter Aufhebung des am 14. Juli 2009 verkündeten Urteils des Landgerichts
Mönchengladbach (Aktenzeichen: 3 0 561/04) die Klage abzuweisen,
59
der Beklagte zu 2) darüber hinaus
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hilfsweise den Rechtsstreit hinsichtlich des Beklagten zu 2) an das
Landgericht Mönchengladbach zurückzuverweisen.
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Der Kläger beantragt,
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1. die Berufung des Beklagten zu 2) zurückzuweisen und unter Abänderung des
Urteils des Landgerichts Mönchengladbach vom 14.07.2009 (Aktenzeichen: 3 0
561/04), den Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 5) zu
verurteilen, an den Kläger 140.822,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2003 zu
zahlen;
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hilfsweise den Rechtsstreit hinsichtlich des Beklagten zu 2) an das
Landgericht Mönchengladbach zurückzuweisen;
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2. die Berufung des Beklagten zu 5) zurückzuweisen und unter Abänderung des
Urteils des Landgerichts Mönchengladbach vom 14.07.2009 (Aktenzeichen: 3 0
561/04) auszusprechen, dass der titulierte Betrag bereits seit dem 01.06.2003 der
gesetzlichen Verzinsung unterliegt,
66
67
hilfsweise: Den Rechtsstreit hinsichtlich des Beklagten zu 5 an das
Landgericht Mönchengladbach zurückzuverweisen.
68
Die Beklagten zu 2) und 5) beantragten,
69
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
70
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Bezugnahme auf ihr
erstinstanzliches Vorbringen und stützt ihr weitergehendes Begehren zunächst auf
einen Schadensersatzanspruch nach §§ 27 Abs. 3, 662, 280 BGB, hilfsweise in Höhe
der gestellten Anträge auf einen Ersatzanspruch nach §§ 92 Abs. 3, 93 Abs. 3 Nr. 3
AktG, 64 Abs. 2 GmbHG, 34 Abs. 4 GenG analog und § 42 Abs. 2, 280 BGB. Sie trägt im
Wesentlichen vor, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht lediglich eine
fahrlässige, sondern eine vorsätzliche Pflichtverletzung vorliege. Die Beklagten hätten
nicht lediglich durch die zweckfremde Mittelverwendung eine Pflichtverletzung
begangen, sondern sie hätten es auch vorsätzlich unterlassen, ihrer
Insolvenzantragspflicht nachzukommen. Der Beklagte zu 2) sei zur Zahlung zu
verurteilen, da die hier maßgebliche Zweckentfremdung der zugewiesenen Mittel sich in
der Zeit vom 14.12.2000 bis zum 03.01.2002 vollzogen habe und in dieser Zeit der
Beklagte unstrittig als Vorstand verantwortlich gewesen sei. Insoweit komme es daher
nicht auf die Beauftragung des "Sanierers" J. an, da dieser erst im April 2002 beauftragt
worden sei. Der Insolvenzschuldner sei bereits seit dem 03.01.2002 mit der zusätzlichen
Verbindlichkeit gegenüber dem Bundesverwaltungsamt beschwert gewesen, denn eine
öffentlich-rechtliche Forderung entstehe, nicht anders als im Zivilrecht, in dem Zeitpunkt,
in dem der Rechtsgrund für ihre Geltendmachung gelegt sei. Eine Anwendung der
Grundsätze zur Vorteilsausgleichung komme nicht in Betracht.
71
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
72
II.
73
Die zulässigen Berufungen der Beklagten zu 2) und 5) sowie die zulässige
Anschlussberufung des Klägers haben in der Sache keinen Erfolg.
74
1.
75
Der Kläger hat gegen den
Beklagten zu 5)
Höhe des von dem Bundesverwaltungsamt anteilig zurückgeforderten Zuschusses von
140.822,55 EUR aus §§ 27 Abs. 3, 662, 280 Abs. 1 BGB.
76
a)
77
Der Beklagten zu 5) war jedenfalls bis zum 16.10.2002 Vorstandsvorsitzender des
Insolvenzschuldners. Auf die Geschäftsführung des Vorstands finden gemäß § 27 Abs.
3 BGB die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670 BGB
entsprechende Anwendung. Die dem Vorstand obliegenden Sorgfaltspflichten
entsprechen denjenigen eines ordentlichen Beauftragten, bei deren schuldhafter
Verletzung er dem Verein haftet (BGH NJW-RR 1986, 572, 574).
78
b)
79
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Beklagte zu 5) seine Pflicht aus dem
Anstellungsverhältnis mit dem Insolvenzschuldner verletzt habe, indem er die für das
Bauvorhaben vorgesehenen Gelder nicht für dieses verwendet habe, so dass es zu
einem Widerruf und Rückzahlungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes in der o.g.
Höhe gekommen sei. Da der Vorstand eine Geschäftsverteilung vorgenommen habe
und u.a. der Beklagte zu 5) das Ressort "Finanzen" übernommen habe, sei er für die
Verwendung der Finanzmittel verantwortlich gewesen.
80
Diese Feststellungen lassen keine Rechtsfehler erkennen.
81
c)
82
Die förderungskonforme Verwendung des Bundeszuschusses erforderte, dass der
Insolvenzschuldner die Fördermittel und die anderen für das Bauvorhaben bestimmten
Finanzierungsmittel entsprechend der im Bewillungsbescheid für verbindliche erklärten
Finanzierungsplanung (hierzu Anlage K4, Bl. 62 GA, Bl. 837 GA) und den
anzuwendenden Förderbestimmungen einsetzt. Dies ist nicht geschehen.
83
Insoweit ist unerheblich, dass die in das Bauvorhaben insgesamt eingeflossenen Gelder
den Bundeszuschuss deutlich überstiegen. Unerheblich ist auch, dass das
zweckfremde C. nicht ausschließlich aus den Mitteln des Bundeszuschusses erfolgte.
Entscheidend ist, dass der für verbindlich erklärte Finanzierungsplan nicht beachtet
worden ist.
84
Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass im Zeitraum von Dezember 2000 bis
Dezember 2002 von dem Baukonto bei der V. P. (Nr. 9002994900) Beträge in Höhe von
732.530,07 DM (entspricht 375.536,68 EUR), die nicht im Zusammenhang mit dem
Bauvorhaben standen, im Wege eines sog. "C." zur Verhinderung von
Kontokorrentzinsen für anderer laufende Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners als
Überbrückungsmittel verwandt worden waren und später nicht mehr auf das Baukonto
zurückflossen. Nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsamtes sind von den
nach dem Finanzierungsplan zur Verfügung zu stellenden Finanzmitteln in Höhe von
2.914.020,00 DM insgesamt 2.847.704,97 DM von den Baukonten abgeflossen, aber
nur 2.167.469,93 DM zuwendungsfähig für das Bauvorhaben verwendet worden.
85
Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 5) stellt die Umwandlung der offene
Werklohnforderung des Generalunternehmers in Höhe von 889.217,71 DM in ein
Darlehen an den Insolvenzschuldner keine (weitere) Mittelverwendung im Sinne des
Förderungsbescheides des Bundesverwaltungsamtes dar. Nach diesem Bescheid
waren Eigenmittel und anderweitige Finanzierungsmittel, auch wenn sie sich
86
nachträglich ergeben, ausdrücklich vorrangig einzusetzen (Nr. 2 ANBest-P.). Die vom
Insolvenzschuldner ausgehandelte, nachträgliche Kreditvereinbarung zu einem
Zinssatz von 6,25 % zum Ausgleich der überwiegend wegen der zweckfremden
Mittelverwendung offen gebliebenen, restlichen Werklohnforderung (Anlage BK 1, Bl.
1066 GA) entspricht nicht verbindlichen Vorgaben des Bewilligungsbescheids. Der
Finanzierungsplan sollte sicherstellen, dass die zur Fertigstellung des geförderten
Bauvorhabens erforderlichen Mittel für dieses auch tatsächlich zur Verfügung stehen.
Ein Austausch der bereitzustellenden Eigen- und Drittmittel war dem
Insolvenzschuldner nicht freigestellt. Der vom Beklagten zu 5) geltend gemachte
Austausch der Kapitalmarktmittel vollzog sich auch nicht aufwandsneutral für den
Insolvenzschuldner. Ausweislich des vom Beklagten zu 5) zur Gerichtsakte gereichten
Kreditvertrages (Bl. 1066 ff GA) wurde zugunsten des Generalunternehmers in Höhe der
kreditierten Forderung von 889.217,71 DM eine (weitere) Grundschuld bestellt. Die
Belastung des Grundstücks hat sich, entgegen der ursprünglichen Finanzplanung,
wesentlich erhöht.
Der Annahme einer Pflichtverletzung steht auch nicht entgegen, dass mit den
zweckwidrigen Zahlungen ausschließlich andere fällige Verbindlichkeiten des
Insolvenzschuldners erfüllt wurden. Der Insolvenzschuldner konnte über das nach dem
Bewilligungsbescheid für das Bauvorhaben bereitzustellende Geld nicht frei verfügen,
ohne gegen die Vorgaben dieses Bescheids zu verstoßen. Die zweckfremde
Verwendung des Baugeldes war daher pflichtwidrig und zwar unabhängig davon, ob die
Nichterfüllung der anderen Verbindlichkeiten gleichfalls ein pflichtwidriges Verhalten
des Insolvenzschuldners dargestellt hätte.
87
d)
88
Der Beklagte zu 5) hat unstreitig die finanziellen Angelegenheiten des Vereins betreut.
Dies gilt jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sanierers J. (dazu sogleich).
Er hat daher seine Pflichten zur Wahrung der Interessen des Insolvenzschuldners
verletzt. Soweit der Beklagte zu 5) mit seiner Berufung einwendet, dass die vom
Landgericht in Bezug genommene Ressortverteilung gemäß dem Vorstandsbeschluss
vom 15.05.2000 (Anlage KE 8, Bl. 365 ff GA) tatsächlich nicht durchgeführt worden sei,
er insbesondere nicht mit dem Beklagten zu 2) alleinverantwortlich für das Ressort
"Finanzen und Personal" gewesen sei, ist dieses Vorbringen unerheblich. Unterstellt,
die Ressortverantwortlichkeiten haben tatsächlich nicht bestanden, ist der gesamte
Vorstand für das pflichtwidrige Verhalten des Insolvenzschuldners verantwortlich.
89
Der Beklagte zu 5) kann mit seiner Berufung nicht geltend machen, dass neben ihm und
dem Beklagten zu 2) auch die anderen Beklagten als Gesamtschuldner hätten verurteilt
werden müssen. Der Beklagte zu 5) ist durch die (rechtskräftige) Abweisung der Klage
gegen die Übrigen Beklagten nicht beschwert. Zwischen den einzelnen Beklagten hat
kein Prozessrechtsverhältnis bestanden. Die Rechtskraft der landgerichtlichen
Entscheidung erstreckt sich daher auch nicht auf die Beklagten untereinander.
90
Soweit der Beklagte zu 5) vorgetragen hat, im Jahre 2002 durch sein schweres
Krebsleiden und seinen Behinderungsgrad von 100% an der Ausübung seines
Vorstandsamts gehindert gewesen zu sein (Bl. 506 GA), ist dieses Vorbringen
unsubstantiiert. Der Beklagte zu 5) trägt nicht vor, für welche genauen Zeiträume er
krankheitsbedingt an der Ausübung seines Amtes gehindert gewesen ist. Der
Schwerpunkt der feststellbaren zweckwidrigen Überweisungen wurde bis April 2002
91
vollzogen.
e)
92
Den Beklagten zu 5) entlastet auch nicht eine von ihm behauptete, faktische Übernahme
der Geschäftsführung durch den Beklagten zu 8) und den beauftragten "Sanierer" J. im
April 2002, welche ihn an der Wahrnehmung seiner Vorstandstätigkeit gehindert hätte.
Insoweit ist dem Landgericht zuzustimmen, dass die Bevollmächtigung eines Dritten
oder eines Vorstandsmitglieds nicht auf die Übertragung der Organstellung
hinauslaufen darf (Palandt/Ellenberger, 69. Auflage, § 26, Rn. 9,
Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Auflage, Rn. 237). Der
Vorstand kann sich nicht durch eine umfassende Bevollmächtigung eines Dritten seiner
Pflichten entledigen. Ausweislich der zur Gerichtsakte gereichten Vollmacht vom
24.04.2002 (Anlage KE1, Bl. 352 GA), welche u.a. vom Beklagten zu 5) unterzeichnet
worden ist, hat dies der Vorstand auch nicht getan. Der zweite Absatz dieser Vollmacht
lautet:
93
"Herr J. handelt ausdrücklich im Namen und im Auftrag des Vorstandes für den
Verein. Im Innenverhältnis gibt es einen Geschäftsbesorgungsvertrag, wonach die
Regelungskompetenz dem Vorstand verbleibt, er folglich für das Handeln von Herrn
K. J. voll umfänglich haftet."
94
Der vom Kläger als Anlage K 15 (Anlagen zum Schriftsatz vom 14.10.2005) zur
Gerichtsakte gereichte Entwurf eines Vorstandsbeschlusses, welcher in Absatz 2 Herrn
J. zusichert, keine dem Sanierungskonzept widersprechenden Beschlüsse zu treffen, ist
nicht unterschrieben und mit dem Vermerk versehen, dass der Vorstand nicht
zugestimmt habe (Paraphe nicht leserlich).
95
Für die Haftung des Beklagten zu 5) ist es nicht von Bedeutung, ob Herr J. durch die
Beauftragung mit den kaufmännischen Aufgaben u.a. auch des Finanzressorts
ausschließlich für den Beklagten zu 5) oder für den gesamten Vorstand als
Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 BGB tätig geworden ist. Als Vorstandsmitglied ist
der Beklagte zu 5) in jedem Fall mitverantwortlich.
96
Soweit der Beklagte zu 5) geltend macht, dass Herr J. sich lediglich an Weisungen des
Beklagten zu 8) und der Sparkasse N. gehalten habe, mithin Weisungen des
Vorstandes oder des Beklagten zu 5) nicht gefolgt sei, ist dies rechtlich nicht relevant.
Herr J. wurde durch den Vorstand als kaufmännischer Beauftragter mit der Erstellung
eines Sanierungskonzepts beauftragt und nicht durch den Beklagten zu 8) oder die
Sparkasse N. Rechtlich war er damit an Weisungen des Vorstandes gebunden. Nicht
ersichtlich ist, dass der Vorstand oder der Beklagte zu 5) solche erteilt hat. Im Übrigen
tritt der Beklagten zu 5) für sein Vorbringen auch keinen Beweis an.
97
f)
98
Der Vorstand – bei Aufteilung der Geschäftsführung der einzelne Sachgebietsleiter – hat
dem Verein für ein Verschulden bei der Geschäftsführung einzustehen (§ 276 BGB).
Das Vertretenmüssen der Pflichtverletzung wird gemäß § 280 Abs. 1. S. 2 BGB
vermutet. Der Beklagte zu 5) hat sich nicht exkulpiert. Der Hinweis auf das Erfordernis
eines sog. "C." reicht nicht aus, wie das Landgericht mit Recht festgestellt hat. Für ein
solches C. dürfen nur solche Gelder verwendet werden, die frei verfügbar sind.
99
Dem Beklagten zu 5) kommt keine Haftungserleichterung zu Gute, denn er handelte mit
Eventualvorsatz. Nach den Umständen ist davon auszugehen, dass der Beklagte zu 5)
die Vorgaben des Bewilligungsbescheids und den zugrundeliegenden
Finanzierungsplan kannte. Er wusste danach, dass die Baugelder zweckgebunden
waren und ein Verstoß gegen die Zweckbindung den Widerruf des bewilligten
Zuschusses zur Folge haben kann. Dies ist von ihm billigend in Kauf genommen
worden. Die Erwartung des Beklagten zu 5), dass die Pflichtverletzung letztlich
folgenlos bliebe, weil die zweckwidrig verwendeten Baugelder im Wege des C. bei
einer verbesserten Einnahmesituation des Insolvenzschuldners auf die Baukonten
zurückfließen würden, lässt den Vorsatz bezüglich der Pflichtverletzung unberührt.
100
Selbst wenn der Beklagte zu 5) ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit gehandelt hätte,
wäre seine Haftung nicht ausgeschlossen. § 31a BGB, eingeführt durch das Gesetz zur
Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen vom 28.09.2009
(BGBl. I, S. 3161), ist vorliegend nicht anwendbar. Das Gesetz ist zum 03.10.2009 in
Kraft getreten. Die Satzung des Insolvenzschuldners sieht keine Freistellung des
Vorstandes von der Haftung für einfache Fahrlässigkeit vor. Nicht vorgetragen oder
ersichtlich ist, dass ein mit dem Beklagten zu 5) abgeschlossener Anstellungsvertrag die
Haftung begrenzt. Die Grundsätze einer Haftungsbeschränkung bei "gefahrgeneigter
Arbeit" sind beim Vereinsvorstand, der wegen der Verletzung einer normalen
Vorstandspflicht in Anspruch genommen wird, bisher für nicht anwendbar gehalten
worden (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Aufl. Rn. 278
m.w.N.). Die Betreuung des Vereinsvermögens und die zweckgerichtete Verwendung
der dem Verein zur Verfügung stehenden Finanzmittel ist eine normale Vorstandspflicht.
Es handelt sich nicht um eine gefahrgeneigte Tätigkeit. Etwas anderes folgt auch nicht
aus der von den Beklagten angeführten Entscheidung des BGH vom 13.12.2004 (NJW
2005, 981). Diese Entscheidung hatte keine Freistellung wegen der Verletzung von
Vorstandspflichten zum Gegenstand, sondern die Freistellung eines Vereinsmitglieds,
dem eine gefahrgeneigte, satzungsmäßige Aufgabe, nämlich die Führung von
Bergtouren, übertragen worden war.
101
g)
102
Die Pflichtverletzung des Beklagten zu 5) war – wie das Landgericht mit Recht
angenommen hat – kausal für die Rückforderung von 140.822,55 EUR durch das
Bundesverwaltungsamt mit Bescheid vom 23.11.2006 (Anlage K30, Anlagen zum
Schriftsatz vom 30.07.2007). Soweit der Beklagte zu 5) mit seiner Berufung darauf
verweist, dass die unvollständige Erstellung des Verwendungsnachweises und die
verspätete Unterrichtung des Bundesverwaltungsamtes über die Beantragung und
Eröffnung des Insolvenzverfahrens die alleinigen Gründe für die Rückforderung
gewesen seien, trifft dies nicht zu. Dies kann unmittelbar dem Bescheid vom 23.11.2006
entnommen werden, welcher ausschließlich auf eine nicht vollständige
zweckentsprechende Verwendung der gewährten Bundesmittel abstellt. Allein dieser
letzte Bescheid ist maßgeblich.
103
Dieser Bescheid ist bestandskräftig. Der Umstand, dass der Kläger gegen diesen
Bescheid des Bundesverwaltungsamtes kein Rechtsmittel eingelegt hat, steht der
Kausalität der Pflichtverletzung für die durch den Bescheid festgesetzte Verbindlichkeit
des Insolvenzschuldners und damit des Schadens nicht entgegen und vermag auch
kein Mitverschulden des Klägers an der Entstehung des Schadens zu begründen.
104
Kommt es für die Feststellung der Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung darauf an, wie
die Entscheidung einer Behörde ausgefallen wäre, ist im Allgemeinen darauf
abzustellen, wie nach Auffassung des über den Ersatzanspruch entscheidenden
Gerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen (st. Rspr. BGH NJW 2008,
440 m.w.N., Tz. 16 m.w.N.). Hätte die Verwaltungsbehörde nach Ermessen zu
entscheiden gehabt, so wie hier, ist jedoch ausschlaggebend, welche
Ermessensentscheidung die Behörde tatsächlich getroffen hätte (vgl. BGHZ 79, 223,
226; BGH WM 1993, 1677, 1679 f); hätte sich die tatsächlich getroffene Entscheidung
nicht im Rahmen des der Verwaltung eingeräumten Ermessens gehalten, ist allerdings
wieder darauf abzustellen, wie das Inzidentverfahren nach Meinung des
Regressgerichts hätte ausgehen müssen (BGH a.a.O.).
105
Es ist nicht zu erkennen, dass ein Rechtsmittel erfolgversprechend hätte eingelegt
werden können.
106
Das Bundesverwaltungsamt hat mit Bescheid vom 19.07.2000 eine nicht rückzahlbare
Zuwendung bis zur Höhe von 1.000.000 DM als Anteilsfinanzierung (34,32%) zur
Projektförderung des Bauvorhabens des Insolvenzschuldners mit einem
zuwendungsfähigen Ausgabenumfang von 2.914.020,00 DM bewilligt. Es hat im
Rahmen der Verwendungsnachweisungsprüfung mit Bescheid vom 23.11.2006
festgestellt, dass sich die zuwendungsfähigen Aufwendungen, entgegen der dem
Bewilligungsbescheid zugrunde gelegten Annahmen, lediglich auf 2.167.469,93 DM
beliefen und einen Rückforderungsanspruch des Bundes in Höhe von 140.822,55 EUR
(einschließlich Zinsen nach § 49a VwVfG) festgesetzt.
107
In dem Rückforderungsbescheid vom 23.11.2006 liegt ein teilweiser Widerruf eines
Subventionsbescheids nach § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG. Danach kann ein
Subventionsbescheid widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage
verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten
Frist erfüllt hat.
108
Der Bescheid vom 23.11.2006 ist nicht rechtswidrig. Aus den bereits dargelegten
Gründen hat der Insolvenzschuldner gegen die Auflagen aus dem Bescheid vom
19.07.2000 verstoßen. Die Voraussetzungen für einen Widerruf lagen vor. Der durch
den Generalunternehmer nachträglich gewährte Kredit in Höhe der offenen
Werklohnforderung heilt nicht den Auflagenverstoß. Der Widerruf ist auch nicht
ermessensfehlerhaft. Eine abweichende Verwaltungspraxis ist nicht bekannt und von
den Beklagten auch nicht behauptet. Dass das Bundesverwaltungsamt üblicherweise
davon absieht, Zuwendung zurückzufordern, wenn es dem Zuwendungsempfänger
gelingt, die durch die zweckwidrige Verwendung der zuwendungsfähigen Mittel
entstandene Finanzierungslücke nachträglich durch weitere Kreditgewährungen zu
schließen, ist nicht vorgetragen.
109
Es ist auch nicht gerechtfertigt in einem solchen Fall von der (anteiligen) Rückforderung
abzusehen. Der Insolvenzschuldner hat mit der zweckwidrigen Verwendung von rund
einem Viertel der für das Fördervorhaben zur Verfügung zu stellenden Gelder,
schwerwiegend gegen die Subventionsauflagen verstoßen. Die haushaltsrechtlichen
Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zwingen bei Vorliegen von
Widerrufsgründen im Regelfall zum Widerruf einer Subvention, sofern nicht
außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls eine andere Entscheidung möglich
110
erscheinen lassen (sog. intendiertes Ermessen, vgl. BGH ZIP 2009, 1367, zitiert nach
JURIS Tz. 41).
Vorliegend hat das Bundesverwaltungsamt die besonderen Umstände des Einzelfalles
ausreichend berücksichtigt. Es hat von einem vollständigen Widerruf der
Subventionsbewilligung abgesehen und lediglich einen teilweisen Widerruf
(konkludent) ausgesprochen.
111
Die Berechnung des Rückforderungsbetrages ist nachvollziehbar und richtig. Weitere
Ermessenserwägungen musste das Bundesamt nicht in seinen Bescheid aufnehmen.
Der Bescheid legt fest, dass 2.167.469,93 DM zuwendungsfähig verwendet worden
sind. Der Förderanteil des Bundes betrug 34,32 %, woraus sich ein Förderanspruch von
743.875,66 DM errechnet. Der Bund hat 1.000.000,00 DM gezahlt. Die Differenz von
256.124,40 DM (entspricht 130.954,29 EUR) ist zu erstatten. Zuzüglich der in dem
Bescheid festgesetzten Zinsen ergibt sich der Betrag von 140.822,55 EUR.
112
h)
113
In Höhe der festgesetzten Rückzahlungsverpflichtung von 140.822,55 EUR ist auch ein
erstattungsfähiger Schaden entstanden. Die zweckwidrigen Mittelverwendungen
vollzogen sich nach den Feststellungen des Rückforderungsbescheids bis zum
04.04.2003. Der Beklagte zu 5) war im gesamten Zeitraum als Vorstand verantwortlich.
114
Nach den zur Gerichtsakte gereichten Vereinsregisterauszügen (Anlage B1, Anlagen
zum Schriftsatz vom 21.07.2005; Anlage K14, Anlagen zum Schriftsatz vom 14.10.2005
sowie Bl. 211 ff, 218) war der Beklagte zu 5) vom 14.10.1977 bis zum 17.06.2003 als
erster Vorsitzender des Insolvenzschuldners im Vereinsregister eingetragen. Für sein
behauptetes Ausscheiden zum 16.10.2002 ist der Beklagte beweisfällig geblieben.
Strengbeweis tritt er nicht an. Er ist der Ansicht, sein Ausscheiden ergebe sich aus
seinem Schreiben vom 16.10.2002 (Anlage B9, Anlagen zum Schriftsatz vom
21.07.2005). In diesem Schreiben, dessen Adressat nicht ersichtlich ist, erklärt der
Beklagte zu 5) seinen "Rücktritt als Vorsitzender" des Insolvenzschuldners "aus Alters-
und Gesundheitsgründen". Ein Rücktritt vom Vorstand geht aus diesem Schreiben nicht
hervor. Allein das Schreiben des Beklagten zu 8) vom 23.10.2002 (Anlage B10) spricht
davon, dass der Beklagte zu 5) bereits am 16.10.2002 mit sofortiger Wirkung aus dem
Vorstand ausgeschieden sei. Der Beklagte selbst hat jedoch ausweislich des vom
Beklagten zu 2) in Ablichtung zur Gerichtakte gereichten Protokolls vom 14.01.2003 (Bl.
221 GA) gegenüber dem Amtsgericht Grevenbroich erklärt, mit seiner Erklärung vom
16.10.2002 lediglich sein Amt als erster Vorsitzender niedergelegt zu haben, aber
weiterhin Vorstandsmitglied zu sein.
115
Das Landgericht hat mit Recht ausgeführt, dass der Annahme eines Schadens in Höhe
der festgesetzten Rückzahlungsverpflichtung nicht entgegen steht, dass mit den
Baugeldern andere Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin erfüllt wurden. Die
Tilgung der anderen Verbindlichkeiten ist nicht im Wege des Vorteilsausgleichs von
dem Schadensersatzanspruch des Klägers in Abzug zu bringen. Denn dem mit der
Tilgung der Verbindlichkeiten verbundenen Vorteil steht als Nachteil der Verbrauch der
zur Tilgung erforderlichen Vermögenswerte gegenüber. Zusätzlich zu diesem Nachteil
ist der Insolvenzschuldner jedoch mit dem Rückforderungsanspruch des Bundes
belastet worden. Diesem weiteren Nachteil steht kein Vorteil gegenüber.
116
i)
117
Wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat, handelt es sich auch bei der Belastung
mit einer Verbindlichkeit um einen ersatzfähigen Schaden und zwar auch dann, wenn
der Belastete weder Vermögen noch Einkünfte hat und daher nicht leistungsfähig ist
(Palandt/Heinrichs, 67. Auflage, Vorb. V. § 249 Rn. 46 m.w.N.). Die Belastung mit
Verbindlichkeiten bildet grundsätzlich einen Schaden, so dass es nicht darauf ankommt,
ob der Schuldner zur Zeit nicht in der Lage ist, die Verbindlichkeiten aus seinem
Vermögen zu tilgen (BGHZ 57, 78, zitiert nach JURIS Tz 15). Im Falle der Insolvenz
gehört der Befreiungsanspruch zur Insolvenzmasse und verwandelt sich in der Hand
des Insolvenzverwalters in einen Zahlungsanspruch auf den vollen Betrag der Schuld
des Insolvenzschuldners und nicht bloß der dem Gläubiger gebührenden
Insolvenzquote (BGHZ a.a.O. Tz.14 m.w.N., NJW 1994, 49 ff zur KO).
118
Die Beklagten zu 2) und 5) wenden insoweit ein, dass der Rückzahlungsanspruch des
Bundes erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nämlich frühestens mit dem
Erlass des ersten Widerruf- und Rückforderungsbescheids vom 30.11.2004 entstanden
sei, so dass dem Insolvenzschuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch
kein Befreiungsanspruch zugestanden habe. Der gewandelte Befreiungsanspruch
beschränke sich daher auf den Ersatz des Schadens in Höhe der Quotenverringerung
für die anderen Insolvenzgläubiger. Würde der Schadensersatzanspruch in voller Höhe
des Rückforderungsanspruchs zur Masse geschuldet, bestände eine ungerechtfertigte
Differenz zwischen der tatsächlichen Vermögensverringerung auf Seiten des
Insolvenzschuldners und der durch die Zahlung eingetretenen Vermögensverringerung
auf Seiten des Zahlungsverpflichteten (vgl. Bl. 1057 ff GA).
119
Der Senat folgt diesen Erwägungen nicht.
120
Für die Umwandlung des Schadensersatzanspruchs auf Befreiung von einer
Verbindlichkeit in einen Zahlungsanspruch auf den vollen Betrag der Schuld ist es nicht
von Bedeutung, ob der Schadensersatzanspruch des Insolvenzschuldners vor oder
nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Dies gilt jedenfalls dann,
wenn – wie hier – der Schadensersatzanspruch bereits vor der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens angelegt war, weil die Schädigungshandlungen bereits
abgeschlossen waren. Der Freihalteanspruch gehört auch dann zur Insolvenzmasse,
wenn er nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht (§ 35 InsO). Das Recht
des Insolvenzverwalters zur Einziehung des vollen Betrages ist gerechtfertigt, weil der
Befreiungsanspruch zur Insolvenzmasse gehört und daher der Befriedigung aller
Insolvenzgläubiger dienen muss (BGHZ 57, 78 zitiert nach JURIS Tz. 14 m.w.N.).
Bereits das Reichsgericht hat zum Ausdruck gebracht, dass, sowenig der Schuldner
durch den Konkurs von seiner Schuld zu dem nicht gedeckten Teil befreit werde, so
wenig auch der Konkurs eine Befreiung des Regressschuldners bewirke, weil
andernfalls dieser einen durch nichts zu rechtfertigenden Gewinn erziele (RGZ 71, 363).
Zu entscheiden ist, ob der Regressschuldner (hier die Beklagten) durch die Insolvenz
des Geschädigten (hier Insolvenzschuldner) einen Vorteil erlangen soll, oder der
Schadensersatzanspruch als ungekürzter Zahlungsanspruch der Befriedigung aller
Insolvenzgläubiger dienen soll. Letzteres ist der Fall, da die Beklagten zu 2) und 5), die
wegen ihrer Vertragsuntreue zum Schadensersatz verpflichtet sind, aus dem
Vermögensverfall der Insolvenzschuldnerin andernfalls einen durch nichts
gerechtfertigten Gewinn erzielen würden (vgl. auch BGH a.a.O. zitiert nach JURIS RN.
16 letzter Satz). Im Verhältnis des Insolvenzschuldners zu den Beklagten zu 2) und 5) ist
121
der Zustand herzustellen, der ohne die Insolvenz bestehen würde. Die vom Beklagten
zu 5) beschriebene, ihn benachteiligende Differenz zwischen demjenigen, was er als
Schadensersatz zu leisten hat und demjenigen, was der Insolvenzschuldner gegenüber
seinem Gläubiger (hier dem Bund) zu erbringen hat, ist durch die Aufgabe des
Insolvenzverfahrens, die Gläubiger gleichmäßig und gemeinschaftlich zu befriedigen
gerechtfertigt.
Unter der Geltung der Konkursordnung hat der Bundesgerichtshof aus gleichem Grunde
entschieden, dass auch der Gläubiger der Forderung (hier der Bund) durch die
Verweisung auf die Quote nicht ungerechtfertigt benachteiligt wird (NJW 1994, 40, 51):
122
"Die Folge, dass der Gläubiger des Anspruchs, von dem der Gemeinschuldner zu
befreien war, infolge des Konkurses nur eine Forderung auf die Konkursquote hat,
während der Schuldner der Befreiungsverbindlichkeit den vollen Betrag an die
Konkursmasse zahlen muss, ist hinzunehmen. Jener Gläubiger steht hierdurch nicht
schlechter als jeder andere Konkursgläubiger. Ein Recht auf eine bevorzugte
Befriedigung verleiht ihm der Befreiungsanspruch des Gemeinschuldners, wie
ausgeführt, nicht. Der Betrag, den die Konkursmasse "gewinnt”, ist statt dessen
grundsätzlich zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger nach näherer
Maßgabe der §§ 58 ff. KO zu verwenden (Kuhn/Uhlenbruck, § 1 Rdnr. 38).
123
Wenn das BerGer. dieses Ergebnis für "grob unbillig” hält, so verkennt es das
Grundprinzip des Konkursrechts, dass im Insolvenzfalle die möglichst gleichmäßige
Befriedigung der Gesamtheit der Gläubiger Vorrang haben soll vor Sondervorteilen
für einzelne von ihnen, soweit diese nicht gesetzlich besonders geschützt werden.
124
Gegen eine "Kürzung" des Schadensersatzanspruchs des Insolvenzgläubigers spricht
auch – wie das Landgericht mit Recht ausgeführt hat –, dass nicht sichergestellt ist, dass
durch die Auszahlung der entsprechenden Quote an den Bund dessen Forderung
vollständig erlischt, da gemäß § 201 InsO die Insolvenzgläubiger nach Aufhebung des
Insolvenzverfahrens ihre gesamte restliche Forderung unbeschränkt gegen den
Schuldner geltend machen können. Der Umstand, dass die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens den Verein auflöst (§ 42 Abs. 1 S. 1 BGB) steht nicht entgegen.
Gemäß § 42 Abs. 1 S. 2 BGB kann die Mitgliederversammlung nach einer Aufhebung
des Insolvenzverfahrens die Fortsetzung des Vereins beschließen. Dass es sich hierbei
nur um eine vage Möglichkeit handelt, ist ausreichend. Sie bestätigt gleichwohl die
Richtigkeit der grundsätzlichen Bewertung, dass dem Schädiger durch die Insolvenz
des Geschädigten kein Vorteil erwachsen darf.
125
j)
126
Anhaltspunkte für ein schadensursächliches Mitverschulden des Klägers sind nicht zu
erkennen. Soweit der Beklagte zu 5) anführt, dass ein solches Mitverschulden des
Klägers darin zu sehen sei, dass dieser es unterlassen habe, die (nachträgliche)
Darlehensgewährung durch die V. B. GmbH gegenüber dem Bundesverwaltungsamt
nachzuweisen, ist hierin kein Sorgfaltsverstoß des Klägers zu erkennen. Diese
nachträgliche Darlehensgewährung hat für den Verstoß gegen den der
Förderungsgewährung zugrundeliegenden Finanzierungsplan aus den o.g. Gründen
keine Bedeutung.
127
k)
128
Aus den vom Landgericht zutreffend ausgeführten Gründen stehen die Entlastungen des
Vorstandes durch die Mitgliederversammlung einer Haftung des Beklagten zu 5) nicht
entgegen. Die Entlastung, die dem Vorstand erteilt wird, enthält die Erklärung der
Mitgliederversammlung, sie billige die Geschäftsführung des Vorstandes als im Großen
und Ganzen als gesetz- und satzungsgemäß, und der Verein verzichte auf
Bereicherungs- und Schadensersatzansprüche, die der Mitgliederversammlung bekannt
sind oder bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein konnten. Ansprüche, die aus den
Rechenschaftsberichten des Vorstandes und den der Mitgliederversammlung
unterbreiteten Unterlagen nicht oder doch nur in wesentlichen Punkten nur so
unvollständig erkennbar sind, dass die Vereinsmitglieder die Tragweite der ihnen
abverlangten Entlastungsentscheidung bei Anlegung eines lebensnahen vernünftigen
Maßstabs nicht zu überblicken vermögen, werden von der Verzichtswirkung nicht erfasst
(Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Aufl. Rn. 288). Es ist nicht
vorgetragen oder ersichtlich, dass die Mitglieder über die zweckwidrige
Mittelverwendung der Baugelder unterrichtet worden sind.
129
2.
130
Der Kläger hat aus den vorgenannten Gründen auch gegen den
Beklagten zu 2)
Grunde nach einen Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 27 Abs. 3, 662, 280 Abs. 1
BGB. Hinsichtlich der Höhe dieses Ersatzanspruchs ist der Rechtsstreit derzeit noch
nicht zur Entscheidung reif.
131
a)
132
Auch der Beklagte zu 2) hat seine Pflicht als Vorstand des Insolvenzschuldners verletzt,
denn auch er hat die zweckfremde Verwendung des nach dem Finanzierungsplan für
das Bauvorhaben zur Verfügung zu stellenden Baugeldes zu verantworten.
133
In der Literatur wird vertreten, dass dann, wenn die Geschäftsverteilung bereits in der
Satzung geregelt ist, sich die Verantwortlichkeit auf das übertragene Sachgebiet
beschränke und keine gegenseitige Aufsichtspflicht bestehe, sondern jedes
Vorstandsmitglied sich darauf verlassen könne, dass die anderen Vorstandsmitglieder
die ihnen zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß erledigen, solange keine
Anhaltspunkte für das Gegenteil bestehen (Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene
Verein, 18. Aufl. Rn. 277 m.w.N.). Vorliegend war die Geschäftsverteilung, wenn
überhaupt, dann nur durch einen Vorstandsbeschluss, nicht aber durch die Satzung
selbst geregelt, so dass vom Fortbestand der Aufsichtspflicht des gesamten Vorstandes
auszugehen ist. Zudem war dem Beklagten zu 2) durch den Vorstandsbeschluss neben
dem Beklagten zu 5) das Ressort "Finanzen und Personal" zugewiesen worden, so
dass jedenfalls den Beklagten zu 2) auch weiterhin eine Aufsichtspflicht traf.
134
Das Argument des Beklagten zu 2), dass die Satzung des Insolvenzschuldners eine
Einzelvertretungsbefugnis und damit eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis enthalte, so
dass letztlich nur das Vorstandsmitglied, welches gehandelt habe, in die Haftung
genommen werden könne, überzeugt nicht. Zum einen ist eine solche
Alleinvertretungsbefugnis nach der Satzung nicht vorgesehen. § 8 der Satzung
bestimmt, dass zur Vertretung des Insolvenzgläubigers der Vorsitzende zusammen mit
einem Vorstandsmitglied oder die beiden Stellvertreter gemeinsam oder jeder für sich
mit einem Vorstandsmitglied berechtigt sind. Auch wenn unterstellt wird, dass von dieser
135
Ermächtigung umfassend Gebrauch gemacht wurde, verblieb eine Aufsichtspflicht bei
den anderen, nicht handelnden Vorstandsmitgliedern. Denn ohne Fortbestand der
gegenseitige Informations- und Kontrollpflicht wäre eine ordnungsgemäße
Geschäftsführung nicht möglich gewesen.
Es bestanden deutliche Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße
Geschäftsführung des Beklagten zu 5), so dass der Beklagte zu 2) - wie der gesamte
Vorstand - nicht auf eine ordnungsgemäße Geschäftsführung in den
Finanzangelegenheiten vertrauen durfte.
136
Bis zu den zweckwidrigen Verwendungen der Baumittel hat der Beklagte zu 2)
nachweislich seine Aufsichtspflicht wahrgenommen.
137
Aus den vom Kläger als Anlage K30 bis K33 vorgelegten Unterlagen (Anlagen zum
Schriftsatz vom 30.07.2007) geht hervor, dass der Beklagte zu 2) die
Finanzangelegenheiten nicht unkontrolliert dem Beklagten zu 5) überlassen hat. So
heißt es in dem auszugsweise zur Gerichtsakte gereichten Vorstandsprotokoll vom
14.12.2000:
138
"Das vom Vorsitzenden in Sachen "Verbindlichkeiten" und "Forderungen"
zusammengetragene und erstellte Zahlenmaterial konnte in dieser Form nicht
hingenommen werden. Der stellv. Vorsitzende R. M. hatte ebenfalls recherchiert und
beim Zahlenvergleich Differenzen festgestellt, die sich als so schwierig
herausstellten, dass sie in der heutigen Sitzung keine Übereinstimmung fanden. In
diesem Zusammenhang kam seinerseits die Frage nach der Liquidität: Sind wir
noch liquid? Oder sagen wir so: Unsere Liquidität ist zumindest in Gefahr […].
139
Zum Thema "Überziehungskredite" schlägt R. M. vor, um hohe Zinsen bei
Überziehungskrediten zu vermindern, eines unserer verbandseigenen Objekte
einzusetzen und dies zu beleihen. […]."
140
Auch in der Vorstandssitzung vom 20.12.2000 war die Liquidität des
Insolvenzschuldners und die Inanspruchnahme von Kontokorrentkrediten zur
Überbrückung eines nach der Belegsituation zu erwartenden Engpasses das
beherrschende Thema. In dem Protokoll dieser Sitzung heißt es wörtlich (Anlage K31):
141
Ab Februar 2001 ist zur Verbesserung der Liquidität ein Darlehen in Höhe von 400,0
TDM in Anspruch zu nehmen. Dieses Darlehen muss den Zeitraum überbrücken,
bis die ersten Einnahmen aus Mutter-Kind-Kuren und den übrigen
Erholungsaufenthalten zu verzeichnen sind.[…]. Das täuscht nicht darüber hinweg,
dass wiederum die Frage gestellt wurde: "Warum diese Kreditform mit überhöhten
Zinsforderungen?". R. M. stellte erneut heraus: "Unsere verbandseigenen Objekte
sind so minimal belastet, dass aufgrund dessen eine günstigere
Darlehensaufnahme angegangen werden kann und aufgrund der augenblicklichen
Lage auch angegangen werden muss.[…]."
142
In dem Protokoll der Vorstandssitzung vom 12.02.2001 (Anlage K32) wird sodann
festgestellt, dass die eingeräumten Überziehungskredite aufgebraucht seien und
Gespräche mit den Banken anstehen, an denen auch der Beklagte zu 2) teilnehmen
sollte.
143
Die den Protokollen zu entnehmende, schwierige Liquiditätssituation war offensichtlich
der Grund für das vom Beklagten zu 5) zur Rechtfertigung der Pflichtverletzung geltend
gemachte "C.", in das er die zweckgebundenen Baugelder einbezog.
144
Ab dem 27.02.2001 wurden sodann Baugelder in größerem Umfang zweckwidrig
eingesetzt (vgl. Anlage K29).
145
Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung des Beklagten zu 2), dass er von einer
zweckfremden Verwendung der Baugelder nichts gewusst habe, nicht plausibel.
Jedenfalls bestand für ihn konkreter Anlass zur Prüfung und Aufsicht.
146
b)
147
Zu Recht hat das Landgericht lediglich zum Grund der Haftung des Beklagten erkannt.
148
Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen des Urteils ausgeführt, dass der
Beklagte zu 2) bei einem Ausscheiden am 29.01.2004 für die Umbuchungen in Höhe
von 117.058,02 DM nicht mehr verantwortlich sei, bei einem Ausscheiden im März 2002
hingegen für Umbuchungen in Höhe von 31.339,64 DM, die Klage sei daher zumindest
in Höhe von 119,516,10 EUR gerechtfertigt.
149
Diese für den Beklagte zu 2) nachteiligen Feststellungen zur Höhe des Anspruchs
gehören ins Betragsverfahren und binden für dieses nicht (Zöller/Vollkommer § 304 Rn.
21). Sie stellen daher auch keine selbständige Beschwer des Beklagten zu 2) dar.
150
Entgegen der mit der Anschlussberufung verfolgten Rechtsauffassung der Klägerin ist
es vorliegend nicht möglich, auch über die Höhe des Schadensersatzanspruchs gegen
den Beklagten zu 2) zu entscheiden. Es kann nicht dahinstehen, ob der Beklagte mit
Schreiben vom 29.01.2002 oder erst im März 2002 sein Vorstandsamt zur Verfügung
gestellt hat.
151
Nach Auffassung des Klägers ergibt sich die Zusammensetzung und der Zeitraum des
Entstehens der Verbindlichkeit gegenüber dem Bund unter Berücksichtigung des
zulässigen Anteils an Fördermitteln an der Mittelverwendung aus der mit der Anlage
K29 überreiten Übersicht zum Mittelabfluss (Anlage 2 zum Bescheid vom 23.11.2006,
Anlagen zum Schriftsatz vom 30.07.2007). Danach sei der klagegegenständlich zu
berücksichtigende Zeitraum bereits am 03.01.2002 abgeschlossen gewesen. Die
Zweckentfremdung habe am 14.12.2000 begonnen und habe mit einem ab dem
03.01.2002 gleichbleibenden Rückforderungsbetrag geendet (Bl. 1126 GA).
152
Dies ist nicht richtig.
153
Das Bundesverwaltungsamt hat festgestellt, dass von den für das Bauvorhaben
insgesamt bereitgestellten und abgeflossenen Mitteln von 2.847.706,97 DM (entspricht
1.456.009,45 EUR) in dem Zeitraum vom 30.09.2000 bis zum 03.04.2003 insgesamt
2.167.469,93 DM (entspricht 1.108.209,78 EUR) zweckgerecht eingesetzt worden sind.
Bei der Ermittlung des Rückforderungsbetrages hat das Bundesverwaltungsamt
sämtliche nicht zuwendungsfähigen Buchungen, d.h. auch solche nach dem 03.01.2002
berücksichtigt. Der Grund dafür, dass ab diesem Datum der Rückforderungsanspruch in
Höhe von 130.954,29 EUR (zzgl. Zinsen) in dem Bescheid gleichbleibend ausgewiesen
ist, liegt darin, dass am 03.01.2002 die dritte und letzte Bundesrate von 170.000 DM
154
ausgezahlt worden war und danach keine Gelder mehr zuwendungsfähig, das heißt
zweckentsprechend verwendet wurden.
Der Rechtsstreit ist daher hinsichtlich der Höhe des von dem Beklagten zu 2) zu
verantwortenden Schadens nicht zur Entscheidung reif.
155
Der Beklagte hat für seine Behauptung, dass er am 29.01.2002 aus dem Vorstand
ausgetreten sei, Beweis angeboten. Er hat die Vernehmung des Beklagten zu 5) als
Zeugen sowie die Vernehmung der "damaligen Sekretärin des D., deren ladungsfähige
Anschrift noch mitgeteilt wird" beantragt (Bl. 192 d.GA). Dem Beklagten zu 2) ist bislang
noch keine Frist zur ordnungsgemäßen Benennung der Zeugin gesetzt worden, was
nachzuholen ist. Der Antrag auf Vernehmung des Beklagten zu 5) als Zeugen ist
zulässig. Die Beklagten zu 2) und 5) sind einfache Streitgenossen(§§ 59, 60 ZPO).
Diese können als Zeuge vernommen werden, soweit sie als Partei nicht selbst betroffen
sind (Zöller/Greger 28. Auflage, § 373 Rn. 5a). Der Beklagte zu 5) ist durch das
Beweisthema nicht selbst betroffen. Für seine Haftung ist der Zeitpunkt des
Ausscheidens des Beklagten zu 2) nicht von Bedeutung.
156
3.
157
Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner keinen Anspruch auf
Erstattung der zweckfremd verwendeten Gelder.
158
a)
159
Mit seiner Anschlussberufung macht der Kläger bis zur Höhe von 140.822,55 EUR auch
den ursprünglich mit 374.536,68 EUR (entspricht 732.530,07 DM) bezifferten Anspruch
auf Erstattung der zweckfremd verwendeten Gelder geltend. Der Kläger verlangt
insoweit (nunmehr anteilig in Höhe von 140.822,55 EUR) die Differenz eines für das
Bauvorhaben angesetzten Finanzierungsvolumens von 2.900.000,00 DM (ohne
Eigenleistungen) zu den vom Bundesverwaltungsamt festgestellten zuwendungsfähigen
Ausgaben in Höhe von 2.167.469,93 DM (Differenz von 732.530,07 DM).
160
b)
161
Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers aus §§ 92 Abs.3, 93 Abs. 3
Nr. 5 AktG, 64 Abs. 2 GmbHG (a.F. jetzt § 64 GmbHG), 34 GenG analog verneint, weil
es an den Voraussetzungen für eine analoge Anwendung dieser Vorschriften fehlt.
162
Das Landgericht ist entgegen einiger in der Literatur vertretener Stimmen (MüKo/Reuter,
2. Auflage § 42 Rn. 17; Wischemeyer DZWIR 2005, 230, 233 f; Passarge ZinsO 2005,
176, a.A. Koza DZWiR 2008, 98) der Entscheidung des Hanseatischen
Oberlandesgerichts Hamburg vom 05.02.2009, Az. 6 U 216/07 (ZIP 2009, 757) gefolgt.
Dieser Entscheidung hat sich auch das Oberlandesgericht Karlsruhe mit Urteil vom
19.06.2009, Az. 14 U 137/07 (veröffentlicht in ZIP 2009,1716) angeschlossen.
163
Der Senat ist in Übereinstimmung mit den vorgenannten Entscheidungen der
Auffassung, dass eine analoge Anwendung der §§ 92 Abs.3, 93 Abs. 3 Nr. 5 AktG, 64
Abs. 2 GmbHG (a.F. jetzt § 64 GmbHG), 34 GenG nicht möglich ist.
164
Voraussetzung einer Analogie ist das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke
165
und einer vergleichbaren Interessenlage. Beides ist hier nicht gegeben. Der
Gesetzgeber hat die Regelung des § 42 Abs. 2 S. 2 BGB erst vor wenigen Jahren im
Zuge der Reform des Insolvenzrechts neu normiert. Eine Regelung wie die des § 64
GmbHG hat der Gesetzgeber für eingetragene Vereine ersichtlich nicht gewollt. Wegen
der sorgfältigen Anpassung des Vereinsrechts an das Recht der Kapitalgesellschaften
im Zusammenhang mit der Schaffung der Insolvenzordnung kann die Nichtnormierung
einer vereinsrechtlichen Ersatzpflicht entsprechend der für Kapitalgesellschaften
geltenden Vorschriften nicht als unbeabsichtigtes Versehen eingeordnet werden (vgl.
auch Kunkel, jurisPR-HaGesR 8/2009, zitiert nach JURIS). Zuletzt hat die Begründung
zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur
Bekämpfung von Missbräuchen - MoMiG - (BT-Drs. 16/6140, S. 14) nochmals die
Sonderstellung des § 42 Abs. 2 BGB besonders betont (vgl. hierzu auch zuletzt
Brand/Reschke, NJW 2009, 2343, 2344 f.). Der Gesetzgeber hat das
Gläubigerschutzkonzept im Vereinsrecht insgesamt gegenüber den
Kapitalgesellschaften erkennbar herabgestuft (vgl. Brand/Reschke, a.a.O., 2346 f.; Koza,
DZWIR 2008, 98). So ist z.B. die in § 42 Abs. 2 BGB enthaltene Insolvenzantragspflicht
nicht gemäß § 15a Abs. 4 InsO strafbewehrt. Auch hat der Gesetzgeber etwa von der
Statuierung zur Aufbringung und Erhaltung eines bestimmten Mindestkapitals
abgesehen (vgl. etwa Koza, a.a.O. S. 99, m.w.N.).
Auch die Interessenlage eines Vereins ist nicht mit derjenigen einer Kapitalgesellschaft
vergleichbar. Dies gilt, wie das Landgericht mit Recht festgestellt hat, jedenfalls für
einen Verein, der nur als Nebenzweck eine wirtschaftliche Betätigung ausübt. Es ist
dem eingetragenen Idealverein zwar verwehrt, einen wirtschaftlichen Hauptzweck zu
verfolgen. Im Rahmen des sog. Nebenzweckprivilegs ist es ihm aber gestattet, diejenige
wirtschaftliche Betätigung in nicht nur geringem Umfang aufzunehmen, die nötig ist, um
den ideellen Hauptzweck zu erreichen (BGH BGHZ 85, 84; vgl. Karsten Schmidt,
Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 23 III 3 d, S. 674, m.w.N.). So ist es hier. Der
vorrangige Hauptzweck des Insolvenzschuldners war es nicht, Gewinne zu
erwirtschaften, sondern gemäß § 2 der Satzung Erholungsstätten für Familien, geistig
und körperlich behinderte Menschen und alle anderen sozial schwachen
Personengruppen zu schaffen, zu betreiben und diesem Personenkreis
Erholungsaufenthalte in seinen Einrichtungen zu ermöglichen. Die Errichtung und
Bewirtschaftung der Erholungsheime diente der Erreichung dieses Zwecks.
166
Bei der Vergleichsbetrachtung der Interessenlagen ist auch zu berücksichtigen, dass die
Vereinsvorstände regelmäßig ehrenamtlich tätig sind. Dies rechtfertigt einen
geminderten Haftungsmaßstab. Denn die Stärkung bürgerschaftlichen Engagements ist
erklärtes Ziel aller jüngeren, einschlägigen gesetzgeberischen Aktivitäten (vgl. auch das
Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen vom
28.09.2009, BGBL. I, S. 3161). Damit anerkennt und fördert der Gesetzgeber nicht
zuletzt wegen knapper Finanzmittel die zunehmende gesellschaftspolitische Bedeutung
ehrenamtlicher Tätigkeit, wie sie gerade in Vereinen ausgeübt wird (BT-Drs. 16/10120).
Zusätzliche, weit reichende und effektive Haftungsansprüche sind hiermit grundsätzlich
nicht vereinbar (so auch Koza, a.a.O.), zumal die Besetzung von Vereinsämtern gerade
in kleinen Vereinen, die im Regelfall von juristischen und betriebswirtschaftlichen Laien
ehrenamtlich übernommen werden, erheblich erschwert würde, wenn sich die
Vereinsvorstände dem ungewollten und oftmals auch unkontrollierbaren Risiko einer
persönlichen Haftung entsprechend § 64 GmbHG ausgesetzt sähen. Diese Erwägungen
sind in der Einführung der Haftungsbeschränkung des § 31a BGB zum Ausdruck
gekommen. Eine Erweiterung der in § 42 Abs.2 S. 2 BGB geregelten Haftung
167
entsprechend § 64 GmbHG widerspräche der klaren gesetzgeberischen Tendenz.
4.
168
Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 2) und 5) auch keinen Erstattungsanspruch in
Höhe der zweckwidrig verwendeten Baugelder gemäß § 42 Abs. 2 S. 2 BGB.
169
Nach dieser Vorschrift haftet der Vorstand im Falle der verschuldeten Verzögerung oder
Unterlassung der Insolvenzantragsstellung den Gläubigern auf Schadensersatz.
170
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwischen den sog. Alt- und
Neugläubigern zu differenzieren. Letztere sind solche, deren Ansprüche nach dem
Zeitpunkt der Pflichtverletzung, d.h. der Insolvenzreife des Vereins, Ansprüche
gegenüber dem Verein erworben haben (vgl. Staudinger/Weick, § 42 BGB Rn. 13). Der
Schadensersatzanspruch der Altgläubiger ist auf den sogenannten Quotenschaden
beschränkt. Demgegenüber können die Neugläubiger verlangen so gestellt zu werden,
als hätten sie nicht mit dem überschuldeten Verein kontrahiert (Palandt/Ellenberger, 69.
Auflage, § 42 Rn. 4 m.w.N.). Nur der Quotenschaden, d.h. der den Altgläubigern zu
erstattende Schaden, ist ein Gesamtgläubigerschaden, dessen Geltendmachung
während des Insolvenzverfahrens nach § 92 S. 1 InsO in die Zuständigkeit des
Insolvenzverwalters fällt (vgl. MüKo/Reuter, BGB, 5. Auflage, § 42 Rn. 16.). Bei der
Berechnung des Quotenschadens ist die fiktive Quote, welche aus dem Verhältnis der
den Altgläubigern bei Insolvenzreife zur Verfügung stehenden Masse zu ihren
damaligen Forderungen zu ermitteln ist, mit den tatsächlichen Insolvenzforderungen der
(in der Insolvenz noch vorhandenen) Altgläubiger zu multiplizieren; von dem Ergebnis
ist der auf die Altgläubiger entfallende Masseanteil abzuziehen, der sich aus dem
Verhältnis ihrer Forderungen zur Summe der Insolvenzforderungen ergibt (vgl. BGHZ
138, 211, zitiert nach JURIS Rn. 25.)
171
Das Landgericht ist der Ansicht, dass ein Quotenschaden von dem Kläger vorliegend
nicht geltend gemacht werde, so dass es auf die Frage der Verzögerung des
Insolvenzverfahrens es nicht ankomme. Dem ist der Kläger mit seiner
Anschlussberufung entgegen getreten.
172
Der Kläger macht geltend, dass das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast
verkannt habe. Der Kläger habe dargelegt, welche Beträge der Insolvenzmasse durch
die Verfügungen der Beklagten zu 2) und 5) nach Eintritt der Insolvenzreife am
14.12.2000 verloren gegangen seien und nunmehr der Insolvenzmasse fehlen; die
Verwendung der zweckentfremdeten Gelder lasse sich für den Kläger nicht im
Einzelnen nachvollziehen; es sei daher Aufgabe des vertretungsberechtigten Organs,
die Vorteile im Einzelnen darzulegen, welche aus seiner Geschäftsbesorgung
erwachsen sein sollen.
173
Der Senat teilt die Auffassung des Klägers nicht. Der Kläger hat den Quotenschaden
nicht hinreichend dargelegt.
174
Unstreitig ist, dass mit den zweckentfremdeten Geldern fällige Verbindlichkeiten des
Insolvenzschuldners getilgt worden sind. Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass
etwa Lohn- und Gehaltszahlungen und die Bedienung von Zinsen nach einem
Insolvenzantrag nicht mehr angefallen wären, ist es ihm möglich und zumutbar, Näheres
darzulegen. Der Bundesgerichtshof hat in der vom Kläger zitierten Entscheidung vom
175
14.10.1985, Az. II ZR 276/84, (NJW-RR 1986, 579 ff, zitiert nach JURIS, insbesondere
Rn. 19) zur Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG
a.F. ausgeführt:
"Als Schadensersatz ist so viel in die Konkursmasse zu zahlen, dass alle Gläubiger
diejenige Quote erhalten, die auf sie entfallen wäre, wenn der Konkurs ohne
schuldhafte Verschleppung hätte eröffnet werden können. Steht - wie im
vorliegenden Falle - fest, dass die GmbH nach Eintritt ihrer Konkursreife ihren
Geschäftsbetrieb nicht selbst fortgeführt, sondern zu diesem Zweck ihn
einschließlich der Vermögenswerte auf einen Dritten übertragen hat, so reicht es für
die Berechnung des Quotenschadens regelmäßig aus, dass der Konkursverwalter
darlegt, welche Vermögenswerte der GmbH auf diese Weise verlorengegangen sind
und der Konkursmasse nunmehr fehlen. Soweit die Geschäftsbücher der GmbH
nichts darüber aussagen, ob ihr aus der Geschäftsbesorgung durch den Dritten
Vorteile erwachsen sind, kann der Konkursverwalter sie nicht schadensmindernd
berücksichtigen, so dass es Aufgabe des Geschäftsführers ist, die Vorteile im
einzelnen darzulegen. Führt der Konkursverwalter, wenn er den Schaden
begründet, nicht alle, sondern nur bestimmte Teile des übertragenen Vermögens an,
so ist der Vortrag deshalb nicht unbeachtlich, sondern ohne weiteres dahin zu
verstehen, dass der einheitliche Schadensersatzanspruch nur teilweise geltend
gemacht wird."
176
Dieser vom BGH entschiedene Fall ist mit dem vorliegenden Rechtsstreit nicht
vergleichbar. Vorliegend ist – bei unterstellter Insolvenzreife des Insolvenzschuldners
zum 14.12.2000 – der Geschäftsbetrieb weiter geführt worden. Dem Kläger ist es durch
die Prüfung der Geschäftsbücher möglich, die infolge der zweckwidrigen
Mittelverwendung zugeflossenen Vorteile, insbesondere den Umfang der erfüllten
Verbindlichkeiten, zu ermitteln und vorzutragen. Der bloße Hinweis des Klägers, dass
sich die Verwendung der Gelder nicht im Einzelnen nachvollziehen lasse, ist
unzureichend. Im Gegensatz zum Kläger haben die Beklagten zu 2) und 5) heute keinen
Zugang mehr zu den Geschäftsbüchern des Insolvenzschuldners. Sie können die dem
Insolvenzschuldner aus der Verwendung der Baugelder erwachsenen Vorteile nicht
konkret darlegen.
177
Überdies ist bei der Ermittlung des nach § 42 Abs. 2 BGB zu ersetzenden Schadens zu
beachten, dass die Bundeszuschüsse von insgesamt 1.000.000,00 DM nicht
angefordert worden wären bzw. nicht zur Auszahlung gekommen wären, wenn der
Insolvenzantrag bereits am 14.12.2000 gestellt worden wäre. Die im Zeitpunkt der
behauptete Insolvenzreife zur Verfügung stehende Masse wäre entsprechend verringert.
Tatsächlich wurde die erste Zuschussrate am 28.12.2000 vom Bund überwiesen.
Gemäß Nr. 5 der Besonderen Nebenbestimmungen zum Bescheid des
Bundesverwaltungsamtes vom 19.07.2000 bleibt vorbehalten, die Bewilligung der
Zuwendung des Bundesverwaltungsamtes unbeschadet der §§ 48, 49 und 49a VwVfG
zu widerrufen, wenn der Träger das Verfügungsrecht über das geförderte Vorhaben
ganz oder teilweise verliert.
178
5.
179
Soweit das Landgericht einen weitergehenden Schadensersatzanspruch des Klägers
gegen die Beklagten zu 2) und 5) in Höhe aus § 280 Abs. 1 BGB abgelehnt hat, ist dies
richtig. Ein Schaden des Insolvenzschuldners in Höhe der zweckwidrig verwendeten
180
Baugelder ist nicht ersichtlich. Insoweit muss nach den Grundsätzen der
Vorteilsanrechnung berücksichtigt werden, dass durch die Zahlungen fällige
Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners unstreitig ausgeglichen worden sind.
6.
181
Das Landgericht hat dem Kläger einen Anspruch auf Zinsen aus dem Betrag von
140.822,55 EUR seit dem 24.11.2005 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB zugesprochen. Ein Rechtsfehler zum
Nachteil des Klägers ist nicht zu erkennen.
182
Der Kläger begehrt mit ihrer Anschlussberufung Zinsen seit dem Tage der Eröffnung
des Insolvenzverfahrens. Eine Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich. § 143 Abs. 1 S.
2 BGB ist nicht einschlägig. Der Kläger macht gegen die Beklagten zu 2) und 5) keinen
Rückgewähranspruch nach Insolvenzanfechtung geltend.
183
7.
184
Das Landgericht hat dem Kläger nach § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO die außergerichtlichen
Kosten des Beklagten zu 5) auferlegt und insoweit angenommen, dass die Klage gegen
den Beklagten zu 5) nicht wirksam gemäß § 269 Abs. 1 ZPO teilweise
zurückgenommen worden sei, da der Beklagte zu 5) der Rücknahme nicht zugestimmt
habe.
185
Von der Annahme einer unwirksamen Teilklagerücknahme ausgehend hätte das
Landgericht die einseitig gebliebene Teilerledigungserklärung des Klägers als Antrag
auf Feststellung der teilweisen Erledigung auslegen und abweisen müssen. Dies ist
nicht geschehen.
186
Eine Einwilligung des Beklagten zu 5) in die Teilklagerücknahme war indes nicht
erforderlich, da noch keine mündliche Verhandlung stattgefunden hatte.
187
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 30.07.2007 (Bl. 660 d.GA) erklärt, den Rechtsstreit in
Höhe von 136.755,20 EUR für erledigt zu erklären und Kostenantrag zu stellen. Für den
Fall, dass das Gericht ein erledigendes Ereignis nach Einleitung des Rechtsstreits nicht
zu erkennen vermag, hat er hilfsweise eine Klagerücknahme in Höhe von 136.755,20
EUR erklärt und unter Hinweis auf § 269 Abs. 3 S. 2 letzte Alternative ZPO
Kostenantrag gestellt.
188
Das Landgericht hat ein erledigendes Ereignis nicht festgestellt, da die Klage vom
Zeitpunkt der Klageerhebung bis zur Entscheidung der Widerspruchsbehörde über den
Widerspruch nicht begründet gewesen sei, weil die Behörde den
Rückforderungsbescheid nicht gemäß § 80 Abs.1 VwGO habe vollziehen können. Ob
dies zutrifft, kann dahinstehen, da die Feststellung, dass sich die ursprüngliche
Klageforderung nicht erledigt hat, auch aus anderem Grunde richtig ist.
189
Der von dem Kläger geltend gemachte Schaden bestand in der Belastung des
Insolvenzschuldners mit einer (vermeintlichen) Verbindlichkeit in Höhe von 511.291,88
EUR gegenüber dem Bund. Der zunächst auf Befreiung von dieser Schuld gerichtete
Anspruch geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einen Zahlungsanspruch
über (s.o.). Im vorliegenden Fall hatte der Kläger gegen den ursprünglichen
190
Rückforderungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes jedoch Widerspruch eingelegt.
Wer die Forderung, von der er Befreiung verlangt, selbst mit einem Rechtsbehelf
bekämpft, bringt dadurch grundsätzlich zum Ausdruck, dass er deren Beseitigung noch
für möglich, den Anspruch des Dritten also für nicht endgültig gesichert hält (BGH NJW
2007,1809, zitiert nach JURIS Rn. 20). Solange der Kläger gegen den
Rückforderungsbescheid vorgeht, hat er kein berechtigtes Interesse daran, von den
Beklagten bereits Zahlung zu erhalten. In einem solchen Fall ist die Klage auf
Feststellung der Ersatzpflicht des in Anspruch genommenen Schädigers der richtige
Weg (vgl. BGH a.a.O.).
Es ist daher von der hilfsweise erklärten Klagerücknahme auszugehen. In der
Bewertung der Kostentragungspflicht ändert sich nichts. Der Kläger hat nach § 269 Abs.
3 S. 2 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Anlass zur Einreichung der
Leistungsklage ist nicht, wie von § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO verlangt, vor der
Rechtshängigkeit entfallen, er bestand bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens
nicht.
191
III.
192
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
193
Die Revision wird nicht zugelassen. Es erfordern weder die Fortbildung des Rechts,
noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts.
194
R. F. K.
195