Urteil des OLG Düsseldorf vom 25.08.2004

OLG Düsseldorf: befangenheit, gemeinde, unparteilichkeit, gutachter, schwestergesellschaft, wohnung, obliegenheit, unverzüglich, rechtfertigung, erstellung

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-W (Kart) 23/04
Datum:
25.08.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VI-W (Kart) 23/04
Tenor:
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Be-schluss der II.
Kammer für Handelssachen des Landge-richts Dortmund vom 4. April
2004 wird auf ihre Kosten zu-rückgewiesen.
II. Der Beschwerdewert wird auf bis 1.030.000 EUR festgesetzt.
G r ü n d e
1
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
2
I.
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Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen den
Sachverständigen Dr. Ing. W. Z. mit Recht zurückgewiesen. Die dagegen mit der
Beschwerde vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
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1. Ohne Erfolg verweist die Beschwerde zur Rechtfertigung des Ablehnungsgesuchs auf
die Tatsache, dass der Sachverständige Dr. Z. in einem ähnlich gelagerten Streitfall der
Gemeinde K. gegen eine Schwestergesellschaft der Beklagten von dem für die
Gemeinde K. tätigen Privatgutachter zur Erstellung eines Wirtschaftlichkeitsgutachtens
für die Übernahme eines Stromnetzes hinzugezogen worden ist und sich Dr. Z. in
diesem Zusammenhang mit Fragen - namentlich mit den Kosten der Netzentflechtung
und den sonstigen Ingangsetzungsaufwendungen (Art und Weise des Anschlusses des
gemeindlichen Stromnetzes an das vorgelagerte Netz der Beklagten) - befasst hat, die
auch im Streitfall zur Beurteilung anstehen (können). Im Kern wendet die Beklagte
gegen die Beauftragung des Sachverständigen Dr. Z. damit ein, dieser habe sich in der
Vergangenheit bereits mit der zur sachverständigen Beurteilung anstehenden
Problematik befasst und hierzu einen - ihr (der Beklagten) ungünstigen - Standpunkt
vertreten. Daraus lassen sich indes aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei
keine ernsthaften Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen Dr. Z. herleiten.
Die von der Beklagten angeführte frühere gutachtliche Tätigkeit besagt lediglich, dass
Dr. Z. über das zur Erledigung des anstehenden Gutachtenauftrags erforderliche
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Fachwissen und zudem über praktische Erfahrungen auf dem betreffenden Gebiet
verfügt. Weitergehende Schlüsse, der Sachverständige sei zugunsten der Klägerin in
der Sache bereits festgelegt und sachlichen Einwändungen gegen seinen früher
vertretenen Standpunkt nicht mehr uneingeschränkt zugänglich, lassen sich daraus
nicht ziehen.
Die Judikate des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf (NJW-RR 1997,
1428, 1429) und des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. (NJW 1983, 581) - auf welche
die Beklagte in diesem Zusammenhang verweist - stehen dieser Beurteilung nicht
entgegen. Denn sie betreffen anders gelagerte Fälle. Nach den erwähnten
Entscheidungen kann ein Sachverständiger wegen der Besorgnis der Befangenheit
dann abgelehnt werden, wenn er bereits als Privatgutachter für einen am Prozess nicht
beteiligten Dritten tätig geworden ist, sofern diese Tätigkeit einen gleichartigen
Sachverhalt betraf und sich der Auftraggeber jenes Privatgutachtens darüber hinaus in
einem gleichen Interessengegensatz zur ablehnenden Partei befunden hat wie der
jetzige Prozessgegner. Der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat auf
dieser rechtlichen Grundlage die Ablehnung eines zur Begutachtung von Baumängeln
bestellten Sachverständigen für begründet erklärt, weil der Gutachter bereits für andere
Erwerber desselben Haustyps im selben Baugebiet als Privatgutachter gegen die
ablehnende Partei tätig geworden war. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat die
Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen für den Fall angenommen, dass der
Gutachter zuvor privat von einem Wohnungserwerber zur Bauabnahme hinzugezogen
worden war und die Aufnahme solcher Mängel in das Protokoll veranlasst hatte, wie sie
im Rechtsstreit mit einem anderen Erwerber einer Wohnung desselben Bauvorhabens
gerügt werden. Der Entscheidungsfall ist mit jenen Fallkonstellationen nicht
vergleichbar, weil es an der erforderlichen Übereinstimmung des sachverständig zu
beurteilenden Streitstoffs fehlt.
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2. Gibt die in Rede stehende frühere gutachtliche Tätigkeit des Sachverständigen Dr. Z.
somit keinen Anlass zur Besorgnis der Befangenheit, war Dr. Z. - entgegen der Ansicht
der Beschwerde - auch nicht gehalten, sie von sich aus offen zu legen. Dr. Z. war
lediglich gehalten, den Sachverhalt umfassend und wahrheitsgemäß darzulegen,
nachdem die Beklagte seine Unparteilichkeit unter Hinweis auf die frühere gutachtliche
Arbeit in Zweifel gezogen hatte. Dieser Obliegenheit ist Dr. Z. indes unverzüglich und
uneingeschränkt nachgekommen.
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3. Die Besorgnis der mangelnden Unparteilichkeit des Gutachters lässt sich schließlich
nicht aus dem Umstand herleiten, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch
die Gemeinde K. in der geschilderten Auseinadersetzung mit einer
Schwestergesellschaft der Beklagten vertreten hatte.
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II.
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Die Kosteneentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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III.
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Den Beschwerdewert hat der Senat gemäß § 3 ZPO auf 1/3 der Klagesumme
veranschlagt (vgl. Herget in Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 3 Rn. 16 zum Stichwort
"Ablehnung" m.w.N.).
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a. Dr. M.
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