Urteil des OLG Düsseldorf vom 08.03.2010

OLG Düsseldorf (wirtschaftsprüfer, bezeichnung, uwg, griechenland, verwendung, deutschland, tätigkeit, stgb, berufliche erfahrung, interesse)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-20 U 177/08
Datum:
08.03.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-20 U 177/08
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Juli 2008 verkündete Urteil
der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden
Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes
von bis zu 250.000 € zu unterlassen, zur Bezeichnung seiner beruflichen
Tätigkeit den Begriff „Wirtschaftsprüfer“ zu verwenden, insbesondere
wenn dies durch den Hinweis „griechischer Wirtschaftsprüfer und
Steuerberater“ geschieht.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelas-
sen, eine Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 25.000,00 € abzuwenden, wenn nicht die
Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
1. Gründe
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1. A)
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Hinsichtlich des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen
Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
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Die Klägerin ist Trägerin der beruflichen Selbstverwaltung aller Wirtschaftsprüfer,
vereidigten Buchprüfer, Wirtschaftsprüfergesellschaften und
Buchprüfungsgesellschaften in Deutschland. Sie hat nach § 57 des Gesetzes über eine
Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung, WPO) die Aufgabe, die
beruflichen Belange der Gesamtheit ihrer Mitglieder zu wahren.
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Der Beklagte ist in Deutschland nicht gemäß § 15 WPO als Wirtschaftsprüfer bestellt. Er
unterhält in D. ein Büro, an dessen Eingang das aus der Anlage K1 zur Klageschrift (Bl.
8 GA) ersichtliche Schild angebracht ist. Es enthält die Aufschrift:
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"Dr. G. International Griechischer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Oikonomikos
Orkotos Elegktis Logistis Forotechnikos A"
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Ferner verwendet der Beklagte einen Briefbogen (Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 9 GA)
mit einer dem Kanzleischild entsprechenden Aufschrift, wobei "Oikonomikos Orkotos
Elegktis Logistis Forotechnikos A’" in griechischer Schrift gehalten ist. Die Tätigkeit des
Beklagten ist der Klägerin seit dem Jahr 1997 bekannt.
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Der Beklagte ist seit dem 09. Oktober 1995 als sog. "Oikonomikos kai Orkotos Elegktis"
bei der Wirtschaftskammer Griechenlands zugelassen. Die Klägerin sieht in der
Verwendung der Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" ein wettbewerbswidriges Verhalten
des Beklagten. Die Verwendung verstoße gegen § 132a StGB und § 18 Abs. 1, § 132
Abs. 1 Nr. 2 WPO und sei daher nach § 4 Nr. 11 UWG unlauter. Nach § 132 Abs. 1. Nr. 2
WPO dürfe der Beklagte nur seine griechische Berufsbezeichnung in griechischer
Sprache führen. Die verwendete Bezeichnung sei ferner irreführend, da die Tätigkeiten,
die der Beklagte in Griechenland auszuführen berechtigt sei, nicht denen entsprächen,
die ein deutscher Wirtschaftsprüfer verrichten dürfe. Den angesprochenen
Verkehrskreisen werde suggeriert, der Beklagte habe die Befugnisse eines deutschen
Wirtschaftsprüfers, was tatsächlich nicht der Fall sei. Der Beklagte dürfe weder in
Deutschland, noch in Griechenland Jahresabschlüsse wirtschaftlicher Unternehmen
prüfen und entsprechende Bestätigungsvermerke erteilen. Er gehöre in Griechenland
einer Berufsgruppe von Prüfern an, die keine Zulassungsprüfung abzulegen und keine
berufliche Erfahrung nachzuweisen habe.
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Das Landgericht hat die Klage, die darauf gerichtet war, den Beklagten unter Androhung
von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, zur Bezeichnung seiner
beruflichen Tätigkeit den Begriff "Wirtschaftsprüfer" zu verwenden, insbesondere wenn
dies durch den Hinweis "Griechischer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" geschiehe,
abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass das Adjektiv "Griechischer"
klarstelle, dass der Beklagte lediglich in Griechenland bestellt sei. Es liege auch keine
Irreführung des angesprochenen Verkehrskreises vor, da dieser nicht erwarte, dass ein
griechischer Wirtschaftsprüfer über dieselben Qualifikationen und Tätigkeitsbereiche
wie ein deutscher Wirtschaftsprüfer verfüge.
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Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung
der Klägerin. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der ersten Instanz. Das
Landgericht habe insbesondere verkannt, dass die vom Beklagten gewählte
Übersetzung seiner Berufsbezeichnung irreführend sei. Es gebe in Griechenland eine
Berufsgruppe von Abschlussprüfern, deren Qualifikation und Tätigkeit denen deutscher
Wirtschaftsprüfer entspreche. Dieser Berufsgruppe gehöre der Beklagte gerade nicht an.
§ 132 Ab s. 1 Nr. 2 WPO erlaube dem Beklagten die Bezeichnung "Griechischer
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Wirtschaftsprüfer" nicht.
Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 02.07.2008 abzuändern und den
Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu
250.000,- Euro zu unterlassen zur Bezeichnung seiner beruflichen Tätigkeit den
Begriff "Wirtschaftsprüfer" zu verwenden, insbesondere wenn dies durch den
Hinweis "griechischer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" geschieht.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er ist der Auffassung, dass das gegen ihn gerichtete Vorgehen der Klägerin gegen Art.
81f EG-Vertrag verstoße. Da ihn in einem anderen Verfahren die Steuerberaterkammer
wegen der Benutzung des Begriffs "Steuerberater" auf Unterlassung in Anspruch
nehme, liege ein abgestimmtes Verhalten der Steuerberaterkammer und der Klägerin zu
seinem Nachteil vor. Ferner besitze die Klägerin eine marktbeherrschende Stellung und
missbrauche diese, um den Beklagten an seiner Tätigkeit in Deutschland zu hindern.
Auch handele die Klägerin zum Nachteil der griechischen Wirtschaftskammer. Eine
Untersagung der Verwendung der von ihm gewählten Bezeichnung laufe zudem auf
eine mit Art. 43 EG-Vertrag unvereinbare Beschränkung der Niederlassungsfreiheit
hinaus. Er meint daher auch, für die Entscheidung des Rechtsstreits sei nach § 87 S. 2
GWB der Kartellsenat zuständig.
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Ferner ist der Beklagte der Auffassung, seine Qualifikation entspreche der eines
Wirtschaftsprüfers nach deutschem Recht. Das für die Bestimmung des Umfangs seiner
Tätigkeit maßgebliche griechische Recht differenziere nicht zwischen verschieden
qualifizierten Wirtschaftsprüfern. Der griechische Gesetzgeber habe sich mit der
Umsetzung der RL 2006/43/EG durch das Gesetz Nr. 2190/1920 gegen eine solche
Differenzierung entschieden.
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Ein gegen ihn gerichteter Unterlassungsanspruch sei zudem verjährt oder verwirkt.
Insoweit habe er insbesondere auf das Urteil des 1. Kartellsenats des
Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Februar 2005 (VI-U (Kart) 34/04) vertrauen
dürfen, nach dem die von der hiesigen Klägerin in jenem Verfahren beanstandete Art
der von ihm verwendeten Siegel nicht irreführend i.S.d. § 5 UWG gewesen sei.
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Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
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2. B)
21
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen
den Beklagten aus § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 132a Abs. 1 Nr. 2
StGB, § 18 Abs. 1, § 132 Abs. 1 WPO einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die
beanstandete Verwendung der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" unterlässt. Auf
die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Befugnisse des Beklagten in
Griechenland denen eines deutschen Wirtschaftsprüfers entsprechen, kommt es nicht
an. Eine Kartellsache im Sinne des § 87 GWB liegt nicht vor.
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(1) Eine Abgabe des Rechtsstreits an den Kartellsenat ist nicht veranlasst, weil keine
Kartellsache vorliegt. Eine Kartellsache liegt nach § 87 S. 2 GWB vor, wenn die
Entscheidung des Rechtsstreits von einer kartellrechtlichen Frage abhängt, eine solche
also entscheidungserheblich ist. Das ist hier nicht dargetan. Sofern sich der Beklagte
auf einen Verstoß gegen Art. 82 EG-Vertrag durch die Klägerin berufen möchte, da
diese ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche, kann der Beklagte aus dieser, im
übrigen unsubstantiierten, Behauptung keine Vorteile für sich ziehen. Ein auf das
Führen der Berufsbezeichnung gerichteter "Zugangsanspruch" des Beklagten gegen
die Klägerin ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Möchte der Beklagte hingegen
geltend machen, dass die Klägerin die griechische Wirtschaftskammer behindere, so
fehlt ihm diesbezüglich bereits die Aktivlegitimation. Eine abgesprochene
Verhaltensweise der Steuerberaterkammer und der Klägerin wurde nicht substantiiert
vorgetragen. Eine solche Abstimmung würde selbst bei Vorlage aller weiterer
Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag keine für den Beklagten positive
Rechtsfolge entfalten. Nach Art. 81 Abs. 2 EG-Vertrag wäre zwar der interne Beschluss,
gemeinsam gegen den Beklagten vorzugehen, nichtig, die einzelnen Klagen blieben
jedoch sowohl zulässig, als auch begründet.
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(2) Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 8 Abs. 1,
§ 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB, § 18 Abs. 1, § 132 Abs. 1
WPO einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die beanstandete Verwendung der
Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" unterlässt. Auf den in die Zukunft gerichteten
Unterlassungsantrag findet das UWG in seiner seit dem 28.12.2008 geltenden Fassung
Anwendung. Eine Wiederholungsgefahr wird jedoch nur durch solche
Verletzungshandlungen begründet, die auch nach dem UWG in der zum jeweiligen
Begehungszeitpunkt geltenden Fassung unzulässig waren. § 4 Nr. 11 UWG hat durch
die Neufassung des UWG keine Änderung erfahren. Das beanstandete Verhalten ist
auch sowohl als Wettbewerbshandlung im Sinne des UWG a.F. als auch als
geschäftliche Handlung im Sinne der Neufassung anzusehen. Die gesetzlichen
Vorschriften, gegen die der Beklagte verstoßen haben soll, stellen sich jedenfalls als
gesetzliche Ausprägung des allgemeinen Irreführungsverbotes dar, weshalb es auch
keiner Klärung der Frage bedarf, ob im Hinblick auf die mit der Richtlinie gegen
unlautere Geschäftspraktiken bezweckte Vollharmonisierung nur solche Normen einen
Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG begründen können, die ihre
Grundlage ebenfalls im Gemeinschaftsrecht haben. Aus diesen Gründen ist eine
Differenzierung zwischen früherer und jetziger Rechtslage nicht geboten, zumal die
beanstandeten Handlungen des Beklagten andauern.
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Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie
geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern und sonstigen
Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt
insbesondere unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu
bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
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Nach § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB ist unter anderem das unbefugte Führen der
Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" strafbar. Nach § 18 Abs. 1 WPO führen
Wirtschaftsprüfer die Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer". Nach § 15 Abs. 1 WPO
wird ein Wirtschaftsprüfer nach bestandener Prüfung von der Klägerin bestellt. § 132
Abs. 1 WPO untersagt das nach dem Recht eines anderen Staates berechtigte Führen
der Berufsbezeichnungen "Wirtschaftsprüfer", "Wirtschaftsprüferin", "vereidigter
Buchprüfer" oder "vereidigte Buchprüferin" ohne Angabe des anderen Staates.
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Die genannten Bestimmungen des Strafgesetzbuches und der WPO stellen
Marktverhaltensregelungen im Interesse der anderen Marktteilnehmer dar, denn sie
regeln das Auftreten gegenüber anderen Marktteilnehmern, insbesondere Verbrauchern,
in deren Interesse (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 28. Aufl., § 4
UWG Rn. 11.34). Soweit die Bestimmungen darüber hinaus den Marktzutritt regeln,
kommt ihnen eine Doppelfunktion zu. Davon ist nämlich auszugehen, wenn die
Betätigung auf einem bestimmten Markt einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis bedarf und
die betreffende Norm damit im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der
Verbraucher, eine bestimmte Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der
angebotenen Leistung sicherstellen will (Köhler a.a.O. Rn. 11.49). Das ist bei den
Vorschriften, welche die Führung der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" regeln, der
Fall, denn § 132a StGB will die Führung der Berufsbezeichnung durch Unbefugte im
Interesse der Verbraucher verhindern und die Regelungen der WPO regeln die
Voraussetzungen zum Führen dieser Berufsbezeichnung, um die Qualität der unter
dieser Bezeichnung angebotenen Dienstleistungen sicherzustellen.
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Der Beklagte führt die Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" durch die angegriffene
Verwendung unbefugt, denn er bezeichnet sich als "griechischer Wirtschaftsprüfer",
obwohl er weder in Griechenland die – deutsche – Berufsbezeichnung
"Wirtschaftsprüfer" führen darf, noch er zum Wirtschaftsprüfer bestellt ist.
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Der Beklagte ist unstreitig nicht nach § 15 WPO zum Wirtschaftsprüfer bestellt. Auch hat
er von der nach §§ 131g f. WPO bestehenden Möglichkeit, eine Eignungsprüfung als
Wirtschaftsprüfer abzulegen, bislang keinen Gebrauch gemacht. Der Beklagte verfügt
auch nicht über die nach dem Recht eines anderen Staates bestehende Berechtigung
zum Führen der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer". Die Berufsbezeichnung, die er
in Griechenland zu führen berechtigt ist, lautet " Oikonomikos kai Orkotos Elegktis".
Darauf, dass die Wirtschaftskammer Griechenlands ihm gestattet hat, im Ausland diese
Bezeichnung in Übersetzung zu führen, kann er sich nicht berufen, denn die
Wirtschaftskammer Griechenlands kann für die Verwendung der Berufsbezeichnung
außerhalb Griechenlands keine Regelungen verfügen. Nach griechischem Recht mag
der Beklagte befugt sein, die Berufsbezeichnung " Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" zu
führen, aus dem griechischen Recht kann sich aber nicht in wirksamer Weise die
Berechtigung zur Führung der deutschsprachigen Berufsbezeichnung
"Wirtschaftsprüfer" in Deutschland ergeben. Eine Berechtigung zum Führen der
Bezeichnung "griechischer Wirtschaftsprüfer" ergibt sich demnach hinsichtlich des
Bestandteils "Wirtschaftsprüfer" insbesondere nicht aus § 132 Abs. 1 Nr. 2 WPO. Nach
dieser Vorschrift muss eine Person, die nach dem Recht eines anderen Staates
berechtigt ist, die – deutschsprachige - Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" zu führen, dem
Wort diesen Staat hinzusetzen. In Griechenland heißt der Beklagte aber – in lateinische
Buchstaben transkribiert – "Oikonomikos kai Orkotos Elegktis". Da die Bezeichnung
"Wirtschaftsprüfer" im Übrigen durch § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB gegen unbefugte
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Verwendung geschützt ist, beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 132 Abs. 1
Nr. 2 WPO auf Personen aus deutschsprachigen Ländern, die in ihrem Heimatland die
Berechtigung zum Führen der deutschsprachigen Berufsbezeichnung
"Wirtschaftsprüfer" haben. Nur solche Personen führen die Bezeichnung
"Wirtschaftsprüfer" nämlich nicht schon unbefugt im Sinne des § 132a StGB, so dass es
zur Klarstellung der Bußgeldvorschrift des § 132 Abs. 1 Nr. 2 WPO bedurfte. Bei einem "
Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" ist ein derartiger klarstellender Zusatz schon deshalb
überflüssig, weil die angesprochenen Verkehrskreise bereits aus der Fremdsprachigkeit
der Bezeichnung erkennen können, dass es sich um eine ausländische Berechtigung
handelt.
Dadurch, dass der Beklagte seine Berufsbezeichnung "Oikonomikos kai Orkotos
Elegktis" nicht in der Form "griechischer Wirtschaftsprüfer" verwenden darf, wird er nicht
gegenüber aus dem deutschsprachigen Ausland stammenden Wirtschaftsprüfern
benachteiligt. Im Grundsatz darf nur eine Person, die von der Klägerin zum
Wirtschaftsprüfer bestellt ist, in Deutschland auch die Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer"
führen. § 132 WPO räumt damit nicht etwa aus dem deutschsprachigen Ausland
stammenden "Wirtschaftsprüfern" eine weitergehende Berechtigung ein, sondern
beschränkt deren Befugnis, die in ihrem Heimatland rechtmäßig geführte Bezeichnung
in Deutschland zu führen. Einer solchen Beschränkung bedarf es bei einem
"Oikonomikos kai Orkotos Elegktis" nicht, weil diese Bezeichnung nicht mit der eines
deutschen Wirtschaftsprüfers verwechselt werden kann.
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Hinzu kommt Folgendes: Das deutsche Recht kann keine Bestimmungen darüber
treffen, welche Berufsbezeichnungen ein anderer Staat zulässt und unter welchen
Voraussetzungen dies geschieht. Die zwischen den Parteien geführte
Auseinandersetzung über die Frage, ob überhaupt ein "Oikonomikos kai Orkotos
Elegktis" in Griechenland einem Wirtschaftsprüfer entspricht, legt es nahe, dass die
Vergleichbarkeit der Tätigkeitsfelder und Qualifikationen zumindest fraglich sein dürfte.
Würde man eine – im Gesetz nicht vorgesehene – Übersetzung als Befugnis zum
Führen der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" annehmen, müsste in jedem
Einzelfall geprüft werden, ob diese Übersetzung tatsächlich zutreffend ist. Dies ist schon
deshalb schwer möglich, weil es an einheitlichen Kriterien fehlt. So ist die Führung der
Berufsbezeichnung in Deutschland stets von einer Zugangsprüfung abhängig. Der
Beklagte hat eine solche aber weder in Griechenland noch in Deutschland abgelegt.
Würde man auf dieses formale Kriterium abstellen, wäre die Übersetzung schon
unrichtig. Das rechtfertigt es jedenfalls, dem Beklagten nur die Führung der ihm in
Griechenland nach griechischem Recht zukommenden Berufsbezeichnung – in der
entsprechenden Sprache - zu gestatten.
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Ein Verstoß gegen die genannten Gesetzesvorschriften scheitert auch nicht daran, dass
diese etwa gegen die Grundfreiheiten des gemeinsamen Marktes verstießen (vgl. BGH
GRUR 1998, 407, 409 - "Tiapridal"). Die deutschen Vorschriften über die Führung der
Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" verstoßen nämlich nicht gegen diese Freiheiten,
insbesondere nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Der Beklagte wird durch § 132
Abs. 1 Nr. 2 WPO bzw. § 132a StGB nicht daran gehindert sich in Deutschland
niederzulassen und seiner Tätigkeit nachzugehen. Insoweit wie §§ 18 Abs. 1, 132 Abs.
1 Nr. 2 WPO den Beklagten daran hindern, seine Berufsbezeichnung unter Rückgriff auf
die deutsche Berufsbezeichnung zu wählen, ist der Eingriff in den Randbereich der
Niederlassungsfreiheit aus Art. 43 EG gerechtfertigt. Der Beklagte wird durch die
Normen nicht gegenüber seinen deutschen Kollegen diskriminiert (vgl. EuGH Slg. 2002
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I, 6540 "Deutsche Paracelsus Schulen"). Es steht ihm frei, das Recht zum Führen der
deutschen Berufsbezeichnung zu erwerben, indem er die deutsche Eignungsprüfung
zum Wirtschaftsprüfer nach § 131g f. WPO ablegt und sich sodann nach § 131k WPO
bestellen lässt. An der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Normen, die
das Führen der deutschen Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" einschränken, um vor
dem Hintergrund der Bedeutung dieses Berufsstandes die Öffentlichkeit vor dem Wirken
weniger qualifizierter Prüfer zu schützen, bestehen keine Zweifel.
(3) Der Gesetzesverstoß ist geeignet, die Interessen insbesondere der Verbraucher
spürbar zu beeinträchtigen (§ 3 Abs. 1 UWG). Der Verbraucher ist nämlich durch den
Schutz der deutschen Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" – ohne Länderangabe -
daran gewöhnt, dass der Berufsstand seine Qualifikation durch eine Prüfung
nachgewiesen hat und seine Berufsausübung der Aufsicht der Klägerin unterliegt. Die
Verwendung des Wortes mit dem bloßen Zusatz "griechischer" schütze die
Verbraucherinteressen schon deshalb nicht ausreichend, weil die Kombination offen
lässt, ob sich dieser Zusatz auf die Zulassung oder auf die Nationalität des sich so
Bezeichnenden bezieht.
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(4) Der Klageanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung hat noch nicht einmal
begonnen, da der Eingriff noch andauert. Durch die dauerhafte Verwendung der
Bezeichnung auf dem Briefbogen und dem Kanzleischild geht vom Beklagten
pflichtwidrig nach wie vor eine Störung aus (vgl. Köhler a.a.O. § 11 Rn. 1.21). Es ist
auch keine Verwirkung eingetreten. Der Verwirkungseinwand ist ausgeschlossen, wenn
eine Verletzung zugleich das Interesse der Allgemeinheit beeinträchtigt, weil dieses
grundsätzlich Vorrang vor den betroffenen Individualinteressen hat (BGH GRUR 1985,
930, 931 "JUS-Steuerberatungsgesellschaft"). Wie ausgeführt, dient die erörterte
Beschränkung in der Führung der Berufsbezeichnung "Wirtschaftsprüfer" dem Interesse
der Allgemeinheit.
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(5) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung
der Revision liegen nicht vor. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von dem
Urteil des 1. Kartellsenats ab. Dieses betraf allein die Frage, ob die von dem Beklagten
seinerzeit verwendeten Siegel geeignet waren, die angesprochenen Verkehrskreise
dahin irre zu führen, dass der Beklagte deutscher Wirtschaftsprüfer sei. Die Sache hatte
damit einen anderen Streitgegenstand. Ein Gesetzesverstoß – wie hier – war nicht
Gegenstand der seinerzeitigen Auseinandersetzung. Schließlich kommt der Frage auch
keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.
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Streitwert: 50.000,00 € (entsprechend der von den Parteien nicht
angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)
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