Urteil des OLG Düsseldorf vom 29.01.2004

OLG Düsseldorf: räumung, herausgabe, vermieter, handbuch, werkstatt, mietvertrag, wohnraummiete, umwandlung, mietsache, vollstreckbarkeit

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-10 U 105/03
Datum:
29.01.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Ziviilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-10 U 105/03
Leitsätze:
BGB § 535
Zur Frage, ob ein Wohnraum- oder ein Gewerberaummietverhältnis an-
zunehmen ist, wenn Vermieter und Mieter in Kenntnis eines beabsich-
tigten Umbaus zu Wohnzwecken eine als "Mietvertrag für gewerbliche
Räume" bezeichnete Vereinbarung treffen und dabei als Vertragszweck
den Betrieb "einer Werkstatt-Einrichtungen" angeben.
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 2. Juni 2003 verkündete
Schlussurteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts
Düs-seldorf wird mit der Maßgabe, dass der zur Kennzeichnung des zu
räumen-den Mietobjekts im landgerichtlichen Urteil in Bezug
genommene Lageplan dem vorliegenden Urteil beigefügt wird,
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
I.
1
Die zulässige Berufung des Beklagten ist sachlich nicht gerechtfertigt. Seine im Hinblick
auf die Beendigung des Mietverhältnisses der Parteien zum 31.12.2002 erfolgte
Verurteilung zur Räumung und Herausgabe des im angefochtenen Schlussurteil
beschriebenen Mietobjekts ist auch unter Berücksichtigung seines zweitinstanzlichen
Vorbringens nicht zu beanstanden.
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Nach übereinstimmender und zutreffender Auffassung der Parteien hängt die
Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausschließlich davon ab, ob auf das
zwischen ihnen mit Vertrag vom 4.8.1989 begründete Mietverhältnis Gewerbe- oder
Wohnraummietrecht Anwendung findet. In Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen
Urteil ist ersteres der Fall, so dass dem Rechtsmittel des Beklagten der Erfolg versagt
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bleiben muss.
1.)
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Zu Unrecht erhebt der Beklagte den Vorwurf, das Landgericht habe seine Behauptung
unberücksichtigt gelassen, der Rechtsvorgänger des Klägers habe "kurz vor
endgültigem Vertragsschluss" seine Zustimmung zum Umbau der
streitgegenständlichen Räumlichkeiten erteilt. Es hat nämlich unmissverständlich
ausgeführt, selbst eine "von Anfang an" bestehende Einigkeit der Mietvertragsparteien
in diesem Sinne hätte nicht bedeutet, dass der "ausdrücklich als Gewerbemietvertrag
abgeschlossene Vertrag zu einem überwiegenden Wohnraummietvertrag" umgestaltet
worden sei.
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Diese Annahme des Landgerichts entspricht der Rechtslage und ist folglich nicht zu
beanstanden, so dass es der mit Beweisbeschluss vom 25.10.2002 (Bl. 61/62 d.A.)
zunächst angeordneten Beweisaufnahme in der Tat nicht bedurfte. In "echten
Zweifelsfällen" ist die Vereinbarung, es handele sich insgesamt um Geschäftsräume,
wirksam und zu beachten (vgl. z.B. Bub/Treier/Reinstorf/Jatzek, Handbuch der
Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., I Rdn. 112). Entsprechendes muss dann
gelten, wenn Vermieter und Mieter in Kenntnis eines beabsichtigten Umbaus zu
Wohnzwecken eine als "Mietvertrag für gewerbliche Räume" bezeichnete Vereinbarung
treffen und dabei als Vertragszweck den Betrieb "einer Werkstatt-Einrichtungen"
angeben, ohne dass von einer auch nur teilweisen Nutzung zu Wohnzwecken die Rede
ist. Die vertraglich vereinbarte Nutzungsart bleibt nämlich für das Mietverhältnis auch
dann bestimmend, wenn der Mieter die Nutzungsart ändert, und zwar selbst dann, wenn
der Vermieter von der Umwandlung Kenntnis hat (so ausdrücklich Wolf/Eckert,
Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 6. Aufl., Rdn. 9). Wandelt
der Mieter zu gewerblichen Zwecken angemietete Räume in Wohnraum um, so bleibt
das Mietverhältnis weiterhin ein solches zu gewerblichen Zwecken. Dies gilt vorliegend
um so mehr, als nach den Feststellungen des Sachverständigen B. in seinem Gutachten
vom 2.9.2003 nach wie vor auf den Gewerberaum ca. 126 qm, auf den Wohnraum
dagegen lediglich 60 qm entfallen, wobei sogar noch weitere Gewerbeflächen nicht in
die Begutachtung einbezogen worden sind.
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2.)
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Der demnach berechtigte Herausgabeanspruch des Klägers wird durch die vom
Beklagten geltend gemachte teilweise Räumung einzelner Räume nicht berührt. Denn
der Anspruch nach § 546 Abs. 1 BGB a.F. ist auf Herausgabe der Mietsache insgesamt
gerichtet.
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3.)
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Auf ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Herausgabeanspruch des Klägers kann
sich der Beklagte schon deswegen nicht mit Erfolg berufen, weil die angeblichen
Investitionen des Beklagten in Höhe von 35.000 EUR auch nicht andeutungsweise
substantiiert sind.
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4.)
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Dass der Tenor des angefochtenen Urteils einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, kann
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angesichts der genauen Beschreibung der herauszugebenden Räume und Flächen
nicht ernsthaft bezweifelt werden. Er entspricht im übrigen dem Klageantrag, dem der
Beklagte zu keiner Zeit mit dem Einwand entgegengetreten ist, er sei zu unbestimmt.
5.)
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Der Einwand, die Räumung und Herausgabe zum 31.12.2002 sei nicht durchführbar,
erscheint abwegig. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich dabei um den frühest
möglichen, nicht jedoch um den einzigen in Betracht kommenden Herausgabezeitpunkt
handelt.
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II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Zur Zulassung der Revision bestand mangels Vorliegens der Voraussetzungen des §
543 Abs. 2 ZPO kein Anlass.
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Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 501,07 EUR x 12 = 6.012,84 EUR.
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