Urteil des OLG Düsseldorf vom 15.04.2010
OLG Düsseldorf (kündigung, mitarbeiter, überwiegende wahrscheinlichkeit, schaden, wegfall, zpo, zeitpunkt, bag, prognose, arbeitsgericht)
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-24 U 98/09
Datum:
15.04.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-24 U 98/09
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 15 O 145/07
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17. April 2009 verkündete
Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird auf ihre
Kosten zurückgewiesen.
Berufungsstreitwert: 10.223,54 EUR
G r ü n d e :
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Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das Landgericht hat die
Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die gegen die Entscheidung vorgebrachten
Berufungsgründe rechtfertigen keine dem Kläger günstigere Entscheidung.
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I.
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Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen
Hinweisbeschluss vom 9. März 2010. Dort hat er im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Beklagten steht gegen die Klägerin ein Anspruch auf Ersatz des geltend gemachten
Schadens, mit dem sie gegenüber der nicht angegriffenen Honorarforderung aufrechnen
könnte, nicht zu.
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Die Beklagte trägt vor, die Klägerin habe schuldhaft ihre Pflichten aus dem
Anwaltsdienstvertrag gemäß §§ 611 ff., 675, 280 f. BGB verletzt, indem sie in dem
Kündigungsschutzverfahren 9 Ca 1559/05 ArbG Düsseldorf nicht genügend zu den
Gründen der Kündigung vorgetragen und auch nicht darauf hingewiesen habe, dass
weiterer Vortrag bzw. die Vorlage weitere Unterlagen erforderlich sei. Außerdem sei die
Klägerin ihrer Verpflichtung, sie über die Risiken der Rechtsverteidigung und der
Durchführung des Berufungsverfahrens aufzuklären, nicht nachgekommen. Ihr sei
dadurch ein Schaden in Höhe der Monatsgehälter entstanden, die sie an den
gekündigten Mitarbeiter S. habe zahlen müssen, weil das Arbeitsverhältnis statt zum 30.
September 2005 erst zum 30. Juni 2006 beendet worden sei.
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Dieser Vortrag der Beklagten ist nicht geeignet, eine Schadensersatzverpflichtung der
Klägerin zu begründen.
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1.
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a) Grundsätzlich ist der Rechtsanwalt allerdings aufgrund des Anwaltsvertrages in den
Grenzen des ihm erteilten Mandats (BGH MDR 1998, 1378; MDR 1996, 2648 f.;
Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rn. 482
m.w.N.) verpflichtet, die Interessen seines Mandanten nach jeder Richtung und
umfassend wahrzunehmen und Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren
Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, zu
vermeiden. Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur
in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt zur allgemeinen,
umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. In
den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu
dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu
verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem
Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über
mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung
in der Lage ist (BGH WM 1993, 1376; WM 2007, 419; NJW 2007, 2485; WM 2008,
1560). Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten
Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH WM 1996, 1824; 2008, 1560).
Ziel der anwaltlichen Rechtsberatung ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche,
sachgerechte (Grund-) Entscheidungen ("Weichenstellungen") in seiner
Rechtsangelegenheit zu ermöglichen (BGH NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560;
Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rn. 558).
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Ob die Klägerin bei der Beratung der Beklagten und deren Vertretung in dem genannten
Kündigungsschutzverfahren den so skizzierten anwaltlichen Verpflichtungen gerecht
geworden ist, kann der Senat offen lassen. Denn die Beklagte hat nicht schlüssig
dargetan, dass eine Pflichtverletzung der Klägerin für den geltend gemachten Schaden
kausal geworden ist.
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b) Wird dem Anwalt eine Unterlassung - hier: fehlender substantiierter Vortrag zu
Kündigungsgründen, fehlende Beratung über Risiken der Rechtsverfolgung -
vorgeworfen, muss untersucht werden, wie die Dinge abgelaufen wären, wenn er die
versäumte Handlung pflichtgemäß vorgenommen hätte. Es kommt also darauf an, wie
das dem Regress zugrunde liegende Verfahren bei pflichtgemäßem Verhalten des
Anwalts ausgegangen wäre (BGH NJW 1990, 2128, 2129; vgl. auch BGH WM 1988,
1454, 1455; NJW-RR 1990, 462, 463; NJW 2002, 593; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee,
a.a.O., Rn. 991). Die Feststellung, ob infolge der Pflichtverletzung ein Schaden
entstanden ist, gehört zur haftungsausfüllenden Kausalität. Der Beweis, dass die
Vertragsverletzung zum Schaden geführt hat, ist nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGHZ 4, 192, 196; 84, 244, 253; BGH NJW 2000, 1572, 1573;
2004, 1521, 1522; vgl. auch Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rn. 992 m.w.N.;
Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 287 Rn. 3), der der Senat folgt (vgl. nur OLGR
Düsseldorf 2005, 734 ff.; 2006, 741 f.; 2007, 195 f.) unter Heranziehung des § 287 Abs. 1
ZPO zu beurteilen. Es ist somit zu ermitteln, ob eine überwiegende Wahrscheinlichkeit
dafür besteht, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder den besonderen
Umständen des Streitfalls mit für den Anspruchsteller günstigeren Feststellungen zu
rechnen gewesen wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Auflage, § 252 Rn. 5 m.w.N.).
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Daraus folgt im Gegenschluss, dass ein Schadensersatzanspruch entfällt, wenn die
schadensbegründende Handlung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den konkret
geltend gemachten Schaden nicht ursächlich geworden ist (vgl. Senat, OLGR
Düsseldorf 2002, 376 = VersR 2003, 326; MDR 2007, 988 = VersR 2008; Beschluss
vom 6. Mai 2009, 24 U 214/08, bei juris).
2.
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So liegt der Fall hier. Denn die Beklagte hat weder in dem arbeitsgerichtlichen
Kündigungsschutzverfahren noch in dem hier anhängigen Rechtsstreit einen
Sachverhalt vorgetragen, der die betriebsbedingte Kündigung des Mitarbeiters S.
gerechtfertigt hätte. Es ist daher auch nicht feststellbar, dass bei pflichtgemäßer
Beratung der Beklagten durch die Klägerin eine frühere Beendigung des
Arbeitsverhältnisses mit dem Mitarbeiter hätte erreicht werden können und der von der
Beklagten geltend gemachte Schaden somit nicht eingetreten wäre.
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a) Innerbetriebliche Umstände begründen ein dringendes betriebliches Erfordernis für
eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich konkret auf die
Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken. Regelmäßig entsteht ein
betriebliches Erfordernis nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche
Entwicklungen (Produktionsrückgang usw.), sondern auf Grund einer durch
wirtschaftliche Entwicklungen veranlassten Organisationsentscheidung des
Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Eine solche unternehmerische
Organisationsentscheidung ist von den Arbeitsgerichten nur begrenzt überprüfbar,
nämlich darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (st. Rspr.,
etwa BAG, DB 2007, 810; BAGE 92, 7; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 12.
Auflage, § 134 Rn. 28). Dagegen obliegt es den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob eine
unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und ob sie sich betrieblich
dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten
Arbeitnehmer entfallen ist. Dabei muss durch die unternehmerische
Organisationsentscheidung zwar nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein ( st.
Rspr.; BAGE 28, 131; BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - EzA KSchG § 1
Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Organisationsentscheidung muss aber
ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des
Beschäftigungsbedürfnisses sein. Ausreichend ist demnach, dass durch den
innerbetrieblichen Grund ein Überhang an Arbeitskräften entstanden ist, durch den
unmittelbar oder mittelbar das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer
Arbeitnehmer entfällt. Die betrieblich umgesetzte unternehmerische
Organisationsentscheidung muss sich auf die konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten
des gekündigten Arbeitnehmers auswirken (vgl. BAG, NZA 2005, 761 ff.).
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Als eine die Arbeitsgerichte grundsätzlich bindende unternehmerische
Organisationsentscheidung, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führen und ein
dringendes betriebliches Erfordernis für eine betriebsbedingte Kündigung darstellen
kann, sind auch die Stilllegung des gesamten Betriebs, einer Betriebsabteilung oder
eines Betriebsteils durch den Arbeitgeber (BAG 24.8.2006 AP 152 zu § 1 KSchG
Betriebsbedingte Kündigung) und/oder die Vergabe von bisher im Betrieb
durchgeführten Arbeiten an ein anderes Unternehmen anerkannt (BAGE 55, 22; 84,
209). Allerdings müssen im letzteren Fall diese Arbeiten dem anderen Unternehmen zur
selbstständigen Durchführung übertragen werden. Werden die bislang von den
Arbeitnehmern des Betriebs ausgeführten Tätigkeiten hingegen nicht zur
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selbstständigen Erledigung auf den Dritten übertragen, sind die fraglichen Personen
etwa nach wie vor in den Betrieb integriert, führt eine solche organisatorische
Gestaltung noch nicht zum Wegfall der bisherigen betrieblichen Arbeitsplätze; es liegt
vielmehr eine unzulässige sog. Austauschkündigung vor (vgl. BAG, NZA 2005, 761 ff.;
vgl. auch BAGE 84, 209).
Der Kündigungsgrund - Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit des gekündigten
Arbeitnehmers - muss schließlich grundsätzlich zum Zeitpunkt des Zugangs der
Kündigungserklärung vorliegen. Die Kündigung kann aber auch schon vorher
ausgesprochen werden, wenn die für den zukünftigen Wegfall des
Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits getroffen worden
sind und aufgrund einer Prognose zu erwarten ist, dass die Beschäftigungsmöglichkeit
aufgrund betrieblicher Gründe zum Zeitpunkt des Kündigungstermins mit einiger
Sicherheit entfallen sein wird; die betreffenden betrieblichen Umstände müssen
greifbare Formen angenommen haben. Im Streitfall muss der Arbeitgeber plausibel
darlegen, in welchem Umfang die bisher vom Arbeitnehmer zu erledigenden Aufgaben
künftig entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige
Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten vernünftigen
betriebswirtschaftlichen Prognose darlegen (BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte
Kündigung Nr. 128; AP 123 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung; Schaub, a.a.O.,
§ 134 Rn. 25, 31).
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b) Wenn im Haftpflichtprozess die Frage, ob dem Mandanten durch eine schuldhafte
Pflichtverletzung des Rechtsanwalts ein Schaden entstanden ist, vom Ausgang eines
anderen Verfahrens abhängt, muss das Regressgericht selbst prüfen, wie jenes
Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre (BGHZ 133, 110, 111; BGH,
WM 1996, 35, 36; WM 2000, 189, 192; NJW 2005, 3071, 3071). Denn es lässt sich nicht
feststellen, wie das ehemals zuständige Gericht tatsächlich entschieden hätte.
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Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben in dem von dem
Mitarbeiter S. angestrengten ersten Kündigungsschutzverfahren festgestellt, dass die
vorstehend skizzierten Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung nicht
gegeben waren. Dieser Bewertung folgt der Senat. Denn die Beklagte hat weder in den
Vorprozessen noch im vorliegenden Regressverfahren substantiiert dargetan und unter
Beweis gestellt, dass die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung des
Mitarbeiters S. zu einem Zeitpunkt vorlagen, der eine frühere Beendigung des
Arbeitsverhältnisses als zum 30. Juni 2006 ermöglicht hätte.
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aa) Die dem Mitarbeiter S. zunächst mit Schreiben vom 25. Januar 2005
ausgesprochene Kündigung wäre nur wirksam gewesen, wenn bereits dem
Gesellschafterbeschluss vom 28. Januar 2005, der die Schließung der
Konstruktionsabteilung vorsah, spätestens aber der Kündigung selbst eine hinreichend
konkrete betriebswirtschaftliche Prognose zugrunde gelegen hätte, nach der zum
Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung (Ende September 2005) eine
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Mitarbeiter nicht mehr bestand.
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Hierzu hat die Beklagte weder im Vorprozess noch im hier anhängigen Verfahren
genügend vorgetragen. Zwar behauptet die Beklagte nunmehr (was die Klägerin
entgegen dem Vortrag der Beklagten bestritten hat), die der im Vorprozess vorgelegten
Ablaufskizze zu entnehmende Prognose sei bereits Gegenstand des
Gesellschafterbeschlusses gewesen. Die Ablaufskizze selbst ist aber, worauf bereits
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das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hatte, für sich gesehen nicht verständlich und
als Beweismittel nicht geeignet, zumal nach wie vor nicht dargetan ist, wann sie erstellt
wurde und in welcher Form eine auf konkreter Grundlage beruhende Prognose über die
weitere Entwicklung der von der Konstruktionsabteilung zu erledigenden Arbeiten
Eingang in den Gesellschafterbeschluss und die Kündigungsentscheidung gefunden
hat. Mit der Klageerwiderung in dem zweiten Kündigungsschutzverfahren, auf die sich
die Beklagte nunmehr ergänzend beruft, trägt sie hierzu ebenfalls nichts vor; dort hat die
Beklagte lediglich ihre Darlegungen zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den
Mitarbeiter S. ergänzt, ohne dass erkennbar würde, zu welchem Zeitpunkt und in
welcher Form eine tragfähige Grundlage für die Kündigungsentscheidung gegeben war.
bb) Dem Vortrag der Beklagten lässt sich nach wie vor auch nicht entnehmen, dass die
Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt
vorgelegen haben. Deshalb wäre es der Beklagten bei sachgerechter Beratung durch
die Klägerin nicht möglich gewesen, dem Mitarbeiter S. früher als im November 2005 zu
Ende Juni 2006 zu kündigen. Denn es ist auch nach dem derzeitigen Sach- und
Streitstand nicht davon auszugehen, dass ab September 2005 keine
Beschäftigungsmöglichkeit für den Mitarbeiter mehr bestand.
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Zwar hat die Beklagte in dem zweiten Kündigungsschutzverfahren (8 Ca 8537/05 ArbG
Düsseldorf) den Arbeitsanfall des Mitarbeiters im Jahr 2005 konkretisierend beschrieben
und unter Beweisantritt vorgetragen, dieser habe seine letzte Projekttätigkeit im Juli
2005 ausgeübt. Dieser Vortrag ist indes schon deshalb nicht genügend, weil seit August
2005 wegen Erkrankung, Urlaubs und Freistellung des Mitarbeiters keine
Projektstunden mehr verzeichnet werden konnten (vgl. 8 Ca 8537/05) und die Beklagte
zudem, worauf bereits das Arbeitsgericht in dem ersten Verfahren zutreffend
hingewiesen hatte, substantiiert zu dem Beschäftigungsbedarf der gesamten Abteilung
hätte vortragen müssen, um die fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den
Mitarbeiter S. begründen zu können.
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Der weitere Vortrag der Beklagten, der u.a. von dem Mitarbeiter S. zuvor abgedeckte
Tätigkeitsbereich werde seit September 2005 ausschließlich fremdvergeben (8 Ca
8537/05 ArbG Düsseldorf), ist zudem ebenfalls nicht geeignet, die betriebsbedingte
Kündigung zu rechtfertigen. Denn der Kläger des Kündigungsschutzverfahrens hatte
demgegenüber substantiiert dargelegt, der benötigte Arbeitskräftebedarf sei auch nach
Auflösung der Abteilung Ausführungsplanung gleich geblieben und werde u.a. von
ehemaligen Beschäftigten der Beklagten erledigt, die als freie Mitarbeiter beschäftigt
seien; einer dieser Mitarbeiter verfüge sogar über ein Zimmer im Büro der Beklagten (8
Ca 8537/05 ArbG Düsseldorf). Nach diesem Vortrag, zu dem sich die Beklagte weder in
dem Kündigungsschutzverfahren noch in dem hier anhängigen Verfahren geäußert hat,
ist aber davon auszugehen, dass die bislang von den Mitarbeitern der
Konstruktionsabteilung ausgeführten Tätigkeiten nicht zur selbstständigen Erledigung
auf Dritte übertragen worden sind, so dass die organisatorische Gestaltung nicht zum
Wegfall der bisherigen betrieblichen Beschäftigungsmöglichkeiten geführt hat. Eine
Vernehmung des im Kündigungsschutzverfahren von der Beklagten benannten Zeugen
B. zu diesem Komplex würde sich vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu Vergabe
und Ausführung der anfallenden Konstruktionstätigkeiten im einzelnen nicht vorgetragen
hat, als Ausforschung darstellen, so dass offen bleiben kann, ob die allgemeine
Bezugnahme auf den im Kündigungsschutzprozess vorgelegten
Klageerwiderungsschriftsatz überhaupt genügend wäre.
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II.
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An dieser Beurteilung hält der Senat fest. Die dagegen vorgebrachten Einwände der
Beklagten im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 1. April 2010 geben keinen
Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Bezüglich der weiteren
Beschäftigungsmöglichkeiten für den Mitarbeiter S. genügte der Hinweis auf die
Aufgabe des Geschäftsbereichs Ausführungsplanung nicht; entscheidend ist, wie
welche Arbeiten bis zu welchem Zeitpunkt noch durch wen haben abgewickelt werden
müssen. Vor dem Hintergrund des in dem zweiten Kündigungsschutzverfahren erfolgten
substantiierten Vortrags des Mitarbeiters S. zu der weiteren Ausführung von zu seinem
ehemaligen Tätigkeitsbereich gehörenden Arbeiten durch in den Betrieb der Beklagten
integrierte "freie Mitarbeiter" hält der Senat daran fest, dass demgegenüber die
allgemeine Behauptung, "der u.a. vom Kläger zuvor abgedeckte Tätigkeitsbereich"
werde an verschiedene genannte Büros "seit September 2005 ausschließlich
fremdvergeben", nicht genügte, um eine Vernehmung des hierzu benannten Zeugen zu
rechtfertigen. Die Beklagte hätte im Einzelnen darlegen müssen, um welche Arbeiten es
sich handelte und durch wen und in welcher Form diese jeweils ausgeführt worden sind.
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Im Übrigen hat die Beklagte noch erstinstanzlich vorgetragen, der Vergleich vor dem
Arbeitsgericht sei zur Vermeidung einer ansonsten erforderlichen Beweisaufnahme
geschlossen worden; hiermit ist ihr jetziger Vortrag, das Arbeitsgericht habe
"unmissverständlich deutlich gemacht", die Kündigung werde nunmehr Erfolg haben,
nicht vereinbar.
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Soweit die Beklagte als Schaden nunmehr erstmals die Kosten des
Berufungsverfahrens (9 Ca 1559/05 LAG Düsseldorf) mit der Begründung geltend
macht, die Klägerin habe sie in das Berufungsverfahren gedrängt, kann sie damit wegen
Verspätung (§ 531 ZPO) nicht mehr gehört werden. Denn die Beklagte hat es fahrlässig
versäumt, dieses Verteidigungsmittel bereits erstinstanzlich geltend zu machen.
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III.
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Auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren sind
erfüllt. Die Rechtssache hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr.
2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Nr. 3
ZPO).
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IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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