Urteil des OLG Düsseldorf vom 09.01.2003
OLG Düsseldorf: mietsache, verfügung, aufrechnung, ausdehnung, ausnahmecharakter, beendigung, verweigerung, klageerweiterung, vollstreckbarkeit, mietvertrag
Oberlandesgericht Düsseldorf, 10 U 203/01
Datum:
09.01.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 U 203/01
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten zu 1) wird das am 5. Oktober 2001
verkün-dete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des
Landgerichts Mön-chengladbach unter Zurückweisung des
weitergehenden Rechtsmittels teil-weise abgeändert und insgesamt wie
folgt neu gefasst:
Der Beklagte zu 1) wird unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an
die Kläger als Gesamtgläubiger 17.456,32 DM nebst 5 % Zinsen über
dem Ba-siszinssatz nach § 1 des Diskontüberleitungsgesetzes vom
9.6.1998 seit dem 28. Mai 2001 zu zahlen.
Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger
2.473,88 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des
Dis-kontüberleitungsgesetzes von 1998 seit dem 19. April 2002 zu
zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden unter den Parteien wie folgt
verteilt:
I. Instanz
Die Gerichtskosten, die außergerichtlichen Kosten der Kläger und die
au-ßergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) fallen jeweils zu 23 %
dem Kläger und zu 77 % dem Beklagten zu 1) zur Last.
II. Instanz
Die Gerichtskosten werden zu 15 % den Klägern, zu 75 % dem
Beklagten zu 1) und zu 10 % der Beklagten zu 2) auferlegt.
Den Klägern fallen jeweils 15 % ihrer eigenen außergerichtlichen
Kosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) zur Last.
Der Beklagte zu 1) hat 75 % der außergerichtlichen Kosten der Kläger
zu tragen, die Beklagte zu 2) 10 %.
Im übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
I.
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Die zulässige Berufung des Beklagten zu 1) ist nur in geringem Umfang auch sachlich
gerechtfertigt. Der den Klägern insoweit zuerkannte Betrag von 20.982,04 DM ist nur
geringfügig überhöht. Dies ergibt sich im einzelnen aus folgenden Erwägungen:
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1.)
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Die Kläger machen für den Zeitraum Oktober 2000 bis Januar 2001 gegenüber dem
Beklagten zu 1) nur noch den der Höhe nach unstreitigen Grundmietzins von 5.300 DM
x 4 = 21.200 DM geltend (Bl. 98 d.A.).
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In Abzug zu bringen ist ausweislich der Klageschrift (Bl. 3 d.A.) ein für den Monat
Dezember 2000 gezahlter Betrag von 114,73 DM, so dass zugunsten der Kläger
zunächst 21.085,27 DM verbleiben.
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In Höhe von 1.235,40 DM haben die Kläger mit Schriftsatz vom 18.7.2001 (Bl. 21 d.A.)
die Klageforderung im Hinblick auf die Verrechnung mit einem
Kostenerstattungsanspruch des Beklagten zu 1) in entsprechender Höhe reduziert. Der
verbleibende Restbetrag beläuft sich demnach auf 19.849,87 DM.
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Schließlich ist im Hinblick auf die Vorenthaltung der Mietsache in der Zeit vom 5. bis
18.12.2000 eine Kürzung der Mietzinsforderung der Kläger in Höhe von täglich 170,97
DM (5.300 DM : 31), insgesamt also 2.393,55 DM vorzunehmen, die die Kläger
ausdrücklich akzeptiert haben (Bl. 99 d.A.).
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Letztlich errechnet sich nach allem ein Zahlungsanspruch der Kläger gegen den
Beklagten zu 1) in Höhe von 17.456,32 DM.
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2.)
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Ein Minderungs- oder Zurückbehaltungsrecht stand dem Beklagten zu 1) innerhalb des
eingangs gekennzeichneten Anspruchszeitraums nicht zu.
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Dabei kann davon ausgegangen werden, dass "in den Monaten ab Oktober 2000" (Bl.
68 d.A.) in den Mieträumen eine Raumtemperatur von mehr als 16 0 C nicht erreicht
werden konnte, was zweifelsfrei einen Mangel des Mietobjekts dargestellt hätte. In der
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Berufungsinstanz Bl. 70/71 d.A. haben die Beklagten nämlich geltend gemacht,
"Ursache für die fehlende Raumtemperatur und mangelhafte Beheizbarkeit (sei) die
vollständig fehlerhafte Isolierung der gesamten Fensterflächen" gewesen, weil es sich
um einen "Altbau mit Einfachverglasung" gehandelt habe. Diese angebliche
mangelhafte Beschaffenheit war jedoch naturgemäß bereits zu Beginn der Mietzeit am
1.4.1999 vorhanden, ohne dass dieser Umstand den Beklagten zu 1) davon abgehalten
hätte, während der gesamten Heizperiode 1999/2000 ohne jeden Vorbehalt den
gesamten Mietzins zu zahlen. Dies hatte zur Folge, dass er in entsprechender
Anwendung des § 539 BGB a.F. ein etwaiges Minderungsrecht jedenfalls verwirkt hat
(vgl. dazu z.B. BGH NJW 1987, 2674 = ZMR 1997, 505 sowie Senat ZMR 1987, 263).
Dass er dabei in der mitgeteilten oder erkennbaren Erwartung gehandelt hätte, die
vorhandenen Mängel würden demnächst von den Klägern behoben (vgl. dazu z.B. BGH
LM § 539 BGB Nr. 6 sowie Senat ZMR 1995, 400 und GUT 2002, 74), macht der
Beklagte zu 1) selbst nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Darüber hinaus ist das Vorbringen des Beklagten zu 1) hinsichtlich der von ihm
behaupteten mangelnden Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage auch weiterhin nicht
hinreichend substantiiert. Insoweit hätte es vielmehr der genauen Darlegung bedurft, an
welchen Tagen welche Temperatur erreicht worden ist, woran es indes nach wie vor
fehlt. Pauschal ist auch die Behauptung des Beklagten zu 1), er habe gegenüber dem
Kläger (welchem?) "Ende Oktober 2000" und "im November 2000 nahezu täglich" die
zu geringe Raumtemperatur beanstandet. Der bloße Hinweis auf angeblich
unzumutbarer Arbeitsbedingungen bzw. die Befürchtung ernsthafter
Erkältungskrankheiten reicht demgegenüber nicht aus und ist insbesondere nicht
geeignet, als Grundlage für die Erhebung der hierzu angebotenen Beweise zu dienen.
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3.)
14
Aufrechenbare Schadensersatzansprüche stehen dem Beklagten zu 1) gegenüber der
somit in der eingangs ermittelten Höhe von 17.456,32 DM gerechtfertigten
Klageforderung nicht zu.
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3.1)
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Entgangenen Gewinn in Höhe von 57.000 DM, den das Landgericht als nicht
erstattungsfähig gewertet hat, macht der Beklagte zu 1) in der Berufungsinstanz nicht
mehr geltend, so dass sich weitere Ausführungen in dieser Hinsicht erübrigen.
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3.2)
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Die von dem Beklagten zu 1) angeblich erbrachten Lohnfortzahlungen in Höhe von
6.423,43 DM, die von ihm ursprünglich sogar mit 20.982,04 DM beziffert worden waren,
können den Klägern aus den von diesen angestellten Erwägungen nicht angelastet
werden. Es ist zudem bereits nicht feststellbar, dass derartige Zahlungen von dem
Beklagten zu 1) tatsächlich überhaupt geleistet worden sind.
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3.3)
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Die Voraussetzungen für eine Schadensersatzverpflichtung der Kläger hinsichtlich der
während der Entziehung der Mietsache abhanden gekommenen Gegenstände in Höhe
von 980 und 1.800 DM sind von dem Beklagten zu 1) nicht schlüssig dargelegt worden.
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Weder für eine von dem Kläger selbst begangene Entwendung noch für eine von ihnen
zu vertretene Verletzung ihrer diesbezüglichen Vermieterpflichten sind hinreichende
Tatsachen vorgetragen oder sonst ersichtlich.
3.4)
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Das Kautionsguthaben des Beklagten zu 1) in Höhe von 10.600 DM steht trotz der
zwischenzeitlichen Beendigung des Mietverhältnisses der Parteien für eine
Aufrechnung nicht zur Verfügung, weil sich dieses noch in der Abwicklungsphase
befindet, so lange nicht alle gegenseitigen Forderungen ausgeglichen sind (vgl. z.B. LG
Duisburg NZM 1998, 808). Ein derartiger endgültiger Ausgleich kann vorliegend
jedenfalls deswegen nicht festgestellt werden, weil sich die Kläger die Geltendmachung
einer Nutzungsentschädigung wegen Mietausfalls in den Monaten Februar bis April
2001 vorbehalten haben. Darauf, ob der entsprechende Anspruch sachlich gerechtfertigt
ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
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4.)
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Den Zinsausspruch des landgerichtlichen Urteils haben weder die Kläger noch der
Beklagte zu 1) besonders angegriffen, so dass es dabei sein Bewenden hat.
25
II.
26
Die von den Klägern mit Schriftsatz vom 11.4.2002 (Bl. 96 ff. d.A.) gegenüber der
Beklagten zu 2) erhobene Klage ist zulässig. Zwar hat die Ausdehnung des
Rechtsstreits auf einen weiteren Beklagten erst in der Berufungsinstanz
Ausnahmecharakter, so dass sie nur gerechtfertigt ist, wenn der neue Beklagte zustimmt
oder eine Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich ist (vgl. z.B. BGH NJW-
RR 1986, 356 und NJW 1997, 2885 sowie OLG Köln OLGR 94, 282 und Zöller/Greger,
22. Aufl., § 263 ZPO Rdn. 21). Letzteres ist vorliegend der Fall, weil die Beklagte zu 2)
gegen ihre Einbeziehung in den Rechtsstreit keine Einwendungen erhoben hat.
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Der von den Klägern gegenüber der Beklagten zu 2) geltend gemachte
Zahlungsanspruch von 2.473,88 DM ist auch begründet. Er findet seine Grundlage in
der Zusatzvereinbarung vom 10.12.1999 (Bl. 113 d.A.) zum Mietvertrag der Kläger mit
dem Beklagten zu 1) vom 13.4.1999. Der daraus sich ergebende Betrag von 2.100 DM
(700 DM x 3) + 383,87 DM (700 DM - 316,13 DM für die Zeit der Vorenthaltung der
Mietsache in der Zeit vom 5. bis zum 18.12.2000) = 2.483,87 DM übersteigt die
Klageforderung, die auch sonst keinen durchgreifenden Bedenken begegnet. Aus den
dargelegten Gründen steht auch der Beklagten zu 2) ihr gegenüber weder ein
Minderungs- noch ein Zurückbehaltungsrecht zu. Auch zur Aufrechnung geeignete
Gegenansprüche stehen ihr nicht zur Verfügung. Der Zinsanspruch der Kläger ergibt
sich aus dem Gesetz und wird von der Beklagten zu 2) auch nicht in Zweifel gezogen.
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III.
29
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Zur Zulassung der Revision bestand mangels Vorliegens der gesetzlichen
Voraussetzung kein Anlass.
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Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 20.982,04 DM (Berufung) + 2.473,88 DM
(Klageerweiterung) = 23.455,92 DM = 11.992,82 EUR.
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