Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.09.2006

OLG Düsseldorf: Az. 85 O 75/04, allgemeine geschäftsbedingungen

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-U (Kart) 30/05
Datum:
06.09.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Kartellsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
VI-U (Kart) 30/05
Tenor:
I. Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage unter Abänderung des
Urteils des LG Köln vom 08.03.2005 (Az. 85 O 75/04) insgesamt
abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
beizutreibenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Beschwer der Klägerin wird auf 171.350,30 Euro festgelegt, der
Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 414.802,01 Euro bis zum 6.
4. 2006 und auf (bis zu) 185.000 Euro für die Zeit danach festgesetzt.
T a t b e s t a n d
1
Die Beklagte ist eine vormalige Vertragshändlerin der Klägerin, der C. D. AG. Die
Lieferung neuer C.-Personenkraftwagen an gewerbliche Wiederverkäufer war ihr nach
dem Händlervertrag untersagt. Die Klägerin fordert von der Beklagten Prämien zurück,
die sie ihr im Rahmen von Firmenkundenprogrammen gewährt hat.
2
Verbunden mit dem Händlervertrag waren die von der Klägerin aufgestellten Richtlinien
für das Firmenkundenprogramm 2001 (Anlage K3). Danach war Voraussetzung für die
Inanspruchnahme von Prämien durch den Händler, dass dessen Firmenkunden sich
verpflichteten, die im Rahmen des Programms vertriebenen Fahrzeuge erst nach Ablauf
von 6 Monaten weiter zu veräußern und eine entsprechende formularmäßige Einsatz-
und Mindesthaltedauerbestätigung abzugeben. Diese Bestätigung war vom Händler in
der Kundenakte aufzubewahren. Für den Fall der Nichterfüllung des Nachweises dieser
Prämienvoraussetzung war zwischen den Parteien die Rückbelastung der
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entsprechenden Prämie vorgesehen. Im Einzelnen hieß es dazu:
"Kann die Erfüllung der Voraussetzungen (1-9) für einen Prämienantrag nicht
nachgewiesen werden, hat dies die Rückbelastung der entsprechenden Prämie zur
Folge. Grundsätzlich werden die prämierten Geschäfte stichprobenartig geprüft.
Sollte sich bei dieser Prüfung eine Fehlerquote von > 50% der Prämienanträge im
Prüfungszeitraum herausstellen, behält sich die C. D. AG die Rückbelastung aller
gewährten Prämien des Prüfungszeitraums vor."
4
Die Beklagte bezog im Jahre 2002 137 Fahrzeuge, die sie an die Fa. A. D. GmbH
veräußerte, deren Geschäfte vom Vater und Bruder des Geschäftsführers der Beklagten
geführt werden.
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Aufgrund von Informationen der Klägerin, dass einige dieser Fahrzeuge innerhalb der
Mindesthaltedauer auf Drittkäufer in F. zugelassen worden waren, wollte die Klägerin
eine Revision zur Prüfung der prämierten Geschäfte durchführen. Der erste
Revisionstermin war für den 4. 12. 2002 angesetzt und wurde seitens der Beklagten
zwei Tage vorher abgesagt. Die Parteien hatten sodann einen zweiten Revisionstermin
am 17. 12. 2002 vereinbart. Die Leiterin der Revision der Klägerin, Frau M.-C. B., traf
bereits einen Tag vor dem verabredeten Termin ein. Am selben Tag traf bei der Klägerin
ein Fax ein, in dem der Geschäftsführer der Beklagten mitteilte, arbeitsunfähig zu sein
und den Termin nicht einhalten zu können. Gleichwohl traf Frau B. ihn an, als sie in den
Geschäftsräumen der Beklagten kam. Dennoch wurde die Durchführung der Revision
verweigert. Es wurde stattdessen zwischen Frau B. und dem Geschäftsführer der
Beklagten ein neuer Termin vereinbart, nämlich für den 7. 1. 2003 um 8.00 Uhr. In einem
Schreiben der Klägerin vom 19. 12. 2002 hieß es diesbezüglich:
6
"Wir teilen Ihnen mit, dass der dritte Termin, den Frau B. mit Ihnen persönlich am 16.
12. 2002 für den 07. Januar 2003 ab 8.00 Uhr vereinbart hat, nicht mehr verschoben
werden kann. Sollte auch dieser Termin durch ein Verschulden Ihrerseits nicht
stattfinden können, werden wir die betroffenen Prämien rückbelasten" (Anlage K
12).
7
Mit Schreiben vom 23. 12. 2002 sagte der Geschäftsführer der Beklagten den Termin
vom 7. 1. 2003 wiederum ab (Anlage BK 6). Zur Begründung führte er an, dass er
nunmehr einen Rechtsbeistand zur Revision hinzuziehen wolle. Die Klägerin reagierte
hierauf erst mit einem Schreiben vom 8. 1. 2003. Sie äußerte den Verdacht, dass die
von der Beklagten bezogenen Fahrzeuge an einen nicht autorisierten Wiederverkäufer
geliefert worden seien, und hielt der Beklagten vor, den Nachweis der Erfüllung der
vereinbarten Mindesthaltedauer für die an die A. D. GmbH gelieferten Fahrzeuge nicht
erbracht zu haben. Diesen Vertragsvorstoß mahnte sie vorsorglich ab und stellte eine
außerordentliche Kündigung ihres Händlervertrages in Aussicht. Daraufhin machte der
Geschäftsführer der Beklagten in einem Schreiben vom 9. 1. 2003 (Anlage K 5) zwei
weitere Vorschläge für die Durchführung der Revision, die aber mit Schreiben vom 13.
1. 2003 durch die Klägerin zurückgewiesen wurden (Anlage K 14). Im Termin vor dem
LG Köln am 18. 1. 2005 wurden von der Beklagten die Einsatz- und
Mindesthaltebestätigungen der D. GmbH mit den weiteren zu den Kundenakten zu
nehmenden Erklärungen vorgelegt.
8
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin -
414.802,01 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
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dem 19. 1. 2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
10
Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 8. 3. 2005 der Klage – mit Ausnahme eines
Zinsteilbetrages - stattgegeben.
11
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die zunächst beim OLG Köln
eingelegt wurde und dann an das OLG Düsseldorf verwiesen worden ist.
12
Die Beklagte ist der Rechtsansicht, das LG Köln sei fälschlicherweise von
Firmenkundenprämien ausgegangen und habe nicht auf die tatsächlich in Anspruch
genommenen Kundenzulassungs- und Zielprämien abgestellt. Die Voraussetzungen für
die Anwendbarkeit der vertraglichen Vorschriften für das Firmenkundengeschäft hätten
nicht vorgelegen. Damit sei auch der geforderte Nachweis der Mindesthaltedauer von
sechs Monaten durch die Beklagte nicht zu erbringen gewesen.
13
Aber auch wenn man von Firmenkundenprämien ausgehe, sei die Forderung
unberechtigt. Zu einem unaufgeforderten Nachweis des Einhaltens der
Prämienbedingungen sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, vielmehr habe die
Klägerin Nachweise anfordern müssen, was jedoch nie geschehen sei. Dennoch habe
die Beklagte zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.01.2005 die Einsatz- und
Mindesthaltebestätigungen für die streitgegenständlichen Fahrzeuge vorgelegt. Zu mehr
sei sie nicht verpflichtet gewesen.
14
Hilfsweise und ergänzend zu den Ausführungen in der ersten Instanz ist die Beklagte
der Rechtsansicht, die Rückzahlungsregelung in Abschnitt B Ziff. 1.1.8 Abs. 2 des
Firmenkundenprogramms 2001 sei nach Art. 81 Abs. 2 EG i.V.m. § 134 BGB nichtig:
Dabei handele es sich um ein Verbot des Verkaufes an nicht autorisierte
Wiederverkäufer und damit um eine wettbewerbsrelevante Kundenkreisbeschränkung.
Durch die Prämienrückzahlungsverpflichtung sei der Händler faktisch gehalten, dafür zu
sorgen, dass die Mindesthaltdauer eingehalten werde. Dieses Verbot sei zwar
grundsätzlich durch die Gruppenfreistellungsverordnung 1475/1995 sowie die
anschließende VO 1400/2002 freigestellt, allerdings gelte dies nur so lange, wie die
Vereinbarung keine "schwarzen Klauseln" enthalte, denn dann ordne Art. 6 Abs. 2 VO
1475/1995 an, dass alle wettbewerbsbeschränkenden Klauseln nichtig seien. Um
solche "schwarzen Klauseln" handle es sich in Ziff. III 2. Abs. 1 Satz 1 des
Händlervertrages, die gegen Art. 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 3 der GVO
1475/1995 verstoße, sowie die Klausel 3.3 der Anlage 7 des Händlervertrages, die
gegen Art. 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 5 der GVO 1475/1995 verstoße. Die
Klausel Ziff. III 2. Abs. 1 S. 1 verstoße auch gegen Art. 4 Abs. 1 lit. C der GVO
1400/2002.
15
Die Beklagte beantragt,
16
die Klage unter Abänderung des am 08.03.2005 verkündeten Urteils des
Landgerichts Köln - Az. 85 O 75/04 - abzuweisen.
17
Nachdem die Klägerin mit Schriftsatz vom 7.4.2006 die Hauptsache teilweise in Höhe
von € 243.451,62,- für erledigt erklärt hat, beantragt sie,
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die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 08.03.2005
zurückzuweisen und der Beklagten auch hinsichtlich des erledigten Teils die Kosten
des Rechtsstreits aufzuerlegen.
19
Die Klägerin ist der Rechtsansicht, dass die Firmenkundenprogramme auf alle
Firmenkundengeschäfte und damit auf alle Prämien Anwendung finden, unabhängig
davon, welche Art der Prämie letztlich beantragt wurde. Sie beruft sich dabei auf den
Wortlaut des Firmenkundenprogramms (Anlage K3). Damit sei die Beklagte verpflichtet
gewesen, die vereinbarten Nachweise für die Fahrzeuge zu erbringen, dazu sei sie
mehrfach aufgefordert worden.
20
Hinsichtlich des vorgetragenen Verstoßes des Händlervertrages gegen Art. 81 Abs. 1
EG ist die Klägerin der Rechtsansicht, dass dieser Einwand in der Berufungsinstanz
nicht verfolgt werden dürfe, da es sich um ein gemäß § 531 Abs.2 ZPO unzulässiges
neues Verteidigungsvorbringen handele.
21
Im Übrigen läge auch kein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG vor. Zunächst fehle es an
einer Wettbewerbsbeschränkung, da der nicht leistungsgerechte Wettbewerb von Art. 81
EG nicht geschützt werde. Wenn nicht autorisierte Wiederverkäufer beschränkungslos in
Wettbewerb zu den kostenbelasteten Händlern treten könnten, würde dies nach Ansicht
der Klägerin den Wettbewerb verfälschen. Nach der so genannten
Markterschließungsdoktrin finde Art. 81 Abs. 1 EG dort keine Anwendung, wo die
streitige Regelung dem Unternehmer überhaupt erst den Zugang zum Markt eröffne.
Weiter liege keine spürbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Art. 81 EG vor,
sofern die vertraglich untersagte Tätigkeit nicht die "übliche Tätigkeit" des jeweiligen
Abnehmers darstellt. Die Aufgabe des Händlers sei es überwiegend, die Fahrzeuge an
Endverbraucher zu veräußern, nicht an Wiederverkäufer. Auch sei quantitativ die 5%-
Schwelle der de-minimis-Verordnung (ABl. 2001, C-368, S. 13) nicht erreicht. Zuletzt sei
die hier in Frage stehende Klausel überhaupt nicht wettbewerbsrechtlich relevant.
22
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der
Parteien nebst Anlagen und den Verweisungsbeschluss des OLG Köln Bezug
genommen.
23
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
24
Die zulässige Berufung hat Erfolg.
25
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückbelastung der Prämien. Ein solcher
Anspruch könnte sich aus B. 1.1.8. des Firmenkunden-Programms 2001 der Klägerin
ergeben. Dessen Voraussetzungen liegen aber nicht vor.
26
1.
27
Wie das OLG Köln in seinem Verweisungsbeschluss zu Recht festgestellt hat, sind für
die Beurteilung für die Rückzahlungsverpflichtung die Firmenkundenprogramme – und
nicht die Richtlinien für Vertriebsprämien – maßgebend, denn die Beklagte hat Prämien
für Firmenkunden in Anspruch genommen. Auch wenn die Beklagte von der mit
Rundschreiben der Klägerin vom 25. 1. 2001 und 3. 9. 2001 eingeräumten Möglichkeit,
anstelle der Firmenkundenprämie die ursprünglich den Privatkundegeschäften
vorbehaltene Zulassungsprämie zu wählen, Gebrauch gemacht hat, ändert das nichts
28
daran, dass sich die Rückzahlungsmodalitäten nach den Firmenprogrammen richten.
Gemäß den von beiden Seiten vorgelegten Unterlagen bestimmt sich die Frage, welche
Richtlinien anwendbar sind, nicht nach der Art der Prämie, sondern nach Art des
(Firmenkunden-)Geschäfts. So gelten die Firmenkundenprogramme ausdrücklich "bei
Geschäften mit Firmenkunden", ohne dass eine Einschränkung auf die
Inanspruchnahme der Firmenkundenprämie vorgesehen ist. Damit in Einlang stehend
ist in den von der Klägerin erlassenen Richtlinien für die Vertriebsprämien
hervorgehoben, dass für Firmenkundengeschäfte das aktuelle Firmenkundenprogramm
gilt. Schließlich weisen auch die maßgeblichen Rundschreiben der Klägerin vom 25. 1.
2001 und 3. 9. 2001 eindeutig auf das Firmenkundenprogramm hin. Allein ein Abstellen
auf die Art des Geschäfts wird auch Sinn und Zweck der in den
Firmenkundenprogrammen geregelten Mindesthaltedauer von 6 Monaten auf Seiten des
Firmen-Käufers gerecht. Die Mindesthaltedauer soll im Interesse aller Vertriebshändler
eine Veräußerung der Neufahrzeuge an sog. nicht autorisierte Wiederverkäufer bei
gleichzeitiger Ausschöpfung der von der Klägerin gewährten Prämien verhindern.
Dieser Regelungszweck muss erst recht dann gelten, wenn der Vertragshändler allein
wegen des höheren Betrags nicht die Firmenkunden-, sondern die Zulassungsprämie
wählt. Dass die Beklagte mit der Fa. A. D. GmbH Firmenkundengeschäfte
abgeschlossen hat, ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte entsprechend den
Vorgaben der Klägerin bei der Anforderung der Prämie für die mit der Fa. A. D. GmbH
abgeschlossenen Kaufverträge stets den für die Firmenkunden einzutragenden
Verwendungstyp 4 angegeben hat.
2.
29
Der Anspruch auf Rückbelastung der ausgezahlten Prämien entfällt nicht bereits
deshalb, weil die Regelung des Rückbelastungsanspruchs des
Firmenkundenprogramms 2001 gegen Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag verstößt und die
entsprechende Anspruchsgrundlage in dem Firmenkundenprogramm gem. Art. 81 Abs.
2 EG in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist.
30
a)
31
Die Frage, ob die Rückzahlungsklausel gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstößt, ist nach
allgemeiner Ansicht zweistufig zu prüfen. Erst wenn ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1
EG bejaht wird, ist zu klären, ob eine Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG in Betracht
kommt (Sauter in Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht, 2001, Art. 85, Rn. 33).
32
b)
33
Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 EG liegen nicht vor, denn durch die
Rückbelastungsregelung im Firmenkundenprogramm 2001 wird eine Verhinderung,
Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs weder bezweckt noch bewirkt.
34
Die Klausel B 1.1.8. des Firmenkundenprogramms 2001 enthält entgegen des Vortrags
der Beklagten kein wettbewerbsbeschränkendes Element. Dies ergibt sich aus der
Auslegung des Händlervertrages und des Firmenkundenprogramms. Nach der Intention
des Firmenkundenprogramms handelt es sich dabei um eine
Verkaufsförderungsmaßnahme für Geschäfte mit Firmenkunden (Vgl. B 1.1, Anlage K3).
Bei der Zahlung der Prämien handelt es sich um freiwillige Leistungen der Klägerin.
Dazu ist im Händlervertrag unter II.2. ausgeführt (Anlage K1):
35
"Boni, Prämien und sonstige Aktions- und Verkaufshilfen bzw. verkaufsfördernde
Maßnahmen sind nicht Bestandteil des Händlereinkaufspreises, sondern freiwillige
Zusatzleistungen von C., die nach unternehmerischem Ermessen und
leistungsbezogen gemäß den geltenden Wettbewerbsbedingungen in ihrer
Gewährung dem Grunde und der Höhe nach ausgestaltet bzw. gewährt werden
können".
36
Im Folgenden werden im Firmenkundenprogramm die Voraussetzungen aufgelistet, die
erfüllt sein müssen, um die genannte Prämie zu erhalten, wobei ausdrücklich darauf
hingewiesen wird, dass auch die Prämie, die durch den Vertriebsaktionsplan ausgelobt
ist, beantragt werden kann, wenn diese zum Zeitpunkt des Kaufvertrages höher sein
sollte als die Firmenkundenprämie (B.2, Anlage K3). Allerdings besteht dann ein
Kumulationsverbot (B.1.5, Anlage K3). Werden durch einen Händler Fahrzeuge nach
dem Firmenkundenprogramm verkauft, muss dem Käufer ein besonderer
Mindestnachlass nach B.1.1.4 (Anlage K3) gewährt werden. Tatsächlich ist Inhalt dieser
Zusatz-Vereinbarung damit nur, dass ein Vertragshändler, der unter Inanspruchnahme
besonderer Leistungen des Herstellers Fahrzeuge an Unternehmen zu besonderen
Bedingungen verkauft, die erhaltene Prämie zurückbezahlen muss, wenn die
Voraussetzungen der Gewährung nicht vorlagen. Welche Prämie der Händler dabei
wählte, war ihm frei überlassen (Zulassungs- und Zielprämie oder die
Firmenkundenprämie).
37
Zu keinem Zeitpunkt wird es dem Vertragshändler aber durch diese Klausel untersagt,
Autos an bestimmte Personengruppen zu verkaufen. Ebenso wenig schränkt diese
Klausel den Vertragshändler im Verhältnis zu anderen Marktteilnehmern ein. Es hätte
ihm jederzeit frei gestanden, die üblichen Prämien einzufordern und entsprechende
Preisvorteile an seine Firmenkunden nicht zu gewähren.
38
Das bedeutet, dass wenn höhere als die sonst üblichen Nachlässe gewährt wurden, das
Firmenkundenprogramm Anwendung finden musste, da der höhere Nachlass nach der
Konzeption der Klägerin durch eine höhere (freiwillige) Prämie kompensiert werden
sollte. Tatsächlich hätte es sonst dazu kommen können, dass die Händler Fahrzeuge
unter Einstandspreis hätten verkaufen müssen. Es ist nur verständlich, dass die Klägerin
diese höheren Prämien dadurch absichern wollte, dass die Fahrzeuge auch tatsächlich
nur dem Kundenkreis zugute kamen, für den diese Prämie tatsächlich gedacht war.
Sonst wäre dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet gewesen. Damit liegt ein durchaus
berechtigtes Interesse der Klägerin vor, Nachweise für die so erhaltenen Prämien zu
verlangen. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat diese Klausel jedoch keinen
wettbewerbsrechtlich relevanten Charakter. Ihr Inhalt ist nicht, dass Fahrzeuge nur an
bestimmte Käufergruppen verkauft werden dürfen, sondern ausschließlich, dass die
Prämie nur bezahlt wird, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
39
Ferner ist es nicht ersichtlich, inwieweit der Wettbewerb durch diese Klausel überhaupt
hätte eingeschränkt werden können. Das streitgegenständliche
Firmenkundenprogramm enthält kein Verbot des Verkaufs von Neuwagen der Marke C.
an Wiederverkäufer. Ein solches Verbot ist dem Firmenkundenprogramm weder direkt
noch indirekt zu entnehmen. Voraussetzung für den Erhalt der Prämie ist nach der hier
allein einschlägigen Version des Firmenkundenprogramms seit 01/2001 bis 03/2003
lediglich, dass das verkaufte Fahrzeug mindestens sechs Monate vom Käufer gehalten
und mindestens 3.000 km gefahren worden sein muss (B.1.1.3, Anlage K3). Hierin liegt
40
aber keine Kundenkreisbeschränkung, wie die Beklagte vorträgt, sondern vielmehr
lediglich eine Prämienauszahlungsbeschränkung.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Überlegung der Beklagten, dass die
Händler faktisch gezwungen würden, aufgrund dieses Prämienmodells lediglich an
bestimmte Käufergruppen zu verkaufen, so dass dadurch die Rückzahlungsklausel
indirekt wettbewerbsrechtlich erheblich wäre. Es blieb den Händlern jederzeit
unbenommen, an Private zu verkaufen oder aber an Firmenkunden, dies jedoch dann
nur mit den Rabatten, die ein Privater erhält, verbunden mit den dann vorgeschriebenen
Zulassungs- und Zielprämien.
41
Die monierte und möglicherweise unzulässige Klausel I. 8. des Händler-Vertrags
(Anlage K1), nach der einem Händler verboten ist, Fahrzeuge der Marke C. an
Wiederverkäufer zu verkaufen, steht mit der hier gegenständlichen Klausel in keinem
Zusammenhang. Das streitgegenständliche Firmenkundenprogramm regelt nur
Modalitäten der Gewährung von Prämien, jedoch keinerlei wettbewerbsrechtlich
relevante Fragen der Käufergruppen bzw. deren Einschränkung. Letztere Frage ist dem
Prämienmodell vorgelagert und wettbewerbsrechtlich ohne Zusammenhang.
42
3.
43
Die in dem Firmenkundenprogrammen 2001 in Ziff. B.1.1.8 aufgestellten
Rückzahlungsvoraussetzungen halten zwar einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
stand, sie sind aber im Hinblick auf die Voraussetzungen der Rückbelastung der
Prämienzahlung durch eine Individualabrede modifiziert worden. Die modifizierten
Voraussetzungen für einen Rückbelastungsanspruch liegen nicht vor.
44
a)
45
Die Rückzahlungsvoraussetzungen der Firmenkunden halten einer Inhaltkontrolle nach
§ 307 BGB stand. Bei den Prämien handelt es sich um zusätzliche, auf freiwilliger Basis
gewährte Leistungen, bei deren Gestaltung der Klägerin grundsätzlich ein weiter
Regelungsspielraum zur Verfügung steht und den sie nicht zu Lasten der
Vertragshändler überschritten hat. Die Rückforderung der unberechtigt bezogenen
Verkaufprämie entspricht vielmehr dem schutzwürdigen Interesse der Klägerin, die
Veräußerung der Fahrzeuge an nicht autorisierte Wiederverkäufer unter Abschöpfung
der von ihr ausgelobten Prämie zu verhindern (vgl. OLG München BB 1997, 2399). Der
Vortrag der Beklagte, der Wegfall der Zulassungsprämie führe dazu, dass im Einzelfall
der Händlereinkaufspreis über dem bindenden Händlerverkaufspreis liege, ist
unerheblich. Im Rahmen der angemessenen generellen Regelung, die Prämie
abzuschöpfen, die zu Unrecht gezahlt wurde, ist dies hinzunehmen.
46
b)
47
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rückbelastung der Prämien sind jedoch
nicht erfüllt.
48
aa)
49
Der Anspruch auf Rückbelastung sollte nach dem Firmenkundenprogramm 2001 dann
entstehen, wenn der Händler die im Ziff. B 1.1.8 Nr. 1 – 9 des Firmenkundenprogramms
50
2001 genannten Voraussetzungen für einen Prämienantrag nicht nachweisen kann.
Dieser Nachweis wird gem. Ziff. B.1.1.8. grundsätzlich durch Stichproben seitens der
Klägerin geführt. Wie diese Stichproben ausgestaltet sind, unter welchen
Voraussetzungen sie durchgeführt werden können, wie oft sie wiederholt werden
können und welche Mitwirkungsverpflichtungen der Vertragshändler hat, ist nicht
bestimmt. Einen Anspruch auf eine bestimmte Art und Weise hat die Klägerin deshalb
nicht. Ebenso ist nicht geregelt, welche anderen Nachweismöglichkeiten bestehen. Da
es sich bei dem Firmenkundenprogramm 2001 um Allgemeine Geschäftsbedingungen
der Klägerin handelt, gehen derartige Unklarheiten zu ihren Lasten (§ 305 c Abs. 2
BGB).
bb)
51
Ob das Fehlschlagen der beiden Revisionstermine vom 4. und 16. 12. 2002 bereits
ausreichte, um die Voraussetzungen der Ziff. B.1.1.8. zu erfüllen, kann dahinstehen,
denn durch die mündliche Vereinbarung zwischen dem Geschäftsführer und der Leiterin
der Revisionsabteilung der Klägerin, Frau B., die durch das Schreiben vom 19. 12. 2002
bestätigt wurde, haben die Parteien sich jedenfalls darauf geeinigt, dass noch ein
weiterer Versuch zur stichprobenartigen Kontrolle der Unterlagen unternommen werden
soll. Erst wenn dieser neue Revisionstermin durch ein Verschulden der Beklagten
wiederum abgesagt werden sollte, sollte die Stichprobe hinsichtlich der Unterlagen
endgültig als fehlgeschlagen angesehen werden. Zugleich ist durch diese Abrede auch
zum Ausdruck gekommen, dass zum Zeitpunkt des 16. 12. 2002 die Rechtsfolgen der
Ziff. B.1.1.8. noch nicht eintreten sollten. Dies wird insbesondere unterstrichen durch
den Wortlaut des Schreibens der Klägerin, in dem betont wird, dass eine weitere
Verschiebung nicht möglich ist. Diese Vereinbarung geht als Individualvereinbarung
den Vereinbarungen in dem Firmenprogramm 2001 vor (vgl. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB).
52
Die Voraussetzungen für die Rückbelastung nach der Individualabrede vom 16. 12.
2002 hat die Klägerin nicht dargelegt. Mit Schreiben vom 23. 12. 2002 sagte der
Geschäftsführer der Beklagten zwar den Termin erneut ab, doch es kann nicht
festgestellt werden, dass dies schuldhaft im Sinne der Vereinbarung war. Als Grund für
die neuerliche Absage hat die Beklagte nämlich vorgebracht, der Geschäftsführer habe
einen Rechtsbeistand hinzuziehen wollen, der aber wegen der Feiertage nicht zur
Verfügung stünde. Dieser Grund ist angesichts der Vorwürfe, auch strafrechtlicher Art,
die der Geschäftsführer gegen sich befürchtete, nachvollziehbar. Ebenso ist für den
Senat nicht zu erkennen, dass die Begründung, Rechtsbeistand sei wegen der
Feiertage nicht zu bekommen, aus der Luft geholt oder unglaubwürdig war.
Gegenteiliges hat die Klägerin auch nicht vorzubringen vermocht. Die Klägerin hat auf
das Schreiben der Beklagten erst einen Tag nach dem vereinbarten Revisionstermin am
8. 1. 2003 mit der Androhung der Kündigung des Vertragshändlerstatuts’ reagiert. Aus
Sicht der Beklagten lag es vor dem Hintergrund des von ihm als Grund für die
nochmalige Absage der Revision angegebenen Umstandes daher bis zum 7. 1. 2003
nahe, anzunehmen, dass die Klägerin mit einer erneuten Verschiebung der Revision
einverstanden gewesen sei und die vorgebrachte Begründung als hinreichenden Grund
für eine Verschiebung akzeptieren würde. Die Klägerin hat der Beklagten gegenüber in
keiner Weise deutlich gemacht, dass sie – trotz der vorgebrachten Begründung – die
erneute Absage nicht akzeptieren wolle. Zwar ist in dem Schreiben vom 19.12. 2002
erklärt worden, dass die Klägerin nunmehr keine weitere Verschiebung dulden wolle, so
dass die Beklagte grundsätzlich nicht mit einer weiteren Reaktion seitens der Klägerin
auf eine Terminabsage hätte rechnen dürfen. Da jedoch nur eine schuldhafte
53
nochmalige Absage die Rückbelastung auslösen sollte, ändert sich diese Perspektive,
und die Beklagte durfte aufgrund der von ihr vorgebrachten Begründung erwarten, dass
sich die Klägerin daraufhin äußern wird, wenn die diese nicht akzeptieren will. Dies hat
die Klägerin nicht getan, obwohl es ihr trotz der Feiertage möglich gewesen ist, der
Beklagten mitzuteilen, dass man an dem vereinbarten Termin festhalten wolle. Von
einem objektiven Empfängerhorizont aus ist das Verhalten der Klägerin dahin zu
werten, dass sie die Absage (erneut) akzeptiere. Andernfalls wäre zu erwarten
gewesen, dass die Klägerin auf die erneute Absage reagiere.
III.
54
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO
55
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
56
IV.
57
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen
nicht vor.
58
B. K. Prof. Dr. E.
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