Urteil des OLG Düsseldorf vom 18.10.2000

OLG Düsseldorf: baustelle, materialien, subunternehmer, uvv, einbau, verschulden, feuerwehr, pastor, prokurist, unmittelbare gefahr

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-15 U 55/98
Datum:
18.10.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Grund- und Teilurteil
Aktenzeichen:
I-15 U 55/98
Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. De-zember 1997
verkündete Teil-Urteil der 6. Zivil-kammer des Landgerichts Düsseldorf
teilweise abge-ändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Zahlungsantrag der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) und die
Beklagte zu 3) gemäß ihrem Beru-fungsantrag Nr. 1 ist dem Grunde
nach gerechtfer-tigt.
Die Klagen gegen die Beklagte zu 2) und den Be-klagten zu 4) gemäß
dem Berufungsantrag der Kläge-rin Nr. 2 sind dem Grunde nach
gerechtfertigt.
2. Die Berufungen der Beklagten zu 1) und der Beklag-ten zu 3) gegen
das vorbezeichnete Urteil werden insoweit zurückgewiesen, als sie die
völlige Ab-weisung der Klage begehren.
Die Klagen gegen die Beklagte zu 1) und gegen die Beklagte zu 3) sind,
soweit ihnen das Landgericht unter Nr. 1 des Tenors des angefochtenen
Urteils stattgegeben hat, dem Grunde nach gerechtfertigt.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) als
Gesamtschuldner verpflich-tet sind, der Klägerin allen weiteren
Schadener-satz zu leisten für die Schäden der Firma Gebr. H., M.-Straße
3, H., die dieser aus dem Brand des Flughafen D. vom 11.04.1996
entstanden sind oder noch entstehen werden und soweit diese durch die
Klägerin im Rahmen des bestehenden Versicherungs-vertrages Nr.
42.79.75777/9 befriedigt sind und noch befriedigt werden.
3. Die weiteren Entscheidungen über die Berufungen der Klägerin, der
Beklagten zu 1) und der Beklag-ten zu 3) und damit die weitere
Neufassung des an-gefochtenen Urteils bleiben einschließlich der
Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits dem Schluß-Urteil des
Senats vorbehalten.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin macht auf sie nach § 67 VVG oder § 398 BGB übergegangene
Schadenersatzansprüche ihrer Versicherungsnehmerin, der Firma Gebr. H., geltend.
Dieser Versicherungsnehmerin ist durch den Brand auf dem Gelände des Flughafens
Düsseldorf am 11.04.1996 erhebliche Schäden entstanden. Die Klägerin ist der
Meinung, die Beklagten seien für die Entstehung und/oder Entfaltung dieses Brandes
verantwortlich.
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Die Beklagte zu 1) betreibt den Flughafen D.. Sie unterhält eine Bauabteilung, deren
Leiter Diplom-Ingenieur W. ist. Er ist seit vielen Jahren für die Beklagte zu 1) tätig und
wirkte auch schon bei dem Ausbau des Flughafens im Jahre 1975 mit. Der Beklagte zu
2) ist als Diplom-Bauingenieur und Architekt Mitarbeiter in der Bauabteilung der
Beklagten zu 1). Er steht seit Januar 1982 in deren Diensten. Die einzelnen Gebäude
des Flughafens wurden in mehreren Baustufen errichtet. Wegen der Einzelheiten, wie
die verschiedenen Gebäude gestaltet sind, der Baugenehmigungen, der
brandschutztechnischen Auflagen sowie deren teilweise Abänderung im Rahmen der
Baustufe II, die im Jahre 1975 ausgeführt wurde und der Brandversuche, die der
Abänderung der Brandschutz-Auflagen vorausgingen oder sie begleitet haben, wird zur
Vermeidung von Wiederholungen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 4-
14, GA 1321-1331) verwiesen.
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In den 90iger Jahren kam es an einer Dehnungsfuge in der Straße, welche als Zufahrt
zur Abflughalle im 1. Obergeschoß dient und die Vorfahrtplatte von dem Parkhaus I
trennt, zum Eindringen von Feuchtigkeit. Die Beklagte zu 1) beauftragte deshalb mit
einem Auftrag vom 15.01.1996 die Beklagte zu 3) mit der Sanierung dieser
Dehnungsfuge. Diese bediente sich dabei der Mithilfe des Beklagten zu 4). Der
Beklagte zu 4) ist im Ansatz selbständiger Gewerbetreibender und Inhaber eines
Schlossereibetriebes mit eigener Berufshaftpflichtversicherung (der V. Versicherung). Er
ist Schweißfachmann DVS (Deutscher Verband für Schweißtechnik). Zwischen den
Parteien ist umstritten, ob er in den Fällen, in denen er - wie hier - für die Beklagte zu 3)
tätig wird, in deren Betrieb integriert ist. Jedenfalls ist der Beklagte zu 4) in dem großen
Eignungsnachweis für Lichtbogenschweißen gemäß DIN 18800 Teil 7 Ziffer 6.2 der
Beklagten zu 3) als Hilfsperson ihrer Schweißaufsichtsperson Diplom-Ingenieur K.
aufgeführt. Zur Sanierung der Dehnungsfuge führten die Schweißer W. und J. am
11.04.1996 etwa ab 11.00 Uhr Schweißarbeiten aus. Der Schweißer H.-P. W. war von
dem Beklagten zu 4) eingesetzt worden. Den Schweißer G. R. J. hatte die Beklagte zu
3) bei der E................. GMBH entliehen und zur Durchführung des Auftrags der
Beklagten zu 1) in ihren Betrieb eingegliedert. Am Nachmittag des 11.04.1996 wütete
auf dem Flughafengelände ein Brand, der Menschenleben kostete und große
Sachschäden verursachte.
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Wegen der Einzelheiten, wie die Dehnungsfuge ursprünglich aufgebaut war, wie sie
saniert werden sollte, zum Inhalt der Verträge, welche die Beklagte zu 1) mit der
Beklagten zu 3) zur Abdichtung der Dehnungsfuge abschloß, der Arbeiten, die am
11.04.1996 an der Dehnungsfuge verrichtet wurden, sowie der Handlungen und
Beobachtungen verschiedener Personen im Zusammenhang mit der Entdeckung des
Brandes wird ebenfalls auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 15-22, GA
1332-1339) Bezug genommen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß es entgegen dem
unstreitigen Teil des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils im Berufungsverfahren
zwischen den Parteien umstritten ist, ob die Beklagte zu 3) seinerzeit im Jahre 1975 die
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Dehnungsfuge geliefert und eingebaut hat.
Wegen des Vorbringens der Klägerin die geltend macht, Ursache des
Flughafenbrandes am 11.04.1996 seien die von der Beklagten zu 3) ausgeführten
Schweißarbeiten gewesen, a) die Beklagte zu 1) sei bewußt von der ursprünglichen
Baugenehmigung abgewichen und habe anstelle nur nicht brennbarer Materialien,
welche die Baugenehmigung vom 02.12.1974 vorgesehen habe, entflammbare
Polystyrol- platten mit aufgeklebter Aluminiumkaschierung verwendet, es jedoch
pflichtwidrig unterlassen, die Beklagte zu 3) in der Baubeschreibung oder in dem
Auftragsschreiben für die Fugensanierung auf die Brandgefahren durch diese
Polystyrolplatten aufmerksam zu machen, und hafte auch für das Handeln des
Beklagten zu 2),
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b) der Beklagte zu 2) habe Kenntnis von dem Inhalt des Hohlraums über der
abgehängten Zwischendecke gehabt und sich am Brandtag grob fahrlässig verhalten,
indem er den Schweißern erklärt habe, der Funkenflug sei bedeu- tungslos, und nicht
sofort die Einstellung der Schweißarbeiten verfügt sowie die Feuerwehr benachrich- tigt
habe, als er bemerkt habe, daß die Schweißarbeiten ohne Absicherung des
Fugenspaltes gegen herabfallende Funken ausgeführt wurden,
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c) die Beklagte zu 3), handelnd durch ihren Prokuristen H., und der Beklagte zu 4)
hätten es pflichtwidrig unterlassen, sich nach Brandgefahren zu erkundigen, und
müßten es sich zurechnen lassen, daß die Schweißer, wel- che die Arbeiten
durchgeführt hätten unter Verstoß gegen alle einschlägigen
Unfallverhütungsvorschriften, die Fu- ge nicht untersucht und keinerlei
Schutzmaßnahmen gegen den Funkenflug ergriffen hätten,
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wird ebenfalls auf den ausführlichen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (S. 23-32,
GA 1340-1349) verwiesen, in dem die Behauptungen und Ansichten der Klägerin
detailliert wiedergegeben sind.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. die Beklagte als Gesamtschuldnerin zu verurteilen, an sie 4.695.599,40 DM nebst 6,4
% Zinsen aus 1.100.000,00 DM seit dem 21.09.1996 zu zahlen, die Beklagten zu 1), 3)
und 4) darüberhinaus, an sie 6,4 % Zinsen aus 3.595.599,40 DM seit dem 30.06.1997
und den Beklagten zu 2) darüber hinaus, an sie 6,4 % Zinsen aus 3.595.599,40 DM seit
dem 01.07.1997 zu zahlen;
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2. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuld- ner verpflichtet sind, ihr allen
weiteren Schaden- ersatz zu leisten für die Schäden der Fa. Gebr. H., M. Str. 3, H., die
dieser aus dem Brand des R.-Flughafens D. am 11.04.1996 entstanden sind oder noch
entstehen werden und soweit diese durch die Kläge- rin im Rahmen des bestehenden
Versicherungsver- trages Nr. 42.79.75777/9 befriedigt sind oder noch befriedigt werden;
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3. hilfsweise, a) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.100.000,00
DM nebst 6,4 % Zinsen seit dem 21.09.1996 zu zahlen;
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b) festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuld- ner verpflichtet sind, ihr allen
weiteren Schadens- ersatz zu leisten für die Schäden der Fa. Gebr. H., M. Str. 3, H., die
dieser aus dem Brand des R.-Flughafens D. am 11.04.1996 entstanden sind oder noch
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entstehen werden und soweit diese durch sie im Rahmen des bestehenden
Versicherungsvertrages Nr. 42.79.75777/9 befriedigt sind oder noch befriedigt werden;
4. wiederum hilfsweise, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie
weitere 2.250.000,00 DM nebst 6,4 % Zinsen seit dem 21.09.1996 zu zahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen des Vortrags der 4 Beklagten wird wie schon hinsichtlich der streitigen
Ausführungen der Klägerin auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, in
dem das Parteivorbringen detailliert wiedergegeben ist (S. 34-51, GA 1351-1368).
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Die Beklagte zu 1) hat insbesondere vorgetragen: Die eingebauten Dämmplatten hätten
seinerzeit den Regeln der Technik entsprochen. Ihr Einbau sei vom Bauaufsichtsamt
genehmigt worden. Die verantwortlichen Behörden seien damals von ihren ursprünglich
in der Baugenehmigung aufgestellten Anforderungen abgewichen, weil sie nach
ordnungsgemäß durchgeführten Versuchen zu der Überzeugung gelangt seien, mit dem
Einbau des mit einem Dämmschutzbildner beschichteten Polystyrols sei dem
vorbeugenden Rechtsschutz genüge getan. Sie habe auf die Sachkunde des Beklagten
zu 3) vertrauen und davon ausgehen dürfen, daß diese alle zur Schadensverhütung
notwendigen Maßnahmen ergreifen werde.
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Die beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) haben bestritten, daß der Brand durch die
Schweißarbeiten entstanden sei. Sie haben, jeder für sich, etwaiges Fehlverhalten in
Abrede gestellt. Der Beklagte zu 4) hat außerdem die Ansicht geäußert, er sei nicht
eigenverantwortlicher Subunternehmer der Beklagten zu 3) gewesen, sondern bereits
seit Jahren vollständig in ihren Betrieb eingegliedert.
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Durch Urteil vom 16.12.1997 hat das Landgericht für Recht erkannt:
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1. Die Beklagten zu 1) und 3 ) werden als Gesamt- schuldner verurteilt, an die Klägerin
4.676.422,00 DM nebst 6,4 % Zinsen aus 1.100.000,00 DM seit dem 21.09.1996 und
aus 3.576.422,00 DM seit dem 30.06.1997 zu zahlen.
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2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, der Klä- gerin allen weiteren Schadenersatz zu leisten für die Schäden der Fa.
Gebr. H., M. Str. 3, H., die dieser aus dem Brand des R.-Flughafens D. am 11.04.1996
ent- standen sind oder noch entstehen werden und soweit diese durch die Klägerin im
Rahmen des bestehenden Versicherungsvertrages Nr. 42.79.75777/9 befriedigt sind
oder noch befriedigt werden.
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3. Die Leistungs- und Feststellungsklage gegen die Be- klagten zu 2) und 4) wird im
übrigen abgewiesen.
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Zur Begründung hat das erstinstanzliche Gericht ausgeführt: Die Beklagte zu 1) hafte
der Klägerin nach den §§ 581 Abs. 2, 537 Abs. 1 Satz 1, 538 Abs. 1 Satz 1, 1. und 2.
Alternative BGB sowie gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von
Verkehrssicherungspflichten. Soweit die Pacht- und Mietverträge der Beklagten zu 1)
Freizeichnungsklauseln mit einer Begrenzung der Haftung auf Vorsatz und grobe
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Fahrlässigkeit enthielten, seien diese wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam.
Die von der Versicherungsnehmerin der Klägerin gepachteten und/oder gemieteten
Räumlichkeiten seien teilweise bereits bei Abschluß der Verträge fehlerhaft gewesen,
teilweise seien sie aufgrund Verschuldens der Beklagten zu 1) später fehlerhaft
geworden. Fahrlässiges Verhalten sei dem heutigen Geschäftsführer der Beklagten zu
1) Prof. Dr.-Ing. R. und dem heutigen Leiter der Bauabteilung W. vorzuwerfen. Das
Verschulden von Prof. Dr.-Ing. R. müsse sich die Beklagte zu 1) nach § 31 BGB
zurechnen lassen, da er in den Jahren 1975/76, als die Baustufe II ausgeführt worden
sei, Prokurist und damit verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 1)
gewesen sei. Der heutige Leiter der Bauabteilung W. sei 1975/76 Erfüllungsgehilfe der
Beklagten zu 1) gewesen, für dessen Verschulden sie gemäß § 278 Satz 1 2.
Alternative BGB hafte. Herr W. sei nämlich als Mitglied der Bauabteilung auch bei der
Erfüllung der der Beklagten zu 1) obliegenden Instandhaltungspflicht der Mietsache tätig
geworden. Die Fehlerhaftigkeit der Pacht- und Mietsache habe darin bestanden, daß im
Rahmen der Baustufe II nicht entsprechend der ursprünglichen Baugenehmigung nicht
brennbares Dämmaterial der Baustoffklasse A eingebaut worden sei, sondern
aluminiumkaschierte Dämmplatten aus Polystyrol, die in Verbindung mit dem Kleber für
die Aluminiumkaschierung nach Ansicht des Sachverständigen Universitäts-Professor
Dr. Ing. D. H. als leicht entflammbar nach DIN 4102 einzuordnen seien (vgl. Bl. 26 des
Gutachtens von Prof. Dr. H. vom 28.06.1996). Soweit die Streithelferin der Beklagten zu
1) geltend mache, das unstreitig mit einem Dämmschichtbildner bestrichene
Dämmaterial sei als schwer entflammbar einzustufen, sei diese Behauptung ins Blaue
hinein aufgestellt. Es entlaste die Beklagte zu 1) auch nicht, daß die Bauaufsicht nach
Brandversuchen die Wärmedämmung beanstandungsfrei abgenommen habe. Denn
diese Brandversuche der Berufs-Feuerwehr der Streithelferin seien in laienhafter,
unqualifizierter Art und Weise durchgeführt worden. Für eine zutreffende Beurteilung
dieser Brandversuche sei keine besondere Sachkenntnis erforderlich gewesen, welche
die Mitarbeiter der Bauaufsicht der Streithelferin den Mitarbeitern der Beklagten zu 1)
vorausgehabt hätten. Der Fehler der Pacht- und Mietsache sei mitursächlich für die
streitgegenständlichen Schäden gewesen. Dabei sei der Zurechnungszusammenhang
zwischen dem Handeln der Beklagten zu 1) und dem entstandenen Schaden nicht
aufgehoben gewesen. Das könne nur angenommen werden, wenn sich bei wertender
Betrachtung im Zweiteingriff, den noch zu behandelnden Pflichtverletzungen der
Beklagten zu 3), nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirkliche, weil
dieses Risiko schon gänzlich abgeklungen sei. Dieser Ausnahmetatbestand liege hier
jedoch nicht vor. Die Haftung der Beklagten zu 1) sei auch deshalb gegeben, weil sie
Verkehrssicherungspflichten verletzt habe. Sie habe zwar mit der Beklagten zu 3) einen
zuverlässigen Bauunternehmer mit den Bauarbeiten beauftragt. Als Bauherrin treffe sie
jedoch eine "sekundäre Verkehrssicherungspflicht". Sie bleibe
verkehrssicherungspflichtig, wenn sie Gefahren sehe oder hätte sehen müssen, weil ihr
gefahrträchtige Umstände bekannt sind oder die getroffenen Sicherungsmaßnahmen so
offensichtliche Fehler aufweisen, daß eine unmittelbare Gefahr erkennbar wird. Die
Betreuung des Beklagten zu 2) mit der Überwachung der Bauausführung an der Fuge
habe die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) als Bauherrin nicht entfallen lassen. Die
Beklagte zu 1) habe Kenntnis von gefahrträchtigen Umständen hinsichtlich der
Fugenkonstruktion und der Ausstattung des Flughafens mit brennbarem Polystyrol-
Platten gehabt. Sie habe die Möglichkeit einer Entzündung des eingebauten
Dämmaterials durch die Schweißarbeiten und die Gefahr der weiten Brandausweitung
vorhersehen können. Denn das Dämmaterial habe nicht der Baustoffklasse A angehört,
und die Brandversuche zur Prüfung der Brennbarkeit der eingebauten Polystyrol-Platten
seien erkennbar laienhaft und unqualifiziert gewesen. Der Flughafenbrand wäre
verhindert worden, wenn die Beklagte zu 1) die Beklagten zu 3) und zu 4) auf das
Vorhandensein des brennbaren Dämmaterials und auf die in die Fuge eingebauten
brennbaren Materialien hingewiesen hätte. Dann hätten die Beklagten zu 3) und zu 4)
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Fuge abgedichtet. Diese
Maßnahme hätte das Entstehen des Brandes verhindert. Denn der Brand sei durch die
Schweißarbeiten entstanden. Dafür spreche bereits der Beweis des ersten Anscheins.
Es sei ein enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten des
Brandes und den Schweißarbeiten gegeben. Die Beklagte zu 3) und der von ihr
eingesetzte Beklagte zu 4) hätten zudem objektiv gegen Unfallverhütungsvorschriften
verstoßen. Die Beklagten hätten den Anscheinsbeweis nicht entkräftet. Sie - vor allem
aber die Beklagte zu 3) - hätten nicht die ernsthafte Möglichkeit dargelegt, daß ein
Kabelbrand geeignet gewesen sei, die Polystyrol-Dämmplatten zu entzünden. Der
Beklagten zu 1) sei es nicht gelungen, sich von dem Vorwurf fahrlässigen Verhaltens zu
entlasten, der aus den ihr zurechenbaren fahrlässigen Handlungsweisen des Leiters der
Bauabteilung W. folge. Dieser habe nämlich objektive Pflichten zum Tätigwerden
gehabt, weil er ebenso wie der technische Geschäftsführer Professor Dr.-Ing. R.
Kenntnis von dem Einbau der aluminiumkaschierten Polystyrol-Platten sowie von der
schädlichen Auswirkung dieser Tatsache für den vorbeugenden Brandschutz und von
dem fehlerhaften Entscheidungsprozeß zur Ausrüstung des Gebäudes mit diesem
Dämmaterial gehabt habe.
Der Beklagte zu 2) hafte der Klägerin nicht. Ihm könne fahrlässiges Verhalten nicht
vorgeworfen werden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß ihm das
Vorhandensein der eingebauten großen Menge des brennbaren Dämmaterials bekannt
gewesen sei, das die Ursache der Brandausbreitung gewesen sei. Deshalb sei für ihn
auch die Brandgefährlichkeit der von der Beklagten zu 3) auszuführenden Arbeiten nicht
erkennbar gewesen, da er die Gefahr der Brandausbreitung durch eine Entzündung der
brennbaren Dämmplatten nicht habe voraussehen können und damit auch nicht eine
Schädigung der Versicherungsnehmer der Klägerin. Eine Pflicht zur Untersuchung der
Baustelle und ihrer Umgebung im Zusammenhang mit den Schweißarbeiten habe er
nicht gehabt. Die Unfallverhütungsvorschriften seien von ihm nicht zu erfüllen gewesen.
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Die Beklagte zu 3) hafte zwar den Versicherungsnehmerinnen der Klägerin nicht aus
vertraglicher Grundlage, weil die Voraussetzungen für die Einbeziehung von Dritten in
den Schutzbereich ihres - der Beklagten zu 3) - schuldrechtlichen Vertrages mit der
Beklagten zu 1) nicht gegeben seien, wohl aber aus unerlaubter Handlung gemäß den
§§ 823 Abs. 1, 31 BGB wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Sie habe im
Hinblick auf die Schweißarbeiten die primäre Verkehrssicherungspflicht getroffen. Diese
habe sie nicht auf den Beklagten zu 4) delegiert, den sie als Bauleiter eingesetzt habe.
Der Beklagte zu 4) sei nur mit der Leitung der Ausführung der Verrichtungen im Sinne
von § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB betraut gewesen, welche die Verrichtungsgehilfen der
Beklagten zu 3) für diese ausführten, dagegen nicht als Subunternehmer für die
Beklagte zu 3) tätig geworden. Er sei auch nicht verantwortlicher Bauleiter im Sinne
einer "primären" Verkehrssicherungspflicht gewesen. Die Beklagte zu 3) habe sich
verschiedener Pflichtverletzungen schuldig gemacht. Sie habe es unterlassen, sich bei
der Beklagten zu 1) über eine mögliche Brandgefahr durch die Arbeiten an der
Dehnungsfuge zu erkundigen und sich Pläne aushändigen zu lassen. Sie habe auch
die Baustelle vor Arbeitsbeginn nicht untersucht. Sie habe entgegen den
Unfallverhütungsvorschriften, die sich an sie richten, keine Schweißerlaubnis
ausgestellt, um in ihr die konkreten Sicherheitsvorkehrungen festzulegen, wozu sie die
Brandgefahr hätte klären müssen. Sie habe auch in anderer Art und Weise gegen die
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einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen. Alle diese Pflichtverstöße seien
für den Brand und für die Schäden der Versicherungsnehmer der Klägerin ursächlich.
Zwar hätte eine Anzeige der Schweißarbeiten bei der Flughafenfeuerwehr den Brand
nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert, da nicht feststehe,
welche Maßnahmen die Flughafenfeuerwehr aufgrund ihres unzureichenden
Kenntnisstandes über die Brandlasten ergriffen hätte. Auch hätten Erkundigungen bei
der Beklagten zu 1) nach Brandgefahren wahrscheinlich nicht den zutreffenden
Sachverhalt über die Brandlasten zutage gefördert. Der Brand wäre jedoch vermieden
worden, wenn die Beklagte zu 3) die Umgebung der Fuge von unten her untersucht
hätte. Denn dabei wären die Installationen in dem und unterhalb des Fugenspaltes
entdeckt worden und deren unmittelbare Nähe zu dem Dämmaterial. Die Mitwirkung
anderer Ursachen, hier die Brennbarkeit des Dämmaterials, schließe den
Zurechnungszusammenhang nicht aus, weil sich im Zweiteingriff der Beklagten zu 3)
durchaus noch das Schadensrisiko des Ersteingriffs - des Verstoßes gegen
Brandschutzvorschriften - verwirklicht habe. Das Verhalten der Beklagten zu 3) habe
den Brand adäquat kausal herbeigeführt. Daß sich die typische Gefahr des
Schweißens, Brände auszulösen, hier in ungewöhnlichem, nicht ohne weiteres
voraussehbarem Umfang verwirklicht habe, sei rechtlich unerheblich. Durch die
aufgezeigten Pflichtverletzungen habe der bei der Abgabe des Angebots und der
Durchführung des Auftrags der Beklagten zu 1) maßgeblich beteiligte Prokurist H. der
Beklagten zu 3) als ihr verfassungsmäßig berufener Vertreter fahrlässig den
streitgegenständlichen Schaden herbeigeführt.
Der Beklagte zu 4) hafte der Klägerin weder aus positiver Vertragsverletzung eines
Werkvertrages mit der Beklagten zu 3) mit Schutzwirkung zugunsten der
Versicherungsnehmer der Klägerin noch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen ihm
vorzuwerfender Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Denn er habe in Bezug
auf die den Geschädigten entstandenen Eigentumsbeeinträchtigungen nicht fahrlässig
gehandelt, weil sie für ihn nicht voraussehbar gewesen seien. Dem Beklagten zu 4)
hätte, um seine Einstandspflicht zu begründen, erkennbar sein müssen, daß ein
ungesichertes Schweißen an der offenen Fuge geeignet sein könnte, die bei den
Geschädigten eingetretenen Sachschäden hervorzurufen. Das treffe jedoch nicht zu,
weil der Beklagte zu 4) nicht mit der Ausbreitung des Brandes in dem eingetretenen
Ausmaß habe rechnen können. Denn er habe von dem Vorhandensein des brennbaren
Dämmaterials nichts gewußt. Ihm habe insoweit auch keine Prüfungspflicht oblegen.
Die Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 3) bestünden
in Höhe von 4.676.422,00 DM. Die Klägerin habe den Schadensumfang und seine
Höhe durch Vorlage von mit ausführlichen Anlagen versehenen Gutachten dargelegt.
Dabei werde nicht verkannt, daß es sich um Privat-Gutachten handele. Sie machten
jedoch in diesem Fall die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigen-Gutachtens
entbehrlich, weil sie ohne Rechtsfehler für eine zuverlässige Beantwortung der
Beweisfrage ausreichten. Nicht nachgewiesen in tatsächlicher Hinsicht sei lediglich der
angebliche Schaden von Betreibsangehörigen der Firma Gebr. H. in Höhe von 2.046,00
DM. Außerdem seien nicht erstattungsfähig, weil zur Schadensermittlung nicht
erforderlich, die Kosten des zweiten als Gutachter in Anspruch genommenen
Sachverständigen L. in Höhe von 17.131,40 DM. Im übrigen wird wegen der
Einzelheiten zur Höhe des Klageanspruchs auf die Ausführungen des Landgerichts in
dem angefochtenen Urteil unter C. (S. 115-123, GA 1432-1440) verwiesen.
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Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten zu 1)
und der Beklagten zu 3).
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Die Klägerin verfolgt gegen die Beklagten zu 1) und zu 3) die 2 Positionen weiter, um
die das Landgericht ihren Leistungsantrag gekürzt hat, nämlich den Betrag von 2.046,00
DM als Schäden von Betriebsangehörigen der Firma Gebr. H. und die
Sachverständigenkosten in Höhe von 17.131,40 DM. Darüber hinaus macht sie zwei
neue Positionen geltend, nämlich die Entschädigung eines Bargeldschadens in Höhe
von 12.047,32 DM und weitere Sachverständigenkosten des Gutachters Dr. Wirts in
Höhe von 14.147,88 DM. Schließlich begehrt die Klägerin von der Beklagten zu 1) und
zu 3) die Erstattung eines weitergehenden Zinsschadens. Hinsichtlich der Beklagten zu
2) und zu 4) bleibt die Klägerin bei ihrer Ansicht, daß diese Beklagten neben den
anderen Beklagten für den eingetretenen Schaden gesamtschuldnerisch haften,
beschränkt jedoch angesichts der eingeschränkten Realisierungsaussichten ihrer Klage
auf 1 Mio. DM.
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Die Beklagten zu 1) und zu 3) erstreben weiterhin die Abweisung der Klage.
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Zur Begründung ihrer Berufung gegen den Beklagten zu 2) trägt die Klägerin vor: Der
Beklagte zu 2) habe eigene Verkehrssicherungspflichten verletzt und hafte deshalb
nach § 823 Abs. 1 BGB. Er sei nämlich der verantwortliche und fachkundige Mitarbeiter
der Beklagten zu 1) für die streitgegenständliche Sanierungsmaßnahme und der
Ansprechpartner bei der Beklagten zu 1) für die Beklagten zu 3) und zu 4) gewesen. Er
hätte deshalb die Beklagte zu 3) und den Beklagten zu 4) auf die vorhandenen
Brandgefahren hinweisen müssen, die Schweißarbeiten ohne Abdichtungsmaßnahmen
in der Fuge nicht zulassen dürfen, den Schweißarbeitsauftrag konkret festlegen müssen,
die Sicherung des Arbeitsbereichs hinsichtlich Brandgefahren beurteilen, die
notwendigen Schutzmaßnahmen ergreifen und die Feuerwehr informieren sowie eine
Brandwache aufstellen lassen müssen. Vor allem hätte er die Fortsetzung der
Schweißarbeiten ohne vorherige Benachrichtigung der Feuerwehr und ohne
Anwesenheit einer Brandwache nicht zulassen dürfen. Statt dessen habe der Beklagte
zu 2) nichts getan. Auf den Funkenflug beim Schweißen von dem Schweißer W.
angesprochen, habe er sogar erklärt, das mache nichts. Die Beurteilung seines
Verhaltens als pflichtwidrig sei von seiner Kenntnis, ob die eingebauten Polystyrol-
Platten entflammbar seien oder nicht, unabhängig. Denn der Beklagte zu 2) habe
jedenfalls gewußt, daß der Deckenzwischenraum nicht leer gewesen sei. Ohne eine
Überprüfung habe er auch nicht darauf vertrauen dürfen, daß die Dämmplatten aus
Polystyrol nicht entflammbar seien. Ebenso hätte er nicht davon ausgehen dürfen, daß
sich in der Dehnungsfuge nichts und somit auch kein brennbares Material befand. Vom
Gegenteil hätte er sich durch das Einführen eines flachen Gegenstandes in die Fuge
leicht überzeugen können, da er auf diese Weise die Gummileitbänder hätte erkennen
können. Der Umfang des Schadens sei für den Schadensvorwurf unerheblich.
Voraussehbar müsse nur die Möglichkeit überhaupt eines Schadens sein.
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Zur Begründung ihrer Berufung gegen die Abweisung der Klage gegen den Beklagten
zu 4) macht die Klägerin geltend: Der Beklagte zu 4) sei als Subunternehmer der
Beklagten zu 3) tätig geworden. Ihm sei die Leitung der Sanierungsmaßnahme an der
Dehnungsfuge übertragen worden, und er habe damit die Bauleitung gehabt. Somit
habe ihm eine eigene Verpflichtung zur Verkehrssicherung oblegen. Für seine
Verrichtungsgehilfen hafte er nach § 831 BGB. Die UVV wendeten sich unter anderem
an ihn und dienten als Maßstab für verkehrsrichtiges Verhalten. Der Beklagte zu 4) hätte
die Dehnungsfuge vor dem Beginn der Schweißarbeiten abdichten müssen. Er habe
gewußt, daß kein Schweißerlaubnisschein ausgestellt worden sei. Die Klägerin
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beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils
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1. die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin
weitere 45.372,60 DM nebst 6,4 % Zinsen von 19.177,40 DM seit dem 30.06.1997,
von 26.195,20 DM ab Rechtshängigkeit sowie weitere 6,4 % Zinsen von
2.250.000,00 DM für die Zeit vom 21.09.1996 bis zum 29.06.1997 zu zahlen,
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2. die Beklagten zu 2) und 4) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die
Klägerin neben den Beklagten zu 1) und 3) 1 Mio. DM nebst 6,4 % Zinsen seit
dem 21.09.1996 zu zahlen, und
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3. der Klägerin nachzulassen, für jeden Fall der Sicherheitsleistung diese
durch eine unbe- fristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer
deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
37
Die Beklagten zu 2) und zu 4) beantragen, die Berufung der Klägerin, soweit sich diese
jeweils gegen die Abweisung der Klage gegen sie richtet, zurückzuweisen, und stellen
hilfsweise Anträge zum Vollstreckungsschutz.
38
Der Beklagte zu 2) führt zur Erwiderung aus: Er sehe für eine eigene
Verkehrssicherungspflicht keine Grundlage. Er habe über die Baustelle
"Fugensanierung" nur insoweit die Oberaufsicht gehabt, daß er Ansprechpartner der
Beklagten zu 3) und des Beklagten zu 4) gewesen sei. Der Beklagte zu 4), der aus
seiner Sicht zur Beklagten zu 3) gehört habe, sei als Bauleiter vorgestellt worden. Ihm -
dem Beklagten zu 2) - fehlten die Spezialkenntnisse für die Durchführung von
Schweißarbeiten. Deshalb habe er die dadurch hervorgerufenen besonderen Gefahren
nicht erkennen können und sei demgemäß auch nicht verpflichtet gewesen,
Maßnahmen zu ergreifen, um das Ausbrechen eines Brandes durch Schweißfunken
auszuschließen. Im Zusammenhang mit der Neuerrichtung der Check-In-Schalter in den
Jahren 1985/86 habe er die Brandschutztechnischen Bedingungen der
Baugenehmigung vom 18.12.1974 eingesehen und festgestellt, daß zur
Wärmeisolierung der Betondecke die Verwendung von nicht brennbarem Material
vorgeschrieben worden sei. Die Angaben der Zeugen W. und J., der Zeuge W. habe ihn
auf den Funkenflug angesprochen, seien falsch. Zur Benachrichtigung der Feuerwehr
habe für ihn keine Eile bestanden, weil die Arbeiter W. und J. bei seinem Besuch auf der
Baustelle am 11.04.1996 mit den Schweißarbeiten noch nicht begonnen gehabt hätten
und die von diesen Arbeitern ihm - dem Beklagten zu 2) - zugesagten Arbeiten zur
Abdichtung der Fuge noch mehr als eine stunde Zeit erfordert hätten. Im übrigen hätte
die Flughafenfeuerwehr bei einer früheren Benachrichtigung über die Ausführung der
Schweißarbeiten nichts veranlaßt. Denn die Unterrichtung der Feuerwehr in Fällen der
vorliegenden Art diene nur dazu, Fehlalarme zu vermeiden.
39
Der Beklagte zu 4) trägt in Erwiderung zu dem Vorbringen der Klägerin vor: Er betreibe
zwar formal seit dem 01.10.1981 ein Gewerbe für Schlosserarbeiten, sei jedoch völlig in
den Betrieb der Beklagten zu 3) eingegliedert und deren Prokuristen M. und H.
unterstellt. Er sei faktisch wie ein Arbeitnehmer der Beklagten zu 3) tätig geworden und
lediglich die Ansprechperson vor Ort gewesen. Er habe nur die Überwachung der vor
Ort tätigen Arbeitnehmer übernommen gehabt. Nach den einschlägigen gesetzlichen
Bestimmungen sowie den zwischen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3)
40
getroffenen Vereinbarungen würden die Pflichten der auftraggebenden Beklagten zu 1)
und der beauftragten Beklagten zu 3) durch die UVV konkretisiert. Nach § 30 VBG 15 in
Verbindung mit § 6 VBG 1 obliege die Ausstellung einer Schweißerlaubnis und damit
die Untersuchung des Arbeitsbereichs dem auftraggebenden Unternehmer, der die
erforderlichen Maßnahmen anzuordnen habe, also der Beklagten zu 1). Diese
Aufgabenverteilung folge aus den genannten Bestimmungen. Sie sei sachgerecht und
von der Verkehrssitte getragen. Da die Ausstellung einer Schweißerlaubnis der
Beklagten zu 1) oblegen habe, seien die Mitarbeiter der Beklagten zu 3), zu denen auch
er zähle, zur Untersuchung der Fuge nicht verpflichtet gewesen. Das Fehlen der
Schweißerlaubnis sei nach § 30 VBG 15 Ausdruck dafür, daß keine der in der
Schweißerlaubnis vorzusehenden Maßnahmen habe ergriffen werden müssen.
Aufgrund des Verhaltens der Mitarbeiter der Beklagten zu 1), insbesondere des von der
Beklagten zu 1) für die Bauleitung eingesetzten, aber nicht geeigneten Beklagten zu 2),
habe für die Mitarbeiter der Beklagten zu 3), insbesondere für ihn als den die Baustelle
Leitenden kein Anlaß für anderweitige Annahmen bestanden. Entsprechend den
gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben seien sie alle davon ausgegangen und hätten
auch davon ausgehen dürfen, daß die durchzuführenden Arbeiten frei von
Brandgefährdungen seien, daß diese Arbeiten im Gegensatz dazu ausschließlich von
verkehrstechnischer Bedeutung und nur in feuchtigkeitstechnischer Hinsicht
problematisch seien. Es habe keine Veranlassung bestanden, an der geltenden
rechtlichen, der sachlich vernünftigen und der verkehrsüblichen Aufgabenverteilung zu
zweifeln. Ein schuldhafter Pflichtverstoß scheide demnach aus. Gegen die hier
einschlägigen und vertraglich vereinbarten Bestimmungen habe die Beklagte zu 1)
verstoßen. Sie habe sich verkehrswidrig verhalten und die für die Durchführung
maßgeblichen Vorgaben und Pflichten schuldhaft außer Acht gelassen. Er - der
Beklagte zu 4) - habe als Fachmann bei der Wahrnehmung der Baustellenleitung erst
recht darauf vertrauen können, daß wegen des Fehlens der Schweißerlaubnis
besondere Maßnahmen bei der Durchführung nicht erforderlich seien. Gegenteilige
Annahmen, insbesondere die Verpflichtung, Fugen generell abdichten zu müssen,
ließen sich aus der hier maßgeblichen Bestimmung des § 30 VBG 15 nicht herleiten.
Selbst wenn man aber eine Untersuchungspflicht der Mitarbeiter der Beklagten zu 3)
annehmen wolle, sei er - der Beklagte zu 4) - für ihre Wahrnehmung nicht zuständig
gewesen. Ihm habe allein die Einrichtung der Baustelle oblegen und die Überwachung
der die Schweißarbeiten durchführenden Zeugen. Auch soweit man eine Untersuchung
durch den Auftragnehmer für erforderlich halten wollte, fehle es an seinem Verschulden.
Die Untersuchungspflicht beschränke sich auf die Wahrnehmung der für einen
Schweißfachmann offensichtlich erkennbaren Brandgefahren. Der von dem Landgericht
in der angefochtenen Entscheidung für die Beklagte zu 3) geforderte
Untersuchungsumfang beruhe auf einer Verkennung der Pflichtenverteilung. Im übrigen
sei bei einem Blick in die Dehnungsfuge nichts zu erkennen gewesen, insbesondere
nicht die Wasserleitbänder. Soweit die Sachverständigen nach dem Brand andere
Feststellungen getroffen hätten, beruhe das auf Veränderungen, die erst durch den
Brand herbeigeführt worden seien. Auch eine Untersuchung der Zwischendecke hätte
nichts ergeben, weil dabei zwar die aluminiumkaschierten Dämmplatten bemerkt
worden wären, deren Brennbarkeit jedoch nicht hätte festgestellt werden können. Die
haftungsrechtliche Verantwortlichkeit liege ausschließlich auf Seiten der Beklagten zu
1) und ihrer Mitarbeiter. Es sei auf die Gesamtumstände hinzuweisen, für welche die
Beklagte zu 1) verantwortlich sei. Sie habe die für die Brandausbreitung ursächlichen
brennbaren Materialien verwendet. Sie habe einen über die baulichen Verhältnisse
nicht informierten Bauleiter abgestellt, der nach Einsicht in die Baugenehmigung
gutgläubig an den baurechtmäßigen Zustand des Gebäudes geglaubt habe. Ihre
Mitarbeiter hätten die Ausschreibungsunterlagen verfaßt, in denen allein der
Feuchtigkeitsschutz und die Verkehrsregelung als beachtlich hervorgehoben worden
seien. Insgesamt hätten sich die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) so verhalten, daß für
abweichende Annahmen der Mitarbeiter der Beklagten zu 3) und von ihm - dem
Beklagten zu 4) - kein Raum geblieben sei. Deshalb versuche die Beklagte zu 1) zu
Unrecht, sich zum Nachteil der Beklagten zu 3) und zum Nachteil von ihm zu entlasten,
indem sie ihnen im Nachgang Pflichten aufzuerlegen versuche, deren Beachtung von
ihnen aus keinem Rechtsgrund geschuldet sei. Hilfsweise stelle er in Abrede, daß die
Schweißarbeiten die Ursache des Brandes gewesen seien.
Die Beklagte zu 1) rügt mit ihrer Berufung zunächst Verfahrensmängel des Landgerichts
und meint: Das Verfahren hätte ausgesetzt werden müssen und müsse immer noch
ausgesetzt werden, da eine vollständige Klärung des Geschehens nur das
staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren und das Strafverfahren leisten könnten.
Die 6. Zivilkammer des Landgerichts sei mit zwei Richtern auf Probe nicht
ordnungsgemäß besetzt gewesen. Das Landgericht habe verfahrenswidrig nicht darauf
hingewiesen, daß es die Gutachten aus dem Ermittlungsverfahren und die
Privatgutachten zur Schadenshöhe verwenden wolle. Die Beklagte zu 1) macht weiter
geltend: Eine Haftung aus § 538 Abs. 1 1. Alt. BGB komme nicht in Betracht. Ihre
Haftung für Ursprungsmängel sei vertraglich ausgeschlossen. Außerdem sei das
Mietobjekt nicht fehlerhaft gewesen. Das Bauaufsichtsamt habe seinerzeit die
Gebrauchsabnahme erteilt. Der Brand wäre nicht entstanden, wenn die Dehnungsfuge
beim Schweißen abgedichtet worden wäre. Ein Verstoß gegen die
brandschutztechnischen Bedingungen VB Nr. 412174, insbesondere gegen 4.1 und
4.10, habe nicht vorgelegen. Die verwendeten Materialien hätten dem Wissens- und
Kenntnisstand der damaligen Zeit entsprochen. Die mit einem feuerhemmenden
Schutzanstrich versehenen Polystyrol-Platten seien gegen eine Brandbeaufschlagung
von unten resistent gewesen. An ein von oben hereinbrechendes Feuer habe damals
niemand gedacht. Selbst wenn die Verwendung der Polystyrol-Platten einen Mangel der
Mietsache dargestellt haben sollte, sei der Brand durch ein selbständiges Ereignis
ausgelöst worden. Außerdem treffe sie als Bauherr an einer etwa fehlerhaften
Deckenkonstruktion kein Verschulden, weil selbst die Baugenehmigungsbehörden und
die Berufsfeuerwehr die Ausführung der Dämmung durch mit Aluminium beschichteten
Polystyrol-Platten, die mit einem Feuerschutzanstrich versehen seien, als korrekt und
gefahrlos beurteilt hätten. Sie habe sich zudem auf die mit der Planung der Baustufe II
beauftragte Planungsgemeinschaft, die aus der N. sowie den Architekten Sch. und P.
bestanden habe, verlassen dürfen. Diese seien auch nicht ihre Erfüllungsgehilfen im
Verhältnis zu ihren Mietern und Pächtern. Außerdem scheide ihre Haftung als
Vermieterin für ein etwaiges Verschulden beauftragter Personen oder ausführender
Unternehmer aus, soweit vor dem schadensverursachenden Ereignis - dem Einbau der
Polystyrol-Platten - ein Schuldverhältnis zwischen ihr und dem Ersatzberechtigten nicht
bestanden habe. Im Zusammenhang mit den Reparaturarbeiten an der Fuge hafte sie
wegen etwaiger nachträglich entstandener Mängel nicht nach § 538 Abs. 1, 2. Alt. BGB.
Eine solche Haftung setze Verzug voraus. Fehlender Verzug dürfe nicht durch eine
Haftung wegen positiver Vertragsverletzung umgangen werden. Dieses Rechtsinstitut
greife nur ein bei Vertragsverletzungen, die keine Mängel der Mietsache zur Folge
haben. Unabhängig davon treffe sie kein Verschulden. Mit der Beklagten zu 3) habe sie
einen sachkundigen Spezialunternehmer ausgewählt. Dieser sei im Verhältnis zu den
Versicherungsnehmern der Klägerin nicht ihr Erfüllungsgehilfe gewesen.
41
Eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 31 BGB treffe sie ebenfalls nicht. Sie habe
42
schon objektiv keine Verkehrssicherungspflicht verletzt, da sie mit der Beklagten zu 3)
eine Fachfirma mit der Reparatur beauftragt habe. Zudem sei Prof. Dr. R. als ihr
technischer Geschäftsführer nicht in die Entscheidung über die zu verwendenden
Dämmaterialien eingebunden gewesen. Der Leiter ihrer Bauabteilung W. sei nicht ihr
verfassungsmäßig berufener Vertreter. Sie habe in ihrer Eigenschaft als Bauherrin mit
der Beauftragung eines als zuverlässig und sachkundig geltenden Bauunternehmers
ihrer Verkehrssicherungspflicht genügt. Eine der Ausnahmen, bei deren Vorliegen eine
"sekundäre Verkehrssicherungspflicht" des Bauherren gegeben sein könnte, liege nicht
vor. Vor allem richteten sich die UVV nicht an sie als Bauherrin. Sie habe auch keine
Schweißerlaubnis ausstellen müssen. Das Gutachten von Prof. Dr.-Ing. H. sei
unbrauchbar und reiche zur Entscheidung nicht aus. Denn der Gutachter habe verkannt,
wie nach Baugenehmigung und öffentlichem Baurecht die Wärmedämmung und die zu
sanierende Fuge hätten beschaffen sein müssen. Der Brandschutz von unten sei
gewahrt worden. Brandschutz von oben habe seinerzeit nicht den anerkannten Regeln
der Technik entsprochen. Es sei im übrigen eine Unterstellung, daß ihr Geschäftsführer
und vormaliger Prokurist Prof. Dr.-Ing. R. und der Leiter der Bauabteilung Dipl.-Ing. W.
Kenntnis von - angeblich - gefahrträchtigen Umständen bezüglich der
Fugenkonstruktion und der Ausstattung des Flughafengebäudes mit brennbaren
Polystyrolplatten gehabt hätten. Die Beklagte zu 1) wendet sich schließlich mit
konkreten, nachprüfbaren und nachvollziehbaren Einwendungen gegen die Höhe des
Leistungsantrags der Klägerin. Dazu wird nur allgemein auf das Vorbringen der
Beklagten zu 1) Bezug genommen, weil nach entsprechender Ankündigung seitens des
Senats alle Parteien davon ausgehen, daß der Senat zunächst nur über den Grund der
Klage entscheiden und sich noch nicht mit der Höhe befassen wird.
Die Beklagte zu 1) beantragt,
43
unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen
44
und
45
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
46
Hilfsweise stellt die Beklagte zu 1) Anträge zum Vollstreckungsschutz.
47
Die Klägerin beantragt,
48
die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
49
Die Klägerin tritt den Ausführungen der Beklagten zu 1) und ihrer Streithelferin unter
Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens zur Begründung ihrer Klage entgegen.
Sie erwidert insbesondere: Da der Beklagten zu 1) die Gefahrenlage bekannt gewesen
sei, die dadurch entstanden sei, daß in Abweichung von der ursprünglichen
Baugenehmigung anstelle von nicht brennbarem Dämmaterial die Aluminium
kaschierten Polystyrol-Platten eingebaut worden seien, hätte sie die Beklagte zu 3) bei
der Auftragsvergabe auf die Brandgefahr hinweisen müssen, anstatt weder
Planungsunterlagen zu übergeben noch einen Schweißerlaubnisschein auszustellen.
Daher müsse sie sich das Verschulden der Beklagten zu 3) zurechnen lassen. Der
Vorwurf des Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Bauvorschriften werde
aufrechterhalten. Im Rahmen der Wärmedämmung der Betondecken sei nicht
genehmigtes Bau-Material eingebaut worden. Bei der Bewertung der Aluminium
50
kaschierten Polystyrol-Platten auf ihre Brennbarkeit sei die aufgebrachte Klebeschicht
nicht berücksichtigt worden. Die Aluminium kaschierten Polystyrol-Platten seien leicht
entflammbar (B 3.) gewesen (vgl. S. 28 in Teil 4 des Gutachtens von Prof. Dr. H. vom
28.02.1997). Die Differenzierungen dazu, was kein Bestandteil einer abgehängten
Decke und keine Wandverkleidung sei, seien Haarspaltereien. Die Wärmedämmung sei
baurechtlich als "Einbauten" zu qualifizieren.
Die Beklage zu 3) meint zur Begründung ihrer Berufung: Das Landgericht habe ihr zu
Unrecht vorgeworfen, die Baustelle nicht gegen Brandgefahr gesichert und vor dem
Beginn der Schweißarbeiten keine Untersuchungen zur Feststellung möglicher
Brandgefahren unternommen zu haben. Im einzelnen legt sie dar: Da der Beklagte zu 4)
als selbständiger Subunternehmer, der am Ende mit einer Pauschale habe bezahlt
werden sollen, tätig geworden sei, sei ihre Verkehrssicherungspflicht auf Auswahl- und
Überwachungspflichten verengt gewesen. Der Schweißer W., der dort geschweißt habe,
wo die ersten Rauchwolken aufgetreten seien, habe für den Beklagten zu 4) gearbeitet.
Der Schweißer J. sei an sie ausgeliehen und dem Beklagten zu 4) weiter überlassen
worden. Der Beklagte zu 4) sei sorgfältig ausgewählt und überwacht worden. Er sei für
die Art der auszuführenden Arbeit gut befähigt gewesen und von ihr fortlaufend weiter
geschult worden. Wenn aber von einer - an sich nicht bestehenden -
Verkehrssicherungspflicht zu ihren Lasten ausgegangen werde, habe sie Dritte nicht vor
allen nur denkbaren Gefahren schützen müssen. Die Beklagte zu 1) habe einen Auftrag
erteilt, bei dem sie davon habe ausgehen dürfen, daß die Beklagte zu 1) Brandgefahren
geprüft und verneint habe. Das Landgericht habe es deshalb zu Unrecht offen gelassen,
ob der Beklagte zu 2) den Funkenflug bei den Schweißarbeiten für brandungefährlich
erklärt habe. In ihren Vorbesprechungen mit dem Beklagten zu 2) und dem Bauleiter W.
sei stets nur auf die Gefahr durch in die Fuge eindringende Feuchtigkeit hingewiesen
worden, ebenso wie bereits zuvor in der Allgemeinen Baubeschreibung. Das sei
irreführend gewesen. Prof. Dr. R. und der Bauleiter W., denen die Brandlasten bekannt
gewesen seien, hätten dadurch, daß sie trotz ihres Kenntnisstandes keine besonderen
Vorsichtsmaßnahmen gefordert hätten, den Eindruck vermittelt, daß solche nicht
notwendig seien. Bei dem letzten Vorbereitungsgespräch am 26.03.1996 sei nur noch
der Antrag an das Straßenverkehrsamt wegen der Behinderungen durch die
Sanierungsarbeiten offen gewesen. Die Frage des Beklagten zu 4), ob noch weiteres zu
veranlassen sei, sei verneint worden. Bei Sanierungsarbeiten in einem eng begrenzten
Bereich einer komplexen Gebäudegroßanlage sei der Unternehmer mit der Erforschung
der Brandlasten überfordert. Die Beklagte zu 1) habe vor der Erteilung des Auftrags an
sie die Decke geöffnet, um die Herkunft der Feuchtigkeit festzustellen. Aufgrund dessen
habe sie - die Beklagte zu 3) - davon ausgehen dürfen, daß die Beklagte zu 1) durch
den Bauleiter W., der in die Ausschreibung und Vergabe des Auftrags eingebunden
gewesen sei, die Brandlasten geprüft und verneint habe. Wenn sie - die Beklagte zu 3) -
sich nach Brandlasten erkundigt oder den Zwischenraum unter der Dehnungsfuge hätte
untersuchen wollen, wäre ihr geantwortet worden, im Gefahrenbereich seien keine
brennbaren Materialien vorhanden. In der Dehnungsfuge als dem unmittelbaren
Schweißbereich seien die Wasserleitbänder nicht zu erkennen gewesen. Die Lage
nach dem Brand sei anders gewesen, weshalb die späteren Feststellungen der
Brandsachverständigen nicht gegen sie sprächen. Sie habe die Dehnungsfuge im
Rahmen der Baustufe II nicht eingebaut, sondern seinerzeit solche Dehnungsfugen nur
als Serienprodukt verkauft, allerdings ohne die Besonderheit der Wasserleitbänder und
der unten eingehängten Regenrinne. Die Ausführungen des Beklagten zu 4), denen
zufolge es der Beklagten zu 1) oblägen hätte, einen Schweißerlaubnisschein
auszustellen, seien zutreffend. Unabhängig von alledem hätten die Schweißarbeiten
51
den Brand nicht verursacht, wie die letzte Untersuchung des Sachverständigen H.,
seine Revision vom 30.05.1997 ergeben habe. Der Großbrand sei wahrscheinlich durch
einen Kabelbrand ausgelöst worden. Die Anhörung von Prof. Dr. Ing. H. durch den
Senat am 16.06.2000 begründe einen Anscheinsbeweis dafür, daß der Brand des
Flughafens Düsseldorf durch ein fehlerhaft installiertes Kabel verursacht worden sei.
Eine Brandentstehung in Folge der Schweißarbeiten könne nach der Anhörung des
Sachverständigen nicht mehr angenommen werden. Der sachverständige Prof. Dr.-Ing.
H. habe in seinem Ergänzungsgutachten vom 03.12.1999 und bei seiner Anhörung
fälschlich angenommen, daß ein elektrisches Kabel als Zündquelle für den Brand
ausscheide. Der von ihr beauftragte Sachverständige Prof. Dr.-Ing. G. habe im Rahmen
des von ihm durchgeführten Versuchs den Nachweis geführt, daß ein Lichtbogen in
Folge eines Installationsfehlers unabhängig von der Verlegeart des Kabels im Bereich
der Regenrinne und des damit sich etwa in Berührung befindlichen Wasserleitbandes
führe. Entsprechend ihrer Behauptung habe somit ein Isolationsfehler den Brand
ausgelöst. Der streitgegenständliche Schaden könne, was unabhängig von der
Brandursache gelte, ihr nicht zugerechnet werden. Im Gegensatz zur
Bauaufsichtsbehörde sei ihr der Einbau von kaschiertem Polystyrol abweichend von
den Auflagen der Baugenehmigung nicht bekannt gewesen. Da sie somit die Brandlast
habe nicht kennen können, seien die streitgegenständlichen Rechtsgutverletzungen für
sie nicht vorhersehbar gewesen, zumal sie mit Recht habe annehmen können, die Fuge
sei, wie bei solchen Dehnungsfugen üblich, nach unten hin abgeschlossen. Die
Beklagte zu 3) macht sich schließlich die Besetzungsrüge der Beklagten zu 1) zu eigen.
Sie meint weiterhin, die vom Senat beschlossene Anhörung des Sachverständigen Prof.
Dr.-Ing. H. verstoße gegen das Gebot der Wahrung rechtlichen Gehörs für die Parteien,
weil es unzulässig sei, einen Gutachter zu einem in weiten Teilen überhaupt nicht
erstatteten Gutachten anzuhören. Schließlich habe der Sachverständige im Rahmen
seiner Anhörung nicht in den Zivilprozeß eingeführte Sachverhalte berücksichtigt.
Die Beklagte zu 3) beantragt,
52
das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage gegen sie abzuweisen sowie die
Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
53
Die Klägerin beantragt,
54
die Berufung der Beklagten zu 3) zurückzuweisen.
55
Die Klägerin verbleibt bei ihrer Rechtsauffassung, die Beklagte zu 3) habe die primäre
Verkehrssicherungspflicht gehabt, und ergänzt ihren bisherigen Vortrag wie folgt: Die
Beklagte zu 3) habe es unterlassen, sich vor Inangriffnahme der Schweißarbeiten bei
der Beklagten zu 1) über eine mögliche Brandgefahr an der Dehnungsfuge zu
erkundigen. Ferner habe sie es versäumt, sich bei der Beklagten zu 1) oder dem
zuständigen Mitarbeiter der Bauabteilung, dem Beklagten zu 2), Bauunterlagen über die
Fugenkonstruktion und über die unterhalb der Fuge gelegenen Zwischendecken geben
zu lassen. Bei der Prüfung aller Bauunterlagen seitens der Beklagten zu 3) wäre die
Brennbarkeit des Dämmaterials entdeckt worden, weil nämlich bemerkt worden wäre,
daß die ursprüngliche Baugenehmigung in brandschutztechnischer Hinsicht hinsichtlich
der Art des zu verwendenden Dämmaterials später abgeändert worden sei. Die
Beklagte zu 3) habe es insbesondere verabsäumt, die Baustelle vor Arbeitsbeginn zu
untersuchen. Der Aufbau der Fuge hätte durch das Einführen eines flachen
Gegenstandes ohne Schwierigkeiten ermittelt werden können. Zu dieser Untersuchung
56
sei die Beklagte zu 3) verpflichtet gewesen. Nach den einschlägigen
Unfallverhütungsvorschriften der Maschinenbau- und
Kleinindustrieberufsgenossenschaft "Schweißen, Schneiden und verwandte Gefahren"
vom 01.04.1990 (VBG 15) habe der Unternehmer vor Beginn der Schweißarbeiten in
brand- und explosionsgefährdeten Bereichen dafür zu sorgen, daß die Brand- und
Explosionsgefahr beseitigt werden, § 30 Abs. 1. Die Beseitigung etwaiger
Brandgefahren setze zunächst die Prüfung der Frage voraus, ob überhaupt ein
brandgefährdeter Bereich gegeben sei. Diese Prüfung habe die Beklagte zu 3) als
Unternehmerin nicht vorgenommen. Auch habe sie die vorhandene Brandgefahr nicht
durch geeignete Maßnahmen, etwa durch Abdichten der Fuge gegen herabfallende
Schweißfunken und Metallpartikel, beseitigt. Der Verstoß gegen
Unfallverhütungsvorschriften stelle zugleich die Verletzung einer
Verkehrssicherungspflicht dar. Denn für Gewerbetreibende werde der Inhalt der
bestehenden Verkehrssicherungspflichten durch Unfallverhütungsvorschriften
konkretisiert. Unerheblich sei, ob für die Beklagte zu 3) oder die ausführenden Arbeiter
das Vorhandensein brennbaren Materials unter der Fuge erkennbar gewesen sei. Denn
nach der Durchführungsanweisung zu § 30 Abs. 1 der UVV müsse bei Schweißarbeiten
außerhalb dafür eingerichteter Werkstätten mit dem Vorhandensein von brand- und
explosionsgefährdeten Bereichen gerechnet werden. Daher hätte sich der Beklagte zu
3) schon aus diesen allgemeinen Überlegungen das Vorhandensein brennbarer
Baustoffe aufdrängen müssen. Dies ergebe sich nicht nur aus den einschlägigen
Unfallverhütungsvorschriften, sondern aus sämtlichen, das Schweißen betreffenden
Sicherheitsvorschriften der Berufsgenossenschaften sowie der Industrie- und
Schadensversicherer. Darüber hinaus sei es pflichtwidrig gewesen, daß die Beklagte zu
3) mit den Schweißarbeiten begonnen habe, ohne daß eine Schweißerlaubnis vorlag.
Weder habe die Beklagte zu 3) selber eine solche Schweißerlaubnis ausgestellt, noch
habe ihr eine von der Beklagten zu 1) ausgestellte Schweißerlaubnis vorgelegen. In §
30 Abs. 2 VBG 15 heiße es: "Läßt sich die Brandgefahr ... nicht restlos beseitigen, hat
der Unternehmer die anzuwendenden Sicherheitsmaßnahmen für den Einzelfall in einer
schriftlichen Schweißerlaubnis festzuhalten." Nach § 30 Abs. 4 VBG 15 dürfe mit den
Schweißarbeiten erst nach der Aushändigung der Schweißerlaubnis und Durchführung
der dort festgelegten Maßnahmen begonnen werden. Weder habe die Beklagte zu 3)
eine solche Schweißerlaubnis ausgestellt, noch seien irgendwelche
Sicherheitsvorkehrungen festgelegt worden. Die Beklagte zu 3) habe auch nicht etwa
davon ausgehen können, daß eine Brandgefahr deswegen nicht bestehe, weil ein
Schweißerlaubnisschein von der Beklagten nicht ausgestellt worden sei. Auch ohne
Schweißerlaubnisschein hätte die Beklagte zu 3) als Auftragnehmerin Nachforschungen
anstellen müssen, wie dies unter den UVV vor Durchführung von Schweißarbeiten
verlangt werde. Alles in allem belaste es die Beklagte zu 3), daß weder der Beklagte zu
2), noch der Prokurist der Beklagten zu 3) H., noch der Beklagte zu 4) hinsichtlich einer
Brandgefahr irgend etwas veranlaßt haben.
Der Senat hat in dem zeitweise mit dieser Sache verbundenen Verfahren 15 U 56/98 = 6
O 427/96 LG Düsseldorf Beweis erhoben gemäß dem Beweis-Beschluß vom
09.06.1999, BA 2290 - 2292) mit dem aus dem Ergänzungs-Gutachten vom 03.12.1999
(BA 2355 - 2368) sowie aus der Sitzungsniederschrift vom 16.06.2000 (BA 2488 - 2528)
ersichtlichen Ergebnis.
57
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst den überreichten Unterlagen, insbesondere auch auf
die verschiedenen für die Staatsanwaltschaft Düsseldorf zum Aktenzeichen 111 Js
58
250/96 erstatteten Gutachten, auf die Sitzungsniederschriften, auf den Tatbestand und
die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie auf den Inhalt der Akten 15
U 56/98 = 6 O 427/96 LG Düsseldorf, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gemacht worden sind, verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
59
Die Berufungen der Klägerin sowie der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) sind,
soweit sie nicht die Höhe der Klageforderung zum Gegenstand haben, zur
Endentscheidung reif. Daher erläßt der Senat ein Grund-Urteil, § 304 ZPO, und, soweit
im Berufungsverfahren ein Feststellungsantrag rechtshängig ist, ein Teil-Urteil, § 301
ZPO. Die Entscheidung zur Höhe der Zahlungsanträge gegen die Beklagten zu 1) bis 4)
bleibt dem Schluß-Urteil des Senats vorbehalten. Die zulässige Berufung der Klägerin
hat nach alledem insoweit in der Sache Erfolg, als zu erkennen war, daß die
Zahlungsanträge der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) bis 4) dem Grunde nach
gerechtfertigt sind. Die zulässigen Berufungen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu
3) sind schon jetzt insoweit unbegründet, als sie die völlige Abweisung der Klage,
soweit sie sich jeweils gegen sie richtet, begehren und soweit sich die Berufungen
gegen den Feststellungsausspruch im Tenor unter Nr. 2 des landgerichtlichen Urteils
richtet.
60
A. Die Verfahrensrügen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 3) greifen nicht durch.
61
1. Zu einer Aussetzung des Rechtsstreits bis zum Abschluß des Ermittlungsverfahrens
111 Js 250/96 StA Düsseldorf besteht entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) nach
pflichtgemäßem gerichtlichen Ermessen keine Veranlassung. Das Ermittlungsverfahren
ist mit der bereits vor einiger Zeit erfolgten Vorlage der Anklageschrift an das Gericht
abgeschlossen. Der Ausgang des Strafverfahrens ist für das hier vorliegende
Zivilprozeßverfahren nicht vorgreiflich. Die Beurteilung der Verantwortlichkeit der
Angeklagten und der Beklagten dieses Rechtsstreits bemißt sich nach
unterschiedlichen Kriterien. Wie im weiteren Verlauf dieser Entscheidungsgründe noch
ausgeführt werden wird, hält der Senat zudem die Brandursache für hinreichend
aufgeklärt, so daß kein Anlaß besteht, das Ende des Strafverfahrens, das noch nicht
abzusehen ist, abzuwarten.
62
2. Die 6. Zivilkammer des Landgerichts war in der mündlichen Verhandlung vom
21.10.1997, aufgrund deren das angefochtene Teil-Urteil ergangen ist, auch mit zwei
Richtern auf Probe ordnungsgemäß besetzt. Der Senat hat zur Klärung der
Berechtigung dieser Rüge über den Präsidenten des Landgerichts Düsseldorf eine
dienstliche Auskunft des Vorsitzenden der 6. Zivilkammer erbeten (GA 2039 der Beiakte
15 U 56/98), die dieser unter dem Datum des 30.03.1999 (BA 2165 - 2167) abgegeben
hat. Danach war die 6. Zivilkammer am 21.10.1997 auf der Grundlage der Beurteilung
des Bundesgerichtshofs (NJW 1995, 2791/2793) auch mit zwei nicht planmäßigen
Richtern verfassungskonform besetzt. Aus den von dem Vorsitzenden Richter am
Landgericht V dargelegten Gründen bestand für die Mitwirkung von zwei Proberichtern
eine sachliche Notwendigkeit. Die unterbliebene Mitwirkung des planmäßigen Richters
am Landgericht S. diente nicht lediglich der "bequemeren" Verteilung und Erledigung
der angefallenen Verfahren, sondern war zur Vermeidung einer unzumutbaren
Überlastung dieses Richters zwingend geboten. Möglichkeiten, wie das Präsidium des
Landgerichts Düsseldorf der 6. Zivilkammer einen höheren Anteil an Planrichtern hätte
zuteilen können, ohne entsprechende Lücken bei anderen Spruchkörpern aufzureißen,
63
hat die Beklagte zu 1), die den gesamten richterlichen Geschäftsverteilungsplan des
Landgerichts Düsseldorf hätte einsehen können, nicht aufgezeigt (vgl. Seite 3 ihres
Schriftsatzes vom 12.05.1999). Eine nicht sachgerechte und willkürliche
Benachteiligung der 6. Zivilkammer bei der Zuweisung von Planrichtern ist auch von
Amts wegen nicht ersichtlich.
B. Alle vier Beklagten haften für die durch den Brand herbeigeführten Schäden wegen
Verletzung ihnen obliegender Verkehrssicherungspflichten, § 823 BGB in Verbindung
mit § 31 BGB oder § 831 BGB. Auf die Streitfrage, ob die von der Beklagten zu 1) den
Versicherungsnehmern der Klägerin, aus deren Rechten die Klägerin die Beklagten in
Anspruch nimmt, zur Verfügung gestellten Mieträume einen Fehler aufwiesen und ob
deshalb vertragliche Schadenersatzansprüche bestehen, braucht deshalb, weil sie
entscheidungsunerheblich ist, nicht eingegangen zu werden.
64
Nach der Überzeugung des Senats ist der Brand am 11.04.1996 durch die
Schweißarbeiten an der Fuge in der Straße, die als Zufahrt zur Abflughalle im ersten
Obergeschoß dient und die Vorfahrtplatte von dem Parkhaus I trennt, entstanden. Dazu
hat der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. D. H. in Teil 4 - Zusammenfassende Bewertung
der Brandursachen und -folgen - seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 28.02.1997
ausgeführt:
65
"Entzündung und Brandentstehung
66
Die Gebäudedehnungsfuge ist ca. 40 mm breit und trennt den Bereich des
Parkhauses 1 von der Vorfahrt zur Abflugebene. Wegen der unterschiedlichen
Nutzung zu beiden Seiten der Fuge ist auch der Deckenaufbau unterschiedlich.
Unter dem Parkhaus ist eine Stahlbetonrippendecke mit quer zur Dehnungsfuge
verlaufenden Rippen vorhanden. die Dicke des Deckenspiegels beträgt ca. 32 cm,
die Höhe der Rippen ca. 56 cm. Diese sog. (-Platten liegen auf einem Unterzug, der
parallel zur Dehnungsfuge spannt.
67
Im Bereich der Vorfahrt wurde eine Massivplatte mit einer Plattendicke von ca. 57
cm ausgeführt. Zur Fuge hin ist die Plattenunterseite angeschrägt, so daß sich dort
eine Fugentiefe von ca. 47 cm ergibt (vgl. Bild 5).
68
Im Fugeninnern befinden sich zu beiden Seiten der Fuge Neoprene-
Wasserleitbänder. Diese sind oben in die Massivdecken einbetoniert und reichen
unten bis in eine ca. 50 cm tiefer längs der Fuge verlaufende offene Wasserrinne
aus Hart-PVC. Der Abstand zwischen Unterkante Wasserleitband und Boden der
Rinne variiert mit dem Gefälle der Rinne um ca. 5 cm, so daß das Wasserleitband
teils frei in die Rinne hängt, teils unten aufliegt.
69
Im Bereich vor dem Blumenladen unter der Vorfahrt zwischen Achse 56 und 60
(Baustufe 2) sind aluminiumkaschierte Polystyrolplatten (Dicke ca. 60 mm) an die
Unterseite der Betondecke geklebt und zusätzlich mit Schießnägeln fixiert worden.
Diese Isolierung wurde bis an die Neoprene-Wasserleitbänder herangeführt. Unter
dem Parkdeck (Baustufe 2) sind aluminiumkaschierte Polystyrolplatten (Dicke ca. 80
mm) mittels Metallschienenhalterungen im Abstand von ca. 56 cm zur massiven
Decke abgehängt. Sie bilden praktisch eine geschlossene Zwischendecke im
Deckenhohlraum.
70
In Höhe der Unterkante des Betonunterzuges unter der (-Plattendecke wird der
Deckenhohlraum durch eine abgehängte Lamellendecke abgeschlossen. Auf dieser
Lamellendecke liegen Mineralwolleplatten in einer Gesamtdicke von 80 mm. Die
Unterseite der Mineralwolle ist mit einem Rieselschutz kaschiert. Im Innern der
abgehängten Decke befinden sich u.a. die metallenen Lüftungsleitungen von Zu-
und Abluft, Elektrokabel auf Pritschen und als Einzelkabel verlegt sowie
Abwasserrohre.
71
Bei den Arbeiten an der Dehnungsfuge wurde von der Firma M............ ein
Elektroschweißverfahren angewendet, das auch als Lichtbogenschweißen
bezeichnet wird. An der Baustelle wurde das Lichtbogenhandschweißen
durchgeführt, das sich vereinfacht wie folgt beschreiben läßt: Es werden die
Metallstücke in einem Lichtbogen durch das Fließen von Strom so stark erwärmt,
daß an der Schweißstelle lokal das Metall dünnflüssig wird und Temperaturen von
im Mittel 3500 °C auftreten. Während des Schweißprozesses wird eine in einen
Elektrodenhalter eingeklemmte Elektrode längs der Schweißfuge geführt. Die
umhüllte metallische Elektrode bildet die Schweißnaht. Beim Schweißvorgang
können Schweißperlen und Schlackenreste in glühender Form entstehen, deren
Menge von der Art der Elektrode, dem Schweißstrom und der Fähigkeit des
Schweißers abhängt.
72
Beim Lichtbogenschweißen an der Oberseite der Dehnungsfuge spritzten Funken
aus flüssiger Schlacke und Metall in die Umgebung. Die Funken fielen auch in die
40 mm breite Fuge und trafen dort zuerst auf die seitlich herauskommenden und
nach unten trichterförmig verlaufenden Wasserleitbänder. Durch maßstabsgerechte
Versuche an identischen Materialien, die aus der Dehnungsfuge entnommen
worden sind, konnte nachgewiesen werden, daß sich das Wasserleitband durch
Schweißperlen binnen kurzer Zeit entzünden läßt. Dagegen konnte die
darunterliegende Wasserrinne aus Hart-PVC auch bei langanhaltender
Beaufschlagung mit Schweißperlen nicht entzündet werden. Daher konzentrierten
sich die weiteren Betrachtungen zur Brandentstehung auf die Wasserleitbänder.
73
Das Wasserleitband besteht aus Neoprene mit innenliegender Gewebeeinlage und
weist eine Dicke von ca. 1 mm auf. Im Rahmen der experiementellen
Untersuchungen wurden in der Amtlichen Materialprüfanstalt für das Bauwesen an
der TU Braunschweig unter anderem normgerechte Brandversuche nach DIN 4102
Teil 1 an Proben des Wasserleitbandes durchgeführt. Sie haben ergeben, daß das
Wasserleitband innerhalb der Fugen in die Baustoffklasse B 2 (normalentflammbar)
nach DIN 4102 Teil 1 einzustufen ist. Auch die Unabhängige
Sachverständigenkommission beim Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein
Westfalen hat das Material der Wasserleitbänder geprüft. Bei dem von ihr als B 3
(leichtentflammbar) klassifizierten Wasserleitband handelt es sich um die obere
Abdichtung der Dehnungsfuge, die zur Durchführung der Schweißarbeiten
demontiert war und deshalb nicht für die Brandentwicklung relevant war.
74
Neben den Normbrandversuchen wurden von uns auch realistische Entzündungs-
und Brandausbreitungsversuche an einem Nachbau der Gebäude-Dehnungsfuge
durchgeführt. Bei den Versuchen zeigte sich, daß das Neoprene-Wasserleitband,
wenn es erst einmal entzündet worden ist, nicht mehr von selbst verlischt. Das
Feuer breitet sich vorzugsweise an dem herabhängenden Wasserleitband nach
oben aus. Die nach oben gerichteten Flammen gelangen dabei zwangsläufig an die
75
seitlich angrenzende Polystyrolisolierung, die unter der Decke der Vorfahrt bis an
die Fuge reicht.
Zur Klärung des Entzündungsvorgangs wurden vom Materialprüfungsamt Nordrhein
Westfalen ergänzende Brandversuche an Materialien aus dem Brandbereich
durchgeführt, unter anderem auch an aluminiumkaschierten Polystyrolproben.
Dieses Dämmaterial erfüllt nach DIN 4102 Teil 1 die Anforderungen der
Baustoffklasse B 2 (nor- malentflammbar), die Baustoffklasse B 1 (schwerent-
flammbar) wird wegen starker Brandentwicklung nicht erreicht. Es trat eine starke
Rauchentwicklung auf.
76
Eigene Normbrandversuche an Polystyrolplatten, bei denen die aufgeklebte
Aluminiumkaschierung entfernt worden war, aber noch Kleberreste vorhanden
waren, ergaben bei Beflammung von der Kleberseite die Baustoffklasse B 3
(leichtentflammbar). Es zeigte sich, daß der Kleber stark zur Brandentwicklung
beiträgt. Dagegen erfüllt das Polystyrol ohne Aluminiumkaschierung und ohne
Kleber die Anforderungen der Baustoffklasse B 1 (schwer- entflammbar) nach DIN
4102 Teil 1.
77
In natürlichen Brandversuchen wurde das Entzündungsverhalten einer horizontal
angeordneten Probe des aluminiumkaschierten Polystyrols untersucht. Dabei wurde
über dem Polystyrol eine Probe von 90 mm x 190 mm des Wasserleitbandes auf
Normalentflammbarkeit untersucht. Beim selbständigen Weiterbrennen des
Wasserleitbandes fielen brennende Teile auf die Polystyrolplatte, die nach kurzer
Zeit entzündet wurde und vollständig abbrannte.
78
Vergleichbare Ergebnisse wurden durch Schweißarbeiten an einer in realem
Maßstab mit Original-Materialien nachgebauten Fuge erzielt. Die herabfallenden
Schweißperlen entzündeten nach ca. 3 Minuten das Polystyrol mit Kleber. Dieses
bildete eine brennende Schhmelze, die sich auf der Unterlage rasch ausbreitete.
79
Aus den durchgeführten Untersuchungen kann abgeleitet werde, daß die
Schweißarbeiten im Bereich der Dehnungsfuge ursächlich für die Brandentstehung
waren. Dabei ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zuerst die
Entzündung des Neoprene-Wasserleitbandes erfolgt. Danach konnte sich der Brand
an der Polystyrolisierung ausbreiten. Dies wurde durch die unterseitig aufgeklebte
Aluminiumkaschierung begünstigt. Mit größer werdender Brandfläche löste sich
partiell die Kaschierung, flüssiges Polystyrol tropfte brennend herunter und brannte
auf der über der Lamellendecke liegenden Mineralwolle weiter. Der Brand des
Polystyrols erwärmte den Deckenhohlraum und entzündet auch die in der Nähe
liegenden Elektrokabel. Die brennende Polystyrolschmelze ist punktuell durch die
Mineralwolleauflage der Lamellendecke auf den Boden im Ankunftsbereich getropft,
was von dem Zeugen A..... um 15.31 Uhr der Flughafenfeuerwehr gemeldet wurde.
80
Bei Verwendung von nicht brennbaren Isoliermaterialien anstelle der
aluminiumkaschierten Polystyrolplatten wäre der Brand mit großer
Wahrscheinlichkeit auf den Fugenbereich beschränkt geblieben. Wäre die
Dehnungsfuge durch Einlegen von nichtbrennbarem Material wie Mineralwolle
gegen Eindringen von Schweißperlen geschützt worden so wäre eine lokale
Entzündung des Wasserleitbandes verhindert worden. Ohne diese
Sicherungsmaßnahme war die Entzündung praktisch zwangsläufig. Das einmal
81
entzündete Wasserleitband brennt nach den durchgeführten Versuchen selbständig
weiter und ist aufgrund der Energiefreisetzung auch in der Lage, das Polystyrol zu
entzünden.
Wie soeben begründet wurden durch das Herabfallen von Schweißperlen in die
Dehnungsfuge die dort vorhandenen brennbaren Materialien entzündet.
82
Durch die Verwendung des unter der Stahlbetondecke fixierten einseitig mit
Aluminiumfolie beklebten Polystyrols anstelle einer nichtbrennbaren
Wärmedämmung wurde eine rasche Brandausbreitung im Zwischendeckenbereich
ermöglicht. Nach Entzündung des Materials bildete sich eine Schmelze aus
Polystyrol und Kleber, die brennend abtropfte und lokal auf der Unterlage (in diesem
Fall Mineralwolle) neue Brandherde schaffte. Aufgrund der hohen
Energiefreisetzungsrate des brennenden Polystyrols erfolgte eine intensive
Vorwärmung aller Materialien im geschlossenen Zwischendeckenbereich, wodurch
sich die Brandneigung der Materialien erhöhte.
83
Im Deckenraum stand in ausreichendem Maße Verbrennungsluft zur Verfügung,
zumal über die Schlitze zwischen den Deckenelementen die durch die Abluftanlage
abgeführte Luft ständig durch Frischluft aus der Ankunftsebene ersetzt wurde. Die im
Brandbereich freigesetzten Rauchgase wurden über die im Zwischendeckenbereich
angeordneten Abluftkanäle angesaugt. Dadurch wurde den heißen Rauchgasen
eine definierte Strömungsrichtung und damit dem Brand eine bevorzugte
Ausbreitungsrichtung aufgeprägt. Der Rauch trat erst relativ spät aus dem
Deckenhohlraum in die Ankunftshalle, weil vorher die Leistung der Abluftanlagen für
die Rauchgasabfuhr genügte. Aus dem gleichen Grund war auch der Rauchaustritt
aus der Dehnungsfuge im Anfangsstadium des Brandes begrenzt. Aufgrund der
Absaugung über die Abluftkanäle herrschte im Deckenhohlraum ein Unterdruck, der
sowohl Rauch als auch Flammen zurückhielt.
84
Nachdem durch das Herabfallen heißer Schweißpartikel das Neoprene-
Wasserleitband seitlich der Dehnungsfuge entzündet worden war, hat sich auch die
Polystyroldämmung, die bis an des Wasserleitband reichte, binnen kurzer Zeit
entzündet. Dies wurde durch reale Brandversuche an einer maßstabsgerechten
Nachbildung der Fuge eindeutig nachgewiesen.
85
Dieses Gutachten aus dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren 111 Js
250/96 StA Düsseldorf durfte vom Senat als Urkundenbeweis in diesen Rechtsstreit
eingeführt werden (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 21. Aufl., Rn. 4 zu § 355 ZPO m.w.N.).
Dadurch durfte lediglich nicht das Recht der Parteien beschnitten werden, dem
Sachverständigen Fragen zu stellen, das auf § 402 ZPO in Verbindung mit § 397 ZPO
beruht (vgl. Zöller-Greger a.a.O. Rn. 5 a zu § 411 ZPO i.V. m. Rn. 2 zu § 397 ZPO und
Rn. 4 zu § 355 ZPO). Diesem Erfordernis hat der Senat dadurch genügt, daß er die
Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.1999 ausdrücklich darauf
hingewiesen hat, er werde das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. H. im
Wege des Urkundenbeweises verwerten und die Parteien hätten das Recht, die
mündliche Erläuterung oder schriftliche Ergänzung dieses Gutachtens zu verlangen
(vgl. Seite 3 der Sitzungsniederschrift). Etwaige Mängel des Landgerichts in dieser
Hinsicht, welche die Beklagte zu 1) geltend macht, sind durch diesen Hinweis des
Senats vom 28.04.1999 und die den Parteien dadurch eröffneten Möglichkeiten geheilt.
86
Das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. H. ist überzeugend. Es ist in sich
widerspruchsfrei sowie nach Durchführung sachdienlicher Versuche einleuchtend und
nachvollziehbar begründet. Anhand der schriftlichen Ausführungen und der mündlichen
Darlegungen des Sachverständigen im Senatstermin vom 16.06.2000 ist der Senat von
der überragenden Sachkunde des Sachverständigen unter anderem auf dem Gebiet der
Brandentstehung und der Ermittlung von Brandursachen überzeugt.
87
Aufgrund des schriftlichen Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing.
H. vom 03.12.1999 (BA 2355 - 2368) und aufgrund der mündlichen Erläuterung und
Ergänzung seines Gutachtens im Senatstermin vom 16.06.2000 (BA 2488 - 2526) ist der
Senat weiterhin davon überzeugt, daß der hier in Rede stehende Brand entgegen vor
allem der Meinung der Beklagten zu 3) nicht durch eine Überhitzung von elektrischen
Leitungen ohne Einfluß der Schweißarbeiten entstanden ist.
88
Der Senat hielt entgegen der Rüge der Beklagten zu 3) die mündliche Anhörung des
Sachverständigen zu seinem Ergänzungs-Gutachten vom 03.12.1999 für sachgerecht
und zulässig. Das ausführliche Gespräch mit dem Sachverständigen über Stunden hat
gezeigt, daß auf diese Art und Weise alle Zweifelsfragen vor allem der Beklagten zu 3)
besser, eingehender und vollständiger erörtert worden sind, als wenn der Senat
weiterhin schriftliche (Ergänzungs-) Gutachten in Auftrag gegeben hätte. Der Beklagte
zu 4) beanstandet (Seite 2 seines Schriftsatzes vom 04.09.2000) zu Unrecht, daß die
Fragen und die von Rechtsanwalt Dr. H. als dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten
zu 3) jeweils zu ihnen gemachten einleitenden Erörterungen nicht auf dem Tonträger
festgehalten worden sind. Bereits bei der ersten Frage mit ihren erläuternden
Ausführungen ergaben sich bei ihrer Aufnahme auf den Tonträger Schwierigkeiten.
Darauf hat der Senats-Vorsitzende erklärt, er halte es nicht für notwendig, die Fragen an
den Sachverständigen auf den Tonträger zu diktieren, weil aus den ausführlichen
Schriftsätzen die streitigen Fragen bekannt seien. Dieser Auffassung hat keiner der
anwesenden Prozeßbevollmächtigten widersprochen und die Aufnahme der Fragen mit
ihren Erläuterungen verlangt, worauf die Protokollierung unterblieben ist.
89
Wegen der Einzelheiten der Begründung, daß der streitgegenständliche Brand nicht
durch eine Überhitzung von elektrischen Leitungen sondern allein durch die
Schweißarbeiten ausgelöst worden ist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen
zunächst auf das Ergänzungsgutachten von Prof. Dr.-Ing. D. H. vom 03.12.1999 und auf
seine mündlichen Erläuterungen im Senatstermin vom 16.06.2000 Bezug genommen.
90
Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. H. hat gegen Ende des Termins vom 16.06.2000
erklärt (S. 39 der Sitzungsniederschrift, BA 2526):
91
"Ich meine, wir (meine Mitarbeiter und ich) haben den Nachweis geführt, wie die
Entzündung an diesen Wasserleitbändern funktioniert. Wir haben diese Situation
im Experiment nachgestellt. Wir haben im Experiment zu unserem Erstaunen, wie
ich vorhin erläuterte, anfänglich auch den ausschließlich nur von den
Wasserleitbändern entstehenden weißen Rauch gesehen, den vorher die Arbeiter
zu Protokoll gegeben haben. Ist das nicht eine Argumentationskette, die schlüssig
ist und zu Ende geht statt vieler Spekulationen?"
92
Mit dieser Meinung des Sachverständigen, daß er in einer schlüssigen
Argumentationskette die Brandentstehung erklärt hat, und zwar einleuchtend und
überzeugend, stimmt der Senat überein. Nun ist zwar dem von der Beklagten zu 3)
93
beauftragten (Privat-) Gutachter Prof. Dr.-Ing. E. G. der Nachweis gelungen, daß unter
besonderen, von dem Sachverständigen beschriebenen Bedingungen ein Lichtbogen in
Folge eines Installationsfehlers im Bereich der Regenrinne zu einer Entzündung der
Kabelisolierung, der Regenrinne und des damit sich etwa in Berührung befindlichen
Wasserleitbandes führen kann, ein Ergebnis, das der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. H.
mit den Versuchen, die er auf andere Art und Weise durchgeführt hat, nicht erreicht hat.
Diese abstrakte, von dem Privat-Gutachter Dr.-Ing. G. aufgezeigte Möglichkeit ist jedoch
nach der Überzeugung des Senats kein zwingender und überzeugender Anlaß,
entgegen der zuvor gemachten Darstellung nicht mehr von der Brandentstehung durch
die Schweißarbeiten der Beklagten zu 3) auszugehen. Der Brand ist in unmittelbarem
örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Lichtbogenhandschweiß-Arbeiten
entstanden. Wie allgemein bekannt ist, birgt diese Schweißart wegen der hohen
Temperaturen der dabei entstehenden Schweißperlen sehr große Brandgefahren, wenn
keinerlei Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, um der Brandgefahr zu begegnen.
In dieser Hinsicht ist am 11.04.1996 nicht das geringste geschehen. Die zwei
Kupferdrähte, hinsichtlich deren festgestellt worden ist, daß sie in den Halterungen der
Regenrinne eingehängt waren, und hinsichtlich deren davon auszugehen ist, daß sie
von elektrischen Leitungen stammen und bei einer Nachinstallation unsachgemäß
verlegt worden sind, befanden sich, da über Arbeiten in diesem Bereich nichts (mehr)
bekannt ist, schon lange am Ort der Brandentstehung. Nun läßt es sich zwar
denkgesetzlich nicht ausschließen, daß es an diesen Drähten nach Jahren gerade zum
Zeitpunkt der Schweißarbeiten, aber unabhängig davon zu dem von Prof. Dr.-Ing. G.
beschriebenen Lichtbogen gekommen ist. Angesichts der extremen, durch die
Schweißarbeiten herbeigefügten Brandgefahr ist das jedoch nicht mehr als eine völlig
fernliegende, abstrakte Möglichkeit. Im Rahmen einer zivilrechtlichen Beweiswürdigung
wird nicht weniger, aber auch nicht mehr als die subjektive Überzeugung von der
Wahrheit gefordert. Absolute Gewißheit zu verlangen, hieße, die Grenze menschlicher
Erkenntnisfähigkeit zu ignorieren. Jeder Richter muß sich mit einer "persönlichen
Gewißheit" begnügen, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig
auszuschließen (vgl. Zöller-Greger a.a.O. Rn. 19 zu § 286 ZPO m.w.N. auf die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Dieses Maß an Gewißheit über die
Entstehung des Brandes, das den Zweifeln Schweigen gebietet, ist für den Senat durch
die Gutachten von Prof. Dr.-Ing. H. und den von ihm durchgeführten Versuchen
gegeben.
Diese Auffassung deckt sich, ohne daß es darauf entscheidungserheblich ankommt, mit
der der Brandsachverständigen Heinrich G....... und Wolfgang K... von dem Büro für
Brandursachenermittlung S. . Dieses Büro hat für den Haftpflichtversicherer des
Beklagten zu 4) ein Privat-Gutachten erstattet (Anlage 2, BA 606 - 618) und ist darin (vgl.
Seite 6 und 7, BA 611 und 612) zu dem Ergebnis gelangt, daß die elektrische Anlage
als Brandursache ausscheidet.
94
C.
95
I.
96
Bei einer Brandentstehung gemäß dem Gutachten von Prof. Dr.-Ing. H. hat die Beklagte
zu 3) mit den Schweißarbeiten die den Brand auslösende Ursache gesetzt. Nach
Baubeginn trifft in erster Linie den Unternehmer die Verkehrssicherungspflicht, da er mit
seinen Bauarbeiten die Gefahrenquelle unmittelbar schafft und auch die tatsächliche
Verfügungsgewalt hat, um die notwendigen und zumutbaren Sicherungsmaßnahmen zu
97
treffen und für geordnete Verhältnisse auf der Baustelle zu sorgen (vgl. Werner/Pastor,
Der Bauprozeß, 9. Aufl., Rdn. 1846 m.w.N.). Diese Verkehrssicherungspflicht des
Unternehmers bezieht sich auch auf den Schutz Dritter, die mit dem Baustellenbereich
in Verbindung kommen, wie auch auf die Mieter des Bauherren (vgl. Werner/Pastor
a.a.O. Rdn. 1847 m.w.N.).
Der Subunternehmer, der zur Durchführung der Bauarbeiten eingeschaltet wird, ist im
allgemeinen kein Verrichtungsgehilfe des Bauunternehmers mit der Folge, daß der
Bauunternehmer für dessen Fehlverhalten nicht nach deliktischen Grundsätzen haftet
(vgl. BGH NJW 1994, 2256/2257; Pastor/ Werner a.a.O. Rdn. 1848). Unter diesem
Gesichtspunkt entfällt in diesem Fall jedoch eine Haftung der Beklagten zu 3) nach §
823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 831 Abs. 1 BGB nicht. Denn der Beklagte zu 4) ist bei dieser
Baumaßnahme als Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 3) tätig geworden. Zwar hat
der Beklagte zu 4) seit dem Jahre 1981 ein eigenes Gewerbe für Schlosserarbeiten
angemeldet und als selbständiger Unternehmer auch eine eigene
Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Er hat jedoch, wenn er nicht für sich
selber Aufträge ausführt, einen eigenen Arbeitsplatz im Büro der Beklagten zu 3) in
Dortmund. Bei Tätigkeiten für die Beklagte zu 3) stellt diese ihm Arbeitnehmer,
Werkzeuge, Materialien und Baustellenfahrzeuge. Diese Verflechtungen mit der
Beklagten zu 3) hat der Beklagte zu 4) in seinem Schriftsatz vom 19.03.1997 von der
Beklagten zu 3) unwidersprochen, § 138 Abs. 3 ZPO, vorgetragen. Damit stimmt
überein, daß die Beklagte zu 3) dem Beklagten zu 4) auch für die hier in Rede
stehenden Arbeiten an der Dehnungsfuge, weil sie keinen bei ihr angestellten
Arbeitnehmer zum Einsatz unter der Leitung des Beklagten zu 4) frei hatte, den bei der
E. I. GmbH entliehenen Schweißer G. R. J. überlassen hat. Vor allem aber ist der
Beklagte zu 4) unstreitig in dem großen Eignungsnachweis für Lichtbogenschweißen
der Beklagten zu 3) als Hilfsperson ihrer - der Beklagten zu 3) - Schweißaufsichtsperson
Dipl.-Ing. K. aufgeführt. Die Gesamtheit dieser Umstände indiziert die Eingliederung des
Beklagten zu 4) in den Betrieb der Beklagten zu 3) jedenfalls für Fälle der hier
vorliegenden Art, in denen der Beklagte zu 4) Arbeiten, deren Ausführung vom
Auftraggeber vertraglich der Beklagten zu 3) übertragen worden ist, durchführt.
Hinzukommt, daß die Beklagte zu 3) nach ihrem eigenen Vortrag den Beklagten zu 4)
regelmäßig fortbildet und schult und die ihm übertragenen Baustellen überwacht (S. 4/5
ihres Schriftsatzes vom 30.11.1998, GA 1809/1810). Auch das spricht dafür, daß der
Beklagte zu 4) bei für die Beklagte zu 3) ausgeführten Tätigkeiten nicht wie ein
eigenverantwortlicher Subunternehmer handelt, der Weisungen des Hauptunternehmers
nicht unterworfen ist.
98
Maßstab für Art und Umfang der Verkehrssicherungspflichten, die nach alledem der
Beklagten zu 3) eigenverantwortlich oblagen, sind - neben den hier nicht einschlägigen
DIN-Normen - vor allem auch die Unfallverhütungsvorschriften der einschlägigen
Berufsgenossenschaft (vgl. Werner/Pastor a.a.O. Rdn. 1847 m.w.N.). Diese sind von
dem für die Beklagte zu 3) tätig gewordenen Prokuristen H., dem vor Ort eingesetzten
Beklagten zu 4) und den Schweißern W. und J. in kaum nachzuvollziehender Weise
unbeachtet geblieben. Nach § 30 UVV 26.0 Schweißen, Schneiden und verwandte
Verfahren (VBG 15) hat der Unternehmer vor Beginn der Schweißarbeiten in brand-
oder explosionsgefährdeten Bereichen dafür zu sorgen, daß die Brand- und
Explosionsgefahr beseitigt wird. Diese Unfallverhütungsvorschrift spricht mit dem
Unternehmer jedenfalls auch die Beklagte zu 3) an. Denn es ist abwegig anzunehmen,
daß sich die Unfallverhütungsvorschrift "Schweißen, Schneiden und verwandte
Verfahren" der Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft nicht an
99
die Unternehmer wendet, zu deren Unternehmenszweck diese Tätigkeiten gehören und
die Mitglied dieser Berufsgenossenschaft sind. Solche Unternehmen haben diese
Unfallverhütungsvorschrift vielmehr in erster Linie zu beachten. Ob auch eine
Gesellschaft wie die Beklagte zu 1) "Unternehmer" im Sinne dieser
Unfallverhütungsvorschrift ist, wenn sie auf ihrem umfangreichen Betriebsgelände
Schweißarbeiten ausführen läßt, bedarf in diesem Zusammenhang keiner
Entscheidung, weil die Beklagte zu 3) ihre Sicherungsmaßnahmen auf jeden Fall nach
dieser Unfallverhütungsvorschrift auszurichten hat. Nach der Durchführungsanweisung
zu § 30 UVV 26.0 (VBG 15) muß bei Schweißarbeiten außerhalb dafür eingerichteter
Werkstätten - also bei Schweißarbeiten, wie sie die Beklagte zu 3) auf fremden Grund
und Boden durchführen ließ - stets mit dem Vorhandensein von brand- oder
explosionsgefährdeten Bereichen gerechnet werden. Die Mitarbeiter der Beklagten zu
3) durften somit nicht ohne eigene Prüfung das Verhalten der Beklagten zu 1) und des
Beklagten zu 2) dahin würdigen, es bestehe im Bereich der Dehnungsfuge keine
Brandgefahr. Auch der Umstand, daß keine Schweißerlaubnis nach § 30 Abs. 2 UVV
26.0 (VBG 15) vorlag, berechtigte - unabhängig davon, ob die Schweißerlaubnis von der
Beklagten zu 3) oder der Beklagten zu 1) auszustellen war - angesichts der klaren
Durchführungsanweisung nicht zu der Annahme, es bestünden keine Brandgefahren.
Nach dem Sicherheitslehrbrief für Lichtbogenschweißer (ZH 1/101) von 06/94, der
ebenfalls den Schweißerlaubnisschein anspricht, muß bei Montage- und
Reparaturarbeiten außerhalb der betrieblichen Schweißwerkstätten vor Aufnahme der
Schweißarbeiten die Arbeitsstelle und ihre Umgebung besichtigt werden. In diesem
Zusammenhang wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß durch bauliche
Verkleidungen die brennbaren Stoffe häufig nicht sichtbar sind.
Die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) hätten somit die Dehnungsfuge untersuchen
müssen. Das wäre mit einfachen Mitteln möglich gewesen, wie etwa mit dem Einführen
eines flachen Gegenstandes oder einer Sonde. Dann wären die unteren
Gummileitbänder entdeckt worden. Daraufhin hätten sie diese und/oder die oberen
Gummileitbänder, welche die zwei Schweißer unstreitig vor dem Beginn der
Schweißarbeiten entfernt hatten, auf ihre Brennbarkeit überprüfen können. Schon das
Vorhandensein der oberen Gummileitbänder, die sinnlos waren, wenn sich die mit ihnen
begonnene Kanalisierung von Feuchtigkeit nicht irgendwie fortsetzte, hätte - losgelöst
von allen anderen bereits angesprochenen Umständen - bei den Mitarbeitern der
Beklagten zu 3) die Zweifel daran, daß die Fuge leer war, begründen und/oder
verstärken müssen. Ebenso durften die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) ohne jedwede
eigene Überprüfung der seinerzeitigen Bauunterlagen oder ohne sonstige eigene
Überprüfungen nicht davon ausgehen, daß das Dämmaterial unter der Betondecke
tatsächlich nicht brennbar war. Es kommt somit nicht einmal entscheidungserheblich
darauf an, daß schon das Herauslösen nur eines kleinen Stückchens dieser Dämmung
und dessen Beflammung etwa mit einem Feuerzeug der Beklagten zu 3) die
Unrichtigkeit ihrer ungeprüften Annahme, daß das Dämmaterial unbrennbar sei,
nachgewiesen hätte. Daß die Beklagte zu 1), wie die Beklagte zu 3) vorträgt, selbst die
Untersuchung eines kleinen Bereichs der Decke unterhalb der Dehnungsfuge
verweigert hätte, ist eine Behauptung, deren Richtigkeit sich heute nicht mehr
überprüfen läßt. Sie würde allenfalls dann ein Argument zur Entlastung der Beklagten
zu 3) sein, wenn sie dieses Ansinnen tatsächlich gestellt hätte und die Untersuchung
von der Beklagten zu 1) abgelehnt worden wäre. Aber auch dann hätte gegolten, daß
die Mitarbeiter der Beklagten zu 3), wenn sie schon keine Untersuchungen im Hinblick
auf Brandlasten vornahmen, auf jeden Fall die Dehnungsfuge mit nicht brennbarem
Material, etwa mit Stein- oder Mineralwolle, gegen das Eindringen von Funken in
100
darunter liegende Bereiche hätten abdichten müssen. Schon durch diese einfache
Maßnahme wäre der Brand vermieden worden. Auf die Erörterung der vielen weiteren
Maßnahmen, welche die Beklagte zu 3) nach der Ansicht der Klägerin unter Beachtung
der Unfallverhütungsvorschriften hätten durchführen müssen und die nach dem
Vorbringen der Beklagten zu 3) unter den hier gegebenen besonderen Bedingungen
angeblich nicht notwendig waren oder den Brand nicht verhindert hätten, kommt es nach
alledem nicht entscheidungserheblich an.
Die Beklagte zu 3) hat sich für das Verschulden ihrer Mitarbeiter nicht entlastet. Für das
Versagen ihres Prokuristen H. haftet sie ohne Entlastungsmöglichkeit nach § 31 BGB
(vgl. Palandt-Thomas a.a.O. Rdn. 4 zu § 831 BGB i.V.m. Palandt/Heinrichs Rdn. 3-5 zu
§ 30 und Rdn. 5-8 zu § 31 BGB). Der Prokurist H. war zumindest besonderer Vertreter
im Sinne des § 30 BGB. Er hat die gesamten Verhandlungen mit der Beklagten zu 1)
geführt. Nach seinem Auftreten, so wie es von der Beklagten zu 1) ohne Widerspruch
der Beklagten zu 3), § 138 Abs. 3 ZPO, vorgetragen worden ist, hat er den Auftrag für die
Beklagte zu 3) "hereingeholt" und bis zu der Brandkatastrophe organisatorisch
abgewickelt. Ihm war somit ein bestimmter sachlicher Aufgabenkreis übertragen, und er
konnte in dessen Durchführung nach außen selbständig handeln. Die Beklagte zu 3) hat
nichts dazu vorgetragen, daß die Art und Weise, wie der Prokurist H. aufgetreten ist,
nicht auf langer Übung und/oder betrieblichen Anordnungen beruhte. Das Gegenteil ist
auch sonstwie nicht ersichtlich. Damit stimmt überein, daß die Beklagte zu 3) gegen die
Ansicht des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil, der bei der Abgabe des
Angebots und der Durchführung des streitgegenständlichen Auftrags maßgeblich
beteiligte Prokurist H. sei als verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 3)
anzusehen, im Berufungsverfahren konkrete Einwendungen nicht erhoben hat. Daß der
Prokurist H. zur Klärung etwaiger Brandlasten weder Zeichnungen und sonstige
Unterlagen eingesehen, noch detaillierte Gespräche mit der Beklagten zu 1) geführt hat,
noch selber Untersuchungen an Ort und Stelle vorgenommen oder durch den Beklagten
zu 4) oder die Schweißer W. und J. veranlaßt hat, wurde bereits ausgeführt.
101
Nach alledem kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, daß die Beklagte
zu 3) den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB für den Beklagten zu 4), der
- wie begründet, in diesem Fall nicht als selbständiger, keinen Weisungen der
Beklagten zu 3) unterworfener Subunternehmer tätig geworden ist - sowie für die beiden
Schweißer W. und J. nicht geführt hat. Wenn der Beklagte zu 4) bei Durchführung des
hier in Rede stehenden Auftrags nicht als selbständiger Subunternehmer tätig geworden
ist, sind auch die Schweißer W. und J. mangels einer anderweitigen
Zuordnungsmöglichkeit als Verrichtungsgehilfen der Beklagten zu 3) tätig geworden. Es
mag sein, daß alle an der Dehnungsfuge vor Ort tätig Gewordenen für die
auszuführenden Schweißarbeiten qualifiziert waren und über Zeugnisse zum Nachweis
ihrer Qualifikation als Schweißer verfügten. Diese Befähigung hindert jedoch nicht die
bereits gemachte Feststellung, daß sich alle von der Beklagten zu 3) vor Ort
Eingesetzten zur Vermeidung eines Brandes selbst um die Unfallverhütungsvorschriften
nicht gekümmert haben, deren Befolgung mehr als naheliegend war. Diese
"unbefangene Sorglosigkeit" steht der Ansicht der Beklagten zu 3) entgegen, das
Fehlverhalten vor allem des Beklagten zu 4) sei ein einmaliger "Ausreißer" gewesen. Es
erscheint vielmehr die Annahme gerechtfertigt, daß die Mitarbeiter der Beklagten zu 3),
weil sie vielfach im Freien an Brückenbauwerken und ähnlichen Bauwerken arbeiteten,
in deren Nähe sich keine Baulasten befanden, es mit den Unfallverhütungsvorschriften
zur Vermeidung eines Brandes generell nicht so genau nahmen. Jedenfalls reichten
unter diesen Umständen die allgemeinen Ausführungen der Beklagten zu 3) in der
102
Berufungsbeantwortung vom 30.11.1998 (S. 3-5) zur schlüssigen Darlegung der
Voraussetzungen für den Entlastungsbeweis nicht aus. Ihr allgemeiner und im
einzelnen nicht nachprüfbarer Vortrag, bei allen Inspektionen habe das Verhalten des
Beklagten zu 4) in der gesamten Zeit der Zusammenarbeit mit ihm keinerlei Anlaß zu
Beanstandungen gegeben, insbesondere nicht, was die notwendigen
Sicherheitsvorkehrungen auf den Baustellen betroffen habe, läßt nicht einmal
andeutungsweise erkennen, auf welche Sicherheitsvorkehrungen die Beklagte zu 3) im
Rahmen ihrer Überwachungsmaßnahmen überhaupt geachtet hat. Möglicherweise hat
sie in der Vergangenheit auf die Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften genauso
wenig Wert gelegt wie in diesem Fall. Zumindest läßt sich das Gegenteil ihrem
Vorbringen nicht entnehmen.
Das Fehlverhalten der Mitarbeiter der Beklagten zu 3) war für den Brand adäquat
kausal. Unterläßt jemand bei erfahrungsgemäß gefährlichem Verhalten - wie es das
Schweißen darstellt - gebotene Sicherheitsvorkehrungen, die einen Schaden verhindert
hätten, so ist der eingetretene Verletzungserfolg auch dann eine adäquate Folge der
Unterlassung, wenn er sich auf eine nicht vorhersehbare Weise verwirklicht hat. Dafür
ist die Erwägung maßgeblich, daß bei einem Verhalten, dem ein erhebliches
Gefahrenpotential innewohnt, besondere Sorgfalt auch im Hinblick auf im einzelnen
nicht vorhersehbare Abläufe angebracht ist (vgl. Mertens bei Soergel, BGB, 12. Aufl.,
Rdn. 129 vor § 249 BGB). Die Zurechnung der von der Beklagten zu 3) und ihren
Mitarbeitern gesetzten Ursache wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß außer dem
zum Schadenersatz verpflichtenden Ereignis noch andere Ursachen zur Entstehung des
Schadens beigetragen haben, in diesem Fall der Einbau von aluminiumkaschierten
Polystyrolplatten anstelle von nicht brennbarem Dämmaterial. Denn der zum
Schadenersatz verpflichtende Umstand braucht nicht die überwiegende oder
wesentliche Ursache zu sein (vgl. Palandt-Heinrichs a.a.O. Rdn. 66 vor § 249 BGB
m.w.N.). Unterstelltes Fehlverhalten Dritter unterbricht den Zurechnungszusammenhang
nicht (vgl. Palandt-Heinrichs a.a.O. Rdn. 73 und 74 vor § 249 BGB). Eine andere
Beurteilung mag geboten sein, wenn es sich um ganz ungewöhnliche, keinesfalls zu
erwartende Verläufe handelt (vgl. Palandt- Heinrichs a.a.O. Rdn. 68 vor § 249 BGB
m.w.N.). Diese Ausnahmelage war in diesem Schadensfall jedoch nicht gegeben. Es ist
nicht ungewöhnlich, daß sich ein Brand von einem Brandherd aus - hier im Bereich der
Dehnungsfuge - weiter ausdehnt. Die Beklagte zu 3) und ihre Mitarbeiter hatten
aufgrund von eigenen Überprüfungen, weil sie diese nicht vorgenommen haben, keinen
berechtigten Anlaß zu der Annahme, daß sich ein Brand innerhalb der Dehnungsfuge
unter keinen Umständen weiter ausdehnen konnte. Sie wußten immerhin, daß unterhalb
der Dehnungsfuge von Menschen benutzte Räumlichkeiten lagen, in denen sich sehr
feuchtigkeitsempfindliche Geräte befanden. Die aus dem Brückenbau abgeleitete
Erwartung, Schweißfunken würden unterhalb der Öffnung der Dehnungsfuge auf einer
Abkantung folgenlos verglühen, war eine angesichts der Örtlichkeit durch keine vor dem
Beginn des Schweißens getroffene Feststellung begründete Annahme, ebenso wie
angesichts des Vorhandenseins von Räumen, die von Menschen benutzt wurden,
unterhalb der Dehnungsfuge kein begründeter Anlaß für die Erwartung gegeben war, es
befände sich kein brennbares Material in einer solchen Entfernung zu der
Dehnungsfuge, die das Übergreifen eines Brandes aus der Dehnungsfuge heraus nicht
zuließ. Entscheidend ist, daß bei Schweißarbeiten ohne jedwede
Sicherheitsvorkehrungen die Entstehung eines Brandes durch Funkenflug durchaus im
Rahmen des Möglichen lag. Entscheidungsunerheblich ist, ob der große Umfang der
Brandausbreitung und damit der erhebliche Schadens-umfang voraussehbar waren
oder nicht.
103
1. II.
104
105
Neben der Beklagten zu 3) ist auch der Beklagte zu 4) wegen Verletzung von
Verkehrssicherungspflichten, § 823 Abs. 1 BGB, für den streitgegenständlichen
Schaden verantwortlich. Daß er unter Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften
selbst ein Mindestmaß an Sicherheitsvorkehrungen gegen die durch das Schweißen
begründeten Brandgefahren nicht getroffen hat, wurde bereits im Rahmen der
Würdigung des Verhaltens der Beklagten zu 3) begründet. Der Beklagte zu 4) war bei
der Sanierung der Dehnungsfuge entweder als "Bauleiter" der Beklagten zu 3) oder als
Subunternehmer tätig. Nur diese beiden Möglichkeiten läßt der Vortrag der Parteien zu.
Wenn der Beklagte zu 4) Subunternehmer gewesen sein sollte, - wovon der Senat nach
den Ausführungen unter C. I. jedoch nicht ausgeht -, fielen ihm die gleichen
Pflichtverletzungen zur Last, die zuvor der Beklagten zu 3) vorgeworfen worden sind.
Der Beklagte zu 4) hatte jedoch nach seiner eigenen Darstellung die Position eines
Bauleiters (vgl. seinen Schriftsatz vom 19.03.1997). Er bezeichnet sich nach seinen
Angaben als "Ansprechperson vor Ort". Es kann unentschieden bleiben, was darunter
genau zu verstehen ist. Denn der Beklagte zu 4) räumt ein, als solche "Ansprechperson
vor Ort" für die Einhaltung der in Nr. 3.3 der "Besonderen Vertragsbedingungen"
niedergelegten organisatorischen Modalitäten zuständig gewesen zu sein. Danach hat
der Auftragnehmer - also die Beklagte zu 3) - sicherzustellen, daß die Baustelle ständig
von einem Deutsch sprechenden und hinreichend qualifizierten Fachbauleiter
beaufsichtigt und geleitet wird. Als solchem oblag es dem Beklagten zu 4), wie er selber
zugesteht, für die Sicherheit der Baustelle und die Durchführung der Arbeiten -
gegebenenfalls auf der Grundlage einer von einer anderen Person zu erteilenden
Schweißerlaubnis - zu sorgen (vgl. S. 30 seiner Berufungserwiderung, GA 1786). Als
Bauleiter war der Beklagte zu 4) auch nach allgemeinen Grundsätzen
verkehrssicherungspflichtig. Denn neben dem Unternehmer, hier der Beklagten zu 3), ist
auch ein Angestellter oder Arbeiter des Unternehmers verkehrssicherungspflichtig,
wenn er an der Baustelle eine solche Leitungsfunktion ausübt, daß er dadurch in
seinem Arbeitsbereich praktisch den Unternehmer ersetzt (vergl. Werner/ Pastor a.a.O.
Rdn. 1848). Der Beklagte zu 4) hat entgegen seiner Ansicht gegen ihm obliegende
Verkehrssicherungspflichten verstoßen. Denn als verantwortlicher Bauleiter trafen ihn
die gleichen Verkehrssicherungspflichten wie die Beklagte zu 3). Auf die in Bezug auf
die Beklagte zu 3) gemachten Ausführungen unter C. I. kann daher vollinhaltlich
verwiesen werden. Betont werden soll nur nochmals, daß der Senat die Meinung des
Beklagten zu 4) nicht teilt, es hätten keinerlei Sicherungsmaßnahmen eingehalten zu
werden brauchen, weil keine Schweißerlaubnis erteilt worden sei. Wie schon
begründet, mußte der Beklagte zu 4) in Übereinstimmung mit den Regelungen in den
UVV mit versteckten Brandgefahren rechnen. Von deren Nichtvorhandensein hätte er
erst nach eigener Überprüfung ausgehen dürfen, nicht jedoch schon deshalb, weil ein
anderer die Ausstellung einer Schweißerlaubnis unterlassen hatte, was auch - wie hier
tatsächlich geschehen - auf einer Pflichtverletzung des an sich Pflichtigen beruhen
konnte. Der Beklagte zu 4) hätte zumindest, unabhängig von allen sonstigen
Verpflichtungen, dafür sorgen müssen, daß die Dehnungsfuge, an der die
Schweißarbeiten durchgeführt wurden, nach unten durch nicht brennbares Material
106
abgedichtet wurde.
Wenn der Beklagte zu 4) - hilfsweise unterstellt - als selbständiger und damit
eigenverantwortlicher Subunternehmer tätig geworden sein sollte, haftet er, was dann
keiner besonderen Begründung bedarf, für die einzelnen bereits dargelegten
Unterlassungen der nach den UVV erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen erst recht.
Bei dieser Fallgestaltung gelten, wie soeben bereits erwähnt, die im Hinblick auf die
Pflichtverletzungen der Beklagten zu 3) gemachten Ausführungen auch für ihn.
107
Den Gesichtspunkt, mit dem das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die
Schadenersatzpflicht des Beklagten zu 4) verneint hat - dieser hätte nicht mit der
Ausbreitung des Brandes in dem eingetretenen Ausmaß rechnen können, weil er von
dem Vorhandensein des brennbaren Dämmaterials nichts gewußt und ihm insoweit
auch keine Prüfungspflicht oblegen habe -, hält der Senat für verfehlt. Denn wie
ebenfalls schon dargelegt wurde, reicht es im Rahmen der adäquaten Verursachung zur
Bejahung der Zurechnungsfähigkeit einer Ursache zu einem Schaden aus, daß der
Handelnde aufgrund seines pflichtwidrigen Verhaltens überhaupt mit dem Eintritt eines
Schadens rechnen mußte. Die Einzelheiten des möglichen Schadens und seinen
Umfang muß er vorab nicht überblicken können.
108
1. III.
109
110
Der Beklagten zu 1) fällt ebenfalls ein Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten, §
823 Abs. 1 BGB, zur Last, der ihre Haftung begründet.
111
1. Bei der Durchführung eines Bauvorhabens, wie es die Sanierung der Dehnungsfuge
darstellte, ist grundsätzlich zunächst der Bauherr - hier also die Beklagte zu 1) -
verkehrssicherungspflichtig, da er der Veranlasser der Baumaßnahme ist und damit
auch die Gefahrenquelle schafft. Schaltet jedoch der Bauherr einen als zuverlässig
geltenden sachkundigen Unternehmer ein, so ist er in der Regel von einer
Schadenersatzpflicht befreit. Denn mehr kann einem "unkundigen" Bauherrn nicht
zugemutet werden. Er kann als Laie nicht erkennen, ob alle notwendigen
Vorsichtsmaßnahmen getroffen sind (vgl. dazu Werner/Pastor a.a.O. Rdn. 1852 und
1853 m.w.N.).
112
Wie zwischen den Parteien nicht im Streit ist, handelt es sich bei der Beklagten zu 3) um
eine anerkannte und allseits geschätzte Fachfirma zur Abdichtung von Dehnungsfugen.
113
Die Ersatzpflicht des Bauherrn bleibt jedoch dann aufrechterhalten, a) wenn der Bauherr
Anlaß zu Zweifeln haben muß, ob der Unternehmer den Gefahren und
Sicherungsanforderungen an der Baustelle in gebührender Weise Rechnung getragen
hat (vgl. dazu Werner/Pastor a.a.O. Rdn. 1854 m.w.N.) b) oder wenn bei Tätigkeiten, die
mit besonderen Gefahren verbunden sind, diese auch von ihm erkannt werden können
oder erkennbar waren und durch eigene Anweisungen abge stellt werden können (vgl.
Werner/Pastor a.a.O. Rdn. 1855 m.w.N.).
114
1. Unter dem zuerst genannten Gesichtspunkt ist die Ersatzpflicht der Beklagten zu
1) bestehen geblieben, weil der Beklagte zu 2) am 11.04.1996 erkannt oder
fahrlässig nicht erkannt hat, daß die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) bei ihren
Schweißarbeiten keinerlei Sicherungsmaßnahmen gegen Brandgefahren
getroffen hatten und sich dem Beklagte zu 2) die Gefährlichkeit dieser
Unterlassung hätte aufdrängen müssen. Die Beklagte zu 1) muß sich das
Verschulden des Beklagten zu 2) als eines ihrer Mitarbeiter in der Bauabteiung
wenn schon nicht nach § 31 BGB so jedoch jedenfalls nach § 831 Abs. 1 BGB
zurechnen lassen. Denn der Beklagte zu 2) war für diese Baumaßnahme der
fachkundige Vertreter der Beklagten zu 1), der von ihr mit der Kontrolle der von der
Beklagten zu 3) übernommenen vertraglichen Verpflichtungen betraut war (S. 31
seines Schriftsatzes vom 03.03.1997). Den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1
S. 2 BGB hat die Beklagte zu 1) nicht geführt. Sie hat jedenfalls nicht konkret und
nachprüfbar vorgetragen, daß und gegebenenfalls wie sie den Beklagten zu 2) bei
der Durchführung seiner Aufgaben, die er für sie - die Beklagte zu 1) - als
Bauherrin bei den verschiedenen, auf einem Flughafen anfallenden Bau- und
Renovierungsarbeiten wahrzunehmen hatte, überwacht hat (vergl. etwa S. 10
ihres Schriftsatzes vom 12.05.1999 und S. 14/15 ihres Schriftsatzes vom
02.06.2000).
115
116
Der Beklagte zu 2) konnte bei seiner Baustellenbesichtigung am 11.04.1996 zwischen
und 14.00 Uhr und 15.00 Uhr erkennen, daß die Schweißer W. und J. bereits mit den
Schweißarbeiten begonnen hatten. Nach dem von dem Sachverständigen Paul C..... für
Donnerstag, den 11.04.1996, erstellten Zeitplan (GA 322, jetzt im Sonderband A), dem
keiner der Parteien konkret widersprochen hat, § 138 Abs. 3 ZPO, sind von 11.00 Uhr
bis 12.00 Uhr oder 12.30 Uhr erste Schweißarbeiten ausgeführt worden. Ab 13.00 Uhr
oder 13.15 Uhr wurden mehrere längere Schweißnähte von "zwei Enden" im Bereich
der Fuge durch die Schweißer W. und J. bezogen. Diese Arbeiten und ihr Ergebnis
waren nicht zu übersehen, es sei denn, der Beklagte zu 2) hätte für den Arbeitsablauf
keinerlei Interesse gehabt, was angesichts seiner Aufgabenstellung weder ihn noch die
Beklagte zu 1) entlasten würde. Wie die Beklagte zu 3) inzwischen zugestanden hat,
sind die Vakuumprofile zur Abdichtung gegen Feuchtigkeit nicht in die Dehnungsfuge
eingebaut worden, weil, wie die Beklagte zu 3) vorgetragen hat, deren Einbringung
wegen der Gefälleverhältnisse nicht nötig und bereits ein Zelt aufgebaut war (Seite 8 der
Berufungsbeantwortung der Beklagten zu 3), GA 1813). Es kann also offen und
unentschieden bleiben, ob das Vorbringen des Beklagten zu 2) erheblich ist: Die von
der Beklagten zu 1) und von ihm geforderte Abdichtung gegen Feuchtigkeit sei als ein
umfassendes Kriterium für eine Abdichtung der Fuge gemeint gewesen. Er habe
angenommen, daß die Abdichtung mit Vakuumprofilen auch gegen Hitzeeinwirkungen
ausreiche, weil das Material, innerhalb dessen sich das Vakuum befinde, nicht brennbar
sei. Er habe die Beschaffenheit und genaue Funktion solcher Vakuumprofile nicht
gekannt. Der Beklagte zu 2) konnte bei seinem Baustellenbesuch somit wahrnehmen
oder hätte bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt wahrnehmen können und müssen,
daß die Fuge offen war und die Schweißer keinerlei Schutzmaßnahmen gegen das
Eindringen von Funken getroffen hatten. Denn die Vakuumprofile waren, wie soeben
117
dargelegt, trotz des Beginns der Schweißarbeiten nicht in die Fuge eingelegt worden.
Auch wenn der Beklagte zu 2) kein Fachmann für Schweißtechniken ist, konnte er sich
als Bauingenieur und Architekt der Erkenntnis nicht verschließen, daß Schweißen, vor
allem Lichtbogenschweißen, infolge des damit verbundenen Funkenflugs erhebliche
Brandgefahren zu begründen geeignet ist. Es ist dem Beklagten zu 2) zwar nicht zu
widerlegen, keine Kenntnis davon gehabt zu haben, daß das Dämmmaterial unterhalb
der Decke entgegen den Auflagen in der ursprünglichen Baugenehmigung nicht
unbrennbar, sondern entflammbar war. Er konnte aber zumindest nicht mit Sicherheit
davon ausgehen, daß der Fugenspalt frei von jedwedem brennbaren Material war. Denn
immerhin waren zuvor die oberen Gummileitbänder ausgebaut worden. Da somit der
Fugenspalt bis zu deren Entfernung nicht frei von brennbarem Material war, war die
Annahme, die Fuge sei nunmehr völlig leer, ohne sachliche Berechtigung. Außerdem
befanden sich unter der Fuge die Räumlichkeiten, die unbedingt vor dem Eindringen
von Feuchtigkeit geschützt werden mußten. Vergleichbar mußten sie und vor allem die
sich darin aufhaltenden Personen vor den Schweißfunken bewahrt werden. Die
Vermutung, die Schweißfunken würden spätestens auf einer Abdankung liegen bleiben,
war, da Untersuchungen des Deckenaufbaus nicht vorgenommen worden waren,
ebenfalls durch nichts gestützt. Jedenfalls hätte der Beklagte zu 2) aber, wenn er sich in
Bezug auf die Brand-Gefahr durch Lichtbogenschweißen in keiner Weise als
sachkundig ansah, vorsorglich, präventiv die Schweißarbeiten bis zum Eintreffen der
Feuerwehr und deren Lagebeurteilung untersagen müssen. Als Mitarbeiter der
Beklagten zu 1), der für die Kontrolle der von der Beklagten zu 3) übernommenen
vertraglichen Verpflichtungen zuständig war, zu denen unter anderem gehörte,
118
daß die Beklagte zu 3) der Beklagten zu 1) gegenüber für die Einhaltung aller
Sicherheitsvorschriften verantwortlich ist und alle erforderlichen Maßnahmen zum
Schutz von Personen und Sachwerten zu treffen und ständig aufrecht zu erhalten hat
(unter Nr. 16 des Teils 3 "Ar- beitsauftrag"),
119
hätte er bei mangelnder eigener Kenntnis über das Ausmaß von Brandgefahren beim
Lichtbogenschweißen dafür sorgen müssen, daß mit der Flughafenfeuerwehr die
Fachleute beteiligt wurden, welche die Brandgefahren und die zu deren Beseitigung
notwendigen Maßnahmen fachkundig beurteilen konnten. Es kann offenbleiben, ob und
in welchem Maße angesichts der allgemeinen Überzeugung, auf dem
Flughafengelände befänden sich keinerlei Brandlasten, jedenfalls nicht in
nennenswertem Umfang, die Vermutung ordnungsgemäßen Verhaltens der
Flughafenfeuerwehr bei rechtzeitiger Unterrichtung über die Schweißarbeiten
erschüttert ist. Es läßt sich aber keinesfalls ausschließen, daß die Feuerwehr
angesichts der schon angesprochenen Unfallverhütungsvorschriften zumindest
gefordert hätte, daß die Fuge nach unten "rein vorsorglich" mit nicht brennbaren
Materialien gegen die Schweißfunken abgedichtet wurde, was durch das Einlegen etwa
von Steinwolle ohne große Schwierigkeiten und Kostenaufwand möglich gewesen
wäre. Der Senat sieht keine stichhaltigen und überzeugenden Anhaltspunkte dafür, daß
sich die Flughafenfeuerwehr angesichts ihrer Kenntnis über Brandgefahren über
jedwede Sicherheitsmaßnahmen hinweggesetzt hätte.
120
Auf die Streitfrage zwischen der Beklagten zu 3) und dem Beklagten zu 4) einerseits
sowie der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) andererseits, ob der Beklagte zu 2)
am 11.04.1996 von dem Schweißer W. auf den Funkenflug angesprochen worden ist
und darauf erwidert hat, das mache nichts, kommt es nach alledem nicht
121
entscheidungserheblich an, so daß die in diesem Zusammenhang von den Parteien
angebotenen Beweise nicht erhoben werden mußten.
3. Die Beklagte zu 1) haftet auch deshalb unter dem Gesichtspunkt bei ihr als Bauherrin
verbliebener und verletzter Verkehrssicherungspflicht, weil sie den Gefahren, die durch
die Anbringung der aluminiumkaschierten Polystyrolplatten unter der Decke entstanden
sind und sich bei dem Brand verwirklicht haben, nicht durch geeignete Maßnahmen
begegnet ist.
122
Es ist eine Erfahrungstatsache, daß die beim Lichtbogenschweißen entstehenden
Schweißfunken einen Brand auslösen können. Der Inhalt der einschlägigen
Unfallverhütungsvorschriften belegt die Brandgefährlichkeit solcher Schweißarbeiten.
Diese Brandgefahr, die durch die von der Beklagten zu 1) in Auftrag gegebenen
Schweißarbeiten begründet wurde, ist, was durch die Augenfälligkeit dieser Gefahr
indiziert wird, zumindest einer Bauherrin wie der Beklagten zu 1) bekannt, die eine
eigene Bauabteilung mit Mitarbeitern unterhält, die, auch wenn sie keine Fachleute für
Schweißarbeiten sind, jedenfalls auf dem Gebiet des allgemeinen Bauwesens
fachkundig und kompetent sind.
123
Von diesem Ausgangspunkt her hätte die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 3) bei der
Ausschreibung und der Vergabe des Auftrags zur Durchführung der Arbeiten an der
Dehnungsfuge konkret auf die unter der Betondecke angebrachten
aluminiumkaschierten Polystyrolplatten hinweisen müssen. Denn unabhängig von der
zwischen den Parteien heftig umstrittenen Streitfrage, ob die Verwendung dieses
Dämmmaterials seinerzeit bauordnungswidrig war oder nicht, ist folgendes von
Bedeutung: Nach der Baugenehmigung sollten zunächst, um die Brandbelastung so
niedrig wie möglich zu halten, sämtliche Einbauten, einschließlich der abgehängten
Decken und ihrer Unterkonstruktion, der Wandverkleidungen und Trennwände aus nicht
brennbarem Material der Baustoffklassen A 1 und A 2 erstellt werden (unter 1.4.2).
Unabhängig von der rechtlichen Streitfrage, ob diese Anordnung auch für die hier in
Rede stehende Dämmung unterhalb der Betondecke galt oder ob sie diese Art der
Wärmedämmung nicht erfaßte, ist über das Material für diese Wärmedämmung ab dem
17.02.1975 mit den Dienststellen der Streitverkündeten der Parallelverfahren, der
Landeshauptstadt Düsseldorf, ein Schriftwechsel geführt worden. Im Zusammenhang
damit sind Brandversuche durchgeführt worden. Zumindest an dem am 16.10.1975
vorgenommenen Versuch hat der Leiter der Bauabteilung der Beklagten zu 1) namens
W. teilgenommen (vgl. den Aktenvermerk vom 17.10.1975, Anlage B 3 - 14). Herr W. war
sodann in die weiteren Versuche jedenfalls eingebunden (vgl. den soeben
angesprochenen Aktenvermerk und den Aktenvermerk vom 22.10.1975, GA 914). Der
spätere Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Prof. Dr. R. hat nach der Aktennotiz vom
30.10.1975 am 28.10.1975 an einer Besprechung teilgenommen, in deren Verlauf die
Problematik des Einbaus von Polystyrol im Zusammenhang mit einem
Feuerschutzanstrich erörtert worden ist und damit auch, daß nicht brennbare Baustoffe
der Baustoffklassen A 1 oder A 2 nicht zum Einbau gelangen sollten. Im Ergebnis hat
die Streitverkündete der Parallelverfahren sodann dem Einbau eines Materials
zugestimmt, das jedenfalls nicht unbrennbar, sondern der Baustoffklasse B zuzuordnen
war, also entflammbar war. Um dieses aktenkundige Geschehen wußten nach dem
Vorhergesagten Prof. Dr. R. und der Leiter der Bauabteilung W.. Damit war ihnen auch
bekannt oder hätte ihnen jedenfalls bewußt sein müssen, daß die Auffassung, die nach
dem Vortrag der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) allgemein verbreitet war,
nämlich daß zu den Bauten des Flughafens kein brennbares Material verwandt worden
124
sei, unzutreffend war. Gerade auf diesem Hintergrund hätte die Beklagte zu 1) die
Beklagte zu 3) auf das Vorhandensein dieser jedenfalls entflammbaren - ob schwer,
normal oder leicht mag in diesem Zusammenhang dahinstehen - Polystyrolplatten
hinweisen müssen. Zumindest hätte sie aber angesichts der Komplexität des
Baukörpers Flughafen, den die Beklagte zu 3) nicht ohne weiteres in allen Einzelheiten
hat erfassen können, der Beklagten zu 3) Pläne oder sonstige Unterlagen aus der Zeit
der Errichtung der Baustufe II aushändigen müssen, aus denen die Anbringung der
Polystyrolplatten in der Nähe der Dehnungsfuge zu ersehen war. Denn gerade der
Umfang und die vielen Einzelheiten der Vereinbarungen zu dem erteilten
Sanierungsauftrag in den Besonderen Vertragsbedingungen und den Zusätzlichen
Vertragsbedingungen legten für die Beklagte zu 3) die Annahme nahe, daß darin alles
für sie Wissenswerte angesprochen und weiteres von wesentlicher Bedeutung nicht zu
berücksichtigen sei. Die starke Betonung der Notwendigkeit, die Dehnungsfuge wegen
der empfindlichen Geräte in den darunter gelegenen Räumen abzudichten, war objektiv
geeignet, den Blick der Beklagten zu 3) und des Beklagten zu 4) von anderen Gefahren
abzulenken, auch wenn dies jene Parteien letztendlich nicht entschuldigt.
Das Tatsachenwissen über den Einbau von aluminiumkaschierten Polystyrolplatten bei
Prof. Dr.-Ing. R. und dem Bauleiter W. muß sich die Beklagte zu 1) zurechnen lassen,
sei es nach § 31 BGB, sei es nach § 831 Abs. 1 BGB. Prof. Dr.-Ing. R. ist seit dem
01.03.1978 einer der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) (vgl. Seite 9 des Schriftsatzes
der Beklagten vom 12.05.1999) und war damit in den Jahren, in denen die Beklagte zu
3) mit der Sanierung der Fuge beauftragt wurde und ihr das Wissen über die
Verwendung der aluminiumkaschierten Polystyrolplatten hätten vermittelt werden
müssen, ihr Organ im Sinne des § 31 BGB.
125
Auch der Leiter der Bauabteilung W. war, als er den Sanierungsauftrag an die Beklagte
zu 3) unterzeichnete, verfassungsmäßig berufener Vertreter der Beklagten zu 1) im
Sinne des § 31 BGB. Der Begriff des verfassungsmäßig berufenen Vertreters ist weit
auszulegen. Es ist nicht erforderlich, daß die Tätigkeit des Vertreters in der Satzung
vorgesehen ist. Er braucht auch keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zu
besitzen. Es genügt, daß ihm durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung
bedeutsame wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen,
eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, und er die juristische Person insoweit
repräsentiert. Weisungsgebundenheit im Innenverhältnis ist unschädlich, sofern - wie
hier - der Vertreter nach außen selbständig auftritt (vergl. Palandt-Heinrichs a.a.O. Rdn.
6 zu § 31 BGB m.w.N.). Somit stehen die Ausführungen der Beklagten zu 1) in der
Berufungsbegründung (S. 35) und im Schriftsatz vom 29.09.1999 (S. 23/24) der hier
vertretenen Auffassung über die Stellung des Leiters der Bauabteilung W. nicht
entgegen.
126
Wenn dem jedoch nicht gefolgt wird, haftet die Beklagte zu 1) für die soeben
angesprochene, in einer Unterlassung bestehende Handlungsweise des Leiters der
Bauabteilung W. auf jeden Fall nach § 831 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie hat nicht in
ausreichendem Maße Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt, aus denen sich
die Voraussetzungen für einen Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 S. 2 BGB
ergeben. Es mag sein, daß die Beklagte zu 1) mit dem Dipl.-Ingenieur W. einen sehr
qualifizierten Mitarbeiter eingestellt und beschäftigt hat. Sie trägt jedoch nicht konkret
vor, ob und gegebenenfalls auf welche Weise sie mit welchen nachvollziehbaren und
nachprüfbaren Einzelmaßnahmen und mit welchem Ergebnis ihren Mitarbeiter W.
fortdauernd planmäßig mit auch unerwarteten Kontrollen überwacht hat (vergl. dazu
127
Palandt-Thomas a.a.O. Rdn. 14 zu § 831 BGB m.w.N.).
4. Da bereits aus den soeben dargelegten Gründen die Haftung der Beklagten zu 1)
gegeben ist, kann es, weil dieser Umstand nicht (mehr) entscheidungserheblich ist,
offen bleiben, ob die Beklagte zu 1) zusätzlich auch dadurch die ihr obliegende
Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, daß sie keinen "Schweißerlaubnisschein"
ausgestellt hat. Der Senat konnte ohne die Hilfe eines Sachverständigen nicht
beurteilen, ob nach den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften die Ausstellung des
Schweißerlaubnisscheins der Beklagten zu 1) oder der Beklagten zu 3) oblag.
128
1. IV.
129
130
Die Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten zu 2) hat das Landgericht zu Unrecht
abgewiesen mit der Begründung, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß ihm
das Vorhandensein der eingebauten großen Menge des brennbaren Dämmaterials
bekannt gewesen sei, was die Ursache der Brand- ausbreitung gewesen sei, so daß
ihm die Brandgefährlichkeit der von den Beklagten auszuführenden Arbeiten nicht
erkennbar gewesen sei. Von einer fehlenden Kenntnis der Brandlasten des Beklagten
zu 2) ist zwar unwiderlegt auszugehen, da er erst nach dem Abschluß der Bauarbeiten
der Baustufe 2 in die Dienste der Beklagten zu 1) getreten ist. Dadurch entfällt aber nicht
seine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB.
131
Der Beklagte zu 2) war der von der Beklagten zu 1) bestimmte Ansprechpartner für die
Beklagte zu 3) und den Beklagten zu 4) für die hier in Rede stehenden
Sanierungsarbeiten an der Dehnungsfuge. Soweit die Beklagte zu 1) im Rahmen ihrer
sekundären Verkehrssicherungspflicht durch ihn handelte, und der Beklagte zu 2) sich
dabei pflichtwidrig verhalten hat, ist er auch selber deliktsrechtlich verantwortlich. Denn
im Rahmen der allgemeinen Rechtspflicht, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung
anderer zu nehmen (= Verkehrssicherungspflicht) ist Verpflichteter jeder, der in der Lage
ist, "über die Sache zu verfügen" (vergl. Palandt-Thomas a.a.O. Rdn. 59 zu § 823 BGB
m.w.N.). Dazu gehört in diesem Fall auch der Beklagte zu 2) da ihn die Beklagte zu 1)
bestimmt hat als Ansprechpartner für die Beklagte zu 3) und den Beklagten zu 4), der
unter anderem dafür sorgen sollte, daß die Beklagte zu 3) alle gegenüber der Beklagten
zu 1) übernommenen Verpflichtungen zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und
alle Maßnahmen zum Schutz von Personen und Sachwerten auch erfüllte. Diese
Aufgabe hat der Beklagte zu 2) schuldhaft in pflichtwidriger Weise verletzt. Wegen der
Einzelheiten hinsichtlich der Pflichtverstöße wird zur Vermeidung von Wiederholungen
auf die Ausführungen unter C. III.2. verwiesen.
132
D. Im Hinblick auf die Regelungen in den §§ 775, 776 ZPO war das Urteil für vorläufig
vollstreckbar zu erklären, § 708 Nr. 10 ZPO.
133
Der Wert der Beschwer für jeden der vier Beklagten liegt jeweils über 60.000,00 DM, §
546 Abs. 1 ZPO.
134