Urteil des OLG Düsseldorf vom 07.04.2006

OLG Düsseldorf: aufschiebende wirkung, beiladung, ermessen, rechtssicherheit, gas, erheblichkeit, elektrizität, härte, politik, vertretung

Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-3 Kart 161/06 (V)
Datum:
07.04.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VI-3 Kart 161/06 (V)
Tenor:
Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung ihrer
Beschwerde vom 08.03.2006 gegen den Beschluss der
Bundesnetzagentur vom 10. Februar 2006 (Az.: BK 8-05/018)
anzuordnen, wird zurückgewiesen.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
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I.
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Die Beschwerdeführerin ist Übertragungsnetzbetreiberin im Sinne der §§ 3 Nr. 10, 12 ff
EnWG. Mit Schreiben vom 27.10.2005 hat sie bei der Bundesnetzagentur einen Antrag
auf Genehmigung der Entgelte für den Netzzugang gemäß § 23 a EnWG gestellt.
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Der Antragsteller ist der V... e.V. (V...), zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben u. a. die
Vertretung der wirtschaftlichen, technischen, rechtlichen und politischen Interessen
seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft sowie in
der Öffentlichkeit zählen. Seine Mitglieder bilden ca. 80 % der industriellen und
gewerblichen Stromnachfrager in Deutschland ab. Mit Schreiben vom 10.11.2005 hat
der Antragsteller seine Beiladung zu dem o. g. Genehmigungsverfahren beantragt
(Anlage Ast. 3). Gegen den Widerspruch der Beschwerdeführerin hat die Netzagentur
den Antragsteller durch den (hier) angefochtenen Beschluss zu dem
Regulierungsverfahren beigeladen (Anlage Bf. 1). Zur Begründung hat die Netzagentur
im Wesentlichen ausgeführt: Die Erheblichkeit der Interessenberührung folge zumindest
aus dem Umstand, dass die Interessen einer Vielzahl von Mitgliedern des Antragstellers
berührt seien und infolge der Interessenbündelung die Erheblichkeitsschwelle
überschritten sei. Dass die Interessenbündelung ausreiche, folge aus dem
verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken des § 66 Abs. 2 Nr. 3 HS. 2 EnWG. Die
Beteiligung des Antragstellers könne für das Verfahren förderlich sein. Die Interessen
der Beschwerdeführerin würden durch eine Beiladung des Antragstellers nicht
unzumutbar beeinträchtigt. Die Gewährung bloß eines Stellungnahmerechts gemäß §
67 Abs. 2 EnWG stelle kein milderes geeignetes Mittel dar. Dies folge u. a. aus der
fehlenden Möglichkeit, im Rahmen des § 67 Abs. 2 EnWG Akteneinsicht zu erhalten, so
dass die Einbindung des Antragstellers im Rahmen des § 67 Abs. 2 EnWG nicht in der
gleichen Weise verfahrensförderlich wäre. Die Beiladung des Antragstellers, d.h. eines
Verbandes der berührten industriellen und gewerblichen Stromabnehmer, sei
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verfahrensökonomisch.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde.
Daneben stellt sie einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres
Rechtsmittels sowie den weiteren Verfahrensantrag, vorläufig bis zur Eilentscheidung
des Senats die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen. Sie macht
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beiladung geltend. Der Antragsteller sei
mangels erheblicher Berührung seiner Interessen bzw. der Interessen eines
wesentlichen Teils seiner Mitglieder nicht beiladungsfähig. Zumindest sei die Beiladung
nicht erforderlich, jedenfalls aber nicht angemessen und daher unverhältnismäßig, da
sie die Möglichkeit des Drittanfechtungsverfahrens eröffne und die Rechts- und
Planungssicherheit der Beschwerdeführerin beeinträchtige. Wegen der Relevanz von
Geschäftsgeheimnissen für den Ausgang des Verwaltungsverfahrens stelle die
Beiladung einen schwerwiegenden Eingriff in geschützte Rechtspositionen der
Beschwerdeführerin dar. Die Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme gemäß
§ 67 Abs. 2 EnWG sei zur Wahrung der Interessen des Antragstellers bzw. seiner
Mitglieder ein ebenso geeignetes, gegenüber ihr, der Beschwerdeführerin, aber
milderes Mittel. Die Bundesnetzagentur habe nicht berücksichtigt, dass dem
Antragsteller infolge der Beiladung praktisch keine zusätzlichen Rechte gegenüber der
Gewährung einer Gelegenheit zur Stellungnahme zustünden.
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Die Beschwerdeführerin beantragt,
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die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen den Beiladungsbeschluss der
Bundesnetzagentur vom 10.2.2006 (BK 8-05/018) anzuordnen,
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vorläufig bis zur Eilentscheidung des Senats die aufschiebende Wirkung der
Beschwerde anzuordnen.
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Die Bundesnetzagentur beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Sie und der weitere Verfahrensbeteiligte, der Antragsteller, treten dem Vorbringen der
Beschwerdeführerin im Einzelnen entgegen.
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II.
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Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde
gegen den Beiladungsbeschluss der Bundesnetzagentur vom 10.2.2006 anzuordnen,
ist unbegründet. Weder bestehen an der angefochtenen Entscheidung ernstliche
Zweifel im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 2 EnWG, noch hätte die Vollziehung für die
Beschwerdeführerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen
gebotene Härte im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 3 EnWG zur Folge.
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Gemäß § 77 Abs. 3 S. 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 2 EnWG ist die aufschiebende Wirkung der
Beschwerde anzuordnen, wenn an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung
ernstliche Zweifel bestehen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sind diese
Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt.
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1. Gemäß § 66 Abs. 2 Nr. 3 Hs.1 EnWG kann die Regulierungsbehörde Personen und
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Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt
werden, auf ihren Antrag zu dem Verfahren beiladen. Für die gleich lautende
Bestimmung des § 54 Abs. 2 Nr. 3 S.1 GWB ist anerkannt, dass - im Gegensatz zu
rechtlichen Interessen - auch wirtschaftliche Interessen der beiladungswilligen Person
genügen; mittelbare Auswirkungen eines bestimmten Verfahrensausgangs reichen
ebenfalls aus, sofern sie erheblich sind (vgl. OLG Düsseldorf, WuW E-DE-R 523, 525;
Karsten Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. § 54 Rn. 38, 39). Für die
Beiladung nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG gilt nichts anderes. Abweichend von § 54 Abs.
2 Nr. 3 GWB, wo kartellrechtlich relevante wirtschaftliche Interessen berührt sein
müssen, also Interessen, die mit der Freiheit des Wettbewerbs oder der
Wertbewerbsstruktur im relevanten Markt zusammenhängen (vgl. OLG Düsseldorf,
a.a.O.), kommt es für die Beiladung nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG auf die spezifischen
Zielsetzungen des Energiewirtschaftsgesetzes an, die in § 1 EnWG geregelt sind.
Zweck des EnWG ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche,
effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit
Elektrizität und Gas (§ 1 Abs. 1 EnWG). Ferner soll die Regulierung der Elektrizitäts-
und Gasversorgungsnetze den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und
unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der
Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von
Energieversorgungsnetzen dienen (§ 1 Abs. 2 EnWG). Daran haben sich die
anerkennenswerten wirtschaftlichen Interessen beiladungswilliger Personen zu
orientieren. Wer geltend machen kann, durch eine potentielle
Regulierungsentscheidung in seinen durch das Energiewirtschaftsgesetz geförderten
Interessen erheblich berührt zu sein, kann von der Regulierungsbehörde beigeladen
werden. Gleiches gilt für Personenvereinigungen, zu denen auch die
Wirtschaftsverbände zählen. Für ihre Beiladung genügt es, wenn die Interessen ihrer
Mitgliedsunternehmen erheblich betroffen sind und der Verband diese Interessen auch
tatsächlich und maßgeblich repräsentiert. Nicht erforderlich ist, dass alle seine
Mitglieder von den geschützten Interessen berührt sind (vgl. KG WuW/E OLG 1072,
1073 zum GWB). Vielmehr liegt eine erhebliche Interessenberührung eines Verbandes
auch dann vor, wenn die Interessen eines wesentlichen Teils seiner Mitglieder betroffen
sind (vgl. Karsten Schmidt a. a. O. § 54 Rdn. 41; Bechtold, GWB, § 54 Rn. 8 a. E.). Ist in
diesem Sinne eine Interessenberührung festgestellt, liegt die Beiladung im
pflichtgemäßen Ermessen der Regulierungsbehörde.
2. Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Beiladung des Antragstellers bei der
im Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden.
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a) Der Antragsteller ist der "V... e.V.". Seine Mitgliedsunternehmen bilden 80 % der
industriellen und gewerblichen Strombezieher in Deutschland ab. Zu seinen
satzungsmäßigen Zielen gehört die allgemeine Förderung einer international
wettbewerbsfähigen und gesicherten Energie-, Kraft- und Wasserwirtschaft in den
Betrieben der gewerblichen Wirtschaft am Standort Deutschland auf der Basis der
Ordnungsprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft. Die Verbandsziele sollen u. a. erreicht
werden durch eine nationale Vertretung der gemeinsamen wirtschaftlichen, technischen,
rechtlichen und politischen Interessen der energieerzeugenden sowie energie- und
wasserverbrauchenden Mitgliedsunternehmen gegenüber Politik, Verwaltung,
Wissenschaft und Wirtschaft sowie in der Öffentlichkeit und durch Stellungnahmen zu
allen Fragen, welche die Energie-, Kraft- und Wasserwirtschaft und den sie berührenden
Umweltschutz betreffen. Die satzungsmäßige Tätigkeit des Antragstellers weist somit
unmittelbare Bezüge zur Entgeltregulierung nach dem Energiewirtschaftsgesetz auf, die
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u. a. eine preisgünstige Energieversorgung der Allgemeinheit, also auch der
Wirtschaftsunternehmen in Deutschland, zum Ziel hat. Von dem Ergebnis der
Entgeltregulierung im Übertragungsnetz der Beschwerdeführerin wird ein erheblicher
Teil der Mitgliedsunternehmen des Antragstellers betroffen sein. Die genehmigten
Entgelte stellen nach § 23 a Abs. 2 S. 2 EnWG Höchstpreise dar, welche nicht
überschritten werden dürfen. Unabhängig davon, auf welcher Netzstufe die
Entgeltregulierung stattfindet, ist zu erwarten, dass die regulierten Netzentgelte an einen
Großteil der Mitgliedsunternehmen des Antragstellers weitergegeben werden. Darin
zeigt sich die mit Blick auf § 1 Abs. 1 EnWG relevante Interessenberührung. Diese ist
auch erheblich. Davon geht das Energiewirtschaftsgesetz bereits im Grundsatz aus;
denn der Gesetzgeber hat auch unter diesem Gesichtspunkt einen unmittelbaren
Handlungsbedarf für den Erlass des EnWG gesehen. Überdies liegt die Erheblichkeit
der Interessenberührung tatsächlich nahe. Die Netzentgelte machen einen wesentlichen
Anteil an den Energiepreisen aus, die Energiepreise wiederum bilden einen
wesentlichen Block in der Kalkulation der Industrie- und Handelsunternehmen. Von
entsprechend hoher Relevanz wird die potentielle Regulierungsentscheidung für die
Mitgliedsunternehmen des Antragstellers sein.
b) Da die gesetzlichen Erfordernisse für eine Beiladung im Sinne des § 66 Abs. 2 Nr. 3
EnWG erfüllt sind, steht die Entscheidung über den Beiladungsantrag des Antragstellers
im Ermessen der Bundesnetzagentur. Die Überprüfung des Beschwerdegerichts ist
daher darauf beschränkt, ob die Netzagentur von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch
gemacht hat, insbesondere von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die
gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat, durch die konkrete
Ermessenentscheidung Sinn und Zweck des Gesetzes verfehlt oder bei der
Ermessensabwägung Interessen eines Beteiligten in erheblicher Weise außer Acht
gelassen hat. Allen Prüfungskriterien hält der angefochtene Beschluss stand.
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Ohne Erfolg rügt die Beschwerdeführerin, die Bundesnetzagentur habe dem Interesse
an Rechtssicherheit hinsichtlich der Höhe der Entgelte für den Netzzugang nicht
genügend Rechnung getragen. Mit der Möglichkeit der Beiladung hat der Gesetzgeber
(auch) eine Grundentscheidung zugunsten der Drittanfechtung getroffen, die zu
respektieren ist. Zudem zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, dass eine
Drittanfechtung eine für sie oder die Allgemeinheit nicht hinnehmbare
Rechtsunsicherheit schaffen würde. Im Übrigen bleibt der Regulierungsbehörde Raum,
im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens steuernd zu wirken und das, was die
Beschwerdeführerin mit dem Auftreten von Popularklagen bezeichnet, wirksam zu
verhindern. Das Ermessen der Regulierungsbehörde erstreckt sich namentlich auch auf
die Auswahl verschiedener beiladungsfähiger Personen (vgl. OLG Düsseldorf, WuW/E
DE-R 1607; Beschlüsse vom 21.9.2005, IV-Kart-9/05 (V) S. 4 f des Umdrucks und
21.12.2005, VI-Kart 17/05, S. 8 f des Umdrucks). Popularklagen sind zudem schon
deshalb nicht zu gewärtigen, weil die Beiladung eine erhebliche Interessensberührung
erfordert. Auch das von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang behauptete
Ermessensdefizit liegt im Streitfall nicht vor. Die ergänzenden Ausführungen der
Netzagentur im Schriftsatz vom 29.3.2006 zeigen, dass sie dem Gesichtspunkt der
Rechtssicherheit Rechnung getragen hat. Das Ergänzen von Ermessenserwägungen
auch noch im Beschwerdeverfahren ist zulässig, sofern – wie hier – die nachträgliche
Begründung nicht zu einer Wesensänderung der angefochtenen Entscheidung führt,
eine vollständige Nachholung oder Auswechslung der die Ermessenentscheidung
tragenden Gründe unterbleibt und der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung nicht
beeinträchtigt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2005, VI-Kart 17/05 (V),
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S. 10/11 unter Hinweis auf BVerwGE 105, 55).
Die Bundesnetzagentur hat ebenfalls die Auswirkungen der Beiladung auf den Schutz
der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beschwerdeführerin genügend beachtet.
Ihre Annahme, dass sich aus den §§ 71, 84 EnWG ein hinreichender
Schutzmechanismus ergebe, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt auch mit Blick auf die
von der Beschwerdeführerin genannten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.
Der inzwischen ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
14.3.2006 (1 BVR 2087/03, 1 BvR 2111/03) ist zwar zu entnehmen, dass es gegen die
durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Berufsfreiheit verstößt, wenn ein Gericht (oder eine
andere staatliche Stelle) in einem gesetzlich dafür vorgesehenen gesonderten
Verfahren zur Überprüfung der Geheimhaltungswürdigkeit von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen ein entsprechendes Schutzinteresse nur anerkennt, soweit
existenzbedrohende oder nachhaltige Nachteile aus einer Offenbarung der Information
an Wettbewerber zu befürchten sind. Indes ist zu erwarten, dass die Bundesnetzagentur
die einschlägigen und übertragbaren Grundsätze jener
Verfassungsgerichtsentscheidung bei der Anwendung der Geheimnisschutzvorschriften
beachten wird. Hierzu erscheint es im Streitfall nicht erforderlich, dass sie von einer
Beiladung des Antragstellers gänzlich absieht.
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Ob die Beiladung des Antragstellers für das Regulierungsverfahren förderlich ist, hat im
Ausgangspunkt allein die Netzagentur im Rahmen ihres Entschließungsermessens zu
beurteilen. Auch die diesbezügliche Kritik der Beschwerdeführerin geht fehl. Selbst
wenn das mit dem Beiladungsantrag vorgelegte Gutachten des Antragstellers bislang
keine neuen Erkenntnisse gebracht haben sollte, kann von seinen Feststellungen
zumindest eine die Bundesnetzagentur in ihren Annahmen bestätigende und auf diese
Weise förderliche Wirkung ausgehen. Überdies ist offen, welche Beiträge der
Antragsteller im Verfahren noch leisten wird. Dies einzuschätzen, ist Sache der
Netzagentur. Das Stellungnahmerecht nach § 67 Abs. 2 EnWG bietet dem Antragsteller
jedenfalls kein gleichwertiges Aktionsforum. Nur die Beiladung eröffnet ihm die rechtlich
abgesicherte Möglichkeit zum Vortrag und zur Diskussion noch im
Rechtsmittelverfahren. Zwar kann die Regulierungsbehörde im Rahmen ihrer
Ermessensentscheidung berücksichtigen, ob die beiladungswillige Person in der Lage
wäre, ihren Standpunkt im Verwaltungsverfahren anderweitig vorzutragen (vgl. Karsten
Schmidt, a.a.O. § 54 Rn. 44 m.w.N.). Ist Letzteres zu bejahen, schließt dies eine
Beiladung jedoch nicht aus. Vielmehr bleibt es bei dem grundsätzlich weiten
Entschließungsermessen der Regulierungsbehörde, auch unter dem Gesichtspunkt,
dass die Stellungnahme nach § 67 Abs. 2 EnWG ein für die anderen
Verfahrensbeteiligten milderes Mittel wäre. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen
einer Beiladung – wie hier – gegeben, muss ein Verfahrensbeteiligter die damit
verbundenen Belastungen grundsätzlich hinnehmen. Auch dies entspricht der
prinzipiellen Wertung, die der Gesetzgeber mit der Schaffung der Beiladungsmöglichkeit
getroffen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass aufgrund besonderer Umstände im Streitfall
eine Ausnahme geboten wäre.
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Unter Abwägung der mit der Beiladung verbundenen Belastungen der
Beschwerdeführerin, ihrem Interesse an Rechtssicherheit, dem milderen Mittel einer
Anhörung, dem Interesse des Antragstellers an einer Beteiligung sowie der
Förderlichkeit seiner Beiladung für das Verfahren ist die Netzagentur zu einer
vertretbaren Beiladungsentscheidung gelangt. In diesem Zusammenhang ist auch nicht
zu beanstanden, dass nach Ansicht der Netzagentur die Beiladung des Antragstellers,
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d.h. eines Verbandes der berührten industriellen Stromabnehmer,
verfahrensökonomisch sei. Überlegungen zur Verfahrensökonomie, die dem Interesse
der Behörde an einer Konzentration und Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens
dienen, sind als Ermessensaspekt grundsätzlich anzuerkennen (vgl. für die Beiladung
nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2005, VI-Kart 17/05
(V), S. 6 f des Umdrucks).
2. Aus alledem folgt zugleich, dass eine die Beschwerdeführerin belastende unbillige
Härte im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 3 EnWG mit der Beiladung des Antragstellers nicht
verbunden ist.
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3. Der von der Beschwerdeführerin nur bedingt gestellte Antrag zu 2 ist durch die
vorliegende Entscheidung über den Antrag zu 1 gegenstandslos.
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L. v. R. W.
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