Urteil des OLG Düsseldorf vom 20.11.2001
OLG Düsseldorf: unterbrechung der verjährung, wirkung ex nunc, steuerberater, positive vertragsverletzung, werkvertrag, spezifikation, gewerbesteuer, bilanz, dienstvertrag, abgrenzung
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-23 U 26/01
Datum:
20.11.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-23 U 26/01
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weiterge-
henden Rechtsmittels das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer
des
Landgerichts Mönchengladbach vom 26. September 2000 abgeändert
und
insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt,
an die Klägerin 20.609,96 DM nebst Zinsen aus 14.188,25 DM i. H.
v. 11,25 % vom 7. August 1994 bis 17. April 1995, 11 % vom
18. April 1995 bis 31. Januar 1996, 10,5 % vom 1. Februar 1996 bis 8.
März 1996 und 4 % ab 9. März 1996 sowie nebst 4 % Zinsen aus
6.421,71 DM seit dem 29. März 2001 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz werden zu 62 % dem Beklagten
und zu 38 % der Klägerin auferlegt.
Die Kosten des Rechtsstreits 2. Instanz werden zu 74 % dem Beklagten
und zu 26 % der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die - nach Anerkenntnis der Rechnung vom 27. Juli 1994 über 1.533,41 DM auf die
Rechnung vom 26. Juli 1994 über 4.888,30 DM beschränkte - zulässige Berufung des
Beklagten ist mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs unbegründet. I. Der Klägerin
steht gegen den Beklagten ein Honoraranspruch auch aus der Rechnung vom 26. Juli
1994 über 4.888,30 DM zu. 1. Die Einwände des Beklagten in 1. Instanz gegen eine
hinreichende Spezifikation der Rechnungen im Sinne von § 9 Abs. 2 StBGebV sind
durch die Vorlage der Rückseite gegenstandslos geworden. Soweit der Beklagte in 1.
Instanz auch noch nach Vorlage der Rückseite der Rechnung mit Gebührenspezifikation
weitere Einwände gegen die Gebührensätze bzw. die Vergütungshöhe erhoben hat, hat
er diese in der Berufungsinstanz nicht aufrecht erhalten. 2. Durch die erstmalige Vorlage
einer spezifizierten und formgerecht unterzeichneten Rechnung mit klägerischem
Schriftsatz vom 27. März 2001, eingegangen am 29. März 2001, ist diese Rechnung
nunmehr auch gemäß § 9 Abs. 1 und 2 StBGebV einforderbar. a. Die bis zum Eingang
des Schriftsatzes vom 27. März 2001 vorgelegte Rechnung erfüllte nicht die
Anforderungen des § 9 Abs. 1 und 2 StBGebV, da sie nicht die notwendige Unterschrift
des Geschäftsführers der Klägerin aufwies. Gemäß § 9 Abs. 1 StBGebV kann der
Steuerberater die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem
Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Bei Steuerberatungsgesellschaften
gelten entsprechend § 50 StBG die berufsrechtlichen Vorschriften für die Vertretung der
Gesellschaft durch ein Mitglied des Vorstandes, einen Geschäftsführer oder einen
persönlich haftenden Gesellschafter. Die Unterschrift des Steuerberaters unter seiner
Honorarrechnung ist ebenso wie die in § 18 Abs. 1 BRAGO geregelte Unterschrift des
Rechtsanwalts unverzichtbar und Voraussetzung der Einforderbarkeit (der BGH, NJW
1998, 3.488, hat offengelassen, ob es sich hierbei um eine Prozessvoraussetzung oder
um eine Voraussetzung der Klagebegründung handelt). Die Unterzeichnung durch
einen Mitarbeiter, und sei er auch selbst Berufsangehöriger, genügt nicht (OLG Köln GI
1995, 272). Das Fehlen der Unterschrift kann nicht dadurch geheilt werden, dass in
einem vom Steuerberater unterschriebenen Mahnschreiben auf die nicht
unterschriebene Honorarrechnung Bezug genommen wird (OLG Düsseldorf, 13.
Zivilsenat, GI 1997, 167) oder dass ein Prozessbevollmächtigter im Auftrag des
Steuerberaters Honorarklage erhebt. Die Einforderbarkeit hat Einfluss auf Prozess- und
Verzugszinsen, nicht jedoch auf die Unterbrechung der Verjährung (BGH, a.a.O.). Die
vorstehenden Grundsätze stehen nicht im Widerspruch zur Entscheidung des 13.
Zivilsenats vom 10. Dezember 1998 (GI 1999, 71). Diese Entscheidung befasst sich nur
mit der Frage, ob das Fehlen der Formerfordernisse gemäß § 9 Abs. 2 StBGebVen im
Honorarprozess durch schriftsätzlichen Vortrag (ex nunc) geheilt werden kann. b. Der
Formverstoß ist nunmehr durch Vorlage einer formgerecht unterschriebenen Rechnung
mit dem am 29. März 2001 eingegangene Schriftsatz vom 27. März 2001 in der
Berufungsinstanz (mit Wirkung ex nunc) geheilt worden. Der Zweck des § 9 StBGebV,
dass ein dazu im Sinne von § 9 Abs. 1 StBGebV, § 50 StBG befugter Berufsangehöriger
die Verantwortlichkeit für die Berechnung der Gebühren (einschl. deren notwendiger
Spezifikation im Sinne von § 9 Abs. 2 StBGebV) übernimmt (vergl. Eckert, StBGebV, 3.
Aufl. 2001, amtliche Begründung zu § 9 StBGebV, vor Rdnr. 1), ist dadurch Genüge
getan; die Rückseite der Rechnung mit Spezifikation hat die Klägerin bereits im 1.
Rechtszug überreicht (Bl. 80 GA) .
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3. Gewährleistungsansprüche, die zur Minderung oder zum Ausschluss der noch
streitgegenständlichen Honorarforderung i. H. v. 4.888,30 DM führen, stehen dem
Beklagten nicht zu. a. Die im Rahmen der unterschiedlichen
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Gewährleistungsregelungen notwendige Abgrenzung zwischen Dienst- und
Werkvertrag ist bei freiberuflicher Tätigkeit anhand den nach der Dogmatik des BGB
entscheidenden und praktisch brauchbaren Abgrenzungskriterien zu treffen, dass beim
Dienstvertrag ein bloßes Wirken (d. h. die Arbeitsleistung als solche), beim Werkvertrag
hingegen die Herbeiführung eines vereinbarten, gegenständlich fassbaren
Arbeitsergebnisses geschuldet wird. Der Vertrag mit einem Steuerberater ist regelmäßig
ein Geschäftsbesorgungsver-trag mit Dienstvertragscharakter (BGHZ 44, 106; BGH
VersR 1980, 264), so ins-besondere bei Dauerberatung und Wahrnehmung aller
steuerlichen Belange (BGH a.a.O.; OLG Düsseldorf, GI 1991, 12; Palandt-Sprau, BGB,
60. Aufl. 2001, Einführung vor § 631, Rdnr. 18). Ist hingegen eine konkrete
Einzelleistung Vertragsinhalt, kann es sich um einen Werkvertrag handeln. Dies gilt
insbesondere für die Auskunft zu einer bestimmten Frage (OLG Köln, OLGZ 80, 346),
die Erstattung eines Gutachtens, die Anfertigung und Prüfung eines Jahresabschlusses
(Bilanz und GUV, BGH NJW 2000, 1107) und die isolierte Anfechtung einer
Jahressteuererklärung (KG NJW 1977, 110). Betrifft der Vertrag - unabhängig von bzw.
neben einem Vertrag über laufende Steuerberatertätigkeit - einen fest umrissenen
Leistungsgegenstand (z. B. Erstellung eines Jahresabschlusses auf der Grundlage
eines Stundenhonorars), hingegen nicht eine allgemeine laufende Tätigkeit, liegt ein
Werkvertrag vor (BGH NJW 2000, 1107; Palandt - Sprau, a.a.O., Rdnr. 5). Hat der
Steuerberater im Rahmen einer umfassenden Beauftragung auch bestimmte
Einzelarbeiten zu erstellen, z. B. einen Jahresabschluss oder eine Steuererklärung, hat
das Erbringen solcher Einzelleistungen aber keinen Einfluss auf die Wertung des
Vertrages als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter, da die
Gesamtleistung im Vordergrund steht (OLG Düsseldorf, GI 1991, 12). Der umfassende
Auftrag zur Hilfeleistung in Steuersachen kann demgemäß nicht in einen dienst- und
werkvertraglichen Teil aufgespalten werden. Dies würde den Interessen der
Vertragsparteien nicht gerecht werden, die nur einen einheitlichen Vertrag schließen
wollen. Einzelleistungen treten in ihrer Bedeutung als Glieder einer Kette von
Tätigkeiten im Rahmen umfassender steuerlicher Interessenwahrnehmung zurück
(BGHZ 54, 106). Es ist nicht davon auszugehen, dass der 10. Senat des BGH (NJW
2000, 1107) die Abgrenzung des 7. Senats (BGHZ 54, 106) aufgeben wollte. In dem
vom 10. Senat des BGH entschiedenen Fall war die Prüfung von zwei
Jahresabschlüssen auf Stundenhonorarbasis unabhängig von dem Vertrag über
laufende Steuerberatertätigkeit beauftragt worden. Nur für eine solche Fallgestaltung ist
der 10. Senat davon ausgegangen, dass die Prüfung der zwei Jahresabschlüsse auf
Stundenhonorarbasis festumrissene Leistungsgegenstände (im Sinne eines
gesonderten Werkvertrages) betrifft, nicht hingegen der (außerdem beauftragten)
allgemeinen, lfd. Tätigkeit zuzuordnen ist.
b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze richtet sich die Gewährleistung im
vorliegenden Fall nach Dienstvertragsrecht und damit nach den Regeln der positiven
Vertragsverletzung (vgl. Palandt - Sprau, a.a.O., § 675, Rdnr. 34 ff.; § 276, Rdnr. 48 / 49).
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe seit 1970 in ständigen Geschäftsbeziehungen
zum Beklagten als dessen Steuerberaterin gestanden und in dieser Funktion für den
Beklagten die betrieblichen Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen für dessen
Handwerksbetrieb, die gewerblichen Jahressteuererklärungen sowie die privaten
Jahressteuererklärungen erstellt. Der Beklagte hat diesen Vortrag nicht bestritten
sondern ausgeführt, es sei "in etwa" richtig, dass ein Beratungsverhältnis
(Hervorhebung durch den Senat) in der Zeit von 1970 bis 1993 bestanden habe. Zudem
hat der Beklagte im Schreiben vom 24. Januar 1994 eigens formuliert, dass er die
steuerberatende Tätigkeit "der Klägerin" hiermit aufkündige. Hätte es sich um
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Einzelaufträge (im Sinne des Werkvertragsrechts) gehandelt, hätte das Unterlassen
weiterer Einzelaufträge genügt. Auch in der Berufungsbegründung wird vom Beklagten
lediglich geäußert, dass das Landgericht zu Unrecht auf eine 23-jähige, lfd.
Steuerberatung abgestellt habe, die zudem von ihm bestritten, aber von Klägerseite
nicht einmal konkretisiert worden sei. Weiteren tatsächlichen Vortrag zur Art des
Vertragsverhältnisses, der die Einordnung als Dienstvertrag in Frage stellen könnte,
enthält das Berufungsvorbringen nicht. 4. Aufrechenbare Schadensersatzansprüche des
Beklagten aus positiver Vertragsverletzung des Steuerberatervertrages sind indes nicht
hinreichend dargetan. Als aufrechenbare Schadenspositionen kommen - unberechtigte
Steuerzuvielzahlungen des Beklagten in 1993 i. H. v. 11.868,00 DM sowie 49,00 DM
(dazu a.), - berechtigte Steuer (nach-) forderungen für 1994 i. H. v. insgesamt 19.132,00
DM (dazu b.), - an die Klägerin gezahlte bzw. noch zu zahlende Honorare i. H. v.
4.888,30 DM (Honorarrechnung Gewerbe 1993, dazu c.), - Aufwendungen zur
Schadensprüfung, - minimierung und - abwendung (dazu d.) hier nicht in Betracht.
a. Für bei fehlerfreier Bilanzierung vermeidbare Steuerzuvielzahlungen des Beklagten
in 1993 i. H. v. 11.868,00 DM (dazu aa.) sowie 49,00 DM (dazu bb.) kann dieser von der
Klägerin keinen Ersatz verlangen.
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aa. Der von der Klägerin erstellte Jahresabschluss für das Jahr 1993 ist zwar fehlerhaft
und hat dazu geführt, dass der Beklagte an Gewerbesteuer rund 1.715,00 DM sowie an
Einkommen-/Kirchensteuer 10.153,00 DM (insgesamt 11.868,00 DM) zuviel gezahlt hat.
Diese Steuerzuvielzahlungen sind aber nur vorläufig, weil bei korrekter Bilanzierung
vom Beklagten für 1994 Nachzahlungen an Gewerbesteuer i. H. v. 6.336,00 DM sowie
an Einkommen-/Kirchensteuer i. H. v. 12.796,00 DM (somit insgesamt 19.132,00 DM) zu
erfolgen haben. Dem Beklagten ist also tatsächlich ein "steuerlicher Vorteil" entstanden,
d. h. eine vorläufige Verschonung von Steuerpflichten in Höhe der Differenz von
7.266,00 DM, nämlich Zuvielzahlung von 1993 11.868,00 DM Zuwenigzahlung von
1994 19.132,00 DM Differenz 7.266,00 DM
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Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts und das
ergänzende Gutachten des Sachverständigen Deitmer vom 2. September 1997
verwiesen. Den Beklagten ist es schadensrechtlich verwehrt, das Steuerjahr 1993
isoliert zu betrachten und mit den - bei korrekter Bilanzierung - nur vorläufigen und
vermeidbaren Steuerzuvielzahlungen in diesem Steuerjahr aufzurechnen. Eine
Schadensersatzleistung in Höhe der hier auf Basis der fehlerhaften Bilanz in 1993
gezahlten Mehrsteuern würde den Beklagten besserstellen, als er bei
ordnungsgemäßer Bilanzierung in den Jahren 1993 / 1994 stehen würde. Er wäre
endgültig entlastet von einem Steuermehrbetrag, der ihm bei ordnungsgemäßem
Beraterhandeln im Jahre 1994 sowieso entstanden wäre.
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bb. Entsprechendes gilt für den vom Sachverständigen Deitmer als "steuerlichen
Schaden" bezeichneten Betrag von 49,00 DM (Zuvielzahlung an Gewerbesteuer im
Jahre 1993 wegen Buchungsfehlern des Klägers). Es wäre verfehlt, jede einzelne
Fehlbuchung als isolierte positive Vertragsverletzung anzusehen und demzufolge für
jede einzelne Fehlbuchung einen konkreten einzelnen Teilschaden zu berechnen.
Massgeblich ist vielmehr, welche finanziellen Folgen die Buchungstätigkeit der Klägerin
insgesamt hatte und welche finanziellen Vorteile damit für den Beklagten insgesamt
verbunden waren. Diese Sichtweise legt auch der Sachverständige Deitmer jeweils der
abschließenden Zusammenfassung seiner Gutachten zugrunde. b. Als
Schadenspositionen kommen auch bislang von der Finanzverwaltung noch nicht
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gestellte, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in 1. Instanz berechtigte Steuer
(nach-) forderungen für 1994 i. H. v. insgesamt 19.132,00 DM (einschl. des darin
enthaltenen progressionsbedingten Mehrbetrages i. H. v. 7.266,00 DM, s. o.) nicht in
Betracht. Berechtigte Steuer (nach-) forderungen als solche stellen keinen Schaden des
Mandanten dar, denn der Mandant hätte auch bei ordnungsgemäßer Arbeit des
Steuerberaters vom Finanzamt (ggf. nach Betriebsprüfung) geforderte und im Gesetz
vorgesehene Steuern zahlen müssen (BGH Versicherungsrecht 1965, 292). c. Die an
die Klägerin gezahlten bzw. noch zu zahlenden Honorare stellen ebenfalls keinen zu
ersetzenden Schaden des Beklagten dar. Sie sind das Entgelt für die ausgeführten
Arbeiten, wobei es - nach Dienstvertragsrecht - gleichgültig ist, ob der von dem
Mandanten gewünschte Erfolg der Dienstleistung / Geschäftsbesorgung eingetreten ist,
denn der Dienstberechtigte trägt die Gefahr des Misslingens (BGH NJW 1982, 1582;
BGH VersR 1965, 292; OLG Düsseldorf GI 1983, 19). d. Aufwendungen zur
Schadensprüfung, - minimierung und - abwendung (hierzu zählen die Kosten der
Hinzuziehung eines weiteren Steuerberaters und / oder Rechtsanwalt) hat der Beklagte
nicht schlüssig dargelegt. Es ist auch nicht absehbar, dass der Beklagte nach den
Feststellungen des Sachverständigen Deitmer einen weiteren Steuerberater und / oder
Rechtsanwalt hinzuziehen wird. II. Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf §§ 284 Abs.
1, 288 Abs. 2 BGB. Zinsen auf die Honorarbeträge aus den Rechnungen vom 28.
September 1993 und vom 10. Mai 1994 über insgesamt 14.188,25 DM schuldet der
Beklagte aus der aus dem Tenor ersichtlichen Staffelung im Hinblick auf die
Zinsbescheinigung vom 4. Mai 2001. Zinsen auf die Honorarbeträge aus den
Rechnungen vom 26. Juli 1994 über 4.888,30 DM und 1.533,41 DM schuldet der
Beklagte nur in gesetzlicher Höhe ab dem Zeitpunkt der mit Schriftsatz vom 3. April
2001 überreichten, ordnungsgemäß unterzeichneten Rechnungen, also ab dem 29.
März 2oo1. § 7 StBGebV regelt die Fälligkeit und § 9 StBGebV die Einforderbarkeit der
Vergütung im Sinne von Klagbarkeit (OLG Düsseldorf Steuerberater 1987, 207; OLG
Düsseldorf GI 1991, 12). Der Begriff der Einforderbarkeit beinhaltet jede
Geltendmachung des Anspruchs, also schon die Aufforderung zur Zahlung, Mahnung,
Aufrechnung, Zurückbehaltung, Klage und Geltendmachung im
Mahnbescheidsverfahren (BGHR BRAGO § 18 Abs. 1 Satz Aufrechnung 1, BGH
Anwaltsblatt 1985, 257; OLG Düsseldorf Steuerberater 1987, 207). Mit der Begleichung
nicht einforderbarer Honoraransprüche konnte der Beklagte demgemäß auch nicht in
Verzug geraten (vergl. Riedel / Sussbauer, BRAGO, 8. Aufl. 2000, § 18, Rdnr. 2). Für
nicht durchsetzbare Ansprüche werden auch keine Prozesszinsen geschuldet (Palandt-
Heinrichs, a.a.O., § 291, Rdnr. 5).
III.1. Die Kostenentscheidung für den ersten Rechtszug beruht auf §§ 91, 92 ZPO. Die
Rüge des Beklagten, die Kostenentscheidung der angefochtenen Entscheidung sei
verfehlt, da ihm damit die Kosten der erfolgreichen Feststellung von
Bilanzierungsfehlern der Klägerin aufgebürdet würden, greift nicht durch. Grundsätzlich
orientieren sich die Vorschriften zur Kostengrundentscheidung im Zivilprozess am
Prozesserfolg; nur ausnahmsweise weicht das Gesetz von diesem Grundsatz ab. Hier
hat sich zwar der Einwand des Beklagten, die von der Klägerin erstellte Bilanz für das
Jahr 1993 enthalte Fehler, teilweise bestätigt; gleichwohl war damit kein Prozesserfolg
für den Beklagten verbunden, da ihm daraus kein aufrechenbarer Schaden im
Rechtssinne entstanden ist. Gemäß § 92 Abs. 2 Alternative 2 ZPO, auf den der Beklagte
abstellen will, kann das Gericht der einen Partei die gesamten Prozesskosten
auferlegen, wenn der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Feststellung
durch richterliches Ermessen, von der Ausermittlung eines Sachverständigen oder von
einer gegenseitigen Berechnung abhängig war. Diese Voraussetzungen liegen hier
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ebensowenig vor wie die Voraussetzungen des § 96 ZPO. Die erhebliche
Zuvielforderung der Klägerin an Zinsen in 1. Instanz ist hingegen - auch wenn Zinsen
Nebenforderungen im Sinne von § 4 ZPO sind - im Rahmen der Kostenentscheidung zu
berücksichtigen (BGH NJW 1988, 2173; BGH LM § 92 ZPO, Nr. 7).
2. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 91, 92, 97 Abs. 2
ZPO. § 97 Abs. 2 ZPO, der den Fall des Obliegens in 2. Instanz aufgrund eines neuen
Vorbringens betrifft, erfasst nicht den Fall, dass die Einforderbarkeit der
Honorarrechnung im Sinne von § 9 StBGebV vom klagenden Steuerberater erstmals in
2. Instanz herbeigeführt wird (vergl. BGH NJW 1954, 1200; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl.
2001, § 97, Rdnr. 14 a. E.). § 97 Abs. 2 ZPO findet hier indes auf die über den
gesetzlichen Zinssatz hinausgehende Zinsforderung der Klägerin Anwendung, da sie
erstmals in 2. Instanz eine Zinsbescheinigung vom 4. Mai 2001 vorgelegt hat, die eine
ununterbrochene Kreditinanspruchnahme in einer die Klageforderung übersteigenden
Höhe belegt. Die in 1. Instanz vorgelegt Zinsbescheinigung vom 8. März 1996 war
unzureichend, da sie nur eine Inanspruchnahme des Kontokorrentkredits mit
"durchschnittlich" 21.000,00 DM belegte.
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IV.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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V.
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Der Streitwert der Berufung beträgt bis zum 24. September 2001: 6.421,71 DM; ab dem
25. September 2001 beträgt der Streitwert: 4.888,30 DM.
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Die Beschwer beider Parteien liegt unter 60.000,00 DM. Es besteht kein Grund, die
Revision zuzulassen (§ 546 ZPO).
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a. T Dr. M
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