Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.01.2004

OLG Düsseldorf: bedürftige partei, gegenpartei, vergleich, zwangsvollstreckung, kostenregelung, mangel, gefahr, rückgriff, ratenzahlung, datum

Oberlandesgericht Düsseldorf, II-10 WF 22/03
Datum:
27.01.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Ziviilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
II-10 WF 22/03
Leitsätze:
GKG § 58 Abs. 2
Eine erweiterte Auslegung des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG auch auf die
Fälle der Über-nahmehaftung ist nach der Rechtssprechung des Senats
abzulehnen (vgl. Beschluss vom 29.04.2003 - 10 WF 03/03).
Tenor:
Die Beschwerde des Kostenschuldners gegen den Beschluss des
Amtsge-richts Viersen - Familiengericht - vom 16.10.2003 wird
zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden
nicht erstattet.
I.
1
Die Beschwerde des Kostenschuldners ist nach § 5 Abs. 2 GKG zulässig.
2
Das sich aus dem anwaltlichen Schreiben des Kostenschuldners vom 23.10.2003
ergebende Begehren ist als Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Viersen vom 16.10.2003 auszulegen. Dies hat eine telefonische Nachfrage der
Berichterstatterin bei dem Prozessbevollmächtigten des Kostenschuldners am
27.01.2004 ergeben.
3
Der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts Viersen, mit welchem der Erinnerung
des Kostenschuldners gegen den Kostenansatz des Amtsgerichts Viersen vom
30.07.2003 (Kassenzeichen 256 699 266 1) in Verbindung mit der hierzu ergangenen
Kostenrechnung nicht abgeholfen wurde, ist als zurückweisende Entscheidung des
Amtsgerichts im Sinne des § 5 Abs. 1 GKG aufzufassen, gegen welches das
Rechtsmittel der Beschwerde gegeben ist, § 5 Abs. 2 GKG.
4
II.
5
Die Beschwerde des Kostenschuldners ist jedoch unbegründet.
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Das Familiengericht hat eine Zweitschuldnerhaftung des Kostenschuldners für den auf
die Beklagte aufgrund der Kostenübernahme gemäß Ziff. 7 des Vergleichs vom
22.05.2003 (Bl. 201 GA) entfallenden hälftigen Kostenanteil zutreffend bejaht. Die
Beklagte haftet gemäß § 54 Nr. 2 GKG als Übernahmeschuldnerin. Soweit ihre
Übernahmehaftung reicht, haftet der Kostenschuldner als Antragsteller gemäß § 49 Satz
1 GKG als sog. Zweitschuldner subsidiär nach Maßgabe des § 58 Abs. 2 GKG. Diese
Vorschrift regelt die Voraussetzungen und die Reihenfolge der Inanspruchnahme der
Schuldner durch die Staatskasse (vgl. Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz, 4. Aufl., § 58
Rn. 10).
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Die Befugnis, den Kostenschuldner als Zweitschuldner in Anspruch zu nehmen, ergibt
sich vorliegend aus § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG. Danach kann die Zweitschuldnerhaftung
im Falle erfolgloser oder aussichtslos erscheinender Zwangsvollstreckung geltend
gemacht werden. Aussichtslos erscheint die Zwangsvollstreckung auch dann, wenn
dem Erstschuldner - wie hier der Beklagten - Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist,
gleichgültig, ob mit oder ohne Ratenzahlung. Dies gilt vor allem dann, wenn die
mittellose Partei - wie hier - in einem Vergleich die Kosten übernommen hat. Der
Zweitschuldner kann, wenn er glaubt, dass der Erstschuldner trotz der ihm bewilligten
Prozesskostenhilfe zahlungsfähig ist, die Kostenerstattung gegen die mittellose Partei
betreiben (vgl. Markl/Meyer, § 58 Rn. 25).
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Insoweit verweist der Kostenschuldner erfolglos auf § 58 Abs 2 Satz 2 GKG, der eine
Inanspruchnahme des Zweitschuldners im Falle der Gewährung von PKH für den
Entscheidungsschuldner ausschließt. Zwar wurde der Beklagten ratenfreie
Prozesskostenhilfe gewährt (vgl. Beschlüsse v. 17.10.2002, Bl. 58 GA, und v.
22.05.2003, Bl. 200 GA). Sie ist jedoch Übernahmeschuldnerin, nicht
Entscheidungsschuldnerin. § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG findet daher keine Anwendung.
Hierin wird im Gegensatz zu § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG nur die Entscheidungshaftung
nach § 54 Nr. 1 GKG genannt, nicht dagegen die Übernahmehaftung nach § 54 Nr. 2
GKG. Eine erweiterte Auslegung des § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG auch auf die Fälle der
Übernahmehaftung (vgl. OLG Frankfurt NJW 2000, 1120, 1121; OLG Hamm Rpfleger
2000, 553; OLG Dresden Rpfleger 2002, 213) ist nach der Rechtsprechung des Senats
abzulehnen (vgl. Beschluss vom 29.04.2003 - 10 WF 03/03). Der
Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es nicht, die Vorschrift des §
58 Abs. 2 Satz 2 GKG, die die bedürftige Partei im Hinblick auf Gerichtskosten vor
einem Rückgriff der Gegenpartei schützen soll, auch auf den Übernahmeschuldner zu
erstrecken. Zum einen kann die Beendigung des Rechtsstreits durch gerichtlichen
Vergleich die Gefahr einer Manipulation der Prozessparteien hinsichtlich der
Gerichtskosten zu Lasten der Staatskasse in sich bergen. Zum anderen beruht die
Rückgriffshaftung der mittellosen Partei für die von der Gegenpartei verauslagten
Gerichtskosten im Falle des § 54 Nr. 2 GKG auf ihrer privatautonomen Entscheidung
zum Abschluss eines Prozessvergleichs. Dies gilt auch dann, wenn sich die
Kostenregelung an einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag orientiert. Auch dann
handelt es sich bei der Kostenübernahme qualitativ um eine eigene Entscheidung des
Bedürftigen; eine gerichtliche Kostenentscheidung dagegen kann der Bedürftige nicht
beeinflussen (vgl. BVerfG NJW 2000, 3271 mwN).
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Soweit der Kostenschuldner die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, da ihm die
Stellungnahme des Bezirksrevisors nicht zugeleitet worden sei, ist dieser Mangel
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geheilt. Der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts hat die tragende Begründung
des Bezirksrevisors in seiner Stellungnahme vom 01.09.2003 wortgenau übernommen.
III.
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Der Kostenausspruch folgt aus § 5 Abs. 6 GKG.
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