Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.09.2002
OLG Düsseldorf: pastor, abnahme, sanierung, nachbesserung, balkon, bezifferung, auflage, aufwand, ausführung, rechtshängigkeit
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-21 U 29/02
Datum:
30.09.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
21. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-21 U 29/02
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.12.2001 verkündete Urteil
der 4. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert
und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu 1. und 2. wie
folgt neu gefasst:
Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt, an die Klägerin 32.642,45
EUR (= 63.843,09 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 25.05.2000 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, zu Händen der Klägerin jedwede Schäden zu ersetzen, die der
Wohnungseigentümergemeinschaft S..... Straße in S..... dadurch entstan-
den sind und/oder zukünftig noch entstehen, dass die Beklagte zu 2. in
Ausführung ihres Auftrags vom 10.03.1995 die Balkone der
Wohnungsei-gentümergemeinschaftsanlage S..... Straße fehlerhaft
beschichtet, An-schlüsse an angrenzende Bauteile fehlerhaft oder gar
nicht ausgeführt, die Dilatationsfugen fehlerhaft ausgebildet und verfüllt,
Tropfkanten nicht fachgerecht ausgebildet hat, soweit diese Schäden
nicht bereits durch diejenigen Mangel- und
Schadensbeseitigungskosten in Höhe von 73.168,81 DM, die der
gerichtliche Sachverständige Dipl.-Ing. E..... K..... in seinem Gutachten
vom 28.05.2001 ermittelt hat, abgedeckt sind.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den gesamtschuldnerisch
haftenden Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstre-
ckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages von
120 % der zu vollstreckenden Summe abwenden, wenn nicht die
Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch Bürgschaft einer in einem
Staate der EU ansässigen Bank oder öffentlichen Sparkasse erbracht
werden.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin ist als Verwalterin für die Wohnungseigentümergemeinschaft S..... Straße
in Solingen tätig. Entsprechend ihrem Angebot vom 05.12.1994 (Bl. 7 ff.) wurde die
Beklagte zu 2. mit Bauvertrag vom 13.03.1995 (Bl. 11 ff.) mit der Durchführung von
Balkonbeschichtungsarbeiten beauftragt. Sie führte die Arbeiten durch und stellte unter
dem 04.10.1995 (Bl. 75 ff.) 23.219,15 DM in Rechnung, worauf die Klägerin 11.350,--
DM zahlte. Da bei der Beschichtung die in den Balkonflächen vorhandenen
Dehnungsfugen überarbeitet wurden, öffnete die Beklagte diese Fugen und verfüllte sie
mit dauerelastischem Material. Dafür stellte sie der Klägerin 1.725,-- DM in Rechnung. In
der Folgezeit rügte die Klägerin Mängel und forderte die Beklagte zu 2. unter dem
23.10.1997 (Bl. 18 f.) unter Fristsetzung zur Nachbesserung auf. Die Beklagte zu 2.
nahm eine Neubeschichtung der Balkone vor, welche jedoch ebenfalls nicht zur
Zufriedenheit der Klägerin ausfiel. Nach der erfolglosen Durchführung eines Ortstermins
und dem Scheitern von Vergleichsbemühungen forderte die Klägerin die Beklagte zu 2.
unter dem 13.04.00 erneut zur Mängelbeseitigung auf. Weiterhin kündigte sie an, im
Falle des erfolglosen Fristablaufs die Leistung abzulehnen und Schadensersatz wegen
Nichterfüllung geltend zu machen.
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Die Klägerin hat behauptet, die Balkonbeschichtung sei mangelhaft und es dringe
Feuchtigkeit in die Balkone ein. So sei der Deckenanstrich an der Balkonunterseite
wellig geworden und bedürfe eines Neuanstrichs. Für die Mängelbeseitigung sei ein
Kostenaufwand von mindestens 80.000,-- DM erforderlich, weitere Folgeschäden seien
möglich. Unter Anrechnung des Werklohns der Beklagten zu 2. ergebe dies den geltend
gemachten Schadensersatzanspruch.
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Sie hat beantragt,
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1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 66.145,-- DM nebst 4 %
Zinsen seit Rechtshängigkeit (25.05.2000) zu zahlen;
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2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, zu
Händen der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der der
Wohnungseigentümergemeinschaft S...... Straße dadurch entstanden ist und
entsteht, dass die Beklagte zu 2. die Balkone der Wohnungseigentumsanlage
beschichtet hat, soweit dieser Schaden nicht bereits durch den Klageantrag zu 1)
erfasst ist.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie haben Bedenken gegen die Aktivlegitimation der Klägerin erhoben und behauptet,
die Beschichtung der Balkone sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Eine
Erneuerung der Dilatationsfugen habe die Klägerin verweigert, weshalb sie sich in
Annahmeverzug befinde. Weiterhin haben sie die Höhe des geltend gemachten
Schadens bestritten und den Feststellungsantrag für unzulässig erachtet.
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Das Landgericht hat nach der Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen K.....
der Klage in Höhe von 59.313,81 DM stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Zur
Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagten aufgrund der vom Sachverständigen
festgestellten Mangelhaftigkeit der Werkleistung Schadensersatz in dieser Höhe
schuldeten. Die geltend gemachten Kosten der - vorgerichtlich erfolgten - Hinzuziehung
des Sachverständigen J..... könne sie aber nicht ersetzt verlangen, weil dessen Tätigkeit
nicht der Feststellung von Mängeln, sondern lediglich der Feststellung der
Abnahmefähigkeit der Werkleistung gegolten habe. Der Feststellungsantrag sei
unzulässig, weil eine Bezifferung des Schadens möglich sei. Hiergegen haben beide
Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
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Die Klägerin behauptet, die Tätigkeit des Sachverständigen J..... habe auch der
Mängelfeststellung gegolten, ansonsten wäre dessen Hinzuziehung überflüssig
gewesen. Der Feststellungsantrag sei zulässig, weil aufgrund der Durchfeuchtung und
der damit einhergehenden Ungewissheit der Sanierungsdauer und ihres Umfangs
weitere Kosten möglich seien.
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Sie beantragt,
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1. die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung weiterer 2.315,78 EUR nebst 4
% Zinsen seit Rechtshängigkeit (25.05.2000) zu verurteilen;
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2. weiterhin festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ver- pflichtet
sind, zu Händen der Klägerin jedwede Schäden zu ersetzen, die der
Wohnungseigentümergemeinschaft S...... Straße in S...... dadurch entstanden sind
und/oder zukünftig noch entstehen, dass die Beklagte zu 2. in Ausführung ihres
Auftrags vom 10.03.1995 die Balkone der
Wohnungseigentümergemeinschaftsanlage S..... Stra- ße fehlerhaft beschichtet,
Anschlüsse an angrenzende Bauteile fehlerhaft oder gar nicht ausgeführt, die
Dilatationsfugen feh- lerhaft ausgebildet und verfüllt, Tropfkanten nicht fachgerecht
ausgebil- det hat, soweit diese Schäden nicht bereits durch diejenigen Mangel- und
Schadensbeseitigungskosten in Höhe von 73.168,81 DM, die der gerichtliche
Sachverständige Dipl.-Ing. E..... K..... in seinem Gut- achten vom 28.05.2001 ermittelt
hat, abgedeckt sind.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
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Weiterhin beantragen sie,
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das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 19.12.2001 teilweise abzuändern und
die Klage insgesamt abzuweisen.
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Sie meinen, dass bislang keine Abnahme ihrer Werkleistung erfolgt sei, weshalb sich
der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach § 4 Nr. 7 VOB/B
bemesse, der die geltend gemachten Positionen aber nicht vollumfänglich umfasse. Die
Klägerin habe eine "Billigbeschichtung" in Auftrag gegeben für 25.205,06 DM und
begehre nun eine Generalsanierung für insgesamt 80.000,-- DM. Dies sei treuwidrig und
unverhältnismäßig. Weiterhin sei ein Abzug neu für alt zu machen, da sieben Jahre
nach Vertragsschluss eine neue Beschichtung verlangt werde. Auch seien
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Ohnehinkosten zu veranschlagen. Weiterhin habe der Sachverständige nicht für jeden
Balkon pauschal 3.000,-- DM veranschlagen können, da teilweise nur geringfügige
Mängel vorlägen, welche mit wesentlich geringerem Aufwand beseitigt werden könnten.
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie meint, dass die Frage, ob eine Abnahme erfolgt sei oder nicht, dahinstehen könne,
da auch der Anspruch aus § 4 Nr. 7 VOB/B den geltend gemachten Mangelschaden
erfasse. Unverhältnismäßigkeit liege nicht vor, da aufgrund der massiven
Durchfeuchtungen der bezifferte Kostenaufwand erforderlich sei. Ein Abzug neu für alt
sei nicht vorzunehmen, weil die Klägerin den Werklohn bei Berechnung des Schadens
abgesetzt habe und deshalb eine Vermögensmehrung nicht eingetreten sei. Der vom
Sachverständigen für jeden Balkon angesetzte Pauschalbetrag sei angemessen, da die
von der Beklagten vorgeschlagene Art der Nachbesserung noch kostenintensiver sei.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg, während die Berufung der Beklagten
zurückzuweisen ist.
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Schadensersatzanspruch
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Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus § 13 Nr. 7 VOB/B in der geltend
gemachten Höhe zu, weshalb die Berufung der Beklagten unbegründet ist.
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Die Werkleistung der Beklagten zu 2. ist mangelhaft. Dies steht aufgrund des vom
Landgericht eingeholten Gutachtens des Sachverständigen K..... fest und wird von den
Beklagten im Berufungsrechtszug letztlich auch nicht mehr bestritten. Die - schuldhaft
von der Beklagten zu 2. herbeigeführte - mangelhafte Beschichtung stellt einen
wesentlichen Baumangel dar, der die Gebrauchsfähigkeit der Balkone beeinträchtigt
und dadurch Schäden an den Gebäuden hervorgerufen hat.
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Die Werkleistung der Beklagten zu 2. wurde trotz der Mängel stillschweigend
abgenommen, indem die Balkone durch die Wohnungseigentümer nach Fertigstellung
(seit 1995) in Gebrauch genommen wurden (§ 12 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B). Darin ist eine
Billigung der Werkleistung zu sehen.
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Die von den Parteien in Ziffer 7.2 des Bauvertrages vom 13.03.1995 (Bl. 16) vereinbarte
förmliche Abnahme steht der Annahme einer stillschweigenden Abnahme nicht
entgegen. Die förmliche Abnahme war von dem entsprechenden Verlangen einer Partei
abhängig, welches nicht gestellt wurde. Vielmehr hat die Beklagte die Schlussrechnung
vom 04.10.1995 (Bl. 75 ff.) übersandt, ohne die förmliche Abnahme zu fordern. Dadurch
hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie auf eine solche keinen Wert legt (vgl. BGH
BauR 1977, 344). Die Klägerin wiederum hat den Sachverständigen J..... mit dem
Gutachten vom 18.03.1998 (Bl. 39 ff.) u.a. die Abnahmefähigkeit der Werkleistung
feststellen lassen, welche dieser auch bestätigt hat. Weiterhin hat sie nach Erhalt der
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Schlussrechnung keine förmliche Abnahme verlangt. Auch dieses Verhalten lässt nur
den Schluss zu, dass sie auf eine solche verzichtet hat (vgl. Werner/Pastor, Der
Bauprozess, 9. Auflage, Rn. 1389).
Die Klägerin hat mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 13.04.2000 (Bl. 23 f.) die gemäß §
13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B erforderliche Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt und gleichzeitig
angekündigt, im Falle des erfolglosen Fristablaufs die Leistung abzulehnen und
Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.
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Die Klägerin verlangt als Schadensersatz die für die Sanierung aufzuwendenden
Kosten, die unter Abzug des von der Beklagten zu 2. verlangten Werklohns einen
Betrag von 59.313,81 DM ergeben. Soweit die Beklagten bemängeln, der
Sachverständige habe ein Komplettsanierung der Balkone für erforderlich erachtet,
obwohl die Belagsoberflächen, Unebenheiten der Oberflächen und Anschlüsse an
aufgehenden Bauteilen sowie der Dilatationsfugen einzelner Balkone nicht zu
beanstanden seien, weshalb die Mängelbeseitigungskosten von 3.000,-- DM pauschal
pro Balkon zu hoch seien, kann dem nicht gefolgt werden. Der Sachverständige hat die
unterschiedlich ausgeprägten Schadensbilder der Balkone durchaus berücksichtigt,
was aus seinen Ausführungen zur Sanierung der Balkonbeschichtungen (S. 52 des
Gutachtens) hervorgeht. So führt er aus:
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"Da einige Balkone hinsichtlich der Oberflächenbeschaffenheit weniger oder nicht
bemängelt wurden und hinnehmbar sind, wie z.B. die Balkone Nr. 1, 2, 5, 6, 7, 12, 13, 14
und 16, stehen hier nur Sanierungsarbeiten in Randbereichen und an
Wandanschlüssen an. Da aber bei allen Balkonen die vorderen und seitlichen
Balkonabschlüsse durch Profile herzustellen sind, ergeben sich hier auch großflächige
Eingriffe in den Oberbelag mit ausladenden Beispachtelarbeiten, die evtl. die Hälfte der
Balkonbreite einnehmen..."
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Seine Schätzung der Sanierungskosten von 3.000,-- DM pro Balkon ist als
Mischkalkulation deshalb nicht zu beanstanden (§ 287 ZPO).
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Eine Unverhältnismäßigkeit der zur Schadensbeseitigung erforderlichen Aufwendungen
ist nicht ersichtlich (§ 251 Abs. 2 BGB analog, vgl. Werner/Pastor, aaO, Rn. 1684). Im
Hinblick auf den zu erzielenden Erfolg der Dichtigkeit der 16 Balkone und der
Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden ist der finanzielle Aufwand durchaus
gerechtfertigt.
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Soweit die Beklagten eine Verletzung der Schadensminderungspflicht der Klägerin und
damit den Einwand mitwirkenden Verschuldens (§ 254 BGB) geltend machen, haben
sie hiermit keinen Erfolg. Die von den Beklagten vorgeworfene jahrelange Untätigkeit
beruht schließlich darauf, dass die Beklagten die Mängel und ihre Verantwortlichkeit
hierfür bestritten haben und somit der vorliegende Prozess geführt werden musste. Eine
Sanierung vor der Feststellung dieser streitigen Punkte war der Klägerin nicht zumutbar.
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Ein Abzug "neu für alt" kommt gleichfalls nicht in Betracht. Die Beklagten haben durch
die von ihnen durchgeführte unzureichende und mangelhafte Nachbesserung bzw. das
Ablehnen weiterer Nachbesserung selbst dazu beigetragen, dass sich die
Schadensbeseitigung so lange herausgezögert hat (vgl. auch Werner/Pastor, aaO, Rn.
2471). Letztlich wollen die Beklagten, dass durch den Abzug neu für alt die
Wohnungseigentümer so behandelt werden sollen, als sei bereits 1995 eine
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mangelfreie Leistung erfolgt. Dieser Vorteil ist ihnen aber nicht erwachsen. Zudem wird
eine solche Betrachtungsweise dem Umstand nicht gerecht, dass die
Wohnungseigentümer jahrelang die Folgen der mangelhaften Werkleistung ertragen
mussten.
Die von den Beklagten geltend gemachten Ohnehinkosten sind nicht zu
berücksichtigen. Die Beklagte zu 1. hat das Angebot vom 05.12.1994, welches
Grundlage des Vertrages vom 13.03.1995 war, selbst ausgearbeitet, mithin die
notwendigen Sanierungsmaßnahmen selbst geplant. Fehlten notwendige Leistungen
bei dieser Planung, so können diese nicht als Ohnehinkosten in Abzug gebracht
werden.
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Sachverständigenkosten J.....
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Die Klägerin hat auch Anspruch auf Erstattung der für die vorgerichtliche Hinzuziehung
des Sachverständigen J..... entstandenen Kosten in Höhe von 2.315,78 EUR (4.529,28
DM). Hierbei handelt es sich um einen Teil des materiellrechtlichen
Schadensersatzanspruchs aus § 13 Nr. 7 Nr. 2 VOB/B, der auch Privatgutachterkosten
erfasst (Werner/Pastor, aaO, Rn. 1736). Der Klägerin sind die Kosten zu ersetzen, die
erforderlich sind, um dem Auftraggeber über Ursache und Ausmaß der eingetretenen
und noch zu erwartenden Mängel ein zuverlässiges Bild zu verschaffen (vgl. nur
Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Auflage, Rn. 162 mit zahlreichen Nachweisen). Dies
ist mit dem Gutachten des Sachverständigen J..... vom 18.03.1998 (Bl. 39 ff.) geschehen.
Im Rahmen seiner Feststellungen hat der Sachverständige zu Mängeln Stellung
genommen (vgl. S. 6 ff. des Gutachtens, Bl. 44 ff.). Dies war auch Bestandteil der von
ihm formulierten Aufgabenstellung, nämlich der Feststellung der Abnahmefähigkeit
sowie der Aufnahme eventueller Mängel (vgl. S. 3 des Gutachtens, Bl. 41). Damit sind
die geltend gemachten Kosten erstattungsfähig, weshalb das landgerichtliche Urteil
insoweit zugunsten der Klägerin abzuändern ist.
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Feststellungsantrag
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Weiterhin steht der Klägerin der Anspruch auf die begehrte Feststellung zu, dass die
Beklagten zum Ersatz der Schäden verpflichtet sind, die aufgrund ihrer mangelhaften
Bauleistung entstanden sind und welche nicht von den im Gutachten des
Sachverständigen K..... ermittelten Kosten abgedeckt sind. Auch insoweit ist die
landgerichtliche Entscheidung abzuändern.
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Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist gegeben. Ein solches hat sie substantiiert
vorgetragen. Da die Sanierung bislang nicht durchgeführt wurde, stehen die Kosten
nicht abschließend fest. Die Klägerin meint zu Recht, dass gerade im Hinblick auf die
entstandenen Feuchtigkeitsschäden eine abschließende Bezifferung der Kosten zur
Zeit nicht möglich ist, weil durch den ungewissen Umfang dieser Schäden und die von
vielen Faktoren abhängende Dauer der Sanierung die Kosten nur geschätzt werden
können. Die Ursachen und Auswirkungen der Feuchtigkeitsschäden liegen nicht offen
zutage, weshalb eine sichere Umgrenzung des Anspruchs derzeit nicht möglich ist. In
Fällen wie diesen ist deshalb eine "weite und freie Auslegung" des
Feststellungsinteresses geboten (BGH LM Nr. 34 zu § 256 ZPO; Werner/Pastor, aaO,
Rn. 438, 440). Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Angaben des
Sachverständigen K..... letztlich nur Schätzungen darstellen, die ungenau sein können.
Er hat, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, eine "schonende
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Untersuchung der in Frage stehenden, ... Bauteile" vorgenommen. Auch schließt er in
seinem Gutachten (S. 50) nicht aus, "dass sich bei der Durchführung von aufgezeigten
Sanierungsmaßnahmen und der damit verbundenen Eingriffe in die Bausubstanz
zusätzliche verdeckte Schadensursachen zeigen. Ich weise darauf hin, dass die
geschätzten Kosten durch unvorhergesehene Mängel überschritten werden können".
Weiterhin droht der Klägerin bei einem zu niedrigen Betrag die Gefahr der Verjährung
der Mehrkosten (Werner/Pastor, aaO, Rn. 437 mw).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Zuvielforderung der
Klägerin war im Verhältnis zum Gesamtstreitwert relativ geringfügig und hat keine
besonderen Kosten verursacht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt 38.932,32 EUR (= 76.145,-- DM), wobei
5.112,92 EUR (= 10.000,-- DM) auf den von der Klägerin verfolgten Feststellungsantrag
entfallen.
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Anlass, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO n.F. i.V.m. § 26 Nr. 7 EGZPO
zuzulassen, besteht nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch
ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
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