Urteil des OLG Düsseldorf vom 15.01.2004
OLG Düsseldorf: abfindung, eingliederung, unternehmen, ertragswert, aktie, stahl, handelsregister, börsenkurs, akte, bekanntmachung
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-19 W 5/03 AktE
Datum:
15.01.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-19 W 5/03 AktE
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sowie die Vergütung und
Auslagen des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre
trägt die Beteiligte zu 8).
Beschwerdewert: 2.000.000 EUR
I.
1
Die Antragsteller waren ........ der Beteiligten zu 7).
2
Nach der mit dem 08.12.1992 wirksamen Verschmelzung der ......AG auf die ......AG hielt
die ......AG KH, die Beteiligte zu 8), insgesamt 98% des Grundkapitals der Beteiligten zu
7). Das Grundkapital in Höhe von 573 Mio DM setzte sich zusammen aus 8.600.000
Stammaktien und 2.860.000 Vorzugsaktien. Sämtliche Stammaktien und 2.630.000
Vorzugsaktien befanden sich in Händen der Beteiligten zu 8). Die übrigen
Vorzugsaktien waren im Besitz der freien Aktionäre.
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Im Rahmen des Aufbaus einer neuen Konzernstruktur sollten die Stahlaktivitäten der
Beteiligten zu 8) neu geordnet und zusammengeführt werden. Zu diesem Zweck
gliederte die Beteiligte zu 7) ihren Geschäftsbetrieb Stahl mit den Geschäftsbereichen
Flach und Profil aus und brachte ihn im Wege der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage
in die HS AG ein. Die Einbringung erfolgte gegen Gewährung neuer Aktien der HS AG
im Nennbetrag von 145 Mio DM, die von der Beteiligten zu 7) übernommen wurden. Der
Geschäftsbetrieb Stahl der Beteiligten zu 7) wurde zum 30.06.1993 mit wirtschaftlicher
Wirkung zum 01.01.1993 eingebracht. Die Hauptversammlung der Beteiligten zu 7)
stimmte unter Tagesordnungspunkt 1 der Einbringung am 24.05.1993 zu. Der Beschluss
ist bestandskräftig geworden. Im Wege der Einbringung wurde das Grundkapital der HS
AG von 210 Mio DM auf 355 Mio DM erhöht. Die Beteiligte zu 7) hielt eine Quote von ca.
40,8% des erhöhten Grundkapitals.
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Ebenfalls auf der Hauptversammlung von 24.05.1993 unter Tagesordnungspunkt 4
beschloss die Hauptversammlung der Beteiligten zu 7) deren Eingliederung in die
Beteiligte zu 8), nachdem zuvor die Vorzugsaktien in Stammaktien umgewandelt
worden waren. Nach Zustimmung der Hauptversammlung der Beteiligten zu 8) zu der
beabsichtigten Eingliederung, wurde diese am 09.07.1993 in das Handelsregister
eingetragen.
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Auf der Grundlage eines Gutachtens der .K........ sowie der C.... bot die Beteiligte zu 8)
den ausscheidenden Aktionären der Beteiligten zu 7) an, ihnen als Abfindung für je drei
Aktien der Beteiligten zu 7) im Nennbetrag von 50 DM eine Aktie der Beteiligten zu 8) im
Nennbetrag von 50 DM sowie eine bare Zuzahlung von 5,10 DM je Aktie der Beteiligten
zu 7) im Nennbetrag von 50 DM zu gewähren.
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Die Antragsteller haben dieses Abfindungsangebot nicht für ausreichend gehalten und
die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Abfindung beantragt. Soweit sie ihre
Anträge überhaupt begründet haben, haben sie geltend gemacht, die Übertragung des
Geschäftsbereichs Stahl sei eine bloße Auswirkung der Eingliederung und habe bei der
Ermittlung des Umtauschverhältnisses als noch nicht vollzogen bewertet werden
müssen. Außerdem hätten die erhaltenen Stahlbeihilfen nicht wertmindernd geltend
gemacht werden können, da diese ohnehin nicht hätten zurückgezahlt werden sollen.
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Die Beteiligten zu 7) und 8) sind dem entgegengetreten. Bei der Ausgliederung der
Stahlaktivitäten und der nachfolgenden Eingliederung der Beteiligten zu 7) habe es sich
um wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Vorgänge gehandelt, die als solche auch
im Bewertungsgutachten hätten berücksichtigt werden müssen. Der Wert der
Beteiligung der Beteiligten zu 7) an der K... HS AG sei mit 40,8% auch zutreffend
bewertet. Im Übrigen sei der entsprechende Beschluss der Hauptversammlung nicht
angefochten und damit bestandskräftig geworden.
8
Das Landgericht hat zur gerichtlichen Nachprüfung der Angemessenheit der Höhe der
Abfindung für die auf Grund des Eingliederungsbeschlusses vom 24.05.1993
ausgeschiedenen Aktionäre der Beteiligten zu 7) ein Gutachten des Sachverständigen
Dr. S. eingeholt. Das Gutachten gelangt zu dem Ergebnis, dass das von der Beteiligten
zu 8) angebotene Umtauschverhältnis für die Aktionäre zu günstig sei.
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Auf der Grundlage dieses Gutachtens hat die Kammer die Anträge zurückgewiesen. Der
Sachverständige sei bei der vergleichenden Unternehmensbewertung zutreffend von
der Konzernstruktur nach Einbringung des Geschäftsbereichs Stahl ausgegangen. Es
habe sich um selbstständige Vorgänge gehandelt, die rechtlich und wirtschaftlich
voneinander zu trennen seien. Nach der Tagesordnung der Hauptversammlung sei die
Ausgliederung des Stahlbereichs der Eingliederung vorausgegangen und könne daher
nicht als deren Auswirkung bewertet werden. Der Wert der Beteiligung der Beteiligten
zu 7) an der K... HS AG sei mit 40,8 % zutreffend in die Bewertung eingeflossen. Der
Beschluss der Hauptversammlung sei bestandskräftig geworden und insoweit auch für
das Bewertungsverfahren bindend. Schließlich seien auch die Strukturbeihilfen
wertmindernd zu berücksichtigen, da die Unternehmen von einer Rückzahlbarkeit hätten
ausgehen müssen. Letztlich seien die Beihilfen auch zurückgezahlt worden. Auch unter
Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum
Börsenkurs ergebe sich keine abweichende Betrachtung. Der Sachverständige habe
ergänzend darauf hingewiesen, dass sich nach der Ertragswertmethode deutlich höhere
Unternehmenswerte ergäben als nach den Börsenwerten. Auch könnten die
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Antragsteller für sich nichts daraus herleiten, dass bei Zugrundelegung des
Börsenhöchstkurses der Beteiligten zu 8) und dem vom Sachverständigen errechneten
Umtauschverhältnis von 1:4 eine bare Zuzahlung von 182,50 DM hätte erfolgen
müssen. Nach § 320 Abs. 5 Satz 1 AktG a.F. sei die Abfindung in eigenen Aktien zu
gewähren und nur Spitzenbeträge seien in bar auszugleichen. An diesen Grundsatz
habe sich die Beteiligte zu 8) mit ihrem Abfindungsangebot gehalten.
Gegen den Beschluss des Landgerichts hat die Beteiligte zu 2) sofortige Beschwerde
eingelegt. Sie ist der Auffassung: Die bare Zuzahlung in Höhe von 5,10 DM je Aktie sei
vom Tag der Hauptversammlung an zu verzinsen. Die Beteiligte zu 8) habe den
Minderheitsaktionären neben der Abfindung in eigenen Aktien wahlweise eine
Barabfindung anbieten müssen, da sich zum Bewertungsstichtag mehr als 50% ihres
Kapitals in Besitz der ........... befunden habe. Das von dem Sachverständigen Dr. S.
errechnete Umtauschverhältnis von 4 K...-Stahl-Aktien zu 1 ... K... Aktie und einer baren
Zuzahlung von 182,30 DM sei für die Aktionäre gemessen am Börsenwert der
angebotenen Aktien günstiger als das Angebot von 3 K...-Stahl-Aktien zu 1 F. K... Aktie
und einer baren Zuzahlung von 5,10 DM. Sie macht darüber hinaus Einwendungen
gegen die Feststellungen des Sachverständigen geltend, insbesondere erscheint ihr der
Kapitalisierungszins von 7,5% nicht plausibel (Bl. 350 ff GA).
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Sie beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Dortmund
vom 12. November 2002 (Az.: 19 AktE 9/00) - zugestellt am 25. Februar 2003 - wird
die angemessene Abfindung bestimmt.
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Die Antragsgegnerinnen beantragen,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie machen geltend: Der gegen die Beteiligte zu 7) gerichtete Antrag zur Bestimmung
einer angemessenen Abfindung sei nicht zulässig. Antragsgegnerin sei allein die
Hauptgesellschaft. § 320 Abs.5 S.6 AktG a.F. habe ebenso wie § 320 b Abs. 1 S. 6 AktG
eine Verzinsung der baren Zuzahlung ab dem Tag der Bekanntmachung der Eintragung
der Eingliederung in das Handelsregister vorgesehen. Das Bundesverfassungsgericht
habe mit dem Feldmühleurteil die Verfassungsmäßigkeit der Regelung bestätigt. Sie
hätten den Minderheitsaktionären auch nicht wahlweise neben der Abfindung in Aktien
eine Barabfindung anbieten müssen, weil es sich bei der A... Stiftung nicht um ein
Unternehmen im Sinne des § 17 Abs. 2, 16 Abs. 1 AktG handele. Das
Umtauschverhältnis sei auch gemessen an den Feststellungen des gerichtlichen
Sachverständigen angemessen. Bei der Ermittlung des Wertverhältnisses könne nicht
der Börsenkurs in das im Wege der Ertragswertmethode ermittelte Umtauschverhältnis
einbezogen werden, weil dadurch die Bewertungsmaßstäbe unzulässig vermischt
würden. Sie halten ansonsten die Herleitung des Kapitalisierungszinssatzes für
sachgerecht und das Gutachten auch im Übrigen für plausibel.
16
II.
17
1.
18
Die gegen die Beteiligte zu 7) gerichtete sofortige Beschwerde ist nicht zulässig, da
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diese nicht passivlegitimiert ist. Gegen wen der Antrag im aktienrechtlichen
Spruchstellenverfahren zu richten ist, war bis zum Inkrafttreten des
Spruchverfahrensgesetzes in den Verfahrensvorschriften des Aktiengesetzes nicht
geregelt (Neye, ZIP 2002, 2097, 2098). Sie wird in den Spruchverfahren in der Regel
auch nicht problematisiert. In Anlehnung an die Passivlegitimation des streitigen
Zivilverfahrens ist auch im streitigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit der
Antrag gegen den Schuldner der Ausgleichsforderung zu richten. Schuldner der
Ausgleichsforderung ist nach einhelliger Auffassung die Hauptgesellschaft (Emmerich-
Habersack, Aktienkonzernrecht, 2. Aufl., § 320 b Rn. 3, Hüffer, AktG, 5. Aufl. § 320 b Rn.
2).
2.
20
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen die Beteiligte zu 8) ist statthaft,
insbesondere wurde sie fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist
eingelegt (§§ 306 Abs.2, 99 Abs. 3 S. 2 und S. 4 AktG, 22 FGG). Die Vorschriften des
Spruchverfahrensgesetzes finden nach § 17 Abs. 2 S.2 SpruchG auf das vorliegende
Beschwerdeverfahren noch keine Anwendung.
21
Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Mit zutreffender
Begründung hat das Landgericht auf der Grundlage des in jeder Hinsicht
nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen Dr. S. vom 20.03.2000 die
Anträge auf eine anderweitige Festsetzung der angemessenen Abfindung
zurückgewiesen, weil die von der Beteiligten zu 8) angebotene Abfindung günstiger war
als das vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellte Umtauschverhältnis. Die
Einwendungen der Beteiligten zu 2) im Beschwerderechtszug führen nicht zu einer
hiervon abweichenden Bewertung.
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Nach § 320 Abs. 5 AktG a.F. steht jedem aus der eingegliederten Gesellschaft
ausscheidenden Aktionär eine angemessene Abfindung zu. Die Abfindung hat durch
Aktien der Hauptgesellschaft zu erfolgen. Spitzenbeträge oder Aktienspitzen können
durch bare Zuzahlung ausgeglichen werden (Münch-Komm-Grunewald, AktG, Band 8,
2. Aufl., § 320 b Rn. 3 und 10). Die Abfindung der Aktien ist nach der
Verschmelzungswertrelation zu ermitteln. Den außenstehenden Aktionären müssen so
viele Aktien der Konzernspitze angeboten werden, wie ihnen zustünden, wenn beide
Gesellschaften miteinander verschmolzen würden (Hüffer, AktG, a.a.O., § 305 Rn. 17).
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Für die Verschmelzungswertrelation ist die Bewertung beider Unternehmen erforderlich.
Dieser Wert bestimmt sich maßgeblich danach, wie die Gesellschaft ohne Abschluss
des Unternehmensvertrages wertmäßig zu beurteilen wäre. Der nach diesen
Grundsätzen ermittelte Wert stellt die angemessene Abfindung dar, weil der
ausscheidende Aktionär die Summe erhalten muss, die dem Wert seiner Beteiligung am
Unternehmen voll entspricht. Nur die volle Abfindung ist angemessen (BVerfGE 14, 263,
284; BGHZ 71, 40, 51; BayOblG, WM 1996, 526, 528; Senat AG, 1990, 397; Kölner
Kommentar zum Aktiengesetz - Koppensteiner, 2. Aufl., § 305 Rn. 27).
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Bei der Berechnung des Umtauschverhältnisses ist der Sachverständige zutreffend von
der Ertragswertmethode ausgegangen. Er hat als Bewertungseinheiten die Beteiligten
zu 7) und 8) als selbstständige Einheiten, jedoch in ihrer Einbindung in den Konzern,
also unter Einbeziehung der Tochtergesellschaften und nach Einbringung des
Stahlbereichs der Beteiligten zu 7) in die K... HS AG herangezogen. Die maßgeblichen
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Tochtergesellschaften wurden ebenfalls auf der Basis des Ertragswertes, die nicht
gesondert bewerteten Tochtergesellschaften wurden bei der Ertragswertermittlung der
jeweiligen Muttergesellschaft im Beteiligungsergebnis erfasst. Dabei hat der
Sachverständige, sofern hierzu Anlass bestand, den Ertragswert mit dem Liquiditätswert
verglichen und den jeweils plausibleren Wert herangezogen. Das nicht
betriebsnotwendige Vermögen, dabei handelt es sich bei beiden Gesellschaften im
Wesentlichen um bebaute Grundstücke (Werkswohnungen), hat der Sachverständige
gesondert erfasst und dem Ertragswert hinzugerechnet. Diese Vorgehensweise ist
insgesamt folgerichtig. Die Einzelergebnisse sind in sich schlüssig und nachvollziehbar.
Soweit der Sachverständige, wie auch die Privatgutachter, bei der Bewertung der
Unternehmen auf den Zeitpunkt nach Einbringung des Stahlbereichs in die K... HS AG
abgestellt hat, ist dies nach der zutreffenden Begründung des Landgerichts nicht zu
beanstanden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung der angemessenen Abfindung
ist die Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Eingliederung (MünchKomm-
Bilda, a.a.O., § 305 Rn.27). Bei der Abstimmung über die Eingliederung
(Tagesordnungspunkt 4) hatte die Hauptversammlung der Beteiligten zu 7) bereits über
die Ausgliederung des Stahlbereichs entschieden (Punkt 1 der Tagesordnung der
Hauptversammlung vom 24.05.1993). Im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die
Eingliederung war der Stahlbereich rechtlich und wirtschaftlich ausgegliedert.
Unabhängig davon sind nach der so genannten "Wurzeltheorie" auch Entwicklungen zu
berücksichtigen, die sich nach dem Stichtag vollziehen, deren Wurzeln aber vor dem
Stichtag lagen (MünchKomm-Bilda, a.a.O., § 305 Rn. 69). Jedenfalls unter diesem
Gesichtspunkt war die Ausgliederung des Stahlbereichs aus der Beteiligten zu 7) bei
der Bewertung ihres Unternehmenswertes einzubeziehen.
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Die Kammer hat den Sachverständigen gebeten, bei der Ermittlung der
Verschmelzungswertrelation auch die neue Börsenkursrechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zu berücksichtigen. Der Sachverständige hat daraufhin der
Kammer mit Schreiben vom 25.10.1999 (Bl. 234 ff GA) mitgeteilt, dass die Börsenwerte
der Beteiligten zu 7) und 8) zum 24.05.1993 jeweils erheblich unter ihren Ertragswerten
gelegen hätten. Selbst unter Berücksichtigung der Weiterentwicklung der
Börsenkursrechtsprechung durch den Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 12.03.2001
(DB 2001, 969 ff) besteht für den Senat kein Anlass, in weiter gehende Ermittlungen
einzutreten. Im streitigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist es Sache der
Beteiligten, die für sie günstigen Tatsachen vorzutragen. Insofern obliegt der
Beschwerdeführerin die Darlegungs- und Beweislast, dass sich bei Zugrundelegung
des Börsenkurses eine für die Antragsteller günstigeres Umtauschverhältnis als das
Angebotene ergeben hätte (vgl. Senat, NZG 2000, 1074). Hieran fehlt es.
27
Zu den in dem Beschwerderechtszug im Einzelnen vorgetragenen Einwendungen:
28
a)
29
Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) ist die angebotene bare Zuzahlung vom Tag
der Bekanntmachung der Eintragung der Eingliederung in das Handelsregister und
nicht schon vom Zeitpunkt der Hauptversammlung an zu verzinsen. Der Zinsbeginn
ergibt sich aus dem Gesetz. § 320 b Abs. 1 S. 6 AktG, der dem § 320 Abs. 5 S. 6 AktG
entspricht, sieht die Verzinsung vom Tag der Bekanntmachung der Eintragung der
Eingliederung in das Handelsregister vor. Die Beteiligte zu 2) verkennt, dass der
Abfindungsanspruch mit der Eingliederung kraft Gesetz als Pendant zum Verlust der
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Mitgliedschaft entsteht (Hüffer, a.a.O., § 320 b Rn.2). Die Eingliederung wird erst mit der
Eintragung in das Handelsregister wirksam. Diese wirkt nach § 319 Abs. 7 AktG
konstitutiv.
Die gesetzliche Regelung ist verfassungskonform. Das Bundesverfassungsgericht hat in
dem grundlegenden Feldmühleurteil festgestellt, dass bei einer Mehrheitsumwandlung
die Abfindung erst mit dem Erlöschen der Aktien, d.h. der Eintragung des
Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister fällig sei und daher erst von diesem
Zeitpunkt an ggf. Verzugszinsen zu entrichten seien (BVerfGE 14, 263, 273 ff). Der von
der Beteiligten zu 2) beantragten Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bedarf es
folglich nicht.
31
Da die bare Zuzahlung bereits am 13.07.1993, also nur 4 Tage nach der Eintragung der
Eingliederung der in das Handelsregister am 09.07.1993 und vor deren
Bekanntmachung an die außenstehenden Aktionäre ausgezahlt worden ist, besteht kein
Anspruch auf Verzinsung der baren Zuzahlung.
32
b)
33
Die Beteiligte zu 8) musste den außenstehenden Aktionären der Beteiligten zu 7) nach
§ 320 Abs.5 S. 3 AktG a.F. nicht neben ihren Aktien wahlweise auch eine angemessene
Barabfindung anbieten, da es sich bei der Beteiligten zu 8) nicht um eine abhängige
Gesellschaft im Sinne des § 17 AktG handelt.
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Der Unternehmensbegriff ist in den gesetzlichen Vorschriften der §§ 16, 17 AktG nicht
näher umrissen. Aus der gesetzlichen Regelung ergibt sich aber die Intention des
Gesetzgebers, den Anwendungsbereich der konzernrechtlichen Vorschriften
grundsätzlich auf solche Gesellschafter zu beschränken, bei denen anders als bei
Privatgesellschaftern wegen ihrer unternehmerischen Betätigung außerhalb der
Gesellschaft die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit die Gefahr einer
Schädigung der Gesellschaft im Interesse anderer Unternehmen entsteht. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes genügt daher für die Annahme der
Unternehmensqualität eines Gesellschafters, dass er sich außerhalb der Gesellschaft
ebenfalls noch unternehmerisch bestätigt, weil nur hieraus die typischen Konfliktlagen
resultieren, denen das Konzernrecht begegnen soll (ständ. Rspr.: BGHZ 69, 334, 337f;
BGHZ 74, 359, 364f; BGHZ 80, 69, 72; BGH, NJW 1997, 1855, 1856). Die A..S ist kein
Unternehmen i.S.d. § 17 Abs.2 AktG, da sie sich nicht anderweitig unternehmerisch
betätigt. Ein Anspruch auf Barabfindung besteht daher nicht.
35
c)
36
Die Einwendung der Beteiligten zu 2), das vom Sachverständigen ermittelte
Umtauschverhältnis sei unter Berücksichtigung des Börsenkurses wirtschaftlich
günstiger als das Angebotene greift nicht durch. Dem Einwand liegt ein falsches
Verständnis der Börsenkursrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des
Bundesgerichtshofes zu Grunde.
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Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung vom 27.04.1999
festgestellt, dass der Verkehrswert börsenotierter Unternehmen nicht ohne Rücksicht auf
den Börsenkurs festgelegt werden könne. Die Abfindung müsse daher so bemessen
sein, dass der Minderheitsaktionär jedenfalls nicht weniger erhalte, als er bei einer
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freien Deinvestitionsentscheidung im Zeitpunkt der Eingliederung erlangt hätte (BVerfG,
AG 1999, 566 ff). Da der Börsenkurs nach dieser Rechtsprechung lediglich die
Untergrenze der Abfindung darstellt, ist bei börsennotierten Unternehmen der
Ertragswert in Relation zum Börsenwert zu setzen (Senat, DB 2003, 1941, 1943). Der
Sachverständige hat wie bereits oben ausgeführt, dargestellt, dass die Börsenwerte
beider Unternehmen weit hinter den Ertragswerten zurückblieben und hat der
Berechnung des Umtauschverhältnisses den Ertragswert zu Grunde gelegt (S. 34
Gutachten). Die Beteiligte zu 2) hat zu den Börsenwerten nichts Gegenteiliges
vorgetragen.
Die Beteiligte zu 2) wechselt bei dem nach der Ertragswertmethode ermittelten
Umtauschverhältnis in Vermengung verschiedener Bewertungsmethoden die
Ertragswerte von 569,18 DM für eine . K... AG -K... Aktie zu einer K...-Stahl Aktie mit
einem Ertragswert von 187,92 DM gegen den jeweiligen Börsenkurs aus und gelangt so
zu dem Ergebnis, das ganzzahlige Umtauschverhältnis von 4:1 zuzüglich einer baren
Zuzahlung in Höhe von 182,50 DM sei für die außenstehenden Aktionäre günstiger.
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Diese Berechnung ist nicht zutreffend. Bezogen auf die Ertragswerte ist das von der
Beteiligten zu 8) angebotene Umtauschverhältnis für die außenstehenden Aktionäre
angemessen. Für 3 Aktien der K... S.. AG mit einem Ertragswert von je 187,92 DM, also
insgesamt 563,76 DM, erhalten die außenstehenden Aktionäre als Gegenwert 1 Aktie
der . K... AG K... mit einem Ertragswert von 569,18 DM zuzüglich einer baren Zuzahlung
in Höhe von 5,10 DM. Bei dem von dem gerichtlichen Sachverständigen ermittelten
Umtauschverhältnis von 4 Aktien mit einem Ertragswert von insgesamt 751,68 DM
erhalten die Aktionäre der K... S.. AG 1 Aktie der K... AG ..-K... mit einem Ertragswert von
569,18 DM zuzüglich einer baren Zuzahlung in Höhe von 182,50 DM, also ebenfalls
751,68 DM. Die Vergleichsrechnung zeigt, dass die Aktionäre nach dem Angebot der
Beteiligten zu 8) mehr erhalten als dem Wert ihrer Anteile entspricht. Die Börsenwerte
spielen bei diesem nach der Ertragswertmethode ermittelten Umtauschverhältnis keine
Rolle, insbesondere kann die Beteiligte zu 2) nicht auf der Grundlage der Börsenkurse
die vom Sachverständigen auf der Grundlage der Ertragswerte ermittelte Zuzahlung in
Höhe von 182,50 DM hinzurechnen.
40
d)
41
Die von der Beteiligten zu 2) im Übrigen gegen das Gutachten formulierten Bedenken
sind nicht schlüssig.
42
aa)
43
Die nicht näher begründete Kritik an dem Kapitalisierungszinssatz ist nicht berechtigt.
Der Sachverständige hat als Basiszinssatz - wie es der ständigen Rechtsprechung des
Senats entspricht - einen langjährigen Durchschnittszinssatz herangezogen (S. 42
Gutachten). Der so ermittelte Basiszinssatz von 7,5% entspricht dem Satz, der in der
Rechtsprechung regelmäßig angenommen wird (Senat WM 1988, 1052, 1058; Senat
AG, 1991,196; Senat WM 1992,986, 991; BayOblG AG 1996, 127, 129). Der
Risikozuschlag ist im Rückgriff auf das Capital Asset Princing Modell nachvollziehbar
erläutert. Der Sachverständige hat dabei das Kapitalstrukturrisiko und das operative
Risiko angemessen berücksichtigt (S. 44 - 48 Gutachten). Der Gutachter hat mit
Ausnahme des Stahlbereichs einen Inflationsabschlag von 1 % angenommen. Da für
den Stahlbereich auf Grund der Preiseinbrüche in der Vergangenheit keine
44
Überwälzung der Preissteigerungsrate möglich erschien, hat er im Prognosezeitraum
dort keinen Wachstumsabschlag vorgenommen. Dies ist gemessen an der Situation auf
dem Stahlmarkt sinnvoll und nachvollziehbar.
bb)
45
Soweit die Beteiligte zu 2) weitere methodische Bedenken äußert, führen auch diese
nicht zu einer anderen Bewertung des Umtauschverhältnisses. Die Beteiligte zu 2)
meint, es sei nicht nachvollziehbar, wie der Sachverständige von den bereinigten
Bruttoergebnissen zu den erwarteten Nettoausschüttungen gelange und von dort zum
jeweiligen Ertragswert.
46
Der Sachverständige Dr. S. hat die Methodik der Neubewertung in seinem Gutachten
(S. 36 ff) detailliert erläutert, dies gilt insbesondere für die Herleitung der
Nettoausschüttungen aus dem bereinigten Bruttoergebnis bei dem von der Beteiligten
zu 2) herausgegriffenen Beispiel S. 160/161 des Gutachtens. Der Sachverständige hat
die Ergebnisse der Planungen der einzelnen Unternehmen - hier der ..... - auf ihre
Plausibilität überprüft und - wie im vorliegenden Fall - korrigiert. Die bereinigten
Bruttoergebnisse wurden ggf. angepasst. Der Gutachter hat entsprechend der von ihm
zu Grunde gelegten HFA 2/1983 die operativen Planungen der jeweiligen
Gesellschaften mittels der Ergebnisse der Vergangenheitsanalyse und der allgemeinen
Information über den Geschäftsverlauf und die Marktlage auf ihre Plausibilität hin
überprüft und sodann aus der Gesamtleistung abzüglich Materialaufwand zunächst den
Rohertrag und von dort abzüglich Personalaufwand und dem Saldo der übrigen
Aufwendungen und Erträge das bereinigte Bruttoergebnis ermittelt (S. 38/39 Gutachten).
Bei der Ermittlung der erwarteten Nettoausschüttungen hat er zutreffend
Abschreibungen/Investitionen, Altersvorsorgeleistungen, Beteiligungsergebnisse,
Zinsergebnisse und die Gewerbesteuer berücksichtigt (S. 40/41 Gutachten). Den
Unternehmenswert hat er sodann durch die Diskontierung der künftigen finanziellen
Überschüsse auf den Bewertungsstichtag berechnet. Der dabei angesetzte
Kapitalisierungszinsfuß ergibt sich aus der jeweiligen Berechnung des Ertragswertes
der gesondert bewerteten Unternehmen. Der Ertragswert resultiert aus der Division der
entnahmefähigen Gewinne mit dem Diskontierungszinsfuß. Die Berechnungen können
auf ihre Plausibilität hin ohne weiteres überprüft werden.
47
cc)
48
Auf Grund dessen ist dem Antrag der Beteiligten zu 2) nicht nachzugehen, der
Sachverständige möge sämtliche Planungsrechnungen mit Kapitalisierungsfaktoren
und dezidierter Herleitung der kapitalisierenden Nettoergebnisse vorlegen. Den
Verfahrensbeteiligten steht zwar ein Recht zu, Einsicht in die Unterlagen zu nehmen,
die dem Gericht vorliegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie verlangen können,
ihnen müssten sämtliche Unterlagen zugänglich gemacht werden, die der
Sachverständige bei seiner Begutachtung verwertet hat. Ein Anspruch besteht nicht,
wenn das Gericht die Vorlage der Unterlagen nicht für erforderlich hält (Senat, WM
1984, 732, 738). Das Gutachten soll neben den allgemein dem Aktionär zur Verfügung
stehenden Erkenntnisquellen nur eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen und nicht
sicherstellen, dass alle Einzelheiten der Berechnung nachvollzogen werden können
(Emmerich-Habersack, a.a.O., § 193a Rn. 17; MüKo- Altmeppen, a.a.O., § 293 a Rn. 37).
Auf Grund der detailreichen mit ausreichendem Zahlenmaterial versehenen
Ausführungen des Sachverständigen in seinem insgesamt sehr umfangreichen
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Gutachten besteht im Hinblick auf die lediglich ganz allgemein formulierten Bedenken
der Beteiligten zu 2) kein Grund, den Sachverständigen zur Vorlage seiner
Berechnungsunterlagen aufzufordern. Mehr als eine Plausibilitätskontrolle kann nach
Abschnitt C lit o) der HFA2/1983 nicht gefordert werden. Warum der Beteiligten zu 2)
diese Plausibilitätsprüfung nicht möglich ist, geht aus ihrer Beschwerdebegründung
nicht hervor.
4.
50
Nach alledem ist die von der Beteiligten zu 8) den außenstehenden Aktionären der
Beteiligten zu 7) angebotene Abfindung gemessen an den schlüssigen Aussagen des
Sachverständigen Dr. S. günstiger als dies seiner Neubewertung der Unternehmen
entspricht. Die Abfindung ist angemessen. Einer anderweitigen Festsetzung durch den
Senat bedarf es nicht.
51
5.
52
Die Kosten des Verfahrens trägt gemäß § 306 Abs.7 S.8 AktG die Beteiligten zu 8).
Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen, die Kosten einem anderen Beteiligten
aufzuerlegen, liegen nicht vor. Insoweit entspricht es auch der Billigkeit, dass die
Beteiligte zu 8) die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller tragen (§§ 306 Abs.2, 99
Abs.1 AktG , § 13 a FGG). Der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre
kann gemäß § 306 Abs.4 S.6 AktG von der Antragsgegnerin den Ersatz angemessener
barer Auslagen sowie eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen.
53
6.
54
Der gerichtliche Geschäftswert ist gem. § 30 Abs.1 KostO nach freiem Ermessen zu
bestimmen. Zu ermitteln ist der sog. Beziehungswert. Dieser wird grundsätzlich
bestimmt durch den Wert des betroffenen Wirtschaftsgutes und das Ausmaß, in
welchem es durch das zu bewertende Geschäft betroffen wird
(Korinthenberg/Lappe/Bengel/ Reimann, KostO 12. Aufl., § 30 Rdnr. 8). Für den Fall,
dass die angebotene Abfindung zu Gunsten der Aktionäre abgeändert wird, kann das
Produkt aus der Anzahl der von außenstehenden Aktionären gehaltenen Aktien und des
festgesetzten Unterschiedsbetrages ein Anhaltspunkt für die Wertfestsetzung sein
(Senat, AG 1987, 314, Senat AG 1998, 236, 238, Hüffer, a.a.O., § 306 Rn. 21). Eine
derartige Vorgehensweise kommt nicht in Betracht, wenn - wie hier - eine Differenz
zwischen vertraglicher und angemessener Leistung nicht besteht, da ansonsten der
Geschäftswert mit "Null" anzusetzen wäre. Andererseits kann der Geschäftswert auch
nicht höher liegen als im Fall eines auch nur minimalen Erfolges des Antrags, sodass es
nicht sachgerecht wäre, den Geschäftswert mit dem Wert des gesamten
außenstehenden Aktienkapitals anzusetzen. Schließlich verbietet es sich ebenfalls,
allein auf ein eventuell beziffertes Interesse eines oder mehrerer Antragsteller
abzustellen, weil nach § 30 Abs.1 KostO nur der objektive Wert des Geschäfts
maßgeblich ist und darüber hinaus das subjektive Interesse eines Beteiligten auch nur
einen Teil des gesamten Geschäfts ausmacht.
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Der Senat setzt deshalb unter Berücksichtigung der Bedeutung des Verfahrens für die
Beteiligten und des Umstandes, dass sich 229.200 Aktien in den Händen
außenstehender Aktionäre befanden, in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens
den Geschäftswert auf 2.000.000 EUR fest.
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