Urteil des OLG Düsseldorf vom 26.02.2009
OLG Düsseldorf: kosmetik, verbraucher, auflösende bedingung, drogerie, amt, europäische kommission, anteil, verfügung, wettbewerber, erwerb
Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-Kart 7/07 (V)
Datum:
26.02.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
1. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VI-Kart 7/07 (V)
Tenor:
I.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Bun-
deskartellamtes vom 8. März 2007 – B9 – 520/06 – wird zurückgewie-
sen.
II.
Der Beteiligten zu 1 werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens und
die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit
notwendigen Kosten des Bundeskartellamtes auferlegt.
III.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 500.000 €.
Gründe
1
I.
2
Die Douglas Holding AG, Hagen (nachfolgend: Douglas) beabsichtigt, sämtliche
Kommanditanteile der HELA Kosmetik Handels GmbH & Co. Parfümerie KG, München
(nachfolgend: HELA) zu erwerben. Der Erwerb soll durch eine Tochtergesellschaft von
Douglas, die Parfümerie Douglas Süd GmbH & Co. KG, Hagen, erfolgen.
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Douglas ist die Obergesellschaft der Douglas-Gruppe. Sie ist unter anderem im
Parfümerie-Einzelhandel tätig und betreibt in Deutschland unter dem Namen Douglas
mehr als 400 Filialen, weltweit sind es mehr als 900 Parfümerie-Fachgeschäfte. Neben
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dem Filialgeschäft betreibt Douglas den Parfümerie-Einzelhandel auch über das
Internet.
HELA ist ein inhabergeführtes Einzelhandelsgeschäft für Parfümerie- und
Kosmetikwaren. HELA betreibt insgesamt elf Filialen. Neun Filialen befinden sich in
München, die anderen zwei in Darmstadt und Michelfeld. Gesellschafter der HELA sind
Frau H. L., Frau I. P. sowie die Herren A. und R. D..
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Mit Beschluss vom 8. März 2007 hat das Bundeskartellamt das mit Schreiben vom 16.
November 2006 angemeldete Zusammenschlussvorhaben unter der auflösenden
Bedingung freigegeben, dass es Douglas unterlässt, das von HELA unter der Anschrift
E...straße .. in Darmstadt betriebene Parfümerie-Einzelhandelsgeschäft an einen
unabhängigen Erwerber innerhalb einer Frist von 6 Monaten ab Zustellung des
Beschlusses zu veräußern (Ziff. 1 Veräußerung und 2. Ergänzende Bedingungen zur
Erfüllung der Nebenbestimmung). Darüber hinaus hat es Douglas verpflichtet, für den
Zeitraum von sechs Jahren nach erfolgter Veräußerung der genannten Filiale keinen
direkten oder indirekten Einfluss auf das veräußerte Parfümerie-Einzelhandelsgeschäft
zu erwerben (Ziff. 2.3 Rückkaufverbot). Zur Begründung hat das Amt im Wesentlichen
ausgeführt, der Erwerb sämtlicher Kommanditanteile der HELA durch Douglas lasse die
Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung von Douglas auf dem räumlich auf die
Region Darmstadt beschränkten Einzelhandelsmarkt für selektiv vertriebene Kosmetik-
und Parfümeriewaren (pflegende Kosmetik, dekorative Kosmetik, Düfte, sog.
Herrenkosmetik und Körperpflegeprodukte) erwarten und es sei nicht ersichtlich, dass
durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen
eintreten und diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen
(§ 36 Abs. 1 GWB).
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In sachlicher Hinsicht hat das Amt auf den Markt für den stationären Einzelhandel für
selektiv vertriebene Kosmetik- und Parfümeriewaren einschließlich der diese
ergänzenden Körperpflegeprodukte abgestellt. Nur die Kosmetikprodukte (pflegende
und dekorative Kosmetik, Düfte, Herrenkosmetik sowie ergänzende
Körperpflegeprodukte), die nach der Entscheidung des Herstellers ausschließlich in
ausgewählten, bestimmte Qualitätskriterien erfüllende Verkaufsstellen (Parfümerien und
Parfümeriefachabteilungen) vertrieben werden (sog. selektiver Vertrieb oder
Depotsystem) besäßen im Vergleich zu den nicht selektiv vertriebenen Produkten (sog.
Mass-Market- oder Konsumprodukte) die für die Marktabgrenzung entscheidende
Luxus- und Prestigeeigenschaft. Insoweit könne dahin stehen, ob die ausschließlich
selektiv vertriebenen Kosmetik- und Parfümeriewaren schon wegen einer deutlichen
Preisdifferenz zu den übrigen Produkten über die Luxus- und Prestigeeigenschaft
verfügen. Jedenfalls bilde der vom Hersteller gewählte selektive Vertrieb ein die Luxus-
und Prestigeeigenschaft prägendes Element. Aus Sicht der Verbraucher bestehe keine
Austauschbarkeit zwischen selektiv vertriebenen Kosmetik- und Parfümeriewaren und
solchen, die nicht exklusiv etwa in Drogerien und Drogeriemärkten angeboten werden.
Zwar seien die Produkte von chemisch vergleichbarer Qualität, jedoch sei der
Prestigewert völlig unterschiedlich. Selektiv vertriebene Kosmetik- und Parfümerieware
sei durch ihre Hochpreisigkeit, ihre exklusive Aufmachung (Ausstattung der
Verpackung, Gestaltung der Behältnisse), vielfach luxuriöse Werbung sowie das
wettbewerbliche Umfeld ihrer Darbietung und die Möglichkeit einer individuellen
Beratung gekennzeichnet. Die sog. Konsumprodukte erfüllten diese Voraussetzungen
nicht.
7
Zur Begründung seiner Auffassung beruft sich das Amt auf die eigene Sachkunde, da
die Mitglieder der Beschlussabteilung zu dem angesprochenen Verbraucherkreis
gehörten, auf die Entscheidung des Kammergerichts aus dem Jahre 1985 (WuW/E OLG
3577, 3584 ff. – Hussel-Mara) sowie auf das Ergebnis der Befragung sämtlicher in dem
relevanten Markt tätigen Parfümerien, Kaufhäuser und Drogeriemarktketten, die zu dem
Ergebnis geführt habe, dass die im Fachhandel und in den Fachabteilungen der
Kaufhäuser angebotenen Parfümerie- und Kosmetikwaren mit Ausnahme der Drogerie
Müller nicht in Drogerien angeboten werden und umgekehrt.
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Die mit der Freigabeentscheidung verbundenen Nebenbestimmungen seien erforderlich
aber auch ausreichend, damit der Zusammenschluss nicht zur Verstärkung einer
marktbeherrschenden Stellung in dem relevanten Regionalmarkt Darmstadt führe.
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Mit ihrer Beschwerde wendet sich Douglas gegen die auflösenden Bedingungen in Ziff.
1.1 und 1.2 in Verbindung mit den ergänzenden Bedingungen zu 2.1 und 2.2 sowie die
Auflage zu 2.3 und begehrt die uneingeschränkte Freigabe des Zusammenschlusses.
Douglas hält die vom Bundeskartellamt vorgenommene sachliche Marktabgrenzung für
nicht zutreffend. Vielmehr läge bei konsequenter Anwendung des
Bedarfsmarktkonzeptes und insbesondere bei Berücksichtigung der von ihr vorgelegten
Verbraucherbefragungen ein einheitlicher, alle Vertriebswege umfassender
Produktmarkt für Kosmetik und Körperpflegeprodukte vor, der sämtliche Produkte der
Kosmetik und Körperpflege, also neben Damen- und Herrendüften einschließlich
zugehöriger Pflegeprodukte, Gesichtspflegeprodukten sowie dekorativer Kosmetik auch
Hand- und Körperpflegeprodukte, Haarpflegemittel, Deodorants, Duschbäder,
Badezusätze und Seifen umfasse. Auf einem solchen Absatzmarkt habe Douglas im
Marktraum Darmstadt lediglich einen Marktanteil von nur knapp 20 %, so dass es an
einer marktbeherrschenden Stellung fehle und das angemeldete Vorhaben unbedingt
freizugeben sei.
10
Die Beschwerdeführerin beantragt,
11
die der Freigabeverfügung beigegebenen Nebenbestimmungen in Form
der auflösenden Bedingungen zu 1.1 und 1.2 in Verbindung mit den
ergänzenden Bedingungen zu 2.1 und 2.2 sowie die Auflage zu 2.3 des
Beschlusses der 9. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes vom 8.
März 2007, zugestellt am 9. März, unter Aufrechterhaltung der Freigabe
in unbedingter Form, aufzuheben.
12
Das Bundeskartellamt beantragt,
13
die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen,
14
hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.
15
Das Amt hält die Beschwerde für nicht (mehr) zulässig. Die auflösende Bedingung habe
sich zwischenzeitlich erledigt, da Douglas die Filiale Darmstadt an einen unabhängigen
Dritten veräußert habe und es ihr nicht gelungen sei, eine Rückkaufoption für den Fall
zu vereinbaren, dass die auflösende Bedingung der Freigabeentscheidung im
Rechtmittelverfahren aufgehoben werde. Der Verkauf ohne Rückkaufoption spreche
deshalb zudem dafür, dass Douglas das Vorhaben hinsichtlich des Erwerbs der Filiale
Darmstadt endgültig aufgegeben habe. Im übrigen verteidigt das Amt seine
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Marktabgrenzung und setzt sich mit den hiergegen vorgebrachten Einwänden der
Beschwerde ausführlich auseinander.
Mit seinen Beschlüssen vom 11.3.2008 (Bl. 323 ff. GA) und 25.6.2008 (Bl. 367 ff. GA) hat
der Senat das Bundeskartellamt um Nachermittlungen zur sachlichen Marktabgrenzung
gebeten. Das Amt hat seine Ermittlungsergebnisse unter dem 4.12.2008 (Bl. 412-427
GA) mitgeteilt.
17
II.
18
A.
19
Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist Douglas durch die angefochtene
Entscheidung materiell beschwert.
20
1.
21
Douglas hat ihr ursprünglich auf eine uneingeschränkte Freigabe des
Zusammenschlusses gerichtetes Begehren nicht aufgegeben, als sie sich damit
einverstanden erklärt hat, die HELA-Filiale in Darmstadt an einen Dritten zu veräußern.
22
Erklären die Zusammenschlussbeteiligten der Kartellbehörde gegenüber ihr
Einverständnis mit den Nebenbestimmungen einer beabsichtigten Fusionsfreigabe,
kann die daraufhin ergangene Freigabeentscheidung mangels Beschwer nicht mit der
Beschwerde angegriffen werden, wenn die Zusammenschlussbeteiligten mit ihrer
Zustimmung zugleich ihr ursprüngliches Begehren auf uneingeschränkte Freigabe
aufgegeben haben. Allerdings muss sich der Wille, das ursprünglich auf eine
unbedingte Freigabe gerichtete Verfahrensbegehren nicht mehr weiterverfolgen zu
wollen, mit der gebotenen Eindeutigkeit ergeben (BGH WuW/E DE-R 1681, 1684 – DB
Regio/üstra; Senat WuW/E DE-R 1397, 1399 – ÖPNV Hannover ).
23
Ein solcher Wille kann vorliegend nicht festgestellt werden. Zwar hat sich Douglas im
kartellbehördlichen Verfahren mit den Nebenbestimmungen (Veräußerung der Hela-
Filiale in Darmstadt an einen unabhängigen Dritten und zeitlich befristetes
Rückkaufverbot) einverstanden erklärt und in diesem Zusammenhang ausgeführt, an
einer "schnellen und pragmatischen Lösung" interessiert zu sein. Jedoch hat sie damit
nicht zugleich zum Ausdruck gebracht, keine Einwendungen gegen die
Nebenstimmungen erheben zu wollen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für eine
unbedingte Freigabe nicht vorliegen sollten. Dies hat die Beschwerdeführerin auf
Nachfrage des Senates in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt. Auch
das Bundeskartellamt hat die Erklärung der Beschwerdeführerin im
Verwaltungsverfahren in diesem Sinne verstanden.
24
2.
25
Die Beschwer ist auch nicht dadurch entfallen, dass Douglas zwischenzeitlich die
Nebenbestimmungen Ziff. 1, 2.1 und 2.2 durch Veräußerung der Filiale Darmstadt an
einen unabhängigen Dritten erfüllt hat. Hierdurch ist keine Erledigung in der Hauptsache
eingetreten. Douglas ist nach wie vor durch das Rückkaufverbot in Ziff. 2.3 der
angefochtenen Verfügung materiell beschwert.
26
Eine Erledigung der Hauptsache tritt ein, wenn die angefochtene Verfügung keine
rechtlichen Wirkungen mehr entfaltet und deshalb gegenstandslos geworden ist, so
dass infolgedessen auch die Beschwer der beschwerdeführenden Partei fortgefallen ist
(BGH WRP 2006, 1030, 1031 - Agrana/Atys; WuW/E BGH 2211, 2213 - Morris-
Rothmans; KG WuW/E OLG 3213, 3214 - Zum bösen Wolf; WuW/E OLG 5497, 5501 -
Fortsetzungsfeststellungsinteresse; Senat, WuW/E DE-R 781, 782 - Wal-Mart; WuW/E
DE-R 1435, 1436 - Agrana/Atys; Beschl. v. 2.11.2005 – VI-Kart 30/04 (V), insoweit nicht
abgedruckt in WuW/E DE-R 1625 ff. – Rethmann/GfA Köthen; WuW/E DE-R 1654, 1655
– RUAG/MEN; zuletzt: WuW/E DE-R 2462, 2473 - Kupferstranggussformate). Geht es
um ein Fusionskontrollverfahren, tritt eine Erledigung der Untersagungsverfügung ein,
wenn das angemeldete Zusammenschlussvorhaben nicht mehr weiterverfolgt wird.
Dabei ist nicht erforderlich, dass das angemeldete Vorhaben objektiv undurchführbar
geworden ist, weil zum Beispiel das Zielunternehmen bereits anderweitig veräußert
worden ist. Erledigung tritt vielmehr auch dann ein, wenn das Fusionsvorhaben
zumindest von einer Partei endgültig aufgegeben wird (Senat, WuW/E DE-R 1654, 1655
– RUAG/MEN; Beschl. v. 6.9.2006 – VI-Kart 13/05 (V) Umdruck Seite 6; KG, WuW/E
OLG 5364; vgl. auch BGH, WuW/E DE-R 919, 922 f. – Stellenmarkt für Deutschland II).
27
Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist die durch die angefochtenen
Nebenbestimmungen bewirkte Beschwer nicht fortgefallen. Weder ist das angemeldete
Vorhaben objektiv undurchführbar geworden, noch kann davon ausgegangen werden,
dass Douglas den Erwerb der HELA-Filiale Darmstadt endgültig aufgegeben hat.
28
Zwar hat sich der unabhängige Dritte, an den Douglas in Erfüllung der auflösenden
Bedingung gemäß Ziff. 1, 2.1 und 2.2 des angefochtenen Beschlusses die Filiale
Darmstadt zwischenzeitlich veräußert hat, nicht mit der Vereinbarung einer
Rückkaufoption für den Fall des Obsiegens von Douglas im Beschwerdeverfahren
einverstanden erklärt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er derzeit und in naher
Zukunft nicht bereit sein wird, die Filiale Darmstadt an Douglas zurückzuveräußern.
Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass dies für den gesamten vom Amt
verfügten Zeitraum von sechs Jahren gilt. Es ist nicht auszuschließen, dass der
Erwerber seine Meinung, sei es aufgrund der Marktentwicklung oder sei es aufgrund
anderer Umstände noch innerhalb der sechsjährigen Frist ändert. Sollte der Erwerber
dann aber zur Rückveräußerung bereit sein, ist Douglas aufgrund des in Ziff. 2.3 der
Verfügung vorgesehenen Rückkaufverbots gehindert, die Filiale Darmstadt zu
erwerben. Dafür, dass Douglas den Erwerb der HELA-Filiale Darmstadt endgültig
aufgegeben hat, ist nichts ersichtlich. Vielmehr hat Douglas ausdrücklich erklärt, nach
wie vor am Erwerb der Filiale interessiert zu sein. Dem steht auch nicht entgegen, dass
Douglas zwischenzeitlich eine ihrer Filialen in Darmstadt geschlossen hat. Dies
bedeutet nicht zwangsläufig, dass Douglas in Darmstadt kein Expansionsinteresse
mehr hat. Die Gründe für die Filialschließung können vielfältig sein. Sie müssen nicht
unbedingt einem eventuellen Rückerwerb der HELA-Filiale entgegenstehen.
29
B.
30
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Bundeskartellamt hat zu Recht den von
Douglas beabsichtigten Erwerb sämtlicher Kommanditanteile an HELA nur unter der
auflösenden Bedingung freigegeben, dass es Douglas unterlässt, das von HELA unter
der Anschrift E...straße .. in Darmstadt betriebene Parfümerie-Einzelhandelsgeschäft an
einen unabhängigen Erwerber innerhalb der vorgesehen Frist zu veräußern. Auch das
in Ziff. 2.3 der Verfügung enthaltene Rückkaufverbot ist nicht zu beanstanden.
31
Das in Rede stehende Zusammenschlussvorhaben erfüllt die
Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB.
32
Der von Douglas beabsichtigte Erwerb sämtlicher Kommanditanteile an HELA ließ die
Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung von Douglas auf dem
Einzelhandelsmarkt für Parfümerie- und Kosmetikprodukte der gehobenen Preisklasse
einschließlich der sie ergänzenden Körperpflegeprodukte im Regionalmarkt Darmstadt
erwarten, ohne dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der
Wettbewerbsbedingungen eintreten, die die Nachteile der Marktbeherrschung
überwiegen.
33
1.
34
In sachlicher Hinsicht ist von dem Zusammenschluss der Einzelhandelsmarkt für
Kosmetikprodukte und Düfte der gehobenen Preisklasse einschließlich der sie
ergänzenden Körperpflegeprodukte in ihrer sortimentstypischen Zusammensetzung
betroffen, auf dem sich (hauptsächlich) Parfümerien und Parfümerie-Fachabteilungen
der Kaufhäuser als Anbieter und Verbraucher als Nachfrager gegenüberstehen. Die
demgegenüber vom Bundeskartellamt herangezogene Unterscheidung nach
Vertriebswegen (selektiver bzw. nicht selektiver Vertrieb) ist kein geeignetes
Marktabgrenzungskriterium, auch wenn im Endergebnis beide Märkte weitgehend
übereinstimmen.
35
Nach dem Bedarfsmarktkonzept sind sämtliche Erzeugnisse marktgleichwertig, die sich
nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer
Preislage so nahe stehen, dass der verständige Verbraucher sie als für die Deckung
eines bestimmten Bedarfs geeignet in berechtigter Weise miteinander vergleicht und als
gegeneinander austauschbar ansieht. Hierbei steht der Gesichtspunkt des
Verwendungszwecks und damit eng zusammenhängend der Eigenschaften der Waren
und Dienstleistungen ganz im Vordergrund (KG WuW/E OLG 471 – Folien und Beutel).
Der Gesichtspunkt des Preises bzw. der Preisunterschiede tritt demgegenüber in der
Regel zurück. Gleichwohl ist die Austauschbarkeit aus Sicht der Nachfrager bei
gleichem Verwendungszweck der Waren zu verneinen, wenn zwischen den
Vergleichsprodukten ein erheblicher Preisunterschied besteht, sie also
unterschiedlichen Preisklassen angehören (KG WuW/E OLG 3137, 3142 – Rheinmetall-
WMF; KG WuW/E OLG 1745, 1748 – Sachs; KG WuW/E OLG 2825, 2833 –
Taschenbücher; KG WuW/E OLG 1983, 1984 – Rama-Mädchen; Paschke in Frankfurter
Kommentar, Kartellrecht (2005), § 19 Rn. 81; BKartA DE-V 385, 386 – Richemont/LMV).
In der Regel kommen zu den ausgeprägten Preisabständen weitere Unterschiede, so
zum Beispiel in der Vertriebsleistung, hinzu, die eine Austauschbarkeit der Waren weiter
einschränken (Ruppelt in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen
Kartellrecht, 10. Aufl., Bd. I, § 19 Rn. 18). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das
Kammergericht im Jahr 1985 (KG WuW/E 3577, 3584 - Hussel/Mara) einen "Markt für
Kosmetika, Duftwasser einschließlich Parfums und Körperpflege der oberen Klasse"
angenommen und hierbei im Wesentlichen auf die Hochpreisigkeit, die exklusive
Aufmachung und Werbung sowie auf den mit zumeist intensiver Beratung
einhergehenden exklusiven Vertrieb der Produkte abgestellt. Auch die Europäische
Kommission nahm in Entscheidungen Anfang der 90er-Jahre in den Fällen "Yves Saint
Laurent" und "Parfums Givenchy", bei denen es um die Zulässigkeit selektiven Vertriebs
ging, einen gesonderten Markt für Luxuskosmetika an (ABl. 1992, Nr. L 12, S. 24, 25, 29;
36
ABl. 1992, Nr. L 236, S. 11 f., 15 f.).
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerde kann vorliegend nicht von einem
einheitlichen Einzelhandelsmarkt für Kosmetik- und Körperpflegeprodukte
einschließlich Damen- und Herrendüften ausgegangen werden, auf dem sowohl
Parfümerien und Parfümerie-Fachabteilungen als auch Drogerien und Drogerie-Märkte
als Anbieter tätig sind. Vielmehr bestehen zwischen dem typischerweise in Parfümerien
und Parfümerie-Fachabteilungen der Kaufhäuser angebotenen Sortiment an
Kosmetikprodukten und Düften auf der einen Seite und dem entsprechenden Sortiment
der Drogerien und Drogeriemärkte auf der anderen Seite bei der gebotenen
generalisierenden Betrachtungsweise vor allem hinsichtlich der Preise, aber auch
hinsichtlich der Sortimentsbreite- und -tiefe so signifikante Unterschiede, dass beide aus
Sicht des verständigen Verbrauchers nicht gegeneinander austauschbar sind.
37
a.
38
Richtig ist allerdings – und dies wird vom Bundeskartellamt auch nicht in Abrede gestellt
-, dass die in den verschiedenen Einkaufsstätten angebotenen Produkte den gleichen
Verwendungszweck haben.
39
Der Grundnutzen der in Parfümerien und Parfümerie-Fachabteilungen einerseits und in
Drogerien und Drogeriemärkten andererseits angebotenen Parfümerie- und
Kosmetikwaren ist identisch. Bei der Nachfrage von Kosmetikartikeln und Düften geht
es dem Kunden darum, schön und gepflegt auszusehen bzw. angenehm zu duften.
Dieser Bedarf wird gleichermaßen durch die in Parfümerien bzw.
Parfümeriefachabteilungen und die in Drogerien bzw. Drogeriemärkten angebotenen
Waren gedeckt.
40
b.
41
Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Sortimenten besteht auch nicht in
qualitativer Hinsicht. Dies folgt aus Untersuchungen der Stiftung Warentest und anderer
Institute, in denen regelmäßig Produkte aus Parfümerien und Drogerien zusammen
getestet und vergleichend gegenübergestellt werden. Nach den Testergebnissen
schneiden die in den Parfümerien bzw. Parfümeriefachabteilungen angebotenen
Produkte nicht grundsätzlich besser ab als die Drogerieware. Vielmehr erhält letztere
häufig bessere oder zumindest vergleichbare Bewertungsnoten. Diese Testergebnisse
stimmen mit der Wahrnehmung der Verbraucher überein. So haben nach dem Ergebnis
der von Douglas in Auftrag gegebenen Umfrage der INNOFACT AG aus Oktober 2006
(Anlage 30, dort Seite 32, 33) mehr als ¾ der befragten Verbraucher die These bestätigt,
dass die Qualität der Produkte vergleichbar ist und Parfümerien und Drogerien im
Prinzip gleichwertige Produkte anbieten. Hinzu kommt, dass relativ häufig
Qualitätskriterien, die von Herstellern der über Parfümerien vertriebenen Produkte
(Depotkosmetik) entwickelt werden, von den Herstellern der über Drogerien (nicht
selektiv) vertriebenen Produkte nachempfunden werden. Hierauf hat die Beschwerde in
ihrem Schriftsatz vom 28. Januar 2009 mit einigen Beispielen zutreffend hingewiesen.
42
c.
43
Ob die über Parfümerien vertriebenen Hersteller und Marken aus Sicht der Kunden ein
für die Marktabgrenzung bedeutsames höheres Image oder Prestige haben als die
44
Hersteller und Marken, die über Drogerien und Drogeriemärkte vertrieben werden, ist
zweifelhaft. Festzuhalten ist allerdings, dass Parfümerien und
Drogerien/Drogeriemärkten weitestgehend Produkte unterschiedlicher Hersteller und
damit unterschiedlich Marken in ihrem Sortiment führen. Nach den Ermittlungen des
Bundeskartellamtes bieten die Parfümerien und Parfümerie-Fachabteilungen zum
überwiegenden Teil Kosmetikwaren an, die von den Herstellern exklusiv durch
Abschluss sog. Depotverträge nur über Parfümerien vertrieben werden. In Drogerien-
und Drogeriemärkten wird hingegen solche Depotware in der Regel nicht angeboten.
Die großen in Deutschland vertretenen Drogeriemarkt-Ketten verfügen – mit Ausnahme
der Drogerie Müller – über keine Depotverträge. Soweit sich die Drogerien auf dem sog.
"Graumarkt" oder im Ausland selektiv vertriebene Düfte beschaffen, sind die hierdurch
hervorgerufenen Sortimentsüberschneidungen gering, da sie auf diesem Wege kein mit
den Parfümerien vergleichbares und zudem ständig verfügbares Sortiment an Düfte
anbieten können. Die Feststellungen – und nicht lediglich Prognosen - des
Bundeskartellamtes in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2000 (B9 – 52331 – U –
192/99 Douglas/Yaska), wonach in Drogerie-Parfümerien verstärkt Depotkosmetik
angeboten werde, sind durch die aktuellen Ermittlungsergebnisse nicht bestätigt worden
und damit für die vorzunehmende Marktabgrenzung bedeutungslos.
Folgende Umstände deuten jedoch darauf hin, dass sich in der Wahrnehmung der
Verbraucher das Image der in Drogerien vertriebenen Marken in den letzten Jahren dem
Image der über Parfümerien vertriebenen Produkte zumindest stark angenähert hat. So
haben nach den Ausführungen des Branchenreports "Megamarkt Schönheit" der BBE
Unternehmensberatung aus dem Jahr 2004 (Anl. 5 zur Beschwerdebegründung, dort
Seite 89) "drogeriemarkt-spezifische Marken...ein Produkt-Trading up begonnen, das sie
in die Nähe von Parfümerie-Marken gebracht hat". Dieses Phänomen hat die
Beschwerde hinsichtlich der Aufmachung und Bewerbung der Produkte überdies
anschaulich durch zahlreiche Beispiele belegt (vgl. Schriftsatz vom 28.01.2009, Seite
11; Beschwerdebegründung vom 28.06.2007, Anl. 6-24). In dieselbe Richtung weisen
die Erkenntnisse aus der INNOFACT-Befragung aus Juni 2007 zur
"Markenwahrnehmung im Kosmetiksektor". Im Rahmen einer Online-Umfrage ist
danach das Image von insgesamt 30 Parfümmarken erfasst worden. Es ergaben sich
große Überschneidungen bei der Bewertung aller abgefragten Marken. Einige Depot-
Marken wie z.B. Chanel werden zwar deutlich höher eingeschätzt als alle anderen
Marken. Der Großteil aller Marken – sowohl Depot- als auch Mass-Market-Waren – lag
jedoch eng bzw. sehr eng beieinander (vgl. Seite 9 der INNOFACT-Befragung).
45
Letztlich kann aber dahin stehen, ob Parfümerieware für den Verbraucher ein signifikant
höheres Image oder Prestige als Drogerieware hat. Jedenfalls rechtfertigen die
nachfolgend unter d. dargestellten Unterschiede die Annahme von zwei getrennten
(Einzelhandels)Märkten.
46
d.
47
Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem typischen Sortiment einer Parfümerie und
dem einer Drogerie bzw. eines Drogeriemarktes besteht im Hinblick auf die Preislage
der angebotenen Produkte und ferner im Hinblick auf die Sortimentsbreite und –tiefe.
Beides weicht so signifikant voneinander ab, dass die Sortimente vom verständigen
Verbraucher nicht als austauschbar bewertet werden können.
48
aa.
49
Die in Parfümerien und Parfümerie-Fachabteilungen angebotenen Kosmetikprodukte
(pflegende und dekorative Kosmetik) einschließlich Düfte (Damen- und Herrendüfte)
und die sie ergänzenden Körperpflegeprodukte gehören weit überwiegend einer
deutlich höheren Preiskategorie an als die in Drogerien und Drogeriemärkten
angebotenen Produkte derselben Produktgruppe. Im Bereich "Düfte" verkaufen die
Parfümerien bis zu 2/3 aller Artikel aus der Preisklasse oberhalb von 30 € bei einer
Preisspanne von bis zu 300 € und mehr. Die in den Drogerien angebotenen Düfte
stammen hingegen zu fast 100 % aus der Preisklasse unterhalb von 30 €. Im Bereich
"Gesichtspflege" reicht die Preisspanne bei den Parfümerien bis über 500 €; bei
Douglas werden nur etwa 1/3 dieser Produkte aus der Preisklasse bis 15 € angeboten.
Die Preisspanne bei den Drogerien reicht hingegen nur bis maximal 20 € bzw. 30 €
(Drogerie Müller); der Umsatzschwerpunkt liegt mit etwa 80 % in der untersten
Preisgruppe bis 5 €. Bei der "dekorativen Kosmetik" werden in den Parfümerien mehr
als 2/3 (bis 68 %) der Produkte in der Preisklasse 15,01 €-30 € angeboten. Bei den
Drogerien stammen hingegen über 2/3 der Produkte aus der untersten Preisklasse bis 5
€. Etwa in derselben Größenordnung liegen die Umsatzschwerpunkte in der
Produktgruppe "Körperpflege" (Parfümerien: über 80 % Preisklasse 15,01€-30€;
Drogerien: über 70 % Preisklasse bis 5 €).
50
Darüber hinaus sind in Parfümerien und Drogerien die Anteile der einzelnen
Produktgruppen am Gesamtsortiment deutlich unterschiedlich gewichtet. Bei den
Parfümerien machen die "Düfte" einen Anteil von etwa 30 % am Gesamtsortiment aus.
Bei den Drogerien ist es hingegen ein Anteil von unter 10 %. Umgekehrt ist die Situation
bei Körperpflegeprodukten. Sie bilden bei den Drogerien mit einem Anteil von über 80
% den Schwerpunkt des Gesamtsortiments. Bei den Parfümerien spielen diese
Produkte mit einem Anteil von etwa 20 % nur eine unbedeutende Rolle.
51
Im einzelnen haben die vom Senat veranlassten Nachermittlungen des Amtes zu
folgenden Ergebnissen geführt:
52
Parfümerie
Drogerie
(1) Düfte
Preisspanne
bis über 100 €;
vereinzelt bis
300 €
unter 30 €
(Kaufhof im
Drogeriebereich
bis 40 €)
Anzahl der Artikel
VK-Preis im Durchschnitt
34-44 €
(inhabergeführt)
35-45 €
(Karstadt) 25-
35 € (Müller)
unter 15 €
Umsatzanteil
53
a. mengenmäßig
54
61
überwiegend 2/3 im Preissegment oberhalb von 30
€
55
b. umsatzmäßig
56
mehr als 2/3 des Umsatzes (Karstadt: 80 %) aus
Preissegment oberhalb von 30 €
Anteil am Gesamtsortiment
57
a. mengenmäßig
58
19-38 % inhabergeführt 21 % (Douglas)
59
b. wertmäßig
60
39-62 % 48 % (Douglas)
unter 10 %
unter 10 %
(2) Gesichtspflege
Preisspanne
bis mindestens
500 €
bis 20 € (Müller
bis 30 €)
Anzahl der Artikel
VK-Preis im Durchschnitt
mehr als 35 €
3-4 €
Umsatzschwerpunkt
a)
mengenmäßig
nur 37 %
(Douglas) aus
der
Preisgruppe bis
15 €
a)
mengenmäßig
98 - 100 % aus
der Preisgruppe
bis 15 €; 80 %
Preisgruppe bis
5 €
(3) dekorative Kosmetik
Preisspanne
Anzahl der Artikel
VK-Preis im Durchschnitt
25 €
4 €
msatzschwerpunkt
a)
a)
mengenmäßig
bis 68 %
stammt aus der
Preissegment
15,01-30 €
höchstens 7 %
aus der
Preisgruppe 0-
5 €
mengenmäßig
Mehr als 66 %
in der
Preisgruppe 0-5
€ 1 % aus der
Preisgruppe
15,01-30 €
(4) Körperpflege
Preisspanne
Anzahl der Artikel
VK-Preis im Durchschnitt
15-23 €
2-2,50 €
Umsatzschwerpunkt
a)
mengenmäßig
über 80 % aus
dem
Preissegment
15,01-30 €
(Douglas)
a)
mengenmäßig
über 90 % im
Preissegment
0-5 €
Anteil am Gesamtsortiment
22% (Douglas)
15-29 %
75-83 %
bb.
62
Die (Nach-)Ermittlungsergebnisse des Bundeskartellamtes sind uneingeschränkt
verwertbar. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die ausgewerteten Daten
zuverlässig ermittelt und demzufolge richtig sind.
63
Wird eine Marktdatenerhebung durchgeführt, kann sich das Beschwerdegericht
grundsätzlich darauf beschränken, die Ergebnisse dieser Erhebung zur Kenntnis zu
nehmen und zu verwerten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kartellbehörde ihre
Zustimmung zur Einsicht in ihre Akten verweigert hat. Ob die Daten zuverlässig ermittelt
worden sind, braucht es - ebenso wenig wie bei sonstigen der angefochtenen
Entscheidung vorangehenden Datenerhebungen der Kartellbehörde – im Regelfall auch
nicht auf andere Weise von Amts wegen nachzuprüfen. Das hat nur dann zu geschehen,
wenn der Vortrag der Beteiligten oder der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger
Überlegung der sich aufdrängenden Möglichkeiten hierzu Anlass gibt (BGH , Beschluss
v. 11.11.2008, KVR 60/07, Rn. 32 m.w.Nachw. – E.ON/Stadtwerke Eschwege = WuW/E
DE-R 2451, 2455 f.).
64
Die von der Beschwerde geltend gemachten Einwände gegen die Belastbarkeit der
(Nach-)Ermittlungsergebnisse begründen bei sorgfältiger Überlegung keine Zweifel an
ihrer Aussagekraft und Richtigkeit.
65
Dass insgesamt nur vier der insgesamt 16 im Marktraum Darmstadt angeschriebenen
66
Parfümerien/Drogerien den Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamtes in einer Weise
beantwortet haben, die eine vollständige Auswertung der abgefragten Daten ermöglicht
hat, stellt die Aussagekraft der Ermittlungsergebnisse nicht in Frage. Die ausgewerteten
Auskünfte der vier Parfümerien/Drogerien sind hinreichend repräsentativ, um im
Rahmen der gebotenen, aber auch ausreichenden generalisierenden
Betrachtungsweise einen Eindruck von der Zusammensetzung des Sortiments und den
Preiskategorien bei inhabergeführten Parfümerien/Drogerien zu erhalten. Nach den
Ermittlungsergebnissen des Amtes im Verwaltungsverfahren haben inhabergeführte
Parfümerien ein tendenziell vergleichbares Sortiment. Sie bieten fast ausschließlich
exklusiv vertriebene Depotware an. Auch die Umsatzverteilung auf die einzelnen
Produktgruppen ist in etwa gleich. Sie generieren zwischen 80 % und 90 % ihres
Gesamtumsatzes mit Kosmetikprodukten. Eine Ausnahme stellt lediglich die als
"Parfümerie-Drogerien" firmierende Kurt Werner GmbH & Co. KG dar. Sie hat einen
deutlich geringeren Umsatzanteil mit Kosmetikartikeln, da ihr Sortiment auch auf
Drogerieware ausgerichtet ist. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die im
Verwaltungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse nicht zutreffend sind, hat weder die
Beschwerde aufgezeigt, noch sind sie sonst ersichtlich. Dies gilt um so mehr, als die
vom Bundeskartellamt aufgezeigten Unterschiede zwischen den inhabergeführten
Parfümerien und Douglas bzw. den Parfümeriefachabteilungen der Kaufhäuser
beispielsweise hinsichtlich des Anteils bestimmter Produktgruppen am Gesamtsortiment
oder des ermittelten durchschnittlichen Verkaufspreises verhältnismäßig geringfügig
sind.
Der Senat vermag der Beschwerde auch nicht darin zu folgen, dass nicht
nachzuvollziehen sei, wie das Amt im Rahmen seiner Auswertung mit den Auskünften
von Karstadt verfahren sei. Das Amt hat für die Produktgruppe "Düfte" ausgeführt, dass
es "die von Karstadt dargestellten Produktgruppen der Systematik des
Auskunftsbeschlusses untergeordnet" habe. Diese Ausführungen können nur so
verstanden werden, dass Karstadt in seinem Warenwirtschaftssystem keine
Warengruppe führt, die mit der vom Senat vorgegebenen, ausschließlich Damendüfte
umfassenden Produktgruppe "Damendüfte" identisch ist, und dass das
Bundeskartellamt die überlassenen Daten in die vom Senat vorgegebenen
Produktgruppen eingeteilt hat. Diese Vorgehensweise hat das Bundeskartellamt auf
Seite 4 seines Schriftsatzes vom 5. Februar 2009 ausdrücklich bestätigt.
67
In diesem Zusammenhang besteht auch kein Widerspruch zum Inhalt der e-mail vom 16.
Dezember 2008, in der das Bundeskartellamt dem Vorsitzenden des Senates auf
Nachfrage mitteilt, dass die Auswertungen des Amtes handschriftlich ausgefüllte
Angaben der befragten Unternehmen nur insoweit berücksichtigt haben, als sie der
abgefragten Systematik entsprochen haben. Ausweislich des Aktenvermerks vom
16.12.2008 (Bl. 427 GA) bezog sich die Anfrage des Senates nur auf die Daten der
Parfümerien/Drogerien, die mangels eines Warenwirtschaftssystems die Auskünfte
handschriftlich erteilt haben. Karstadt hat hingegen die Auskünfte nicht handschriftlich
erteilt, sondern anhand ihres Warenwirtschaftsprogramms.
68
Der Senat hat ferner keine Zweifel an der Richtigkeit der von Schlecker erteilten
Auskunft, 100 % der im Sortiment geführten Düfte lägen im Preissegment unter 30 €.
Zwar hat die Beschwerde vorgetragen und durch die Anlage 1 zu ihrem Schriftsatz vom
28. Januar 2009 belegt, dass auf der Internetseite www.schlecker.com mehrere Düfte
mit einem Verkaufspreis von über 30 € angeboten werden. Die von Schlecker im
Rahmen der durchgeführten Nachermittlungen erteilten Auskünfte beziehen sich auf das
69
Duft-Sortiment, das in den Schlecker-Filialen im Marktraum Darmstadt angeboten wird.
Dass diese Schlecker-Filialen dieselben Produkte führen, die über das Internet im
Versandhandel angeboten werden, ist aber weder ersichtlich noch von der Beschwerde
dargetan.
cc.
70
Die dargestellten Unterschiede zwischen dem Sortiment an Kosmetikprodukten und
Düften, das in Parfümerien und Parfümerie-Fachabteilungen üblicherweise angeboten
wird, und dem entsprechenden Sortiment einer Drogerie oder Drogeriefachmarkt sind
aus Sicht des verständigen Verbrauchers so signifikant sind, dass er das Warenangebot
nicht mehr für austauschbar hält.
71
Der Durchschnittsverbraucher erwartet von einer Parfümerie bzw.
Parfümeriefachabteilung vor allem ein breit gefächertes Sortiment an hochpreisigen
Düften und Kosmetikartikeln. Körperpflegeprodukte spielen nur eine untergeordnete
Rolle. Andere Erwartungen stellt er hingegen an das Sortiment einer Drogerie- bzw.
eines Drogeriemarktes. Der Sortiments-Schwerpunkt liegt dort eindeutig bei den
Körperpflegeprodukten. Düfte machen nur einen Anteil von unter 10 % des
Gesamtsortiments aus, so dass vor allem die Auswahl an Düften im Vergleich zu dem
Angebot der Parfümerien deutlich eingeschränkt ist. Zudem gehören die in Drogerien
typischerweise angebotenen Produkte einer deutlich niedrigeren Preiskategorie an, so
dass aus Sicht des Verbrauchers eine preisliche Austauschbarkeit der Produkte nicht
besteht.
72
Während Düfte in Drogerien nur bis maximal 30 € angeboten werden, bedienen
Parfümerien dieses Preissegment nur in geringem Umfang. Sie verkaufen etwa 2/3 ihrer
Düfte aus dem Preissegment oberhalb von 30 €. Signifikant sind auch die
Preisabstände bei den Kosmetikartikeln. In der Produktgruppe "Gesichtspflege"
stammen 80 % der in Drogerien angebotenen Waren aus der Preisgruppe bis 5 €. Die
übrigen 20 % zählen zu der Preisgruppe bis 15 €. Der Umsatzschwerpunkt bei den
Parfümerien liegt demgegenüber in den Preisgruppen deutlich oberhalb von 15 €. Der
durchschnittliche Verkaufspreis liegt in dieser Produktgruppe bei den Parfümerien bei
mehr als 35 €, bei den Drogerien jedoch nur bei 3-4 €. Ähnlich ist die Situation in der
Produktgruppe "dekorative Kosmetik". Bei den Parfümerien liegt der
Umsatzschwerpunkt (etwa 68 % der angebotenen Produkte) im Preissegment 15,01 € -
30 €, bei den Drogerien hingegen (mehr als 66 % der angebotenen Produkte) im
Preissegment 0 - 5 €. Über 80 % der Körperpflegeprodukte, die in Parfümerien
angebotenen werden, stammen aus dem Preissegment 15,01 € - 30 €. Drogerien
bedienen hingegen mit über 90 % das Preissegment 0 – 5 €.
73
Dass es in Randbereichen der Sortimente zwischen Parfümerien und Drogerien zu
Überschneidungen kommt, weil etwa Parfümerien wie Douglas auch niedrigpreisigere
Produkte in ihrem Sortiment führen, ist für die Marktabgrenzung nicht entscheidend. Die
Marktabgrenzung gebietet eine generalisierende Betrachtungsweise. Auf
Überschneidungen in Randbereichen, die vielfach vorkommen, kann nicht abgestellt
werden. Der Umstand, dass sich die Preise der Parfümerien für Düfte und
Kosmetikprodukte zum geringen Teil im Rahmen der oberen Preiskategorie der in
Drogerien geführten Artikel derselben Produktgruppe halten, rechtfertigt daher nicht die
Annahme einer grundsätzlichen preislichen Austauschbarkeit.
74
Für das Bestehen sachlich getrennter Märkte spricht darüber hinaus die
unterschiedliche Präsentation der Produkte in Parfümerien und Drogerien sowie die
Einschätzung der befragten Marktteilnehmer.
75
Die in Parfümerien angebotenen Produkte sind in der Regel hochwertig verpackt; sie
werden häufig in exklusiv anmutender Umgebung präsentiert. Darüber hinaus hat der
Kunde die Möglichkeit, sich vom Verkaufspersonal individuell beraten zu lassen und
insbesondere Kosmetikserien aus dem Bereich der pflegenden Kosmetik
auszuprobieren. Anders ist die Situation in den Drogerien und Drogeriemärkten. Die
Produkte dort sind schlichter verpackt. Sie werden dem Kunden in einfachen Regalen
präsentiert. Eine Fachberatung findet in der Regel nicht statt. Deutlich wird der
Unterschied auch durch die getrennte Präsentation von Drogerie- und
Parfümerieprodukten in den Kaufhäusern. Karstadt und Kaufhof trennen sowohl für den
Einkauf als auch für den Verkauf zwischen beiden Bereichen. Im Verkauf wird dies für
den Kunden durch eine unterschiedliche Gestaltung des Ladenbaus sichtbar.
76
Auch die Einschätzung der vom Bundeskartellamt zu den Wettbewerbsverhältnissen im
Marktraum Darmstadt befragten Parfümerien, Drogerien und Kaufhäuser spricht für zwei
getrennte Märkte. Die überwiegende Mehrzahl der befragten 14 Marktteilnehmer haben
entweder ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Drogerien Parfümerien verneint oder ein
Wettbewerbsverhältnis nur im Randbereich für niedrigpreisige Produkte bejaht. Nach
Auskunft von vier Marktteilnehmer besteht kein Wettbewerbsverhältnis zwischen
Parfümerien und Drogerien; für zwei weitere Marktteilnehmer besteht eine
Wettbewerbssituation nur insoweit, als in Drogerien sog. Graumarktware angeboten
wird. Nach Einschätzung von sechs weiteren Markteilnehmern findet Wettbewerb nur in
einem geringen Bereich, nämlich in der unteren Preisklasse der (dekorativen und
pflegenden) Kosmetik und der Düfte, statt.
77
Gegen die Annahme von zweit getrennten Märkten sprechen schließlich auch nicht die
Ergebnisse der INNOFACT-Befragungen aus Oktober 2006 und Juni 2007, die von
Douglas in Auftrag gegeben worden sind.
78
Jedoch vermag – anders als das Bundeskartellamt offenbar meint - allein die Tatsache,
dass eine Marktstudie von einem Verfahrensbeteiligten in Auftrag gegeben worden ist,
keine Vorbehalte gegen die Belastbarkeit der Ergebnisse zu begründen. Auch hätte sich
die Befragung nicht nur an solche Personen richten dürfen, die ihre Kosmetikartikel und
Düfte ausschließlich oder überwiegend in Parfümerien einkaufen. Der für die Ermittlung
des "verständigen Durchschnittsnachfragers" heranzuziehende Kreis der Nachfrager ist
nicht zu eng zu fassen, sondern auf alle Nachfrager zu erstrecken, deren Bedarf mit dem
fraglichen Gut grundsätzlich gedeckt werden kann (Paschke in Frankfurter Kommentar,
aaO., § 19 Rn. 93). Es ist daher auf den verständigen Verbraucher abzustellen, der
seinen Bedarf an Kosmetikwaren und Düften decken möchte. Hierbei kommt es
entscheidend darauf an, welche Produkte er zur Deckung seines Bedarfs prinzipiell für
gleichwertig hält und nicht, wie er schließlich seine Wahl trifft. Zur Befragung geeignet
sind daher auch Personen, die sowohl in Parfümerien als auch in
Drogerien/Drogeriemärkten ihren Bedarf an Kosmetik und Düften decken.
79
Allerdings ist den vorgelegten INNOFACT-Befragungen nicht zu entnehmen, dass
verständige Verbraucher die in Parfümerien und Drogerien angebotenen
Kosmetikwaren und Düfte trotz der bestehenden erheblichen Preis- und
Sortimentsunterschiede für gegeneinander austauschbar hält, er sich also dennoch
80
nicht daran gehindert sieht, von der für seine Zwecke benutzten Drogerieware ohne
weiteres auf Parfümerieware überzuwechseln. Vielmehr unterstützen die
Befragungsergebnisse im Gegenteil die Annahme, dass für den Verbraucher der Preis
der Produkte und damit die bestehenden Preisunterschiede von relevanter Bedeutung
sind. So ergibt sich aus der INNOFACT-Befragung aus Oktober 2006 (Anl. 30,
"Kaufverhalten in Bezug zum Wettbewerb", dort Seite 33 u. 37), dass die Mehrheit der
rund 400 Befragten das Warenangebot in Parfümerien und guten Drogeriemärkten im
Prinzip als gleichwertig ansehen, jedoch gerade hinsichtlich des Preises, der Beratung,
des Services und der Ladengestaltung Unterschiede bestehen. Dass für den
Verbraucher der Preis der Produkte eine wesentliche Rolle spielt, wird durch die
INNOFACT-Befragung zur "Markenwahrnehmung im Kosmetiksektor" aus Juni 2007
(Anl. 34, dort Seite 12-15) bestätigt. Zwar ist danach die konkrete Eigenschaft des
Produkts (z.B. Duft, Farbe etc.) das überragende Kaufkriterium. Bereits das
zweitwichtigste Kriterium für die Kaufentscheidung ist jedoch der attraktive Preis.
Gegen die Annahme getrennter Märkte spricht ferner nicht, dass nur eine ganz kleine
Gruppe der Verbraucher ihren Bedarf an Kosmetikwaren und Düften ausschließlich in
der Parfümerie decken, während die Mehrheit der Verbraucher sowohl in Parfümerien
als auch in Drogerien einkaufen. In Anbetracht der übrigen bereits dargestellten
Unterschiede kann aus diesem Verhalten nicht der Schluss gezogen werden, dass sie
die angebotenen Sortimente für wechselseitig austauschbar ansehen. Vielmehr nutzen
sie das jeweilige Angebot für Ergänzungskäufe und nehmen es nicht als
Substitutionsmöglichkeit wahr.
81
Nach alledem war für die sachliche Marktabgrenzung die Durchführung einer
Verbraucherbefragung nicht erforderlich. Markterhebungen durch Verkehrsbefragungen
kommen im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle, bei der eine Entscheidung
innerhalb weniger Monate ergehen muss, im allgemeinen nicht in Betracht. Vielmehr
sind die Ermittlungen des Amtes in der Regel auf Unterlagen und Informationen
gerichtet, die bei den im fraglichen Markt tätigen Unternehmen erhoben werden können.
Gleiches gilt für das Beschwerdeverfahren. Die sich aus der Fristengebundenheit
erklärende Beschränkung der Aufklärungsmöglichkeiten ist im gerichtlichen
Beschwerdeverfahren nicht aufgehoben. Auch wenn das Gesetz für die
Beschwerdeentscheidung keine Fristen vorsieht, ist das Beschwerdegericht nicht
gehalten, nunmehr selbst oder unter Einschaltung des Amtes diejenigen Erhebungen
durchzuführen, die im Verwaltungsverfahren schon wegen des engen zeitlichen
Rahmens von vornherein nicht in Betracht gekommen wären (BGH WuW/E DE-R 1925,
1927 – National Geographic II).
82
2.
83
In räumlicher Hinsicht ist der Einzelhandelsmarkt für Kosmetikprodukte und Düfte der
gehobenen Preisklasse einschließlich der sie ergänzenden Körperpflegeprodukte in
ihrer sortimentstypischen Zusammensetzung auf den Regionalmarkt Darmstadt zu
beschränken, der im Norden durch die Stadt Neu-Isenburg, im Osten durch Groß-
Umstadt, im Süden von Bensheim sowie im Westen durch Trebur begrenzt wird. Das
Bundeskartellamt hat seiner Betrachtung im Ausgangspunkt einen 30-km-Radius um die
Hela-Filiale in Darmstadt zu Grunde gelegt, jedoch bei der wettbewerblichen
Beurteilung des Zusammenschlusses die in den Radius fallenden Städte Frankfurt und
Mainz unberücksichtigt gelassen, da diese Städte einen eigenen Regionalmarkt bilden
würden. Es mag bezweifelt werden, ob der Verbraucher tatsächlich bereit ist, mehr als
84
30 Autominuten bzw. 30 km zurückzulegen, um seinen Bedarf an Kosmetikprodukten
und Düften zu decken, da für Produkte des täglichen Bedarfs im Ausgangspunkt eher
von einem geringeren Radius (max. 15-20 Autominuten) auszugehen ist. Im Handel wird
der räumliche Markt durch die Ortsgebundenheit des Angebots und die Mobilität der
Nachfrager bestimmt, wobei davon auszugehen ist, dass die Mobilität bei höherwertigen
Verbrauchgütern stärker ausgeprägt ist als bei Verbrauchsgütern des kurzfristigen
Bedarfs. Im Handel ist für die räumliche Marktabgrenzung entscheidend, welche
Entfernung in Autominuten der Nachfrager bereit ist, zur Deckung des jeweiligen
Bedarfs zurückzulegen, die Besonderheiten in der Angebotsstruktur, wie etwa
großflächige Vertriebseinheiten, und die tatsächlichen Einkaufsgewohnheiten (BGH
WuW/E DE-R 1301, 1303 – Sanacorp/ANZAG; KG WuW/E OLG 3917, 3920 –
Coop/Wandmakers; KG WuW/E 5364, 5371 – HaGE Kiel; KG WuW/E OLG 4657, 4659
– Kaufhof/Saturn; Möschel in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl., § 19
Rn. 38; Götting in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, GWB Bd. 2, § 19 Rn. 23). Es
kommt somit auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Eine hiervon losgelöste rein
statische Radiusbetrachtung um den Verkaufsstandort bzw. die Niederlassung ist
verfehlt ((BGH WuW/E DE-R 1301, 1303 – Sanacorp/ANZAG).
Da Douglas gegen die räumliche Marktabgrenzung des Amtes jedoch keine Einwände
erhoben hat und sich ein tendenziell eher kleinerer räumlicher Markt mit gegebenenfalls
weniger Wettbewerbern eher nachteilig für Douglas auswirken könnte, kann vorliegend
zu Gunsten von Douglas die räumliche Marktabgrenzung des Amtes zu Grunde gelegt
werden.
85
3.
86
Auf dem so abgegrenzten sachlich und räumlich relevanten Markt ist Douglas
marktbeherrschend, denn sie verfügt über eine im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern
überragende Marktstellung (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB). Hierfür spricht die Höhe ihres
Marktanteils, der Marktanteilsabstand zum nächst größeren Wettbewerber, ihren Zugang
zum Beschaffungs- und Absatzmarkt sowie die bestehenden Marktzutrittsschranken.
87
a.
88
Der Marktanteil von Douglas liegt mit ...... % oberhalb der Vermutungsgrenze des § 19
Abs. 3 Satz 1 GWB.
89
Das Bundeskartellamt hat den Marktanteil von Douglas auf der Grundlage der Umsätze
für das Geschäftsjahr 2005 zutreffend ermittelt, indem es weder die über das Internet
erzielten Umsätze berücksichtigt hat, noch die Umsätze der Unternehmen, die im
Direktvertrieb hochwertige Parfüm-, Kosmetik- und Körperpflegeprodukte anbieten.
90
Zwar sind nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag von Douglas die
Unternehmen LR-International und Avon im Direktvertrieb von hochwertigen
Kosmetikprodukten tätig. Sie sind aber nicht in den relevanten Markt einzubeziehen. Der
Unterschied zum stationären Parfümerie Einzelhandel besteht darin, dass sie kein
Sortiment an Kosmetikartikeln und Düften verschiedener Hersteller anbieten, sondern
nur die Produkte eines Herstellers. Wenn die Nachfrage des Verbrauchers aber – so wie
hier - auf ein Güterbündel, also ein Sortiment in seiner für Parfümerien typischen
Zusammensetzung gerichtet ist, dann ist das Angebot von Parfümerie- und
Kosmetikwaren nur eines einzigen Herstellers damit nicht austauschbar und stellt keine
91
wirtschaftlich sinnvolle Bezugsalternative dar (vgl. BGH WuW/E BGH 2771, 2772 f. –
Kaufhof/Saturn). Ihr Angebot kann daher nicht als Teilsortimenter in den relevanten
Markt einbezogen werden.
Die im Direktvertrieb tätigen Unternehmen sind auch nicht als potentielle Wettbewerber
zu berücksichtigen. Es ist weder ersichtlich, noch sind von der Beschwerde
irgendwelche Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die im Direktvertrieb tätigen
Unternehmen überhaupt beabsichtigen, auf dem relevanten Einzelhandelsmarkt tätig zu
werden und, falls eine solche Absicht bestehen sollte, wann mit einem Marktzutritt zu
rechnen ist.
92
Auch soweit die Drogeriemarktkette "Rossmann" in ihren Fialen hochwertige Düfte und
Kosmetikartikel anbietet, sind die damit in Darmstadt erzielten Umsätze bei der
Marktanteilsberechnung nicht zu berücksichtigen. Das diesbezügliche Angebot von
"Rossmann" stellt für den Nachfrager von Düften und Kosmetikartikeln der gehobenen
Preisklasse keine wirtschaftliche sinnvolle Bezugsalternative dar. "Rossmann" beschafft
sich die in Rede stehenden Artikel auf dem sog. Graumarkt, da keine entsprechenden
Depotverträge mit den Herstellern bestehen. Dies hat zur Folge, dass die Artikel nicht
ständig und nicht in jeder im Marktraum Darmstadt betriebenen Filiale verfügbar sind.
Sie können also nicht regelmäßig vom Verbraucher dort gekauft werden. Nur
gelegentliche Angebote sind dem sachlich relevanten Markt jedoch nicht zuzurechnen
(vgl. BGH WuW/E BGH 2771, 2772 – Kaufhof/Saturn). Überdies hat der Senat, dessen
Mitglieder als potentielle Nachfrager von Düften und Kosmetikartikeln selbst zum
betroffenen Nachfragerkreis gehören, aufgrund eigener Wahrnehmung erhebliche
Zweifel daran, dass die bei "Rossmann" (zeitweilig) angebotene "Depot-Ware" auch
bezogen auf die Sortimentsbreite und –tiefe eine sinnvolle Bezugsalternative darstellt.
Im Ergebnis ist das hochpreisige Angebot von "Rossmann" lediglich bei der
Gesamtwürdigung der wettbewerblichen Verhältnisse zu berücksichtigen mit dem
Ergebnis, dass der insoweit stattfindende Randwettbewerb die marktbeherrschende
Stellung von Douglas nicht in Frage stellt.
93
b.
94
Neben dem Marktanteil spricht für eine überragende Marktstellung von Douglas der
Marktanteilsabstand zum nächst größeren Wettbewerber, einer inhabergeführten
Parfümerie. Der relative Marktanteil von Douglas beträgt etwa das 2,... Fache gegenüber
diesem Wettbewerber. Darüber hinaus verfügt Douglas aufgrund ihrer
Konzernverbundenheit und der Tatsache, dass sie bundesweit aufgestellt ist, im
Vergleich zu diesem Wettbewerber über einen besseren Zugang zu den
Beschaffungsmärkten. Karstadt und Kaufhof, die einen etwa vergleichbaren Zugang zu
den Beschaffungsmärkten haben dürften wie Douglas, verfügen im Marktraum
Darmstadt demgegenüber nur über einen Marktanteil im mittleren einstelligen Bereich.
Hinzu kommen schließlich relativ hohe Marktzutrittsschranken für neue Wettbewerber.
Zutreffend stellt das Bundeskartellamt darauf ab, dass der Abschluss von
Depotverträgen an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft ist. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird auf die – von der Beschwerde im übrigen auch
nicht angegriffenen – Feststellungen des Amtes in der angefochtenen Verfügung (dort
Seite 24 ff.) Bezug genommen.
95
4.
96
Durch das beabsichtigte Zusammenschlussvorhaben wäre es zu einer Verstärkung der
marktbeherrschenden Stellung von Douglas auf dem Regionalmarkt Darmstadt
gekommen. Ihr Marktanteil wäre um nahezu 3 % auf .... % angestiegen. Der
Marktanteilsabstand zum nächsten Wettbewerber hätte sich entsprechend vergrößert.
97
5.
98
Schließlich sind die angefochtenen Nebenbestimmungen auch erforderlich und
verhältnismäßig, um die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung von Douglas
auf dem relevanten Regionalmarkt Darmstadt durch die beabsichtigte Fusion zu
verhindern.
99
III.
100
Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 GWB. Die Beschwerdeführerin hat als im
Beschwerdeverfahren unterlegene Partei die Gerichtskosten zu tragen und darüber
hinaus aus Gründen der Billigkeit dem Bundeskartellamt die in der Beschwerdeinstanz
entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
101
Gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO bemisst sich im Verfahren über
Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörde der Gegenstandswert nach dem
wirtschaftlichen Interesse, welches die beschwerdeführende Partei mit ihrem
Rechtsmittel verfolgt. Dieses Interesse hat die Beschwerdeführerin auf Befragen des
Senates mit 500.000 € angegeben.
102
IV.
103
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der Streitfall wirft insbesondere keine
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB auf. Die
Abgrenzung des sachlich relevanten Einzelhandelsmarkt für Kosmetikprodukte und
Düfte der gehobenen Preisklasse einschließlich der sie ergänzenden
Körperpflegeprodukte in ihrer sortimentstypischen Zusammensetzung erfolgte nach den
allgemeinen Grundsätzen des Bedarfsmarktkonzeptes.
104
Dr. Kühnen Dr. Maimann Breiler
105
Rechtsmittelbelehrung:
106
Die Hauptsacheentscheidung kann nur aus den in § 74 Abs. 4 GWB genannten
absoluten Rechtsbeschwerdegründen mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden.
Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim
Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist
beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist
durch einen beim Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht
(Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen.
Diese Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Verfügung und kann auf
Antrag des Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die
Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die
Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt
wird. Die Rechtsbeschwerdeschrift und die Rechtsbeschwerdebegründung müssen
durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet
107
sein.
Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist die Nichtzulassungsbeschwerde
gegeben. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim
Oberlandesgericht Düsseldorf einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser
Beschwerdeentscheidung. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch einen beim
Oberlandesgericht Düsseldorf oder beim Bundesgerichtshof einzureichenden
Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Zustellung
der angefochtenen Verfügung und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des
Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung
muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und
ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann
nur darauf gestützt werden, dass die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des
Gesetzes beruht. Die Nichtzulassungsschrift und –begründung müssen durch einen bei
einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
108