Urteil des OLG Düsseldorf vom 27.10.2009
OLG Düsseldorf (kläger, fahrzeug, begründeter anlass, gutachten, bezug, erneuerung, zpo, ermittlung, bericht, reparatur)
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-4 U 63/08
Datum:
27.10.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-4 U 63/08
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer
– Einzelrichter – des Landgerichts Düsseldorf vom 14.02.2008 wird
zurück-gewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
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Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt,
ausgeführt, dass dem Kläger aus der bei der Beklagten unterhaltenen
Vollkaskoversicherung kein Entschädigungsanspruch wegen der bei dem angeblichen
Unfallgeschehen vom 17.01.2006 an dem PKW M. mit dem Kennzeichen ...
entstandenen Schäden zusteht. Denn der Kläger hat nicht konkret dargelegt und
bewiesen, dass der geltend gemachte Schaden auf das behauptete Unfallereignis
zurückzuführen ist. Es fehlt an einer ausreichenden Grundlage für eine Ermittlung auch
nur eines unfallbedingten Teil- oder Mindestschadens, da eine Abgrenzung von den
unstreitig bei vorangegangenen Schadensereignissen an dem Fahrzeug eingetretenen
Schäden nicht möglich ist.
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Wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen ausgeführt hat, hat der
Kläger in der Vergangenheit bereits mehrfach umfangreiche Schäden an dem
versicherten Fahrzeug gegenüber verschiedenen Haftpflicht- und Kaskoversicherern
geltend gemacht. Im Einzelnen handelte es sich dabei um behauptete Schadensfälle
am 24.09.2002, 23.11.2002, 19.02.2004, 01.06.2004, 01.08.2004, 12.12.2004 und
07.08.2005. Bei dem Unfallereignis vom 12.12.2004 soll nach dem damals von dem
Kläger vorgelegten Gutachten ein wirtschaftlicher Totalschaden entstanden sein.
Ausweislich des Gutachtens der W. L. GmbH vom 10.01.2005 waren damals u.a. beide
Stoßfänger gebrochen, die vorderen Kotflügel, die linke Tür, die Seitenwand hinten links
sowie die Reifen und Felgen der Vorderachse sowie hinten links waren so erheblich
beschädigt, dass sie nach Einschätzung des Gutachters erneuert werden mussten. Eine
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umfangreiche Instandsetzung war hinsichtlich der rechten Tür, der Seitenwand hinten
rechts, des Frontbleches sowie der vorderen Querträger erforderlich. Die Querlenker, die
Radnarben und die Achsschenkel mussten gem. dem damaligen Gutachten ebenfalls
erneuert werden. Den Reparaturkostenaufwand bezifferte der Gutachter damals auf
22.177,11 € ohne Mehrwertsteuer. Wegen der Einzelheiten wird auf das von der
Beklagten in Kopie als Anlage zum Schriftsatz vom 18.04.2007 eingereichte Gutachten
der W. L. GmbH vom 10.01.2005 Bezug genommen.
Auch bei dem im vorliegenden Rechtsstreit von dem Kläger behaupteten Unfallereignis
sollen massive Schäden des Fahrzeugs im gesamten Seitenbereich wie auch an den
Stoßfängern und Kotflügeln entstanden sein. Der Kläger beruft sich insoweit auf ein
Gutachten des Kfz-Sachverständigen B., der eine Erneuerung beider Türen des
Fahrzeugs, der Stoßfänger und weiterer Einzelteile für erforderlich hält. Insgesamt wird
ein Reparaturkostenaufwand i.H.v. 16.024,60 € ohne Mehrwertsteuer veranschlagt. Der
Kläger macht damit umfangreiche Schäden an Fahrzeugteilen geltend, die bereits
aufgrund des angeblichen Unfallereignisses vom 12.12.204 erneuert oder umfassend
hätten instandgesetzt werden müssen. Dass eine solche Erneuerung/Instandsetzung
vor dem hier in Frage stehenden Unfallereignis vom 17.01.2006 tatsächlich ausgeführt
wurde, hat der Kläger aber, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht konkret
dargetan und bewiesen. Insbesondere hat er nicht vorgetragen, mit welchem Aufwand
unter Einsatz welchen Materials und welcher Ersatzteile die Schäden nach dem
12.12.2004 behoben worden sind. Dass er alle Maßnahmen, die nach dem Gutachten
der L. GmbH vom 27.12.2004 zur fachgerechten Instandsetzung erforderlich waren,
auch durchgeführt hat, lässt sich seinem Vortrag nicht entnehmen.
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Er beruft sich insoweit auf eine "Nachbesichtigung" des Privatgutachters D. am
25.11.2005. Dieser hat unter dem 28.11.2005 ausgeführt, dass er das Fahrzeug
"ausreichend besichtigt" und fotografiert habe und hierbei eine "sach- und fachgerechte
Reparatur festgestellt" habe. "Augenscheinlich" seien "keine Mängel hinsichtlich der
Verkehrssicherheit erkennbar". Des weiteren hat der Kläger eine "Bewertung" des
Privatgutachters D. vorgelegt, in welchem der Wert des Fahrzeugs bezogen auf den
11.10.2005 mit 42.000 € veranschlagt wird. Unter der Überschrift "wertbeeinflussende
Faktoren" heißt es in diesem Bericht, dass das Fahrzeug einen "sehr guten und
gepflegten Innen- und Außenzustand" aufweise. Die Innenausstattung sei komplett mit
Leder neu bezogen worden. "Außergewöhnliche technische Veränderungen" wie der
Einbau eines Monitors in die Mittelkonsole und die als "gut zu bezeichnende innere und
äußere Gesamtbildveränderung klassifizieren" – so heißt es weiter in der Bewertung –
"dieses Fahrzeug zu einem Unikat".
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Aus diesen "Nachbesichtigungs- und Bewertungsberichten" des Privatgutachters D.
ergibt sich nicht, dass der Kläger das Fahrzeug nach dem schweren Schadensereignis
vom 12.12.2004 unter Erneuerung zahlreicher Fahrzeugteile so umfassend
instandgesetzt hat, wie es in dem Gutachten der L. GmbH vom 27.12.2004 für
erforderlich gehalten wurde. Der Privatgutachter D. hat das Fahrzeug ausweislich der
von dem Kläger vorgelegten Berichte nur äußerlich besichtigt, ohne die Fahrzeugteile
im Einzelnen zu untersuchen und zu prüfen, ob es sich um neu eingebaute oder nur
oberflächlich überspachtelte und –lackierte Teile handelte. Dementsprechend hat er
sich auch darauf beschränkt festzustellen, dass "augenscheinlich" keine Mängel
hinsichtlich der "Verkehrssicherheit" erkennbar seien. Aus dem Bewertungsbericht vom
11.10.2005 geht zwar hervor, dass die Innenausstattung neu bezogen wurde, nicht aber
dass z.B. die linke Fahrzeugtür oder Seitenwand ausgetauscht und die Stoßfänger
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erneuert wurden. Was mit "innerer und äußerer Gesamtbildveränderung", die das
Fahrzeug zu einem "Unikat" machten, gemeint ist, erschließt sich weder aus dem
Bericht des Sachverständigen noch aus dem Vortrag des Klägers.
Ohne nähere Darlegung, welche Reparatur- und Erneuerungsmaßnahmen nach dem
letzten schweren Unfall vor Eintritt des streitgegenständlichen Schadensereignisses
vorgenommen wurden, lässt sich daher auch unter Berücksichtigung der von dem
Kläger vorgelegten privatgutachterlichen Stellungnahmen nicht feststellen, dass das
Fahrzeug – wie er behauptet – vor dem streitgegenständlichen Ereignis in technisch
und optisch einwandfreiem Zustand war. Auch die von ihm vorgelegte Rechnung vom
05.01.2005 (GA 76), in welcher einige Ersatzteile aufgeführt sind, gibt keinen Aufschluss
darüber, ob der Kläger die aufgeführten Teile tatsächlich in das Fahrzeug eingebaut hat.
Hierfür hat er auch keinen Beweis angetreten. In der Rechnung sind ohnehin nur einige
wenige Teile derjenigen aufgeführt, die gemäß dem Gutachten der L. GmbH vom
27.12.2005 zu erneuern waren.
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Lässt sich aber wie im Streitfall aufgrund des Vortrags des Klägers nicht feststellen,
welche der geltend gemachten Schäden bei der behaupteten Kollision entstanden sind
und ob diese nicht Fahrzeugteile betrafen, die aufgrund eines früheren
Unfallereignisses geschädigt waren und ohnehin hätten ausgetauscht oder fachgerecht
instandgesetzt werden müssen, ist kein Raum für eine Schadensschätzung gem. § 287
Abs. 1 ZPO. Denn eine Ermittlung auch nur eines unfallbedingten Teilschadens ist
aufgrund der erheblichen Vorschäden nicht möglich.
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Da es bereits an einer schlüssigen Darlegung des gerade auf dem
streitgegenständlichen Unfallereignis beruhenden Schadens fehlt, kann dahinstehen,
ob es sich bei der behaupteten Kollision um ein manipuliertes Unfallgeschehen
handelte. Ein gewichtiges Indiz hierfür ist die auffällige Häufung von geltend gemachten
Versicherungsfällen in bezug auf das ältere, ursprünglich hochpreisige Fahrzeug des
Klägers. Auch nach dem hier in Frage stehenden Schadensfall hat der Kläger noch
weitere Entschädigungsansprüche in bezug auf das versicherte Fahrzeug geltend
gemacht, nämlich gegenüber der G. Versicherung wegen eines angeblichen
Unfallereignisses am 22.09.2006 und gegenüber der Beklagten wegen eines
angeblichen Schadensfalls vom 07.10.2007. Der Frage, ob sich hieraus – eventuell in
Verbindung mit etwaigen Falschangaben bei der Schadensregulierung – auf ein
manipuliertes Unfallgeschehen (auch) bezüglich des streitgegenständlichen
Versicherungsfalls schließen lässt, brauchte der Senat im Streitfall aus den
dargestellten Gründen nicht mehr nachzugehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711,
713 ZPO.
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Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 16.024,60 €.
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Ein begründeter Anlass für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.
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K. D. M.
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