Urteil des OLG Düsseldorf vom 10.09.2010

OLG Düsseldorf (aussetzung, person, höhe, teilung, zpo, deckungskapital, bewertung, verfahrensgegenstand, vorschrift, kapitalwert)

Oberlandesgericht Düsseldorf, II-7 UF 84/10
Datum:
10.09.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
II-7 UF 84/10
Schlagworte:
Teilentscheidung bei neuem VA-Recht; Anforderungen an die interne
Teilung
Normen:
§§ 21, 38, 69 FamFG, § 140 FamFG, §§ 10, 11 VersAusGlG
Tenor:
Der Versorgungsausgleich wird im Umfang der vom Amtsgericht Neuss
im Be-schluss vom 26. April 2010 zu Ziff. II.3.getroffenen Entscheidung
ausgesetzt.
Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Beschwerdewert: 750,- €
I.
1
Die Parteien haben am 6. Mai 1988 geheiratet; sie sind mit dem in der Beschlussformel
genannten Beschluss des Amtsgerichts geschieden worden.
2
Beide Parteien haben in der Ehezeit (1.5.1988 – 31.10.2009) Anwartschaften auf
Versorgungen erworben; die Ehefrau hat Rentenanwartschaften in Höhe von 16,253
Entgeltpunkten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Ehemann hat
Rentenanwartschaften in Höhe von 24,4808 Entgeltpunkten bei der Deutschen
Rentenversicherung Rheinland sowie eine Anwartschaft auf Betriebsrente aus der
Pflichtversicherung bei den Rheinischen Versorgungskassen in Höhe von 56,80
Versorgungspunkten erworben. Wegen der Auskunft der Rheinischen
Versorgungskassen vom 20.01.2010 wird auf Bl. 32 VA-Heft verwiesen.
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Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich – insoweit nicht angegriffen – dahin
geregelt, dass es im Wege der internen Teilung jeweils Entgeltpunkte in Höhe des
vorgeschlagenen Ausgleichswerts wechselseitig übertragen hat. Ferner hat es im Wege
der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei den Rheinischen
Versorgungskassen zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 28,4
Versorgungspunkten übertragen.
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Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 3. mit ihrer Beschwerde. Sie begehrt die Teilung
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des bei ihr bestehenden Anrechts in Höhe des von ihr vorgeschlagenen
Ausgleichswerts von 34,88 Versorgungspunkten; zu Unrecht habe das Amtsgericht den
hälftigen Wert des von dem Antragsgegner in der Ehezeit erworbenen Ehezeitanteils
von 56,80 Versorgungspunkten zugunsten der Ehefrau übertragen. Eine solche
nominale Teilung der Versorgungspunkte führe jedoch zu Wertverschiebungen, die der
Anforderung einer wertgleichen Teilung des erworbenen Anrechts im Sinne des § 11
Satz 1 VersAusglG nicht gerecht werde. Diese werde durch eine Umrechnung über den
Kapitalwert zur Bestimmung des Ausgleichswerts gewährleistet.
Die weiteren Beteiligten haben nicht Stellung genommen.
6
II.
7
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde, die sich nur gegen Ziff. II. 3 des
Beschlusses des Amtsgerichts vom 26.4.2010 richtet, führt zur Aussetzung dieses Teils
der getroffenen Entscheidung, also des dort angeordneten Ausgleichs bei der
Beschwerdeführerin, nicht aber zur Abänderung des Beschlusses in dem von der
Beschwerdeführerin verfolgten Sinn, nämlich zum Ausgleich des bei ihr bestehenden
Anrechts des Antragsgegners in Höhe des vorgeschlagenen Ausgleichswerts (statt in
Höhe des hälftigen Ehezeitanteils).
8
1.
9
Das Anrecht bei der Beteiligen zu 3. umfasst eine Startgutschrift, die auf Grund der vom
BGH mit Urteil vom 14.11.2007 (FamRZ 2008, 395) wegen Verstoßes gegen Art. 3 I GG
für unwirksam erklärten Übergangsregelung über die Startgutschriften rentenferner
Versicherter in der seit dem 01.01.2002 gültigen Satzung der Versorgungsanstalt des
Bundes und der Länder (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 1 S. 1 VBL-S) ermittelt wurde (im
weiteren auch BGH vom 14.05.2008, FamRZ 2008, 1343 ff. und vom 05.11.2008,
FamRZ 2009, 211 sowie 2009, 296 zur inhaltsgleichen Regelung der Rheinischen
Zusatzversorgungskasse in §§ 72 Abs. 1 und 2, 73 Abs. 1 Satz 1 (RZVK-S).
10
Dies hat die Beteiligte zu 3. in dem Schreiben vom 26.7.2010 eingeräumt.
11
Daher steht nicht fest, wie hoch das auszugleichende Anrecht des Antragsgegners
letztlich ist. Eine Durchführung des Versorgungsausgleichs ist daher hinsichtlich dieses
Anrechts nicht möglich, weil und solange wegen der Unwirksamkeit der
Übergangsreglung für rentenferne Versicherte für die Bewertung des Anrechts eine
Rechtsgrundlage fehlt (vgl.BGH v. 5.11.2008, a.a.O.; so auch Borth, FamRZ 2008, 326).
12
2.
13
Da nicht abzusehen ist, wann die Satzungsänderung erfolgen wird, kann vorerst eine
Entscheidung in der Sache nicht ergehen. Vielmehr ist das Verfahren insoweit bis zu
einer Neuregelung der Berechnungsgrundlage
auszusetzen
a.a.O.).
14
a)
15
Die Aussetzung hat der BGH auf § 148 ZPO gestützt und sich damit von den in
Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinungen abgegrenzt, die eine Aussetzung
16
auf
§ 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG (OLG Stuttgart v. 28.12.2007, FamRZ 2008, 1086; Gutdeutsch
FamRB 2008, 72; OLG Naumburg v.17.03.08, FamRZ 2008, 743) oder auf § 53 c FGG
entsprechend stützten (Borth, FamRZ 2008, 326):
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Da das FGG keine allgemeinen Bestimmungen für die gerichtliche Aussetzung des
Verfahrens enthalte und § 53 c FGG lediglich eine Sondervorschrift für die Fälle, in
denen unter den Beteiligten Streit über den Bestand oder die Höhe einer Anwartschaft
bzw. einer Aussicht auf Versorgung bestehe, sei die Regelungslücke durch
entsprechende Anwendung der zivilprozessualen Regelung des § 148 ZPO zu
schließen. Nach dieser Vorschrift sei der Versorgungsausgleich auch in dem parallel
liegenden Fall, dass das Bundesverfassungsgericht die für die Bewertung eines
Anrechts maßgebliche Rechtsnorm eines Versorgungssystems für verfassungswidrig
erklärt hat, auszusetzen (BGH v. 5.11.2008, a.a.O., s. auch OLG Celle v. 26.5.1997,
FamRZ 97, 1218; OLG Koblenz v. 4.3.97, FamRZ 1997, 1218).
18
b)
19
Das neue Verfahrensrecht sieht nun eine Aussetzung in § 21 FamFG und § 221 Abs. 2
und 3 FamFG vor. Während letztere Vorschrift die vorzitierte Regelung des § 53 c FGG
fortschreibt, nimmt erstere die des § 148 ZPO auf, erweitert sie aber um die Aussetzung
"aus wichtigem Grund".
20
Daher kann die Aussetzung nun ohne weiteres auf § 21 FamFG gestützt werden. Denn
der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist nun größer. Die gegebene Konstellation –
die höchstrichterliche Bewertung einer Bewertungsregelung der öffentlichen
Zusatzversorgung als verfassungswidrig – stellt einen wichtigen Grund dar, das
Verfahren insoweit auszusetzen, weil und soweit eine Neuregelung noch nicht erwartet
werden kann.
21
c)
22
Die Aussetzung steht zwar grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Es ist aber u.a.
dann auf eine Pflicht reduziert, wenn die Voraussetzungen einer Sachentscheidung -
wie hier die verbindliche Bewertung des Anrechts bei der VBL - im betreffenden
Verfahren nicht geklärt werden können; die entsprechenden Erwägungen des BGH in
der vorgenannten Entscheidung sind insoweit weiter maßgeblich.
23
3.
24
Die bisher streitige Frage, ob in den Fällen, in denen eine Aussetzung in der ersten
Instanz verfahrensfehlerhaft unterblieben ist, die angefochtene Entscheidung
aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (so die bisherige Rechtsprechung
des Senats, so auch OLG Stuttgart, FamRZ 2008, 1086; OLG Naumburg, NJW 2008,
2594 OLG Köln, FamRZ 1994, 1041; OLG Nürnberg, FamRZ 1995, 1362 f.) oder das
Oberlandesgericht die Aussetzung auszusprechen hat (OLG Köln FamRZ 2009, 1153,
BGH v. 5.11.2008, FamRZ 2008, 303, OLG Karlsruhe v. 16.3.1999,FamRZ 2000, 1155:
Aussetzung beim Amtsgericht ist auszusprechen) ist nun nach § 69 FamFG zu
beurteilen. Daher ist hier in Ermangelung eines Antrags die Zurückverweisung
ausgeschlossen. Im Übrigen ist nun auch das in § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die
25
Aufhebung und Zurückverweisung enthaltene Erfordernis eines wesentlichen
(Verfahrens-)Mangels für Familienverfahren normiert; zudem muss zur Entscheidung
eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich sein.
Letzteres ist hier nicht der Fall; nach Beendigung der Aussetzung kann die Teilung des
Anrechts auf der Grundlage einer nach Inkrafttreten der Neufassung der Satzung der
Beteiligten zu 3. einzuholenden Auskunft erfolgen. Eine komplett neue Berechnung, wie
sie das frühere Versorgungsausgleichsrecht erforderte, ist nicht mehr erforderlich. Auch
deswegen kommt eine Zurückverweisung hier nicht in Betracht.
26
4.
27
Jedoch ist es nicht erforderlich, den Beschluss des Familiengerichts zum
Versorgungsausgleich insgesamt aufzuheben und auszusetzen. Vielmehr kann die
Aufhebung auf die Teilungsanordnung betreffend das Anrecht bei der Beteiligten zu 3)
beschränkt werden. Insoweit ist eine Teilentscheidung möglich.
28
a)
29
Teilentscheidungen
angesehen, wenn - wie in der gegebenen Konstellation – (nur) Anrechte in der
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ausgeklammert werden konnten (vgl. BGH
v. 18.2.2009, FamRZ 2009, 950):
30
Verfügte nur ein Ehegatte – hier der Antragsgegner - über eine Zusatzversorgung und
hatte zudem die höheren gesetzlichen Rentenanwartschaften, wäre diese im Wege des
Splittings nach § 1587 Abs. 1 BGB a.F. ausgeglichen worden, während das Anrecht aus
der Zusatzversorgung dem analogen Quasi-Splitting (§ 1 Abs. 3 VAHRG) unterlag;
31
es handelte sich daher um einen aussonderbaren Teil des Verfahrensgegenstandes,
über den unabhängig von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand,
also dem Splitting, entschieden werden konnte (vgl. auch OLG Köln v. 18.02.2009,
FamRZ 2009, 1153 und Borth, FamRZ, a.a.O.).
32
Nach der vorzitierten Entscheidung wurde eine Teilentscheidung auch dann als
zulässig angesehen, wenn beide Parteien ausgleichspflichtige Anrechte aus der
öffentlichen Zusatzversicherung hatten, das Anrecht der - auch im Übrigen –
ausgleichspflichtigen Person das zu verrechnende Anrecht der ausgleichsberechtigten
Person aber deutlich überwog (OLG Köln, a.a.O.).
33
Allerdings wurde eine solche Teilentscheidung zum Versorgungsausgleich zudem auch
dann als geboten angesehen, wenn bei der ausgleichsberechtigten Person der
Rentenfall bereits eingetreten war oder zumindest bald bevorstand, um Nachteile für die
ausgleichsberechtigte Person zu vermeiden (BGH v. 18.2.2009, a.a.O. und v. 5.
11.2008, FamRZ 2009, 296).
34
b)
35
Zwar sind solche Umstände hier nicht ersichtlich, doch ist eine Teilentscheidung im
Hinblick auf das am 1.9.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Strukturreform des
Versorgungsausgleichs und Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den
36
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zulässig und geboten, da rechtliche
Nachteile für die ausgleichsberechtigte Person nicht eintreten können, der Rechtsstoff
aber weitgehend abgearbeitet wird.
aa)
37
Nach § 38 FamFG ist nun für das familienrechtliche Verfahren eine Endentscheidung
durch Beschluss ausdrücklich auch dann vorgesehen, wenn der Verfahrensgegenstand
teilweise erledigt wird. Damit existiert nun – anders als bisher im FGG - eine eigene
Grundlage für Teilentscheidungen. Der entsprechenden Anwendung von § 301 ZPO
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(dazu z. B. BGH v. 29.02.1984, FamRZ 1984, 572) bedarf es nicht mehr; die dazu
entwickelten Grundsätze sind aber weiter heranzuziehen.
39
bb)
40
Voraussetzung für eine Teilentscheidung ist demnach (weiterhin), dass über einen Teil
des Verfahrensgegenstand selbstständig abschließend entschieden werden kann und
die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Verhältnis zum restlichen
Verfahrensgegenstand ausgeschlossen werden kann (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG,
§ 38 Rn. 29).
41
Das ist nach dem neuen Versorgungsausgleichsrecht grundsätzlich für jede
Teilungsanordnung möglich:
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Das neues Teilungssystem sieht den Ausgleich jedes einzelnen Anrechts vor, §§ 9,10
VersAusglG. Der Ausgleichs eines Anrechts hängt damit nicht von dem eines anderen
Anrechts ab. Eine Saldierung, in der sich die Werte der einzelnen Anrechte als
Rechnungsposten notwendig wechselseitig beeinflussen, findet nicht mehr statt. Jeder
Ehegatte wird in Bezug auf seine Anrechte ausgleichspflichtig und ist im Hinblick auf die
des anderen ausgleichsberechtigt.
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Die einzelnen Teilungen sind mithin "aussonderbare" Verfahrensgegenstände (so auch
Borth, Versorgungsausgleich, 5. Auflage, Rz. 1066). Zu einer Gesamtbewertung im
Sinne einer saldierenden Betrachtung kommt es nur bei der Prüfung von
Billigkeitsregelungen (§ 27 VersAusglG). Hier sind Konstellationen denkbar, in denen
eine Teilentscheidung nicht in Betracht kommt (a.A.Borth, a.a.O.).
44
cc)
45
Im Verbundverfahren nach § 137 Abs. 1, 2 FamFG ist weiter zu beachten, dass der nicht
entschiedene Teil nach § 140 FamFG abzutrennen ist (Borth a.a.O.).
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Dafür ist nun § 140 FamFG maßgeblich, der eine Abtrennung in den dort enumerativ
aufgeführten, mit Ausnahme von Nr. 4 aus § 628 ZPO fortgeschriebenen Fällen zulässt.
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Eine Abtrennung ist daher – wie nach altem Recht – möglich , weil in der
Versorgungsausgleichsfolgesache eine Entscheidung vor der Auflösung der Ehe
(teilweise) nicht möglich ist. Das wurde für Versorgungsausgleichssachen in dem Fall
angenommen, dass das Bundesverfassungsgericht die für die Bewertung eines
Anrechts maßgebliche Rechtsnorm eines Versorgungssystems für verfassungswidrig/
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eine Regelung zum Versorgungsausgleich für grundgesetzwidrig erklärt hat
(Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., § 628 ZPO, Rz. 3; Zöller –Philippi, § 628 ZPO,
Rz. 3; OLG Celle v. 26.5.97, FamRZ 97, 1218; OLG Koblenz v. 4.3.1997, FamRZ 97,
1218; OLG Stuttgart, FamRZ 2008, 1086;) und umfasst daher auch die gegebene, vom
BGH diesem Fall gleichgestellte Konstellation.
5.
49
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nach § 10 Abs. 1
VersAusglG hat das Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht in
Höhe des
Ausgleichswerts
Versorgungsträgern gemäß § 5 Abs. 3 VersAusglG auf der Basis des von ihnen nach §
5 Abs. 1 VersAusglG zu berechnenden Ehezeitanteils des Anrechts vorgeschlagen.
Daraus folgt bereits, dass dieser nicht zwingend dem nominal halben Ehezeitanteil
entspricht. Abweichungen können sich einerseits durch den nach § 13 VersAusglG
möglichen Kostenabzug ergeben, andererseits durch von der numerischen Halbteilung
abweichende Teilungsformen (vgl auch BT-Drs. 16/10144, S. 50).
50
Bei der Festlegung dieser Teilungsformen haben die Versorgungsträger Spielräume,
deren Grenzen durch § 11 Abs. 1 VersAusglG gesteckt werden: Die Teilung muss die
gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten
sicherstellen (S. 1); nach § 11 Abs. 1 S. 2 VersAusglG muss das zu übertragende
Anrecht dem bei der ausgleichspflichtigen Person verbliebenen Anrecht in Bezug auf
den Ausgleichswert wertmäßig entsprechen (BT-Drs. 16/10144, S. 56). Bei der
Bewertung des vorgeschlagenen Ausgleichswerts hat das Amtsgericht zu prüfen, ob
dieser vorgeschlagene Ausgleichswert im Vergleich zum Anrecht der
ausgleichspflichtigen Person die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an denen in der
Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellt.
51
Für diese Teilung haben die Versorgungsträger – wie auch schon im bisherigen Recht
(§ 1 Abs. 2 VAHRG, vgl. dazu BT-Drs. 9/2296), S. 11) mehrere Möglichkeiten:
52
- Der Versorgungsträger kann die Bezugsgröße seines Systems halbteilen, also z. B.
Rentenbeträge oder eben auch Versorgungspunkte oder Deckungskapital halbieren.
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- Die Halbteilung von Renten würde zur Bildung unterschiedlich hohen
Deckungskapitals führen: Wenn ein Versorgungsträger z. B. ein Deckungskapital von
ca. 4.600 € einsetzen muss, um einem 40jährigen Mann eine 100,- € hohe Rente zu
zahlen, müsste er für eine gleichalte Frau wegen ihrer höheren Lebenserwartung 5.300,-
€ Deckungskapital aufwenden, um dieser eine gleich hohe Rente zu zahlen. Dies kann
mithin zu einer Belastung des Versorgungsträgers führen. Daher kann der
Versorgungsträger auch das auf die Rentenbeträge oder Versorgungspunkte
entfallende Deckungskapital hälftig aufteilen (mit der Folge, dass daraus ungleich hohe
Renten oder Punkte entstehen).
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- Schließlich kann der Versorgungsträger aus dem vorhandenen Deckungskapital trotz
unterschiedlichem Lebensalter und Geschlecht gleich hohe Renten im Leistungsfall
erzeugen und das Deckungskapital entsprechend aufteilen.
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Die von der Beteiligten zu 3) vorgenommene Teilung erfolgt auf der Grundlage der 2.
Variante: Sie halbiert den Kapitalwert teilt, der hinter den für die Ehezeit ermittelten
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Versorgungspunkten liegt, zieht die Teilungskosten ab und ermittelt anhand der nach
Alter gestaffelten Barwertfaktoren des Systems den Ausgleichswert in
Versorgungspunkten.
Dass die Versorgungsträger insoweit Spielräume haben, war schon für die Realteilung
nach altem Recht (§ 1 Abs. 3 VAHRG) anerkannt; entsprechende Ausführungen finden
sich in den Materialien (BT-Drucksache 9/2296, Seite 11) und sind von der
höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt worden (vgl. BGH v. 21.9.88, FamRZ
1988, 1254; v. 12.5.1989, FamRZ 1989, 951; v. 28.5.2008, FamRZ 2008, 1418).
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Das von der Beteiligten zu 3. gewählte Teilungsverfahren bleibt in diesem Spielraum:
Die Rheinischen Versorgungskassen haben den Ehezeitanteil des Ehemanns in Form
der maßgeblichen Bezugsgröße, nämlich Versorgungspunkten ermittelt.
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§ 44 Abs. 2 ihrer Satzung bestimmt weiter:
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"Die Höhe des Ausgleichswertes wird ermittelt, indem der hälftige Ehezeitanteil der
ausgleichspflichtigen Person anhand ihrer versicherungsmathematischen
Barwertfaktoren in einen Kapitalwert umgerechnet und nach Abzug der hälftigen
Teilungskosten anhand der versicherungsmathematischen Barwertfaktoren der
ausgleichsberechtigten Person in Versorgungspunkte umgerechnet wird. Hat die
ausgleichspflichtige Person zum Ende der Ehezeit einen Rentenanspruch, sind für
beide Personen die Rentenbarwertfaktoren zugrunde zu legen; ansonsten die
Anwartschaftsbarwertfaktoren."
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Diese Berechnung ergibt hier, dass der Ausgleichswert durch die unterschiedlichen
Barwertfaktoren (für den Ehemann bei 8,8879, für die Ehefrau 7,1595) höher ist als der
hälftige Betrag der Versorgungspunkte.
61
III.
62
Die Wertfestsetzung beruht auf § 50 FamGKG.
63
Dr. S. M. E.
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