Urteil des OLG Düsseldorf vom 21.10.2003

OLG Düsseldorf (preis, auslegung, herabsetzung, konkurrent, anlass, verbraucher, ausdrücklich, vereinbarung, kläger, zweck)

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-20 U 145/02
Datum:
21.10.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-20 U 145/02
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 24. Juli 2002 wird
zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
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Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
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Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe
von 5.164,05 € verurteilt, weil sie gegen ihre Verpflichtung aus der
Vertragsstrafenvereinbarung vom 15./26. März 2001 (Anlage K 1) verstoßen hat,
nämlich,
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"es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
eine Preisgarantie auszuloben, bei der angekündigt wird, wenn ein
Marktartikel irgendwo günstiger erworben werden könne, werde dem dies
nachweisenden Kunden der günstigere Preis eingeräumt (es sei denn, der
Preis des betreffenden Artikels wird dann in der betreffenden Verkaufsstelle
auf den nachgewiesenen niedrigen Preis herabgesetzt) oder aufgrund einer
solchermaßen angekündigten Preisgarantie Kunden entsprechende
Preisnachlässe zu gewähren, ohne den Preis des betreffenden Artikels in der
betreffenden Verkaufsstelle allgemein auf den niedrigen Preis
herabzusetzen".
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Die Berufung der Beklagten war deshalb dem Antrag des Klägers entsprechend
zurückzuweisen. Wegen des in zweiter Instanz unveränderten Sachverhalts wird im
übrigen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
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Nach Ziff. 3 der Unterlassungserklärung der Beklagten galt das
Vertragsstrafeversprechen gemäß Ziff. 2 der Unterlassungserklärung für Verstöße aus
der Zeit der Geltung des Rabattgesetzes auch nach dessen Aufhebung am 24. Juli 2001
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fort. Die geltend gemachten Verstöße lagen vor diesem Zeitpunkt. Zutreffend hat das
Landgericht entschieden, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung aus der
Unterlassungserklärung nicht dadurch genügt hat, dass sie nach der "Einlösung" der
Preisgarantie durch die Testkäufer des Klägers am 9. Juli 2001 den reduzierten Preis
nur bis zum Nachmittag des 12. Juli 2001 aufrecht erhielt, obwohl der Konkurrent "K." zu
dieser Zeit immer noch den reduzierten Preis forderte, der Anlass für die Herabsetzung
gewesen war.
Allerdings bestimmt Ziff. 1 des "Unterlassungsvertrages" nicht ausdrücklich, wie lange
die Beklagte einen gemäß ihrer Garantie herabgesetzten Preis aufrecht zu erhalten
hatte. Unterlassungsverträge sind jedoch nach den allgemein für die Vertragsauslegung
geltenden Grundsätzen auszulegen (vgl. etwa BGH, NJW-RR 03, 916 – Hotelfoto).
Schon eine derartige (nicht ergänzende) Auslegung bestätigt die Feststellung des
angefochtenen Urteils, daß eine Preisanpassung an einen Dauertiefpreis des
Konkurrenten eine Daueranpassung nach sich ziehen mußte (solange die Beklagte ihre
Preisgarantie selbst aufrecht erhielt).
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Für die Auslegung des Unterlassungsvertrages nach den §§ 133, 157 BGB sind
insbesondere maßgeblich die beiderseits bekannten Umstände, der Zweck der
Vereinbarung und die Art und Weise ihres Zustandekommens (BGH, NJW 01, 2622,
2623 – Trainingsvertrag). Gerade die Beklagte hat zur Vorgeschichte des
Unterlassungsvertrages immer wieder auf das – nach Nichtannahme der Revision
rechtskräftige – Urteil des OLG Karlsruhe vom 23. Februar 2000 hingewiesen, das in der
"Präambel" des Unterlassungsvertrages der Parteien auch erwähnt ist. In diesem Urteil
ging es um die Frage, ob bei einer Preisgarantie wie hier ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2
RabattG vorlag. Nachdem der Kläger dieses Urteil erwirkt hatte, sollte durch den
Unterlassungsvertrag die Wiederholungsgefahr eines Rabattverstoßes nach altem
Recht ausgeräumt werden. Insoweit besteht nach dem Berufungsvortrag der Beklagten
sogar Einigkeit zwischen den Parteien.
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Ein solcher Rabattverstoß konnte aber nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass die
Beklagte ihren Preis nur für kurze Zeit, im Extremfall nur für eine "logische Sekunde"
dem niedrigeren Preis des Konkurrenten anpasste, wobei der Berufungserwiderung
darin Recht zu geben ist, das schon der Ausdruck "anpassen" in der Preisgarantie der
Beklagten für eine Dauerhaftigkeit der Anpassung spricht. Das Rabattgesetz enthielt ein
Diskriminierungsverbot zugunsten aller; es wirkte im Interesse der Vermeidung einer
Ungleichbehandlung des einzelnen Verbrauchers (Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1,
Rdnr. 232). Diesem Gesetzeszweck wäre es zuwider gelaufen, wenn der
angepasste/reduzierte Preis nur dem Verbraucher gewährt worden wäre, der sich auf
die Preisgarantie berief, ohne dass der Preis allgemein herabgesetzt wäre, wie dies Ziff.
1 des Unterlassungsvertrages von der Beklagten verlangt. An der erforderlichen
allgemeinen Herabsetzung fehlt es aber auch, wenn der herabgesetzte Preis wie hier
nur drei Tage gewährt wird, obwohl der Konkurrent, dessen Preisgestaltung Anlass für
die Herabsetzung war, den herabgesetzten Preis weiter aufrechterhält. Nach Ablauf der
3 Tage ist der alte Zustand wieder hergestellt, dass nämlich die Verbraucher ungleich
behandelt werden, je nach dem ob sie sich ausdrücklich auf die – fortbestehende –
Preisgarantie berufen oder nicht. Nach dem Ziel des Rabattgesetzes und demgemäß
des Unterlassungsvertrages der Parteien ist deshalb im Wege der Auslegung ohne
weiteres anzunehmen, dass die "allgemeine" Herabsetzung auf den niedrigeren Preis
bei der Beklagten genauso lange gelten musste wie der Konkurrent diesen niedrigeren
Preis aufrecht erhielt. Das hat der Konkurrent "K." unstreitig auch noch nach dem 12.
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Juli 2001 getan.
Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, die daraus
resultierender Marktbeobachtungspflicht sei für sie nicht zumutbar. Wenn sie derartige
Garantien ausbietet, muss sie sich über die daraus resultierenden Folgen klar sein. Die
Beklagte hat es nicht nur in der Hand, solche Garantien anzubieten, sondern sie
entscheidet auch selbst darüber, wie lange sie das tut.
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Unerheblich ist vor allem der ständig wiederholte Einwand der Beklagten, dass sie sich
auf eine derartige – ausdrückliche – Vereinbarung nicht eingelassen hätte. Es kommt für
die Auslegung nicht darauf an, was die Beklagte abgeschlossen hätte, sondern nur
darauf, was sie tatsächlich abgeschlossen hat. Für die Auslegung des
Unterlassungsvertrages ist allein maßgebend, wie der jeweils andere Teil die Erklärung
seines Vertragspartners verstehen konnte, durfte und musste (vgl. Melullis, Handbuch
des Wettbewerbprozesses, 3. Aufl., Rdnr. 636). Vorliegend ist also zu fragen, wie der
Kläger die Unterzeichnung des unstreitig von ihm vorgegebenen Vertragstextes durch
die Beklagten verstehen durfte. Die Antwort kann nach dem unstreitigen Zweck des
Vertrages, einen Rabattverstoß auszuräumen, nur so laute wie oben ausgeführt.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil es nicht um klärungsbedürftige
Rechtsfragen geht.
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Berufungsstreitwert: 5.164,05 €.
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