Urteil des OLG Düsseldorf vom 22.11.2007

OLG Düsseldorf: vernehmung von zeugen, beratung, dokumentation, beweislast, datum, einwilligung

Oberlandesgericht Düsseldorf, I-8 W 59/07
Datum:
22.11.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
I-8 W 59/07
Tenor:
wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 30.10.2007
gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf
vom 25.10.2007 zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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I.
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Die Antragstellerin macht Ersatzansprüche wegen einer toxischen Hautreaktion nach
Einnahme des Anti-Epileptikums Lamotrig-Isis geltend. Sie behauptet, vom
Antragsgegner über dieses Risiko nicht aufgeklärt worden zu sein. Der Antragsgegner
hat eine Aufklärung der Antragstellerin behauptet und sich auf eine hypothetische
Einwilligung berufen. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss eine
Parteivernehmung des Antragsgegners "gemäß § 118 Abs. 2 ZPO" über die Frage der
Risikoaufklärung angeordnet und Termin hierzu auf den 29.11.2007 bestimmt. Die
Antragstellerin meint, dies stelle eine unzulässige vorweggenommene Beweisaufnahme
dar und macht im Übrigen geltend, Erhebungen nach § 118 Abs. 2 ZPO im PKH-
Verfahren dürften jedenfalls nicht über vom Antragsgegner zu beweisende Umstände
durchgeführt werden.
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II.
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Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber im Ergebnis keinen Erfolg.
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Gemäß § 118 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO kann das Gericht im PKH-Prüfungsverfahren
Erhebungen anstellen und unter bestimmten Voraussetzungen Beweis durch
Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen erheben. Eine sofortige Beschwerde
gegen eine Anordnung nach § 118 Abs. 2 ZPO ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl.
Musielak/Fischer, ZPO, 5. Aufl., § 118 Rdnr. 15 m.w.N.; Zöller/Philippi, ZPO 24. Aufl.,
§ 118 Rdnr. 23). Überschreiten jedoch die anzustellenden Erhebungen die Grenzen des
§ 118 Abs. 2 ZPO, kann dies einer Ablehnung des PKH-Gesuchs gleich kommen,
gegen die der Antragsteller sofortige Beschwerde einlegen kann (Zöller/Philippi, a.a.O.).
Ein solcher Fall ist hier gegeben, denn das prozessuale Vorgehen des Landgerichts ist
ersichtlich von der Erwartung geprägt, dass der Antragsgegner sein Vorbringen aus der
Stellungnahme auf die Antragsschrift bei seiner Parteivernehmung bestätigen wird und
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der Antragstellerin sodann PKH zu versagen ist. Der Senat legt das Rechtsmittel der
Antragstellerin deshalb dahingehend aus, dass sie sich tatsächlich gegen die in der
getroffenen Anordnung liegende (vorweggenommene) Ablehnung des PKH-Gesuchs
wendet.
Im Ergebnis hat die Beschwerde der Antragstellerin allerdings keinen Erfolg. Zwar ist
das Vorgehen des Landgerichts in mehrfacher Hinsicht nicht durch § 118 Abs. 2 ZPO
gedeckt. Eine Beweisaufnahme im PKH-Verfahren sieht das Gesetz nur unter
eingeschränkten Voraussetzungen und nur durch Zeugen- oder
Sachverständigenvernehmung vor; außerdem darf nur über Tatsachen Beweis erhoben
werden, für die der Antragsteller die Beweislast trägt. Die Parteivernehmung des
Antragsgegners, wie sie hier vom Landgericht angeordnet worden ist, ist dagegen nicht
vorgesehen. Das diesbezügliche Vorgehen des Landgerichts ist auch deshalb
problematisch, weil der Antragsgegner für die ordnungsgemäße Aufklärung
beweispflichtig ist und im Hauptsacheverfahren zunächst einmal geprüft werden müsste,
ob überhaupt die Voraussetzungen des § 448 ZPO für eine Parteivernehmung des
Antragsgegners vorliegen, was angesichts der spärlichen Dokumentation zum Inhalt der
behaupteten Beratung nicht ohne weiteres auf der Hand liegt.
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Dies führt allerdings nicht dazu, dass der Antragstellerin auf die Beschwerde
Prozesskostenhilfe zu bewilligen wäre, denn das Klagevorbringen ist, worauf bereits der
Antragsgegner hingewiesen hat, nicht schlüssig, weil die Antragstellerin einen
Entscheidungskonflikt nicht plausibel gemacht hat. Der Antragsgegner hat ausführlich
dargelegt, weshalb er bei – unterstellt – unterbliebener Aufklärung davon ausgeht, dass
die Antragstellerin im Falle einer zutreffenden Risikoaufklärung sich gleichwohl für eine
Umstellung der Medikation entschieden hätte. Hierzu hat die Antragstellerin nichts
vorgetragen, weshalb eine Erfolgsaussicht der Klage bereits aus diesem Grunde nicht
bejaht werden kann.
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Darüber hinaus wäre vor einer positiven Entscheidung über Prozesskostenhilfe im
Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Arbeitsaufnahme des Ehemanns eine
Aktualisierung der Belege zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der
Antragstellerin erforderlich.
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III.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).
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