Urteil des OLG Düsseldorf vom 06.07.2006
OLG Düsseldorf: beiladung, recht auf akteneinsicht, ermessen, unternehmen, elektrizität, gas, versorgung, verfahrensökonomie, hauptsache, erheblichkeit
Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-3 Kart 144 - 149/06 (V)
Datum:
06.07.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
VI-3 Kart 144 - 149/06 (V)
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den
Beschluss der Bundesnetzagentur vom 08.12.2005 ( BK 8 05/094;
05/080; 05/081; 05/040; 05/18 und 05/019 ) wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und
die notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Beschwerdegegnerin
und der Beigeladenen – einschließlich der Anwaltskosten – zu tragen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 10.000 €.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
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Die A... AG, B... AG, C... GmbH, D... Aktiengesellschaft – jetzt D... AG -, E... GmbH und
F... GmbH haben jeweils die Genehmigung der Netzentgelte Strom gemäß
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§ 23 a EnWG beantragt. Entsprechende Verfahren werden unter den oben
angegebenen Aktenzeichen bei der Bundesnetzagentur geführt. Mit Schreiben vom
02.11.2005 und 03.11.2005 hat die Beschwerdeführerin ihre Beiladung gemäß § 66
Abs. 2 Nr. 3 EnWG beantragt und zur Begründung ausgeführt, sie versorge im
Netzgebiet der genannten Unternehmen jeweils eine erhebliche Anzahl von Kunden mit
Elektrizität und stehe dabei im Wettbewerb zu anderen Vertrieben. Die
Nutznutzungsentgelte der genannten Unternehmen bestimmten einen wesentlichen Teil
der Einstandskosten der Beschwerdeführerin.
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Die Bundesnetzagentur – Beschlusskammer 8 – hat die Anträge auf Beiladung und auf
Akteneinsicht abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, Voraussetzung für eine
Beiladung sei eine erhebliche Interessenberührung der beiladungswilligen Person oder
Personenvereinigung. Hierzu sei erforderlich, dass ein in Betracht kommendes
Verfahrensergebnis die wirtschaftliche Lage des beiladungswilligen Unternehmens
spürbar verschlechtere und wirtschaftliche Reaktionen erforderlich mache. Dies könne
unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen, jeweils
gleichgelagerten Wettbewerbsstellung nicht angenommen werden. Eine
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Verschlechterung der Wettbewerbssituation der Beschwerdeführerin als Lieferantin von
Strom sei infolge der Genehmigungsverfahren nach § 23 a EnWG nicht zu erwarten, da
die Netznutzungsentgelte für alle im Wettbewerb stehenden Lieferanten von Strom
innerhalb eines Netzgebietes gleich hoch seien. Deshalb seien keine erheblichen
wettbewerblichen Auswirkungen auf der Lieferantenebene zu erwarten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde
und den Anträgen,
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1. unter Aufhebung der Entscheidung der Beschlusskammer 8 der
Bundesnetzagentur vom 08.12.2005 die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die
Beschwerdeführerin zu den Verfahren zur Genehmigung der Entgelte für den
Stromnetzzugang der oben als weitere Beteiligte genannten Unternehmen
beizuladen sowie
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2. Akteneinsicht zu gewähren.
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Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, neben ihrer Beteiligtenfähigkeit lägen auch die
Tatbestandsvoraussetzungen für die Beiladung vor. Die Effizienz und Richtigkeit des
Verwaltungshandelns der Bundesnetzagentur solle im öffentlichen Interesse durch
Einbeziehung von Informationen und Wissen Dritter erhöht werden. Durch die
"gekorene" Beteiligung werde gleichzeitig auch die Transparenz der
Verwaltungsentscheidung der Bundesnetzagentur und damit auch deren Akzeptanz
erhöht. Daraus folge, dass der Gesetzgeber den Kreis der beiladungsfähigen Dritten
weit gezogen habe. Eine erhebliche Interessenberührung der Beschwerdeführerin im
Sinne des § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG liege vor, denn der Verfahrensausgang könne
Auswirkungen auf die Stellung der Beschwerdeführerin haben. Ausreichend sei die
Berührung "verfahrensrelevanter" wirtschaftlicher Interessen. Eine solche Berührung der
wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin ergebe sich aus den im Rahmen
des Teils II Abschnitt 1 (Kostenartenrechnung) der in den §§ 6-8 der StromNEV
genannten kalkulatorischen Kostenpositionen (Abschreibungen,
Eigenkapitalverzinsung und Steuern). Die Beschwerdegegnerin habe darüber hinaus
verkannt, dass die wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin berührt seien,
weil die zu genehmigenden Netznutzungsentgelte etwa 1/3 der Kosten der Belieferung
der Kunden der Beschwerdeführerin ausmachten. Die Netzagentur habe einerseits zu
berücksichtigen, inwieweit die Beschwerdeführerin einen Beitrag zur
Sachverhaltsklärung und damit zur Wahrheitsfindung leisten könne. Zum anderen seien
Ausmaß und Bedeutung der Interessenberührung der Beschwerdeführerin zu
berücksichtigen. Danach liege ein Fall der notwendigen Beiladung vor.
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Letztlich ergebe sich aus dem Bundesgesetzblatt Teil I Seite 1970 (2. Gesetz zur
Neuregulierung des Energiewirtschaftsrechts), dass dieses Gesetz der Umsetzung der
Richtlinie 2003/54/EEG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2003
über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt diene. Art. 23 der EU-
Richtlinie bestimme in Abs. 5, dass jeder "Betroffene", der hinsichtlich der in den Abs. 1,
2 und 4 in der Richtlinie genannten Punkte eine Beschwerde gegen einen
Übertragungs- oder Verteilnetzbetreiber habe, mit dieser die Regulierungsbehörde
befassen könne.
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Da die Beschwerdeführerin beteiligungsfähig sei, sei ihr in entsprechender Anwendung
des § 29 VwVfG Akteneinsicht als ein integraler Bestandteil eines rechtsstaatlichen
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Verwaltungsverfahrens zu gewähren. Die Gewährung von Akteneinsicht stehe nicht im
Ermessen der Netzagentur.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, bei Einzelunternehmen komme es für das Merkmal der
Interessenberührung durch die Entscheidung der Regulierungsbehörde darauf an, ob
sich ein mögliches Ergebnis des Verfahrens spürbar auf die wirtschaftliche Lage des
beizuladenden Unternehmens auswirke. Da die Netzentgelte für alle im Wettbewerb
stehenden Stromlieferanten innerhalb eines Netzgebietes gleich hoch seien, seien
erhebliche wettbewerbliche Auswirkungen auf der Lieferantenebene nur in besonderen,
hier nicht vorliegenden Konstellationen zu erwarten. Die Entgeltgenehmigungen hätten
keine unmittelbare rechtsgestaltende Wirkung auf die Rechtsbeziehung zur
Beschwerdeführerin. Zwar bildeten die genehmigten Entgelte Höchstpreise, deren
Überschreitung grundsätzlich unzulässig sei. Allerdings gebe es keine automatische
Anpassung der vertraglich vereinbarten Netzentgelte. Außerdem stehe die
Entscheidung im Ermessen der Netzagentur. Gesichtspunkte wie die Konzentration und
Beschleunigung des Verfahrens seien dabei von Bedeutung. Die Beschwerdeführerin
habe nicht vorgetragen, inwieweit ihre Beiladung einen verfahrensfördernden Beitrag
erwarten ließe und deshalb das Interesse an einer verfahrensökonomischen
Ausgestaltung der Entgeltgenehmigungsverfahren nachrangig sein müsse. Dagegen
spreche das Vorliegen von ca. 250 Netzentgeltgenehmigungsanträgen im Strombereich
(97 in originärer Zuständigkeit und ca. 150 aus "Organleihe"), die innerhalb der
gesetzlichen Fristen des § 23a Abs. 4 Satz 2 EnWG zu bescheiden seien. Damit im
Zusammenhang stünden ca. 100 Beiladungsanträge und eine Vielzahl von Anträgen
auf Akteneinsicht. Auch seien noch ca. 100 Anträge auf Genehmigung individueller
Netzentgelte von der Beschlusskammer zu bearbeiten. Außer den Interessen
derjenigen, die beigeladen werden möchten, müsse die Netzagentur auch die
Handhabbarkeit der Verfahren beachten. Vor diesem Hintergrund habe die Netzagentur
den Beiladungsanträgen des G... und des H... stattgegeben.
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Die weiteren Beteiligten haben sich dem Antrag der Beschwerdegegnerin auf
Zurückweisung der Beschwerde angeschlossen und weitergehend wie folgt
vorgetragen:
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Die E... GmbH und die A... AG seien nicht Partner eines Netznutzungsvertrags mit der
Beschwerdeführerin. Eine unmittelbar privatrechtsgestaltende Wirkung der
Entgeltgenehmigung als Voraussetzung für eine notwendige Beiladung scheide bereits
deshalb aus. Eine erhebliche Berührung der Interessen der Beschwerdeführerin liege
nicht vor. Dieses Tatbestandsmerkmal des § 66 Abs. 2 Nr. 3, 1. Hs. EnWG habe
entsprechend der Wertung zu § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB normbegrenzende Wirkung, um
die Voraussetzungen für eine Beiladung deutlich einzuschränken. Eine erhebliche
Interessenberührung könne auch unterstellt werden. Jedenfalls habe die
Beschwerdegegnerin ihr Beiladungsermessen zutreffend ausgeübt.
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Die C... GmbH trägt vor, die Beschwerdeführerin sei nicht ihre Wettbewerberin und
könne deshalb durch die Entscheidung nicht in ihrer Wettbewerbsposition betroffen
sein. Eine Interessenberührung sei jedenfalls nicht erheblich. Zudem sei die
Entscheidung der Beschwerdegegnerin ermessensfehlerfrei.
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Auch die F... GmbH und die D... AG verneinen unter Hinweis auf die vergleichbare
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Vorschrift des § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB eine erhebliche Interessenberührung der
Beschwerdeführerin. Die Beiladung der Beschwerdeführerin sei auch nicht erforderlich
und wegen des Eingriffs in die Rechte der beteiligten Unternehmen jedenfalls nicht
angemessen. Die Beschwerdegegnerin habe ihr Ermessen auch nicht fehlerhaft
ausgeübt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze
der Verfahrensbeteiligten mit Anlagen und den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom
14.06.2006 verwiesen.
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II.
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Ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Beiladung zu den
Netzentgeltgenehmigungsverfahren der im Antrag genannten Unternehmen besteht
nicht. Zum einen liegt ein Fall der notwendigen Beiladung nicht vor. Zum anderen kann
dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine einfache Beiladung erfüllt sind. Der
Senat kann jedenfalls nicht feststellen, dass die Beschwerdegegnerin von dem ihr
zustehenden Ermessen bei der angefochtenen Entscheidung in gesetzwidriger Weise
Gebrauch gemacht hat.
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1.
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Ein Fall der notwendigen Beiladung gemäß § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG liegt entsprechend
den zu § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB entwickelten Grundsätzen dann vor, wenn die
Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 S. 2 VwVfG erfüllt sind (vgl. zu § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB
K. Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. 2001, § 54 Rdnr. 45). Dann müsste
die Entscheidung unmittelbar Rechte der Beschwerdeführerin betreffen (vgl.
Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 13 Rdnr. 39). Daran fehlt es. Die Entgeltgenehmigung nach
§ 23 a EnWG hat keine unmittelbare Wirkung auf die Vertragsverhältnisse zwischen den
im Antrag genannten Netzbetreibern und den Versorgungsunternehmen. Das konkret zu
zahlende Entgelt für die Netzdurchleitung ist, wenn auch begrenzt durch das
Höchstentgelt gemäß § 23 a Abs. 2 S. 2 EnWG, privatrechtlich zu vereinbaren.
21
2.
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Es dürfte ein Fall der einfachen Beiladungsmöglichkeit vorliegen. Indessen hat die
Beschwerdegegnerin die Beiladung der Beschwerdeführerin ermessenfehlerfrei
abgelehnt.
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a)
Personenvereinigungen, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt
werden, auf ihren Antrag zu dem Verfahren beiladen. Für die gleich lautende
Bestimmung des § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB ist anerkannt, dass - im Gegensatz zu
rechtlichen Interessen - auch wirtschaftliche Interessen der beiladungswilligen Person
genügen; mittelbare Auswirkungen eines bestimmten Verfahrensausgangs reichen
ebenfalls aus, sofern sie erheblich sind (vgl. OLG Düsseldorf, WuW 523, 525; Karsten
Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. § 54 Rdnrn. 38, 39). Für die Beiladung
nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG gilt nichts anderes. Abweichend von § 54 Abs. 2 Nr. 3
GWB, wo kartellrechtlich relevante wirtschaftliche Interessen berührt sein müssen, also
Interessen, die mit der Freiheit des Wettbewerbs oder der Wertbewerbsstruktur im
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relevanten Markt zusammenhängen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.) kommt es für die
Beiladung nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG auf die spezifischen Zielsetzungen des
Energiewirtschaftsgesetzes an, die in § 1 EnWG geregelt sind. Zweck des EnWG ist
eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und
umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität
und Gas (§ 1 Abs. 1 EnWG). Ferner soll die Regulierung der Elektrizitäts- und
Gasversorgungsnetze den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und
unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der
Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von
Energieversorgungsnetzen dienen (§ 1 Abs. 2 EnWG). Diese Zielsetzungen sind bei der
Beurteilung der anerkennenswerten wirtschaftlichen Interessen beiladungswilliger
Personen zu berücksichtigen. Wer geltend machen kann, durch eine potentielle
Regulierungsentscheidung in seinen durch das Energiewirtschaftsgesetz geförderten
Interessen erheblich berührt zu sein, kann von der Regulierungsbehörde beigeladen
werden.
b)
feststellbar sein. Die Antragstellerin versorgt im Netzbetrieb der im Beiladungsantrag
genannten Unternehmen eine erhebliche Anzahl von Kunden mit Elektrizität. Von dem
Ergebnis der Entgeltregulierung in den Übertragungsnetzen wird die Antragstellerin
auch betroffen sein, denn die genehmigten Entgelte stellen nach § 23 a Abs. 2 S. 2
EnWG Höchstpreise dar, welche nicht überschritten werden dürfen. Unabhängig davon,
auf welcher Netzstufe die Entgeltregulierung stattfindet, ist zu erwarten, dass die
regulierten Netzentgelte an die Antragstellerin weitergegeben werden. Es kann
dahinstehen, ob die Beschwerdeführerin unmittelbarer Netzkunde der weiteren
Beteiligten ist und deshalb die zu genehmigenden Entgelte nicht unmittelbar an die
Beteiligten zu zahlen hat. Die Beteiligte E... GmbH, die nicht Partnerin eines
Netznutzungsvertrags mit der Beschwerdeführerin ist, räumt eine "indirekte
Betroffenheit" der Beschwerdeführerin über die sog. Kostenwälzung gemäß § 14
StromNEV ein. Über diese Kostenwälzung werde das ihr genehmigte Entgelt Teil der
Kosten des jeweils nachgelagerten Netzbetreibers, das dieser an die Kunden
weiterwälzen könne – was auf die Beschwerdeführerin zutrifft. Bereits diese "indirekte
Betroffenheit" reicht aus, um eine Interessensberührung der Beschwerdeführerin im
Sinne des § 66 EnWG zu begründen. Die Kostenwälzung nach § 14 StromNEV ist nicht
nur eine theoretische/zufällige/fakultative Möglichkeit, sondern sie ist ein normativ
abgesicherter Automatismus: je höher das genehmigte Entgelt eines
Höchstspannungsnetzbetreibers ist, desto höher wird der Einkaufspreis für die
nachgelagerten Stormhändler sein und somit direkt auf ihre Kalkulation durchgreifen
und ihre wettbewerblichen Handlungsspielräume bestimmen. Der Begriff der
"Interessen" in § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG ist weit gefasst, er betrifft auch die
wirtschaftlichen Interessen. Nicht differenziert wird in § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG zwischen
unmittelbaren Interessen, mittelbaren Interessen, automatisch berührten Interessen oder
anderen Restriktionen. Vorliegend reicht daher das von der Netzentgeltgenehmigung
automatisch im Wege der Kostenwälzung berührte preisliche Interesse der
Beschwerdeführerin prinzipiell aus.
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Vorliegend kann sich daher nur noch die Frage der Erheblichkeit der
Interessenberührung im konkreten Fall stellen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie
sich eine Netzentgeltgenehmigung im Netz der Beschwerdeführerin auswirkt. Hierzu
teilt die Beteiligte E... GmbH mit, dass bei der Beschwerdeführerin, die ca. 24 Ct/kWh für
die Stromlieferung zu zahlen habe, 8 Ct auf Netzentgelte allgemein entfielen und davon
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ca. 1,3 Ct/kWh auf die Netzentgelte der Beschwerdeführerin. Unstreitig ist damit, dass
sich die konkreten Netzentgelte der Beschwerdeführerin mit einem Verkaufspreisanteil
von ca. 1,3 Ct/kWh niederschlagen. Damit liegt ein wesentlicher Kostenblock vor, denn
1,3 Ct/kWh von 24 Ct/kWh sind immerhin gut 5 %. Die Netznutzungsentgelte der
Beschwerdeführerin greifen damit erheblich in die Preisbildung und die Gewinnmargen
der Stromhändler ein.
Bei dieser Begründung verkennt der Senat auch nicht, dass das Merkmal der
Erheblichkeit eine normbegrenzende Wirkung entfalten soll. Die von der
Beschwerdeführerin herangezogene Parallele zu der entsprechenden kartellrechtlichen
Vorschrift des § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB greift allerdings nur teilweise ein. Die
Zielsetzungen des EnWG (vgl. § 1 EnWG) sind teilweise weiter gefasst als diejenigen
des GWB. Entsprechend umfassendere Interessen können daher eine Beiladung
rechtfertigen.
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Das alles kann aber letztlich dahinstehen, da die Beiladung der Beschwerdeführerin
aus anderen Gründen zu Recht abgelehnt worden ist.
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c)
die Verbände der industriellen Stromabnehmer G... sowie der Stromhändler H...
beizuladen, ist ermessensfehlerfrei.
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Sind die gesetzlichen Erfordernisse für eine Beiladung im Sinne des § 66 Abs. 2 Nr. 3
EnWG erfüllt, so steht die Entscheidung über den Beiladungsantrag im Ermessen der
Bundesnetzagentur. Die Überprüfung des Beschwerdegerichts ist daher darauf
beschränkt, ob die Netzagentur von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht hat,
insbesondere von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die gesetzlichen
Grenzen des Ermessens überschritten hat, durch die konkrete Ermessenentscheidung
Sinn und Zweck des Gesetzes verfehlt oder bei der Ermessensabwägung Interessen
eines Beteiligten in erheblicher Weise außer Acht gelassen hat. Ob, wie die
Beschwerdeführerin meint, ihre Beiladung für das Regulierungsverfahren erforderlich
ist, hat im Ausgangspunkt alleine die Netzagentur zu bewerten. Von ihrem
diesbezüglichen Beurteilungsermessen hat sie in nicht zu rügender Weise Gebrauch
gemacht. Es ist nicht zu beanstanden, dass nach Ansicht der Netzagentur die Beiladung
der Antragstellerin nicht erforderlich sei, vielmehr die Beiladung des Verbandes der
berührten industriellen Stromabnehmer G... sowie des Verbandes der Stromhändler H...,
verfahrensökonomisch sei. Überlegungen zur Verfahrensökonomie, die dem Interesse
der Behörde an einer Konzentration und Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens
dienen, sind grundsätzlich anzuerkennen (vgl. für die Beiladung nach § 54 Abs. 2 Nr. 3
GWB: OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 1607; Beschlüsse vom 21.9.2005, IV-Kart-9/05 (V)
S. 4 f des Umdrucks und 21.12.2005, VI-Kart 17/05, S. 8 f des Umdrucks).
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Unbestritten liegen der Regulierungsbehörde ca. 250 Netzentgeltgenehmigungsanträge
im Strombereich vor. Diese Anträge sind innerhalb der Fristen des § 23 a Abs. 4 S. 2
EnWG zu bescheiden. Im Zusammenhang damit sind ca. 100 Beiladungsanträge und
eine Vielzahl an Anträgen auf Akteneinsicht gestellt worden, abgesehen von ca. 100
Anträgen auf Genehmigung individueller Netzentgelte, über die durch die
Beschlusskammer zu entscheiden ist. Unter dem Gesichtspunkt, dass theoretisch in
jedem Netzentgeltgenehmigungsverfahren mit einer solch hohen Anzahl von
Beiladungsanträgen zu rechnen ist, ist die Auswahlentscheidung der
Beschwerdegegnerin, an Stelle der betroffenen Stromhändler und/oder Stromabnehmer
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deren repräsentierende Verbände, zum einen den Verband der industriellen
Stromabnehmer G..., andererseits den Verband der Stromhändler H... beizuladen, nicht
ermessensfehlerhaft, sondern im Interesse der notwendigen Verfahrensökonomie
sachgerecht. Die Beschwerdeführerin legt auch nicht dar, welche verfahrensrelevanten
Informationen sie zu dem konkreten Verfahren beitragen könnte, so dass sie
möglicherweise anders zu behandeln wäre als andere Versorger. Es ist der
Beschwerdeführerin unter diesen Umständen zumutbar, ihre Interessen im Rahmen
einer Stellungnahme gemäß § 67 Abs. 2 EnWG geltend zu machen. Damit ist das Recht
der Beschwerdeführerin, ihren Standpunkt im Verwaltungsverfahren anderweitig
vorzutragen (vgl. Karsten Schmidt, a.a.O. § 54 Rn. 44 m.w.N.), hinreichend gesichert.
Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin selbst Mitglied des
Verbandes der Stromhändler H... ist.
3.
32
Aus Art. 23 Abs. 5 der EU-Richtlinie 2003/54/EG lässt sich ein Beiladungsanspruch
ebenfalls nicht herleiten. Danach darf jeder Betroffene die Regulierungsbehörde mit
einer Beschwerde befassen. Das dazu gehörige Missbrauchsverfahren hat in § 31
EnWG seinen Niederschlag gefunden. Ein weitergehender Anspruch folgt aus der
Richtlinie nicht.
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4.
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Da die Beschwerdeführerin nicht beizuladen ist, ist sie nicht Beteiligte im Sinne des §
29 Abs. 1 S. 1 VwVfG und hat damit kein Recht auf Akteneinsicht.
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IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG.
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Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht. Gemäß § 86 Abs. 1 EnWG,
der § 74 GWB a.F. nachgebildet ist, findet die Rechtsbeschwerde nur gegen in der
Hauptsache erlassene Beschlüsse der Oberlandesgerichte statt. Bei der
Beschwerdeentscheidung im Beiladungsverfahren indessen handelt es sich nicht um
einen solchen in der Hauptsache erlassenen Beschluss (vgl. zu § 74 GWB a.F. nur:
Bracher in: Frankfurter Kommentar zum GWB, § 54,Rdnr. 74; Karsten Schmidt in:
Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 74 Rdnr. 12).
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Rechtsmittelbelehrung:
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Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist die Nichtzulassungsbeschwerde
gegeben. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim
Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf einzulegen. Die Frist
beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die
Nichtzulassungsbeschwerde ist durch einen beim Oberlandesgericht Düsseldorf oder
beim Bundesgerichtshof einzureichenden Schriftsatz binnen einem Monat zu
begründen. Diese Frist beginnt mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und
kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts
(Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung muss die Erklärung enthalten,
inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder
Aufhebung beantragt wird. Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und –begründung
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Aufhebung beantragt wird. Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und –begründung
müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt
unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der
Regulierungsbehörde.